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An Johann Gottfried Schadow

Weimar, den 17. December 1815.

Ew. Wohlgeboren

muß die unerfreuliche Nachricht melden, daß das Modell sehr übel zugerichtet bey mir angekommen.[179] Der sonderbare und nicht vorzusehende Zufall, daß die beyden starken Drähte über den Schrauben abgebrochen, war die traurige Ursache davon. Auf der Post hat man wahrscheinlich das Kistchen flach gelegt und so schwankte das Stehbild bey jeder Erschütterung. Das Eisen der Stäbe scheint sehr spröde zu seyn und durch den Schraubenzug geschwächt, auch kann die Kälte, die so stark auf Eisen wirkt, dazu etwas beygetragen haben. Postament und Platte waren unverrückt.

Mich schmerzt dieses Ereigniß um so mehr, als ich an dem, was sich noch erhalten hatte, gar wohl erkennen konnte, daß das Ganze sehr wohl gedacht gewesen, so wie geistreich und mit Freyheit ausgeführt und meinen Wünschen gemäß. Eröffnen Ew. Wohlgeboren mir hierüber gefällig Ihre Gedanken! Man muß nach verlorner Schlacht den Feldzug doch fortsetzen. Um einen Schritt zu thun frag ich an, ob Ew. Wohlgeboren nicht zunächst ein größeres Modell in Thon auszuarbeiten beliebten, welches, in Gyps ausgegossen, sowohl zu mir als nach Rostock gesendet werden könnte? Sind Sie dazu geneigt, so würde ich an Herrn von Preen schreiben: daß nach einer zwischen uns beyden getroffenen Übereinkunft ein zweytes Modell gefertigt worden, welches jedoch beschädigt zu mir gekommen, woran ich aber, so wie aus Ew. Wohlgeboren brieflichen Äußerungen, genugsam erkannt, daß wir in dieser Sache vollkommen übereinstimmten. Ich glaubte daher [180] von meiner Seite keinen Zweifel hegen zu dürfen, daß eine in diesem Sinne ausgeführte Statue der Absicht, ein würdiges Denkmal zu stiften, völlig entsprechen werde, und daß man daher nicht irre gehen könne, wenn man mit Ew. Wohlgeboren auf ein größeres Modell, wodurch man der colossalen Errichtung schon näher rückte, baldigst convenirte, auch sonst Ihre Gedanken und Vorschläge wegen schleuniger Ausführung vordersamft vernähme, auch Sie vielleicht anher zu reisen zu Beschleunigung des Ganzen veranlaßte; indem man diese sämmtlichen Bemühungen vorläufig, ihrem künstlerischen Werth und der darauf verwendeten Zeit gemäß, anständig honorirte. Wir haben Hoffnung, Herrn Capellmeister Weber in der zweyten Hälfte des Januar bey uns zu sehen, vielleicht würden Ew. Wohlgeboren dadurch noch entschiedener zu einem Besuche bewogen, der uns sehr schätzbar seyn müßte. – Herrn Hofrath Hirt die schönsten Grüße. Mich bestens empfehlend

ergebenst Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Johann Gottfried Schadow. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6BDE-E