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An Friedrich Schiller

Die Xenien kommen sogleich wieder zurück, ich habe nur wenige Anmerkungen gemacht und erinnere nur noch daß wir in Eudämonia das i lang gebraucht haben, welches wohl nach dem Accent, nicht aber nach der Quantität richtig ist. Wahrscheinlich brauchen Sie diese paar Epigramme nicht.

Überhaupt will ich Ihnen nicht leugnen, daß es mir einen Augenblick recht wehe gethan hat unser schönes Carten- und Luftgebäude, mit den Augen des Leibes, so zerstört, zerrissen, zerstrichen und zerstreut zu sehen. Die Idee war zu schön, zu eigen und einzig als daß ich mich nicht, besonders da sich bey mir eine Idee, ein Wunsch leicht fixirt, darüber betrüben sollte für immer daraus renunciiren zu müssen. Doch mag es denn auch an dem Spaße genug seyn den uns der[142] Gedanke indessen gemacht hat, es mag genug seyn daß nun so viel Stoff da ist, der zu einem andern Körper nun wieder verarbeitet werden kann. Die Zusammenstellung in Ihrem Almanach wird mich schon wieder trösten, nur bitte ich meinen Namen so wenig als möglich unter die Gedichte zu setzen. Die wenigen welche ich die Zeit hervorgebracht habe muß ich für den Augenblick liegen lassen, ich bringe sie mit, wenn ich komme, und bis dahin wird der neue Körper des Almanachs schon so lebendig und mächtig seyn, um sie sich zu assimiliren.

Noch eins, ich wünschte daß alles wegbliebe, was in unserm Kreise und unsern Verhältnissen unangenehm wirken könnte. An der ersten Form forderte, trug, entschuldigte eins das andere, jetzt wird jedes Gedicht nur aus freyem Vorsatz und Willen eingeschaltet und wirkt auch nur einzeln für sich.

Vom Roman ist gar nichts zu sagen; er hält einen Mittagsschlaf und ich hoffe er soll gegen Abend desto frischer wieder aufstehn.

In meinen Beobachtungen über Pflanzen und Insecten habe ich fortgefahren und bin ganz glücklich darinne gewesen. Ich finde, daß wenn man den Grundsatz der Stetigkeit recht gefaßt hat und sich dessen mit Leichtigkeit zu bedienen weiß, man weder zum Entdecken noch zum Vortrag bey organischen Naturen etwas weiter braucht. Ich werden ihn jetzt auch an elementarischen und geistigen Naturen probiren, [143] und er mag mir eine Zeit lang zum Hebel und zur Handhabe bey meinen schweren Unternehmungen dienen.

Das französische Ungewitter streift noch immer jenseit des Thüringer Waldes hin, wir wollen das Gebürge, das uns sonst die kalten Winde schickt, künftig als eine Gottheit verehren, trenn es diesmal die Eigenschaften einer Wetterscheidung hat.

Das in Rubolstadt Vogelschießen ist, so geht unsere Schauspielergesellschaft den 11ten dahin, und die Wünsche des Jenaischen Publikums nach einer anmuthigen Unterhaltung im September können indessen laut werden.

Schreiben Sie mir wenn Sie wieder eine Lieferung vom Cellini brauchen.

Ich wünsche zu hören daß Sie mit den Ihrigen sich recht wohl befinden. Was haben Sie vor Nachricht aus Schwaben? Die Sächsischen Contingenter sollen bey Kronach seyn. Ob man sie brauchen wird das Voigtland und den Saalgrund vor Streifereyen zu decken? ob man an der Werra noch einen andern Cordon ziehen wird? ob man Neutralität und Waffenstillstand durch Preußen vermitteln wird? überhaupt welche Art von Gewitterableiter man brauchen kann und will? muß sich in Kurzem aufklären. Leben Sie recht wohl. Ich wünsche eine ruhige und beruhigte Zeit bald in Ihrer Nähe zuzubringen.

Weimar den 30. Jul. 1796.

G. [144]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1796. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C42-4