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An Christian Gottlob Voigt

Inliegendes war geschrieben, als Ihr schätzbares Schreiben ankommt, welches mir beweist wie freundschaftlich Sie an mich denken und für mich sorgen. Das Rathsprotokoll sende ich zu allenfallsigem Gebrauch wieder zurück. Wie Sie recht wohl bemerken steht das factum und das parere mit einander in Widerspruch. Wie stark die Erschütterung sey zu zeigen gehören feinere Experimente dazu. Man stelle z.B. wenn die verschiednen Stühle im Gange sind, in das Zimmer das Prof. Meyer bewohnt ein Gefäß mit Wasser auf den Fußboden und man wird die anhaltende Erschütterung der leicht beweglichen Oberfläche entdecken. Ich habe zwar den Versuch nicht gemacht, denn ich wollte nichts vornehmen was mir den Zustand noch hätte verdrießlicher machen können. Allein das weiß ich, daß wenn ich Abends im grünen Saale unter dem Gespräch, ohne an etwas zu denken,[22] wider einen Thürpfosten mich anlehnte, daß ich die Erschüttrung fühlte. So zeigt die Thüre aus Professor Meyers Zimmer in dessen Schlafkammer, wenn sie nur angelehnt ist, eine immerwährende Bewegung, das gleiche zeigte die Küchthüre, die über das ganze Treppengebäude entfernt ist, als zufällig der Riegel im Schlosse noch locker stand, welches jetzt geändert ist.

Doch wollte ich dieses nicht zu sehr urgiren, weil ja auch die Nachbarn, wo er allenfalls hinziehen könnte, dadurch aufmerksam gemacht würden. Ich bitte daher die Sache auch von dieser Seite ruhen zu lassen, da doch auf dem rechtlichen Weg nichts zu thun seyn möchte, und empfehle Ihrer gütigen Verwendung und Serenissimi gnädigster Theilnahme diese meine Angelegenheit wie so manche andere.

Können Sie, wenn Serenissimus zurückkommt, vermitteln daß ich vor Ende Monats nicht zurück berufen werde, so geschieht mir eine besondere Freundschaft. Ich bin die zwey Wintermonate in meinen litterarischen Arbeiten sehr zurückgekommen und die Ostermesse fällt zu früh. Wäre in Schloßbausachen ein Dubium, so besuchte mich Prof. Meyer auf einen halben Tag und man könnte alles abthun. Das übrige woraus ich einfließe läßt sich auch von hier aus recht gut besorgen.

Für die archivalische Nachricht danke zum schönsten. Ich sende auch diese Blätter zurück mit der Bitte die von mir besessenen Lehnbriefe, mit Einschaltung derer [23] welche mir fehlen und sich auf dem Archiv befinden, abschreiben zu lassen, ich will die Copialgebühren gern erstatten.

Nehmen Sie auch meinen Dank für die besseren Nachrichten von Rastadt für die Theilnehmung an unserm Theater und leben recht wohl.

Schiller grüßt bestens, er hat einigemal mit mir hüben im Schlosse gegessen und ich denke daß er nach und nach der Gesellschaft wieder gegeben werden soll.

Jena am 15. Febr. 1799.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1799. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7032-3