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An Franz Kirms

Es thut mir herzlich leid, daß ich, in der Angelegenheit der Kleinstädter, nicht von der Meynung des Verfassers seyn kann, und weil man sich in solchen Fällen selten vereinigt, so will ich meine Überzeugung hierüber nur kurz eröffnen.

Alle deutschen Regieen, Directionen, Intendanzen und Theatercensuren haben sich das Recht angemaßt, nach ihren Verhältnissen und Convenienzen, aus den[45] Schauspielen manches wegzulassen, und dieses Recht so lebhaft ausgeübt, daß das Wort Streichen sogar ein Kunst-Terminus geworden ist. Einer solchen herkömmlichen Befugniß habe ich mich auch gegen die Kleinstädter bedient, wobey ich dem Herrn Verfasser, über die nothwendig gewordene Ausfüllung der entstandenen Lücken, wie billig das Urtheil überließ.

Von jener ersten Redaction kann ich jedoch um so weniger abgehen, als ich mir fest vorgenommen habe, auf dem weimarischen Theater künftighin nichts mehr aussprechen zu lassen, was, im Guten oder Bösen, einen persönlichen Bezug hat, noch was auf neuere Literatur hinweist, um so mehr da hier auch nur meistens persönliche Verhältnisse berührt werden.

Wenn dem Herrn v. Kotzebue dagegen in den Theatralischen Abentheuern die Schauspielerin aufgefallen ist, welche mehr sich selbst, als die Gurli parodirt, so kann ich darüber nur so viel sagen: daß ich, bey diesem alten und oft aufgeführten Stück, an jene Scene weiter nicht gedacht habe, daß ich aber solche sogleich streichen und eine andere an ihre Stelle setzen werde.

Ich glaube hierdurch am besten meine Liebe zum Frieden an den Tag zu legen, den ich, so lange als nur immer möglich, zu erhalten wünsche.

Weimar, am 28. Febr. 1802.

J. W. v. Goethe. [46]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1802. An Franz Kirms. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7117-A