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An Friedrich August Wolf

Warum ich meinen Geburtstag lieber hier in der Einsamkeit, als unter werthen Freunden zu feyern gedachte, war mir selbst ein Räthsel, das sich aber nunmehr genugsam aufklärt, da ich in Plotins Leben folgende Stelle finde

quippe cum nequaquam decere putaret natalem ejus sacrificiis conviviisque celebrari.

Hat nun der Geist des vortrefflichen Manns auf den meinen schon durch den Schweinsband hindurch solche Einflüße ausgeübt; was wird es erst werden, wenn ich das jetzt aufgeschlagene und durchblätterte Werk gründlich studire?

Dazu ist mir aber der griechische Text höchst nöthig. Denn obgleich der Übersetzer seinen Autor, im ganzen und einzelnen, recht wohl Stellen dunkel, entweder aus wirklicher Incongruenz des Lateinischen zum Griechischen, oder daß ich deßen Congruenz nicht so leicht einzusehen vermag. Darüber würde mich der Text [51] leicht hinaus heben. So wie denn auch besonders nöthig ist, die oft wiederkehrende abstracte Terminologie in der Ursprache und Urbedeutung vor sich zu haben.

Von allem diesem gedenke ich bald nähere Rechenschaft zu geben, wenn Sie die Güte haben wollen, mir das in Händen habende Original auf einige Zeit mitzutheilen. Übrigens mag es ganz zweckmäßig seyn, bis die poetische Stimmung eintritt, sich im Reiche der Ideen aufzuhalten.

Wie viel ich Ihnen Dank schuldig bin, daß Sie mich, über Chaußeen, Bruchdämme und Berg-Straßen, an so mancherley Gegenständen vorbey führen wollen, fühl ich jetzt recht lebhaft, da ich das Vergangene recapitulire und, wie sehr sich meine Zustände verbeßern, empfinde. Möge Ihnen im Geiste deutlich werden, was ich weder schriftlich noch mündlich ausdrucken kann.

Grüßen Sie das liebe Minchen zum schönsten und sagen mir durch den rückkehrenden Boten ein Wort. Bald laße ich von mir etwas vernehmen. August, der sich vielmals empfiehlt, ist heute früh abgefahren und ich befinde mich also wieder einmal in einer absoluten Einsamkeit.

Da dieses Blat durch Gelegenheit abgeht; so bitte um das Buch durch Gelegenheit. Mich aber und abermal empfehlend

Lauchst. d. 29. Aug. 1805.

G. [52]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1805. An Friedrich August Wolf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7275-C