[7] 18/5066.

An den Herzog Carl August

[Concept.]
Unterthänigstes Promemoria.
Ew. Durchlaucht

haben gnädigst befohlen, daß ich über einige, die Jenaische Disciplin betreffende Puncte mein unmaßgebliches Gutachten abgeben solle, welches ich hiemit, jedoch unter anhoffender Erlaubniß, nur in ganz kurzen Sätzen, unterthänigst bewirke.

Zu allem was den Anschein einer temporairen oder fortdauernder Dictatur hat, als Verlängerung eines Prorectorats, die Anstellung eines Iustitiarii, oder eines Canzlers, würde ich niemals rathen, da man zu bedenken hat, daß, wenn es auch möglich wäre, das vollkommenste Individuum zu so einem Amte zu finden, doch der Widerstand unbezwinglich [7] bleiben und die Gegenwirkung sehr viel unangenehme Scenen hervorzubringen würde, worüber die Bemerkung Fol. 21 umständlicher handeln.

Dagegen hoffe ich, daß nachstehende drey in einander greifende Vorschläge manches Gute bewirken könnten.

Man gebe dem Commendanten der Stadt die Sorge für die äußere Ruhe und Sicherheit derselben; er habe die Pflicht, jeden Auflauf, jede Zusammen-Nottirung auseinander zu treiben oder sich der Urheber zu bemächtigen, ohne auch nur ein Pedell dabey concurrire. Wer von den Ruhestörern auf diese Wiese eingefangen wird, werde sodann an seine ordentliche Obrigkeit übergeben. Hiermit trifft die Grunerische Überzeugung Fol. 29 vollkommen überein.

Betrifft es einen Studenten, so gebe man dem Syndicus die Pflicht und Befugniß, die Untersuchung aufs genauste zu instruiren und zu führen, damit man etwas juristisch Zusammenhängendes und Legales über den Vorfall erhalte, und nicht, wie es gewöhnlich zu geschehen pflegt, dem Schuldigen so viel Schlupfwinkel offen bleiben.

Da man aber auch dem ungeachtet sehr oft nur die Überführung bis zum Purgatorio wird treiben können, so mache man das Gesetz, daß derjenige, der bis zum Purgatorio gravirt ist, ohne weitere Sentenz die Stadt zu verlassen habe. Schon jetzt wird das [8] sogenannte deutsche Consilium abeundi gegen verdächtige, aber nicht überführte Personen gebraucht; nur künftighin würde es durch das Gesetz selbst dictirt und es brauchte keine Richter. Da das Recht, schädliche, obgleich eines Verbrechens nicht völlig überwiesene Menschen aus der Stadt zu schaffen, in einzelnen Fällen allen Magistraten zugeschrieben wird; Leyser Meditat. ad Pand: Sp. CCLII. 10; so scheint die Befugniß der höchsten Erhalter ganz außer Zweifel zu seyn, durch ein Gesetz diese löbliche Verfügung auf alle Fälle zu extendiren.

Der Commandant erführe das Resultat der Untersuchung und hätte die Pflicht einem solchen Menschen unverzüglich weg zu schaffen.

Durch diese Einrichtung würden keine neue Stellen noch Gewalten geschaffen, sondern den alten nur das, was ihnen eigentlich gehört, aufgetragen. Wollte man in allen übrigen Rechtsfällen auch dem Syndicus mehr Gewicht geben, so würde auch dieß der Sache ganz seyn, man würde jemand haben, an dem man sich hielt; und da man ohnedem zu dieser Stelle einen guten Juristen wählt, so wird er alles leisten können, was man von einem Justiziario forderte, und ganz unschädlich seyn, weil er keine executive Gewalt hat; der Prorector und das Consilium arctius würden erleichtert, in der Verfassung würde nichts geändert und es ließen sich vierteljährige Berichte einführen, wo man sehen könnte, ob ein jeder seine Schuldigkeit thäte.

[9] Daß diese Grundzüge bey näherer Betrachtung einer großen Ausbildung fähig sind, ergiebt sich beym ersten Augenblick; nur ist zu wünschen, daß, wenn sie zur Ausführung kommen sollten, man ja auf die einfachste und schneidendste Separation zu denken habe, damit man nicht etwa, durch verschiedene Rücksichten verführt, wieder auf irgend eine Art in de alte Complication zurückkehre.

Ich wünsche, Daß Ew. Durchlaucht diesen Vorschlägen Ihren Beyfall nicht ganz versagen mögen.

[10]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. Undatierte Briefe. 1773-1832. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7789-D