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An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

habe vor allen Dingen meinen verpflichteten Dank zu sagen für das schöne belobende gnädigste Rescript, welches meinen eifrigen Bemühungen neue Anregung ertheilt. Ich denke täglich und stündlich über die Sache nach, demohngeachtet bleibt die Art der Ausführung immer noch bedenklich. Was wir wollen ist klar, das wie aber muß uns erst noch offenbar werden. Indessen bleibe ich bey dem von Ew. Excellenz gebilligten Gange; noch ist kein Schritt geschehen, der nicht in's Ganze nützlich wäre, im Einzelnen mag geschehen was will.

Gegenwärtiges erlasse ich vom rechten Saalufer aus. Ich habe mich eingerichtet in dem Erker der[41] Tanne, unmittelbar an der Camsdorfer Brücke, die sonnigen Stunden des Tags zuzubringen. Erst Nässe, dann Schnee hinderte die Fußbewegung, nun ein halblahmes Pferd auch die im Wagen. Um nun nicht gar Licht und Luft zu entbehren lasse ich mich täglich, zur guten Stunde, auf diese Zinne bringen welche mit allen schönen Aussichten um Jena wetteifert und begrüße von da im Stillen meine Werthesten.

Wie ich höre hat eine neue Einwirkung der Preßfreiheiterey abermals eine andere, gebe Gott! eine günstige Wendung verliehen. Verlangend bin ich das Innere und Nähere zu vernehmen.

Die übrigen Oberaufsichtlichen Geschäfte sehen ganz gut aus, nichts geht zurück, weniges steht still und das meiste ist im Vorschreiten.

Renner beträgt sich in fortwährender Thätigkeit; Lenz durch seine Capuzinerhafte Unverschämtheit bringt die kostbarsten Dinge zusammen. Ew. Excellenz erinnern sich vielleicht kaum noch daß Sie vor mehrern Jahren, 1801, ein schätzbares Werk über diekärnthnischen Bleierze der Societät verehrt, Lenz hat so lange an einem alten Werkmeister getrieben bis dieser versprochen hat, seine kostbare Sammlung herzugeben, so daß uns das, was dort im Kupfer geweissagt ist, in natura nächstens zukommen wird. So deutet, bey vernünftigem Unternehmen und Beharrlichkeit, eins auf's andere.

[42] Überhaupt! wäre in dem Jena nicht der politische Narrenteufel los, (wodurch denn doch, genau besehn, kein Hund aus dem Ofen gelockt wird, vielmehr die Großen durch solche liederliche Ereignisse immer apprehensiver werden müssen) so wäre eine Masse von Wissenschaft vorhanden, womit man manches andere größere literarische Institut beschämen könnte. Ew. Excellenz haben so viel dafür gethan und kennen es am besten; aber auch am besten die obwaltenden Hindernisse.

Sollten Ew. Excell. die Wellerische Sache zum Schluß bringen; so wäre mir in manchem geholfen. Kann man ihm entschieden sagen was er auf ein Jahr erhalten wird so kann man seine Zeit in Anspruch nehmen und sonst einer gewissen Leitung sich unterziehen. Bis jetzt mußte alles in suspenso, nicht einmal provisorisch bleiben.

Die Reihe von Festen hat auch nicht wenig zerstreut und zum Ablehnen manches Guten geholfen. Das sind wir aber denn gewohnt und lencken endlich wieder ein, wie Ew. Exzell. in benannten Falle zu thun bitte.

Verzeihung! der Promemoria-Form eines vertraulichen Schreibens. Meine über-saalische Canzley ist noch im Werden.

Alles Gute und Liebe!

Jena d. 6. Febr. 1818.

G.

[43] Mit dringender Bitte um Fortsetzung ministeriellen Tagebuchs.

Noch erwähne daß der Versuch zu machen wäre ob der Prinz nicht 150 rh. jährlich opfern wollte. Legten wir die 50 rh. zu die auf Schreiberey ausgesetzt ist; so könnte man die Verwendung seiner meisten Zeit von ihm fordern. Jemand der sich anhaltend auch nur des mechanischen beym Geschäft annimmt ist unentbehrlich, besonders da, wie ich nun wohl sehe, das Verhältniß Güldenapfels zu der A.L. Zeitung nicht wohl zu lösen ist. Noch manches andre spricht für die Sache.

s.t.m.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-80FB-2