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An Franz Kirms

Es ist recht schön, daß Sie die Abschrift und Leseprobe »Wallensteins« beschleunigen. Da das Stück nicht groß und die Schauspieler durch das erste schon im Gange sind, so denke ich es soll zur bestimmten Zeit zu Stande kommen.

[64] Das Manuscript geben Sie nun heraus, wo es nöthig ist, lassen sich es aber gleich wieder zustellen. Bei der gewissenlosen Tournüre die in Weimar überhand nehmen will, muß man Niemanden mehr trauen, und sollte eine Untreue einmal auf Jemanden erwiesen werden, so will ich gewiß ein Exempel statuiren.

Für die Mühe, die Sie sich gegeben, das Excerpt des Briefes zu machen, bin ich Ihnen sehr verbunden; mich giebt nur wunder, wie man unverschämt genug seyn kann, einen solchen Wisch vorzuzeigen, der so dumm und so grob zugleich ist. Dumm, indem man wahrscheinlich machen will, das Stück aus Stellen von Briefen ergänzt zu haben. Das müssen ja allerliebste Correspondenten seyn welche sich einzelne Stellen auswendig merken, um sie nach Coppenhagen zu schreiben, und der Zufall ist noch scharmanter, daß die Herren nicht gerade durch eben dieselben Stellen gerührt werden und sich Jeder eine andre merkt, damit es zuletzt mit dem, was gedruckt erschienen ist, ein Ganzes ausmacht. Grob ist der Brief in der Stelle, die sich auf uns bezieht. Freilich ist ein öffentlich gespieltes Stück kein Geheimniß, aber das Manuscript davon wird Jahre lang von honetten Menschen geheim gehalten. Freilich wird ein öffentlich gespieltes Stück von tausend Menschen gesehen, aber deswegen noch nicht nachgespielt. Wenn Madame Brun keine bessere Logik im Kopf hat, so ist von andern Personen nicht zu verlangen, daß sie die [65] Argumente bündig finden sollten aber das Volk ist in seinen Intriguen und Narrheiten so ersoffen, daß es überall nur Laffen und Werkzeuge zu sehen glaubt, gegen die und mit denen man sich Alles erlauben kann. Was ist das für eine absurde Chikane zwischen Salon und Privat-Theater! Und wer hat denn überhaupt von einer öffentlichen Aufführung gesprochen. Es ist völlig als wenn Mad. Brun bei den Jenaischen Theaterfreunden in die Schule gegangen wäre.

Die Sache mag ruhen, da sie ohnehin nicht zu redressiren ist; will man aber mit dem Briefe auftreten und noch groß darauf thun, so werde ich meine Meinung derb und derber drüber äußern denn ich bin fest entschlossen in dieser und ähnlichen Sachen nicht den gefälligen Hahnrei zu spielen der freundlich drein sieht, wenn man ihm Hörner aufsetzt. Damit mag denn das auch vorbei seyn.

Leißring's Rolle im Vorspiel müssen wir Cordemann geben. Die Reime sind nicht schwer zu lernen und er wird ja wohl diese Rolle noch zu der andern liefern. Ich schicke das Vorspiel in dem Einiges verändert ist, vielleicht heute noch mit.

Haben Sie die Güte Alles vorzubereiten, vom 10ten an soll alsdann Alles rasch hinter einander abgehen.

Zu Destouches Annahme wünsche ich Glück, unter die Punktation habe ich meinen Beifall geschrieben.

[66] Wir müssen nun ja sehen, daß wir bald wichtige Opern zusammen schaffen um ihn zu beschäftigen als »Iphigenia«, »Axur« u.s.w. Unser künftiger Winter muß brillanter anfangen als der vergangene.

Da meine Arbeiten hier gut gegangen sind und ich in den nächsten acht Tagen noch etwas vor mich bringen kann, so werde ich mit Vergnügen wieder in Weimar seyn und an den dortigen Geschäften und Beschäftigungen wieder Theil nehmen, wo ich Sie denn recht wohl und vergnügt anzutreffen hoffe.

Jena am 2. April 1799.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1799. An Franz Kirms. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-85B2-F