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An Silvie von Ziegesar

Der Tag stand schon hoch und noch war kein Blat von Silvien da, wonach ich mich so sehr gesehnt, endlich kommt es, so voll und reich, so ganz ein Abdruck ihres lieben Wesens daß ich mich nicht genug daran freuen kann. Heute wollt ich zu Ihnen und in dieser Stunde sollte ich bey Ihnen seyn. Leider war es nicht möglich.

Diese Woche habe ich bey dem Theater viel Verdruß gehabt und werde das Geschäft wahrscheinlich niederlegen. Sie können dencken wie ungern ich mich von einer Anstalt trenne die ich seit zwanzig Jahren so heraufgebaut habe; mit wie schwerem Herzen ich eine Anzahl Menschen die an mir hängen, deren Existenz auf mich gegründet ist, dem Zufall (ich will nichts schlimmeres sagen) überlasse. Indessen hab ich schon mehr ertragen als billig war. Sie begreifen wohl wo der Wind herweht.

In Ihrer Gegenwart liebste Silvie das alles zu vergessen war mein Wunsch den ich nicht erfüllt sehen konnte und wer weiß wann es geschieht.

Hundert Betrachtungen die sich mir anbieten lehn ich ab und wende mich zu einigen Gaben die ich sende.

Das grössere Päckchen sollte schon Sonntags durch den Bruder von Hummelshahn zu Ihnen kommen er reiste zu früh ab.

[123] Die Bonbonniere selbst wird Ihnen gefallen, und wenn Sie die Geschichte derselben erfahren wird sie Ihnen noch werther seyn. Der Inhalt ist nich[t] – – bitte freundlich einzublicken, er ist wohl gut gerathen. Die wunderbare Hieroglyphe soll Ihnen wohl zu dencken geben.

Wüßten Sie sonst etwas das Ihnen Freude machte; so bitte ich's bey mir zu bestellen, ich thue gelegentlich das Gleich bey Ihnen. Es ist gar zu hübsch sich in der Ferne für einander zu beschäftigen. Das einzige was die Trennung erträglich macht. – –

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. Undatierte Briefe. 1773-1832. An Silvie von Ziegesar. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-85DF-B