41/41.

An Johann Friedrich Blumenbach

[Concept.]

[5. Juni 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

erwidere nunmehr auf zwey gefällig belehrende Schreiben in freundlichster Dankbarkeit. Ich habe das Vergnügen gehabt, Ihre Fräulein Tochter und Frau Geh. Hofräthin v. Loder bey mir zu begrüßen, von denselben das Allerbeste von dem Wohlbefinden des hochverehrten Freundes zu vernehmen. Auch darf ich nicht verhehlen, daß ich mehrere Göttinger Studirende in diesen Tagen freundlich aufgenommen, eigentlich nur, um von ihnen sämmtlich die Bestätigung jener guten Nachrichten zu vernehmen. Möge dieses Glück mir noch lange beschert seyn.

Die angekündigte, junge, talentreiche Tonkünstlerin traf zu gemeldeter Zeit nicht ein, und ich durfte es nicht bedauern, denn gerade in diesen Tagen lebten wir in dem düstersten Zustande, durch den Tod des[50] Kaisers Alexander wie die ganze Welt in Schrecken und, wegen der so nahen Verhältnisse, in die schmerzlichsten Empfindungen versetzt; und noch hat sich die frühere Heiterkeit in unsern höhern geselligen Cirkeln nicht wieder hergestellt.

Ihro Kaiserliche Hoheit habe nicht verfehlt wiederholt zu versichern, daß der übersendete Schädel große Freude durch Vervollständigung einer so wichtigen Sammlung verschafft hat, und auch Demoiselle Cylvestre als zierliche Übersenderin ist anzusprechen nicht vergessen worden.

Jene Nachricht von der glücklichen Cur einer so übermäßigen doppelten Hasenscharte war mir von größter Wichtigkeit, und lege die darüber mir gegönnten aufklärenden Worte dankbar zu der Sammlung für dieses Capitel, das sich schon früher eigenhändiger belehrender Mittheilungen meines verehrten Freundes erfreuen hatte.

Dem wackern Ernst Meyer wünsche von Herzen Glück zu einer guten Anstellung; wie ich höre, ist es ein bedeutender Wirkungskreis, in welchem er sich hervorthun kann.

Auch einen jungen Himly begrüßte ich in diesen Tagen mit vergnüglichem Andenken an die vielfachen guten, mit seinem Herrn Vater in Jena durchgelebten Stunden. Es ist höchst erfreulich, wenn wir erfahren, daß uns die Neigung würdiger mitlebender Männer unwandelbar erhalten wird.

[51] Empfehlen Sie mich Ihren theuern Herren Collegen, so wie ich mein Andenken in Ihrem würdigen Kreise durchaus erhalten wünsche; das Ihrige lebt bey uns immer frisch und grün.

So haben wir als gegenwärtig Ihr doppeltes Jubiläum mitgefeyert; denn wir wurden ja durch unsre eignen Zustände aufmerksam gemacht, daß eine solche erlebte Epoche zwar mit Recht jüngere Mitlebende zu vergnüglicher Heiterkeit aufruft, den Gefeyerten aber zu bedenklichen Betrachtungen veranlaßt; denn er wird an den Wechsel der Dinge erinnert, an eine Reihe von Jahren, welche zusammensummirt keineswegs das Facit eines ganz klaren und ungetrübten Glückes geben dürften. Doch das wollen wir alles hinter uns lassen und die uns noch gegönnte Zeit fröhlich zusammen wandeln und wirken.

Weimar den 3. Juni 1826.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Johann Friedrich Blumenbach. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8FDF-8