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An Christian Gottlob Voigt

Heute früh haben wir angefangen den Büttnerischen Wust in andere Räume zu transportiren, man mußte freylich bey dieser Gelegenheit abermals bedauern, daß man dieses Gewirre nicht nach und nach auflösen [24] konnte, sondern in einigen Puncten die Unordnung vermehren mußte. Eine nähere detailirte Beschreibung wird dieses sonderbare Geschäft anschaulicher machen.

Da ich Donnerstags früh nach Weimar abgehe, so kann ich nichts thun als den ersten Verband um diesen Schaden legen. Wie dieses Geschäft übrigens, mit möglichster Ersparung der Zeit und der Kosten, dergestalt in Ordnung zu bringen seyn möchte, daß man vor Meister und Gesellen Ehre davon hätte, darüber habe ich selbst noch keine deutliche Idee. Die größte Gefahr liegt jetzt darin daß man sich übereile und falsche Maßregeln ergreife, da man denn freylich eine Weile fortarbeiten kann ehe man gewahr wird, daß auf solchem Wege die Sache verpfuscht ist. Mündlich hierüber mehreres.

Auch sende ich einen von Spilkern heute früh erhaltenen Bericht, nebst Vorschlag, was aus der Ec kardtischen Auction zu kaufen seyn möchte. Ich überlasse ganz Ihrer Beurtheilung was Sie für Weimar nothwendig hatten und zwar wenn ich so sagen darf ohne Aufschub nothwendig. Was mich betrifft, so sehe ich in der übereinander aufgethürmten Bücherlast, schon auf den ersten Hinblick, so viele Doubletten und weil der alte Büttner nach allen Seiten hin kaufte so viel unerwartete Schriften, daß ich nicht den Muth hätte einen einzigen Band anzuschaffen, oder zu erstehen, außer was nach seinem Tode herausgekommen ist.

[25] Was Herrn Fernow betrifft, so behalte ich mir vor, mündlich meine Gedanken zu sagen, da es eine Sache ist, die, wie der alte Schnauß zu sagen pflegte, nicht im Feuer liegt. Vorausgesetzt daß derselbe, wie es der Fall mehrerer wackerer Männer ist, sich ohne weitere Unterstützung in Jena fortzubringen glaubt, so kann man dem Versuche, den er macht, wohl zusehen. Er war zur Kantischen Zeit, da er die Künste von Seiten dieser Philosophie zuerst anfaßte, als ein wacker strebender Mann bekannt, nur hat sich, seit der Zeit er in Italien ist, so viel in diesen Fächern geändert, daß ich fürchte, er wird seine Ästhetik noch einmal umschreiben müssen, wenn er zurück kommt. Haben Sie die Güte Durchl. den Herzog, dem ich mich zu Gnaden zu empfehlen bitte, bis auf meine ganz nahe Ankunft um eine Suspension Ihrer Entschließung zu ersuchen.

Die Nachricht, daß Ihre Gesundheit sich nach und nach völlig herstellt, erfreut mich am lebhaftesten.

Den neuen Mentor bin ich selbst neugierig zu sehen.

Daß Sie an den Architectonicis wenig Freude haben kann ich denken. Es ist überhaupt unsere Force nicht, mit Auswärtigen unser Spiel zu spielen.

Leben Sie recht wohl, gedenken Sie mein, indeß ich in Staub und Schmutz nach litterarischen Schätzen wühle.

Jena am 26. Jan. 1802.

G. [26]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1802. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9006-7