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An Johann Gottfried Steinhäuser

Indem ich für die mir mitgetheilten Nachrichten in Beziehung auf einen magnetischen Apparat Ew. Hochedelgeb. meinen besten Dank abstatte, so thue ich zugleich noch eine Anfrage um deren gefällige Beantwortung ich hiermit gebeten haben will.

Indem der Magnet sich mit dem entgegengesetzten Pol eines andern Magneten zu verbinden strebt, so scheint daraus zu folgen: daß die beyden Pole Eines Magnets dieselbe Neigung haben sich mit einander zu vereinigen. Die Ordnung in welcher sich die um den Magnetstein, auf einer Glastafel gestreuten Feilspähne legen, bringt ein solches Streben der beyden Pole zu einander zum Anschauen und es scheint keinem Zweifel unterworfen, daß, wenn ein magnetisches Hufeisen in der Mitte elastisch wäre, sich die beyden Pole mit einander vereinigen würden.

Ja ein Hufeisen überhaupt, so wie ein armirter Magnet, kann als ein, durch das quer vorgelegte Eisen, in sich selbst abgeschloßner und daher mit [226] allen seinen Kräften wirkender Magnet angesehen werden.

Es fragt sich deshalb ob man eine Magnetnadel verfertigen könnte, welche an statt sich nach den Weltpolen zu kehren, wenn man sie aufhinge, in sich selbst zurückkehrte so daß ihre beyden Enden sich ergriffen und fest hielten.

Ich denke mir die Construction etwa so: a b wäre eine Stahlfeder, c d zwey Pfeilspitzen von stärkerem Stahl an jene angeschweißt, e ein messingner Ring an welchem die Nadel aufgehängt würde, f ein dergleichen woran das Gewicht, g hinge, damit der Ring welcher entstünde, wenn c und d zusammenschlügen, in einer horizontalen Richtung bleibe.

Es versteht sich übrigens daß das Ganze so gearbeitet werden müßte wie es gezeichnet ist, nämlich daß die Flächen der Nadel vertical hängen, wie sie sonst bey andern Nadeln horizontal liegen.

Unter welchen Bedingungen ein solches Instrument möglich sey werden Sie am besten beurtheilen.

Man müßte um eine solche Magnetnadel aufzubewahren, sie ausgestreckt in einem engen Futteral erhalten und zum Versuche sie alsdann heraus und in die Höhe ziehen.

Ich bitte mir darüber eine gefällige Antwort aus, so wie ich mir auch den Preis zu bestimmen bitte, [227] um welchen Sie glaubten eine solche Nadel liefern zu können. Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar am 29. Nov. 1799.

W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1799. An Johann Gottfried Steinhäuser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-92C3-2