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An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

geneigte Sendung hat mich auf das angenehmste an frühere lebhaftere Mittheilungen erinnert, dabey mich aber auch sogleich darauf gewiesen, daß Sie niemals von meiner Seite kommen, indem ich bey Ihren vielfachen Leistungen immerfort zu Rathe gehe. Wie nun das gegenwärtig Überschickte mich schon einige Tage erfreut, so wird auch das angekündigte Werk mir höchst willkommen seyn. Wissen und Wissenschaft thun solche eilige Schritte, daß nur ein so rüstig-gewandter Mann, wie Sie, denselben nachkommen kann.

Da ich die beiden letzten Jahre nicht nach Böhmen gelangte, wo ich sonst immer, den Sommer durch, zu geologischen und mineralogischen Betrachtungen aufgerufen wurde; so habe ich in diesem schönen Felde wenig genossen, noch weniger geleistet, und mir war daher das Taschenbuch sowohl, als die Hefte der [279] Zeitschrift eine höchstwillkommene Anregung Vielleicht gelingen mir einige Bemerkungen, die sich für die letzte qualificiren.

Hiebey bringe Folgendes zur Kenntniß: in Eger befindet sich ein Freund unsrer schönen Studien, Herr Polizeyrath Grüner; er kennt und benutzt die Umgegend, auch hat er in Böhmen sowohl als im Auslande Correspondenten und theilnehmende Freunde und ist auf's Tauschen gar wohl eingerichtet. Ich habe ihm also gleich den Catalog des Heidelberger Mineralien-Comptoirs mitgetheilt, ihm überlassend anzuzeigen, was er zu besitzen wünscht und ihn zugleich ersucht, ein Verzeichniß dessen zu geben, was er ablassen kann. Ich müßte mich sehr irren oder es sind Gegenstände drunter, die auch für Sie interessant sind. Wir haben gemeinschaftlich gar wohl ausgebildete Andalusiten in Quarz entdeckt, der einen Gang in Glimmerschiefer macht; nur springt das Gestein nicht immer günstig, und wird auch nicht häufig gefunden. Gar manches Andere wird das Verzeichniß eröffnen. Ich würde beide Theile ersuchen sich wechselseitig zu contentiren, die Spedition könnte allenfalls durch mich gehen, es sey, daß der Transport durch Fuhrleute oder fahrende Post besorgt würde.

Haben Sie die Gefälligkeit, mir von dem Augitporphyr und was sonst zu den v. Buchieschen Beobachtungen und Überzeugungen dienlich wäre, gelegentlich mitzutheilen. Die Gedanken, die ein solcher Mann [280] bey Betrachtungen der Natur hegt nehmen unseren Antheil gar kräftig in Anspruch. Legen Sie vielleicht auch ein interessantes Stückchen Albit bey, so wird meine Sammlung von Felsspathen, die ohnehin sehr vollständig ist, dadurch nur reicher werden. Wie viel verdankt überhaupt mein Kabinett nicht schon Ihrem Wohlwollen.

Höchst merkwürdig bleibt uns im immer die Ähnlichkeit, ja Gleichheit der Hauptgebirgsarten über den ganzen Erdboden. Doch warum sollte nicht das Einfachste, das Gestein, sich überall gleichen, und die verschiedene Localität sich nur durch Abweichungen bezeichnen, da das Zusammengesetzteste, der Mensch, überall in eben diesem Sinne seines Gleichen findet? Ew. Hochwohlgeboren mit einer neuen Lebensgefährtin beglückt zu wissen, freut mich wahrhaft und innig. Nun kann ich mich überzeugen, daß Sie wieder zu dem wünscheswerthen häuslichen Zustand gelangt sind, an dem ich vor Jahren so herzlichen Antheil nahm. Empfehlen Sie mich der Werthen und lassen mein Andenken in Ihrem häuslichen und geselligen Kreise immerfort lebendig seyn.

Mit dem Postwagen sende das neuste Heft der meteorologischen Beobachtungen der Sternwarte zu Jena mit den beiden vorhergehenden Jahrgängen. Die dortigen Witterungskundigen nehmen ja wohl auch an unsern Bemühungen Theil, und geben uns Gelegenheit, die ihrigen zu nutzen.

[281] Wobey ich bemerke, daß der Aufsatz des Herrn Professor Meinecke in Halle, in dem mineralogischen Taschenbuche Seite 74, mir sehr merkwürdig war. Auch ich folge diesen Naturerscheinungen treulich; nur lassen mir meine übrigen Thätigkeiten nicht Raum, mich mit einzelnen auswärtigen Freunden der Wissenschaft darüber zu unterhalten.

Vielleicht gewährt mir in dem laufenden Jahre ein günstiges Geschick zu wiederholter Mittheilung die erwünschte Muße.

Zu wohlwollendem Andencken mich zum allerschönsten empfehlend.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar d. 3. Febr. 1826.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Carl Cäsar von Leonhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-92D2-F