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An August von Goethe

Der Garten-Inspector Skell bereitet sich zur Reise, und so will ich denn eine kleine Sendung zurecht legen. Anbey folgt ein Glas für Ottilien, an bessere Gaben läßt sich nicht denken. Das Silber fällt immerfort im Preise und alle Lebensbedürfnisse bleiben im alten Tax, da muß man sich denn zusammenhalten, damit die Casse ausreicht. Auch beklagen sich die Kaufleute gar sehr daß sie keine Abnehmer finden. Alles ist ohnehin viel theurer als sonst und von Tag zu Tage durch den Curs noch theurer. Die Billigkeit und Rechtlichkeit die sonst in den Carlsbadern war ist gänzlich verschwunden, sie üben das Strandrecht gegen jeden aus, den die Krankheit an ihr Ufer verschlägt.

Dagegen ist das Wetter noch immer ganz erfreulich, nach einigen Gewittern des Morgens kalt genug, im ganzen aber trocken und öfters heiter.

Die Oestreichischen Herrn und Damen bleiben freundlich und theilnehmend. Ihre trefflichen Mittagsmahle [261] kommen mir, auf die gewöhnliche Kost der Speisehäuser, sehr zu statten. Der Hofmedicus ist munter und ich hoffe auch ihm soll die Cur recht wohl thun, mir bekommt sie sehr gut, nur daß ich dießmal nichts arbeiten kann. Meine Papiere bringe ich wieder zurück wie ich sie mitgenommen habe. Zu Michaelis wird nur das Stück Kunst und Alterthum ausgegeben, das übrige mag zur Winterunterhaltung dienen.

Ein angenehmes Geschenk habe ich erhalten, eine kleine Statue von Erz, deren Schattenriß beyliegt. Freund Meyer mit meinen schönsten Grüßen vorzulegen.

Sonst giebt es hier in einer Prager Kunsthandlung noch sehr schöne Sachen, an Kunstwerken und Curiosen; Preise jedoch die mich gleich aus dem Laden hinaus gejagt haben, alles nach Dukaten. Unsere Sammlung würde hiernach ganz unschätzbar seyn.

Am 8. August sendete ich, mit der fahrenden Post über Hof, ein Kistchen mit getrockneten Früchten, Trüffeln und Gesteinen. Wahrscheinlich ist es in euren Händen wenn ihr Gegenwärtiges empfangt. Schreibt mir ja gleich über Leipzig so erhalte ich den Brief am achten Tage.

Wegen meiner Abreise bleibt es bey'm Alten. Richtet es so ein daß ich Sonntag den 13. September früh hier abreisen kann, wobey ich wegen des Wagens Folgendes zu bemerken habe.

[262] Die Fenster an der Vorderseite sind ganz unbrauchbar und können nicht gemacht werden, sorge dafür daß man sie heraus nimmt und ein Leder anschafft, womit man die Vorderseite zumachen kann, weil sonst vor Regen und Wind gar kein Schutz ist.

Und so will ich hinzusetzen daß ich mich gestern doch verführen lies einige versteinte Fische vom Monte Bolca für deine Sammlung anzuschaffen. Sie sind aber gar zu reizend und auch im Zootomischen Sinne höchst merckwürdig.

Und so nehmt denn die besten Grüße und Wünsche! Otilie und Misele sind hoff ich wohl. Ich muß diese Tage sowohl körperlich als auch geistig loben. Es ist mir manches unerwartete Gute, zu rechter Stunde wiederfahren. Adieu!

C B. d. 15. Aug. 1818.

Goethe.

An die Freundinnen viele Grüsse.

Anbey noch den dringenden Wunsch daß für einen Schreiber gesorgt werde. Diese sechs Wochen bringen mich sehr zurück so daß ich nothwendig bey meiner Rückkehr zur größten Schreibethätigkeit gelangen muß.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-946A-B