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An Johann Friedrich Blumenbach

Daß meiner Sendung vom Anfange des Monats, der ich glückliche Überkunft und freundlichen Empfang wünschte, Gegenwärtiges später als billig nachkommt, dürfte wohl Vergebung hoffen, in Betracht der mit Eintritt des Jahrs zusammenwirkenden ältern Schulden und neueren Obliegenheiten. Und so sey denn nochmals Glück und Heil auf die nächste und längste [99] Zeit unseren verehrten Freunde bereitet, damit derselbige in seinem weiten und erfreulichen Wirkungskreise immerfort so vielen nützlich und ergetzlich arbeiten möge, worin wir denn auch eingeschlossen zu bleiben wünschen.

Die mannichfaltige Sendung hat allseitige Freude erregt. Die Deutlichkeit der Crystallisation an dem blauen Topas ist höchst merkwürdig, da ein solches Exemplar doch immer vielfach durch Bergwasser im Gerille möchte geschoben seyn, ehe es endlich, noch so wohl erhalten, zu uns gelangen konnte.

Die echte Cicade ist höchst schätzenswerth, denn sie giebt dem Kunstfreunde den anschaulichen Begriff, wie niedlich und zierlich ein solches Geschöpfchen, aus Gold nachgebildet, in den Haaren einer schönen Griechin mag geflattert haben.

Das gleichfalls classische Holz ziert, mit dem daraus gefertigten Geräthe, unser Museum. Wobey ich wohl zu näherer Belehrung fragen möchte: ob nicht irgend Richtung und Construction jenes merkwürdigen Alterthums abgebildet vorhanden sey.

Der Geber bleibe versichert, daß unser Dank der Gabe sich gleich zu stellen wünscht. Möge es gefällig seyn, aus den von allen Seiten ihm zufließenden Schätzen uns von Zeit zu Zeit einiges mitzutheilen.

Nun darf ich denn auch wohl meiner selbst gedenken und, was man mir ohne Versicherung glauben wird, versichern: daß der Beyfall, den die so lange[100] vergraben gebliebenen Tafeln endlich erhalten, nachdem sie von dem Augenlichte eines Kenners beschienen worden, mir nicht geringe Freude gemacht; nicht weniger, daß die spät zur Welt geborenen Hefte freundlich aufgenommen und auch in der gegenwärtigen Zeit einigermaßen nützlich befunden werden. Die Spuren des seit so vielen Jahren einwirkenden Lehrers wird weder er selbst noch andere Einsichtige verkennen. Möge die Folge gleichfalls einigen Antheil erregen! Dergestalt, daß auch fernerhin treuliche Winke zu sicherer Richtung und supplirende Bemerkung des unbekannt Gebliebenen oder Übersehenen belehrend bey mir einlangen.

Zum Schluße kann ich noch eine für uns sehr angenehme Nachricht anfügen, daß Herr Doctor Heusinger den Ruf nach Jena angenommen hat. Wir vergessen nicht, daß wir jedes von diesem braven Manne zu erwartende Gute dem einsichtig Empfehlenden schuldig sind, und möchten wohl in ähnlichen Vorkommenheiten denselben abermals angehen, um uns einer kenntnißreichen Berathung zu erfreuen, weshalb ich mir denn in jedem Falle die Erlaubniß anzufragen und mitzutheilen vorläufig erbitte.

Daß bey allem diesen die Gesinnung unseres gnädigsten Herrn eigentlich oben anstehen sollte, darf wohl nicht ausgesprochen werden, und ich schätze mich glücklich meine Wünsche und Hoffnungen an die Seinigen anschließen zu dürfen; möge Bild und[101] Gleichniß ein lebhaftes Andenken zu erhalten geeignet seyn und in guter Jahrszeit einen gewissen Reiz ausüben, eine zarte Nöthigung bewirken, in persönlicher Gegenwart ein wechselseitiges Zutrauen das dauerhafteste zu erneuern.

zu allem Guten und Schönen

treulich verbunden

Weimar den 15. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An Johann Friedrich Blumenbach. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9535-A