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An Christian Gottlob Voigt

Wenn ich freylich nicht erwarten kann, Sie so bald, in diesen naßkalten Tagen, zu sehen, besonders da der Schnee das Fahren sehr abstümpft und Sie auch überdieß so viel zu thun haben, so lassen Sie mir doch die Hoffnung, daß es vielleicht in einiger Zeit möglich seyn dürfte.

Wenn Serenissimus mit unsern Anstalten zufrieden sind, freut es mich recht sehr. Ich weiß wenigstens nichts besseres anzugeben und ich wünschte, bey einem Geschäft das uns so ganz überlassen ist, zu meiner [36] eignen Belehrung, zu erfahren: wie, durch eine bestimmte Taktik, man Zeit, Bemühung und Geld sparen könne. Bald habe ich das Vergnügen wieder mit einigen ferneren Gutachten hervor zu treten.

Unser Lauchstädter Bau ist auch nun eingeleitet, wovor mir, im Grunde, nicht wenig graut. Weil dahier nicht bloß von zweckmäßigem Aufstellen und Ordnen, sondern vom Erschaffen und Erbauen die Rede ist, und das mit nicht ganz übereinstimmenden Geistern, mit zusammen zu stoppelnden Elementen und auf dem ungünstigen Local eines fremden, entfernten Territorii. Erhält sich mir die Gesundheit, und also auch der Humor, so will ich dem Geschäft stufenweise folgen, wäre es auch nur um über das was nicht gelingt, oder was der Spaß zu theuer kommt, ganz im Klaren zu seyn. Mögen Sie von unserm Holzhandel etwas erfahren, so sagt wohl Kirms, mit wenigen Worten, das nähere, was zu schreiben doch einige Weitläufigkeit hat.

Serenissimus haben in meine Seele gedacht, wenn Sie mir das Thonische Gutachten zu lesen bestimmten. Da Sie neulich dessen erwähnten, gedachte ich schon um dessen Communication zu bitten. Da das Unglück einmal geschehen ist, so wird es merkwürdig und nützlich seyn die Dunkelheit jener Weltgegend, bey dieser Gelegenheit, kennen zu lernen.

Wenn für den wackeren Verfasser dieser und ähnlicher Aufsätze und Arbeiten etwas, ihm und uns allen,[37] erfreuliches entstehen kann; so werde ich nicht der letzte seyn daran Theil zu nehmen.

Den Tischergesellen sende ich, mit einem kleinen Billet, ab; wenn Sie einen Augenblick Zeit haben, so erzeigen Sie ihm die Gnade ihn zu sehen. Es ist eine von denen kindlichen Naturen, denen man gern ein Wort der Ermahnung und der Aufmunterung sagen mag.

Wegen des hiesigen Packens der rohen Bücher, wegen der nöthigen Kisten, der Fuhren, der Breter, die mir der Bauinspector, zu den Repositorien, 11/4 zöllig, herüberschicken will, ist alles mit ihm besprochen worden und soll nun seinen Gang gehen.

Sobald das Sälchen quästionis geräumt ist, soll der Zimmermann die Breter und Stollen darinne hobeln, welches ihm sehr erwünscht ist, da er die nächste böse Zeit unter Dach mit seinen Leuten arbeiten kann. Ich weiß nicht ob ich schon früher gesagt habe, daß ich mit den Tischern, besonders mit den hiesigen, nichts zu thun haben will und daß der Zimmermann das ganze Gerüste aufschlagen soll, worauf die Schätze der Litteratur zu paradiren haben.

Empfehlen Sie mich Serenissimo zu Gnaden. Wenn Höchstdieselben, vor Ihro Abreise, nichts zu befehlen haben, wobey die geringe Persönlichkeit meiner Wenigkeit in Weimar nothwendig seyn dürfte; so erbitte[38] mir die Erlaubniß meine litterarische Quarantaine fortzusetzen. Ich wünsche das Geschäft, und was ihm anhängt, da ich nun einmal darin stecke, bey dieser Sitzung, wieder auf einen gewissen Punct zu bringen, wo man sich schmeicheln kann es sey etwas zweckmäßiges geschehen und es gehe nachher auch zweckmäßig fort, wenn man auch in vier Wochen nicht darnach sehen kann.

Die Nachtmusik ist ganz leidlich abgelaufen. Auf dem Markte brachten sie erst Serenissimo ein Vivat, dann dem abgehenden Prorector, der eine überlange und vielleicht hie und da deßhalb mißverstandene Rede hielt, dann dem neuen Prorector, der, nach seiner Art, gutmüthig und nicht zu lang, sprach. Zuletzt kamen sie mit den Leichenlaternen, statt der Fackeln, in den Schloßhof, wo sie, mit einiger Taktik, einen recht hübschen Kreis hätten schließen können, der sich gut würde ausgenommen haben, weil der Schnee und das helle Wetter sie begünstigte; allein sie schienen so wenig darauf eingerichtet, als der Major auf eine rednerische Danksagung. Er brachte die seine ziemlich lakonisch vor: »Ich danke denen Herren für die Attention und bin Ihnen sehr obligirt!« war ohngefähr alles was er sagte. Deswegen auch die Musik nicht wieder einfallen wollte, weil einige versicherten: es werde noch etwas nachkommen.

Ich erfahre erst daß das Blatt zu Ende ist, und will keinen Beywagen dieser beladenen Fuhre [39] hinzufügen, sonst hätte ich von Rumfort, Fernow, Villeneuf und sonst noch manches zu sagen. Lassen Sie mich bald hören, daß Sie sich recht wohl befinden.

Jena am 16. Febr. 1802.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1802. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-958B-8