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An Siegmund August Wolfgang Herder

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

wieder einmal auf das freundlichste zu begrüßen und mein Andenken zu erneuern ergreif ich mit Vergnügen eine sich mir anbietende Gelegenheit, wobey ich mir Ihre gefällige Mitwirkung erbitte.

Man wünscht eine Sammlung sächsischer Mineralien und zwar: [107] 1) Stufen derjenigen Metalle, um welcher willen der königlich sächsische Bergbau getrieben wird.

2) Herrschende Gangarten, in welchen sich diese Metalle finden.

3) Bergarten, das Gebirgsgestein, worin das Edlere enthalten ist.

4) Irgend sonstige Mineralien von einiger Bedeutung, wenn sie auch nicht unmittelbar auf die Metallerzeugung Bezug haben sollten.

Da, wie ich höre, ein Magazin solcher Stufen in Freyberg angelegt ist, wo sie nach einer gewissen Taxe abgelassen werden, so wollt ich bitten in obengemeldetem Sinne eine Sammlung auszeichnen zu lassen und mir den Catalog davon vorläufig gefällig mitzutheilen. Man würde 100 bis 120 rh. sächsisch gern daran wenden. Eine mittlere, jedoch instructive Größe, etwa von 3 Zoll, würde angenehm seyn, doch wäre bey einzelnen Exemplaren streng zu verfahren nicht nöthig.

Da diese Sammlung zur freyen und heitern Übersicht einer so wichtigen Gebirgsgegend Veranlassung geben soll, so ist außer Ihnen, theuerster Freund, niemand geeignet, das Nothwendige und Nützliche in diesem Falle übersichtlich zu beurtheilen und mir Gelegenheit zu verschaffen, eine mir hochgeschätzte Person nach eigenem Wunsch zu verbinden. Fände man der Sache gemäß, sich bey gedachten Gegenständen auf Herrn v. Charpentiers Werk zu beziehen, so würde [108] der beabsichtigte Zweck vielleicht noch geschwinder erreicht; doch sey dieses alles Ihrem einsichtigen Ermessen und Anordnen völlig anheim gestellt.

Darf ich nun in Hoffnung einer von Ihrer Seite fortgesetzten Theilnahme auch von mir etwas melden und dadurch unsere letzten Gespräche gewissermaßen fortsetzen, so habe ich zu sagen, daß ich diese drey Jahre her einheimisch geblieben und deshalb nicht wie sonst, von böhmischer Gebirgsgegend angelockt, meinen geologischen Neigungen habe folgen können; ja daß ich diesen Studien vielleicht schon völlig entfremdet wäre, wenn nicht mein Sohn, den ich Ihnen empfohlen wünsche, diese Fäden wieder aufgenommen und sich zum sorgsamen Bewahrer und Vermehrer meiner Sammlungen bestellt hätte. Nun aber werde ich, durch gute Ordnung und Reinlichkeit, wie ich System und Gebirgsfolge vorfinde, öfters angelockt dasjenige in Schubladen zu betrachten, was mich sonst auf hohen Berggipfeln und in den tiefsten Gruben jedesmal nur an eigener Stelle lebhaft interessiren konnte. Mein körperliches Befinden erlaubt mir übrigens noch in dem, was mir obliegt, nach meiner Weise thätig zu seyn. Fahren Sie fort in dem Vigor Ihrer Jahre einem so bedeutend belohnenden Geschäft freudig vorzustehen und lassen mich auf Gegenwärtiges nicht lange ohne Erwiderung.

Weimar den 30. Juli 1826.


[109] Glück auf!

Zur Nachschrift also Glück auf! Beykommendes lag zur Absendung bereit, als mir das werthe schöne Festblatt freundlichst zur Hand kam und mich in die treulichen Glückwünsche so vieler Frohgesinnten mit einstimmen hieß.

Wenn ich mir nun in diesem Augenblick die sämmtliche Vorzeit wieder zurückrufe und Sie, mein Theuerster, vom Knaben auf, bis zu jetzigem hohen Gelingen im Fortschritt zu denken habe, so muß ich auch dieß als einen Segen des hohen Alters erkennen, der uns, wenn so vieles zu ermangeln anfängt, in den Unsrigen, wie in den lieben Zeitangehörigen oft unvermuthet, wenn auch nicht unerwartet beglückt.

Ich sehe Sie an einer Stelle, wo ich einen geprüften Freund viele Jahre thätig wußte, in einer Lage, von woher mit mir ein stets freundlich belehrendes Verhältniß unterhalten ward. Genießen Sie Ihres thätigen Lebens, wo Sie jedes Gute, was Ihnen begegnen kann, täglich verdienen, und erfreuen sich unter Mühen und Sorgen der Gunst eines hohen Fürsten und der beyfälligen Mitwirkung vieler Guten und Verständigen, und zugleich der reinen eigenen Zufriedenheit. Lassen Sie mich an Ihrem Gelingen von Zeit zu Zeit theilnehmen. Selbst die wichtigsten Geschäfte erlauben uns wohl einmal an den entfernten Freund mit Wohlwollen hinzuschauen. Wiederholt und unablässig Glück auf!


[110] Zweyte Nachschrift.


Abermals ein angenehmes Ereigniß heißt mich die vorliegenden Blätter zurückzuhalten und noch etwas Freundliches hinzuzufügen. Ihr Bruder, der gute Emil, besucht mich mit seiner muntern schwarzäugigen Gattin, gar sehr an ihre Mutter erinnernd, und einer zarten wohlgebildeten Schwägerin. Letztere wird, hör ich, längere Zeit in Weimar zubringen, wo die Meinigen sie pflegen und unterhalten sollen, denn es gibt bey uns Geselligkeit und Gefälligkeit aller Art. Dießmal haben wir uns im Chor über Ihre Beförderung erfreut und eine herzliche Nacherleuchtung zu denen vielen hundert Grubenlichtern gefeyert. Möge es Ihnen wohlergehen und ich es bald unmittelbar vernehmen!

Weimar den 3. August 1826.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Siegmund August Wolfgang Herder. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9E4D-A