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An Georg Heinrich Roehden

Ew. Wohlgeboren

höchst angenehme Sendung, vom 5. Juli, erhalte erst am 16. September, als am Tage meiner Rückkunft aus den böhmischen Bädern. Keinen bessern Empfang hätte ich mir denken können: denn ich erfreue mich erst jetzt in einem hohen Grade meiner vorläufigen Arbeit, welcher das Glück wiederfährt, daß Sie, durch eignes Umschauen und Untersuchen, sich im Stande sahen gar manches zu berichtigen, zu bestimmen und nachzuweisen; wodurch denn diese für die Kunstgeschichte so wichtige Angelegenheit aufgeklärter vor unsern Augen liegt. Nehmen Sie also meinen besten Dank für das Unternehmen, und meine freudige Theilnahme an der Ausführung.

Vor allem aber befriedigte mich höchlich, daß Sie das Andenken eines, zwar kurzen, doch heitern lehrreichen [188] Zusammenlebens geneigt erhalten wollen. Auch bey uns sind jene Tage unvergeßlich und wir trösten uns nur über Ihren Abschied, indem wir Sie, in einer so großen lebendigen Umgebung, an einem Ihrer Thätigkeit würdigen Platze denken können.

Was das Äußere betrifft, so ist es für einen deutschen Autor freylich überraschend, seine Gedanken in Format, Papier, Lettern und Einband auf eine Weise überliefert zu sehen, wozu ihn sein Vaterland nie verwöhnen wollen; er findet sich hiedurch geehrt und erfreut; wenn er sich auch gestehen muß, einen solchen Vorzug der Bemühung eines wohlwollenden Freundes, einer fremden Sprache, einem entfernten Lande zu danken.

Meine Entwicklung des Triumphzugs nach Mantegna ist genugsam vorbereitet und wird die Redaction derselben nächsten Winter an die Reihe kommen. Auch diese Arbeit sende sogleich, welche den schuldigen Dank für Ihre gefällige Theilnahme und was für Förderniß ihr dadurch geworden, gern und offen bekennen wird. Einiges, was ich problematisch lassen mußte, werden Ew. Wohlgeboren in Gegenwart der Bilder selbst gar wohl entscheiden können.

Ferner kann ich vermelden, daß das übersendete bedeutende Gemälde glücklich angekommen und, bey unserer, zu Serenissimi Geburtstag herkömmlichen öffentlichen Kunstausstellung, sehr wohl und mit Beyfall aufgenommen worden. Nicht weniger haben die [189] unsern gnädigsten Hoheit zugedachten Muster-Exemplare des Abendmahls viel Vergnügen und warmen Antheil erregt. Wie es denn auch schließlich wohl noch am Orte seyn möchte, des wohlgelungenen Kupfers und der treu nachgebildeten Vignette mit Auszeichnung zu gedenken.

Jena den 25. September 1821.

Nach gelesenem vorstehenden, längst verfaßten und abgegangenen Briefe werden Ew. Wohlgeboren mitempfinden, wie höchst unangenehm mir die Nachricht gewesen, daß derselbe nicht in Ihre Hände gekommen. Wie er sich verirrt und wo er in's Stocken gerathen, wird sich bey näherer Untersuchung wohl ausmitteln lassen; ich eile jedoch Gegenwärtiges abzusenden, hinzufügend: daß vor einigen Tagen Herrn Schulz aus London gesprochen und ihn als einen werthen wohlunterrichteten Mann gefunden, auch demselben eine Rolle mitgeben, radirte Blätter nach meinen früheren Skizzen enthaltend, welche geneigt aufzunehmen und mir von dem Empfang so wie von der Ankunft des gegenwärtigen Blattes gefällige Nachricht erbitte.

Mit nochmaliger Versicherung, daß jenes Gesendete hier viel Freude erregt und allen verdienten Beyfall gefunden, vermelde, daß ich soeben eine kurze Anzeige dieser so werthen Arbeit zum neusten Heft für Kunst und Alterthum in den Druck gegeben, [190] wovon ein Exemplar nächstens zu übermachen nicht verfehle.

ergebenst

Weimar den 26. November 1821.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An Georg Heinrich Roehden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9F79-B