Achter Teil

(Zugabe)

[603][605]

Pränumerationsanzeige

Ich will zu Ostern k.J., spätestens Johannis, eine Zugabe zu den »sämtlichen Werken des Wandsbecker Boten« herausgeben. Sie wird enthalten: etwas das schon hie und da ohngefähr gedruckt ist, und etwas Ungedrucktes, zusammen circa 12–13 Bogen. Was den Inhalt anlangt, da wissen die Leser, wie wenig, und was sie zu erwarten haben. Ich habe nicht umgesattelt, und suche, wie bisher, einfältig und bescheiden an die wahre Größe und den inwendigen Wohlstand des Menschen zu erinnern, daß sie ihrer gedenken, und zu rechter Zeit Hand anlegen. Denn wer sie auch sind, gelehrt oder ungelehrt, wenn der Rausch vorüber ist, möchten wir doch alle gern Hand angelegt haben.

Die Pränumeration ist 1 Mk. 8 ßl. Hamburger-oder 1 Gulden Reichs-Geld, die ich mir gegen Ende des Februar ausbitte, wenn etwa an ein und anderm Ort ein Bekannter und Freund, oder sonst ein rechtlicher Mann die Güte haben will, für mich anzunehmen.

In Hamburg nimmt Friedrich Perthes an, und in Wandsbeck ich selbst.


Wandsbeck, den 2. Dezember 1811.

Der Bote.


(Siehe den Altonaischen Merkur, No. 203, vom 20. Dezember 1811.)
[605]

Vorrede

Es hätten, unter pag. 689, ad vocem des »einheimisch gewordenen beständigen Sinnes« unter andern die interessanten Reliquien des Herrn J.G. Müller angeführt werden sollen, wo schöne Beispiele eines solchen Sinnes vorkommen, sonderlich T. 4, pag. 1 und so fort.

Übrigens enthält diese Zugabe, statt der in der Pränumerationsanzeige versprochenen dreizehn Bogen, zu guter Letzt, sechszehn.

Mit Wort und Weise müssen die Leser vorliebnehmen. Man kann nicht dazu, daß man nicht mehr jung ist, wenn man alt ist. Was aber den Inhalt anlangt, der doch bei einer Schrift die Hauptsache ist, da meine ich, Wort gehalten zu haben. Und wenn einige Leser etwas anders erwartet haben; so ist der Bote unschuldig daran, ist auch unverlegen darüber. Ihn gereuet seine Überzeugung nicht, und er weiß, auch am Grabe, für sich und seine Leser nichts Bessers.

Es ist eine Wahrheit, und nur eine. Die läßt sich mit Gewalt nichts nehmen, und dringet sich niemand auf; sie teilt sich aber mit, mehr oder weniger, wenn sie mit Demut und Selbstverleugnung gesucht wird, »mit Furcht und Zittern«, sagt der Apostel. Die ihr Gewalt tun, und eigenmächtig Wahrheit machen wollen, die martern sich vergebens, und sind ein Rohr in der Wüsten, das der Wind hin und her wehet. Menschliche Werke, wie alle Dinge dieser Welt, wanken und verändern Gestalt und Farbe. Die Wahrheit bleibt, und wanket nicht. – Und wer ihr einfältig und beharrlich anhanget, der wittert Morgenluft, und hält sich an das, was er hat – bis er mehr erfahren wird.


Wandsbeck, den 12. Juni 1812.

Der Bote. [606]

Das heilige Abendmahl

Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habet.

De negotio coenae non aliud adhuc susceptum video, nisi ut hac occasione in intricatas obscuras et profanas quaestiones ac rixas conjecti animi a conspectu doctrinae necessariae tamquam turbine quodam auferantur.

Ego mihi ita conscius sum non aliam ob causam unquam theologica tractasse, nisi ut vitam emendarem.

Melanchthon.


Wie eine neuere Theologie lehret, ist das heilige Abendmahl ein Mahl zum Gedächtnis des Mannes, der die wohltätigste Lehre in der Welt gelehrt und mit seinem Tod versiegelt hat.

Und, auch so angesehen, ist das heilige Abendmahl sehr ehrwürdig, und kann allerdings für die Gäste nützlich und heilsam sein.

Die Betrachtung der Geschichte Christi, wie er sich in seinem Leben und bei seinem Sterben betragen hat, kann ohne Segen nicht abgehen. Es kann kein Mensch bedenken das Werk, das Christus auf Erden vollenden wollte, die Knechtsgestalt in der er einherging, die Gnade und Wahrheit in seinem Sein und Tun und seine Kraft und Huld und Milde im Leiden und bei dem Undank der Menschen, ohne sich in den Staub zu beugen, und sich von Seinem Geist zu wünschen. Und das ist der Anfang zu vielem Guten.

Auch bedarf der Mensch, der gewöhnlich sein Leben in Zerstreuung und Leichtsinn vor sich hin lebt und immer voraneilt, ohne zu wissen was ihn eigentlich treibt und was er eigentlich will, in seinem Laufe von Zeit zu Zeit angehalten und zu sich selbst zurückgeführt zu werden; er bedarf eines Steins am Wege, auf den er sich hinsetze und in sein vergangenes Leben zurücksehe, usw. Und dazu kann ihm das heilige Abendmahl dienen, wenn es auch nicht mehr als ein bloßes Gedächtnis-Mahl wäre.

Aber, wie könnte es das, und nicht mehr sein? ...

Christus stellte bei aller Gelegenheit, wo er seine Herrlichkeit sehen ließ, sich selbst immer im Schatten: »Das Mägdlein ist nicht tot, sondern esschläft«; 190 – »Dein Glaube hat Dir geholfen«; 191[607] »Siehe, sage es niemand« 192 etc. Er hatte an ihm selber nicht Gefallen 193, und zog sich immer zurück in seinem Leben; und er sollte, in der Nacht da er verraten ward, auf sich selbst bedacht gewesen sein, und ein Mahl und Fest zu seinem Gedächtnis gestiftet haben? ...

Und wenn es bloß ein Mahl zu seinem Gedächtnis hätte sein und darin das Wesentliche dieses Mahls bestehen sollen; so hätte doch das, als das Wesentliche, bei der Einsetzung angeführt werden, und vonGedächtnis, als von der Hauptsache, Erwähnung geschehen müssen.

Nun geschieht dies zwar beim Apostel 194; aber von den drei Evangelisten, die uns von der Einsetzung Nachricht geben, spricht nur einer, und der, wie er selbst sagt, seine Nachrichten von Christus, nur durch Erkundigung eingezogen hatte, von Gedächtnis, und das nur beim Brot und nicht einmal beim Kelch; und die beiden andern, davon der eine bei derEinsetzung gegenwärtig gewesen war, haben kein Wort von Gedächtnis.

Aber alle haben: »für euch gegeben, für euch vergossen«; 195 – »für euch gebrochen«; 196 – »für viele vergossen« 197 – »vergossen für viele zur Vergebung der Sünden«; 198darin muß denn wohl das Wesen dieses Mahls bestehen; und unser Herr Christus, der überhaupt nicht gekommen war, daß er ihm dienen lasse, sondern daß er diene 199, hat wahrlich auch bei dieser Anstalt nicht gedient sein sondern dienen wollen.

Wohl wird, wie gesagt, auch durch ein Gedächtnis-Mahl den Menschen gedient, aber nur kümmerlich, und nicht wie Christus dient. Der Mensch bleibt hier selbst sein Arzt. Er kann aber einmal durch sich und seine Kräfte nicht genesen, sintemal alles Gesetz durch das Fleisch geschwächt wird. »Das Gesetz kann nichts tun, weder anzeigen was man tun und lassen soll; aber die Kraft und das Vermögen solches zu tun und zu lassen gibt es nicht, und läßt den Menschen also in Sünden stecken.« Er bedarf denn anderer Hülfe, eines andern Mittels. Und das ist grade die Hülfe, die ihm zugedacht ist und die er haben könnte; denn dazu ist Christus in die Welt kommen, daß er dies andre Mittel zuwege bringe, und täte was dem Gesetz unmöglich war. 200

[608] Für euch gegeben und vergossen, zur Vergebung der Sünden – das ist, nach der Schrift, die große heilige Sache des Abendmahls. Es ist eingesetzt: von dem Leibe der Sünde 201 und des Todes 202 zu erlösen, die Erde mit dem Himmel wiederzuvereinigen und den Menschen in sein ursprüngliches Verhältnis mit Gott herzustellen.

Adam, vor dem Fall, war mit Gott und Gott mit ihm in dem Garten Eden, den er bauen und bewahren sollte 203; er war frei und herrschte, mit und durch Gott, über die sinnliche Natur, über Fische im Meer und über Vögel unter dem Himmel 204.

Sein unsterblicher Geist war lebendig.

Als er aber von Gott abfiel und sich zu dem, was nicht Gott war, wandte; ward ihm sein Wesen – nicht vernichtet: denn das kann nicht vernichtet werden; aber ihm ward, weil er seine Freiheit mißbrauchte, eine Hemmkette angetan und er der sinnlichen Natur unterworfen.

Sein unsterblicher Geist verlor sein Leben 205.

Er ward, sagt die Heilige Schrift, aus dem Garten Eden, wo er die Stimme Gottes gehört hatte 206, und er mit Gott und Gott mit ihm gewesen war, ausgetrieben und die Tür hinter ihm zugeschlossen 207.

Wir können an der Wahrheit dieser Geschichte nicht zweifeln, da wir sie in uns selbst erfahren, und ein Zeuge in der Tiefe unsers Herzens so laut und unwidersprechlich davon zeuget.

Denn »wir finden uns, die wir wollen das Gute tun, ein Gesetz, daß uns das Böse anhanget« – der inwendige Mensch ist noch da, und, »wir haben Lust an Gottes Gesetz nach diesem inwendigen Menschen; wir sehen aber ein ander Gesetz in unsern Gliedern, das da widerstreitet dem Gesetz in unserm Gemüte und nimmt uns gefangen in der Sünde Gesetz, welches ist in unsern Gliedern« 208.

Und diese Knechtschaft und ihr Rat ist ein Wurm im Menschen, der nicht stirbt; ist die gewaltige Angelegenheit, die je und je und solange Menschen auf Erden sind die Welt beschäftiget und die Erde mit Altären und Einsiedlerhütten und Götterhainen, mit Pagoden und Tempeln und Moscheen und Kirchen und Klöstern bedeckt hat; ist das Geheimnis, das Konfuzius und Zeno und die [609] Weisen aller Zeiten und Völker im Sinne gehabt und gesucht haben.

Alle Religionen und Philosophien sind im Grunde nichts anders, als Projekte, als Vorschläge und Weg dazu. Die bessern Menschen waren sich ihres unsterblichen Geistes bewußt, schämten sich seiner Ketten, verschmähten die Welt und was in der Welt ist, und rangen und kämpften nach Freiheit.

Sollte aber der Mensch recht frei 209 werden: so mußte das Verlorne wiedergefunden, sein Geist mußte wieder zum Leben gebracht, wiederbelebt werden. –

Von dieser Wiederbelebung und der Art und Weise sprach Christus in der Schule zu Kapernaum: »Moses hat euch nicht Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das rechte Brot vom Himmel. Dies ist das Brot Gottes, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. – Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt. – Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes und trinken sein Blut; so habt ihr kein Leben in euch 210

Viele von denen, die diese Rede höreten, gingen hinter sich und murreten: wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben? – Die Frage war ihnen zu vergeben; sie kannten Christum nicht und sahen an ihm nur einen Menschen wie ein anderer Mensch gestaltet 211, nur des Menschen Sohn. Aber des Menschen Sohn sollte verkläret 212 werden, bei dem Vater selbst mit der Klarheit die er bei ihm hatte ehe die Welt war 213.

Diese Verklärung geschahe durch den Tod, wie er selbst, Joh. 12, 23. 24, bei seinem Hingang sagte: »Die Zeit ist kommen, daß des Menschen Sohn verkläret werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, es sei denn daß das Weizenkorn in die Erde falle, so bleibet es alleine; wo es aber erstirbet, so bringet es viele Früchte.« Und Joh. 16, 7: »So ich nicht hingehe, so kommt der Tröster nicht zu euch, so ich aber hingehe, will ich ihn zu euch senden.« Und Johannes [610] sagt: »Der Heilige Geist war noch nicht da, denn Jesus war noch nicht verkläret 214

Paulus rechnet diese Verklärung oder Aufnahme in Herrlichkeit mit zu dem »kündlich großen Geheimnis« 215. Aber nach den Äußerungen der Heiligen Schrift: »daß Christus, vom Tode erweckt, hinfortnicht sterbe und der Tod hinfort keine Gewalt über ihn habe 216«; – daß »das Gesetz des lebendigen Geistes in Christo frei mache von dem Gesetz der Sünde und des Todes« 217; – daß ihm, nachdem er auferstanden war, »gegeben war, alle Gewalt im Himmel und auf Erden 218«; daß Christus, vom Tode erweckt, »alles in allem erfülle etc.« 219 und aus der Geschichte Christi nach seiner Auferstehung, wo er bei verschlossenen Türen mitten unter die Jünger trat 220, und da und dort, in Galiläa und bei und in Jerusalem, plötzlich und auf einmal erschien und wieder verschwand etc. versteht man doch soviel: daß seine menschliche Natur, in Vereinigung mit der göttlichen, unsichtbarer, lebendiger und geistiger Art geworden und in dieser Verbindung allenthalben gegenwärtig sei, und daß solchergestalt mancher Zweifel gelöset, und so der Genuß seines Fleisches und Blutes keine so unmögliche und unglaubliche Sache sei, daß man, wie zu Kapernaum geschahe, deswegen hinter sich gehen und sich daran ärgern müßte. – Und darauf scheint auch Christus zu zielen, wenn er zu den Jüngern sagt: »Ärgert euch das, wie wenn ihr denn sehen werdet des Menschen Sohn auffahren dahin, da er vor war? Der Geist ist es, der da lebendig machet, das Fleisch ist kein nütze. Was ich rede, das rede ich vom Geist und vom Leben 221

Und nun die Einsetzung selbst. Der ganze levitische Gottesdienst deutete auf Christum und war vorbildlich, und so waren auch die weislich verfügten Veranstaltungen bei dem Auszug aus Ägypten Vorbild: So wie bei der Befreiung und Erlösung derJuden aus der Not der leiblichen Knechtschaft, in jedem Hause ein leibliches Mahl, bei dem auch Becher umgingen, gehalten und genossen werden sollte; so würde zu seiner Zeit, wenn die vorgebildete Sache selbst käme, und das ganze Menschengeschlecht aus der großen allgemeinen Not der geistigen Knechtschaft befreiet und erlöset werden sollte, ein geistiges Mahl zum Genießen gegeben werden.

[611] Das jüdische Osterlamm war nun zum letztenmal genossen, und das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde träget 222, sollte an dessen Stelle treten, und sein Genuß eingesetzet werden. Und auch waren die Jünger, die Christum hatten sagen hören, daß ohne den Genuß seines Fleisches und Blutes kein Leben sei, und daß, wer es genieße, in Ihm bleibe und Er in ihm, natürlich, je näher es zum Tode kam, und sonderlich beim letzten Mahl, unruhig und verlegen:woran sie sich, wenn er nun von ihnen genommen würde, und hinginge, wohin sie ihm nicht folgen könnten, wenn er nun aufführe dahin, wo er vor war;woran sie sich denn in Ansehung seines Fleisches und Blutes zu halten hätten, und wie sie dessen teilhaftig werden sollten.

Und er nahm das Brot, dankete und sprach: »Das ist mein Leib!«

Und er nahm den Kelch, dankete und sprach: »Das ist mein Blut!«

Über die Vernunft mag dies alles sein; aber wider die Vernunft ist es nicht. Denn sollte der, welcher mit den Worten: »Sei gereiniget«; 223 – »Stehe auf, hebe dein Bette auf und gehe heim«; 224 – und mit dem Kot 225, »den er auf des Blindgebornen Augen legte« etc. die unsichtbare geistige Kraft verbinden konnte: daß der Aussätzige rein wurde, der Gichtbrüchige sein Bette aufhub und heimging, und der Blindgeborne sehend kam, etc. sollte der nicht auch sein unsichtbares geistiges Fleisch und Blut mit Brot und Wein verbinden können?

Wie hätten die großen weisen Väter von Adam her, Abraham der Freund Gottes und die Propheten auf ihn gehofft, hätten ihn viertausend Jahre hindurch, als den Held ihrer Erwartung in dem alle Völker sollten gesegnet werden, in ihren Herzen getragen und bewegt, und in ihrem Gottesdienst dem Volk vor die Augen gestellt, wenn er nicht mehr gewollt und gekonnt hätte, als ein Mensch kann und will?

Christi Leib und Blut, gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. – Das sollten die ersten Jünger und Christen im Sakrament genießen und das genossen sie.

Allerdings konnte dies ohne Gedächtnis Christi nicht abgehen. Sie mußten und wollten, wenn sie die Kräfte des heiligen Abendmahls, [612] den Frieden mit sich selbst und mit Gott, schmeckten, sie mußten und wollten wohl, gerne und unaufgefordert, an ihn denken, ewig und allein an ihn und an nichts anders.

Und in dem Sinn ist das heilige Abendmahl auch ein Gedächtnis-Mahl, wo nämlich das Gedächtnis eine Folge von der Würkung des heiligen Abendmahls ist; aber kein bloßes Gedächtnis-Mahl, wo die Würkung und Besserung eine Folge vom Gedächtnis sein soll. –

Auch die Feierlichkeit beim heil.Abendmahl, und daß ein Priester Brot und Wein segnen muß, und es ohne ihn nicht genossen werden darf, scheint auf etwas anders, als ein Gedächtnis-Mahl zu deuten.

Endlich die erste Kirche und der Doktor Luther, nach dem sich die Lutheraner nennen, hielten es für etwas anders:

Justinus sagt: die Christen wären gelehrt worden, daß gesegnetes Brot und Wein Fleisch und Blut Christi wären. Denn die Apostel überlieferten in ihren Kommentarien, die Evangelien genannt werden: »Christus habe solch Gebot gegeben; – denn er habe, nachdem er das Brot genommen und gedanket hatte, gesagt: tut es zu meinem Gedächtnis, das ist mein Leib; und habe, ebenso, nachdem er den Kelch genommen und gedankt hatte, gesagt: das ist mein Blut.«

Gregorius von Nazianz: »Da wir das genossen haben, was unsre Natur zerstreuet und zerrüttet hat; so bedürfen wir notwendig dessen, was wieder sammlet und füget, was zerstreuet und zerrüttet war, damit, wenn die heilsame Arzenei in unserm Innern in uns ist, sie den Schaden des Gifts, das in unsern Leib gebracht worden, durch entgegengesetzte Eigenschaften heile. Was aber ist diese Arzenei? – Nichts anders als jener Leib, der sich als Überwinder des Todes bewiesen hat, und der Anfang unsers Lebens ist.«

Hieronymus: »Wenn also das Brot das vom Himmel kommen ist, der Leib des Herrn ist, und der Wein, den er den Jüngern gegeben, sein Blut des Neuen Testaments ist, für viele vergossen zur Vergebung der Sünden; so laßt uns die jüdischen Fabeln verachten.«

Ambrosius: »Es ist sein wahres Fleisch das wir essen, und sein wahres Blut, das wir trinken.«

Augustinus: »Jenes Brot, das ihr auf dem Altar sehet, ist, durch das Wort geweihet, der Leib Christi; jener Kelch, und was er enthält, ist, durch das Wort Gottes geweihet, das Blut Christi.«

[613] Chrysostomus: »Wenn du zum heiligen Abendmahl gehest, so halte dafür, daß der Herr aller Herren dort gegenwärtig sei; denn er ist dort wahrhaftig gegenwärtig, und sieht und erkennet, was in jedwedes Menschen Herzen ist.« etc. etc.

Nach dem Konzilium von Nicäa werden Brot und Wein, nach der Einsegnung, eigentlich der Leib und das Blut Christi genannt und geglaubt.

In den alten Liturgien finden sich Gebete um Ausgießung des Heiligen Geistes über das ausgesetzte Brot und Wein, auf daß sie der Leib und das Blut Christi werden. – Der Priester segnete Brot und Wein und betete: »Mache dies Brot, den teuren Leib Christi; und was im Kelche ist, das teure Blut Christi durch deinen Heiligen Geist.«

»Auf diese Gebete«, sagt Proklus, »erwarteten sie den Heiligen Geist, daß der Brot und Wein zu Leib und Blut unsers Heilandes Jesu Christi mache.«

Die Kirchenväter drückten sich in dieser Sache so stark aus, daß ihre Ausdrücke zum Beweis der Verwandlung gebraucht werden konnten. Doch fehlt es bei ihnen auch nicht an Ausdrücken, daraus Ökolampadius und andre grade das Gegenteil, nämlich die nicht-würkliche Gegenwart des Leibes und Blutes Christi in Brot und Wein, haben beweisen wollen. Am Ende steht und fällt das Christentum nicht mit den gedruckten Kirchenvätern.

Die afrikanischen Christen nannten, wie Augustinus anführt, das heilige Abendmahl kurzweg: dasLeben; die Griechen nannten es das: größte Gut der Christen, und Luther nannte es: unsern höchsten Schatz 226 und sagte: »Christus hat die Macht seines Leidens ins Sakrament gelegt, daß man's daselbst soll finden und holen laut der Worte: ›Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird, zur Vergebung der Sünden.‹ 227«

Jedermann kennt den 18. Artikel 228 der Augsburgischen Konfession, [614] und weiß, daß darin nicht die Rede ist von einem Gedächtnis-Mahl, sondern von einem unbegreiflichen geheimnisvollen Mahl, und dafür ward das heilige Abendmahl auch bei den ersten Christen gehalten, und hieß ihnen das Geheimnis κατ' εξοχην.

Der Geist der Wahrheit, den Christus den Jüngern versprach, und der in alle Wahrheit leiten sollte, wird die Jünger und Christen auch hier geleitet, und Einsicht in dies Geheimnis gelehret haben.

Aber, wo der nicht leitet und lehrt, hört die Einsicht auf, und wo die Einsicht aufhört, fängt gewöhnlich der Zank und die Erklärungssucht an, wie das auch die Händel und die Erklärungen der mittlern und neuerer Zeit und der Sakramentstreit zur Zeit der Reformation beweisen.

Luther wußte dies Geheimnis auch nicht 229; aber er wählte, was in solchem Fall das sicherste und beste ist. Er hielt sich ohne weiters an die Worte der Einsetzung: »Gottes Wort ist da, das saget es: da bleiben wir bei und glauben.« 230

Und er hielt so fest an: das ist mein Leib: das ist mein Blut, daß er, wenn eins von beiden hätte sein müssen, sich eher nach der Seite der Verwandlung hätte wenden können, als nach der Seite des Bedeutens und der alleinigen Gegenwart für den Glauben 231, und noch weniger mit einem bloßen Gedächtnis-Mahl zufrieden gewesen wäre.

[615]

Indes war Luther zu seiner Überzeugung nicht sogleich und leicht gekommen. Vernunft und Scharfsinn, daran es ihm sowenig als Zwingli fehlte, hatten ihn viel versucht und hart angefochten. »Das bekenne ich«, schrieb er 1524 in einem Briefe an die Straßburger Theologen, »das bekenne ich, wo Doktor Carlstadt oder jemand anders vor 5 Jahren mich hätten mögen berichten, daß im Sakrament nichts anders wäre, denn Brot und Wein, der hätte mir einen großen Dienst getan. Ich habe wohl so harte Anfechtung erlitten, und mich gerungen und gewunden, daß ich gerne heraus gewesen wäre. – Ich habe auch zween gehabt, die geschickter davon zu mir geschrieben haben, denn Doktor Carlstadt, und nicht also die Worte gemartert nach eigenem Dünkel. Aber ich bin gefangen: kann nicht heraus: der Text ist zu gewaltig da, und will sich mit Worten nicht lassen aus dem Sinne reißen.«

Wenn der Doktor Luther sich aber durch seine Zweifel einmal durchgeschlagen hatte, und mit seiner Überzeugung im reinen war, so mochte ihn auch weiter nichts erschüttern, und er war keck. – »Den Trotz sollen sie uns nicht nehmen! Solange aber der Trotz uns bleibt, wollen wir unsre Feinde fröhlich verachten und zusehen, ob sie uns diesen Christum so leichtlich, als sie meinen, verschlingen, und einen andern an seine Statt setzen mögen, von dem der Vater im Himmel nichts wisse.« 232 Und in einem Brief an Staupitz: – »Nicht daß ich dadurch Ew. Ehrwürden in gleiche Gefahr dächte zu führen. Ich will allein auf meine Fahr, alles, was ich hierin tu, getan haben. Christus, mein Herr, mag zusehen, ob dieser Handel, den ich führe, ihn oder Luther belange.«

So keck und heftig, und mehr als nötig gewesen wäre, war er denn auch in dem Sakramentstreit. »Wir halten«, schrieben die Straßburger Theologen an Melanchthon, »daß niemand oder wenigen gegeben sei, weil sie mit diesem Fleisch beschwert sind, daß sie etwas für Gottes Geist also handeln und verrichten mögen, daß nicht das Fleisch auch von dem Seinigen etwas mit untermenge. Es meinen auch etliche, lieber Philippe, welches Ihr uns zugute halten werdet, daß Doktor Luther die Geistlichen anders würde vermahnt haben in seinem letzten Büchlein, wenn sein Fleisch nicht auch von dem Seinigen etwas dazu getan hätte.«

Und wäre Luthern, bei seiner Kraft und Fülle, das gegeben gewesen, was niemand oder wenigen gegeben ist, wäre er nur sanft und sinnig gewesen, als Melanchthon war, und, an der andern [616] Seite, der alte ehrwürdige Augustiner Staupitz etc., als Zwingli im Anfang war; so hätte vielleicht manches anders werden, und, auch in diesem Streit, die Einheit erhalten werden können. Denn die Lehrer der streitenden Meinungen kamen in ihren Unterredungen und Gesprächen zur Zeit der Reformation einander manchmal so nahe, daß sie selbst, bis auf Worte, einig zu sein glaubten, und auch, wenn die einen nur die Natur von Brot und Wein hätten wollen bestehen lassen, und die andern den würklichen Genuß des Leibes und Blutes Christi bei den Nicht-Glaubenden, daran Luthern alles gelegen war, nachgegeben hätten, im Grunde würklich einig gewesen wären.

Ja freilich, wenn das Licht sich eingemischt und gewaltet hätte; so wäre, zum Besten der Welt und zur Freude der Gutgesinnten, jedem, und jedwedem Dinge Recht geschehen, Gottes Werk und der Menschen Werk, die echten Gebräuche und Traditions von den nachgemachten, und überhaupt der alte reine Weizen von der Spreu, in Friede, rein und lauter geschieden, und der unglücklichen Trennung gewehrt worden, die damals, an allen Seiten, Freunde und anerkannt rechtschaffene, fromme und gelehrte Leute trennte und noch trennt.

Aber Luther war kein Heiliger, und er hatte es nicht mit Heiligen zu tun. Und in dem Zustande, dahin damals die Sachen gekommen waren, ist wohl etwas von dem Sauerteig zu vergeben, und vielleicht nötig gewesen, um eine Seele zum Reformieren in Gärung zu setzen, und unerschrocken und bei Mut zu erhalten, damit doch etwas geschehe.

Luther glaubte, und vertraute Gott, betete täglich seine zwei drei Stunden, und »tröstete und entsatzte sich dann keines Dinges«, und was nach seiner Überzeugung göttliche Wahrheit und Weg zur Seligkeit war, das lag ihm wahrhaftig am Herzen.

»Ich«, schrieb er an Spalatin, »bin allezeit geneigt und bereit innezuhalten und stille zu stehen, allein daß sie nicht verbieten, göttliche Wahrheit frei zu bekennen und zu lehren. Wo sie das tun, will ich mich aller Dinge gehorsamlich gegen sie bezeugen, ja gerne tun, was ich nur soll, wo sie nur den Weg zur Seligkeit den Christen lassen frei und offen stehen. Dies allein begehre ich von ihnen; sonst gar nichts. Was kann ich doch Ehrlicheres begehren? Ich begehre kein Kardinal zu werden, trachte auch weder nach Gold, Ehre, Geld noch Gut. – Und weil mein Gemüt also steht, kann ich mich nicht weder für Drohungen fürchten, noch durch gute Worte und Versprechungen bewegen lassen.«

[617] Es läßt sich wohl nichts Größeres und zugleich Tröstlichers denken, als was die Heilige Schrift voneinem Leibe sagt, wo der ganze Leib sich hält an dem Haupt und von ihm durch alle Gelenke und Fugen Handreichung empfängt, und wo ein jedes Glied an dem andern hanget und eins dem andern nach seiner Maße Hülfe tut, und machet, daß der Leib wächset zu seiner selbst Besserung, bis daß wir alle hinankommen, zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes Gottes.

Daran wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habet ... Die Liebe ist langmütig und freundlich, sie stellet sich nicht ungebärdig, sie suchet nicht das Ihre, sie verträget alles, sie duldet alles; die Liebe lässet sich nicht erbittern, sie trachtet nicht nach Schaden. – Aber sie läßt sich doch die Augen nicht verschließen, und trachtet nach Wahrheit, und sieht um sich, wo und woran es fehle.

Zum Beschluß eine Stelle aus Luthers: Ermahnung an den christlichen Adel deutscher Nation, über die Theologen seiner Zeit:

»Meine lieben Theologen haben sich aus der Mühe und Arbeit gemacht, lassen die Bibel wohl ruhen und lesen die Sententias. – Ich meine, die Bibel sollte den Doktoribus bleiben. So ist es umgekehrt. – Wie wollen wir ihm nun tun? Ich weiß keinen Rat, denn ein demütig Gebet zu Gott, daß er uns selbst Doktores der Theologie gebe. Doktores der Kunst der Arzenei, der Rechten, der Sentenzen mögen der Papst, Kaiser und Universitäten machen; allein sei nur gewiß, einen Doktor der Heiligen Schrift wird dir niemand machen, denn allein der Heilige Geist im Himmel, und der fragt nicht nach roten oder braunen Pareten, noch was des Prangens ist, auch nicht ob einer jung oder alt, Lai oder Pfaff, Mönch oder weltlich sei.«

Impetus Philosophicus

Wenn ich einen bittern Geschmack auf der Zunge habe, so schmeckt mir bitter, was mir zu einer andern Zeit nicht bitter schmeckt; habe ich einen sauern, so schmeckt mir sauer, was mir zu einer andern Zeit nicht sauer schmeckt usw. Man kann aber einen Zustand der Zunge annehmen, darin die Dinge zu aller Zeit einen, und ihren eigentlichen, Geschmack haben. Welcherlei dieser Zustand auch sei, so ist er der einzige, darin die Zunge [618] über den Geschmack der Dinge recht urteilet; denn in einem jeden andern schmeckt sie nicht die Dinge, sondern sich selbst.

Hiob war glückselig und zufrieden 233, und Hiob verfluchte den Tag seiner Geburt 234; dem Ritter Rhamsay war vor seiner Bekanntschaft mit Fénelon das Christentum eitel und leer, und nach seinen Unterredungen zu Cambray, hoch und heilig. Es geht denn dem Herzen und dem Verstande des Menschen, wie seiner Zunge. Man kann aber auch hier einen Zustand annehmen, darin die Dinge zu aller Zeit einen, und ihren eigentlichen, Eindruck machen. Welcherlei dieser Zustand auch sei, so ist er der einzige, darin der Mensch über die Gestalt und Beschaffenheit der Dinge recht urteilet; denn in einem jeden andern sieht er nicht die Dinge, sondern sich selbst.

Nach diesen Beobachtungen gewinnen alle Urteile, Theorien und Systeme der Züngler und Verständler etc. ein sehr zweideutiges Ansehen, weil in den meisten Fällen, und fast immer und bei allen Menschen, die Farben nicht, nach Newton, aus dem Lichtstrahl allein, sondern, nach Goethe, auch aus andern mitwürkenden Ursachen entstehen; und es will das Ansehen haben, daß es für den dritten Mann, der nicht selbst Bescheid weiß, nicht sowohl ankomme, auf:was gesagt wird, sondern auch auf: wer es sagt.

Dieser Afternimbus um unsre Gedanken und Gesinnungen – Νεφελη κελαινη –, dadurch in uns dieStrahlen des Lichts gehemmt und gebrochen werden, kommt mit dem Menschen auf die Welt. Er ist, wie der andre Nebel, morgens am dichtesten; er verdünnt, nach der Regel, sich den Tag über, und nimmt ab; er kann aber auch zunehmen.

An ihm und an seiner Beschaffenheit hangt der Unterschied zwischen Kain und Abel, zwischen Nebukadnezar und Salomo, zwischen dem Riesen Goliath und Fabius Cunctator, zwischen Voltaire und Sokrates, zwischen Pascal und Cartouche usw. Deswegen ist er auch von jeher die Angelegenheit denkender und gutgesinnter Menschen, und der Gegenstand aller Religion und wahren Philosophie gewesen. Der alte ägyptische Priester sprach von einem schwarzen Blutstropfen in den Eingeweiden des Menschen, der ausgewaschen werden müßte; Konfuzius von einem Flecken im Willen des Menschen, dadurch, seine Natur vom Himmel, verdunkelt und geschwächt würde; die Japaneser nannten [619] den Stifter ihrer Religion Sammanu- Kuthana, das ist, nach Kämpfern, in ihrer Sprache: ein Mensch ohne Affekten usw. Überhaupt drehen sich die Schriften der alten Weisen, Chineser, Indier, Parsen, Ägypter, Griechen etc. um diesen Gegenstand als um ihren Mittelpunkt.

Es ist eine feine Bemerkung der Physiognomen, daß das Angesicht des physischen Menschen eigentlich nur nach seinem Abscheiden bedeutend sei, daß es, bei seinem Leben, durch die Begierden und Leidenschaften aufgetrieben und verstellt werde, und nur in der Leiche sich senke, und in seine eigentliche Gestalt zurücktrete.

Mit dem Angesicht des geistigen Menschen verhält es sich anders. Das wird zwar auch, im Leben, durch jenen Nimbus verstellt und aufgetrieben; es sinkt aber im Tode nicht zurück, sondern bleibt stehen, wie es durch ihn vor und im Tode verstellt und aufgetrieben war.

Die Erfahrung, was dieser Nimbus für Leid und Not und Elend in diesem Leben anrichtet, und die Furcht was er in jenem, wo er noch weniger hingehört, anrichten werde, hat natürlich von jeher die Menschen veranlaßt und getrieben, sich nach Rat und Hülfe umzusehen, und alles, was ihnen hier Hoffnung und Aussicht machte, mit beiden Händen zu ergreifen. Und daher kommt es wohl, daß bei allen Völkern dieReinigungen ein Hauptstück ihrer Religion gewesen sind, und daß sie sich diesen Reinigungen gerne und willig unterworfen haben, so hart und beschwerlich, und so langwierig sie zum Teil auch waren; wie denn, zum Exempel, bei den Parsen die Reinigung Baraschnom-No-Schabe neun Tage, und verschiedene bei den Indiern Wochen und Monate dauerten.

Wenn man diese Reinigungen, wie sie bei den verschiedenen Völkern im Gebrauch waren, und zum Teil noch sind, näher ansieht; so merkt man ihnen wohl an, daß sie etwas anders sind und sein sollen, als Moral und philosophische Wege, die Begierden und Leidenschaften zu zähmen und zu ordnen. Aber wie sie eigentlich gemeint sind, und ihr Verhältnis zu dem, was sie leisten sollten und wozu sie eingesetzt und angeordnet waren, ist ihnen nicht so leicht anzumerken; und gehören dazu scharfe Augen und geübte Sinne.

Auch ist sehr wahrscheinlich, daß diese Reinigungen, die ursprünglich aus guten Quellen geschöpft sein mochten, mit der Zeit, wie alle Anordnungen unter Menschen, verfallen sind, und [620] dürre Zeremonien geworden; und daß die Priester die Kunst sie zubeleben verloren haben.

An des Königs Geburtstag, den 28. Januar 1812

Nach Zumsteegs Melodie

des Reuterliedes im Wallenstein


Wohlauf, wohlauf, heut Festtag ist;
Stellt euch in Glied und Reihen!
Wir sind versammlet, wie ihr wißt,
Uns unsers Königs zu freuen.
Wer sich am besten freuen kann,
Der ist hier Meister, und unser Mann.

Chor

Wer sich am besten freuen kann,
Der ist hier Meister, und unser Mann.
Zufrieden, und frisch und fröhlich sein
Ist allemal das Beste;
Die Menschen aber, groß und klein,
Sind wunderliche Gäste.
Anstatt nur nach der Uhr zu sehn,
Will mancher selbst am Zeiger drehn.

Chor

Anstatt nur nach der Uhr zu sehn,
Will mancher selbst am Zeiger drehn.
Doch wenn ein jeder am Zeiger dreht,
Und 's große Wort will führen;
Dann alles die Kreuz und Quere geht –
Drum muß nur einer regieren!
Und wenn der eine mit Weisheit fährt,
So ist er all unsrer Liebe wert.

Chor

Und wenn der eine mit Weisheit fährt,
So ist er all unsrer Liebe wert;
So ist er uns Vater, ist unser Freund,
So ist er von Gott uns gegeben
[621]
Wie eine Sonne die da scheint,
Und die auch wärmet daneben;
Die aber in Kriegeszeit jedermann,
Wie sie gern wollte, nicht wärmen kann.

Chor

Die aber in Kriegeszeit jedermann,
Wie sie gern wollte, nicht wärmen kann.
Und dies kommt auch an unsre Tür!
Wer wollte drob jammern und klagen.
Das mag ein andrer tun; doch wir,
Wir wollen, halt, nicht verzagen.
Fürs Vaterland ist Wermut Wein;
Und morgen wird es besser sein!

Chor

Fürs Vaterland ist Wermut Wein;
Und morgen wird es besser sein!
Der König den Frieden lieber hat,
Führt Krieg nur wider Willen.
Er wird auch wissen durch Rat und Tat
Mit Gott den Hader zu stillen.
Wer Krieg führt, den er nicht gewollt,
Dem Mann sind Gott und Menschen hold.

Chor

Wer Krieg führt, den er nicht gewollt,
Dem Mann sind Gott und Menschen hold.
Des Landes Vater lebe hoch ...
Die Landesmutter lebe ...
Daß Gott sie segne! ... und uns doch
Bald Frieden wiedergebe!
Im Krieg ist nimmer kein Stern noch Glück;
O Friede, Friede, komm zurück.

Chor

Im Krieg ist nimmer kein Stern noch Glück;
O Friede, Friede, komm zurück!

[622] Hochzeitlied

Stand ein junges Veilchen auf der Weiden,
Lieb und herzig, in sich, und bescheiden;
Und ein wackrer Jüngling über Land
Kam hin, da das Veilchen stand.
Und er sah das Veilchen auf der Weiden
Lieb und herzig, in sich, und bescheiden;
Sah es an mit Liebe und mit Lust,
Wünscht es sich an seine Brust.
Heute wird das Blümchen ihm gegeben,
Daß er's trag an seiner Brust durchs Leben!
Und ein Kreis von edlen Menschen steht
Ernst, und feiert mit Gebet.
Seid denn glücklich! Gott mit Euch, Ihr beide!
Seine »Sonn am Himmel« schein Euch Freude;
Und, in Eurer Freud, in Eurem Schmerz,
Seine »beßre« Euch ins Herz!

Auf O – – o R – – s Grab

Aus einer Welt voll Angst und Not,
Voll Ungerechtigkeit, und Blut und Tod
Flüchtete die fromme reine Seele
Sich ins beßre Land zu Gott;
Und der Leib in diese dunkle Höhle,
Auszuruhen bis zum Wiedersehn.
O der Christ ist immer groß und schön,
Doch im Tod in seiner größten Schöne.
Wandrer, bleib am Grabe stehn,
Lerne hier, was eitel ist, verschmähn;
Weine eine stille Träne!
Und denn kannst du weitergehn.

P** und C**** bei dem Begräbnis ihres J***

So wie ein Ackersmann die Saat
Auf seinen Acker streut,
[623]
Und, wenn er sie gestreuet hat,
Sich auf die Ernte freut;
So freuen auch mit Tränen wir
Uns auf den Erntetag,
Und bringen unsern Knaben hier
Hin in sein Schlafgemach;
Daß er, nach Ungemach und Not,
Die langsam ihn verzehrt,
Nun Ruhe habe, bis ihn Gott
In seiner Ruhe stört;
Wenn die Triumphposaune schallt,
Und er in seiner Gruft
Die Stimme hört, die mit Gewalt
Durch alle Gräber ruft;
Und dann hervorgeht, jung und schön,
Nachdem es Gott gefällt;
Und wir ihn fröhlich wiedersehn,
In einer bessern Welt,
Wie wir ihn hier im Elend sahn,
Und er uns ungetrübt,
Uns ohne Ende, lieben kann,
Wie er uns hier geliebt. –
Schlaf wohl denn, bis die Stimme ruft!
Wir gönnen dir dein Glück,
Und gehen heim von deiner Gruft,
Und lassen dich zurück.

Auf einen Selbstmörder

Videre verum,

atque uti res est dicere

Er glaubte sich und seine Not
Zu lösen durch den Tod.
Wie hat er sich betrogen!
[624]
Hier stand er hinterm Busch versteckt;
Dort steht er bloß und unbedeckt,
Und alles, was ihn hier geschreckt,
Ist mit ihm hingezogen. –
Wie hat er sich betrogen!

Der Esel

Hab nichts, mich dran zu freuen,
Bin dumm und ungestalt,
Ohn Mut und ohn Gewalt;
Mein spotten, und mich scheuen
Die Menschen, jung und alt;
Bin weder warm noch kalt;
Hab nichts, mich dran zu freuen,
Bin dumm und ungestalt;
Muß Stroh und Disteln käuen;
Werd unter Säcken alt –
Ah, die Natur schuf mich im Grimme!
Sie gab mir nichts, als eine schöne Stimme.

Vorrede zum 2. Band der Übersetzung von Fénelons Werken religiösen Inhalts

Die Vorrede vor dem ersten Band dieser Übersetzung gilt auch bei diesem zweiten, und muß auch hierverstanden werden.

Das Leben des Erzbischofs ist von vielen Schriftstellern beschrieben worden. Den Lesern, die etwa diese Schriftsteller nicht gelesen haben, wird es vielleicht angenehm sein, hier eins und das andre aus seinem Leben angeführt zu sehen.

François de Salignac de la Mothe Fénelon ward 1651 auf dem Schloß Fénelon im Perigord geboren, und starb 1715 zu Cambrai.

»Es soll keiner ein Vater werden«, sagt Luther, »er habe denn gelernet, daß er seinen Kindern kann predigen die Gebote Gottes und das Evangelium, daß er fromme Christen ziehe.«

Fénelons Eltern, aus den ersten Familien des Landes, »predigten« ihrem Kinde mehr durch Beispiel als durch Lehre, erzogen [625] es schlecht und recht, und nahmen ihm einen Hofmeister, der ein sehr kundiger und tüchtiger Mann war. In seinem zwölften Jahr verstand Fénelon Griechisch, und konnte lateinisch schreiben. Die Eltern bestimmten ihn dem geistlichen Stand, und er ging auf die Universität von Cahors, die schönen Wissenschaften, die Philosophie und die Theologie zu studieren.

Von seiner Art, die Philosophie zu studieren, kann man sich aus dem Rat, den er in der Folge seinem Neffen gab, einen Begriff machen. Er schrieb ihm ohngefähr Folgendes: »Ich gestehe Euch, Neffe, daß in der Schulphilosophie viele Termini vorkommen, davon die Begriffe nicht eben sehr klar sind; aber, wenn die qualitates occultae (diese wurden der Zeit von der Mechanik in der Philosophie abgelöst) nichts als bloße Worte sind, so sind des Cartesius seine Körperchen und Wirbel und Haken oft nichts, als ein philosophischer Roman. Indes muß man diese Hakenphilosophie fleißig und mit Ernst treiben, wenn man sie auch nicht annehmen will; denn man muß wissen, was die Leute haben, und sie kann Euch bei den Wissenschaften, die Ihr noch zu lernen habt, Dienste tun. Ich bitte es mir aus, Neffe, daß Ihr hier fleißig seid, denn Ihr könnt, wie gesagt, auf dieser Brücke zu andern Kenntnissen übergehen.«

Im achtzehnten Jahr nahm Fénelon den Gradum zu Cahors an, und kam darauf nach Paris zu seinem Onkel, dem Marquis Antoine de Fénelon, der beim Condé, und überhaupt unter den Großen sehr geliebt und geachtet war.

Je näher und mehr der Onkel den Neffen sahe, desto mehr fand er alles wahr, was er von ihm hatte sagen hören, desto mehr liebte er ihn, und machte sich große Erwartungen von dem Neffen, konnte auch der Versuchung nicht widerstehen, ihn einmal öffentlich zu zeigen.

Fénelon predigte in seinem neunzehnten Jahr zum erstenmal, und mit so allgemeinem und außerordentlichen Beifall, daß es dem Onkel für den empfindlichen Jüngling bange ward, und ihn reuete, ihn gezeigt zu haben. Er beschloß auch bei sich, diesen Schatz von Tugenden und Talenten dem öffentlichen Beifall und Lobe nicht preiszugeben, und sagte ihm eines Tages; »Ihr erster Anfang ist sehr glücklich gewesen, lieber Neffe; meine Freunde sind auch die Ihrigen geworden; jedermann lobt Sie, will Ihnen wohl, und ist geneigt, Ihnen den Weg zum Glück zu öffnen und zu ebnen. Aber wollten Sie um Lob und Ehre willen ein Geistlicher werden? Hätten Sie keinen andern Lohn im Auge, [626] als jene Bewunderungen und Lobpreisungen, die mehr Armut bei denen, die sie bringen, als Reichtum bei dem beweisen, dem sie gebracht werden? – Nein, Neffe«, fuhr er fort, und umarmte ihn, »ich kenne Sie zu gut; Sie wollen ein treuer Schüler Ihres Meisters werden, ein würdiger Diener der Religion, die Sie anfangen zu predigen. Gehen Sie hin in der Freistätten eine, wo man seine Pflichten lernt und sich gewöhnt, sie zu erfüllen, wo Sie die nötigen Einsichten Ihres Standes erwerben können, und den Eifer und die Kraft, seinem Wert und seiner Würde ein Gnüge zu tun.«

Fénelon hatte seine Verwandte lieb, und wäre wohl lieber in ihrem Kreis und seiner itzigen Lage geblieben; er bedachte aber, daß mit einer schönen Predigt und dem allgemeinen Beifall eigentlich wenig gewonnen sei; daß, wenn er andre, nach dem Ausdruck des Apostels, lehren sollte: »durch den Geist die Geschäfte des Fleisches zu töten«, er sie vorher in sich müsse getötet haben; wenn er andre lehren sollte: »nach Gott zu dürsten«, und auf seine Stimme zu achten, er vorher selbst nach ihm müsse gedürstet, und auf seine Stimme geachtet haben, daß er also zuvor noch ein ganz anderer Mensch werden müsse; daß man das aber durch Worte und Reden nicht werden könne, sondern nur durch Ernst und fortgesetzteÜbung unter einem erfahrnen Anführer – und so ging er unmittelbar in das Seminarium von St. Sulpice, wo für alles gesorgt war. Er merkte auch bald, daß er hier am rechten Ort sei; was ihm draußen Mühe gekostet hatte, das ward ihm in diesem Hause und in dieser Gesellschaft leichter und endlich leicht.

Nachdem er hier fünf Jahre geübt, und tüchtig gemacht war, ward er in seinem vierundzwanzigsten Jahr Priester, und trat im Sprengel von St. Sulpice sein Amt an, ging um und pflegte die Armen, besuchte die Kranken, tröstete, vermahnte etc. und hatte für alles übrige in der Welt keinen Sinn und keine Sorge. Er dachte nicht an sich selbst, und ging den Gelegenheiten, wo von ihm die Rede sein konnte, mit Fleiß aus dem Wege, so daß der Erzbischof von Paris, von Harley, ihm auch einmal mit Unwillen sagte: »Nun, Sie wollen vergessen sein, Sie werden auch vergessen werden.«

Er ward indes doch nicht gar vergessen. Ludwig XIV. hatte das Edikt von Nantes aufgehoben, und ging damit um, in die Gegenden, wo die meisten Hugenotten waren, eine Mission zu schicken, die unter militärischer Begleitung versuchen sollte, sie [627] zur römischen Kirche zurückzubringen. Er hatte von Fénelons Bescheidenheit und sanfter Überredungsgabe gehört, und ließ ihn rufen, um ihn zum Chef dieser Mission zu machen. Fénelon erschien, dankte dem König für sein Vertrauen, verbat sich aber die militärische Begleitung, und stellte dem König vor: daß die Diener der Religion Boten des Friedens wären, und keine Soldaten bei sich haben müßten, daß Schwert und Waffen zwar in Schrecken setzen, aber niemand würklich verändern könnten, daß das Schwert des Worts und die Kraft der Gnade die einzigen Waffen wären, welche die Apostel gebraucht hätten, und daß er nach ihrem Beispiel auch keine andre wolle. »Aber«, sagte ihm der König, »fürchten Sie nicht? Muß ich Sie nicht gegen die Wut der Ketzer sicher stellen? Wissen Sie nicht, wozu ihr Fanatismus und ihre Rachsucht gegen die Priester fähig ist?« – »Ich weiß es wohl, Sire; aber darf ein Missionär dergleichen Gefahren fürchten? ich muß es Ew. Majestät wiederholen, wenn Sie von unsern Predigten eine wahrhaft apostolische Ernte erwarten, so müssen wir als wahre Apostel hinkommen. Ich will lieber durch die Hand irrender Brüder umkommen, als einen einzigen von ihnen dem Trotz und den Gewalttätigkeiten, die von Kriegsleuten fast unzertrennlich sind, ausgesetzt sehen.« Der König lobte ihn, und ließ ihn ohne Begleitung ziehen.

Nachdem Fénelon seinen Auftrag ausgerichtet und dem König darüber Bericht abgestattet hatte, ließ er in zwei Jahren sich nicht am Hofe sehen, ob er wohl wußte, daß er dort willkommen sei, sondern zog sich in seine Stille zurück. Aber sein guter Ruf, das Lob, das ihm aus den Provinzen, wo er gewesen war, nachkam, und seine ersten Schriften: L'Education des Filles, und Sur le ministère des Pasteurs, sprachen laut von ihm und für ihn, und Ludwig XIV. der selbst nicht nach den Vorschriften der Religion lebte, aber doch gerne mochte, daß andre darnach lebten, der den Bossuet zum Lehrer des Dauphins gewählt hatte, wählte den Fénelon 1689 zum Lehrer des Herzogs von Bourgogne und des zweiten Enkels, und alle Welt wünschte Frankreich Glück.

Durch diese Wahl ward nun die äußere Lage des Fénelon gar sehr verändert, er aber veränderte sich nicht. Wie er in seinen bisherigen Verhältnissen nur seine Pflicht und nicht sich vor Augen gehabt hatte, so suchte er auch hier nicht die Gunst des Prinzen, sondern ihn und in ihm das Glück von Frankreich, das er einmal regieren sollte.

[628] Der Prinz hatte große Tugenden und große Fehler, und Fénelon suchte, nachdem er seinen Mann hatte kennen lernen, jene zu fördern und diesen entgegenzuarbeiten mit Sanftmut und Milde, aber auch, wenn's sein mußte, mit Ernst und Ansehen.

Der Prinz hatte unter andern einen derben Stolz und war im höchsten Grad heftig, und eines Tags, als ihm Fénelon ernst zuredete, fuhr er auf: »Nein, nein, mein Herr, ich lasse mir nicht befehlen, ich weiß, wer ich bin und wer Sie sind.« Fénelon schwieg, nahm eine traurige Miene an, und sprach den ganzen Tag kein Wort. Den folgenden Tag ging er frühe hinein zum Prinzen, und fing an: »Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern, was Sie mir gestern sagten: Sie wüßten, wer Sie sind, und wer ich bin. Es ist meine Pflicht Ihnen zu sagen, daß Sie nicht das eine noch das andre wissen. Sie bildeten sich also ein, daß Sie mehr wären als ich? Vermutlich hat ein Bedienter Ihnen das gesagt; ich aber muß Ihnen sagen, weil Sie mich dazu zwingen, daß ich mehr bin als Sie. Sie begreifen leicht, daß hier von der Geburt nicht die Rede ist. Aber würden Sie nicht den Menschen, der sich daraus, daß der Regen des Himmels seinen Acker und den des Nachbars nicht befruchtet hätte, ein Verdienst machte, für unweise halten? Sie wären nicht weiser wie er, wenn Sie eitel auf Ihre Geburt wären, die zu Ihrem persönlichen Verdienst nichts hinzutut. Sie können nicht zweifeln, daß ich an Einsicht und Kenntnissen über Sie bin, Sie wissen nichts, als was ich Sie gelehrt habe, und was ich Sie gelehrt habe, ist wenig in Vergleich dessen, was ich Sie noch zu lehren hätte. Was die Autorität anlangt, da haben Sie gar keine über mich, und ich habe eine vollständige über Sie. Der König und Ihr Herr Vater haben Ihnen dies oft genug gesagt. Sie glauben vielleicht, daß ich es für ein großes Glück halte, die Stelle, die ich bei Ihnen bekleide, erhalten zu haben. Sie sind auf Irrwegen; ich habe sie nur auf und über mich genommen, um dem König zu gehorchen und Ihrem Herrn Vater gefällig zu werden, keineswegs aber um des mühseligen Vorzugs willen, Ihr Lehrmeister zu sein. Und damit Sie daran nicht zweifeln, so will ich Sie itzo gleich zu Sr. Majestät dem König führen, und ihn bitten. Ihnen einen andern Lehrer zu ernennen, und Gott gebe, daß der glücklicher in seinen Bemühungen sei als ich.«

Der Prinz gab gute Worte, bat reuig um Vergebung, und daß er doch nicht zum Könige geführt würde. Fénelon ließ ihn den ganzen Tag in der Ungewißheit, daß Reue und Furcht ihn baß [629] mürbe machen, und er sein Werk an ihm desto besser ausrichten möchte. Alle die um den Prinzen waren, Gouverneur, Vorleser, Beichtvater, Unterlehrer, Kammerdiener etc. waren alle in Fénelons Sinn, und kamen ihm trefflich zu Hülfe, und er wußte sich ihrer auch trefflich zu bedienen.

Fénelon pflegte zu sagen: man brauche die Religion nicht zu beweisen und zu verteidigen, sondern sie nur klar und rein darzustellen, denn sie beweise und verteidige sich selbst; und er war, nach Anleitung der Kirchenväter, der Meinung, daß, da Fakta einen ganz andern Eindruck machten, als Lehrsätze, die beste Art, sie darzustellen, die sei, daß man nacheinander erzähle, was Gott von Anfang an für die Menschen getan hat, und so den Ursprung aller Einrichtungen zu Gemüt bringe. Einer der Unterlehrer, der Abt Fleury, Verfasser der bekannten Kirchengeschichte, schrieb denn einen historischen Katechismus, den der Prinz mit großem Vergnügen und Nutzen las. Und so wußte Fénelon einem jeden seine Rolle auszuteilen, und er selbst war unerschöpflich an allerhand kleinen Erfindungen, und mit Fabeln und Erzählungen, mit Lob und Tadel, mit Spiel und Ernst, mit Sanft und Hart, und mit seinem christlichen Geist Morgen und Abend unermüdet um den Prinzen geschäftig.

Endlich sprang die harte Kruste; der Prinz ward ein anderer Mensch, und der Hof konnte sich über die Veränderung nicht genug wundern. Von nun an ging alles von selbst; der Prinz merkte, was er dem Fénelon zu danken habe, ward sein Herzensfreund und ist es auch bis an seinen Tod geblieben.

Auch die Fortschritte, die der Prinz und sein Bruder in den Wissenschaften gemacht hatten, erregten Aufsehen und der König behandelte den Lehrer mit vieler Güte, gab ihm die Pfründe von St. Valery und ließ sich entschuldigen, daß er so wenig und so spät gebe. Einige Monate darauf ernannte er ihn zum Erzbischof von Cambrai, und Fénelon gab die Pfründe zurück, was die Erzbischöfe vor ihm nicht alle zu tun pflegten.

Hohe und Niedrige waren über diese Ernennung erfreut, und dankten dem Könige, und die Glückwünsche kamen von allen Seiten.

Nachdem Fénelon in der Gunst des Hofes sich bewährt hatte, schien das Schicksal ihn auch in der Ungunst versuchen zu wollen. Es währte keine drei Jahre, so brach der Streit zwischen ihm und dem Erzbischof von Meaux aus, der sich damit endigte, daß Fénelon vom Hofe verwiesen und seine Schrift: Maximes des [630] Saints, vom Papst verdammt wurde. Fénelon machte Bossuets Bekanntschaft schon während seines Aufenthalts in St. Sulpice. Der lehrbegierige bescheidene junge Mann hatte den weltberühmten allgemein verehrten Erzbischof aufgesucht, kam auch oft lehrbegierig wieder, besuchte ihn oft auf seinem Landhause Germigny, und unterhielt sich mit ihm über die wichtigsten Materien in der Theologie, und schüttete ihm in diesen Unterhaltungen sein ganzes Herz aus, so daß Bossuet die Denkart und die Ansichten Fénelons kannte, ehe er Erzbischof ward und der Streit zwischen ihnen begann. Bossuet sahe den jungen Fénelon auf gewisse Weise als seinen Schüler an, gewann ihn lieb, und nannte ihn: den Freund des ganzen Lebens, den er in seinen Eingeweiden trage. Diese Freundschaft dauerte auch ungestört fort, bis die Guyon, und die feine und schwierige Lehre von der uneigennützigen oder reinen Liebe die beiden berühmten Erzbischöfe, zum großen Ärgernis der Kirche, entzweite und auf immer trennte.

Uneigennützigkeit ist und bleibt in dieser Welt eine große und edle Eigenschaft; und die Liebe zu Gott um seinetwillen oder die reine Liebe kann, da seine Liebenswürdigkeit unendlich ist, nicht rein genug sein. In der Ewigkeit, wo alle alles besitzen und kein Eigennutz ist, ergießt sich und strömt diese Liebe ungestört in Ewig und Unendlich, und macht die Seligkeit des Himmels. Aber hier in der Zeit, der Heimat alles Eigennutzes, ist es anders; das weiße und schwarze Pferd, die, nach dem Plato, hier vor unserm Wagen gespannt sind, oder die Doppelgestalt, die wir hier anhaben, setzt uns vielen Störungen, Schwierigkeiten und Mißgriffen aus. Wir können und sollen, solange wir »der Eitelkeit unterworfen sind«, dem zeitlichen Interesse nicht gar entsagen, aber die Grenzlinie zwischen diesem und dem höhern Interesse ist schwer zu treffen, die menschliche Seele schwankt hin und her und tut zuviel oder zuwenig; die meisten verfallen diesseits; und die sich ihrer Herkunft lebendiger bewußt sind, und sich lebendiger nach der »Freiheit der Kinder Gottes sehnen«, halten sich an der andern Seite.

Wenn nun eine solche durch Natur und Kunst feingestimmte fromme Seele Tag und Nacht auf dem vaterländischen Boden wandelt, und sich, ohne sicheres Geleite diesen Ideen und Empfindungen überläßt; so kann sie leicht der Einbildungskraft in die Hände fallen, sich in einen Zustand hineinträumen, darin sie nicht ist, eine Kasuistin werden, allerhand Kasus, die in sich [631] unmöglich und zu nichts gut sind, aussinnen, und so jene Ideen und Empfindungen zu fein und aus Kraft und Saft spinnen. Und dies schadet ihr, und, wenn sie davon spricht oder schreibt, andern noch mehr, die nicht verstehen was sie lesen, und denen der Stab, dessen sie noch nicht entraten können, verdächtig gemacht wird.

Für eine solche Spinnerin ward die Guyon ihrer Zeit gehalten. Indes war sie anfangs bei vornehm und gering wohlbekannt und gelitten, und die Maintenon, Bossuet, Fénelon, der auch ihre Bekanntschaft gemacht hatte, usw. hielten sie bei ihrem exzentrischen Wesen im Grunde für aufrichtig und fromm, sogar erklärte Bossuet, dem sie sich bei den zunehmenden Sagen und Gerüchten gegen sie, zur Untersuchung dargeboten, und alle ihre gedruckte und ungedruckte Schriften überliefert hatte, sie nach geschehener Untersuchung für gut katholisch, und ließ sie zum Sakrament zu. Als indessen die Gerüchte von gefährlichen Ketzereien der Madame Guyon und einem neuen Molinismus etc. bei Hofe und im Publiko lauter wurden, auch wider ihr Leben und Wandel gesprochen ward, ließen die Maintenon und Bossuet sie fallen; aber Fénelon nicht; der hielt sie, wie gesagt, für aufrichtig und fromm, und dabei blieb er, und alle über ihr Leben und Wandel, auch in frühern Jahren, angestellte Nachfragen und Untersuchungen fielen auch zu ihrem Vorteil aus. Bossuet ging indes weiter, und schrieb eine Schrift gegen sie, darin der Stab über sie gebrochen ward, und diese Schrift sollte Fénelon mit unterschreiben, und, als er das nicht wollte, war Bossuet beleidigt, und behandelte von nun an den Fénelon als einen Anhänger der Guyon, da doch dieser sie weniger kannte, ihre Ungedruckten Schriften nicht gelesen, auch was er von ihr wußte, zum Teil von Bossuet erfahren hatte.

Es ist nicht wohl möglich, die beiden Erzbischöfe bei diesem Streit in ihrem wahren Lichte darzustellen, ohne in das weitläuftige Detail dieses Vorganges einzugehen; aber wer es, und sonderlich die gedruckten und ungedruckten Briefe und Aufsätze beim de Bausset gelesen hat, der kann, so gern er auch wollte, den Bossuet nicht rechtfertigen. Er mag Eifer für Religion und die Reinheit der Lehre gehabt haben; aber er hat unter einem bischöflichen Schein viel Unbischöfliches gegen Fénelon gesagt, geschrieben und getan, und ward zuletzt unchristlich und bitter. Und wenn Fénelon antwortete, so war seiner Seite von Verteidigung die Rede, und er glaubte diese Verteidigung seinem[632] Amte und seiner Würde schuldig zu sein. Rechthaberei war seine Sache nicht. So schreibt er darüber an einen Freund: »Es ist wenig für einen Christen, recht zu haben; für den Philosophen ist es etwas. Aber recht haben, und sich geduldig für einen, der unrecht hat, halten, und den, an dessen Seite alles Unrecht ist, triumphieren lassen: das heißt, das Böse mit Gutem überwinden. Man tut mehr für die Wahrheit, wenn man erbaut, als wenn man für sie streitet. Für die Menschen, die im Irrtum sind, beten, ist besser, als sie widerlegen etc.« – Und daß dies sein Ernst sei, hat er bei der Bannbulle bewiesen.

Fénelon also war der Meinung, daß, da der Grund nicht böse sei, man es mit den Ausdrücken bei einer Frau so genau nicht nehmen müsse, zumal rechtgläubige und zum Teil heilig erklärte Schriftsteller sich auf eine ähnliche Weise ausgedrückt hätten; und so schrieb er seine Explication des Maximes des Saints.

Eine Schrift dieser Art ist, ihrer Natur nach, mißlich zu schreiben, und aus mehr als einer Ursache vielem Mißverstand und mancherlei Auslegungen ausgesetzt. Aber Fénelons Absicht war, darin die Spreu von dem Korn zu sondern, und er erklärte noch kurz vor seinem Tode, und nachdem er schon die Letzte Ölung empfangen hatte, daß er darin nichts Neues und wider die Lehre der Kirche habe vorbringen wollen. Aber Bossuet, der bei seiner großen Belesenheit, wenigstens zu Anfang des Streits, in den aszetischen und mystischen Schriftstellern nicht so bewandert war, und, wie er dem Fénelon, als sie noch Freunde waren, selbst gestand, nicht den bekannten Franz von Sales gelesen hatte, nahm Fénelons Schrift für eine Verteidigung der Guyon, schrieb dagegen wieder und wieder, und warf dem Fénelon, dessen Einsichten und Frömmigkeit er so oft gerühmt, über dessen Ernennung zum Erzbischof er seine Freude bezeigt und sich zugedrängt hatte, ihn selbst einzuweihen, Irrtum über Irrtum vor, und vergleicht ihn am Ende gar mit dem Montan. Fénelon antwortet, daß er und der Montan sehr verschieden wären. »Dieser Schwärmer«, schreibt er ihm, »führte zwei Weiber mit sich. Er betrog Sie mit einer falschen Inspiration, die ein wahres Besessensein vom bösen Geist war, und von ihm der prophetische Geist genannt wurde. Und das ist der Mann, mit dem Sie Ihren Mitbruder vergleichen, den lieben Freund des ganzen Lebens, den Sie in Ihren Eingeweiden tragen.« Nachdem Fénelon sich verteidigt und erklärt hatte, und aber des Schreibens kein Ende [633] ward, schickte er seine Schrift zur Entscheidung nach Rom. Hier kannte man den Fénelon, liebte und ehrte ihn, und wollte ungern daran, ihn zu verdammen. Die Stimmen waren gleich, fünf für ihn und fünf wider ihn, und Innocentius XII. zögerte und zögerte, und ging der Entscheidung, solange er konnte, aus dem Wege, bis er endlich den Geschäften der Gegenpartei und den wiederholten ernsthaften Anfoderungen und Foderungen Ludwig XIV. nachgeben mußte. Er gab aber dem Verdammten auf mehr als eine Art sein Wohlwollen zu erkennen, entwarf auch ein Breve an ihn voll Lobes seiner Frömmigkeit und seiner Einsichten. Die andre Partei erfuhr von diesem Breve, suchte die Ausfertigung zu hindern, weil ein solchesBreve an einen exilierten Erzbischof Ludwig XIV. beleidigen würde, und schlug vor, es wenigstens nicht an Fénelon, sondern an den Nuntius in Paris zur Vorfrage zu schicken. Aber der Kardinal Albani stellte dem Papst vor, daß das die Höflichkeit gegen die fremden Höfe zu weit getrieben sei, wenn der Papst sie über den Inhalt seines Breve befragen wollte; und so ward es, wiewohl sehr verändert, ausgefertigt.

Fénelon war bei und nach Empfang der Bannbulle von der Unschuld seiner Absicht und von der Wahrheit der in der verdammten Schrift vorgetragenen Sache noch so überzeugt, als er immer gewesen war, daß also eine Erklärung und Verteidigung der Art: sich auszudrücken ihm übrigblieb; und es war in Frankreich nichts Unerhörtes, gegen die päpstlichen Bullen einzuwenden, aber sowie der Papst seine Schrift verdammt hatte, so war von keiner weitern Erklärung und Verteidigung die Rede. Er wies alle Hülfe, die ihm dazu von bekannter und unbekannter Hand angeboten wurde, ab, ließ ein Mandement in seinem Sprengel ergehen, daß niemand seine Schrift lesen, und wer Exemplare hätte, sie ihm bringen sollte, damit sie verbrannt würden, und er verbrannte sie in einem Vorhofe seines erzbischöflichen Palastes mit eignen Händen.

Diese schlichte Unterwerfung machte allenthalben großen Eindruck, und er hatte noch nie so viele Freunde in Frankreich und in Rom gehabt, als seitdem seine Schrift verdammt worden war.

Durch seine Entfernung vom Hofe, hatte er natürlich alle Hoffreunde verloren, aber seine eigentlichen Freunde, der Gouverneur des Prinzen, der edle Herzog von Beauvilliers, und der Herzog von Chevreuse etc. blieben ihm, und durch diese blieb [634] er beständig in Verbindung mit dem Prinzen. Übrigens war er zu Cambrai ein treuer Erzbischof, und gab Rat nahe und ferne, wie seine Lettres spirituelles beweisen.

Er ward aber nicht bloß in geistlichen Angelegenheiten um Rat gefragt, sondern auch in wissenschaftlichen, wie ihn denn die Académie Françoise, als sie eine neue Ausgabe ihres Dictionairs vorhatte, durch den Herrn Dacier um sein Gutachten ersuchen ließ.

Auch war Fénelon auf gewisse Weise im achtzehnten Jahrhundert, was der heilige Bernard im zwölften gewesen ist, nur mit dem Unterschied, daß Bernard von den Fürsten und Behörden gebeten wurde, und von seinem Rat und von seinen Negoziationen Lob und Ehre erntete, und Fénelon seinen Rat, wenn er ihn nötig und nützlich fand, auch ungebeten und gewissenshalber gab, und, während seiner Verbannung vom Hofe, dabei für sich und seine Freunde, denen er ihn heimlich zustellte, Schande und Schaden fürchten mußte. So schickte er 1701 dem Herzog von Beauvilliers einen Plan, der, wenn er angenommen worden wäre, den Spanischen Sukzessionskrieg, der Frankreich an den Rand des Verderbens brachte, und ohne die unerwartete glückliche Wendung, die am Ende die Sachen nahmen, noch weiter gebracht haben würde, vielleicht erspart hätte. Auch in Militärangelegenheiten hat er bisweilen Rat gegeben, der sich durch die Folgen bewährt hat. Er hatte überall einen sehr richtigen Blick; so empfahl er unter den drei Marschällen, Villars, Vendôme und Catinat, die Anspruch zum Kommando unter dem Prinzen hatten, angelegentlich den Catinat – und Eugen hat von diesen Generals gesagt: den Villars schlage ich; mit dem Vendôme schlage ich mich, und der Catinat schlägt mich.

Die Gottseligkeit, sagt Paulus, ist zu allen Dingen gut, und das war sie auch beim Fénelon, als der Krieg nun würklich ausgebrochen war. Das Hauptkriegstheater war in seiner Nachbarschaft, und er ließ es an sich in keinem Stücke fehlen. Die Offiziers konnten in den Winterquartieren zu Paris nicht genug von der zuvorkommenden Güte und Freigebigkeit des Erzbischofs von Cambrai erzählen. Zu St. Omer rebellierte die Garnison, weil sie bei dem gänzlichen Geldmangel in den französischen Kassen nicht bezahlt wurde; da packte Fénelon seinen Vorrat zusammen, und borgte, auf Zettel mit seinem bloßen Namen, so viel, als nötig war, dazu, und schickte es hin. Er half, wo er helfen konnte, und gab her, was er hatte. Sein erzbischöflicher [635] Palast war immer voll von Offiziers, hohen und niedrigen, von Verwundeten und Kranken, die bei ihm Trost und Pflege hatten. Und sein Name war bei der feindlichen Armee nicht weniger geachtet; Eugen und Marlborough besuchten ihn, und ließen ihn, wenn er in der Gegend Reisen zu machen hatte, durch ihre Truppen eskortieren, und seine Ländereien und Besitzungen durch Detachements decken, so daß die Einwohner aus der Gegend umher sich und ihre Sachen auf sein Gebiet flüchteten, um sicher zu sein.

Wenn der Herzog von Bourgogne in Flandern kommandierte, war Fénelon mit seiner Sorge und Liebe um ihn; und als die Generäle mit dem Herzog unzufrieden waren, und ihn der Bigotterie und Untätigkeit etc. beschuldigten, teilte ihm Fénelon dies alles rundheraus und haarklein mit, und schrieb ihm: »Die Religion besteht nicht in einer ängstlichen Beobachtung kleinlicher Formalitäten; sondern für einen jedweden in den seinem Stande eigentümlichen Tugenden. Ein großer Prinz an der Spitze der Armee muß Gott nicht auf dieselbe Art dienen, als ein Einsiedler oder simpler Privatmann; er kann die Soldaten nicht wie Klosterleute behandeln usw.« und rühmte ihm die Bravour des Marschalls Bouflers.

Ludwig XIV. erlaubte zwar dem Herzog von Bourgogne, auf seinen Reisen zur Armee, den Fénelon zu sehen, sonst aber blieb er so unverändert kalt gegen diesen Erzbischof, daß man sich's kaum erklären kann. Aber bekanntlich hatte Richelieu, der von neuen Meinungen so traurige Folgen gesehen hatte, sich zum Gesetz gemacht, durchaus keine neue Meinung aufkommen zu lassen, sondern sie gleich kurz und mit Gewalt an der Wurzel abzuschneiden, und diesen Geist pflanzte er auf den Mazarin und dieser auf den König fort, und das Ansehen Bossuets, der, um seiner Talente willen, wie ein halber Kirchenvater angesehen ward, hielt den König fest überzeugt, daß Fénelon neue Meinungen aufbringen wollte. Auch der Télémaque, der bei Lebzeiten des Königs noch herauskam, hat vielleicht sein Teil zum fortgesetzten Unwillen des Königs beigetragen. Dies Buch ward gleich in alle Sprachen übersetzt und von aller Welt gelesen, seiner Schönheit wegen und sonderlich, weil man in dem Sesostris und Idomeneus Ludwig XIV., im Protesilas den Marquis von Louvois usw. zu finden glaubte.

Eigentliche Beredsamkeit, so wie Bossuet, hatte Fénelon nicht; aber dafür hatte er Simplizität, Herzlichkeit, Klarheit, und was [636] mehr ist, Freimut: die Wahrheit unter allen Umständen zu sagen, und die Gabe: sie bescheiden und edel zu sagen.

Er hat davon unter andern eine schöne Probe in einer Rede an den Kurfürsten Joseph Clemens von Köln, Bruder des Kurfürsten von Bayern, der von ihm geweiht sein wollte, gegeben: »Ich weiß«, sagte er ihm, »daß Sie die Wahrheit lieben, rein und unumwunden, und ich fürchte Ihr Mißfallen nicht, wenn ich sie sage; geruhen Sie denn zu hören, was ich mich nicht scheue zu sagen. Auf der einen Seite: die Kirche bedarf des Beistandes der Fürsten dieser Erde nicht, weil ihr die Verheißungen ihres allmächtigen Bräutigams genug sind; auf der andern Seite: die Fürsten, die Hirten werden, können der Kirche sehr nützlich sein, wenn sie sich erniedrigen, wenn sie sich der Arbeit widmen, und alle Hirtentugenden an sich haben. Das sind die zwei Punkte, davon ich in dieser Rede handeln will. – Die Kirche besitzt für sich, sagt der heilige Ambrosius, nichts als den Glauben; und dieser Glaube war es, der die Welt überwunden hat – Gott würdigte endlich die Beherrscher der Welt der Gnade, sie zu den Füßen seiner Braut zuzulassen – war dies etwa ein Schutz, der zu gelegener Zeit kam, um die erschütterte Kirche zu erhalten? Nein, der sie während dreihundert Jahren, wider Willen der Menschen, erhalten hatte, der hatte die Schwachheit der Menschen, die schon durch sie überwunden waren, nicht nötig, um sie ferner zu erhalten; sondern es war ein Triumph, den der Bräutigam der Braut nach so vielen Siegen geben wollte; es war ein Hülfsmittel für die Kirche, aber eine Gnade und Barmherzigkeit für die Kaiser. – Die Fürsten können nicht allein nichts wider die Kirche, sondern sie können auch nichts für sie, als indem sie ihr gehorchen. – Der Bischof, sagt der heilige Cyprian, der das Evangelien-Buch in der Hand hält, kann getötet, aber er kann nicht überwunden werden. – Kommen Sie denn, Clemens, nicht zu herrschen, sondern zu dienen. Glauben Sie, die Kirche bedarf Ihres Schutzes nicht; aber, wenn Sie sich ihr ganz und von Herzen ergeben, werden Sie ihre Zierde und ihr Trost sein. – – Wie können wir das Kreuz Jesu Christi lieben machen, wenn wir es selbst verwerfen, um nach Stolz und Wollust zu greifen? Wer wird die Verheißungen, die wir predigen, glauben, wenn wir sie selbst nicht zu glauben scheinen? Wer wird sich verleugnen, um Gott zu lieben, wenn wir leer von Gott sind und Abgötter unser selbst? Was können unsre Worte, wenn alle unsre Handlungen sie Lügen strafen? – Wollen Sie der Vater der Kleinen sein, so [637] werden Sie selbst klein – erniedrigen Sie sich bis zu dem letzten Schäflein Ihrer Herde: nichts kann niedrig sein in einem Amt und Dienst, der über den Menschen ist. – Oh, Ihr Hirten, tut weg von Euch alle kleinliche Engherzigkeit! Erweitert, erweitert Eure Eingeweide! Ihr wisset nichts, wenn Ihr nichts wisset als befehlen, als tadeln, als züchtigen, als den Buchstaben des Gesetzes zeigen. Seid Väter! – die Liebe geht nicht durch Zwang in die Herzen: ein jeder liebt nur so viel als er selbst lieben will. Es ist viel leichter, zu tadeln, als zu überreden; es ist viel kürzer, zu drohen, als zu unterweisen; es ist der Hochmütigkeit und Ungeduld viel bequemer, gegen die, welche sich widersetzen, Gewalt zu brauchen, als sie zu erbauen, als sich zu erniedrigen, als zu bitten, als sich selbst abzusterben. – Wollen Sie, teurer Fürst! einen kurzen Begriff aller Ihrer Pflichten; so graben Sie, nicht in Tafeln von Stein, sondern in die lebendigen Tafeln Ihres Herzens jene großen Worte des heiligen Augustinus: Der Hirte muß das Muster aller guten Werke sein; er muß die unruhigen Menschen zurechtweisen; er muß die schwachen tragen; er muß geduldig gegen alle sein; er muß willig und bereit sein, die Kirchenzucht zu beobachten, und furchtsam und blöde, sie einem andern aufzulegen, und obgleich das eine und das andre notwendig ist, so muß er doch gleichwohl suchen, lieber geliebt als gefürchtet zu werden usw.«

Im Jahr 1711 starb der Dauphin; Ludwig XIV. war über 70 Jahr alt und kränklich, und so konnte man jeden Tag erwarten, daß der Herzog von Bourgogne den Thron besteigen würde. Fénelon machte ihm also einen umständlichen Regierungsplan, und erwartete, die Früchte seiner Arbeit, und seine Wünsche für Frankreich erfüllt zu sehen.

Aber diese Freude war ihm nicht beschieden; 1712 starb der Herzog von Bourgogne, und, nachdem alle nähere Freunde nacheinander auch gestorben waren, der Herzog von Chevreuse 1712, der Herzog von Beauvilliers 1714 etc. legte sich Fénelon 1715, von allen Banden dieser Welt, wie er sagte, gelöset, auch hin zu sterben, ließ den König vom Totenbette um einen frommen Nachfolger bitten – und starb.

Sein Tod ward in und außer Landes als ein großer Verlust angesehen, und Freund und Feind beweinten ihn, Weltliche und Geistliche, vom Abbe bis an den Papst Clemens XI., der ihn zum Kardinal machen wollte, und sich nun grämte, daß er, aus Furcht vor dem Unwillen Ludwig XIV. ihn nicht dazu gemacht hatte.

[638] Der war Fénelon! Doch lebte er nur im Glauben, und nicht im Schauen.

Es ist weiter nichts vorzureden, als etwa eins noch.

Einige Leser des ersten Bandes haben nämlich gemeint, da Fénelon »eigentlich für die Christen seiner Konfession geschrieben hat, und die der andern in einigen Punkten verschiedener Meinung sind«; so hätte der Übersetzer diese Punkte, wenn und wo ihrer in dieser Schrift vorkommen, sehen und bemerken sollen. Er dachte aber, ein jeder Protestant sehe sie ebensogut.

Und es war ihm nicht darum zu tun, Unfriede zu veranlassen, und die Genossen mit den Waffen in der Hand an die Grenzen zu treiben. Er wollte nur ein Scherflein beitragen, das, was einem und dem andern recht ist, was in Vergessenheit gekommen ist, wasvielen Christen eigentlich unbekannt und woran allen so viel gelegen ist, mehr in Gang zu bringen.

Vorrede zum 3. Band etc.

Den Anfang des dritten Bandes von FénelonsWerken religiösen Inhalts, machen noch einige von den Briefen, dann er denen, die sich, in ihren Zweifeln und Kümmernissen auf ihrem Wege zur Bekehrung und Besserung, an ihn gewandt hatten, Rat und Trost erteilt. Es finden sich in FénelonsSämtlichen Werken zwei- bis dreihundert solcher Briefe, an allerlei Volk, Männer und Weiber, Alte und Junge, Kranke und Gesunde, Herzöge und Bettler, Soldaten und Mönche, usw.

Diese Briefe sind nicht alle gleich wichtig; doch zeugen sie alle, auf der einen Seite, von dem damaliger Zeit bei vielen Menschen herrschenden Sinn, und von dem Vertrauen, das alle Welt zu diesem Geistlichen hatte, und auf der andern, von der Willfährigkeit und dem Ernst und Eifer des Geistlichen, sein Werk zu treiben; sie gereichen also ihm und seiner Zeit zur Ehre, und können andern zum Exempel dienen.

Ein jeder einzelne Brief ist nun ohne Zweifel dem, der ihn erhielt, sehr willkommen und sehr interessant gewesen. Da aber die menschliche Natur immer dieselbe ist, und ihre Zufälle, Bedürfnisse und Gebrechen, einige Lokal- und individuelle Umstände abgerechnet, sich immer gleich oder doch wenigstens ähnlich sind; so muß natürlich auch der Trost und Rat sich immer [639] gleich oder ähnlich sein. Etwas der Art findet bei allen religiösen Schriften des Fénelon statt. Obwohl er ein belesener und gelehrter Theologe war, so war doch seine eigentliche Theologie nur sehr kurz, wie denn überhaupt das Lang und Breit nicht gerade ein Kennzeichen der Wahrheit ist. Seine Theologie kommt also in allen seinen religiösen Aufsätzen mehr oder weniger wieder. Und obgleich, wie gesagt, ein jeder einzelne Aufsatz, so wie ein jeder einzelne Brief, für die, an die sie gerichtet waren, sehr interessant war; so kommt doch, wenn sie hintereinander gelesen werden, für den dritten Mann, der ohnehin kein solches Interesse daran nimmt, zuviel Einerlei vor, als daß sie für ihn gleich interessant bleiben könnten. Man müßte denn, um dem zu wehren, ein jedes Stück, als an sich gerichtet, ansehen, und nicht zu viele hintereinander lesen. Hin und wieder habe ich auch durch Abkürzung oder durch Veränderung des Ausdrucks zu Hülfe zu kommen gesucht.

Die Schrift von Erziehung der Mädchen, ist Fénelons erste Schrift, und er hat ihr seine Anstellung bei dem Herzog von Bourgogne, nachmaligen Dauphin, und Vater Ludwigs XV., und seine weitere Beförderung großenteils zu danken. Fénelon glaubte selbst, daß dieser sein Erziehungsplan den Leuten eine Schimäre dünken werde, und so muß es sein Übersetzer auch wohl glauben. Indessen möchten doch einige Leser vielleicht eins und das andere von dieser Schimäre nützlich und bewährt finden. Und alle können ja das, was sie schon oder besser wissen, vorbeigehen; manche feine Bemerkung und Darstellung wird doch keiner verachten und verwerfen können.

Über den Anhang aus dem Pascal braucht es wohl keiner Entschuldigung. Er steht hier nicht am unrechten Orte; denn nachdem man gesehen hat, wie ein Erzbischof in und über die Theologie denkt, wird es doch angenehm sein zu sehen, wie ein großer Mathematiker und scharfsinniger Philosoph darin und darüber gedacht hat.

Pascals Beweise für das Christentum haben mit Fénelons Betrachtungen eines Menschen, der in sich selbst bedenkt, was er über die Religion denken soll, einige Ähnlichkeit; doch wird gewiß mancher diese Beweise, die nicht nachgeschrieben sind (denn Pascal war unter andern etwas älter als Fénelon), mit Vergnügen lesen, und wer etwa den Pascal noch nicht kannte, wird, hoffe ich, seine Bekanntschaft hier nicht ungern gemacht haben.

[640]

Vom Vaterunser

Die Reden Christi sind ein Born, der nicht verlöscht. Wie man aus ihm schöpft, füllt er sich wieder an; und der folgende Sinn ist immer noch größer und herrlicher, als der vorhergehende. So ist es mit allem was aus seinem Munde gegangen ist, mit seinen Sprüchen, mit seinen Gleichnissen; und so ist es auch mit dem Vaterunser. Je länger man es betet, je mehr sieht man ein, wie wenig man es versteht, und wie wert es ist, verstanden, und bedacht zu werden um unbekannten Schätzen auf die Spur zu kommen.

Vater Unser, der du bist im Himmel!

Was ist das? –


Luther antwortet sehr schon: »Er will uns damit locken, daß wir glauben sollen, er sei unser rechte Vater und wir seine rechte Kinder, auf daß wir getrost und mit aller Zuversicht ihn bitten sollen, wie die lieben Kinder ihren lieben Vater bitten.«

Dieses Gefühl, dieser Glaube an einen Vater im Himmel, zu dem wir beten dürfen – und dem die Haare auf unserm Haupte gezählet sind, ohne dessen Willen kein Sperling vom Dache fällt, an dessen Wohlwollen uns alles gelegen ist, und den wir um nichts in der Welt beleidigen möchten –, dieser Glaube ist hier auf Erden des Menschen höchstes Gut, das einzige Gegengewicht, das seinen ungestümen unbändigen Begierden und Leidenschaften Einhalt tun, und einen Ring in die Nase legen kann; ist der einzige sichere Bürge für Wahrheit und Recht in der Welt, und das wahre Palladium des Menschen. Wer es ihm antastet und stört, der bringt ihn um sein Glück, was er ihm auch dagegen wieder gebe und bringe.

Und dieser Glaube bewährt und veredelt sich, je nachdem wir die Worte Christi festhalten, und ihrem Sinn nachgehen.

Hebe deine Augen auf zu den Sternen, und siehe: wie sie weit und breit funkeln, größer und kleiner, hinter- und nebeneinander; und wie sich dies herrliche Schauspiel in die Ferne verliert, und weiter und weiter in Unabsehlich fortgeht! – Aber es kann doch nicht ohne Ende so fortgehen; es muß doch Irgendwo eine Grenze sein, und etwas anders kommen. – Worin schwimmt das ungeheure Weltall; und welche Wellen bespülen seine unermeßlichen Gestade? – Was ist da, wo die Welt aufhört, und rundum die letzten Grenzsterne stehen? – Fängt da der Himmel, in dem [641] unser Vater ist, an? – Oder ist der Himmel in allem und durch alles? – Unser Vater, wie ist er in der Welt, wo die Haare auf unserm Haupte gezählet sind? – Wie ist er außer der Welt, durch die Unendlichkeit? – Und was ist in sich sein großes heiliges Wesen? – –

Frage so in dir – und du verstummst, und beugst die Kniee.

Und was würde es sein, wenn du mehr von dem hättest, was Christus bei dieser Einleitung zu seinem Gebet im Sinne hatte!

Geheiliget werde dein Name!

Wenn man schon zu Enos Zeit anfing zu predigen von Jehovas Namen 235;

Wenn Abraham 236 und Isaak 237 von diesemNamen predigten;

Wenn Jehovas Name auf die Kinder Israel gelegt werden sollte, daß Jehova sie segne 238;

Wenn schon das Zweite Gebot des Gesetzes von dem Mißbrauch dieses Namens 239, und die erste Bitte des Vaterunser von seiner Heiligung handelt;

Wenn wir, 3. Mos. 24, 10 etc., lesen: »Es ging aber aus eines israelitischen Weibes Sohn, der eines ägyptischen Mannes Kind war, unter den Kindern Israel, und zankte sich im Lager mit einem israelitischen Manne, und lästerte den Namen und fluchte. Da brachten sie ihn zu Mose und legten ihn gefangen, bis ihnen klare Antwort würde durch den Mund Jehovas. Und Jehova redete mit Mose, und sprach: Führe den Flucher hinaus vor das Lager, und laß alle, die es gehört haben, ihre Hände auf sein Haupt legen, und laß ihn die ganze Gemeine steinigen. Und sage zu den Kindern Israel: Wer seinen Obern fluchet, der soll seine Sünde tragen. Welcher den Namen Jehova lästert, der soll des Todes sterben, die ganze Gemeine soll ihn steinigen. Wie der Fremdling, so soll auch der Einheimische sein. Wenn er den Namen lästert, so soll er sterben«;

Wenn, 2. Mos. 6, 2. 3, geschrieben steht: »Und Gott redete mit Mose, und sprach zu ihm: ›Jch bin Jehova. Und ich bin erschienen Abraham, Isaak und Jakob, daß ich ihr allmächtiger Gott [642] sein wollte; aber mein Name Jehova ist ihnen nicht geoffenbaret worden‹«;

Wenn endlich Christus, Joh. 17, 6, in seinem letzten Gebet zum Vater, spricht: »Ich habe deinenNamen geoffenbaret den Menschen, die du mir von der Welt gegeben hast«;

so muß man denken, daß in und auf diesemNamen, außer dem ersten offenen Sinn, noch etwas Geheimes und Verborgenes ruhe, und daß mit dessen Offenbarung ein Großes gegeben werde. Wir aber wissen davon nicht, und sehnen uns vergebens nach dem, was Christus bei diesem: geheiliget werde dein Name! im Sinne hatte.

Zu uns komme dein Reich!

Daß »die Säulen des Himmels feste stehen«; daß »die Bande, mit denen der Orion zusammengebunden ist, sich nicht lösen«; daß »die Sterne ihre Ordnung halten, und sich nicht müde wachen«; daß »die Sonne hervorgeht wie ein Bräutigam aus seiner Kammer, und ihren Weg läuft wie ein Held«; daß »der Mond scheinet zu seiner Zeit, und die Erde und das Meer nicht wanken«; daß »die Wolken aufgehen vom Ende der Erden«; daß »es regnet auf das Land, und von Mittag Wetter kömmt und von Mitternacht Kälte« usw. – Das ist freilich Gottes Reich, und kommt ohne unser Gebet von ihm selbst. Doch in diesem Reich sind, sozusagen, Herr und Knecht einander fremd und geschieden; hier herrscht nur Macht, Zwang und Strenge, nur blinder, toter, bewußtloser Gehorsam; und das erfreuet und befriedigt sein Vaterherz nicht.

Aber es ist ein ander Reich Gottes in den Wesen seiner Natur; und in diesem Reich herrscht und regiert nur Liebe und Freude und Friede. Der Vater teilt hier sich selbst den Kindern mit, und sieht mit Huld und Wohlgefallen auf sie her; und die Kinder hangen an den Vater, und wissen ihres Glücks kein Ende.

Dies Reich Gottes kann auch zu den Menschen auf Erden kommen: »Gehe in deine Kammer und schleuß die Tür zu, und bete zu deinem Vater im Verborgenen, und dein Vater, der ins Verborgene siehet, wird dir vergelten öffentlich.« Aber dies Reich kommt nicht ohn unser Gebet, und darum heißt Christus uns beten: daß es zu uns komme.

Die nun, zu denen es kommt, die erfahren, wieChristus es in dieser Bitte mit uns meint, und kennen dies Reich. Aber, [643] bis es gekommen ist, kennen wir es nicht, und wissen nur halb was wir beten.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden!

Niemand ist gut, als der einige Gott! Und sein Wille will nur eins von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Dies eins wollte der Wille, wenn Gott je in heiliger Stille und Einsamkeit existierte und alles Wohlsein in ihm eingeschlossen war, in Gott. Und als Gott sich in freie Wesen ergoß, da wollte sein Wille dies eins in allen den einzelnen freien Willen wollen, damit so das Wohlsein Gottes durch alle Wesen fortgepflanzt werde, und überall und allenthalben Einklang und volle Genüge sei.

Wo also Mißklang und Not und Ungemach ist, wie hier bei uns auf Erden, da müssen einzelne Willen, die anders wollen, im Wege sein, und den einen Ton, der durch Himmel und Erde tönen sollte, stören. Und es kann des Mißklangs, der Not und des Ungemachs kein Ende werden, oder diese einzelne Willen müssen sich ändern, und wieder in den großen Willen eingehen.

Um also die dritte Bitte recht zu verstehen, müßten wir wissen, was der Wille ist; und davon wissen wir wenig, oder nichts. Wir Menschen lassen unsern Willen gewöhnlich, und fast immer, durch scheinliche und zum Teil sehr nichtswürdige Bewegursachen meistern und überwinden. Aber Beispiele alter und neuer Zeit lehren und beweisen die Unabhängigkeit und Unüberwindlichkeit des menschlichen Willens, und ein jeder fühlt es in seinen Innersten, daß sein Wille unabhängig und unüberwindlich sein kann. Aus dem nun, und aus der Ehrerbietigkeit und Achtung, welche andre Menschen und die Gesetze für Genehmigung und Einwilligung haben, urteilen wir mit Recht, daß der Wille hoher Natur sei. Aber dabei bleibt es auch mit unserm Wissen vom Willen.

Und ebenso ist's mit unserm Wissen von dem: wie im Himmel, also auch auf Erden.

Wir kennen den Himmel nicht, und unsre Träume davon treffen nur sehr von ferne zu.

Christus kannte die Seligkeit im Himmel, woGottes Wille geschieht. Ihm war die Not und das Ungemach der Erde, wo Gottes Wille gehindert wird, nicht unbekannt. Er hatte, seit der Welt Grund gelegt ward, bei sich beschlossen zu Hülfe zu kommen, und war itzt auf Erden, das allgemeine Hindernis zu gewaltigen, [644] und uns über die besondern Hindernisse, in jedwedem einzelnen, den Sieg möglich zu machen und einzuleiten. Die Willkür ist so zarter und edler Natur, daß sie keinen Zwang leidet, und sich selbst freiwillig opfern will und opfern muß, wenn sie genesen soll. Christus konnte denn mit aller seiner Liebe und Barmherzigkeit nicht mehr tun, als er getan hatte, und Ihm blieb nichts übrig, als uns noch selbst an den Vater zu weisen: Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden!

Wir sehen und verstehen also, warum wir die dritte Bitte beten sollen; aber wie Gottes Wille geschieht, wie Eigenwille den großen Willen hindert, und wieder in ihn eingeht; das wissen und verstehen wir nicht.

Und so geht es fort mit allen Bitten, von der vierten an, wo Buchstabe und Geist lehren, daß hier auch von dem Brot, Joh. 6, das für uns ein Geheimnis ist, die Rede sei; bis an die siebente, wo um Erlösung, nicht allein von zeitlichem Übel, sondern auch von demUr-Bösen, gebetet wird, damit, wenn wir physisch und geistig von ihm erlöset worden, und er, wie dort Judas, hinausgegangen ist, Joh. 13, 31, nun des Menschen Sohn verkläret werde. Welches alles für uns hohe und unbekannte Dinge sind.

Ob wir nun aber das Vaterunser nicht ganz verstehen; so kann doch das unser Vertrauen, und unsre Andacht und Zuversicht es zu beten, nicht stören. Wir verstehen genug um zu wissen, was uns an der Erhörung dieses Gebets gelegen ist, und daß wir es nicht oft und herzlich genug beten können. Und für das übrige verlassen wir uns auf den, der es uns zu beten befohlen hat.

Der muß so bei allem unserm Gebet das Beste tun.

Morgengespräch zwischen A. und dem Kandidaten Bertram

BERTRAM: Da ist die Sonne wieder, Herr A!

A: Heißt mich nicht Herr; ich bin kein Herr, und habe nichts zu sagen. Heißt mich Bruder, oder Vater, oder wie Ihr wollt.

BERTRAM: Nun denn, Vater, ich sagte, daß die Sonne wieder dasei.

A: Und, Sohn, ich sage, daß ich sie eher gesehen habe, als du.

Sie schien mir heute früh beim Aufgehen lebendig in die Fenster, und weckte mich, und jagte mich aus dem Bette.

[645] BERTRAM: Guten Morgen denn! – Ihr seht so heiter aus, Vater.

A: Wer kann mürrisch sein, wenn man so freundlich geweckt worden ist.

BERTRAM: Aber, was meint Ihr, wie die Sonne gestaltet sei, oder was sie eigentlich für eine Gestalt habe?

A: Mir scheint sie rund zu sein. Doch weit weg ründet sich alles; die Ecken und Spitzen verlieren sich in der Ferne.

Aber, wie kommst du auf die wunderliche Frage, so früh morgens?

BERTRAM: Ich habe den Kopf voll von gestaltet und Gestalten, von wegen eines Traums, den ich diese Nacht gehabt habe, und den ich Euch doch erzählen muß.

A: Wie? Träumen die Gelehrten auch, Sohn?

BERTRAM: Ja, Vater, sie träumen auch.

A: Und was hat dich denn die Nacht geträumt?

BERTRAM: Mich träumte, ich sollte zur Wahl predigen, und das vorgeschriebene Thema war, zu sagen: warum ein Stein wie ein Stein, ein Tier wie ein Tier, ein Baum wie ein Baum, und ein Baum,ein Tier, ein Stein anders als der andre gestaltet sei; kurz, woher und wozu ein jegliches Geschöpf die bestimmte Gestalt habe, die es hat?

A: Und was hast du darüber geprediget?

BERTRAM: Ich hatte eine Predigt gemacht, des Inhalts: daß ich über das vorgeschriebene Thema lange und mit Fleiß nachgedacht hätte, um der Gemeine zu sagen: woher und wozu die verschiedenen Geschöpfe ihre eigentümliche bestimmte Gestalt haben; daß ich es aber, dem ohngeachtet, nicht wisse; und es also der Gemeine auch nicht sagen könne.

A: Sehr konsequent, Herr Bertram. Und was sagte die Gemeine zu deiner Predigt?

BERTRAM: Ich habe sie nicht gehalten. Ihr wißt, was Baco sagt 240. – Und mit einem Wort, ich schämte mich, nicht zu wissen, und es öffentlich zu gestehen.

A: So ist es mit uns Menschen, Herr Bertram. Wo wir uns nicht schämen sollten, da schämen wir uns; und wo wir uns schämen sollten, da schämen wir uns nicht.

Aber, wie lief es weiter mit dir und deiner Predigt?

BERTRAM: Ja, wie lief es! Ich schämte mich, wie gesagt, und suchte mir zu helfen.

[646] Vor einer aufgeklärten Gemeine, wie die meinige, nach dem vorgeschriebenen Thema, zu vermuten war, wollte ich vom Glauben nicht predigen; auch bin ich, aufrichtig gesagt, selbst ein sehr großer Freund vom Räsonnement. Und so predigte ich: – »Wie die Ebbe und Flut an den Küsten des Meers und in den Mündungen der Flüsse, aufs Geratewohl, Inseln und Sandbänke von verschiedener mannigfaltiger Gestalt und Größe bildet, und wieder zerstört; so bilde die große allgemeine Weltebbe und -flut die Körper der Geschöpfe in verschiedener mannigfacher Gestalt und Größe, und zerstöre sie auch wieder. Mehr ließe sich davon nicht sagen, und alles weitere sei Götzendienst und Täuschung und Aberglauben.«

A: Bertram! – Aber du hättest doch lieber mit Götzendienst und Aber-glauben nicht so um dich werfen sollen, wenn du auch recht hättest.

Und was meinst du, wenn manches, das für Weisheit angesehen wird, im Grunde, Aber-glauben und Götzendienst wäre! Du selbst dienst Götzen; du selbst glaubst-aber. Und du kannst an deinem eignen Exempel sehen, lieber Bertram, was daraus wird, wenn man, wo man nicht weiß, doch erklären und ins reine bringen will.

BERTRAM: Was habt Ihr denn gegen meine Weltebbe und -flut?

A: Unter andern, daß sie nicht wahr ist; und auf die Kanzel gehört bloß Wahrheit, gehören bloß göttliche Dinge, die nicht allein in sich, sondern auch in dem Herzen des Priesters, wahr sind. Denn so nur können sie in die Herzen der Zuhörer übergehen. Und sie gehen am leichtesten über, wenn sie schlecht und recht, und ohne Inseln und Sandbänke, eingegeben werden.

Überhaupt Worte sind Worte, und man kann dabei nicht genug auf seiner Hut sein. Wo sie würkliche Gegenstände haben, da geht alles ziemlich gut und sicher; wo sie aber mit abstrakten Begriffen umgehen, da wird guter Rat teuer.

Die Clerici wissen und sagen von einem Steigen der Natur von den niedrigsten Wesen zu höhern, und so fort zu höhern – und was sie weiter sagen –

Hätten nun die Philosophen gesucht, hier einzudringen; und wären sie diesem geheimen Gang der Natur gefolgt 241; so hätten [647] sie immer zu Gegenständen würkliche Wesen gehabt, und mittelst einer Philosophie, die, wie Baco sagt, nicht opinio sondern opus war, sein commercium mentis et rerum hergestellt ... und das wäre ein echter Realismus gewesen.

Doch das war res ardua et sublimis; und sie glaubten sie in ihrer willkürlichen Abstraktion, und durch ihre species und genera erreicht zu haben. – Dies aber gab eine Philosophie, wie Baco sagt, ad garriendum promta, ad generandum invalida – Controversiarum ferax, Operum effoeta; kurz, was du eigentlich Idealismus nennen kannst, wo nämlich die Gegenstände nur in den Köpfen existieren 242.

Und weil nun einer so abstrahierte und konstruierte, der andre so; der dies meinte, der andre das; so ging es bunt durcheinander, daß der dritte Mann am Ende kaum wissen kann, was gemeint wird.

Und hier sind Worte und Phrasen die leibhaften Cartesianischen Teufelchen 243. Man sieht sie mit Vergnügen auf und ab steigen, und bewundert die Erfindung. Übrigens wird nichts damit ausgerichtet, nichts dabei verloren noch gewonnen. Auch gewöhnlich sind sie den Erfindern selbst nur beigutem Wetter interessant, und halten nicht, wenn's trübe wird und Ernst gilt 244.

BERTRAM: Aber, Vernunft ist doch eine hohe Gabe!

A: Mehr als eine Gabe. Sie ist, sozusagen, ein Teil des Gebers. Aber sie ist, wie Vulkan, durch den Fall lahm geworden. Zwar hat sie immer noch ihren Mut, wirft immer noch Strahlen von sich; und, wo sie unterrichtet ist und sich au fait [648] setzen kann, tut sie noch Wunderdinge. Nur sie geht an Krücken, und krüppelt. – Weiß aber jemand sie gesund zu machen; so wirft sie alles von sich, und bedarf durchaus keines Dinges, als ihrer selbst, um hell und klar vor und hinter sich zu sehen.

Und diese Seher-gabe ahndeten und fühlten die Philosophen dunkel in ihrer Seele; die meinten sie, ohne es selbst zu wissen, in ihrem: a priori – und gingen nur den unrechten Weg, sie werktätig zu machen.

BERTRAM: Warum gingen sie nicht den rechten?

A: Weiß ich's? – Weil sie ihn nicht kannten, weil sie ihn nicht gehen wollten. Der andre hat Schein, und ist bequemer.

BERTRAM: Ich merke ohngefähr, mit wem ich zu tun habe; aber ich bin noch nicht recht klug aus Euch.

A: Dazu kann Rat werden, wenn es sonst der Mühe lohnte.

BERTRAM: Und ich will auch vor Euch nicht anders scheinen, als ich bin.

Seht, mir ist würklich an Religion gelegen.

A: Mir auch, Herr Bertram.

BERTRAM: Und ich achte die Leute, die sich mit ihr zu tun machen, und sich Mühe geben, in ihr Geheimnis einzudringen.

A: Ich auch, Herr Bertram.

BERTRAM: Was dünkt Euch von den Gelehrten, die durch die Philosophie einzudringen suchen?

A: Die kommen mir vor, wie Zachäus, der auf einen Maulbeerbaum stieg, um Christus zu sehen.

Religion ist die sie ist. Sie ist eine lebendige Kraft; und die kann nicht zergliedert und zusammengesetzt werden, und ist also der Philosophie und ihrer Kunst nicht unterworfen.

Wo sie nicht erfahren wird, da ist und bleibt sie unbekannt.

BERTRAM: Wollt Ihr denn gar nicht von Philosophie und Vernunft wissen.

A: Bewahre! Hast du schon vergessen, was ich vorhin sagte? Ich ehre sie vielleicht mehr als du; und ich habe wohl an ihren feinen Erörterungen und Darstellungen meine Freude. Ich habe nur einiges wider sie; unter andern, daß sie, mit, ihrer lahmen Hüfte, oft das große Wort haben und die Frau im Hause spielen will, ohne von dem Detail des Hauswesens unterrichtet zu sein; unter andern, daß sie immer sehen, und nicht glauben will usw. Und es gibt doch würklich manche Dinge, an denen uns gelegen ist, die wir vorher glauben müssen, wenn wir sie sehen wollen, Herr Bertram.

[649] BERTRAM: Zum Exempel?

A: So solltest du eigentlich nicht fragen, da im täglichen Leben und in der Heiligen Schrift dergleichen Exempel viel und so oft vorkommen.

Wenn zum Exempel Noah nicht geglaubt hätte; so hätte er die Arche nicht gebaut, und wäre, selbacht, nicht erhalten worden.

Wenn zum Exempel Moses nicht geglaubt hätte; so würde er den mißlichen und gefährlichen Auftrag beim Pharao nicht übernommen haben, und hätte die Freude nicht gehabt, sein Volk aus der Sklaverei zu befreien.

So weißt du, zum Exempel, die Geschichte von Abraham, und von seinem Auszug. Ein jedweder Mensch ist ein Abraham, und hat ein Gelobtes Land, das ihm verheißen ist. Wenn er aber daran nicht glaubt; so bleibt er bei seiner Freund schaft, wo es ihm wohl ist, und kriegt das Gelobte Land mit keinem Auge zu sehen. Oder willst du dies lieber so haben: dein Geschäft als Theologe ist, die Menschen in den Himmel zu bringen. Wer aber nicht an den Himmel glaubt, der tut keine Mühe und kommt also nicht hinein, und du predigest vergebens und in den Wind, usw.

Ist denn der Glaube nicht etwas Gutes, Herr Bertram?

BERTRAM: Aber, wenn nun die Philosophen suchen, den Glauben vernünftig zu machen?

A: Sie täten besser, wenn sie suchten, die Vernunft gläubig zu machen. Das würde ihnen mehr Segen bringen, und wahrlich auch mehr Ehre. Denn es ist etwas Rechtliches und Gutes darin, wenn ein Mensch von Scharfsinn und Talent, am rechten Ort, seine Einsicht aufgibt und für nichts achtet, um einer höhern zu huldigen, zu glauben, und zu vertrauen – es ist darin so etwas Rechtliches und Gutes, daß man einigermaßen begreift, wie der Mensch durch eine solche Aufopferung selbst empfänglicher wird, und wie Gott dadurch gereizt und gewonnen werden, oder, nach dem Ausdruck der Heiligen Schrift, wie dem Abraham sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet werden kann.

An sich könnten Vernunft, und Glaube gerne gemeinschaftlich, wie Freunde, miteinander leben; doch die meiste Zeit und fast immer entstehen daraus böse Händel.

Ich habe keine Stimme; aber ich führe dir wieder deinen Baco an 245, der auch mein Mann ist.

[650] BERTRAM: Nun infallibel ist mir Baco nicht, wie er Euch zu sein scheint.

Aber kommt mir hier mit einem Exempel zu Hülfe. Ihr waret ja bisher reich an Exempeln.

A: Ich habe dir bisher so viel wider die Philosophen gesagt, daß mehr den Verdacht erregen könnte, als wären sie Feinde; und ich habe Freunde unter ihnen.

BERTRAM: Hilft nicht. Magis amica Veritas. Kurz, ich lasse Euch nicht; Ihr müßt mir die Philosophia fantastica und Theologia haeretica des Baco, und Euer: gemeinschaftlich, und die bösen Händel mit einem Exempel belegen.

A: Nun denn: Nach der Heiligen Schrift hält derGlaube: daß das Wort im Anfang bei Gott und Gott war 246; daß alle Dinge durch dasselbige gemacht sind 247; daß es dem Moses anvertrauet worden 248, und auf der Reise in der Wüste mitgefolgt ist 249; und daß es in der Fülle der Zeit unter ihnen Fleisch geworden 250.

Wenn nun die Vernunft hier sagte: »Die Rede ist mir geheim und dunkel. Wäre ich von dem Geheimnis unterrichtet; so würde ich darüber urteilen, und Erklärungen geben können. Bis dahin lasse ich es sein, was es ist; denn ich verstehe es nicht.« Sieh, das wäre recht und ehrlich gesprochen, und niemand zu nahe getan.

Wenn aber die Vernunft sich hier einmischt, und über Christus Untersuchungen anstellt, als übersähe sie die Sache; wenn sie zum Exempel beweist, daß ein Christus allein unter den Juden möglich gewesen; daß dies Volk durch eine vierzigjährige Entfernung vom Götzendienst, durch die Lehre von einem Gott usw. dazu qualifiziert worden; so gefällt das männiglichen, verwirrt aber, wie gut es auch gemeint sein mag, und bahnt den Weg, daß der Christus des Glaubens in einen armseligen Christus der Vernunft verwandelt wird. Theologia haeretica.

Und jene Beweise stehen zum Teil auf schwachenphantastischen Füßen. Denn wie groß die Juden auch unter Moses waren, und durch ihn und seine Lehre fernerhin hätten sein und werden können, und wie gut er es mit ihnen im Sinne hatte – sie stießen ihn ja von sich, als sie kaum über die Grenze waren und wandten ihre Herzen gen Ägypten 251; sie machten ja schon am Sinai ein [651] goldenes Kalb und opferten den Götzen Opfer 252; sie waren ein halsstarriges Volk, solange Moses lebte, und verfielen nach seinem Tode und in den folgenden Zeiten ganz und gar, daß sie auch, wie er ihnen vorhergesagt hatte, zerstreuet und nach Ninive und Babel geschleppt wurden; und als Christus selbst kam, verspotteten und verlachten sie ihn – so daß vielleicht damals kein Volk in der Welt weniger, als das Volk der Juden, qualifiziert war, Christum unter sich aufstehen zu lassen, wenn nicht andre Gründe seines Aufstehens gewesen wären.

BERTRAM: Das ist alles wahr; aber ich kann und kann dem Räsonnement nicht entsagen.
A: Und warum wolltest du auch. Halte du fest an deiner Frömmigkeit.

Ich will unterdes, und in Ermanglung eines Bessern, versuchen, ob ich dir deine Weltebbe und -flut verleiden, und gegen eine andre Idee umsetzen kann.

BERTRAM: Tut es, wenn Ihr könnt. Ich höre aufmerksam zu, und will Fleiß tun, daß ich Euch nicht mißverstehe.

A: – und mich entschuldigest, wenn es nötig sein sollte. – Doch zu unsrer Sache.

Das darf ich dir nicht sagen, daß ein blindes Bewegen, und ein Treiben aufs Geratewohl in dem Werk eines weisen Meisters nicht angenommen werden kann, und daß hier alles Absicht und Zweck haben muß. Aber deine Weltebbe und -flut soll einstweilen statthaben, und, wie du sagst, die Körper der Wesen, die um uns her sind, aufs Geratewohl bilden und fertigen.

Du glaubst doch, daß in den Bäumen, Tieren und allen körperlichen Wesen ein innerliches Prinzip sei, ein Lebendiges, ein Geist, der eigentlich kein Geist ist, den wir aber, um kürzer sprechen zu können, Geist nennen wollen.

Nun stehen die Geister von Löwen, Bären, Rosenstöcken, Schafen, Zedern, Tannen, Tigern, Eichen, Rhinozeros, Mücken, Elefanten, Schlangen, Kolibris, Dromedaren usw. um die Fabrike deiner Weltebbe und -flut, und warten auf ihren Körper, und wie die Körper in der Fabrike fertig geworden sind, werden sie den Geistern ausgeteilt.

Aber in einer solchen blinden kopflosen Wirtschaft konnte doch leicht ein Mißgriff bei der Austeilung geschehen. Und wenn nun der geschehen wäre, und, zum Exempel, dem Geist eines Schafs der Körper eines Wolfs, dem Geist einer Mücke der Körper [652] eines Elefanten, dem Geist einer Schlange der Körper einer Eiche usw. zuteil geworden wäre; wie hätten sich diese Geister in diesen Körpern zurechtfinden, und sich darin benehmen wollen?

BERTRAM: Ja, so wäre der Geist des Schafs ein Wolfsgeist, der Geist der Mücke ein Elefantengeist, der Geist der Schlange ein Eichbaumsgeist geworden, usw.

A: Meinst du das? – Also machte der Körper den Geist? – Das ist etwas unnatürlich, und schwer zu glauben.

Ich kehre die Sache lieber um, und denke, daß der Geist den Körper mache. Er macht ihn, ohne daß er sich des bewußt wäre, das ist: er drückt die Natur, Art, Eigenschaft, Anlage etc. die in ihm ist, äußerlich aus. Als, zum Exempel, der Geist der Schlange hatte in sich den Trieb und die Anlage zu kriechen, sich in allerlei Wendung zu krümmen etc. und er drückte das in einem Körper aus, der zu dem allen geschickt war. Und so mit allen Geschöpfen.

BERTRAM: Der Geist sollte selbst den Körper machen! –

Wie machte er das?

A: Das weiß ich nicht; aber darum kann ich doch nicht daran zweifeln. Denn, andre Gründe ungerechnet, sage mir doch, wenn die Geister sich die Körper nicht selbst machten, sage mir doch, wie kämen sie hinein. Wenn, zum Exempel, der Geist einer Eiche nicht in dem Keim wäre, und den Keim zum Baum machte, wie käme er in die Eiche? – Und in jeder Eiche ist doch einer.

»Die Geister gehen nur in ihren Körper, und in keinen fremden.«

BERTRAM: Aber, ich bitte Euch, welche Absicht könnten die Geister bei dieser Arbeit haben?

A: Gar keine. Denn sie können überhaupt keine Absichten haben; sie können aber Absichten erfüllen und ausführen, ohne sie zu haben.

BERTRAM: Fahrt fort, Vater. Gott kann Absichten haben, und sie durch die Geister erfüllen und ausführen lassen.

A: Das laß ich mir gefallen, Sohn.

BERTRAM: Aber, was könnten das für Absichten sein?

A: Man sucht die Menschen, und findet sie selten oder gar nicht, die, wenn von Gott und seinen Absichten gefragt wird, vollen Bescheid geben können, und volle Garben in Händen haben. Hier mußt du mit einzelnen Körnlein, die auf dem und jenem fremden Acker gesammlet sind, vorliebnehmen.

[653] Wir sehen, daß alles Wesen in seinen Ursprung zurückkehrt, ein jedes nach seiner Art. Die Bäche und Ströme laufen und rennen, bis sie wieder in dem Ozean sind, aus dem sie entstehen. Die Geister der Pflanzen und Tiere etc., die einen cursum durch die körperliche Natur zu machen haben, sind in beständiger Arbeit und Bewegung, bis sie des Jochs wieder los, und wieder in ihren Ozean eingegangen sind. Und der Mensch, der aus Gott entsprungen ist, sehnet und ängstiget sich immerdar, und findet und hat keine Ruhe als in Gott.

Seit der Mensch aus dem väterlichen Hause in dies fremde Land verbannet worden, ist er in eine sinnliche Natur gehüllet, dadurch ihm der Anblick des Vaters und des väterlichen Hauses genommen ist. Er fühlt sich freilich, und in seiner Brust wohnet eine Ahndung seines Ursprungs. Aber, weil er hier sinnlichen Eindrücken preisgegeben ist, und seine Heimat für ihn im Dunkeln liegt; so erstickt »die Sorge der Welt und der betrügliche Reichtum etc.« die Ahndung in seiner Brust, und er vergißt des Vaters.

Nun »verkündigen die Himmel Gottes Ehre, ein Tag sagt's dem andern, und eine Nacht tut's kund der andern. Es ist keine Sprache noch Rede, darin man nicht ihre Stimme höre«. 253

BERTRAM: Das begreife ich; aber wozu so mancherlei Geschöpfe, und die tausend und tausendverschiedene Gestalten?

A: Der Mensch, in seinem itzigen Zustande, kann Gottes Wesen in der ganzen ungeteilten Vollkommenheit nicht fassen. Er kann nur Stückwerk fassen; nur zerstreute einzelne Züge.

Ein jedes Geschöpf hat eine Spur von Gott an sich, dies diese, jenes eine andre. Und du kannst die Geister aller der verschiedenen Geschöpfe, die um uns her sind, als so viele Boten ansehen, die in die Zeit gesandt worden, daß sie uns nicht allein an den Vater erinnern, sondern auch, ein jedes durch seine Natur, Art und Eigenschaft, etwas von ihm sagen und kundtun sollten. Und weil diese Boten, ob sie gleich, wie gesagt, nicht eigentlich Geister sind, doch von uns nicht gesehen werden konnten, und also für uns vergeblich gesandt wären; so mußte ein jeder ein sichtbares Kleid anziehen, darauf seine Natur, Art und Eigenschaft mit leserlicher Schrift geschrieben sind, daß wir sie lesen und uns daraus unterrichten möchten.

»Wenn ich irgendein Gras, eine Blume, einen Stein in die Hand nehme; so werde ich gleich fragen, welches ist hier der Zug, womit sich mein Schöpfer charakterisiert?« 254 usw.

[654] BERTRAM: Die Idee, daß Himmel und Erde für uns eine Schrift, und alle Geschöpfe, die uns umgeben, Buchstaben dieser Schrift sind, daraus wir uns von Gott unterrichten können – diese Idee ist erhaben und schön, ich gestehe es Euch. Aber, wie kann diese Schrift gelesen werden? Ihre Buchstaben sind ja lauter stumme Buchstaben, oder Konsonanten.

A: Das sind sie; und sei kein Narr, und halte sie für mehr, als sie sind. Du mußt sie aber auch nicht für weniger halten, als sie sind.

Die Geister fliegen hier unterm Mond nicht nackt herum, wie die Fledermäuse. Sie sind alle bekleidet. Ein jeder, welcher Art er sei, hat ein Substratum, auf dem er ruhet, einen Konsonanten, in dem er wohnt; und ohne das ficht er für uns aufs ungewisse, und streicht in die Luft.

Du weißt, wie zum Exempel Moses und seine Freunde, die du auf Glauben für weise Leute annehmen kannst, die stummen Buchstaben oder Konsonanten, mit denen der Name Gottes geschrieben wird, ansahen. Sie waren ihnen heilig, und der große Sinn, der in diesem Namen war, haftete ihnen an diesen bestimmten ebräischen Buchstaben 255.

BERTRAM: Aber, wenn auch in bestimmten Buchstaben ein bestimmter Sinn wäre; so frage ich immer wieder, wer wird ihn finden?

A: Freilich, wer wird ihn finden?

Scharfsinn allein richtet es nicht aus; und wenn sonst nichts zu Hülfe kommen könnte; so würde es um das Erkenntnis, das daraus geschöpft werden soll, sehr mißlich stehen.

Aber »die Erscheinungen der Leidenschaften, die wir allenthalben in der menschlichen Gesellschaft beobachten, lehren: wie alles, was noch so entfernt ist, ein Gemüt in Affekt mit einer besondern Richtung trifft: wie jede einzelne Empfindung sich über den Umkreis aller äußern Gegenstände verbreitet; wie wir die allgemeinsten Fälle durch eine persönliche Anwendung uns zuzueignen wissen« 256 – daß also einem Gemüt, das von Liebe zu Gott durchdrungen ist, Zeichen und Winke bedeutend und verständlich werden und sein können, die ihm sonst und vorher unbedeutend und unverständlich waren.

»Die Analogie«, sagt ebenderselbe Schriftsteller, »die Analogie des Menschen zum Schöpfer erteilt allen Kreaturen ihr Gehalt [655] und ihr Gepräge. – Je lebhafter diese Idee, das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, in unserm Gemüt ist; desto fähiger sind wir, Seine Leutseligkeit in den Geschöpfen zusehen und zu schmecken, zu beschauen und mitHänden zu greifen.« 257

BERTRAM: Ich hörte gerne mehr von dieser Schrift und von diesen Buchstaben.

A: Und ich wollte gerne dienen, Herr Bertram; aber es geht mir grade, wie es dir in deiner ersten Predigt ging.

Eins kann ich dir noch sagen, wenn du es nicht selbst errätst: daß nämlich der Mensch der erste und wichtigste Buchstabe von allen ist. Jedermann, wenn er von Gott forschen und sagen will, wendet sich an sich selbst; und das mit Recht.

Denn im Menschen ist ein unsterblicher Same und Keim, in dem die Schätze der Wahrheit, und Erkenntnis Gottes verborgen liegen; und aus ihm entwickelt werden können. Aber, wie die Keime in der physischen Natur sich nicht selbst entwickeln können; so auch dieser nicht. Er bedarf, wie jene, einer Reaktion von außen. Je angemessener und homogener diese ist; desto schneller und vollkommner wächst die Frucht hervor. Die Reaktion täte und schaffte nichts, wenn der Keim nicht da wäre; aber der Keim bleibt, ohne sie, was er ist, und kommt nicht von der Stelle. Und so kränkelt auch, ohne Reaktion, der Keim im Menschen, und hat nur dunkle unvollständige Ahndungen von Gott etc.

BERTRAM: Der Mensch ist der erste und wichtigste Buchstabe, sagt Ihr. Ich verstehe das so: die ganze Natur verkündiget Gott von ferne, und der Mensch verkündiget ihn von nahe.

A: Ganz recht, lieber Sohn. In der physischen Natur spiegeln sich einzelne Kräfte, und im Menschen spiegelt sich die Gottheit selbst.

Nur in uns, so wie wir hier sind, ist der Spiegel so verbogen und unrein, daß das Bild nur verstellt und wie in Nebel gehüllt ist. Durch Reaktion, wenn, zum Exempel, große tugendhafte Menschen, in denen sich Gott weniger trübe spiegelt, auf dich reagieren, wird dies Bild bewegt. Und neben einem vollkommen reinen und heiligen Spiegel tritt es deutlicher hervor.

Der Spiegel aber ist in Christus, der da ist der »Glanz der Herrlichkeit Gottes, und das Ebenbild seines Wesens.« 258 Wer zu seiner Zeit lebte und ihn sahe, und wer ihn seitdem in seiner Geschichte[656] sieht, der sahe und siehet den Vater, wie er selbst zu Philippus sagte 259.

Und darum ist für den sinnlich gewordenen Menschen der Sichtbare Christus so unentbehrlich und wichtig. Und wenn der nicht gewesen wäre; so sollten sie manches, das sie von Gott wissen und sagen, wohl ungesagt lassen.

In Christus sieht der Mensch, wozu er berufen ist, und was er werden kann.

Aber er ist es mit dem Sehen noch nicht, und kann es mit dem Sehen allein nicht werden 260.

Der Sichtbare Christus ward den Jüngern wieder aus den Augen weggenommen, und geopfert. Er mußte gekreuziget werden und sterben, damit derUnsichtbare wieder zu ihnen käme 261, der Trö ster, der sie trösten 262, sie in alle Wahrheit leiten 263, und in ihnen bleiben sollte ewiglich 264.

Diesen Tröster kennet die Welt nicht, und siehet ihn nicht 265. An den muß sie glauben – und die alte Haut daran wagen, wenn sie ihn finden 266, und innewerden will, daß das Christentum von Gott sei.

Ich bitte ihn für mich und dich, daß dies uns widerfahre, lieber Bertram, und scheide damit von dir.

Sterben und Auferstehn

Du Menschenkind, sieh um dich her ...
Und weißt du eine Lehre,
Die größer und die tröstlicher
Für uns hienieden wäre? –
Dort, wo die Siegespalmen wehn,
Ist Sein nur, ist kein Werden,
Kein Sterben und kein Auferstehn,
Wie hier bei uns auf Erden.
[657]
Dort freun sie ewig ewig sich,
Ist ewig Licht und Friede,
Das Leben quillt dort mildiglich
Aus sich, und wird nicht müde.
Doch dieser Unterwelt ist nicht
Solch glorreich Los gegeben;
Hier ist ohn Finsternis kein Licht,
Und ohne Tod kein Leben.
Der Löwe liegt und fäult und schwellt –
Dann geht vom Fresser Speise;
Der Same in die Erde fällt
Und stirbt – und keimt dann leise.
Und die Natur ein Spiegel ist;
Es wird darin vernommen:
Was deinem Geist du schuldig bist
Soll er zum Leben kommen.
Willst du wahrhaftig glücklich sein,
Auf festem Grunde bauen;
Mußt du den Dornenweg nicht scheun,
Der Rosenbahn nicht trauen.
Einst war ein großer Mann bedacht
Uns darin einzuweihen,
Und führte durch die lange Nacht
Das Volk zum Fest der Maien.
Drum spare dir viel Ungemach,
Du Menschenkind, und höre,
Und denke der Verleugnung nach,
Und jener großen Lehre.
In uns ist zweierlei Natur,
Doch ein Gesetz für beide;
Es geht durch Tod und Leiden nur
Der Weg zur wahren Freude.

[658] Geburt und Wiedergeburt

»Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch;

und was vom Geist geboren wird, das ist Geist.«

Joh. 3, 6.


Unter den verschiedenen Systemen, die in der dunkeln Lehre der Elemente oder Grundprinzipien der körperlichen Dinge von den Naturphilosophen sind aufgestellet worden, ist wohl das vor andern wahrscheinlich, das zwei strittige Prinzipien, die durch ein drittes vereiniget werden, annimmt, und aus der Art der Vereinigung und dem Mehr oder Weniger der Prinzipien die Verschiedenheit der körperlichen Dinge erklärt; übrigens aber ein Unreines anerkennt, das in dieser Unterwelt dem Reinen anhängt, und seine Kräfte und Tätigkeit hemmt und hindert.

Es ist dies System nicht allein in sich selbst das einfachste, sondern es wird auch durch die ältesten Kosmogonieen, wo von zwei solchen Prinzipien, einem tätigen und einem leidenden, bei den Chinesen das Vollkommene und das Unvollkommene, bei den Indiern das Männliche und das Weibliche etc.; und von einem Ur-Unreinen, bei den Parsen die Finsternis des Ahrimans etc. immer und überall die Rede ist, bestätiget.

Moses lehrt auch: der Acker sei um des Menschen willen verflucht worden 267; doch sagt er: vorher, als Gott die Tiere der Erde und des Wassers, und allerlei gefiedertes Gevögel der Luft, ein jegliches nach seiner Art, und Gras und Kraut, das sich besame, und Bäume, die ihren eignen Samen bei ihm selbst haben etc. gemacht hatte, sei alles sehr gut gewesen 268.

Nun ist zwar die Hervorbringung jener ersten Exemplare der körperlichen Dinge etwas anders, als ihre Fortpflanzung seitdem; doch ist das Procedere der Natur in beiden Fällen nicht verschieden, und kein anderes. Sie vereinigte nämlich, bei jener Hervorbringung, die zwei Prinzipien, wie sie damals sein mochten, und vereiniget sie, bei der Fortpflanzung, wie sie nun sind, das ist, mit dem ihnen anklebenden Unreinen.

Dies nun geschieht bei allen körperlichen Dingen, in allen Klassen, Gattungen und Arten. Und das ist Gebären, oder Geburt in der physischen Natur; Wiedergeburt würde sein, wenn die Natur die zwei in einem Körper vereinigten Prinzipien trennte, und, von dem ihnen anklebenden Unreinen befreit, wiedervereinigte.

[659] Dies aber kann sie, wie die Erfahrung lehrt, sich selbst gelassen, nicht. Indes wehrt sie sich ihrer Haut, und arbeitet unaufhörlich, was ihr im Wege ist und ihren Gang hindert, von sich und auf die Seite zu scharfen. Und ihr bei dieser Arbeit, in den Krankheiten des menschlichen Körpers, zu Hülfe zu kommen, ist die ganze Kunst und das ganze Geschäft der Arzeneigelehrten. –

Eine gleiche oder ähnliche Bewandtnis, wie mit der physischen Natur, hat es mit der moralischen im Menschen vom Weibe geboren. Er besteht auch aus zwei Naturen, einer verständigen und einer sinnlichen, die strittig und widereinander sind. »Das Fleisch gelüstet wider den Geist, und den Geist wider das Fleisch; dieselbigen sind widereinander.« 269

Und natürlich sind sie widereinander; denn die eine denkt, die andere lähmet das Denken; die einewill, die andere lähmet den Willen; die eine suchet das Vollkommene, und einet das Stückwerk und Zerteilte, die andere weiß von dem Vollkommenen nichts, und hängt und hält nur an dem Stückwerk; die eine will sich mitteilen undgeben, die andere zu sich reißen und haben usw.

Die Verbindung von zwei in sich selbst so ungleichen und einander so entgegengesetzten Naturen ineinem Wesen ist ein Knoten, an dessen Auflösung die menschliche Vernunft von jeher ihre Kräfte versucht hat, und sie hat nicht recht ins reine bringen können, wie es mit dieser Verbindung zusammenhänge.

Unsere Religion gibt zu verstehen, daß sie der erste Mensch durch Mißbrauch der Freiheit, mit der er aus Gottes Hand hervorgegangen war, verdient, und über sich gebracht habe; und die ältesten Urkunden und Traditionen aller Völker stimmen damit überein.

Bei den Indiern wird der erste Mensch aus »dem, was ohne Anfang und Ende ist, und was für die Sinne nichts ist«, gemacht, und er läßt sich Ruthren verderben; bei den Parsen ist der »Vater des menschlichen Geschlechts lichtglänzend, rein, mit himmelan schauenden Augen«, und er läßt sich durch Ahriman, das Prinzip des Bösen, die Augen blenden, usw.

Die Sage von einem eisernen, bleiernen etc. Weltalter, denen ein goldenes vorangegangen war, scheint mit auf einen ursprünglich glorreichen Zustand des Menschen und einen Verfall desselben zu deuten, und bringt auf Vermutungen. Wenn aber die griechische Mythologie von Mänaden und Thyaden erzählt, die[660] durch das Geräusch ihrer Pfeifen und Zimbeln die Stimme des Gottes, den sie begleiten, verdunkeln und überschreien; von thrazischen Weibern, die den Orpheus zerrissen haben; von einem Ixion, der sich mit der Nephele einließ, und mit dieser Wolke, die er die Juno glaubte, die Zentauren, Halb-Menschen und Halb-Tiere, erzeugte; so ist der Sinn fast nicht zu verkennen.

Doch dem sei, wie ihm wolle, der Mensch erfährt an und in sich, daß die zwei Naturen in ihm uneins und widereinander sind; daß die verständige, die ihrer Würdigkeit nach tätig sein sollte, in ihm leidend 270, und die sinnliche, die leidend sein sollte, tätig ist, und daß die eine nur auf Unkosten der andern zu Kräften kommen und die Oberhand gewinnen kann. 271

Von dem Verhältnis dieser zwei Naturen in einem Menschen, und dem Einfluß, den die eine und die andere in sein Tun und Lassen hat, hängt sein Wohl und Wehe, sein Wert und Unwert ab, und darum ist alles, was sie angeht, was darauf Bezug hat und davon gewußt werden kann, für ihn über alles merkwürdig und wichtig.

Die sinnliche Natur im Menschen wird in ihm vonihresgleichen unmittelbar berührt; sie liegt gleichsam nach außen, und umschließt das Verständige in ihm, wie die Hülse den Kern, wie das Weiße im Ei den Dotter. Was um uns her sichtbar und sinnlich ist, sehen wir, wahrnehmen und empfinden wir in und an sich selbst, und genießen es ungehindert und ohne Mühe.

Nicht so das Verständige; das wird in uns vonseinesgleichen nicht unmittelbar berührt 272. Wir nehmen es nur wahr in und an seinen Wirkungen; und zwischen dieser Wahrnehmung und der unmittelbaren Berührung ist eine große Kluft, die erst überstiegen werden muß.

So wissen alle Menschen, daß ein Gott ist. Aber, ob sie gleich, [661] wie Paulus sagt, in ihm leben, weben und sind 273; so nehmen sie ihn nur an den Werken, nämlich an der Schöpfung der Welt, wahr, und das ist dem Apostel noch nicht alles. »Daß Gott ist, das ist«, sagt er, »den Menschen offenbar« 274; und »doch sollen sie den Herrn suchen, ob sie doch ihn fühlen und finden möchten«. 275

Christus spricht Matth. 5, 8 von dieser Sache, und gibt zugleich einen Fingerzeig über den Weg dazu:


»Selig sind, die reines Herzens sind,
denn sie werden Gott sehen.«

Wer denn Gott sehen will, muß reines Herzens sein, das Eitle nicht liebhaben, das ungöttliche Wesen verleugnen und die weltlichen Lüste etc. – Er muß also einen gegenwärtigen Genuß, den er siehet und hat, für einen künftigen, den er hoffet und nicht siehet, aufgeben.

Wie aber kann der Mensch das tun? – Nicht anders, er habe denn eine gewisse Zuversicht des, das er hoffet, und zweifle nicht an dem, das er nicht siehet; das ist: er habe denn Glauben. 276 Wie auch die Heilige Schrift sagt: »Wer zu Gott kommen will, der mußglauben, daß er sei, und denen, die ihn suchen, ein Vergelter sein werde«. 277

So ging Abraham aus seinem Vaterlande und aus seiner Freundschaft »in ein Land, das er ererben sollte, und wußte nicht, wo er hinkäme«. 278

So wollte Moses »nicht mehr ein Sohn heißen der Tochter Pharao, und erwählet viel lieber, mit dem Volke Gottes Ungemach zu leiden, denn die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben, und achtet die Schmach Christi für größern Reichtum, denn die Schätze Ägypti. Denn er sahe an die Belohnung – und hielt sich an dem, den er nicht sahe, als sahe er ihn«. 279

Sie glaubten, diese Helden, und hatten den Kampf gekämpfet, der uns verordnet ist. 280 – Und es ist kein anderer Weg, sich dem Verständigen zu nahen, und zu seinem Genuß zu kommen. »Ohne Glauben ist esunmöglich, Gott zu gefallen«, sagt die Heilige Schrift. 281

[662] Man sieht denn, was der Glaube für ein erhaben, edel Ding ist, und wie töricht und schwach es sei, so hin übel von ihm zu sprechen.

Wenn der Mensch nicht an Gott und göttliche Dinge glauben, und sich dadurch den Kopf oben halten könnte; so würde er seiner sinnlichen Natur anheimfallen, und verkommen. »Dieweil sie wußten, daß ein Gott ist, und nicht geachtet haben, daß sie ihn erkenneten – hat sie auch Gott dahingegeben in ihrer Herzen Gelüste – in die schändlichen Lüste – in verkehrten Sinn zu tun, was nicht taugt«, und was kaum ein Vieh tut 282.

Durch den Glauben also kann der Mensch, wie die physische Natur, eine Krisis zuwege bringen, und an seiner Reinigung und Herstellung arbeiten. Aber sie vollenden und den Schaden bessern – das kann er, sich selbst gelassen, nicht.

»Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, kann er das Reich Gottes nicht sehen.« 283

»Wie aber das Korn aller natürlichen Weisheit verwesen, in Unwissenheit vergehen muß, und wie aus diesem Tode, aus diesem Nichts, das Leben und Wesen einer höhern Erkenntnis hervorkomme und neu geschaffen werde, so weit reicht die Nase des Sophisten nicht.« 284

Die Wiedergeburt ist ein Geheimnis, und muß, wie alle Geheimnisse, die von sicherer Hand kommen, aufs Wort und ohne weiteres geglaubt und angenommen werden.

Doch als der wiß- und lehrbegierige Nikodemus nicht begreifen konnte, wie ein Mensch geboren werden könne, wenn er alt ist, und bescheiden fragte; wie solches zugehen möge 285; ließ sich Christus einigermaßen mit ihm ein, und äußerte, daß die Meister in Israel dies Geheimnis ehedem gewußt hätten, und noch wissen sollten.

Wenn wir es nicht wissen; so kann uns das trösten, daß man eine Sache haben kann, ohne sie zu begreifen, oder: daß man, wie Christus spricht, »das Sausen des Windes hören kann, ohne zu wissen, von wannen er kommt, und wohin er fähret.« 286

Doch dürfen wir bescheiden und lehrbegierig, wie Nikodemus, fragen, und der Heiligen Schrift, die von dieser großen Sache so oft und vielfältig, und auf so mancherlei Weise redet, nach den Augen sehen.

[663] Nach dem, was sie von der inwendigen Gestalt eines Wiedergebornen äußert und zu verstehen gibt, ist in einem solchen Menschen Hülse und Kern etc. ein Neues geworden; die geringere Natur in ihm ist der bessern geopfert, und die zwei Naturen sind nicht mehr widereinander, sondern einig und eins; oder: der partielle, eigene Wille, aller Unordnung und Not Ursache und Anfang, ist in ihm in den großen allgemeinen Willen wieder eingegangen.

Aber niemand begreift diesen Zustand, als wer jene Heldenbahn betreten, den Fersenstich des Kampfs, und den Frieden des Sieges oft erfahren und geschmeckt hat. Nur der Mann kann von ferne ins Gelobte Land hineinsehen, und einigermaßen begreifen: wenn durch den Vorhang, der ihn von Gott scheidet, solch ein süßer Friede, der immer doch nur beschränkt ist und wieder gestört und unterbrochen wird, über ihn kommen kann; was es denn sein werde, wenn der Vorhang zerrissen wäre, und dieser Friede, voll und ungehemmt, aus der lautern, lebendigen Quelle über ihn käme, und nicht wieder von ihm genommen würde. 287

Und diese Vorempfindung ist die Morgenröte von dem »im Acker verborgenen Schatz, welchen ein Mensch fand, und hielt ihn geheim, und ging hin für Freude über denselbigen, und verkaufte alles was er hatte, und kaufte den Acker«. 288

Der Preis ist nicht geringe; doch ist der Schatz für keinen andern feil 289, und die ihn für diesen Preis gekauft haben, preisen sich alle selig in dem Genuß der guten Folgen, die sie erwartet hatten; und einigen unter ihnen sind noch andre neben aufgegangen.

Die physische Natur ist an feste Gesetze gebunden, und kann davon nicht abweichen, weder zur Rechten noch zur Linken. Wenn es also in ihr eine Wiedergeburt gäbe; so wäre, wenn einer die Gesetze wüßte, der Erfolg gewiß und notwendig. Aber der Mensch ist ein freies Wesen, und wird als ein solches behandelt. Gott erwartet seinen Willen, nämlich den Willen seiner verständigen Natur, denn die sinnliche hat keinen Willen, sondern nur Neigungen und Triebe. »Der Herr ist nahe bei denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagen Gemüt haben.« 290

Wie also die Wiedergeburt ohne Gott nicht geschehen kann, so kann sie auch ohne den Menschen nicht geschehen; und wem [664] geholfen werden soll, der muß geholfen sein wollen, und an eine Hülfe glauben. Und zwar muß dies Wollen und Glauben nicht etwa ein Gedanke, eine Betrachtung im Herzen, sondern eine Fassung, ein Zustand des Herzens sein. Denn es ist umsonst, und hilft nicht, daß ein Herz von Glauben und Zerbrechen und Zerschlagen zu handeln und zu sagen weiß, oder zerschlagen sein möchte; es muß wirklich zerbrochen und zerschlagen sein. Dann nur ist, nach der Heiligen Schrift, der Herr nahe.

»Es sei denn, daß jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.« 291

»Apollos, ein beredter Mann, und mächtig in der Schrift, redete zu Ephesus mit brünstigem Geist, und lehrte mit Fleiß von dem Herrn, und wußte allein von der Taufe Johannis; aber Aquila und Priscilla nahmen ihn zu sich, und legten ihm den Weg Gottes noch fleißiger aus.« 292

»Die Jünger, die Paulus zu Ephesus fand, hatten auch nie gehört, ob ein Heiliger Geist sei, und waren nur auf Johannis Taufe getauft. Paulus aber sprach: ›Johannes hat getauft mit der Buße, und saget dem Volk, daß sie sollten glauben an den, der nach ihm kommen sollte, das ist, an Jesum, daß er der Christus sei 293‹.«

Wenn also Christus von Wasser und Geist spricht, so muß man wohl nicht an die Wassertaufe Johannis denken, sondern an das lebendige Wasser, das er gibt 294, und an den Heiligen Geist, mit dem er taufet 295.

Der allein ist der Anfänger und Vollender in dem Herzen, das Leide getragen und die Zeit der Reinigung treu vollbracht hat. Der tröstet, erleuchtet undheiliget, und wird vom Vater gegeben, denen, die ihn bitten 296.

Und wie das Weizenkorn in der Erde erweicht und aufgelöset wird, und nach und nach, ohne daß wir es verstehen und begreifen, ein Leben seiner Art annimmt, Keime treibt und im stillen fortwächset, bis der Halm über der Erde zum Vorschein kommt; so geht es, nach der Heiligen Schrift, auch in einem solchen Herzen. Es verliert nach und nach seine eigne Gestalt, und die vorigen Neigungen und Ansichten, spürt in sich etwas Lebendiges und Kräftiges, das den Geist mehr und mehr löset und über diese Welt erhebt, bis der Tag anbricht, und der Morgenstern [665] aufgeht 297, und das Geheimnis: »Christus in uns 298«, in ihm vollendet wird.

Brief an Andres

Der Mensch kann glauben; aber er kann nicht glauben was er will. Sein Glauben hängt an Ursachen, die von seinem Wissen und Willen verschieden, und nicht allerdings in seiner Gewalt sind. Man kann, wie dasKananäische Weib, wenig wissen, und großen Glauben haben; und, wie die Pharisäer, viel wissen, und doch nicht glauben, usw.

Davon schrieb ich Dir, vor einiger Zeit, einen Brief, und schloß ihn so: »Darum sehe ich die Geschichten, wo vom Glauben die Rede ist, fleißig an, und merke auf den Sinn solcher Leute, um daraus zu lernen: nicht was ich noch wissen muß, um glauben zu können; sondern was ich noch vergessen, mir aus dem Sinn schlagen und von mir abtun muß, damit derGlaube recht an mich haften könne.« – – Und nun willst Du, daß ich Dir auch schreibe: wie ich die Geschichten angesehen, und was ich an dem Sinn solcher Leute gemerkt habe.

Lieber Andres, Du hast gewiß schon selbst angesehen und gemerkt; und auf Deiner Einfalt ruhet ein Segen, der andernorts fehlt. Indes wir schlagen uns einander nichts ab, und so will ich an ein paar Geschichten Probe geben.

Zuerst von dem Hauptmann zu Kapernaum, der eigentlich ein Heide war, und »solchen Glauben hatte, als in Israel nicht funden worden«.

Dieser Hauptmann lag nun zwar in einer Gegend in Quartier, wo unser Herr Christus seine meisten Wunder getan hat; aber die Anhänger, und Erzähler und Ausbreiter dieser Wunder waren aus dem geringen Volk. – »Glaubt auch irgendein Oberster und Pharisäer an ihn? Sondern das Volk, das nichts vom Gesetz weiß, ist verflucht.« – Daraus denn abzunehmen ist, was die Honoratiores von Christus, und von denen, die ihm nachliefen, dachten, oder wenigstens ihrer Ehre gemäß hielten, zu sagen.

Und er, der Hauptmann, war Offizier in einer Armee, welche alle großen Reiche in Afrika, Europa und Asien überwältigt, und was sich widersetzte und nicht beugen wollte, zu Boden geworfen hatte.

[666] Nun kann dies freilich von verschiedenen Seiten angesehen werden; aber man weiß, von welcher Seite es der Mensch ansieht, und daß es sehr natürlich ist, sich des zu überheben, sonderlich bei und unter einem Volk, das sein Ansehen in der Welt verloren hatte, und mit seiner alten väterlichen Sitte und Religion den aufgeklärten und hochfahrenden Römern, vom Landpfleger an bis zu dem geringsten Troßbuben, zum Gespött und Gelächter diente.

Es war denn gar nicht in dem Charakter eines solchen Römers, bei einem Juden, dem Wundermann des geringen Volks, Hülfe und Rat zu suchen. Wenn seine Feldärzte keinen Rat wußten; so war kein Rat in der Welt, und der arme gichtbrüchige Knecht konnte verzagen und sterben. Er taugte so im Felde nicht mehr.

Wäre nun der Hauptmann zu Kapernaum ein so gesinnter Hauptmann gewesen; so hätte er nicht geglaubt und nicht glauben können.

Wie lauten denn bei ihm die Worte? – »Ich bin einMensch, dazu der Obrigkeit untertan.« – Er verachtete die Überwundenen nicht, er »hatte das Volk der Juden lieb«; hatte ihnen sogar, nach dem Lukas, ihre Schule erbauet. Und als sein Knecht zu Hause lag und gichtbrüchig war und »große Qual hatte«; konnte er ihn ohne Hülfe nicht lassen, und schämte sich nicht, sie, wo sie war, zu suchen; ging selbst zu dem jüdischen Wundertäter in den Flecken vor allen Leuten, und erkannte ihn an, und bat ihn um Hülfe – und bekümmerte sich nicht darum, was die Honoratiores und die andern Offiziers dazu sagen und denken würden: »Herr, mein Knecht lieget zu Hause, und ist gichtbrüchig und hat große Qual.«

Vermutlich dachte er, Christus würde, wie mehrmals geschehen war, durch ein Allmachtswort auf der Stelle helfen, und ihm sagen: Gehe hin, dein Knecht lebet. Und das war alles, was er dem Wundertäter zumuten, und von ihm annehmen konnte. Als aber Christus zu ihm sprach: »Ich will kommen und ihn gesund machen« – das verdiente er nicht, das war zu viel für einen Mann wie er: »Herr, ich bin nicht wert, daß du unter mein Dach gehest, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.«

Man sieht hier keine Spur, daß dieser Hauptmann sondre Einsicht und Wissenschaft hatte, mehr als andre; aber er hatte nicht, was andern im Wege ist.

Stolz, Selbstsucht, Eigendünkel sind dem Glauben zuwider; [667] er kann nicht hinein, weil das Faß schon voll ist. Wer sich selbst erhöhet, sagt die Heilige Schrift, der wird erniedriget werden; wer aber sich selbst erniedriget, der wird erhöhet werden.

Dasselbe, wie nämlich ein demütiger, nach Gott dürstender Sinn dem Glauben offenstehe und ihn an sich ziehe, lehret und prediget noch handgreiflicher die schöne Geschichte, Act. 10, von dem Hauptmann Cornelius, die wir uns aufsparen wollen, wenn ich zu Dir komme.

Und dasselbe bestätiget auch die Geschichte des Kananäischen Weibes.

Ihre »Tochter war vom Teufel übel geplaget«, und als unser Herr Christus in die Gegend Tyri und Sidon kam, ging sie aus derselbigen Grenze, und schriee ihm nach, und sprach: »Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich mein«, und hörte nicht auf, hinter ihm her zu schreien.

– »Und er antwortete ihr kein Wort.« –

Schon das hätte ihr hart scheinen können. Sie hatte von Christus gehört, daß er helfen könne, und oft geholfen hatte; sie war ihm voll Hoffnung und Vertrauen über die Grenze nachgegangen, und hatte ihn herzlich gebeten – und was sie bat, war nichts Unbilliges etc.

Manche Mutter wäre hier vielleicht irre und kalt geworden; aber das Kananäische Weib wird nicht irre und kalt. Sie bleibt fest und unbeweglich in ihremGlauben: er kann helfen, und er wird helfen.

Bisher hatte sie ihm nur von ferne nachgeschrieen; nun kam sie und fiel vor ihm nieder, und sprach: »Herr, hilf mir!«

– »Herr, hilf mir!« – Man kann diesen Schrei eines zerrissenen Mutterherzens nicht ungerührt und ohne Teilnahme hören, und erwartet aus dem holdseligen Munde Christi ein gütiges und erfreuliches Wort für sie.

Aber er antwortete und sprach: »Es ist nicht fein, daß man den Kindern das Brot nehme, und werfe es für die Hunde.«

Wer je in Not und Verlegenheit war, und in der Angst an jemand, zu dem er Vertrauen hatte, eine Bitte wagte, und abschlägige Antwort erhielt, der weiß, wie eine solche Antwort tut, wenn sie auch mit Glimpf und guter Wendung gegeben wird.

Wenn man aber, bei der Gelegenheit, noch Unangenehmes und Hartes hören muß; das schmerzt und verwundet tief, und hört sich nicht gelassen an. Hält man auch äußerlich die Empfindlichkeit [668] zurück; so fühlt man sich doch in sich unwillig, niedergeschlagen und beleidigt. Auch der natürlich gutgesinnte Mensch kann nicht anders. Die Natur nimmt übel.

Bei dem Kananäischen Weibe nichts von alledem. Ihr Herz ist gediegen und fix, und die flüchtige Natur und Empfindlichkeit ist abe.

Sie hört den Mann Gottes, den sie so herzlich gebeten hatte, die harten Worte aussprechen, und wird nicht beleidigt. Sie hatte geglaubt, daß ein solcher Mann für alle Menschen sei, und daß alle, die in Not sind und Hülfe brauchen, gleiches Recht an und zu ihm hätten. Nun das aber nicht ist, nun sie hört, daß die Juden die Kinder sind, und ihnen das Brot gehört; tritt sie gleich zurück. Sie kann denn kein Brot verlangen, verlangt auch kein Brot.

»Aber doch essen die Hündlein von den Brosamen, die von ihrer Herren Tische fallen.« –

Da antwortete Jesus und sprach: »O Weib, deinGlaube ist groß; dir geschehe, wie du willt.«

Und, Andres, es geschieht gewiß einem jedweden, wie er will, wenn er so gesinnt ist, und wenn er soglaubt.

»Wer zweifelt«, sagt Jakobus, »der ist gleich, wie die Meereswoge, die vom Winde getrieben und gewebet wird. Solcher Mensch denke nicht, daß er etwas von dem Herrn empfangen werde.«

Ein solcher war Petrus. Der vertraute gleich den Worten Christi, und glaubte, und »ging auf dem Wasser, daß er zu Jesu käme«. Als er aber den starken Wind sahe, erschrak er, und hub an zu sinken. Jesus aber ergriff ihn, und sprach zu ihm: »O du Kleingläubiger, warum zweifeltest du.«

Du wunderst Dich, Andres, daß solche Erfahrungen so selten sind, und daß so wenig Glauben in der Welt ist! – Du besinnst Dich nicht, sonst würdest Du Dich nicht wundern.

Christus sagte, was nicht oft genug wiederholet werden kann, zu den Pharisäern: »Wie könnet ihrglauben, die ihr Ehre voneinander nehmet, und die Ehre, die von Gott allein ist, suchet ihr nicht.«

Wenn man das bedenkt, und dann aufrichtig in seinen eignen Busen greifet, und um sich her das Wesen und Treiben unter Gelehrten und Ungelehrten ansieht; wenn man bedenkt, wie, nach dem Beispiel der Hauptmänner von Kapernaum und Cäsarien, und des Kananäischen Weibes, der Mensch gesinnt sein [669] muß, um glauben zu können; so weiß man, woran man ist, und wundert sich nicht mehr.

Auch kann hin und wieder etwas der Art geschehen, ohne daß es bekannt wird. Denn der Glaube ist nicht laut. Er spricht bei sich selbst »möchte ich nur sein Kleid anrühren etc.«, und »tritt von hinten zu ihm«. Und, wenn er gesund worden ist; so ist ihm das heilig, und er mag es sich selbst kaum gestehen. –

Was Du über die ersten Christen, die von dem Nero, um ihres Bekenntnisses willen, gemartert und getötet wurden, und über uns, wenn wir in jenen Zeiten gelebt hätten usw. am Ende Deines Briefes schreibst, Andres, das hat mich recht gerührt. – Du lieber, herziger, bescheidener Andres!

Aber Du irrest Dich über Dich selbst. Deine Ergebung, Dein Beten für den Nero, und Deinen Widerwillen gegen alle Selbstgewalt, wenn sie auch in Deiner Macht wäre, gebe ich Dir gerne zu. Aber Deine Zaghaftigkeit, wenn die Reihe an Dich gekommen wäre, kann ich Dir nicht zugeben.

Freilich man denkt nicht immer gleich, und ist einem an Ort und Stelle anders zumut als auf seiner Stuben; und darum muß man auch nicht in jenen Zeiten gelebt haben wollen. Aber, wenn wir damals gelebt hätten; Du wärest nicht gelaufen, das weiß ich; und Du hättest Dein Leben nicht teuer geachtet.

Wer über diese Welt hinaussieht, und sich der andern bewußt ist, der vergilt nicht Böses mit Bösem, und trotzt nicht; aber er fürchtet auch nicht, und erschrickt nicht. – Können sie doch nur den Leib töten, und mögen die Seele nicht töten! Und was ist denn der Leib und das Leben, wenn von Christus die Rede ist.

Nein, Andres, Du wärest nicht gelaufen. Du hättest vor dem Nero das gute Bekenntnis unverhohlen bezeuget, und Deinen Kopf hingehalten.

Und wenn ich den hätte fallen sehen – ich stehe für nichts; wer wird sich vermessen. Aber, mich dünkt, ich hätte mein Halstuch gelöst, und dem Nero gesagt: hast du denn nur einen Segen, Tyrann; segne mich doch auch.

Ade, lieber Andres; und schreibe bald wieder.

[670]

Der Philosoph und die Sonne

DER PHILOSOPH:
Du edler Stern am hohen Himmelszelt,
Du Herr und König deiner Brüder!
Du bist so gut gesinnt – du wärmest uns die Welt,
Und schmückst mit Blumen uns das Feld,
Und machst den Bäumen Laub, den Vögeln bunt Gefieder;
Du machst uns Gold, das Wunderding der Welt,
Und Diamant, und seine Brüder;
Kömmst alle Morgen fröhlich wieder,
Und schüttest immer Strahlen nieder –
Sprich edler Stern am hohen Himmelszelt,
Wie wachsen dir die Strahlen wieder?
Wie wärmest du? Wie schmückst du Wald und Feld?
Wie machst du doch in aller Welt
Dem Diamant sein Licht, dem Pfau sein schön Gefieder?
Wie machst du Gold?
Sprich liebe Sonn, ich wüßt es gern.

DIE SONNE:
Weiß ich's? Geh, frage meinen Herrn.

Brief

des Pythagoreers Lysias an den Hipparchus


(Aus dem Griechischen)


Ich habe nimmermehr gedacht, daß, nachdem Pythagoras die Welt verlassen hat, das Häuflein seiner Schüler sich trennen und auseinandergeraten würde. Da wir aber, wider Vermuten, wie von einem reichbeladenen Schiff, das auf dem wilden Meer verunglückt, einer hier –, der andre dorthin, zerstreuet worden sind; so ist es mir heilig, seiner hohen göttlichen Lehren eingedenk zu sein, und keinesweges die Schätze der Weisheit da gemein zu machen, wo man auch nicht im Schlaf daran gedacht hat, das Herz zu reinigen. Denn es ist nicht erlaubt, das, was mit so vieler Mühe und Arbeit erworben worden ist, dem ersten dem besten preiszugeben, noch die Geheimnisse der Eleusinischen Göttinnen den Profanen zu verraten. Die das tun, die handeln, einer wie der andre, wider Recht und Gewissen.

[671] Uns gebührt zu bedenken, wie lange uns die Zeit geworden, und wie sauer wir uns haben werden lassen, das in unsern Herzen heimlich wachsende Unkraut auszureuten, bis wir, nach fünf vollbrachten Probejahren, fähig wurden, an seinen Lehren teilzunehmen. Wie ein Färber die Zeuge, die er färben will, vorher beizet, daß sie die Grundfarbe tief annehmen und nie wieder fahrenlassen; ebenso vorbereitete der göttliche Mann die Liebhaber der Philosophie, damit bei keinem unter denen, die er brav und gut zu machen hoffte, seine Lehre an einen unwürdigen Mann käme. Denn er trieb keine eitle Lehre und falschberühmte Kunst, damit viele Sophisten die Gemüter der jungen Leute verwirren, ohne ihnen irgend etwas Wahres zu geben; sondern er hatte die Kundschaft göttlicher und menschlicher Dinge, und er äußerte sich darüber. Diese Äußerungen mißbrauchten die Sophisten, und sprachen ihren Zuhörern von hohen und wundervollen Sachen, die denn natürlich veranlaßten, daß ihnen der Kopf verrückt und sie eingebildet und aufgeblasen wurden; denn hier fiel ein heiliger Same auf einen unheiligen verderbten Boden. Wenn man in einen tiefen schlammichten Brunnen reines klares Wasser schüttet; so wird der Schlamm aufgerührt, und das reine Wasser wird getrübt und verunreiniget; ebenso geschieht es bei diesen Lehrern und Schülern. Die Dornen und Disteln in Herz und Sinn der Menschen, die nicht gehörig geweihet und gereiniget worden sind, ersticken in ihnen alles Edle, Gutartige und Geistige, das dem Anschein nach gefördert worden. Diese Dornen und Disteln aber sind mancherlei böse Neigungen und Unarten, die in ihnen die Überhand gewonnen haben, und die Vernunft hindern und nicht zu Wort kommen lassen. Man muß also den Wald, darin sich diese wilde Ungeheuer aufhalten, mit Feuer und Schwert und aller Weise vertilgen und ausrotten, die Vernunft von diesen Tyrannen befreien, und dann etwas Gutes und Großes hineintun.

Was Du mit Lust und Liebe gelernet hast, edler Hipparchus, das hast Du nicht befolgt, da Du die sizilianischen Leckerbissen wieder gekostet hast, die Du nicht wieder hättest kosten sollen. Man sagt auch, daß Du vor jedermann Philosophie lehrest, welches Pythagoras nicht tat und nicht getan haben wollte. Er hat seiner Tochter Damo seine Lehren der Weisheit übergeben, mit dem Befehl: sie niemand außer dem Hause mitzuteilen; und sie hat es auch, ob ihr gleich große Schätze geboten wurden, [672] nicht gewollt, und Armut und ihres Vaters Befehl teurer gehalten, als Gold und alle Schätze. Auch soll sie, bei ihrem Tode, ihrer Tochter Bistalia denselben Befehl gegeben haben.

Wollen denn wir, die wir Männer sind, gewissenlos gegen unsern Lehrer handeln, und Verräter an unserm Bunde werden?

Darum, wenn Du Dich besinnest und umkehrest; so will ich mich freuen. Wo aber nicht; so bist Du für mich gestorben.

Klage

(Aus dem Jahr 1793)


Sie dünkten sich die Herren aller Herrn,
Zertraten alle Ordnung, Sitt und Weise,
Und gingen übermütig neue Gleise
Von aller wahren Weisheit fern,
Und trieben ohne Glück und Stern
Im Dunkeln hin, nach ihres Herzens Gelüste,
Und machten elend nah und fern.
Sie mordeten den König, ihren Herrn,
Sie morden sich einander, morden gern,
Und tanzen um das Blutgerüste.

Der Chor

Erbarm dich ihrer!
Sie wollten ohne Gott sein, ohn ihn leben
In ihrem tollen Sinn;
Und sind nun auch dahingegeben,
Zu leben ohne ihn.
Der Keim des Lichtes und der Liebe,
Den Gott in unsre Brust gelegt,
Der seines Wesens Stempel trägt,
Und sich in allen Menschen regt,
Und der, wenn man ihn hegt und pflegt,
Zu unserm Glücke freier schlägt,
Als ob er aus dem Grabe sich erhübe –
Der Keim des Lichtes und der Liebe
Der ist in ihnen stumm und tot;
Sie haben alles Große, alles Gute Spott.
[673]
Sie beten Unsinn an, und tun dem Teufel Ehre,
Und stellen Greuel auf Altäre.

Der Chor

Erbarm dich ihrer!

Sprüche des Pythagoreers Demophilus

(Aus dem Griechischen)


Hab immer in Gedanken, daß, wo auch dein Körper und deine Seele etwas vorhat und tut, Gott dich sehe und zugegen sei.


Gaben und Opfer ehren Gott nicht, und Tempelschmuck schmückt ihn nicht. Aber eine göttliche Gesinnung vereiniget uns innig mit ihm; denn gleich und gleich gesellet sich gerne.


Der Mensch, der nackt und bloß in diese Welt hergeschickt worden ist, muß den, der ihn hergeschickt hat, nackt und bloß anrufen; denn Gott erhöret den stattlich Bekleideten nicht.


Ein geschwätziger eitler Mensch, der am Altar betet und opfert, entweihet den Altar. Der Weise allein ist ein Priester; der allein ist Gott angenehm, und der allein versteht zu beten und zu opfern.


Weisheit ist das Licht, das die Seele erleuchtet, wenn sie von dem schädlichen Einfluß des Körpers frei geworden ist.


Urteile von einem Menschen lieber nach seinen Handlungen, als nach seinen Worten; denn viele handeln schlecht, und sprechen vortrefflich.


Tue was du für recht hältst, wenn du auch deswegen nicht öffentlich gelobt würdest; denn die Welt ist ein schlechter Richter über gute Taten.


Vor Menschen von verderbten Grundsätzen von Gott reden, ist mißlich; denn du kannst ihnen nicht ohne Gefahr sagen, was die Wahrheit, noch was nicht Wahrheit ist.


Preise nicht leicht einen Menschen glücklich, der sich auf Freunde, Kinder oder überhaupt auf ein Gut stützet, das einstweilen glücklich macht; denn alle diese Dinge sind unsicher [674] und unbeständig. Aber sich auf sich selbst und auf Gott stützen, das ist sicher und beständig.


Der ist ein wahrhaft kluger und bedachtsamer Mensch, der es sich so sauer um seine Seele werden läßt, als andre es sich um ihren Körper werden lassen.


Der Besitz der wahrhaftigen Güter wird ohne Schweiß des Angesichts nicht erworben.


Das halte sonderlich für ein wahres Gut, das, wenn du es andern mitteilest, für dich nicht ab-, sondern zunimmt.


Sei gewiß, daß nichts dein Eigentum sei, was du nicht inwendig in dir hast.


Niemand ist frei, der nicht über sich selbst Herr ist.


Da wir aus Gott entsprungen sind und abstammen, so lasset uns fest an unsre Wurzel kleben und halten; denn des Wassers Bäche und die Gewächse der Erde vertrocknen und verderben, wenn sie von ihrer Wurzel getrennt werden.


Es ist unmöglich, daß einer und derselbe Mensch dieser Welt und zugleich Gott diene.

Osterlied

Melodie: Lobt Gott ihr Christen allzugleich etc.


Das Grab ist leer, das Grab ist leer!
Erstanden ist der Held!
Das Leben ist des Todes Herr,
Gerettet ist die Welt!
Gerettet ist die Welt!
Die Schriftgelehrten hatten's Müh,
Und wollten Weise sein;
Sie hüteten das Grab, und sie
Versiegelten den Stein,
Versiegelten den Stein.
Doch ihre Weisheit, ihre List
Zu Spott und Schande ward;
[675]
Denn Gottes Weisheit höher ist,
Und einer andern Art,
Und einer andern Art.
Sie kannten nicht den Weg, den Gott
In seinen Werken geht;
Und daß nach Marter und nach Tod
Das Leben aufersteht,
Das Leben aufersteht.
Gott gab der Welt, wie Moses lehrt,
Im Paradies sein Wort;
Und seitdem ging es ungestört
Im stillen heimlich fort.
Im stillen heimlich fort.
Bis daß die Zeit erfüllet war
– Die Himmel feirten schon –
Da kam's zutage, da gebar
Die Jungfrau ihren Sohn,
Die Jungfrau ihren Sohn,
Den Seligmacher – –. Hoch und hehr,
Und Gottes Wesens voll
Ging er in Knechtsgestalt einher,
Tat Wunder und tat wohl,
Tat Wunder und tat wohl;
Und ward verachtet und verkannt,
Gemartert und verklagt,
Und starb am Kreuz durch Menschenhand;
Wie er vorhergesagt,
Wie er vorhergesagt;
Und ward begraben, und beweint,
Als sei er tot, allein
Er lebt, nun Gott und Mensch vereint,
Und alle Macht ist sein,
Und alle Macht ist sein.
Halleluja! das Grab ist leer!
Gerettet ist die Welt,
[676]
Das Leben ist des Todes Herr!
Erstanden ist der Held!
Erstanden ist der Held.

Vom Gewissen

In Briefen an Andres

Erster Brief

Ja wohl, lieber Andres, ist mir Deine Korrespondenz über das Gewissen willkommen. Ich wechsle gern Wort mit Dir, und am liebsten über Dinge, die Freund und Feind angehen.

Schreibe nur oft und viel, und ich will Dir antworten so gut ich kann.

Wenn wir auch über diese Materie nicht viel Neues schreiben und antworten können; so kommt doch das Alte, was wir und alle Menschen davon wissen, bei der Gelegenheit in Umlauf und Bewegung. Und das kann für uns nicht ohne Nutzen abgehen.

Natürlich werden bei dieser Korrespondenz Fälle vorkommen, wo nicht gehehlt werden kann, und des Herzens Grund an Tag muß. Doch Du kennst bei mir schon Hausgelegenheit, und ich will mich nicht schämen, Dich die zerbrochenen Töpfe wieder sehen zu lassen.

Ich erwarte denn Deine Briefe.

Zweiter Brief

Freilich gehört wohl das Wort Gewissen in die Klasse der Worte, von denen unser Freund »Pascal« sagt, daß ein jeder ihre Bedeutung von Natur wisse, und durch Erklärung auch nicht mehr davon erfahren könne. Indes kann doch eins und anders zur Erklärung versucht werden.

Alles Gewissen ist Bewußtsein; aber alles Bewußtsein ist noch nicht Gewissen. Es gibt kein Gewissen ohne den Baum des Erkenntnis Gutes und Böses. So kann man von einem Engel des Himmels nicht sagen, daß er Gewissen habe; denn er kennt nur ein Gesetz, das Gesetz des Guten. Selbst von Gott kann man es nicht sagen. Gott kennt zwar das Böse; aber es besteht nicht vor ihm, und er hat eine Wagenburg um sich her, [677] dadurch es in Schranken gehalten, und alle Gemeinschaft mit ihm abgeschnitten wird.

Nur der Mensch hat zwei Gesetze in sich, eins, wie Paulus sagt, »im Gemüt«, und eins »in den Gliedern«; das eine: der inwendige Mensch, oder das verständige Gesetz, das in sich unbeweglich ist, und »Lust hat an dem Unbeweglichen, dem Unsichtbaren, dem Unvergänglichen«; und das andre: das sinnliche Gesetz, das in sich beweglich ist, und dem Beweglichen, dem Sichtbaren, dem Vergänglichen anhangt, und »nichts vernimmt vom Geiste Gottes«.

Wie Feuer und Wasser, solange sie in ihrer Natur bleiben, unverträglich sind; so sind es diese zwei Gesetze im Menschen. Und darum ist der Mensch, vom Weibe geboren, innerlich im Streit, und ist kein Friede in seinen Gebeinen; denn er soll Herr sein des sinnlichen Gesetzes, und nicht Knecht; und er weiß, wie ihm zumute ist.

Das Bewußtsein dieser Knechtschaft ist böses Gewissen überhaupt. Gutes Gewissen ist Bewußtsein dieser Nicht-Knechtschaft, und liegt in der Mitte zwischen bösem Gewissen, und der Freiheit, oder der Herstellung des Menschen.

Doch dies alles sind nur Worte, und der Menschfühlt am besten, was Gewissen ist. Wenn er es nicht fühlt, desto schlimmer für ihn. Zu seiner Zeit hat das Gewissen notwendig in ihm gestammelt, und war es in seiner Gewalt, ihm die Zunge zu lösen oder zu lähmen. Denn wenn ein Mensch auf die Bewegungen seiner bessern Natur nicht achtet, oder wenn er der geringern die volle Gewalt läßt; so spricht das Gewissen nach und nach leiser, und schweigt endlich gar. Doch schweigt es nur, und wacht einmal plötzlich und schrecklich wieder auf.

Im Herbst ist die Witterung unruhig, im Winter ist sie ruhiger, wann nämlich und weil nun die Kälte ein mal die Oberhand über die Wärme erhalten hat. Aber die Wärme ist keinesweges vernichtet; sie schläft nur, und stößt, wenn sie plötzlich von der Sonne geweckt wird, die Kälte desto gewaltsamer von sich. Der Bösewicht kann seinem Schicksal nicht entgehen. Das Gewissen hängt an seinem Wesen, und folgt ihm aus einer Welt in die andre. Und bis es erwacht, ahndet und nagt ihn immer was ihm bevorsteht.

Cromwell und seine Gefährten schäkerten über den Königsmord, und machten einander, beim Unterschreiben des Todesurteils, schwarze Bärte. Aber ihn ahndete doch in der Folge [678] nichts Gutes: er schlief zuletzt keine zwei Nächte hintereinander in demselben Bette und Zimmer; und wir sind nicht dabeigewesen, als ihm jenseits widerfuhr, was ihm diesseits ahndete.

Die Heilige Schrift lehrt und bestätigt auch das plötzliche und schreckliche Erwachen eines bösen Gewissens. Aber wie sie überhaupt unterrichtet, nicht sowohl durch Lehrsätze, als durch Geschichte und Fakta, die kräftiger wirken und mehr zu Herzen gehen; so auch hier. Nimm nur gleich, was sie vom Judas, dem Verräter, erzählt, als ihm über das, was er getan hatte, die Augen aufgingen. Er lief in der Angst seines Herzens umher, suchte Trost im Tempel, gestand und bekannte den Hohenpriestern und Ältesten, daß er unschuldig Blut verraten habe, brachte ihnen die Silberlinge wieder, und warf sie, als die Buben sie nicht annehmen wollten, von sich hin in den Tempel, um ihrer nur los zu sein, ob ihm das vielleicht Linderung schaffen könnte. Aber es schaffte ihm keine, und er verließ den Tempel ebenso trostlos wieder, und ging wieder hin wo er hergekommen war. – Und als er nirgends Trost fand, und sich nicht länger ertragen konnte; griff er zum Strick, und erhenkte sich.

Und er ist mitten entzweigeborsten, und alle seine Eingeweide ausgeschüttet; ob vielleicht die nun in ihm eingeschlossene Angst ihm den Leib gesprengt hat, oder eine andre und gewöhnliche Ursache. Denn die Evangelisten erzählen in ihrer Geschichte diesen Vorgang nicht, und Petrus führt ihn nur kurz und beiläufig an.

Dritter Brief

Du hast recht, Andres, die Frage: wie ein gutes Gewissen möglich sei, ist so leicht nicht beantwortet; und je länger man darüber nachdenkt, desto schwerer und schwieriger wird das Antworten.

Mancher spricht von einem guten Gewissen, wenn er sich keiner Schand- und Freveltat bewußt ist. Aber das gute Gewissen hängt nicht sowohl mit einzelnen Handlungen, als mit der ganzen inwendigen Gestalt und Verfassung des Menschen zusammen.

Adam war zum Bild Gottes erschaffen, und sein Gesetz war: Gott anzuhangen, und ihn über alles zu fürchten, zu lieben und [679] zu vertrauen. Als er seineFreiheit mißbrauchte, und etwas anderm mehr anhing und vertraute, ward er dem sinnlichen Gesetz unterworfen. – Und »er zeugte Söhne und Töchter, die seinem Bilde ähnlich waren«.

In dieser Verfassung des Menschen aber, wo er nämlich dem sinnlichen Gesetz unterworfen und untenan ist, in dieser Verfassung ist ein jeder Akt, in Gedanken, Worten und Werken, dem bessern Gesetz in ihm zuwider und entgegen; und macht also böses Gewissen. Wie ist denn ein gutes möglich, und wie kann es bei ihm statthaben?

Vierter Brief

Allerdings! »Es ist nichts Verdammliches an denen, die nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist.«

Aber so wandeln nur, und so können nur die wandeln, die, wie Paulus sagt, »der lebendige Geist inChristo Jesu frei gemacht hat von dem Gesetz der Sünde und des Todes«, die also wirklich hergestellt sind.

Dahin kann der Mensch kommen; und dazu ist er auf Erden. –

Aber dahin kommen wenige!

Die Menschen bekümmern sich nicht immer um das bessere Gesetz, und auch die sich darum bekümmern, und sich angelegen sein lassen, durch den Geist des Fleisches Geschäfte zu töten, auch die sind nicht los von dem Gesetz der Sünde und des Todes, und sind nicht geistlich gesinnt.

Man glaubt wohl in gewissen Augenblicken geistlich gesinnt zu sein, und nur das Unsichtbare liebzuhaben; aber die Täuschung währt nicht lange, und man wird bald wieder inne, daß man eigentlich das Sichtbare und Zeitliche meine.

Wie denn Rat zu einem guten Gewissen? – Andres, für die Gesunden und Starken ist kein Rat, denn die Gerechtigkeit Gottes ist unerbittlich. Aber für die Kranken.

Moses, nachdem er »Himmel und Erde über das Volk zu Zeugen gerufen und ihnen geweissaget hatte, wie sie, wenn sie des Herrn vergäßen, unter die Völker zerstreuet werden, ein geringer Pöbel unter den Heiden sein und den Göttern dienen würden, die Menschen-Händewerk sind, Holz und Stein, die weder sehen noch hören«; fährt so fort: »Wenn du aber daselbst den Herrn, deinen Gott, suchen wirst; so wirst du ihn finden, [680] wo du ihn wirst von ganzem Herzen und von ganzer Seele suchen. – Denn der Herr, dein Gott, ist barmherzig, und wird dich nicht lassen noch verderben.«

Als Adam gefallen war, und »sich mit seinem Weibe vor dem Angesichte Gottes, des Herrn, unter die Bäume im Garten versteckte«; ließ Gott sich seine Furcht und Reue rühren, und versprach ihm, in seinem Verfall, den Helfer, der ihn herstellen sollte.

Als »der verlorne Sohn in sich schlug, und sich aufmachte zu seinem Vater zu gehen; sahe ihn der Vater, als er noch ferne war, jammerte ihn, lief, fiel ihm um den Hals, und küssete ihn«.

Sieh, Andres, da, und da allein öffnet sich Aussicht zu einem guten Gewissen für uns, und für alle, die noch nicht hergestellet, sondern nur auf dem Wege zur Herstellung begriffen sind.

Der Sklave kann sich seiner Kette nicht ledigen; aber er kann unter der Kette in sich schlagen, und zum Vater gehen wollen.

Nur das ernstliche In-sich-Schlagen, das Aufrichtig-zum-Vater-gehen-Wollen, steht dem Menschen nicht so zu Gebot. Joh. 6, 44.

Dieser reine Sinn liegt im Herzen eines jedweden Menschen; und das Bewegliche kann durch dasUnbewegliche überwunden und getötet werden; aber der Brunn ist tief, und das Schöpfen ist kein leichtes und geringes Werk.

Indes konnte der Mensch in einer für ihn so wichtigen Angelegenheit nicht untätig bleiben. Sein Wesen trieb ihn unwiderstehlich, sich nach Hülfe umzusehen und umzutun.

Religion allein weiß hier von Hülfe. Und da alle Religionen von einer abstammen, mittelbar oder unmittelbar, mehr oder weniger verstellt; so ist es kein Wunder, daß in diesem Felde alle Tätigkeit der Menschen sich auf Religion bezieht, und alle ihre Einrichtungen und Anstalten in diesem Stück religiösen Charakter, fast durchgehends, an sich haben. Zeno und seine Schule möchten etwa eine Ausnahme machen; denn Pythagoras hatte auch in religiösen Quellen geschöpft.

Doch, wie dem sei, die Menschen konnten in einer für sie so wichtigen Angelegenheit nicht untätig bleiben. Und zwar bedurfte es hier vorderhand keiner gelehrten und tiefsinnigen Anleitung. Ein jedweder fühlte offenbar in sich, daß »die fleischlichen Lüste wider die Seele streiten«, daß das sinnliche Gesetz dem verständigen Gesetz in ihm widerstehe. Auch dachte und [681] hoffte er vielleicht, daß durch Schwächung des Widerstandes die Kraft sich heben, und jener reine Sinn zum Vorschein kommen würde, und griff zum Werk.

Und so wurden und waren denn je und immer Gymnosophisten, Jammabos, Stoiker, Mönche, Eremiten, Aszeten, Therapeuten, Styliten usw. Der Weg von innen heraus war nicht bekannt, und so suchte der Mensch von außen hinein, und versuchte seine Kräfte.

Es ist sehr interessant, die Geschichte dieser Versuche, die zu allen Zeiten und unter allen Völkern gemacht worden sind, zu studieren; zu sehen, wie die Menschen auf so mancherlei Weise am Schloß gedrückt und gekehrt haben, bald mit mehr Besonnenheit und Überlegung, bald mit weniger; aber doch immer in einer Angelegenheit, die uns näher angeht, als manche Dinge, die hoch und weit berühmt sind. Und ich erkenne Dich ganz, Andres, daß Du Dich nicht irren läßt, und Ernst dem Kurzweil vorziehst.

Sprich denn immer mit mir von diesen Dingen. Ich bin auch nicht aufgeklärt, und suchte auch lieber die Wahrheit in Wüsten und Einöden, als bei den Sophisten. Ich höre auch gerne die Jammabos auf dem Fusi und Fikoosan in der Einsamkeit klingeln; menschliche Stärke und menschliche Schwäche sind immer rührend und lehrreich. Ich will Dir denn folgen, wie Du in Deinen Briefen vorangehst.

Deine Erfahrung, daß ein Entschluß, der Dir sonst Mühe machte, Dir nach einem Besuche im Krankenhause leicht geworden, ist sehr richtig und wahr. Es geht ändern Leuten auch so; und darum suchen ernsthafte Gemüter oft, und sonderlich wenn sie mit einer Neigung nicht fertig werden können, solche und ähnliche Eindrücke; und darum sagt die Heilige Schrift, daß es besser sei, ins Klag-Haus als ins Lach-Haus zu gehen. Man weiß freilich wohl, daß die Welt ein Jammertal, und daß darin des Leidens aller Art kein Ende ist; aber der sinnliche Eindruck wirkt gar anders, und macht eine Überzeugung, die man vorher nicht kannte. Wie denn überhaupt unsre Einsichten und Begriffe allererst eigentliche Einsichten und Begriffe werden, wenn die eigne Erfahrung hinzukommt.

Was Du bei dem Vor- und Fortrücken in dem Kampf gegen sich selbst vorschlägst, ist nicht für die Anfänger. Die haben vorderhand zu arbeiten, daß sie sich nur zum Stehen bringen, und das Geringere das Bessere nicht mit sich fortreiße. Denn [682] wie die Eva, als sie sich mit der Schlange in ein Pro und Contra einließ, verloren war, und wie alle Menschen, wenn sie sich mit Fleisch und Blut einlassen und besprechen, so gut als verloren sind; so ist auf der andern Seite viel für sie gewonnen, wenn sie nur ihresinnliche Natur in kritischen Augenblicken anhalten können und zum Stehen bringen, um mit der bessern Natur in Unterhaltung zu treten.

Ich besinne mich bei der Gelegenheit eines Griffs, den Du mir vor Jahren empfohlen hast: – Wenn man von jemand etwas haben, ihn zu etwas bereden will; so verdirbt man oft die Sache, wenn man ihm geradezu und mit Gewalt auf den Leib rückt. Die ganze Natur widersteht dem Druck, und bäumt sich dagegen. So bäumt sich der Mensch auch gegen Gewalt, und es gelingt oft viel leichter und besser, wenn man ihm von der Seite kömmt, ihn mit Glimpf, guter Wendung, Vertröstung etc. umgeht. – Dies, meintest Du, sollte man auch bei sich selbst anwenden. Und es tut in gewissen Fällen wirklich gute Dienste, sonderlich dem augenblicklichen Ausbruch zu wehren, auch böse Gewohnheiten abzulegen etc. Gründlich heilen tut es freilich nicht; aber es kann als ein Opiat dienen, bis die Kräfte sich gesammlet haben. – Nun zu Deinem Briefe von gestern.

Du scheinst ein großer Freund der vorläufigen Maßregeln zu sein, und nimmst die Leute in Deinen besondern Schutz, die alle Vorfälle im Leben, die kommen könnten, sorgfältig berechnen, und sich einen umständlichen Plan machen: wie sie sich in jedem vorkommenden Fall benehmen, und was sie tun und lassen wollen.

Ich kann Dir das nicht tadeln. Der sinnliche Eindruck, sonderlich wenn er unerwartet und unvorhergesehen kömmt, ist sehr gefährlich; und es ist löblich und wohlgetan, sich darauf zu rüsten, und einen Plan zu machen. Aber ausgerichtet ist es damit nicht. Ein solcher Plan wird zu Hause und fern vom Feinde gemacht, wo die Ausführung nicht so schwer dünkt. Aber im Felde und vor dem Feind ist es anders. Da wird der Plan verrückt, und das macht mißmutig, und weil es wieder und wieder kömmt, zuletzt niedergeschlagen, und scheu vor Gott. Und das ist mißlich, und kann von ihm entfernen.

Du meinst zwar, man sollte die Saiten nicht gleich zu hoch spannen, und mit dem, was man bestreiten kann, anfangen, und nach und nach steigen. Das ist nun wohl sehr wahr; aber bei vielen ist das Nach undNach nicht angebracht, und Minerva, [683] als sie den Telemachus von der Kalypso losmachen wollte, machte es anders, und stürzte ihn von dem Felsen ins Meer.

So haben auch die gedacht, die über ihren sinnlichen Menschen den Stab gebrochen, und allem sinnlichen Genuß auf immer entsagt haben. Dem und jenem Genuß entsagt man wohl, wenn die Tür zu andern offen bleibt, oder wenigstens eine Zeit bestimmt ist; aber allem und auf immer, das kann nicht ein jeder.

Es ist zwar der Welt Sitte, diese Leute und überhaupt alle Ordenstifter und Ordensbrüder kurz und gut zu verachten und zu verdammen, und sie der Schwärmerei, der Eitelkeit, des Unsinns etc. zu schuldigen. Auch ist nicht ohne, daß bei vielen von ihnen dergleichen mit eingeflossen ist, und daß Menschenkenntnis und Vorsicht bei der Aufnahme den meisten viele Mühe hätten ersparen können und ersparen sollen. Aber Leichtgläubigkeit und überspannte Erwartung an der einen Seite, und Nachgiebigkeit, Eile und Proselytensucht an der andern, sind dem Menschen natürlich. Und welche Gesellschaft, selbst die christliche von Anfang an nicht ausgenommen, hätte diese Fehler nicht gemacht, und dadurch ihren Verfall bereitet!

Wer so etwas unternimmt, und nicht einen entschiedenen Trieb in sich hat und zu erhalten weiß, der bringt notwendig sich und andre in Verlegenheit, und kann nichts anders, als Unordnung, Unfug und Unwesen daraus kommen, wie die Erfahrung auch hinlänglich gelehrt und bestätigt hat. Und hier kann es allerdings nützlich und nötig werden, daß eine weise Regierung zutrete. Denn wenn der Trieb durch die Mühen und Verleugnungen herbeigeführt und geschafft werden soll; so ist die Sache mißlich, und gerät selten. Führt aber der Trieb die Mühen und Verleugnungen herbei, daß sie also mit Lust und Liebe getan werden; so gerät es besser. Der Trieb ist's, der Hunger und Durst nach Gott; »die Werke verzehren sich unter Händen«. Dagegen liegt es am Tage, was ein solcher Hunger und Durst ausrichten und zuwege bringen kann; und was er in allen Zeiten und unter allen Völkern ausgerichtet und zuwege gebracht hat. Freilich nur selten; denn die wahren Heiligen sind die Diamanten gegen die ungeheure Menge Feldsteine.

Eigentlich soll niemand einen Orden zur Herstellung anderer Menschen stiften, als der selbst hergestellt ist, und also seine Genossen in Wahrheit fördern kann. Und von einem solchen gebührt uns nicht zu richten und zu reden.

[684] Doch wer möchte alle andre Ordenstifter gradezu verachten und verdammen. Mögen sie auch unbesonnen und überspannt zu Werk gegangen sein. Der Most gärt und braust und schäumt auch, ehe er Wein wird. Und haben denn andre Menschen, Philosophen und Nichtphilosophen, sich immer besonnen, und nimmer überspannt; oder vielmehr, haben sie sich nicht oft besonnen und umgespannt? Zwar viele, die verachten und verdammen, meinen es so böse nicht; sie sprechen nur nach, weil sie sich schämen, weniger als andre zu sein. Wer dieser Scham abgestorben ist, wer nichts ist, und nichts sein will, der gibt sich preis um Nutzens willen, ist billig und kehrt zum Besten.

Fünfter Brief

»Die Speise fördert uns freilich nicht vor Gott. Essen wir, so werden wir darum nicht besser sein; essen wir nicht, so werden wir darum nicht geringer sein.« Aber Gott gebraucht oft äußre Umstände auf bessern Weg zu bringen, und begünstigt durch Fügung solcher Umstände einen Menschen vor dem andern. Wenn nun einer, der gerne hergestellt wäre, das siehet und hört, ihm aber in dem gewöhnlichen Leben ein Tag nach dem andern hingeht, ohne daß er dem Ziel näher käme; wenn er in der Heiligen Schrift liest: daß die »Christo angehören, ihr Fleisch kreuzigen, samt den Lüsten und Begierden«; daß »wer am Leibe leidet, aufhöre von Sünden«; daß »Kreuz zu Gott führe« usw., ihm aber kein Kreuz kommen will; so war es ihm doch zu vergeben, wenn er, anstatt die Fügungen Gottes abzuwarten, selbst fügen, und Strenge gegen sich versuchen, und fasten und beten wollte.

Viele Leute, Andres, verwerfen alles Fasten; aber darum ist es noch nicht verworfen. Man verwirft gar leicht, was man nicht mag, und Mißbrauch hängt sich allenthalben an. Immer mäßig sein, sagen sie, ist besser als bisweilen fasten. Das mag wohl wahr sein. Da aber die meisten Menschen immer nicht mäßig sind, so ist es doch nicht übel, bisweilen sehen zu lassen: wer Herr im Hause ist, und zu erfahren: was sich etwa, während einer solchen Interimsregierung,Neues darin ereignet. Auch ist der Mensch oft in Gefahr und auf dem Wege, übermütig und mutwillig zu werden. Einem solchen nun ist es nötig und nützlich, irgendeinen Stein auf dem Herzen zu haben. Und, wenn der liebe Gott das Schiff nicht befrachtet; so muß man Ballast [685] einnehmen. Es segelt sich besser und sicherer. Wie oft enthält sich ein Grübler, wie Newton, um seinen Betrachtungen besser nachhängen zu können, und darin weniger gestört zu werden. Warum sollte denn ein anderer sich nicht enthalten, um seiner Betrachtungen willen, die doch auch vielleicht nicht zu verachten sind.

Im Essen oder Nichtessen kann freilich nichts liegen, das begreift sich ohne sonderlichen Aufwand von Tief- und Scharfsinn, und ein vorgeschriebener Fasttag, der halb und mit Unlust und Widerwillen gehalten wird, kann freilich keine Wunderdinge wirken. Aber die Priester und Regierungen aller Zeiten und Länder verordnen doch solche Fasttage. Und gewöhnlich, welches sonderbar genug ist, gehen strenge Fasten und Klage vor einem fröhlichen Fest vorher, wie bei den Juden die lange Nacht vor der Laubrüst, bei den Türken der Ramadan vor dem Bairam, bei den alten Syrern die Planctus und Ejulatus vor den Tripudiis am Adonisfest, usw.

Die Stifter müssen doch dazu ihre Ursachen gehabt haben; auch etwa dergleichen Tage, nach Vorschrift gehalten, nötig und nützlich gefunden, und gute Folgen davon erwartet haben. Die Heilige Schrift führt auch mehrere Exempel an, wo gute Folgen damit verbunden werden. 299 Und Christus selbst schreibt die Art und Weise, wie gefastet werden soll, umständlich vor 300, und legt dem Fasten und Beten eine besondere Kraft bei 301.

Nun konnte, um wieder auf unsre Sonderlinge zu kommen, ein Mensch allerdings auch unter Menschen Strenge gegen sich versuchen, und in seinem Hause und bei seinem Herd fasten und beten. Wenn er aber glaubte und überzeugt war, daß die Herstellung in der Einsamkeit und Entfernung von der Welt leichter sei und weniger Schwierigkeiten habe; wenn er »zuvor saß und die Kost überschlug, ob er's habe, hinauszuführen«, und denn durch Verleugnung aller Art versuchte, die geringere Natur in sich zu unterdrücken, und die bessere zu heben; so sollte man ihn doch nicht verachtet haben. Wenigstens hätte man solche Leute doch ehren sollen, als die eigentlichen Pfleger und Förderer der praktischen Psychologie, deren ernsthafte Versuche und Erfahrungen andre Resultate und andern Bescheid versprechen und geben können, als die Tischreden der Philosophen.

[686] Mangel und Entbehrung stehen überhaupt dem Menschen besser an, als Überfluß und Fülle. Je weniger der Mensch braucht, sagte Sokrates, desto näher ist er den Göttern. Und es gibt Gedanken und Empfindungen, die auf fetten Boden nicht wachsen.

Auf der andern Seite ist bei diesen Wegen, wenn sie nicht zum Ziel führen, große Gefahr, daß sie verdienstsüchtig und eingebildet machen. Die Natur will nicht umsonst arbeiten und gearbeitet haben, und das nicht allein bei den Einfältigen und Unaufgeklärten, sondern auch, und ebenso, bei den Klugen und Aufgeklärten.

Dies mag auch der Fall und Fehler bei den Stoikern gewesen sein. Ihre Gesinnungen und Taten waren kühn und trefflich, die Opfer groß, die sie auf ihren philosophischen Altar brachten; aber sie wollten das Feuer dazu mit ihrem Stahl und Stein anschlagen; sie wollten sich selbst helfen und geholfen haben, und das kann nicht gelingen.

Indes, ob sie sich gleich hierin irreten; griffen sie doch die Sache beim rechten Ende an. Sie ließen sich's doch Ernst sein, und kosten. Sie stiegen doch zu Pferde und Wagen, oder machten sich zu Fuß auf den Weg, um ins Gelobte Land zu kommen; wenn andre es sich bequemer machen, und sich, ohne von ihrem Lehnstuhl aufzustehen, hineinspekulieren wollen.

Sechster Brief

Grade das ist auch meine Meinung, Andres. Alle Wege, die zu etwas Ernsthaften führen, sind nicht gebahnt und lustig; und so gehe ein jeder den Weg, der ihm am meisten frommet. Ein jeder ist sich selbst der Nächste, und muß selbst für sich antworten, was gehen ihn andre Leute an. Darum gehe ein jeder seinen Weg, und tue was ihm am meisten frommet.

Ich für meinen Teil, Andres, ich finde meine Rechnung bei dem vorläufigen Planmachen, und der ängstlichen Geschäftigkeit nicht. Mir tut ein stiller gehaltener Wunsch die besten Dienste. Und darum mache ich über die Fälle, die kommen könnten, die Augen lieber zu, und hasse nur immer das Böse, und entsage, nach Luthers kräftiger Taufformel, dem Teufel, und allen seinen Werken, und allem seinem Wesen; um so in mir, dem Bösen überhaupt, zu wehren und Abbruch zu tun. Wenn dem großen Strom sein Wasser geschmälert wird; so vertrocknen die kleinen Bäche, die aus ihm abfließen, von selbst. [687] Und kommen denn die einzelnen Fälle; so bestehe ich sie, so gut ich kann. Und geht es denn, wie es nicht gehen sollte; so grämt mich das. Aber ich zerreiße mich nicht, und lasse fünf grade sein.

Dies ist nicht so gemeint, als ob man sich gehen lassen, und nicht streiten und widerstehen solle. Man soll freilich widerstehen, »bis aufs Blut«, sagt die Heilige Schrift. Nur man soll von sich nichts erwarten, keinen Gefallen an der Stärke seines Rosses haben, nicht stark sein wollen, und lieber »stark sein, wenn man schwach ist«.

Wer sich vollkommen und ohne Sünde glaubt, der trotzt der Wahrheit; und »die Huren und Zöllner mögen eher ins Himmelreich kommen«. Wer aber »an seine Brust schlägt und auch die Augen nicht aufheben mag gen Himmel«, der gibt ihr die Ehre, und bereitet ihr den Weg.

Demut ist der Grundstein alles Guten, und Gott bauet auf keinen andern. Wir haben gesündiget, wir sind Fleisch und Blut; das müssen wir wissen, und nicht aus dem Auge verlieren. Unsre »Untugenden scheiden uns und Gott voneinander«, und unser schwacher toter Wille kann, sich selbst gelassen, dieKluft, die dadurch zwischen Gott und uns befestiget ist, nicht durchbrechen, und Bahn zu ihm machen. Er kann nur wünschen, nur wünschen und hoffen.

Wem Gott den Willen lebendig macht, der hat's umsonst; wir andern müssen durch innerliche Tätigkeit Rat suchen, und unsern Willen stärken und üben. Denn nur im Willen ist Rat, und sonst nirgends. –

Ein jedweder hat wohl seine Art, den Willen zu stärken und zu üben. Doch ist allen Ernst und Entschlossenheit not; denn die sinnliche Natur, die bei allen im Wege steht, ist schwer zu überwinden. Ihr wachsen für einen abgehauenen Kopf drei andre wieder; und der Mensch ist ihr Freund, und redet ihr immer das Wort; und ist behende und schlau, Künste und Auswege zu finden, um sie zu retten.

Zum Exempel, wenn eine Neigung in uns aufsteht, und man es fühlt und weiß, daß diese Neigung dem bessern Gesetz in uns Gewalt tut, und daß sie mit ihm unverträglich ist; so will man sich auf diese Unverträglichkeit nicht einlassen, und sucht beide Kräfte mit Entschuldigungen und guten Worten hinzuhalten, daß sie sich nicht unmittelbar berühren, und aneinanderkommen. Der Weichling fürchtet Entscheidung, und fliehet deswegen [688] den Kampf. Man soll aber Entscheidung wollen, und in seiner Kammer, oder nachts auf seinem Lager, die zwei feindlichen Kräfte aneinanderbringen, und sie in seinem Herzen gleichsam kohobieren, und sich so lange miteinander bewegen, und miteinander ringen lassen, bis man sich aufrichtig bewußt ist, daß das bessere Gesetz die Oberhand erhalten habe, und unsre wahre Meinung, und unser wahrer Sinn sei.

Mit diesem ersten Sieg ist vieles, aber nicht alles gewonnen. Dieser Sinn wankt wieder, und trübt sich wieder; aber er muß täglich und bei einem jeden Anlaß wiedererrungen und wiedergefaßt werden, so oft und so lange, bis er in unserm Inwendigen einheimisch geworden, und so fest und beständig ist, wie in dem Inwendigen einer Eiche der Trieb zu wachsen, den Wind und Wetter und andre äußerliche Zufälle und Umstände hindern und stören, aber, solange die Eiche steht, nicht vertilgen können.

Wenn der Mensch das hat, wenn er mit Wahrheit sagen kann: »Ich will mir selbst nicht leben. Ich hätte gern das Hohe und Gute; wenn mir das aber nicht beschieden ist, das Niedrige und Böse will ich nicht, Knecht will ich nicht sein« – wenn der Mensch das, zu jeder Zeit, mit Wahrheit sagen kann; so ist er demguten Gewissen nahe, bis auf die im vorigen Leben begangenen Fehltritte und Vergehungen mit ihren Folgen, bis auf die geschehene Beleidigung Gottes, die nicht ungeschehen gemacht werden kann.

Wenn wir nur einen rechtlichen Menschen beleidigt haben; so ist er beleidigt, und ein zartes Gemüt kann es nicht vergessen. Reue und Zeit heilen wohl die Wunde; aber die Narbe bleibt, und fodert noch immer etwas von uns. Was denn jene Beleidigung! – »Für die Gesunden und Starken ist kein Rat, denn die Gerechtigkeit Gottes ist unerbittlich.« – Aber für die Kranken hat Gott hinter ihrem Rücken Gedanken des Friedens gehabt, und durch einkündlich großes Geheimnis seine Gerechtigkeit in seine Liebe eingewickelt. – Die Ehebrecherin ward nicht verdammt, und die große Sünderin durfte seine Fuüße küssen.

In summa, mit jenem Sinn im Herzen, und imGlauben an den Stiller unsers Haders kann der Mensch, ohne hergestellt zu sein, ein gutes Gewissen haben, und ruhig abwarten, daß ihm vom Himmel gegeben werde, was sich der Mensch nicht nehmen kann.

[689]

Siebenter Brief

Nun, lieber Andres, Du kennst das Glück eines guten Gewissens; und, will's Gott, sind außer Dir noch viele, die dies Glück kennen, und es heimlich genießen, ohne daß andre Leute davon wissen. Denn eingutes Gewissen im Menschen ist wie ein Edelstein im Kiesel. Er ist würklich darin; aber Du siehst nur den Kiesel, und der Edelstein bekümmert sich um Dich nicht.

Mir wird allemal wohl, wenn ich einen Menschen finde, der dem Lärm und dem Geräusch immer so aus dem Wege geht, und gerne allein ist. Der, denke ich denn, hat wohl ein gutes Gewissen; er läßt dieschnöden Linsengerichte stehen, und geht vorüber, um bei sich einzukehren, wo er beßre Kost hat, und seinen Tisch immer gedeckt findet.

Wehe den Menschen, die nach Zerstreuung haschen müssen, um sich einigermaßen aufrecht zu erhalten!

Doch wehe siebenmal den Unglücklichen, die Zerstreuung und Geschäftigkeit suchen müssen, um sich selbst aus dem Wege zu gehen! Sie fürchten, allein zu sein; denn in der Einsamkeit und Stille rührt sich der Wurm, der nicht stirbt, wie sich die Tiere des Waldes in der Nacht rühren, und auf Raub ausgehen.

Aber selig ist der Mensch, der mit sich selbst in Friede ist, und unter allen Umständen frei und unerschrocken auf und um sich sehen kann! Es gibt auf Erden kein größer Glück.

Andres! – Wer doch sich und andre darnach recht lüstern machen könnte!

[690]

Predigt eines Laienbruders zu Neujahr 1814

Moses sprach zu Gott:

Wer bin ich, daß ich zu Pharao gehe.

2. Mos. 3, 11.


Es war ein wunderlicher Krieg,
Wo Tod und Leben rungen.
Das Leben, das behielt den Sieg;
Es hat den Tod bezwungen.
Die Schrift hat verkündigt das,
Wie ein Tod den andern fraß;
Ein Spott aus dem Tod ist worden.

Halleluja!


Deutschland hatte seiner Ahnentugenden vergessen; der Geist der alten Biederkeit, der Brudertreue und Mannkraft war gewichen, und Irreligiosität, Wohlleben und Weichlichkeit waren an ihre Stelle getreten – und so ward einem unternehmenden Nachbar möglich, was ihm sonst unmöglich gewesen wäre. Er trat kühn einher, zerbrüderte, überwand, unterjochte und teilte den Raub aus – und unsre freien Brüder sahen dem zu, und ließen mit sich als mit Schwächlingen und Sklaven spielen. -Deutschland hatte seiner Ahnentugenden vergessen, und schlummerte tief, und weit und breit.

Als aber eine edle Stimme aus Norden es weckte, besann es sich sein; der alte Mut erwachte; groß war die Menge der Helden – und die vereinte Kraft und Weisheit machte dem Unfug ein Ende. Und wie sie sich dadurch bis daher um Deutschland unsterblich verdient gemacht; so werden sie ihr Werk vollenden; bekehren, bekehren; die Gerechtigkeit wieder ehrlich machen, und uns und unsern Nachbaren Ruhe und Sicherheit für die Zukunft erkämpfen.

Doch das kostet, und hat gekostet. Deutschlands Berge und Täler triefen von Blut, seine Ebenen sind mit Leichen bedeckt, seine Städte und Dörfer liegen öde und verwüstet, und die Einwohner sind entflohen, und irren verlassen und traurig umher.

Es bleibt dem Edelmut und der Rechtlichkeit der Fürsten und Väter der Völker aufbehalten, das Andenken der für Vaterland und Freiheit gefallenen Helden zu ehren, ihre Witwen und Waisen [691] zu versorgen, die Flüchtigen zu sammlen, die öden und verwüsteten Städte und Dörfer herzustellen, und das getane und geschehene Böse, so viel möglich, wiedergutzumachen.

Das alles ist indes nur ein Teil der ihnen von Gott anvertrauten Sorge, und bei weiten der geringere.

Wir gehen zwar hier auf Erden in Fleisch und Bein einher; aber wir sind nicht Fleisch und Bein.

Der Mensch ist unsterblich! Der Mensch ist unvergänglicher Natur, und bestimmt über die vergängliche Natur zu herrschen, und Gottes Ebenbild und Stellvertreter auf Erden zu sein; das war er ursprünglich, und das kann er wieder sein, und in seine ursprüngliche Herrlichkeit hergestellet werden.

Doch zu einem so hohen und großen Werk reichen die Kräfte der vergänglichen Natur, die mit dem Menschen nicht gleicher Art, und zerteilet und zerstreuet sind, nicht hin.

Es ist ein erstes hochgelobtes Wesen, dessen Geschlechts wir sind, die hochheilige Fülle und Urquelle alles Guten, von dem alle Kräfte herkommen, und in dem sie alle unzertrennt und eins sind. Und nur beidem Wesen ist für uns Hülfe und Rat. Bei Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich. 302

Aber Gott ist dem Menschen, seit dem Fall, ein verborgener Gott. Er ist ein Licht, und ist in ihm keine Finsternis 303; und er wohnet in einem Lichte, da niemand zukommen kann 304. Und die Kinder Israel sprachen zu Mose: »Laß Gott nicht mit uns reden, wir möchten sonst sterben.« 305

Niemand hat Gott je gesehen 306; der eingeborne Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der ist der Mittler. In ihm ist das Licht der Gottheit gemildert worden. Das ist das wahrhaftige Licht, welches alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen 307. Er ist der Pfleger der heiligen Güter, und der Herr und Meister der Natur 308. Durch ihn ist alles gemacht, was gemacht ist 309; und die Kraft die alles gesund macht 310 und heilet 311; gehet von ihm aus. Und es ist in keinem andern Heil 312; und es kann in keinem andern außer ihm Heil sein, denn es ist nur ein Gott, und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus 313. Auch kann ein reines Auge die sichtbare Natur [692] nicht ansehen, ohne ihn zu finden und an ihn zu glauben. Ihn predigen Himmel und Erde, und alle Körper und Erscheinungen in der sichtbaren Natur sind Glöcklein am Leibrock, die ihn und seinen Gang verraten.

Und er ist gestern und heute und derselbe in Ewigkeit. 314 Wie er die Menschen hat geliebet von Anfang, so liebt er sie bis ans Ende, und tut noch immer an einzelnen, wie und was er für alle getan hat.

Gott verhieß ihn dem ersten Menschen zum Trost, gleich nach dem Fall, und Adam und die Väter hofften auf ihn und sehnten sich nach ihm; und als die Zeit erfüllet war, kam er, ward von Maria empfangen, und zu Bethlehem geboren, ließ sich kreuzigen und töten, und stand verklärt und unverweslich wieder auf, und hatte alle Gewalt im Himmel und auf Erden. 315 Und so tut er, auf seine Weise, noch alle Tage bis an der Welt Ende. Er ist uns allen verheißen 316; und die Zeit wird erfüllet und seine Zukunft nahet sich für jeden einzelnen, je nachdem der Mensch inwendig gestaltet ist; und wer seine Erscheinung von Herzen liebhat, auf ihn hofft, und sich von Herzen und anhaltend nach ihm sehnet, wer ihn liebt und seine Gebote hält, in dem wird er empfangen und geboren, stirbt in ihm, und steht, mit dem unverweslichen Leib und mit der »Gewalt im Himmel und auf Erden« in ihm auf. Und das ist, was die Heilige Schrift das Geheimnis: Christus in uns nennet. 317

Da man sich aber nach einem unbekannten Gut nicht sehnen kann, und das heimliche Wort, das von ihm in jedwedem Menschen redet, in allen nicht deutlich und verständlich von ihm redet; so hängt alles daran, daß er bekannt gemacht und verkündiget werde. Wie sollen sie glauben, von dem sie nicht gehört haben.

Das haben alle Menschen, die Kenner der Natur und Freunde Gottes waren, tief gewußt, und sich von der Welt her angelegen sein lassen, auf mancherlei Weise ihn bekannt zu machen und zu verkündigen.

Deswegen opferten schon Adams Söhne und man fing zu Enos Zeiten an, zu predigen von Jehovas Namen. 318

Deswegen predigten Abraham 319 und Isaak 320 den Namen des Herrn.

Deswegen machte Moses einen Gnadenstuhl von feinem [693] Golde 321, und richtete den hieroglyphischen Gottesdienst ein, damit der, durch den dieGnade und Wahrheit werden sollte 322, und in dem alle Völker sollten gesegnet werden 323, seinem Volk vor Augen gestellt und gehalten, und so zu Gemüte geführt würde.

Deswegen bauete Salomo seinen Tempel.

Deswegen prophezeiten die Propheten.

Deswegen sind Orden, und bekannte und unbekannte Gesellschaften gestiftet worden.

Deswegen predigte Johannes in der Wüste des jüdischen Landes.

Deswegen zog Christus selbst im jüdischen Lande umher, und predigte am Wege, auf Bergen, aus dem Schiff, in den Schulen und im Tempel, und tat Wunder und Zeichen, damit sie hörten und sähen, daß er es sei, auf den die Väter gehofft hatten!

Deswegen gingen seine Apostel aus in alle Welt, und lehrten alle Heiden, und achteten keine Schmach, und hielten ihr Leben nicht teuer; denn sie wußten, an wen sie glaubten, und was sie selbst an ihm hatten, und andern an ihm verkündigten.

Und deswegen gingen seitdem, und gehen noch immer bis auf den heutigen Tag, in Kraft und in Schwachheit, Boten zu den entferntesten Nationen, über Land und Meer, zu verkündigen die fröhliche Botschaft von Christus; und die heiligen Schriften werden dermalen mit einem neuen lebendigen Eifer in aller Welt Hände gefördert, daß sie unterweisen zur Seligkeit.

Doch aller Same gedeihet nicht. »Es ging ein Säemann aus zu säen, und indem er säete, fiel etliches an den Weg; da kamen die Vögel des Himmels und fraßen's auf. Etliches fiel in das Steinichte, da es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, darum daß es nicht viel Erde hatte. Als aber die Sonne aufging, verwelkte es, und dieweil es nicht Wurzel hatte, ward es dürre. Etliches fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen auf und erstickten's.« 324 Nur der Same, der auf ein gut Land fällt, bringet Frucht.

Wir waren ursprünglich ein Land, das von sich selbst und ohne Säen und Ackern Früchte trug, und ohne Ende würde getragen haben, wenn wir dem Guten getreu geblieben wären, und uns von dem Bösen entfernt gehalten hätten. Aber Adam aß von dem verbotenen Baum, und legte sich dadurch das Hindernis in den Weg, das wir alle mit in die Welt bringen, das uns zu Doppelwesen [694] macht; und das, nachdem die Liebe Gottes verschmähet ist, seinerGerechtigkeit zum Opfer gebracht werden muß.

Adam fiel in die sinnliche Natur, und er zeugete Söhne und Töchter, die seinem Bilde ähnlich waren. Und ein jeder von uns fühlt es mit Gram und Kummer in sich, wie er dem Bilde so ähnlich ist; wie das Bessere in ihm von dem Geringern gemißhandelt und gedrückt wird; wie er das Böse, das er hasset und nicht will, tut, und das Gute, das er will, nicht tut. Wie er tief in sich Gott von ferne sieht, und ihm die Augen gehalten werden, daß er sein Gnüge nicht haben kann; wie er nach Freiheit ringet und sehnet, und ein Knecht und Sklave ist. Das Fleisch gelüstet wider den Geist, und den Geist wider das Fleisch. Dieselbigen sind widereinander 325, und eins stirbt oder lebt nur auf Unkosten des andern. So wie der Geist zu Kräften kommt und gewinnt, verliert das Fleisch, und in dem Maß, wie das Fleisch oder der natürliche Mensch verliert und geschwächt wird, oder wie, nach dem Ausdruck der Heiligen Schrift, deralte Adam stirbt, in dem Maß wird der Geist oder der neue Mensch lebendig.

Wenn also der alte Adam oder der natürliche Mensch, der nichts vernimmt vom Geist Gottes 326, der eigenwillig, selbstsüchtig, rachgierig, herrschsüchtig ist, wenn der die Überhand hat; so kann die Lehre, die Verleugnung, Selbstverachtung, Niedrigkeit, Ergebung, Kreuz-auf-sich-nehmen-Predigt, keinen Eingang finden. Das Licht scheint vergebens in der Finsternis; Christus kommt vergebens in sein Eigentum; er wird nicht aufgenommen. Ohne das kann aber das Reich Gottes nicht kommen, und die Wahrheit und Herrlichkeit des Christentums nicht offenbar werden.

Der Schein eines gottseligen Wesens kann ohne seine Kraft dasein. Das Wort der Predigt hilft nichts, wenn nicht glauben die so es hören.

Und es ist möglich, daß in einem Lande Christus von allen Kanzeln und Lehrstühlen geprediget wird, und in aller Menschen Mund ist, und daß doch in dem Lande Christus unbekannt ist, und in dem Lande ein Wandel nach väterlicher Weise gäng und gebe ist.

Wir Menschen wollen das Unsichtbare und Unvergängliche zum Freund haben, weil wir in unserm Inwendigsten fühlen, daß [695] wir des nicht entbehren können, daß uns das allein genügen kann, und alles andre zu wenig ist; und doch sind wir nicht groß und edel genug, Gott zu trauen, um das Sichtbare und Vergängliche fahrenzulassen. Wir dienen zweien Herren, um von beiden Vorteil zu ziehen.

Aber »niemand kann zweien Herren dienen; entweder er wird den einen lieben und den andern hassen, oder er wird dem einen anhangen, und den andern verachten.« 327

Und so bringen wir uns um Kleinod und Glück, und machen uns unglücklich, nicht allein weil wir betrogen sind, und die Welt mit ihrer Lust vergeht 328, sondern auch, und hauptsächlich, weil wir, solange wir dem einen Herrn dienen, von der Freundlichkeit 329 des andern keinen Begriff haben und ihn nicht können kennenlernen. Und wer ihn kennenlernt, der hat das Kleinod funden; der begehrt nichts mehr, und gibt alles andre daran, und verleugnet mit Freuden alles um seinetwillen. Und wer um seinetwillen nicht alles verleugnen kann und verleugnet, der ist sein nicht wert.

Ihr könnet nicht Gott dienen, und dem Mammon. Die Dornen gehen mit auf, und ersticken Gott in uns.

Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein. 330 Der natürliche Mensch muß sterben, wenn der geistliche leben soll. »Es sei denn, daß das Weizenkorn in die Erde falle und ersterbe, so bleibet es alleine: wo es aber erstirbet, so bringet's viel Früchte.« 331 Ohne Sterben ist kein Auferstehn, und ohne Tod kein Leben. Wer anders prediget, der prediget Menschen zu Gefallen, und ist nicht Christi Knecht. 332

Aber der natürliche Mensch gehet ungerne zu Grabe.

Zwischen Ägypten und dem Gelobten Lande lag eine Wüste, durch welche die Reise sehr mühsam und beschwerlich war. Wer den Übergang von dem natürlichen oder alten zu dem neuen Menschen versucht hat, der weiß von dieser Mühe und dieser Beschwerlichkeit zu sagen; der weiß: wie sauer und schmerzhaft der erste Schritt über die Grenze ist; wie er widersteht, und es uns unmöglich dünkt, sich zu entschließen und ihn zu tun, wenn nämlich der alte Mensch in uns die Überhand hat, oder doch in voller ungeschwächter Kraft ist, und man also das Gelobte Land nicht sehen kann. Ist dieser aber geschwächt und im Abnehmen, und die Aussicht nach dem Gelobten Lande fängt [696] an sich zu öffnen; so widersteht der erste Schritt nicht so, und er und die folgenden gehen leichter vonstatten.

Wir sind durch eine höhere Macht an den natürlichen Menschen gebunden, und können uns von ihm nicht frei machen. Nur, welchen der Sohn frei macht, der ist recht frei. 333 Der Mensch kann nichts geben, daß er seine Seele löse 334; aber er kann durch den Willen, wenn der anhaltend und ernstlich vor Gott ist, beitragen, den alten Adam oder den natürlichen Menschen zu schwächen und zu entkräften, daß der Hülfe weniger im Wege steht, und so der Acker zugerichtet, und gut Land werde.

Und dabei können äußre Umstände zu Hülfe kommen. Ein jeder Mensch hat wohl für sich in seinem Leben die Erfahrung im Kleinen gemacht, daß der und jener, auch oft unbedeutende Umstand und Zufall, sonderbar auf sein Gemüt gewürkt, und ihm nahegelegt und leicht gemacht hat, was ihm sonst weit weg lag, und schwer ward. Und so ist es auch im Großen. Äußre Umstände können zu Hülfe kommen, daß der Acker zugerichtet wird, und der Same gedeihen kann. Und wenn der Acker zugerichtet ist; dann ist es Zeit zu säen, und der Säemann muß ausgehen und nicht säumen.

Vielleicht ist seit der Einführung des Christentums keine Zeit gewesen, wo der Acker so gut, und so weit und breit zugerichtet war, als zu dieser unsrer Zeit. Gott hat ihn zugerichtet, und, weil gelindere Mittel nicht helfen wollen, strengere, und eine allgemeine Züchtigung zugelassen.

Der Krieg, der nie so weit und breit durch ganz Deutschland, und durch fast alle Länder von ganz Europa wütete, hat den Menschen die Güter, darin sie ihr Glück suchen, und daran sie ihr Herz hängen, und davon sie in der Güte nicht lassen wollten, mit Gewalt genommen, daß sie sich nach Gütern, die nicht genommen werden können, umsehen, oder sie doch wenigstens von der Nichtigkeit und Unsicherheit jener Güter lebendiger überzeugt, und in ihrer Anhänglichkeit an sie gestört werden; er hat dem Dünkel, der Selbstweisheit und Selbsthülfe, die ihr Haupt emporgehoben hatten, den Mut gebrochen; er hat die Menschen Ergebung und Unterwerfung unter die gewaltige Hand Gottes gelehrt, und durch mancherlei Unrecht und Gewalttätigkeiten, Verlust und Ungemach ihre Herzen mürbe gemacht und zerschlagen. Mit einem Wort, er hat sie für die Hülfe, die allein helfen kann, empfänglicher gemacht.

[697]

Und was darf es mehr als empfänglich zu sein, um zu empfangen und glücklich zu werden. Denn die Sonne scheinet allewege, und wird nicht müde zu scheinen; sie schüttet Tag und Nacht, ewig und ohne Ende, ihre Strahlen über alles aus, und erfreuet und segnet was und wo sie treffen, und nicht gehemmet und gehindert werden.

Wenn denn nun Bahn geworden, und das Himmelreich, sozusagen, nahe herbeigekommen ist; so ist es Zeit, dem Himmelreich Gewalt zu tun, und es für sich und andre zu sich zu reißen.

»Ach, daß du den Himmel zerrissest, und führest herab, daß die Berge vor dir zerflössen, wie ein heiß Wasser vom heftigen Feuer versendet, daß dein Name kund würde unter deinen Feinden, und die Heiden zittern müßten, durch die Wunder, die du tust, derer man sich nicht versiehet.« 335

Wenn denn nun Bahn geworden, und das Himmelreich nahe herbeigekommen ist; so ist es Zeit, dem Himmelreich Gewalt zu tun, und es für sich und andre zu sich zu reißen; so ist es Zeit, nicht bloß den alten Schaden zu bessern, sondern einen von Grund ausneuen Bau des Reichs Gottes zu gründen.

Stehe denn auf, wer Gott fürchtet, und dazu helfen und beitragen kann!

Zuerst und vor allen können die Fürsten und Vorgesetzten der Völker dazu beitragen. Ihren Händen ist die Sorge für andre Menschen von Gott anvertrauet, und es ist nichts Kleines und Geringes, was ihren Händen anvertrauet ist. Der Geringste ihrer Untertanen und Untergebenen ist ein Mensch wie sie, und wert geachtet vor Gott. Er ist nicht für diese vergängliche Welt beschieden, sondern nur auf eine kurze Zeit hieher getan, daß er, unter ihren Augen, durch ihre weise Anstalten und Vorkehrungen, und durch ihr Beispiel, für eine unvergängliche zubereitet und tüchtig gemacht werde. Da wird er ewig sein und bleiben, und da wird er über die, deren Händen er hier anvertrauet war, ewig frohlocken, oder ewig jammern und wehklagen.

Dazu können sonderlich die Priester beitragen, denn sie sind nicht Lehrer einer irdischen und menschlichen Weisheit, sondern Inhaber der Wahrheit, und Haushalter über Gottes Geheimnis.

Wenn das Evangelium mit klugen Worten geprediget wird; so wird das Kreuz Christi zunichte 336, denn alsdann will die Welt mit ihrer Weisheit Gott in seiner Weisheit erkennen. Und dieweil die Welt mit ihrer Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkennet, [698] gefällt es Gott, durch törichte Predigt selig zu machen. 337 Aber die göttliche Torheit ist größer denn die Menschen sind 338, und ist dennoch Weisheit bei den Vollkommenen, nicht eine Weisheit dieser Welt, auch nicht der Obersten dieser Welt, welche vergehen, sondern eine heimliche verborgene Weisheit Gottes, welche Gott verordnet hat vor der Welt zu unsrer Herrlichkeit, welche keiner von den Obersten dieser Welt erkannt hat, noch erkennet 339.

Deswegen kam auch Paulus zu den Korinthern nicht mit hohen Worten oder hoher Weisheit 340; sondern hielt sich nicht dafür, daß er unter ihnen etwas wüßte, ohne allein Jesum Christum den Gekreuzigten 341, dadurch er weltlich gesinnten Menschen und ihrer Vernunft nicht gefallen wollte, und nicht gefallen konnte. Denn das Evangelium wird, seiner Natur nach, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit gepredigt 342; aber es ist, sagt der Apostel, eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben 343.

Übrigens braucht sich die Vernunft des Evangelii nicht zu schämen. Denn obwohl es ihr, anfangs und ohne Erfahrung, schwer wird, zu glauben, daß im Kreuz, in Niedrigkeit, in Hingebung und Entsagung Heil ist, und daß alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis in Christo verborgen liegen 344; so kann sie des, wenn die Erfahrung hinzukommt, nach und nach und mehr und mehr innewerden. Und wer, wie Jakobus sagt, durchschaut in das vollkommne Gesetz der Freiheit 345, der weiß, woran er ist, und ob es der Mühe lohnt, ein Christ zu sein.

Ein solcher würde bei dem Bau des Reichs Gottes mit Rat und Tat an Hand gehen, und allerdings vor andern dazu helfen und beitragen können; doch wir alle können, jedermann kann dazu helfen und beitragen, er sei Lehrer oder Lehrling, Herr oder Knecht, gelehrt oder ungelehrt, Priester oder Laie, reich oder arm, hoch oder niedrig, Bürger oder Bauer. Aber, es trete ab von der Ungerechtigkeit, wer den Namen Christi nennet 346. Er muß denn bei sich anfangen, und, nach ernstlicher Prüfung und Selbstverleugnung,seinen Willen aufgeben, und Gottes Willen tun wollen bis in den Tod, und nicht davon weichen wollen weder zur Rechten noch zur Linken. Das ist: er muß zuerst selbst auf [699] rechtem Wege sein, und dann, unverhohlen und ohne Ansehn der Person, strafen und bitten und ermahnen aus Herzensgrund, und dabei sein Licht leuchten lassen vor den Leuten, daß sie seine guten Werke sehen und seinen Vater im Himmel preisen.

So etwas, mehr oder weniger, könnte die Folge der allgemeinen Züchtigung und des über Deutschland und Europa ergangenen Elendes und namenlosen Jammers werden. Und, wenn das würde – wenn die Bösen, gut; die Unbekehrten, bekehrt würden; wenn Recht überall geehrt, und Redlichkeit und ernster Sinn allgemein auf Erden würden; wenn die Welt nicht liebgehabt 347, sondern eine Herberge würde, wo man sich behilft, und nur an die weitre Reise und an die Heimat denkt; wenn das Reich Gottes nicht Essen und Trinken, sondern wieder Gerechtigkeit, und Friede und Freude in dem Heiligen Geist würde 348; in summa, wenn der, der allein wahrer Gott ist, und, den er gesandt hat, Jesus Christus, erkannt würde in Hütten und in Palästen – wenn das würde; so wäre auch dieser Zeit Leiden nicht wert, der Herrlichkeit, die alsdann würde offenbaret werden.

Und Ihr, Ihr Traurige und Betrübte, die Ihr, nahe und ferne, trostlos steht, und über Euren Verlust, über Eure Söhne, Eure Freunde und Geliebte weint, verzaget nicht! Und wenn der Trost, daß sie für Freiheit und Vaterland gelitten haben und gestorben sind, Euch nicht trösten kann; hier ist eine Aussicht, die über Tod und Grab und über alles, was irdisch ist, erheben, und Eure Tränen trocknen kann.


Es woll uns Gott genädig sein,
Und seinen Segen geben.
Sein Antlitz uns mit hellem Schein
Erleuchte zum ewigen Leben;
Daß wir erkennen seine Werk,
Und was ihm lieb auf Erden,
Und Jesus Christus, Heil und Stärk,
Bekannt den Heiden werde,
Und sie zu Gott bekehre!

Amen! [700]

Fußnoten

1 Mutii Pansae OSCULUM Christianae et ethnicae religionis.

2 Restat de remediis parabola non abstrusa ea quidem, sed tamen prudens et nobilis. Proponuntur enim mali tam callidi, et tam violenti remedia tria. Duo a philosophia: tertium a religione. Atque primus effugii modus est, ut quis principiis obstet, atque omnes occasiones, quae animum tentare, et sollicitare possint, sedulo devitet: id quod obturatio illa aurium denotat; atque hoc remedium ad animos mediocres, et plebeios necessario adhibetur, tanquam ad comites Ulissis. Animi autem celsiores etiam versari inter medias voluptates possunt, si decreti constantia se muniant: quin et per hoc, virtutis suae experimentum magis exquisitum capere gaudent; etiam voluptatum ineptias et insanias perdiscunt, potius contemplantes, quam obsequentes; quod et Solomon de se professus est, cum enumerationem voluptatum, quibus diffluebat, ea sententia claudat: Sapientia quoque perseveravit mecum. Itaque huiusmodi heroës inter maximas voluptatum illecebras se immobiles praestare, atque in ipsis earum praecipitiis se sustinere queant; tantum ad Ulissis exemplum, interdictis perniciosis suorum consiliis et obsequiis, quae animum maxime omnium la befactare et solvere possint. Praestantissimum autem in omni genere est remedium Orphei; qui laudes Deorum cantans et reboans, sirenum voces confudit, ei summovit. Meditationes enim rerum divinarum, voluptates sensus non tantum potestate, sed etiam suavitate superant. Baco de sapientia Veterum.

3 Es ist mir lieb, Vetter, daß Euch auch die Sonne das Herz einmal warm gemacht hat; mit dem Mond habt Ihr genug geliebäugelt, und ihre Herrlichkeit ist doch größer. Vielleicht wird mancher andre gute Bauersmann des Morgens im Felde oder vor seiner Hütten Tür, wenn er die Sonne sieht aufgehn, Euer Lied anstimmen, und das laßt Euch nicht leid sein. Aber, Ihr seid ein belesener Mann! oder Ihr seid auch tiefsinniger als ich gewußt habe, und eine von den Απολλωνιακαις ψυχαις davon die Platoniker schreiben. Alles, was Ihr in Eurem Liede sagt, das haben die größten Männer, und die berühmtesten Polyhistores des Altertums gesagt, haarklein und von Wort zu Wort. Ich bin erstaunt darüber, aber es ist wahr; wo ich aufschlage, in welcher Sprache und Zunge, da treffe ich Euch. Für diesmal nur eine kleine Probe an den Griechen.

4 Γλυκερον τε τεκος Διος εξεκαλειτο.

Proclus. L.I. in Timaeum.

5 Ηελιος δ' ανορουσε.

Homerus.

6 παλιν αφικειο.

Thukydides.

7 ηλεκτωρ εβεβηκει. Homerus, und ein Ausleger: Ηλεκτρος ο ϑεος ονομαζεται μηδεποτε κοιτης επιψαυων.

Heraclides Ponticus, Allegorine Homericae.

8 Ηεκιον τ' ακαμαντα etc.

Homerus

9 ευδρομε ––

– ρόμβου απειρεσιον δινευμασιν οιμον ελαυνων

Orpheus.

10 Orpheus nennt die Sonne Ζωης φως, Ομμα δικαιοσυνης, ευσεβεσιν καϑοδηγε καλων, εργων σημαντωρ αγαϑων: im Suffimen Solis. Dionysius Areopagita drückt ihr sonderlich Wesen so aus: εκ τ' αγαϑου γαρ το φως, και εικων της αγαϑοτητος, und der Jude Philo vergleicht sie mit der Wolkensäule: ήμερας μεν ήλιοειδες εκλαμπουσα φεγγος, νυκτωρ δε φλογοειδες, in vita Mosis. Am besten aber scheint mir der Kaiser Julianus Eure Idee gefaßt zu haben: ακουεται δη πρωτον όσα φησιν, όι τον ουρανον ουχ ώσπτερ ίπποι και βοες όρωντες – αλλ εξ αυτου του φανερου την αφανη πολυπραγμονουντες φυσιν, πρωτη δε των δυναμεων αυτου εστι etc. denn ich könnte ihn ganz herschreiben, so sehr sympathisiert er mit Euch.

11 ει μη ήλιος ην, ευφρονη αν ην.

Heraclitus.

12 πας ανηρ δουλος η τις ήδεται το φως όραν. Euripides. Ich habe die liederlichen Kerle in Lybien auch nur immer für halbe Menschen gehalten: Αφαραντες λιβυες ονοματα ουχ εχουσιν, ήλιω δε ανισχοντι λοιδορουνται, ώς πολλα κακα φαναντι.

Stobaeus

13 φϑεγξομαι όις ϑεμις εστι, ϑυρας δ' επιϑεϑε βεβηλοι.

Orpheus.

14 – επει ου τοι πιαρ ύπ' ουδας.

Hymnus in Solem.

15 πυρρόυ δε μελανι πρασιος.

Stobaeus

c. 19. de coloribus, in Eclogis physicis.

16 – και ανανεοι.

Dionysius Areopagita.

17 – φυτα μυρια φυσεις.

Orpheus.

18 ανϑρωπος ανϑρωπον γεννα και ήλιος.

Aristoteles.

19 πεπληγον δε χορον ϑειον ποσιν.

Homerus.

20 – αλλακαι προς την γενεσιν των αιοϑητων σωματων συμβαλλεται. και προς ξωην αυτα κινει, και ιρεφει, και αυξει και τελειοι και καϑαιρει.. Dionysius Areopagita; und Euer Freund Julianus sagt kurz: γινομενοι γαρ εξ αυτου τρεφομεϑα παρ' εκεινου.

21 ότι ήλιον μεν επεστησε τοις όλοις ό δημιουργος, και φυλακα αυτον ετευξε, κελευσε τε πασιν ανασσειν.

Proclus.

Man pflegte sie deswegen zu grüßen:

– πατηρ ποντου, πατηρ αιης,

ήλιου παγγενετορ, παναιολε χρυσεοφεγγες.

Macrobius Saturnal. 1.; und in der alten Liturgie hieß sie: ήλιου παντο κρατος, κοσμου πνευμα, κοσμου δυναμις, κοσμου φως.

22 Mir fällt hiebei ein, was Apollodorus vom Herkules erzählt, als er die beiden bekannten Säulen am Ende der Welt zu einem Mal seiner grand Tour hingestellt hatte und wieder heimkehrte: ϑερμαινομενος δε ύπο ήλιου κατα την πορειαν το τοξον επι τον ϑεον ενετεινεν. ό δε την ανδρειαν αντου ϑαυμασας χρυσεου εδωκε δεπας, εν ώ ωκεανον διεπρασε.

23 καλον δ' εξω πραγματων εχειν ποδα.

Euripides.

24 ώς ουδεν εσμεν.

Sophokles.

– Σκιας οναρ ανϑρωποι.

Pindarus.

25 Orpheus im Suffimen Solis:

πανδερκες εχον αιωνιον ομμα,

τετραβαμοισι ποσσι χορευων:

ist freilich nicht menschliche Gebärde.

26 ϑερμαινων γαρ την γην ατμιδα και καπνον έλκει.. Julianus über die Sonne.

27 τερπουσι λιπαραι Φοιβον Ονοσφαγιαι sagt einPindari Scholiastes: Orpheus brachte lieber einen – πιονα μοσχον ειαρινον ϑαλετοντα νεηνιδος ουδατι μητρος: de Lapidibus: aber Euer Lamm wird auch nicht verworfen werden, bringt nur oft eins, alter Schmeichler, und wenn du einmal nicht hast, kannst Du bei mir holen.

28 λισσεσϑαι επεεσσιν αποσταδα μειλιχιοισι

Homerus.

29 εσϑιε δαιμονιε ξεινων και τερπεο

Homerus.

30 γαστρος ουδεν ήδιον. –

έξεις δ όσ' αν φαγης τε και πιης μονα,

σποδοι δε τ' αλλα, περικλεης, κοδροι, κιμων.

Sotion apud Neandrum

31 δοσις ολιγη τε φιλη τε.

Homerus.

32 πολλοι γαρ ποσιος και βρωσιος εισιν έταιροι.

Phocylides.

Εμοι δ' απορα γαστριμαργον

μακαρων τιν' ειπειν.

Pindarus.

33 'Oυτος γαρ χαλκειον ες ουρανον εστηρικται.

Orpheus.

34 σοι δε ϑεοι τοσα δοιλεν, όσα φρεσι σησι μενοινας.

Homerus.

35 ποιμαινων πραπιδεσσιν.

Proclus.

36 'Oια γαρ μορφη τοιαδε και ή ψυχη.

Aesopus.

37 αυτον δ' ουχ όροω –

πασιν γαρ ϑνητοις ϑνηται κοραι εισιν εν οσσοις

ασϑενεες δ' ιδεειν Δια.

Orpheus.

38 Θεον μεν νοησαι χαλεπον, φρασαι δε αδυνατον.

Hermes Trismegistus apud Justinum.

39 και ου δηπου φημι κατα τον της παλαιοτητος λογον, ότι ϑεος ων ό ήλιος, και δημιουργος τουδε του παντος ιδιως επιτροπευει τον εμφανη κοσμον, αλλ ότι τα αορατα του ϑεου απο κτισεως κοσμου τοις ποιημασι νοουμενα καϑοραται ήτε αιδιος αυτου δυναμις και ϑειοτης.

Dionysius Areopagita

de Divinis Nominibus.

40 ήνιοχος πανιος καλου, αδωροδοκητος, αγαϑων αγαϑωτατος.

Zoroaster apud Eusebium.

41 χαιρε αναξ.

Hymnus in Solem.

42 οινον και γαλα βαλλε, και ύδατος αγλαον ειδος.

apud Eusebium.

43 μητ' εμοι μελι, μητε μελιττα.

Sappho apud Triphonem grammaticum.

44 δωμαια – και – πιονας αγρους.

Homerus.

45 τας δε Διος βαλανους και αμυγδαλα σιγαλοεντα.

Hermippus.

46 παρ δε γυνη δεσποινα λεχος πορσυνε και ευνην.

Homerus.

47 – μητε κρυος μηϑ' άλιος – βαρυναι.

Bion.

48 ωσπερ ό ηλιος ου περιμενει λιτας και γοητειας ίνα ανατειλη, αλλ' ευϑυς λαμπει, και προς άπαντων ασπαζεται. ουτω μηδε συ περιμενε κροτους και ψοφους και επαινους, ίν' ευποιησμς, αλλ' έκωντης ευεργετει, και ισα τω ήλιω ωιληϑηση.

Epictetus.

Lebt wohl Vetter! ich bin Euer Diener und Verehrer.

Ητοι μεν τοδε καλον ακουεμεν εστιν αοιδου

Τοιουδ', όιος όδ' εστι, ΣΟΦΟΙΣ έναλιγκιος αυδην.

49 Docent, ex admirabili nexu illo rerum et propagatione, qua fit ut tam constanter simile producat sibi simile, evidenter probari posse, dari quodpiam Ta Teu nao i.e. Magni Capitis cerebrum quod omnia illa tam aequabili cum vicissitudine conservet ac regat et ad finem cuique consentaneum perducat.

50 Gemmis caudam stellantibus implet.

51 Über die Lehre des Spinoza. Neue Auflage, IV. Beilage.

52 – expedita ac peracuta vis intelligendi.

53 Ad extremum septuagenarius longae meditationis, victoriaeque mei ipsius beneficio sequebar quod cor meum appetebat; nec tamen excedebam regulam seu terminos transiliebam honestatis rectaeque rationis, cui iam sine luctâ molestiâve appetitus meus obtemperabat. Confucius Sinarum Philosophus etc. studio et opera P. Intorcetta, C. Herdrich, F. Rougemont, P. Couplet, P.P.S.J. iussu Ludovici Magni etc. e bibliotheca regia in lucem prodiit. Parisiis etc. MDCLXXXVII.

54 Höchste Bergspitzen in der Schweiz.

55 Höchste Bergspitzen in der Schweiz.

56 Siehe in Spinozas Werken das Fragment: de Intellectus emendatione, et de viâ, quâ optime in veram rerum cognitionem dirigitur.

57 Αϑανατος Θεος, sagt Pythagoras, ουκετι ανϑρωπος ϑνητος.

58 Deswegen verdammten sie die Kindertaufe, und da sie alle diejenigen, die zu ihrer Sekte übertraten, von neuem tauften, so bekamen sie daher den Namen der Wiedertäufer. Aber mit diesem besondern Gedanken über die Taufe, der auf den Gebrauch der Kirche zu den Zeiten der Apostel gegründet zu sein scheinet, und nichts enthält, was mit dem Frieden, oder der Ordnung der menschlichen Gesellschaft stritte, verbanden sie andre Meinungen, die ebenso schwärmend als gefährlich waren. Sie behaupteten, unter Christen, die die Lehren des Evangelii zur Vorschrift, und den Geist Gottes zum Führer hätten, sei eine Obrigkeit nicht allein nicht notwendig, sondern als ein Eingriff in ihre geistliche Freiheit, unerlaubt, und gesetzwidrig; der aus der Geburt, dem Range, oder den Gütern entstehende Unterschied sei dem Geiste des Evangelii, der alle Menschen als gleich ansieht, zuwider, und müsse deswegen abgeschafft werden; alle Christen müßten alle ihre Güter in eins zusammenwerfen, und in dem Stande der Gleichheit leben, der Gliedern einer Familie anständig ist; da weder die Gesetze der Natur, noch die Vorschriften des Evangelii dem Menschen in Absicht auf die Zahl der Weiber, die er nehmen dürfte, einen Zwang anlegten, so könnte er eben die Freiheit gebrauchen, die Gott den Patriarchen gelassen hätte. Diese Meinungen, die mit einer enthusiastischen Hitze und Kühnheit ausgebreitet und behauptet wurden, brachten in kurzen alle gewalttätigen Wirkungen hervor, die natürlicherweise daraus fließen mußten. Zween anabaptistische Propheten, Johann Matthias, ein Bäcker von Haarlem, und Johann Bockold, oder Beukels, ein Schneider von Leyden, die von einem unsinnigen Eifer, Proselyten zu machen, angesteckt waren, schlugen ihren Sitz in Münster auf, einer der vornehmsten kaiserlichen freien Städte in Westfalen, die zwar unter der Souveränität ihres Bischofs stehet, aber von ihrem eigenen Senat und Burgemeistern regiert wird. Wie es keinem von diesen beiden Schwärmern an den Talenten fehlte, die zu einem solchen Unternehmen notwendig erfordert werden, nämlich an einem entschlossenen Mute, dem Schein einer großen Heiligkeit, einem kühnen Vorgeben einer göttlichen Begeisterung, und einer zuversichtlichen und überredenden Sprache, so gewannen sie in kurzem viel Anhänger. Unter denselben war Rothmann, der zuerst die Reformation in Münster gepredigt hatte, und Knipperdoling, ein Bürger von gutem Herkommen, und beträchtlichem Ansehen. Durch den Beitritt solcher Schüler aufgemuntert, lehrten sie ihre Meinungen öffentlich, und machten, nicht zufrieden mit dieser Freiheit, verschiedene, wiewohl vergebene Versuche, von der Stadt selbst Meister zu werden, um ihre Meinung unter dem Schein einer landesherrlichen Autorität einzuführen. Da sie endlich in geheim ihre Anhänger aus den benachbarten Provinzen kommen lassen, setzten sie sich unvermutet und bei Nacht, in Besitz des Arsenals und des Rathauses, liefen mit bloßen Schwertern und erschröcklichem Heulen durch die Stadt, und schrien eins ums andre:Tut Buße und laßt euch taufen, und: Ziehet aus ihr Gottlosen. Der Magistrat, die Domherren, der Adel, und die vernünftigsten Bürger, Protestanten sowohl, als Katholiken, erschraken über die Drohungen und dieses Geschrei, flohen in großer Verwirrung, und ließen die Stadt unter der Herrschaft eines unsinnigen Pöbels, der mehrenteils aus Ausländern bestand. Da nun nichts mehr vorhanden war, wodurch sie in Furcht, oder in Schranken hätten können gehalten werden, so entwarfen sie einen neuen Plan einer Regierung, der ihren törichten Begriffen gemäß war, und ob sie gleich anfänglich für die alten Anstalten so viel Achtung bewiesen, daß sie neue Ratsherren aus ihrer eigenen Sekte erwählten, und Knipperdoling und einen andern Proselyten zu Burgemeistern machten, so war dies gleichwohl anders nicht, als ein bloßer äußerlicher Schein. Matthias war ihr einziger Regent, und gab, in dem Stil, und mit der Autorität eines Propheten, alle seine Befehle, und auf den Ungehorsam gegen dieselbe, folgte sogleich die Todesstrafe. Er machte den Anfang damit, daß er den Pöbel aufwiegelte, die Kirchen zu plündern, und alle ihre Zieraten zu zerstören; darauf ließ er alle Bücher, ausgenommen die Bibel, als unnütz und gottlos, verbrennen; die Ländereien derer, die aus der Stadt entwichen waren, wurden für verfallen erklärt, und sollten an Auswärtige verkauft werden; er befahl, jeder sollte, was er an Gold, Silber und Kostbarkeiten besäße, herbringen, und zu seinen Füßen legen. Die Reichtümer, die durch dieses Mittel zusammengebracht wurden, legte er in eine öffentliche Schatzkammer nieder, und ernannte Diakonen, die sie zu einem allgemeinen Gebrauch verwalten mußten. Da auf solche Art die Glieder seiner Republik allesamt einander vollkommen gleich gemacht waren, so befahl er, sie sollten alle gemeinschaftlich an öffentlich angerichteten Tafeln essen, und schrieb sogar die Essen vor, die ihnen jeden Tag aufgetragen werden sollten. Der Entwurf seiner Reformation war also ausgeführt; und nun ging seine erste Sorge auf die Verteidigung der Stadt. In dieser Absicht nahm er seine Maßregeln mit solcher Klugheit, daß man darin gewiß keine Spuren der Schwärmerei fand. Er errichtete ungeheure Magazins von allerlei Art; verbesserte und erweiterte die Festungswerke, und jedermann, ohne Unterschied der Person, mußte mit daran arbeiten; er errichtete aus denen, die zu Kriegsdiensten taugten, ordentliche Korps von Soldaten, und bemühete sich, den Ungestüm ihrer Enthusiasterei durch eine ordentliche Disziplin fruchtbarer zu machen. Er sandte Boten an die Wiedertäufer in den Niederlanden, und lud sie ein, sich in Münster zu versammeln, dem er den Namen des Berges Zion gab, damit von da aus alle Nationen des Erdbodens unter ihre Herrschaft gedemütiget werden möchten. Er selbst war in Besorgung alles dessen, was zum Aufnehmen, oder zur Sicherheit der Sekte notwendig schien, unermüdet. Sein eignes Beispiel belebte seine Schüler, sich keiner Arbeit zu wegern, noch über einiges Ungemach zu murren; und da ihre enthusiastische Leidenschaften durch eine unaufhörliche Folge von Ermahnungen, Offenbarungen und Weissagungen in einer beständigen, und ruhelosen Gärung erhalten wurden, so schienen sie zur Behauptung ihrer Meinungen fertig, und bereit alles mögliche zu wagen und zu dulden. (S. Robertsons Geschichte der Regierung Kaiser Karls V. Zweite Auflage von Remer. Braunschw. 1778. Tom. II. pag. 481 etc.)

59 Homini non probo, qui, inquam, vera solidaqua virtute non sit instructus, cui tandem sint usui ritus, ceremoniae officiaque exteriora? – Etenim cum ab ipso animo virtutibus imbuto, ceu radice sua, profluere debeant officia ritusque omnes, si quidem non adsit animus hujusmodi, profecto inane quoddam humanitatis simulacrum, merumque mendacium ritus omnes officiaque erunt. Confucius.

60 Krischna, die geoffenbarte Gottheit – an incarnation of the Deity.

61 Luk. 19, 40.

62 Interesting Historical Events of Bengal etc. by J.Z. Hollwell etc.

63 Indian Antiquities, 6 Vol 8°

64 Si nemo ex me quaerat quid sit tempus, scio, si quaerenti explicare velim, nescio.

65 Siehe die Schriften des Herrn de Luc und andrer berühmter Physiker.

66 Asiatick Researches V. 5. p.V. VI. VII.

67 Zend-Avesta. Riga bei D. Fr. Hartknoch, I. Teil, pag. 20.

68 Zend-Avesta von Hr. Fr. Eckard, p. 134.

69 Zend-Avesta etc. Riga, bei Hartknoch, 1. T.p. 5 u. 6.

70 In Herbelots Bibliothek.

71 Asiatick Researches. V. III. p. 262 263.

72 Philosophia obiter libata a Deo abducit, penitus hausta reducit ad eundem.

73 The Excellency of Theologie, or Preeminence of the Study of Divinity above that of Natural Philosophy, und andre Abhandlungen in the Works of Robert Bayle, Vol. 6. 4to 1772.

74 Das Brahmanische Religionssystem im Zusammenhange dargestellt, und aus seinen Grundbegriffen erklärt etc. von Dr. J.F. Kleuker. Nebst einem kurzen Auszug aus des Fr. Paullini a S. Bartholomeo Sidharubam oder Samskrdamischen Grammatik (aus dem unter andern meine Nachrichten von der Sanskritsprache genommen sind).

75 Confucius Sinarum Philosophus etc. studio et opera P. Intercetta; C. Herdrich, J. Rougemont, P. Couplet, P.P.S.J. Jussu Ludovici Magni etc. e bibliotheca regia prodiit. Parisiis M. DC. LXXXVII. in Fol.

76 Asiatick Researches Vol. V.p. 353.

77 Ebendaselbst, p. 349.

78 As. Res. Vol. V.p. 349.

79 Zend-Avesta von Eckard, p. 228.

80 Ebendas. p. 245.

81 Asiat. Research. Vol. V.p. 359 etc.

82 Zend-Avesta von Eckard, p. 236.

83 The Works of Francis Bacon Baron of Verulam, Viscount St. Alban, and lord High Chancellor of England, London, 1753, in Fol. Vol. II. p. 365 etc.

84 Isaaci Newtoni equitis aurati opuscula mathematica philosophica et philologica etc. Lausannae et Geneves, 1744, in 4to, Tom, III. p. 377 die Note.

85 1. Mose, C. 1, 26. 27. u.C. 2. u.C. 3.

86 Ephes. 1, 4.

87 1. Joh. 1, 1. 2.

88 Joh. 1, 1. 14.

89 2. B.M.C. 19 u. 20.

90 2. B. Mos. C. 25, 9. 40. C. 26, 30.

91 5. B. Mos. 30, 19.

92 Apostelg. 7, 38.

93 2. B. Mos. 19, 5. 6.

94 Essaias 1, 9.

95 Je. 6, 2.

96 Apostelg. 10, 38.

97 Luk. 3, 17. C. 6, 19.

98 1. Timoth. 1, 15.

99 Vorrede zum Brief an die Römer.

100 Röm. 7, 15–26.

101 Röm. 6, 19. 21.

102 Ephes. 4, 18. 22. Röm. 1, 21.

103 Mark. 8, 37

104 Röm. 3, 20.

105 Röm. 4, 15.

106 Ebr. 3, 14. 2. Petr. 1, 4.

107 Joh. 1. 17.

108 Joh. 14, 6.

109 Röm. 8, 3.

110 Joh. 16, 28.

111 Luk. 24, 26.

112 Joh. 12, 24.

113 Joh. 16, 7.

114 Joh. 7, 39.

115 Apostelg.2,33.

116 1. Petr. 18, 20.

117 Apostelg. 2, 23.

118 Mark. 10, 32–34.

119 Matth. 26, 54.

120 Luk. 24, 26.

121 Luk. 24, 44.

122 1. Timoth. 3, 16.

123 Koloss. 1, 26.

124 1. Petr. 1, 12.

125 1. Korinth. 2, 10.

126 Ebr. 2, 14.

127 1. Joh. 3, 8. Koloss. 1, 20.

128 Joh. 16, 33.

129 Joh. 1, 29.

130 1. Joh. 2, 2.

131 Joh. 3, 36.

132 Röm. 5, 10.

133 Röm. 5, 19. Gal. 3, 13.

134 I. Petr. 2, 24.

135 Röm. 4, 25.

136 Jes. 53, 5.

137 Joh. 6, 53. 54. 55.

138 1. Joh. 1, 7.

139 Röm. 5, 1.

140 1. Petr. 1, 19.

141 Ephes. 2, 2. Joh. 8, 44. Jakob. 4. 7.

142 1. Joh. 5, 4. 5.

143 Ephes. 2, 3. Joh. 3, 36.

144 Luk. 17, 21.

145 Röm. 8, 14.

146 Röm. 8, 7.

147 1. Korinth. 2, 14.

148 Röm. 8, 13,

149 Röm. 6, 6.

150 Röm. 6, 4.

151 Eph. 2, 5. Koloss. 2, 13.

152 Gal. 6, 15.

153 Joh. 3, 7.

154 1. Petr. 1, 23.

155 Joh. 3,6.

156 Joh. 3, 5.

157 1. Joh. 3, 9.

158 Röm. 8, 9.

159 Joh. 3, 3.

160 Joh. 14, 16. 17.

161 Röm. 6, 4. Joh. 6, 53. Ebr. 10, 5.

162 Joh. 15, 5.

163 Mark. 1, 15.

164 Matth. 3, 11.

165 Mark. 1, 4.

166 Matth. 3, 11.

167 Luk. 3, 8. Mark. 1, 5.

168 Matth. 10, 37. 38.

169 Röm. 7, 13.

170 Röm. 5, 20.

171 Joh. 3, 14. 15.

172 Joh. 3, 16.

173 4. B. Mos. 21, 9.

174 Luk. 15, 17, etc.

175 Mark. 4, 27. 28. 29. 31. 32.

176 Joh. 3, 10.

177 Joh. 17, 21.

178 Joh. 14, 17.

179 1. Petr. 2, 9.

180 Joh. 17, 22. 2. Korinth. 3, 18.

181 1. Joh. 5, 14. 15.

182 Joh. 14, 23,

183 Philip. 4, 7.

184 Joh. 16, 22.

185 Joh. 11, 25.

186 Joh. 11, 26.

187 1. Joh. 3, 9. Joh. 14, 17.

188 2. Petr. 1, 19.

189 Joh.14, 17.

190 Matth. 9, 24.

191 Mark. 10, 52. Luk. 8, 50.

192 Matth. 8, 4. C. 9, 30. Mark. 7, 36.

193 Röm. 15, 3.

194 1. Korinth. 11, 24.

195 Luk. 22, 19. 20.

196 1. Korinth. 11, 24.

197 Mark. 14, 24.

198 Matth. 26, 28.

199 Matth. 20, 28.

200 Röm. 8, 3.

201 Röm. 6, 6.

202 Röm. 7, 24.

203 1. Mos. 2, 15.

204 1. Mos. 1, 28.

205 1. Mos. 2, 17.

206 1. Mos. 3, 8.

207 1. Mos. 3, 24.

208 Röm. 7.

209 Joh. 8, 36.

210 Joh. 6.

211 Philip. 2, 7.

212 Verklären, Klarheit, besser: Herrlich machen, Herrlichkeit, wie auch Luther an andern Orten οδαξαζειν und δοξα übersetzt: auch darum besser, daß die Verklärung, davon hier die Rede ist, von der Geschichte auf dem Berge Tabor unterschieden werde.

213 Joh. 17, 5.

214 Joh. 7, 39.

215 1. Timoth. 3, 16.

216 Röm. 6, 9.

217 Röm. 8, 2.

218 Matth. 28, 18.

219 Ephes. 1, 23.

220 Joh. 20, 19.

221 Joh. 6, 61.62. 63.

222 Joh. 1, 29. 36.

223 Matth. 8, 3.

224 Matth. 9, 6.

225 Joh. 9, 6. 7.

226 In der Schrift: Wider die himmlischen Propheten.

227 In einer der bekannten sieben Predigten zu Wittenberg.

228 Er lautet wörtlich so: »Von dem heiligen Sakrament des Leibes und Blutes Christi wird bei uns gelehrt und geprediget, wie das von den Evangelisten und Paulo vorgeschrieben, und von den heiligen Vätern gehalten, auch in der Gemeine Gottes am nützlichsten und heilsamsten ist. Nämlich daß der Herr, wie in seinem letzten Nachtmahl, also auch heutiges Tages seinen Jüngern und Gläubigen, wenn sie solches sein heiliges Abendmahl halten, laut seiner Worte in diesem Sakrament seinen wahren Leib undwahres Blut wahrlich zu essen und zu trinken gibt, zur Speis ihrer Seelen und ewigen Leben, daß sie in ihm und er in ihnen bleibe: daher sie dann auch am Jüngsten Tage durch ihn zur Unsterblichkeit und ewigen Seligkeit auferweckt werden. Man weist auch das Volk, besondern Fleißes, von allem Zank und unnötigen und fürwitzigen Disputieren in diesem Handel zu demjenigen das allein nützet, und auch von Christo unserm Herrn in solcher Sache allein gemeint und bedacht ist: daß wir nämlich, wie durch ihn selbst gespeist, also durch und in ihm leben eines gottgefälligen, heiligen und ewigen Lebens, und sein daher unter uns ein Brot und ein Leib, die wir alle eines Brots im heiligen Abendmahl teilhaftig werden.«

229 Wie Christus ins Sakrament gebracht wird weiß ich nicht: das weiß ich aber wohl, daß Gottes Wort nicht lügen kann, das da sagt, es sei Christus' Leib und Blut im Sakrament. (In der angeführten Schrift.)

230 Ebendaselbst.

231 »Ich habe es oftmals erklärt«, sagt er, »daß es mir keinen Hader gelten soll, es bleibe Wein oder nicht. Mir ist genug, daß Christi Blut dasei, es gehe dem Wein wie Gott will. – Ja ehe ich mit den andern wollte eitel Wein haben, ehe wollte ich mit dem Papst eitel Blut haben.« (Ebendaselbst)

232 In einem Briefe an Hartmund von Cronberg.

233 Hiob, 3, 26.

234 Hiob 3, 1.

235 1. Mos. 4, 26.

236 1. Mos. 13, 4.

237 1. Mos. 26, 25.

238 4. Mos. 6, 27.

239 2. MOS. 20, 7.

240 Inest homini quaedam intellectus ambitio, non minor quam voluntatis, praesertim in ingeniis altis et elevatis.

241 Der Laicus Baco sagt so: Adhuc res ita geri consuevit, ut a sensu et particularibus primo loco ad maxime generalia advoletur, tamquam ad polos fixos, circa quos disputationes vertantur; ab illis cetera per media deriventur. – At secundum nos: Axiomata continenter et gradatim excitantur, ut non nisi postremo loco ad generalissima veniatur. Ea vero generalissima evadunt non notionalia, sed bene terminata, et talia quae Natura ut revera sibi notiora agnoscat, quaeque rebus haereant in medullis. – Scientia et Potentia humana in idem coincidunt. – Et quod in Contemplatione instar causae est, id in Operatione instar regulae est.

242 Humanae mentis idola nil aliud sunt quam abstractiones ad placitum: Divinae mentis ideae sunt vera signacula Creatoris super creaturas, prout in materia per Lineas veras et exquisitas imprimuntur et terminantur.

Baco.

243 Verba plane vim faciunt intellectui, et omnia turbant; et homines ad inanes et innumeras controversias et commenta deducunt.

Baco.

244 »Setzet den größten Philosophen und den größten Dichter in Umstände, wo sie sich selbst fühlen; so verleugnet der eine die beste Welt, wie gut er sie auch demonstrieren kann, und den andern verlassen alle seine Schutzgeister bei dem Tod seiner Meta.« J.G. Hamann.

245 Ex Divinorum et Humanorum malesana admistione non solum educitur Philosophia fantastica, sed etiam Theologia haeretica. Itaque admodum salutare est, si mente sobria fidei tantum dentur, quae fidei sunt.

246 Joh. 1, 1. 2.

247 Act. 7, 38.

248 Joh. 1, 14.

249 V. 3.

250 1. Korinth. 10, 4.

251 Act. 7, 39.

252 Act. 7, 41

253 Ps. 19, 2. 3. 4.

254 »Zerstreuungen auf Kosten der Natur« Seite 25.

255 Siehe die Rabinnen; auch dem Reuchlin: De verbo mirifico.

256 Kreuzzüge des Philologen von J.G. Hamann, Seite 197.

257 Ebendaselbst, Seite 192.

258 Ebr. 1, 3.

259 Joh. 14, 9.

260 2. Korinth. 5, 16. 17.

261 Joh. 16, 7.

262 V. 22.

263 V. 13.

264 Joh. 14, 16.

265 V. 17.

266 V. 3.

267 1. Mos. 3, 17.

268 1. Mos. 1, 21.

269 Galat. 5, 17.

270 Die Leidenschaften stehen nicht ohne Ursache in übelm Ruf, und haben nicht von ungefähr, in fast allen Sprachen, ihren Namen vom Leiden, weil da nämlich das Verständige leidet, wider seine Natur und Würde.

271 Matt. 6, 24.

272 Wenn wir wirklich etwas von der unsichtbaren Welt verstünden; so müßten wir noch, um davon verständlich und bestimmt sprechen zu können, eine eigene Sprache haben. Unsere gewöhnliche Sprache, die in der sichtbaren Welt zu Hause ist, wird, wenn man sie auf die unsichtbare anwendet, eine bloße Hieroglyphe, die ein jeder nach der Analogie deutet,wie er will und kann, um den korrespondierenden Begriff zu finden.

273 Apostelgesch. 17, 28.

274 Röm. 1, 19.

275 Apostelgesch. 17, 27. Ps. 27, 8. 4. Mos. 6, 25. 26.

276 Ebr. 11, 1. »Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht des, das man hoffet, und nicht zweifelt an dem, das man nicht siehet.«

277 Ebr. 11, 6.

278 Ebr. 11, 8.

279 Ebr. 11, 24.

280 Ebr. 12, 14.

281 Ebr. 11, 6.

282 Röm. 1.

283 Joh. 3, 3.

284 Sokratische Denkwürdigkeiten, von J.G. Hamann, Seite 51.

285 Joh. 3, 4. 9. 16.

286 Joh. 3, 8.

287 Joh. 16, 22.

288 Matth. 13, 44.

289 Matth. 10, 39.

290 Ps. 34, 19.

291 Joh. 3, 5.

292 Apostelgesch. 18, 24–26.

293 Apostelgesch. 19, 3. 4.

294 Joh. 4, 10.

295 Joh. 1, 33. Matth. 3, 11.

296 Luk. 11, 13.

297 Petr. 1, 19.

298 Koloss. 1, 27.

299 Jonas 3. Act. 10, 30.

300 Matth. 6, 16. 17. 18.

301 Mark. 9, 29.

302 Matth. 19, 26. Luk. 18, 27.

303 Joh. 1, 5.

304 1. Timoth. 6, 16.

305 2. Mos. 20, 19.

306 1. Joh. 4, 12.

307 Joh. 1, 9.

308 Ebr. 8, 2.

309 Joh. 1, 3.

310 Matth. 14, 36.

311 Luk. 6, 19.

312 Act. 4, 12.

313 1. Timoth. 2, 5.

314 Ebr. 13, 8.

315 Matth. 28, 18.

316 Joh. 14, 21.

317 Koloss. 1, 27.

318 1. Mos. 4, 26.

319 1. Mos. 13, 4.

320 1. Mos. 26, 25.

321 2. Mos. 37, 6.

322 Joh. 1, 17.

323 1.Mos. 12, 3.

324 Matth. 12, 3

325 Gal. 5, 17.

326 1. Korinth. 2, 14.

327 Matth. 6, 24.

328 1. Joh. 2, 17.

329 Ps. 34, 9. 1. Petr. 2, 3.

330 Jak. 4, 4.

331 Joh. 12, 24.

332 Gal. 1, 10.

333 Joh. 8, 36.

334 Mark. 8, 37. Ps. 49, 9.

335 Jes. 64, 1.

336 1. Korinth. 1, 17.

337 1. Korinth. 1, 21.

338 1, 25.

339 2, 6–9.

340 2, 1.

341 1. Korinth. 2, 12.

342 1, 23.

343 Röm. 1, 16.

344 Koloss. 2, 3.

345 Jakob. 1, 25.

346 2. Tim. 2, 19.

347 1. Joh. 2, 15.

348 Röm. 14, 17.


Notes
Entstanden zwischen 1803 und 1812. Erstdruck der Sammlung: [1812] »auf Kosten des Verfassers«.
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TextGrid Repository (2012). Claudius, Matthias. Achter Teil. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-545E-3