[Dich/ such ich lieber Lust/ die Ruh der Einsamkeit]

[74] Montano aber konde aus der halbirten Vbeschrift die (Ein-)samkeit nichts anders schliessen/ als/ das Gedicht an sich selbsten müsse von der Einsamkeit handeln/ zumahl weil solches noch die erste halbe Reimzeil im Gedichte unlaugbar darthun wolte: Setzte derwegen meinen hindern Reimen vor diese halben Vorzeilen:


Die Ein-samkeit.


Dich/ such ich lieber Lust/ die Ruh der Einsamkeit/
zu meines Traurens Trost versüsend meine Zeit.
Hier hat kein Wandfuß den seltnen Weg belastet/
Das stumme Wasservolk hat angelfrey gemastet/
Der müde Jägersmann in seinem Durst entbrandt/
Hat niemahls aufgeschöpft hier Wasser mit der Hand/
kein windgeschwindes Wild hat man hier mögen fällen/
Noch mit dem hohen Zeug nach schwartzē Wildpret stellē/
Hier birgt vor niemand nicht der Igel seine Zucht/
Die Eul in dem Gemäur ihr hole Wohnung sucht.
Das langstverfallne Haus zeigt der gewölbte Bogen/
Ihn hat der Zeiten Zeit vorlangsten überwogen/
Der Wiesel und der Luchs sind wohnhaft hier zu Land/
Wie manche Schlang befüllt mit Jungen diesen Sand/
Lebt auch noch unverfault ein Bret vom dritten Gaden/
Hier mag dz Giftgeschmeis in Otterleiche baden.
Ein alte Birken-Stätt nächst der verfallnen Tür/
Dekkt die bemösten Stein und grünet hoch herfür/
Der Fall begräbt das Grab/ ümzirkt den öden Rangen/
Es trauren nächst dē Schloß die dikkbebäumten Hangen.
Wie nennt man diesen Bau/ der keinen Namen hat?
Sein Abweg dient dem Weg jetzt an Begleiters stat.
Hat sich dann Holtz und Laub in diesen Deich gestürtzet?
Das fast ein jeder Baum ist Mahlerrecht gekürtzet.
Sag/ Nymfe dieser Gruft/ bin ich hier gantz allein?
Die gelbe Lachenbrut quakkt aus der Pfützen/ nein.
[75]
An diesem wilden Ort solt Echo Lieb erfrieren/
Die pfleget meine Laut und mein Gesang zu zieren.
Ich liebe diesen Wald/ der ferne von Geschrey
Mich auf so wüstem Weg fürt aller Sorgen frey.
Hier schirmen meine Ruh der Felsen küle Schatten/
Wo sich in rauher Näh die Nachtigallen gatten.
Von welcher Liebes-Klag erschallt der schöne Schall/
Der durch den Thal ertönt/ der hold und helle Hall.
Singt dann der Felsenstein? so will ich gleichfalls singen/
Daß meiner Lauten Laut soll in der Luft erklingen:
Einsame dichten die lieblichsten Lieder/
Lieblich erschallend in Felsen herwieder.
Nimmermer werd ich die Wildnisse hassen
Welche reitzt Hürden die Schäfer zu lassen.
Einsamkeit krönet die Anger und Auen/
Mahnet die Hirten und Herden zu schauen.
Nimmermer werd ich die Wildnisse hassen/
Welche reitzt Hürden die Schäfer zu lassen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Harsdörffer, Georg Philipp. Gedichte. Fortsetzung der Pegnitz-Schäferey. Hirtengedichte. [Dich/ such ich lieber Lust- die Ruh der Einsamkeit]. [Dich/ such ich lieber Lust- die Ruh der Einsamkeit]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-3441-1