Die werk gottes sint alle gut, wer sie im geist erkennen tut

Als ich in meinr kintlichen jugent
wurt zogen auf gut sittn und tugent
von mein eltern, auf zucht und er,
dergleich hernach auch durch die ler
der preceptori auf der schul,
so saßen auf der künsten stul,
der grammatica, rhetorica,
der logica und musica,
arithmetica, astronomia,
poetrei, philosophia,
da mein sinreich ingenium
die ler mit hohem fleiß annum,
da ich lert kriechisch und latein,
artlich wol reden, war und rein;
rechnen auch lert ich mit verstant,
die ausmeßung mancherlei lant;
auch lert ich die kunst der gestirn,
der menschen geburt judicirn,
auch die erkentnus der natur
auf erden, mancher creatur
im luft, waßer, feuer und erden;
darzu mit herzlichen begerden
begrif gesangeskunst subtil,
manch süß liebliches seitenspil;
lert auch entlich die poetrei,
darin an tag zu geben frei
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manniches höfliches gedicht,
sonderlich auch darin aufricht
manch schöne wunderbar histori,
wol zu behalten in memori;
auch macht ich ein teutsche comedi,
doch nicht ungleich einer tragedi
mit scharpf artlichen argumenten,
geistlich und weltlichen regenten,
von dem rein klaren gotteswort,
als ich die vollent an dem ort
zu nutz der ganzen christenheit.
auch fiel mir zu in diser zeit
groß wolfart in mancherlei stück,
als reichtum, er, lob und groß glück,
wolzogen kint, ein treu eweib,
vol schön und mit gesundem leib.
iederman hielt mich hoch und herlich,
auch hielt ich mich tapfer und erlich.
all solch gab ich annemen tet,
als ob ichs von mir selber het,
von natur und geschicklichkeit,
durch kunst und sinreiche weisheit,
und fiel also mein fleisch und blut
in ein stolz und prechting hochmut;
in solch gotloser hoffart schwebet,
in phariseischen werken klebet,
darin mein leben ich zubracht.
gar wenig ich an got gedacht,
das ich all gaben, wie vor stet,
von got allein entpfangen het;
ich höret wol das götlich wort
und evangeli an dem ort,
doch half von got kein freuntlich locken,
die hoffart tet mein herz verstocken,
das es meim gwißen nicht eingieng,
und lag verblendet aller ding.
kein forcht gottes wonet in mir,
sicher war mein herz und begir,
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daucht mich from und gerecht fürwar
wie der gleißner im tempel gar,
und mein sündig leben ellent
ich in dem grunt nie recht erkent,
biß mich entlich der herre gar
zu im zoge bei meinem har,
nemlich durch einen schweren fal
stürzet mich got herab zu tal.
erst ich von meim sünding gewißen
wart hart genaget und gebißen,
sam mir die welt zu eng wolt wern
in solch gar engstlichen beschwern;
mich daucht warlich, auf erderich
all creatur wer wider mich;
all freud und trost waren verschwunden,
er und gut mich nicht trösten kunden,
eßen, trinken und seitenspil
erfreut mein traurig herz nicht vil;
auch war all mein hoffnung verlorn,
wünscht mir oft, ich wer nit geborn.
mich daucht in solcher angst und quel,
ich wer schon im abgrunt der hel
und wer von got genzlich verlaßen;
die verzweiflung verzagter maßen
die focht mit mir nacht unde tag;
in solcher anfechtung ich lag,
mir war verdrießlich all mein kunst,
auch guter freunde lieb und gunst.
in solch großer schwermütigkeit
lag ich im gwißen lange zeit,
dacht: wenn mein fal wirt offenbar,
wirt ich beim volk verachtet gar;
entlich dacht ich an küng David,
wie er dergleichen fal erlit
mit Batseba, wie uns denn sagt
der psalm, drin er so herzlich klagt
sein sünt, bit got im zu verzeien
so lang, biß got in tete freien,
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sein guten geist im wider gab.
erst fieng ich an, ließ auch nicht ab
mit meim gebet in reu und leit
zu got, hofft, sein güt mich erfreit,
wiewol sein gnad mir lang aufzug,
sam mein hoffnung oft gar abschlug.
erst erkent ich mein nichtigkeit,
das nichts guts wer in mir allzeit
von natur dan sünt, schad und schant,
weil got von mir abzüg sein hant,
erkennet erst mein ellent leben.
got het all gute gab mir geben
geistlich und leiblich, doch darob
im nicht dank sagt het, preis und lob,
wie ich got schuldig wer gewesen;
derhalb het er mit der straf besen
mich züchtigt als ein stolzen sun,
darmit demütig machen tun.
da erkent erst mein herz und mut,
das mir der fal wer nütz und gut,
weil ich sein güt im anfang floch;
nun er beim har mich zu im zoch
mit strafen, plagen, sünt und schant,
doch als mit vetterlicher hant;
nun ich erkenn sein milde güt,
dargegen mein gotlos gemüt,
das nur zu bösem ist geneiget,
wie unser wandel teglich zeiget,
dem fleisch und blut ist undergeben,
tut gottes willen widerstreben
und den tag wol siben mal felt,
wo gottes hant nicht ob uns helt,
durch kreuz und harten fal uns stürzt,
das unser stolz uns wert abkürzt,
das wir erkennen grüntlich recht,
das wir alle sint unnütz knecht
und arme sünder dise zeit,
den got durch sein barmherzigkeit
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vom himel hat herabgesant,
Jesum Christum, unsern heilant,
der für uns an dem kreuze starb,
ewig hult und genad erwarb
bei dem himlischen vatter sein.
unser fürsprech ist er allein,
unser mitler in aller not
zwischen uns sündern und auch got,
da er teglichen für uns bit,
versönt und uns treulich vertrit,
wer von herzen zu im aufschreit;
dem sei lob, er in ewigkeit,
da ewig freud uns blü und wachs,
das begert auch herzlich Hans Sachs.

Anno salutis 1568., am 26. tag Februarij.

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TextGrid Repository (2012). Sachs, Hans. Gedichte. Spruchgedichte (Auswahl). Die werk gottes sint alle gut, wer sie im geist erkennen tut. Die werk gottes sint alle gut, wer sie im geist erkennen tut. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-B0FF-8