Der König auf dem Turme

Da liegen sie alle, die grauen Höhn,
Die dunkeln Täler in milder Ruh;
Der Schlummer waltet, die Lüfte wehn
Keinen Laut der Klage mir zu.
Für alle hab ich gesorgt und gestrebt,
Mit Sorgen trank ich den funkelnden Wein;
Die Nacht ist gekommen, der Himmel belebt,
Meine Seele will ich erfreun.
O du goldne Schrift durch den Sterneraum!
Zu dir ja schau ich liebend empor.
Ihr Wunderklänge, vernommen kaum,
Wie besäuselt ihr sehnlich mein Ohr!
Mein Haar ist ergraut, mein Auge getrübt,
Die Siegeswaffen hängen im Saal,
Habe Recht gesprochen und Recht geübt,
Wann darf ich rasten einmal?
O selige Rast, wie verlang ich dein!
O herrliche Nacht, wie säumst du so lang,
Da ich schaue der Sterne lichteren Schein
Und höre volleren Klang!

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TextGrid Repository (2012). Uhland, Ludwig. Gedichte. Gedichte (Ausgabe letzter Hand). Lieder. Der König auf dem Turme. Der König auf dem Turme. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-6FBF-B