Hernach
1908

Prosaischer Kauz


Der holde Mond erhebt sich leise.
Ein alter Kauz denkt nur an Mäuse.
[337]

Unwillkommener Besuch


Wird man im Mittagsschlaf gestört,
Das ist verdrießlich, das empört.
[338]

Rast im Walde


Es hielten mal Wandrer
Im Walde Ruh,
Da kamen zwei Häslein
Und schauten zu.
[339]

Maitanz


Fritz Heuschreck spielte Schrippdiddellitt!
Auf seinem Violinchen;
Der Käferkasperl tanzte mit
Dem Schmetterlingskatrinchen.
[340]

Abendkonzert


Ein Konzert von Dilettanten.
Stimmt auch grad nicht jeder Ton,
Wie bei rechten Musikanten,
Ihnen selbst gefällt es schon.
[341]

Ständchen


Ein Ständchen in der Frühlingsnacht
Ist leicht gebracht.
Nur ist es fraglich, ob's gelingt,
Daß es zu Röschens Herzen dringt.
[342]

Osterhas


Es ist das Osterfest alljährlich
Doch für den Hasen recht beschwerlich.
[343]

Der Verdächtige


Trau keinem Filou,
Und hätt er auch beide Augen zu.
[344]

Kartoffelidyll



[345]

Die brave Großmutter


Großmütterchen tut alles gern
Für Hänschen, ihren kleinen Herrn.
[346]

Der Gefällige


Die Grete steigt zum Hühnernest.
Der Hansel hält die Leiter fest.

[347]
Die Leiter bricht von dem Gewicht.
Erfreulich ist's für beide nicht.
[348]

Die Zeit


So ist nun mal die Zeit allhie,
Erst trägt sie dich,

[349]
Dann trägst du sie;

[350]
Und wann's vorüber, weißt du nie.
[351]

Schnauz


Derweil sein Herr Besuche macht,
Hält Schnauz bei Hut und Schirm die Wacht.
[352]

Messerschleifen


Der Vater schleift das Messer schön,
Gemütlich tut er das.
Das Hänschen muß den Schleifstein drehn,
Tät lieber anders was.

Idyll

[353]

Der Dorfpolitiker


Altenteiler liest mit Ruh
In der Landeszeitung;
Friedlich grast die treue Kuh
Unter seiner Leitung.

[354]
Wenn sich zwei so einig sind
Und sich lange kennen,
Ach, wie kommt dann oft geschwind
Einer, sie zu trennen.

Daß die Trennung möglichst kurz,
Die die zwei betroffen,
Daß nicht gar zu hart der Sturz,
Nun, wir wollen's hoffen.
[355]

Überraschung


Stets findet Überraschung statt
Da, wo man's nicht erwartet hat;

[356]
Doch daß dieselbe überall
Grad angenehm, ist nicht der Fall.

Gar oft erschreckt uns eine sehr
Und eine andre noch viel mehr.
[357]

Die böse Ziege


Ein Sträußlein, abgepflückt,
Damit es schmücke,

Wird oft, eh daß es schmückt,
Ein Raub der Zicke.
[358]

Eule und Star


Guten Tag, Frau Eule!
Habt Ihr Langeweile? –
Ja, eben jetzt,
Solang Ihr schwätzt!
[359]

Innerer Wert


Ein kluger Mann verehrt das Schwein;
Er denkt an dessen Zweck.
Von außen ist es ja nicht fein,
Doch drinnen sitzt der Speck.
[360]

Komm, komm!


Mit Güte lockt fast überall
Die Frau ihr Schweinchen in den Stall.
[361]

Alter schützt vor Torheit nicht



Nein so was! Ein altes verständiges Schwein,
Und fällt kopfüber ins Faß hinein!!
[362]

Schnitzeln









[363]

Prosit Neujahr!


Geld laßt von Herzen allen uns gönnen,
So viel die Esel nur tragen können.


[364]
Das Schwein
Sei dein!
[365]

Prosit Neujahr!


Da steht und kräht er.
Vielleicht gerät er.

Das alte Jahr gar schnell entwich.
Es konnt sich kaum gedulden
Und ließ mit Freuden hinter sich
Den dicken Sack voll Schulden.
[366]

Nachhilfe


Dem Esel, störrisch im Geschäfte,
Verleiht der Knittel neue Kräfte.
[367]

Drohendes Verhängnis


Es machen sich die Fliegen
Ein luftig Tanzvergnügen.
Der Frosch der denkt: Nur munter!
Ihr kommt schon noch herunter!
[368]

Kühlung


Es ging Professor Schretter
Ins Feld bei heißem Wetter.

Er bückt sich tief, auf daß er
Mal tränke, übers Wasser.

Da kam die Geiß, und bubbs!
Gibt sie ihm einen Schubbs.

Und wer es sieht, der fühlt:
Jetzt ist er abgekühlt.

[369]
Mutter und Sohn mit frohem Gesichte
Gingen zu Markt. – Es sind die Eier
Heuer hübsch teuer,
Das Stück zwei Dreier. –
Perdatsch! Da liegt die ganze Geschichte!
[370]

Schnitzeln





[371]

Der Gratulant


Zu spät, mein Lieber!
Der Namenstag ist längst vorüber.
[372]

Künstlers Hoffnung


Armer Künstler hat es sauer,
Doch Erfolg kommt allgemach.
Zeigt sich nur erst ein Beschauer,
Folgen wohl die andern nach.
[373]

Ein Muster der Schnelligkeit


Die Panzerkröte sprach zur Schnecke:
Pfui! Schäme dich!
Du kommst ja gar nicht recht vom Flecke!
Da sieh mal mich!!

[374]
Wenn das Rhinozeros, das schlimme,
Dich kriegen will in seinem Grimme,
Dann steig auf einen Baum beizeiten,
Sonst hast du Unannehmlichkeiten.
[375]

Unverhofft


Der Negerknabe ging so still
Am Nil dahin. Plötzlich erblickt er
Ein unverhofftes Krokodil.
Oh, wie erschrickt er!!
[376]

Drohendes Verhängnis


Der Spritzefisch ist ein
Gar listiger Geselle.
Gib acht und hüt dich fein,
Leichtsinnige Libelle!!
[377]

Glück im Unglück


»Das war noch 'n Glück!«
Rief der Heuschreck. Da ließ er ein Bein zurück.
[378]

Schnitzeln




[379]
Das Nilpferd pflückt sich oft gemütlich
Ein Blümchen ab. Das macht sich niedlich!

Schnitzeln


[380]

[381]

Der unverschämte Igel



In einem Baumstamm, unten hohl,
Da sitzt der Has und fühlt sich wohl.
Ein Igel, dem der Ort gefiel,
Möcht auch hinein, weil's draußen kühl.
Der Hase, voller Gütigkeit,
Macht höflich Platz und rückt beiseit.


Doch kaum ist er beiseit gerückt,
Fühlt er bereits, daß ihn was prickt.
[382]
Und plötzlich so geprickelt hat's,
Er muß heraus mit einem Satz.


Oh, unverschämtes Stacheltier!
Aha, der Fuchs ist auch schon hier.
Zwar gleich macht sich der Igel dick
Und zieht sich in sich selbst zurück.


Der Fuchs, der gern den Igel frißt,
Weiß aber, was zu machen ist.
[383]
Und weiß, wie man ihn fassen kann,
Und schüttelt und verzehrt ihn dann.


Hier liegt die Haut, ganz hohl und leer.
Den Hasen, scheint's, erfreut es sehr.
Doch innerlich, so wie man sieht,
Ging ihm die Sache zu Gemüt.


Gottlob, nun sitzt der gute Has
Gemütlich wieder, wo er saß.
[384]

Schnitzeln






[385]

Der fliegende Frosch


Wenn einer, der mit Mühe kaum
Gekrochen ist auf einen Baum,

[386]
Schon meint, daß er ein Vogel wär,

[387]
So irrt sich der.
[388]

Gestörtes Duett


Melodisch sangen Katz und Kater
Ihr zärtlich Lied des Abends spät.
Den Stock ergreift des Hauses Vater,
Die Mutter nimmt das Waschgerät.

[389]
Die sanften Liebestöne schwiegen;
Es zischt und kracht im Treppenhaus.
Der Vater purzelt von der Stiegen,
Die Mutter gießt die Schale aus.
[390]

Sorglos


Selbst mancher Weise
Besieht ein leeres Denkgehäuse
Mit Ernst und Bangen. –
Der Rabe ist ganz unbefangen.

[391][393]

Notizen
Erstdruck, herausgegeben von Otto Nöldeke: München (Joachim) 1908.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Busch, Wilhelm. Hernach. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-164B-9