1828, Juli oder August.
Mit Leipziger Studenten der Theologie
Eines Tages kamen unter anderen Fremden drei junge Herren zu mir [Sckell] und fragten, ob sie Goethe sprechen könnten; sie hätten gehört, daß er sehr stolz sei. Man hatte sie falsch berichtet: Stolz kannte Goethe nicht. Ich fragte die jungen Herren, wer sie seien; es waren drei Studenten der Theologie aus Leipzig. Der Secretär und der Bediente waren ausgegangen; [309] Goethe selbst ging im Eschengang bei dem mittleren Schlosse spazieren. Ich begab mich zu ihm und meldete ihm die Leipziger. »Was nur die jungen Leute an mir haben!« rief er etwas unwillig aus. Es frappirte mich diese Äußerung einigermaßen, da ich den Herren ausgeredet hatte, daß Goethe stolz sei, und ich wagte also, ihm zu erwiedern, daß ich es gern sehen würde, wenn er die Harrenden vorließe. »Na, na! wenn Sie es gern sehen,« resolvirte er, »so sagen Sie den Herren, daß sie zu mir her in den Eschengang kommen.« – Erst nach einer halben Stunde kamen die Fremden ganz vergnügt von Goethe zurück, meinten, so human hätten sie ihn sich nicht vorgestellt, und leerten vor Freude einige Flaschen Wein auf sein Wohl.
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