Judas der grobe und stolze Narr, in Erwägung, daß er Procurator und Hauspfleger sey, unterstehet sich vor allen andern Apostlen zu sitzen bei dem Füßwaschen, ja vermuthlich hat er gar dem Peter das erste Ort nit vergunnt.
Den 14. Tag des Monats Nisan, welches bei uns der April ist, am Donnerstag nach dem Palm-Sonntag hat der gebenedeite Heiland Jesus, nach dem [419] Gesetz der Hebräer, gegen späten Abend das Oster-Lamm geessen in einem Haus eines sehr reichen Edelmanns, dessen Namen, nach Aussag Greg. Nazianceni, Gausanii, Maldonati, Adrichomii, Cornelii, und anderer mehr, soll geheißen haben Joannes, mit dem Zunam Marcus, so nachmals ein Gespann und Mitgesell gewest ist des Pauli und Varnabä in dem Predigt-Amt: dieser war bei sehr großen Mittlen und Reichthum, welches aus dem unschwer abzunehmen, weil er einen stattlichen großen Saal mit kostbaren Teppich und Spalier ausgeziert zu dieser Solennität bereitet hat, auch das gebratene Osterlamm in keiner gemeinen Schüssel, sondern in einem von Smaragd verfertigten Geschirr, wie noch in der berühmten Stadt Genua zu sehen, aufgetragen worden. In besagtem hohen und schönen Saal hat der demüthigste Heiland den 12 Apostlen die Füß gewaschen, und zwar folgender Gestalt: Erstlich hat denselbigen Abend der liebste Heiland eine dreifache Mahlzeit gehalten, die erste war nach dem Gesetz, in dero er mit seinen Apostlen, nebst allen gehörigen Ceremonien, das Oster-Lamm verzehrt; die andere war die tägliche und gewöhnliche Mahlzeit, dann wo viel Gäst, und großes Hausgesind sich eingefunden, kleckte das Oster-Lamm nit dieselbige zu sättigen, derenthalhen vonnöthen war, daß man auch andere Speisen nach demselbigen aufgetragen; die dritte Mahlzeit ist gewest diejenige, worin er das höchste und heiligste Altargeheimniß an- und eingestellt; nachdem nun die Apostel die erste Mahlzeit, benanntlich des Oster-Lamms vollbracht, und auch bei der anderen Tafel schon ziemlich in die Schüssel griffen, dann Ihr Gnaden Herr [420] Joannes Marcus sehr wohl tractirt, ist der Heiland Jesus aufgestanden, coena facta, und angefangen den Apostlen die Füß zu waschen, und ist sehr wohl zu glauben, wie der h. Joan. Chrysost. Origines, Euthimius, Theophilactus vorgeben, daß der unverschamte Judas, als ein stolzer aufgeblasener Limmel, das erste Ort habe eingenommen, und folgsam der himmlische Pelican vor diesem Galgen-Vogel zum allerersten niedergeknieet. Dieser hoffärtige Iscarioth hat eine sehr große Bruderschaft.
Allhier günstiger Leser, laß dir keinen Eckel oder Grausen ankommen, wann ich eine, und vielleicht ziemlich lange Reis' vortrage, worin ich die Stell eines Doctors der Medicin eine geraume Zeit vertrete, und meines Erachtens nicht einen geringen Nutzen dem Nächsten gebracht. Erstlich hab ich meinen Gradum genommen zu Padua, daselbst meine Doctrin so wenig als sie ist geschöpft von dem h. Antonio de Padua, der aus lauter Demuth den seraphischen Orden angetreten, um weil derselbige pranget mit dem Namen Minor, der Mindere, welches er je und allemal in seinem ganzen heiligen Lebens-Wandel sattsam erwiesen hat, absonderlich dazumal, wie er in der Kuchel die Häfen abgewaschen, da er doch von Gott erkiesen war zu einem Gefäß der Auserwählung, vas electionis, forderist dazumal, als er von einem undiscreten Quardian, da man sonst manchen Prior dessenthalben beschuldiget, daß er scharf und grob sey, zumalen von dem Esau gesagt wird: Qui Prior egressus est, ruffus erat et hispidus etc., in Mitte des Refectori zu Messana wegen eines Mängels, den er nie begangen, scharf ermahnt [421] worden, welches er doch mit verwunderlicher Demuth alles übertragen, wie dann noch auf heutigen Tag daselbst, wo der h. Mann geknieet, kein Stein kann fest gemacht werden, zur ewigen Gedächtnuß seiner Demuth, sondern ein eisernes Gätter darüber gezogen, damit es allen kundbar sey, daß Antonius Namen und That halber ein Minor-ita gewesen sey. Von diesem paduanischen Doctor hab ich meine Recept erlernt, mit welchen ich nachmalens große Krankheiten curirt hab, benanntlich:
Nachdem ich in eine vornehme Stadt angelangt, und bei dem Thor, woselbst die Soldaten mehr mannlich, als manierlich mit mir umgangen, meine Profession und Arznei-Kunst geoffenbart, ist gar eine kleine Zeit unterloffen, daß ich bin nach Hof berufen worden, allwo ich durch etliche hohe Bedienten zu dem König geführt war, welcher sich dazumal sehr unpäßlich befunden, wessenthalben man mich ersucht, ich wolle doch Kraft meiner Wissenschaft aussagen, was dieß vor ein Zustand sey? ich ohne ferners Nachsinnen habe die Krankheit alsobald erkennt, wie daß es ein sehr gefährliches Uebel sey, Ihr Majestät, sagte ich, sie seynd stark geschwollen und aufgeblasen, das ist übel. Et vos inflati estis.
Aufblasen seyn, das ist ein harter Zustand. Der gebenedeite Heiland wollt auf keine Weis' seine Gottheit und Menschheit verhüllen mit der Gestalt des gesäuerten Brods, in dem höchsten Altar-Geheimnuß, und auf allweg den Sauerteig ausgeloschen, darum vielleicht, weil derseldige aufblähet, dann man wird zuweilen Brod und Semmel finden, welche dergestalten [422] einwendig hohl, daß bald der Bäck, sein Helfer, der Mischer, der Lehr-Jung, all ihr Geld konnten darein verbergen, dessen Ursach ist der Sauerteig, der also aufblaset, darum etwann wollte der Heiland Christus das allerheiligste Abendmahl nit einstellen in dem gesäuerten Brod, weil er dem ausblasenen Ding spinnfeind ist, absonderlich den aufgeblasenen und stolzen Gemüthern.
Gott der Allmächtige hat mehrmalen große Wunder gewirket durch die vernunftlosen Thiere, aber nie durch den Pfauen. Wie der h. Medardus, dazumal noch ein Knab auf dem flachen Feld, in Mitte eines Platz-Regens gestanden, ist die ganze Zeit ober seiner ein Adler mit ausgespannten Flügeln gestanden, daß nit ein Tropfen den frommen Knaben benetzt. Das war ein adeliches Dach.
Der h. Jungfrau und Martyrinn Katharinä hat 12 Täg nacheinander, da sie in der harten Gefängnuß gelegen, eine Taube die nothwendige Nahrung zugetragen. Das war ein köstlicher Kostherr.
Dem h. Columbano hat ein Rab einen Handschuh gestohlen, aber auf des h. Manns Befehl denselben wieder zurück gebracht. Das war ein leidiglicher Dieb.
Die h. kildariensische Abtissinn Brigitta hat die Wild-Enten zu sich berufen nach ihrem Wohlgefallen, und ganz freundlich mit ihnen gescherzt. Das war mit diesen wilden Vögeln kein wildes Gespäß.
Zu Cisterz haben die daselbst wohnenden Storchen gegen spate Herbst-Zeit ihre Abreis' nit wollen nehmen, bis sie die Benediction von dem P. Prior [423] selbigen Klosters empfangen. Das waren fromme Herren von Thurn.
Den h. Franciscum in der Wüste Avernä hat alle Nacht ein Falk zu der Mette aufgeweckt, und mit ihm die Horas gesungen. Das war ein seltsamer Choralist.
Die selige Ida Lovoniensis hat alle Hennen und Hahnen eines Orts zum Meß hören geruft, welche dann ganz schleunig mit aufgereckten Köpfen sich eingefunden, und nit abgewichen, bis das Evangelium geendet worden. Das war ein andächtiges Geflügelwerk.
Der h. rhemensische Erzbischof Remigius war also sanftmüthig, daß sogar die Spatzen mit ihm über Tafel geessen, und die Brösel zusammen klaubt. Das waren vertrauliche Treid-Dieb.
Der selige Simon Assisias hat zu Prufort in Piceno den Alstern, so in großer Anzahl daselbst ihre Nester gemacht, ernstlich geboten, sie sollen ihre Wohnung anderwärts nehmen, worauf sie augenblicklich abgereis't, und noch auf heutigen Tag keine dergleichen Vögel daselbsten gesehen worden. Das war ein geschwätziger Gehorsam.
Anno 1663 litt Ihr Gnaden Herr Johann Jakob Freiherr von Weichs unbeschreibliche Schmerzen an dem Stein, welchen, wo nit zu wenden, jedoch zu lindern wußte seine Frau Gemahlinn Maria Constantia, dafern sie nur ein Vögerl beihanden hätte, so insgemein das Königl genennt wird, welches aber dazumal, als den 21. Dezember nit auch mit Geld zu bekommen war; nachdem sie aber ihre Andacht und Zuversicht geschöpft zu dem h. Cajetanum, da ist unverhofft [424] ein solches Vögerl dem Baron in das Zimmer geflogen, welches sich freiwillig in den daselbst angezündten Kamin gestürzt, woraus nachgehends die gewünschte Medizin zubereit worden, und also gedachten Zustand vertrieben. Das war eine große Sach mit diesem kleinen Vögerl.
Unzahlbar viel dergleichen Wunder lies't man in den Büchern, Kroniken und Lebens-Verfassungen der Heiligen, wie der Allmächtige so große Mirakul gewirkt durch und mit allerlei Geflügel. Aber niemalen geschieht einige Meldung von dem Pfauen, wodurch sonnenklar abzunehmen, wie feind und abhold Gott dem Stolzen und Aufgeblasenen sey, massen der Pfau eine Abbildung der Hoffart. Adam befand sich in einem so vornehmen Stand, daß ihn alle Thier vestra Dominatio mußten tituliren, massen ihm der Allmächtige solchen Ehren-Namen selbst ertheilt, Dominamini piscibus maris etc., weil er aber sich nachmals übernommen, und sich hoffärtig aufgeblähet, gar wollte einen Gott spendiren, also hat ihm der Höchste den Hochmuth genommen, daß er aus einem vestra Domonatio ein vestra damnatio worden; der ex limo erschaffen, ein Limmel worden, so gehts, hohe Steiger fallen bald.
Agar, eine Kammer-Jungfrau bei Ihro Gnaden Frau Sarai, wie sie bei dem Abraham schwanger worden, indem es dazumal zuläßig, hat sich nicht allein der Leib aufgeblähet, sondern auch das Gemüth, gestalten sie sich derenthalben übernommen, die Frau Sarai nit wenig veracht, ich, dacht sie, bin ein rechtschaffnes Weibsbild, durch mich wird des Abrahams [425] Stammhaus wieder übersich kommen, wie wird man mich mit der Zeit nit ehren? meine Frau ist nit weit her, aber ich bin von der fruchtbringenden Gesellschaft, sie wird weder Kinder tragen, weder Ehr davon tragen etc., weil sich diese stolze Krott also hoffärtig aufgeblähet, hat sie müssen die Herberg raumen, und spöttlich aus dem Haus gestoßen werden. So gehts, hohe Leut stoßen bald mit dem Kopf an.
David hat es dazumal schändlich übersehen, wie er das ihm untergebene Volk hat lassen zählen, wodurch er sich in etwas aufgebläht, in Erwägung, daß er so viel Vasallen unter seinem Gouerno. Lieber David, dasmal hast du die Saiten auf deiner Harfe zu hoch gestimmt; Gott hat ihn derenthalben hart gezüchtiget, und viel tausend der Seinigen durch die Pest hingerissen, das Zählen hat Zahlen kost. So gehts, hohe Felsen werden bald vom Donner getroffen.
Nabuchodonosor hat sich wegen seiner Macht und Herrlichkeit so stark übernommen, daß er endlich sich für einen Gott aufgeworfen, wessenthalben er in ein wildes Thier verkehrt worden, der zuvor solches Stroh im Kopf hatte, mußte nachmals Gras fressen, wie ein Ochs; ist also bei ihm das super-bos zusammen kommen, und hat müssen auf der Erd kriechen, der zuvor gar zu hoch übersich gangen. So gehts, hohe Sänger werden bald heiser.
Aman hat sich also aufgeblähet, daß er vermeint, alle Kniee sollen sich vor seiner biegen, aber das heißt das Glück über die Kniee abbrechen, er ist endlich nach seinem Wunsch alleinig hoch angesehen worden, weil er an lichten Galgen kommen. [426] So gehts, hohe Bäum werden bald vom Wind gebrochen.
Herodes, der König, ist so weit im Hochmuth gewachsen, daß er sich wie ein Gott aufgeblähet, und weil ihm das lateinische Laus so wohlgefallen, hat der Allmächtige verhängt, daß ihn das Deutsche lebendig gefressen, massen er von der Lauskrankheit und Würmen lebendig verzehrt worden. So geht es, hohe Gebäu leiden bald Schaden.
Aufblasen seyn, das ist halt ein harter Zustand; wegen des stark blasenden Winds wäre bei einem Haar das Schiffel der Apostel zu Grund gangen, daß sie also genöthiget worden, mit dem Domine salva den Herrn aufzuwecken; aber durch die aufgeblasene Hoffart seynd schon unzahlbar viel zu Grund gangen: der Pharao, der Kore, der Abimelech, der Saul, der Jeroboam, der Moab, der Balthasar, der Antiochus, der Micanor, der Absalon, der Lucifer, diesen Schelmen hätt ich bald vergessen, und viel tausend andere seynd durch und an diesem Zustand und Krankheit verdorben. Weil ich dann sah, daß eben dieses Anliegen auf der Seite des Königs war, als der wegen seines Reichs, wegen seiner Macht, wegen seiner Victori und Sieg nit wenig aufgeblasen, ja schon allbereit dem macedonischen Alexander das Prädikat Magnus vom Titel weg gekratzt, andere Fürsten und Potentaten nit vor gut gehalten, ja wider allen Fug und Gerechtigkeit aus lauter Ehrgeiz die benachbarten Länder mit Krieg überfallen, also hab ich ihm bei Zeiten ein Recept vorgeschrieben, wie folgt:
[427] Recip:
Vor solches Aufblähen
Esel-Milch â 3 VI.
Kürbes-Blätter â 2/3 1.
Angelica mit Spir. Vin. bereitet. Dos 3) B distillirt in Aschen, ist trefflich gut vor diesen Zustand.
Wann ihr Majestät dieß nit bei Zeit brauchen, so ist kein Aufkommens mehr, dieß einige Mittel ist noch vorhanden.
Die Eselsmilch nimm ich von jener Eslin, worauf unser lieber Herr und Heiland kurz vor seinem bittern Tod den prächtigen Einzug gehalten nach Jerusalem, diese Eslin, dafern sie reden konnte, wie ihre Befreundten bei dem Balaam, würde sattsam Zeugnuß geben, wie flüchtig und nichtig alle Ehren und Würden dieser Welt seyn, massen der gebenedeite Herr und Heiland in besagtem herrlichen Eintritt alle erdenkliche Ehr empfangen; zumalen das gesamte Volk ihm entgegen gangen, mit allgemeinem Jubel und Frohlocken bewillkommnet, sogar, wie etliche darvor halten, haben die steinernen Bilder der alten römischen Kaiser auf den Pallästen und vornehmen Gebäuden sich gegen den Herrn demüthig geneigt, die hurtigen Knaben und fröhliche Jugend ihn mit grünen Palmzweigen verehrt, lauter Osanna, Osanna in Excelsis. Kaum daß vier Tag verflossen, hat sich das Blättl gewendt, da hats nicht mehr geheißen: Osanna, sondern subsana verunt me; nit mehr gebenedeit, der da kommt, sondern kreuzige ihn, kreuzige ihn; nit mehr die Zweig von dem Palmbaum, sondern der bittere Kreuzbaum selbst hat ihn empfangen; nit mehr die [428] Kleider auf die Erd gebreit, sondern er ist der seinigen selbst beraubt worden: nit mehr Rex Israel, sondern non habemus Regem, nisi Caesarem. Wie ist so gar nit zu schauen, noch zu bauen, noch zu trauen auf die Glori der Welt: Macrinus, ein großer Kaiser, Galienus, ein mächtiger Kaiser, Gordianus, ein siegreicher Kaiser, Becius, ein herrlicher Kaiser, Gallus, ein berühmter Kaiser, Volusianus, ein stattlicher Kaiser. Quintilius, Aurelianus, Numerianus, Sicinius, Constans, Constantinus, Junior, Julianus, Valens, Gratianus, Valentianus, lauter Kaiser, Monarchen der Welt, Herrscher des Erdbodens, Obsieger der Feinde, Vermehrer des Reichs, was noch? arme Tropfen, indem sie eine kleine Zeit den Scepter geführt, die Kron getragen, mit Purpur geprangt, ihre Herrschung aber bald geendt, also zwar, daß aus besagten hohen Welthäuptern nicht einer des natürlichen Tods gestorben, sondern alle meuchelmörderisch umgebracht worden.
Die Kürbesblätter zu diesem Recept spendirt mir der Prophet Jonas, welche er außer der großen Stadt Ninive auf einer Höhe abgebrochen, daselbst hat der Allmächtige bei heißer Sommerszeit im Augenblick lassen einen großen Kürbes aufwachsen, welcher ihm mit seinen breiten und schattenreichen Blättern die Sonnenhitz mit höchster Begnügung abgewendet; unterdessen aber, da Jonas ganz sanft unter diesem grünen Dächel und schönen Umbrell eingeschlafen, wollte Gott dem Propheten zeigen, wie alles auf der Welt der Unbeständigkeit unterworfen, hat er einem Wurm anbefohlen, er soll ganz schleunig die Kürbes-Stauden [429] abnagen, welches dann er unweigerlich gar bald vollzogen, ist also geschwind verdorrt und verdorben, was so schön florirt.
Diese Kürbesblätter seynd eine eigentliche Abbildung aller zeitlichen Hohheiten, Ehren und Würden, welche sogar ihr Losament zu Konstanz nit haben, sondern bald wie ein Blatt verdorren, wie ein Rauch vergehen, wie ein Schatten verschwinden, wie eine Blühe verwelken, wie ein Wasser versinken, wie ein Licht erlöschen, wie ein Schall verklingen, und zu nichts werden.
Tausend andere zu geschweigen, scheint allein genug dasjenige, was der gerechte Gott verhängt hat über den französischen König Henrich, dieß Namens den Vierten, weil solcher sich seines Wohlstands und Hohheit übernommen, und schon dergestalten aufgeblasen war, daß er allen anderen Monarchen den Trutz geboten; die Kron Spanien an unterschiedenen Orten mit großer Kriegsmacht überfallen, das benachbarte Flandern beunruhiget, den mailändischen Staat hart und feindlich angetast, und dero Kriegsvolk an sich gezogen, nach dem berühmten Königreich Neapel mit aller Macht getracht, die ganze Welt fast in Schrecken und Zittern gesetzt, weil ihn der angestammte Ehrgeiz immerzu mehr gekitzlet, glaubte er, daß die Lilien nicht übel stunden in dem Garten, allwo der römische Reichsapfel wachset, zu welchem ungerechten Zweck er bereits viele deutsche Gemüther an sich gebracht, wie dann noch das verruchte Geld viel Allemannier zu Kahlemanner macht, und die parisische Waar viel leonische Herzen verdirbt; mit einem Wort, [430] Henricus und Henrici hohes Glück florirte, wie die Kürbesblätter Jonä, nach allem Wunsch und Gefallen; aber Geduld ein wenig, wann der Mond voll ist, so hat er nichts, als das Abnehmen zu erwarten; Henricus, seines Sinns nach der Höchste, wart ein wenig, Simon Magus, wie er geflogen, dort ist er gefallen. Henricus schon halb vergwißt des römischen Reichs-Apfels, hör ein wenig, Tantalus hatte den Apfel schon vor dem Maul, hat schon darnach geschnappt, aber gleichwohl nit ertappt, est Deus in Israel, Gott hat die Kron dem Habsburg gespendirt, und nit dem Hättsburg: Domus Austriaca hat in Ablativo caret, die Lerchen seynd des Adlers, durch göttliche Dispensation Schwestern worden; Henricus hat die Macht, was schadts, Potentia est prima brevis, er ist allirt, was irrts, aus dem alliren kann bald ein alieniren werden, ist wohl öfter geschehen; er thäte bishero allzeit überwinden, ich lach hierzu, Victoria ist generis foeminini, und dieß ist allzeit unbeständig. Henricus biets, das Haus Oesterreich päst, aber Gott halts darfür, ludens in orbem terrarum, und gewinnet das Spiel mit einem Buben und schlechten Kerl, mit Namen Ravigliae, welcher Anno 1610 den König Henrich auf öffentlichem Platz zu Paris in seiner Karozen mit einem Dolch jämmerlich, im Beiseyn des ganzen Hofstaats, ermordt. O Wunder! ein Bub sticht einen König, o Wahrheit, alle Ehr und Hohheiten seynd Kürbesblätter Jonä! o Gerechtigkeit Gottes! ein schlechtes Messer schneidt einen so starken Hochmuth ab.
Cyrus, König in Persien, wie er von Tomyri [431] ist enthaupt worden. Attila, König in Ungarn, wie er gäh bei der Nacht im Bett erstickt. Heliogabalus, römischer Kaiser, wie er in einer Senkgruben ermordt worden. Eduardus XI., König in Engelland, wie er s. v. in einem Abtritt mit einem Bratspieß durch den hintern Leib erstochen worden. Kaiser Commodus, wie er im Bad erdroßlet worden. Sigismundus, König in Burgund, wie er in einem Brunn ertränkt worden, Edwinus, König der Northumbrier, wie er in der Keiche gestorben. Pyrrhus, König der Epiroter, wie er von einem Weib mit einem Ziegelsteine erworfen worden. Josias, König der Juden, wie er durch einen Pfeil erschossen worden. Saul, König in Israel, wie er durch einen Degen umkommen. Sigthunius, König in Schweden, wie er mit einem Prügel zu todt geschlagen worden. Wie Mustapha, des türkischen Solimanni Bruder, mit einem Strick erdroßlet worden. Wie die 5 König der Amoräer seynd an das Kreuz genaglet worden. Wie Agag, ein König der Amaleciter zu Stücken zerhauen worden, wie Kaiser Jovinianus vom Rauch erstickt, wie Ludovicus, König in Ungarn, in einem Morast ersoffen, wie Benadab, König der Syrier, von seinem Diener erhängt worden, wie Pharao, König der Aegyptier, im rothen Meer zu Grund gangen, haben sie sonnenklar, augenscheinlich, handgreiflich erfahren, daß alle königliche Hohheit nit mehr privilegirt sey, als die Kürbesblätter Jonä, und was allen diesen begegnet, das kann auch dir großer Monarch, auch dir gekröntes Haupt, auch dir unüberwindlicher Obsieger, widerfahren; dahero blas' dich nit auf, gedenke, was du bist, das [432] bist du, Nos Dei gratia, durch Gottes Gnad, und wann dieser dir solche entzieht, bist du nichts.
Es ist ein großer, ein weiter, ein langer, ein breiter, ein hoher Unterschied unter dem Nehmen: dann es gibt Wegnehmer, es gibt Abnehmer, es gibt Umnehmer, es gibt Ausnehmer, es gibt Einnehmer, es gibt Aufnehmer, es gibt Zunehmer, es gibt Uebernehmer; beim Wegnehmen hat sich Achaz befunden, wie er in der Stadt Jericho geraubt hat; beim Abnehmen hat sich der Isaak befunden, wie er in seinem Alter an Leibskräften abgenommen; beim Umnehmen hat sich der David befunden, wie er wegen großem Frost und Kälte so viel Kleider umgenommen, gleichwohl nit hat können erwarmen; beim Ausnehmen haben sich die drei Marien, benanntlich Maria Salome, Magdalena und Jakobi befunden, wie sie die köstlichen Specereien ausgenommen; beim Einnehmen hat sich der Holofernes befunden, wie er das Nachtmahl eingenommen in Gegenwart der schönen Judith; beim Zu nehmen hat sich der Job befunden, wie er an Leibsgestalt und Habschaften wieder hat zugenommen; beim Uebernehmen hat sich der Teufel befunden, wie er sich seiner Gestalt und Hohheit übernommen, und dem Höchsten hat wollen gleich seyn. Aber welches Nehmen thut zum mehresten nehmen? rath und reim, reim und rath.
Wegnehmen thut der Dieb.
Zunehmen thut die Lieb.
Umnehmen thut der Kalte.
Adnehmen thut der Alte.
Einnehmen thut der Saufer.
Ausnehmen thut der Kaufer.
Aber
[433] Uebernehmen und Hochmuth.
Pflegt auch das meiste Nehmen, und thut nie gut.
Göttes Gnad, der Engel Huld, der Ehren Bestand, der Menschen Gunst, des Stands Wohlfahrt, der Güter Wachsthum, des Hauses Segen, des Leibs Nutzen, der Seelen Heil thut nehmen das Uebernehmen. Von Häuptern die Kron, von Händen den Scepter, von Achseln den Purpur, vom Thron den Sitz, vom Herrscher das Reich, von Kriegsfürsten die Victori thut. nehmen das Uebernehmen. Uebernimm dich dann großer König, blähe dich auf, wie ein Absalon, welcher wollte der Israeliten König seyn, mußte aber Eichel-Bub bleiben. Wachs im Hochmuth, wie ein Domitianus, welcher wollte ein Gott seyn, mußte aber im Elend sterben; veracht alle anderen, wie ein Antiochus, welcher glaubte, daß es ein Verwandter des Gott Jupiter sey, mußte aber zulezt lebendig verfaulen, also halt für gewiß, daß Hochmuth eine Vigil sey des Falls, ein Vorbot des Verderbens, ein Prophet des Unglücks, ein Schlüssel zum Elend. Mit wenig Worten, das Uebernehmen ist ein unfehlbares Zeichen des Abnehmens, merks König!
Angelica zu dem Recept gibt ein Angelus oder Engel, welcher aus göttlichem Befehl einen hochmüthigen Kaiser sehr stattlich gedemüthiget, dieser war Jovianus, der wegen seiner Macht, herrlichen Siege, großen Reichthum, und allerseits willfährigen Glücks-Standes sich also übernommen, daß er bereits ihm eingebildet, es sey etwas mehr, als Menschliches an ihm, wessenthalben ihm ein Engel mit sehr artlichem Fund [434] seine Thorheit gewiesen. Es hat sich ereignet, daß besagter Kaiser Jovianus einmal bei heißer Sommers-Zeit, unweit seiner Residenz-Stadt, in einem sehr herrlichen Lust-Garten eine kühle Luft geschöpft, und weilen nicht allein daselbst die schattenreichen Bäume, das annehmliche dicke Gehölz, die ordentlich ausgesetzte grüne Hecken alle Augen ergötzten, sondern auch ein schöner Wasser-Teich, welcher von da und dort herquellenden Brunn-Adern allerseits bereicht wurde, also ist dem ohne das wohllustigen Kaiser eingefallen, sich in diesem silberfärbigen Wasser zu baden, und darmit die von übermäßiger Sommers-Hitz ermatte Glieder zu erquicken, zu welchem End er alle hohen Kavalier, adeliche Bediente, und gesamten Hofstab von sich geschafft, mit dem ernstlichen Befehl, daß sie ausser des Walds warten, und auf gegebenes Zeichen wieder daselbst erscheinen sollen, welcher gnädigste Willen dann in allweg vollzogen worden; wie nun Jovianus in Mitte dieses nassen Gespäß und angenehmer Erfrischung sich befunden, da hat ein Engel einem fast lächerlichen Spiel den Anfang gemacht, als welcher die ganz ähnliche Gestalt, das natürliche Gesicht, und eigene Geberden des Kaisers Joviani an sich genommen, dessen prächtige Kleidung, so er der Kaiser unter einen Eichbaum gelegt, angezogen, und sich also vor dem ganzen Hofstaat gezeigt, worauf dann alle hohen Ministri, alle adelichen Aufwarter, die ganze stattliche Leib-Guardi Ihr Majestät ihren allergnädigsten Herrn unterthänigst empfangen, und selbige (unwissend des wunderseltsamen Wechsel-Spiels) nach dero Residenz samtlich begleit; unterdessen stiege der wahre Kaiser Jovianus aus seinem [435] Lust-Bad, fande aber nit mehr seinen kaiserlichen Purpur und Aufzug unter dem Eichbaum, sondern anstatt dessen einen groben Bauern-Pfaidt, und einen schlechten sehr zerlumpten Holzhacker- Küttel, ob welchem sich der Kaiser nit wenig befremdt, als der nit fassen konnte diese so seltsame Metamarphosin, daß so bald der Sammet und Seiden sich in Zwilch und rauhen Loden verkehrt, schreit demnach mit wohlerhebter Stimm, pfeift, ruft, schafft, begehrt, bitt, drohet, flucht, klagt, es wollte aber niemand ihm eine Antwort geben, ausser das geschwätzige Echo oder Widerhall, mußte also aus dringender Noth der hochmüthige Kaiser in das rupfene Hemmet schliefen, und die zotige Bauern-Joppe anlegen, voll des Zorns und Grimmens, wie er mit seinem Hofstaat wolle verfahren, nachdem er aber auch ausser des Walds und dicken Gehölz seine Bediente nit mehr angetroffen, hat er nit anderst können, als in diesem so geringen Aufzug seinen Weg nach dem nächsten Geschloß eines Edelmanns zu nehmen, allwo er (zumalen er durch göttliche Verhängnuß nit erkannt wurde) nach vielen Bärnhänters-Titlen und höhnischen Worten mit Gewalt abgeschafft worden. Nach solchem so harten und unverhofften Willkomm begibt er sich in die Stadt, und folgends nach Hof, woselbst er mit trutzigem Gesicht durch die Schildwacht zu dringen sich unterfangen, aber nit allein von derselben mit guten Pfüff und wieder holten Schlägen empfangen, sondern auch in Verhaft genommen worden. Diese neue Begebenheit kam bald zu den Ohren des Kaisers (der ein Engel war) auf dessen Befehl der alberne Mensch vorgestellt wurde, und erhebte sich bei männiglich ein langwieriges Gelächter, in Erwägung, [436] daß dieser Phantast so trutzig und eigensinnig kurzum wolle Kaiser seyn, welches dann vielen aus den geheimen Räthen für verdächtig vorkommen, und ob schon die meisten glaubten, daß solche Einbildung von einem verruckten Verstand herrühre, so wäre dannnoch der vornehmen Minister einhelliger Schluß, man soll diesen frechen Narren einem Roß an den Schweif binden, und also anderen zu einer Warnung durch die Stadt schleppen; wie es dem elenden Joviano dazumal um das Herz gewesen, ist gar leicht zu gedenken; indem er mit so armseligen Bauern-Zotten umhängt, einen anderen ihm ganz ähnlichen Kaiser auf dem Thron gesehen, und darüber solle eines so schmähen Todes sterben: welches letztere ihn veranlaßt, daß er mit aufgehebten Händen, mit weinenden Augen, und vielen Seufzern um Pardon seines Lebens angehalten, mit kräftiger Verheißung, daß er nimmermehr sich der kaiserlichen Hohheit wolle anmassen, worüber ihm das Leben gefristet, und er mit männiglichem Spott und öffentlichem Hohn den Pallast und die Stadt verlassen, seine Herberg, weil sonst dazumal nichts anderst in der Nähe, bei einem armen Klausner und Einsiedler in seinem hölzernen Hüttl genommen, allwo er nit allein mit aller Lieb und Freundlichkeit empfangen, sondern noch von dem h. Mann des ganzen Handels umständig bericht worden; wie daß Gott der Allmächtige hierdurch seinen Hochmuth habe wollen dämpfen, damit er hinfüran sich nimmermehr soll übernehmen, sondern gedenken, daß er ein Mensch sey, wie andere, dessen Glück und Wohlfahrt nicht in eigener Macht, sondern in Gottes Händen stehe; worauf er mit vorigem Purpur [437] und kaiserlichem Ornat wieder in den Pallast gebracht worden, der Engel aber, als vermeinter Kaiser, verschwunden, und also dieses ganze Wunderspiel keinem Menschen, als dem Joviano und dem Einsiedler bekannt war.
Es ist halt des übergebenedeiten Heilands Natur, die Uebermüthigen zu züchtigen, es ist des Allerhöchsten Gewohnheit, die Hochmüthigen zu dämpfen, es ist des Allerhöchsten Brauch, die großen Prahl-Hansen zu erniedern: stutzen thut der Gärtner den Burbaum, wann er zu hoch wachset, stutzen thut Gott den Menschen, wann er in seinen Gedanken zu hoch steiget, fangen thut der Kaiser den Fisch, der in der Höhe schwimmet, fangen thut Gott den Menschen, der nach Höhe und Hohheit trachtet, nichts nutz ist die Waagschale, welche übersich steiget, nichts nutz ist der Mensch, so in seiner Einbildung gar zu hoch steiget;Deus superbis resistit.
Das letzte Stuck in obbenenntem Rezept ist die Asche, worin alles voll distillirt werden; solche Asche spendirt mir der Prophet Daniel, wie er von der Bildnuß des stolzen Königs Rabuchodonosor schreibt, was gestalten solche ein ganz guldenes Haupt gehabt, die Brust von bestem Silber, der Leib von Erz und Eisen, die Füß von Erd, so bald aber ein kleines Steinl diese getroffen, ist alles zu Boden gefallen und zu Staub und Asche geworden; nit allein die erdenen Fuß, sondern auch das guldene Haupt, alles, alles, nit allein die Brust von Silber, sondern auch der untere Leib von Eisen. Pariter, alles, alles, so merk es wohl hoch: und übermüthiger König, nit allein die Füß, sondern auch das Haupt ist zu Asche worden, [438] nit allein die gemeinen Leut, armen Leut, schlechten Leut, werden vom Tod angetast, sondern auch reiche, guldene Häupter werden zu Asche, pariter, in Erwägung dessen, was Ursach hast du zu stolzieren? unter dem Gesetz zu Sterben bist auch du, unter die Sensen des Tods gehörst auch du, unter die Kinder des Adams wirst gezählt auch du, du, ja du, und erwäge wohl, daß der Tod nicht weiter hat nach des Königs Hof, als nach dem Bauern-Hof. Cäsar der römische Monarch, nach verlorner Schlacht mußte sich mit der Flucht salviren, wie er aber zu einem großen Fluß kommen, allwo weder Brucken noch Schiff vorhanden, so ist er gezwungen worden aus dringender Not, seinen kaiserlichen Purpur samt aller Pracht abzulegen, daselbst am Gestad liegen lassen, und er Mutternackend also hinüber geschwummen, nichts mit sich genommen, als das Buch seiner Commentarien, welches er stets mit einer Hand in die Höhe gehalten. Unser Leben ist nichts anders, als ein stets rinnender Fluß, und ein Tod, ist nothwendig auf das andere Gestad der Ewigkeit hinüber zu kommen; aber nackend und bloß werden wir alle durchpassiren, auch große Monarchen, und da wirst du hochmüthiger König nichst mit dir tragen; Kron und Thron hinten lassen, Münz und Provinz fahren lassen, Schatz und Platz stehen lassen, nichts mit dir nehmen, als ein Buch, worin dein Lebens-Wandel verfaßt, das betracht wohl, sodann wirst du bald den Hochmuth fallen lassen.
Nachdem ich von Hof meinen Abschied genommen, zumalen ich vermerkt, daß mein vorgeschriebenes Rezept nit gar angenehm war, hab ich bei mir selbst beschlossen, meine Reis' in das h. römische Reich zu nehmen, [439] und als ich mich auf den Weg bereits wollte machen, da laufte ein Laggey in rother Liberec gar hurtig herbei, mit höflichster Bitt, ich wollt mich doch nur ein wenig zu seinem gnädigen Herrn, der dazumalen bettliegerig war, befügen, welches ich ihm auf keine Weis' wollte abschlagen, und als ich in dessen herrliche Behausung angelangt, wurd ich unverweilt zur Herrschaft hinein geführt, woselbsten ich ohne ferners Nachsinnen alsobald den Zustand erkennt, auch ohne Scheu ausgesagt, wie daß Ihre Gnaden leiden sehr große aufsteigende Aeng sten. Dieser war ein Kavalier bei Hof, und beängstigte sich sehr, wie er doch möchte höher steigen. Dann ein Hof-Herr, und ein Hofft-Herr ist fast eins, zumalen selbiger immerzu hofft weiter zu kommen, und zu höhern Aemtern promovirt zu werden. Ein solcher ist nit viel ungleich jenem armen Bettler auf dem Weg, welcher unaufhörlich und fast ungestüm Christum den Herrn angeschrien; die Apostel faßten hierüber nicht einen geringen Unwillen, increpabant eum, und gaben ihm einen guten Filz, der ohne das keinen Hut hatte, er soll das Maul halten, welches er ohne das nit viel gebraucht zum Essen, er soll nit schreien, wie ein Zahn-Arzt, der ohne das wenig zu beissen, und zu nagen hatte; increpabant eum, vielleicht haben sie ihn einen schlimmen Sch. Socium geheissen, dann wohl öfter dergleichen Straßen-Bettler auch Straßen-Räuber abgeben, und nicht selten krumme Bettler gerade Dieb seyn; etwann haben sie ihn für einen faulen Kerl gehalten, der sein Brod lieber beim Bettelstab, als beim Regiments-Stab sucht, aus solchen Bettel-Leuten werden nachmals gute Beutel-Leut, und [440] was sie mit dem Bettel-Sack nit gewinnen, das pflegen sie mit Sackgreifen einzubringen; increpabant eum, er soll sich schamen ins Herz hinein, daß er ein solches ungeheueres Geschrei verführe, daß sie also nit vernehmen noch verstehen konnten die h. Lehr, so ihnen der Herr auf dem Weg gebe, at ille magis. Aber dieser Bettler, ungeachtet der harten Droh-Wort, Schmach-Wort, Schelt-Wort, Stich-Wort, Schimpf-Wort der Aposteln, ungeacht des Ausfilzens, Ausmachens, Ausscheltens, Ausgreinens, Ausputzens der Jünger, hat noch ärger geschrien; in wem bestunde dann sein Suppliciren und Anbringen? Domine, ut videam, Herr, ich bitte, ich schreie, ich rufe, um was?damit ich doch sehe. Daran war ihm sehr viel gelegen.
O mein Gott, wie bemühet sich nit mancher Hof-Herr! Der Kinder Zebedäi Mutter hat sich nur einmal gebuckt, wie sie für ihre zwei Söhn von dem Herrn eine höhere Scharge begehrt, aber dieser buckt sich schon etliche Jahr zu Hof, fast mehr als eine Passauer-Kling. Des Jüngern Tobiä Hündl hat, vermög h. Schrift, mit dem Schweif nur einmal geschmeichlet, aber dieser schmeichlet schon so lange Zeit mit dem Maul, Händ und Füßen. Die Samaritaner haben aus Hungers-Noth gar das Tauben-Koth vor eine Speis' genossen, aber dieser hat eine Zeit hero zu Hof wohl gröbere Brocken geschlicket, schon vor 5 Jahren her hat er alle 5 Sinn daran gespannt, schon von 4 Jahren her hat er mit allen Vieren sich bemühet, schon von 3 Jahren her hat er alle Treu erwiesen, schon von 2 Jahren her hat er auf 2 Achslen [441] getragen, schon von einem Jahr her hat er nur einem Herrn gedient, er hat aufgewart, wie ein Pudel-Hund, er hat Reverenz ge macht und mit den Füßen gescharrt, wie eine Bruthenne, er hat aufgeschnitten, wie ein Wurm-Arzt, er hat allenthalben angeklopft, wie ein Baum-Häckel, er hat geseufzet, wie eine Turtel-Taub, er hat gewacht, wie eine Schnee-Gans, er hat gesucht, wie ein Spür-Hund, er hat untergraben, wie ein Königl, er hat sich hin-und hergewendt, wie ein eiserner Gockl-Hahn auf einem Thurm, er hat sich in alles gefunden, und zu allem brauchen lassen, wie ein Hut eines Hans Supp, er ist hin- und hergangen, wie ein Rad, er hat ein und anderen Patron umfangen, wie der Wintergrün einen Baum, er ist stets gehupft, wie eine Bachstelz, warum? in wem besieht dann sein Verlangen? es muß wohl der Mühe werth seyn, zu was Ziel und End stehet er mehr aus, als ein Mönch im Kloster, ein Einsiedler in der Wüste? Augustissime, serenissime Domine, ut videar, damit er möge, nit wie der Bettler sehen, sondern angesehen seyn, sein flectamus genua ist nur wegen des levate, sein bucken ist nur wegen des aufstehen, sein dienen ist wegen des bedient werden, sein erniedern ist wegen des hoch seyn, er leidt halt sehr an den aufsteigenden Aengsten.
Zu Jerusalem war ein Schwemmteich nahe bei der Porte des herrlichen Tempels, worin man die Schaaf pflegte zu waschen und säubern, ehe und bevor sie in dem Tempel geschlachtet, und aufgeopfert seyn worden, bei solchem Schwemm-Teich befand sich eine sehr große Menge der kranken und presthaften Personen, [442] weilen nemlich zu gewissen Zeiten ein Engel vom Himmel benanntes Wasser bewegt, worvon nachmals der erste, so hinein getreten, die gewünschte Gesundheit erhalten, ein Jeder wollt bei dieser Motion der erste seyn, dahero war bei ihnen das stete schauen, wachen, umsehen, aufmerken, betrachten, warten, hoffen, seufzen, verlangen, begehren, es war bei ihnen kein anderer Gedanken, als in der Motion der Erste zu seyn.
Ein Hof eines großen Monarchen ist diesem Schwemmteich nit viel ungleich, ubi est multitudo languentium, allwo auch eine große Anzahl der Kranken, unter andern Suchten aber, die daselbst regieren, ist meistens die Ehr-Sucht, da will ein jeder in der Motion, oder besser geredt, in der Promotion der Erste seyn, dieser bemühet sich mehr, als ein Jakob um die schöne Rachel, jener sucht eifriger, als das Weibel den verlornen Groschen im Evangelio; ein anderer geht keck darein, wie der Edelmann Joseph zum Pilatus, der spendirt, und laßt sich nit wenig kosten, und sey ihm, wie es wolle, aus den drei Königen von Orient ist gleichwohl voran gangen, der das Gold getragen; es seynd nit wenig, welche suchen durch die Weiber promovirt zu werden, als wie der Peter, so auch zwar zu seinem Unglück zu Hof durch ein Weib sich eingedrungen, per ancillam ostiariam. Ein jeder will der Erste seyn, ein jeder will den Alt singen, ein jeder sucht Reputation, das ist ein schönes Wort bei Hof, aber eine theuere Waar.
Der Saul mußte auf Befehl seines Vaters Cis die Eslin suchen, er ist von einem Berg zum andern gestiegen, da einen Bauern gefragt, dort einen Burger [443] ersucht, bald einen Reisenden angeredt, ob er keine Eslin hab gesehen? vom Feld in das Dorf, vom Dors in die Stadt, von der Stadt auf das Land, ist Saul mehr geloffen, als gangen, Bauer sey kein Lauer, sag her, hast keine Eslin angetroffen? Bruder sey kein Luder, bekenns, hast keine Eslin gesehen? Knecht bestehs doch recht, hast keine Eslin wahrgenommen? was suchst du Saul mit so vielen Sorgen? was? wann dazumal Saul wäre der griechischen Sprach kundig gewest, so hätt er geantwortet: O nos, O nos geht mir ab, das suche ich.
Was sucht dieser Kavalier zu Hof? was prätendirt er bei den hohen Ministern? was supplizirt er bei der Herrschaft? was ist sein Begehren? Echo, Ehren?Honos suchet er, Honos geht ihm ab, er will höher ankommen, als er jetzo stehet, das Kraut Ehren-Preiß sucht er im Hofgarten, das Gloria in excelsis sucht er in der Hofmusik, das Officium primae classis sucht er im Hof-Brevier, und solches zu erhalten, nimmt er kein Gewissen, eine größern Fleck von der Ehr des Nächsten, als der David von des Sauls Mantel abzuschneiden, er macht ihm keine Scrupel, des Nächsten Fama schwärzer zu machen, als gewest die Dama, so der Moses geheirath, die war eine Mohrinn, er acht es wenig, wann er dem Mit-Competenten einen größern Prügel unter die Füß wirft, als gewest jener Strecken, mit dem der Jakob den Fluß Jordan durchgewaden.
Pontius, mit dem Zunamen Pilatus genannt, nach Aussag Baccarii, Lucii Dextri, Caltoni etc., wie dann von diesem Geschlecht vor kurzen Jahren noch [444] einige zu Rom vorhanden, gestalten aus einem Epitaphio oder Grabschrift daselbst in der Kirche des h. Vaters Augustini zu sehen, dieser war Landpfleger in Judäa, sonst ein geborner Franzos von der Stadt Lyon, wo die falschen Waaren herkommen, seiner Geburt nach einer Jungfrau Sohn, und war seine Mutter eine gemeine und arme Müllners-Tochter; obberührter Scribent, forderist Mallonius bezeugen, daß sein Vater sey genennt worden Tirus, Stand halber ein Freiherr, welche dazuzeit Reguli benamset waren; wie dieser einst stark berauscht, gar zu große Gemeinschaft pflegte mit gedachtem Schleppsack, also hat er unehelich und unehrlich mit ihr erzeugt den Pontium, woraus leicht abzunehmen, cum partus sequatur ventrem, was so schlimme Stammen vor eine Frucht können tragen; wie dann dieser Pilatus von Natur ein Erz-Schelm war, der noch als ein kleiner Knab seinen leiblichen Bruder ermordt, auch nachmals durch geheime Nachstellungen den Sohn des französischen Gesandten zu Rom umgebracht, wessenthalben er mußte in die Flucht gehen, gleichwohl aber hat er durch vieles Bemühen und Bitten seines Vaters die Landpfleger-Stell in Judäa erhalten unter dem Kaiser Tiberio, nachdem sein Vorfahrer Valerius Gratus mit Tod abgangen, in währender seiner Amts-Verwaltung hat er alle erdenklichen Laster und Unthaten begangen, absonderlich die Tempel Gottes verwüst und entunehret, sogar die Galliläer, so in dem Tempel oder Berg Garitim in Samaria ihr Opfer vollzogen, hat er jämmerlich niederhauen lassen, daß also das Menschen-Blut mit dem Blut des Schlacht-Viehes vermischt [445] worden. Dieser Pontius, wegem so heftiger Klagen bei dem Tiberio, und absonderlich wegen schmählichen Tods Christi, ist aller seiner Ehren und Aemter entsetzt, und nach langem Arrest und harter Abstrafung von Rom bandisirt worden, der nachgehends zu Wien in Frankreich, nach Zeugnuß Eusebii, eines elenden Tods gestorben, indem er aus großer Melancholei, nagendem Gewissen, zeitlichem Spott sich selbst mit einem Dolch erstochen. Oft mehrgedachter Pilatus war ein Haupt-Statist und gewissenloser Politikus, der in allweg suchte, den unschuldigen Jesum vom Tod zu salviren, sobald ihm aber das gesamte Volk und forderist die Hohenpriester gedrohet: Si hunc dimittis, non es amicus Caesaris, »Wann du diesen wirst frei lassen, so bist du kein Freund des Kaisers.« Holla! gedachte Pilatus, würd ich bei dem Kaiser in Ungnad gerathen, sodann thut er mich von meinem Hochamt stoßen, verliere ich solche Charge, so ist alle Ehr und Reputation hin; ei so seys, lieber diesen Unschuldigen lassen kreuzigen, lieber das Gewissen auf die Seiten gesetzt, lieber die Gerechtigkeit fahren lassen, als Reputation verlieren. O Thorheit!
Dergleichen seynd bei dermaliger Welt nit wenig anzutreffen, denen eine Reputation werther ist, als alle Gebot Gottes und der Kirche, wann man schon weiß, daß dieß und dieß Amt und hohe Officium ohne Gewissens-Verletzung nit kann verricht werden, gleichwohl hinauf wegen der Reputation; wann man schon erkennet, daß die eigenen Talente weder tüchtig noch wichtig seynd vor eine solche Amts-Verwaltung, dannoch [446] hinauf wegen der Reputation; wann schon hierdurch dem Nächsten eine große Unbild zugefügt wird, indem er wegen langer bishero treu geleisten Diensten solches Amt verdient hat, dannoch hinauf, quocunque modo et motu, wegen der Reputation. O meine Reputation, weil du die Natur und Eigenschaft des Feuers hast, als welches immerzu in die Höhe trachtet, also wirst du auch dein Losament nehmen beim Feuer, und zwar beim ewigen.
Weil ich dann bei solchem obbemeldten Kavalier den üblen Zustand, benanntlich die aufsteigenden Dämpf und Aengsten aus dem Magen wahrgenommen, also hab ich ihm ohne Verweilung folgendes Rezept vorgeschrieben:
Vor die aufsteigenden Aengsten.
Recip:
Galgan. a tto 1.
Majoran. a 2/3 1.
Weiß Lilien. 311.
Distillirs aus einem gläseren Alemb: in Asche, ist trefflich gut vor diesen Zustand.
Anbelangt die Wurzel Galgan, wachset solche in dem Königreich China, die Chineser nennen sie insgemein Lavandoa, diese Wurzel sonst in rothen Wein gesotten, und über den Magen gelegt, stärkt denselben; aber mein Galgan wachset in Judäa, und an dieser ist der stolze Ammon erstickt. O wie viel verlangen die Hof-Suppen, indem doch so harte Brocken darinnen! O wie manche begehren den Hof-Trunk, da doch ein schlechtes Proficiat dahinter! O [447] wie viel suchen das Hof-Papier, indem doch so bald eine Sau darauf gemacht wird! O wie manche greifen nach der Hof-Karte, da doch öfter Bastoni untern Füßen, als Denari in Händen! O wie viel trachten nach den Hof-Keglen, indem doch dem hunderten der König nicht fallt nach seinem Wunsch und Verlangen! O wie manche laufen nach der Hof-Musik, worin doch öfter in B duro, als in B moll der Gesang lautet! O wie viel wollen haben den Hof-Kalender, in dem doch allemal ein Schalk-Jahr! O wie manche eilen nach dem Hof-Pflaster, worauf man doch so bald stolpert! O wie viel suppliciren um die Hof-Waaren, worunter doch das meiste leonisch! O wie manche reteriren sich auf die Hof-Pastein, und leiden so stark von der Contrascarpe! O wie viel suchen den Hof-Favor, und finden doch, daß Favor und Favonius geschwind, wie der Wind, versausen! Das hat der stolze Ammon sattsam erfahren, dieser war Prior in dem Hofstaat des großen Königs Asueri: Exaltavit eum, et Prior sedebat etc., er war das einige Favoritl des Königs, wer zu Hof hat wollen eine Gnad fischen, der mußte den Ammon vor einen Angel brauchen, wer zu Hof hat wollen das Prämium nehmen, der hat den Ammon müssen zum Präceptor haben; Reverenz von allen Leuten, Bazialemani von allen Orten, Cortesia von allen Ständen, wurde dem Ammon erwiesen; in summa summarum, er war Summus zu Hof, wessenthalben er nit wenig sich übernommen, und solches Uebernehmen thut alles nehmen. O wie ist Menschengunst so gleich einem Dunst, der bald vergeht! O wie ist [448] großer Herrn Gnad so gleich einem Schneepfad, so von geringem Wind verwehet wird! Ammon der vornehmste Kavalier bei Hof, der angenehmste Rath bei Hof, kommet in eine gähe Ungnad, und wird durch ernstlichen Befehl des Königs Asueri an den lichtenGalgen aufgehängt, und dieß ist die Wurzel Galgan, welche in dem Recept stehet: Gebt Acht ihr großen Herren bei Hof, steigt nit zu hoch, damit euch das Fallen nit zu hart ankommt, der Schwindel ist meistentheils bei Hof anzutreffen, zu Hof ist manchesmal das Glatteis mitten im Sommer, und ist man des Fallens nie versichert, der Teufel streuet nirgends mehr Arbes, als auf der Hof-Stiege, es ist der Ammon nit allein, welchem die aufsteigenden Aengsten den Garaus und Kehraus gemacht haben, sondern er hat seines Gelichters mehr, denen der Uebermuth den Hals gebrochen, es ist halt wahr, daß Stultus, Stolperer und Stolz, wachsen auf einem Holz.
Als Jakob der Patriarch einst auf dem freien Feld seine Nachtherberg genommen, und zu solchem End etliche Steine zusammen klaubt, welche ihm anstatt eines Haupt-Polsters dienten der Hoffnung, auf diesen harten Federn eine sanfte Ruhe zu schöpfen; siehe aber, in Mitte der Nacht thut er wahrnehmen eine Leiter, welche von der Erde an bis in den hohen Himmel hinauf sich erstreckte, oben aber war der allmächtige Gott, welcher mit beeden Händen die Leiter gehalten.
Wann einem Gott die Leiter haltet, da ist leicht zu steigen, und ist man vor dem Fall versichert, also ist hoch gestiegen der David, welcher aus einem schlechten [449] Hirten-Buben ein großer König worden, weil er sich aber dessen nit übernommen, also hat ihm Gott die Leiter gehalten. So ist auch hoch gestiegen der Joseph, welcher aus einem Sclaven und Diener ein Vice-König, und Landpfleger in Egypten worden, weil er aber seinen Glück-Rossen den Demuth-Zaum eingelegt, also hat ihm Gott die Leiter gehalten.
Also seynd hoch gestiegen Joannes, der zwei und zwanzigste römische Papst, dessen Vater ein Schneider. Benedictus der Zwölfte, dessen Vater ein Müllner. Urbanus der Vierte, dessen Vater ein Schuster. Sixtus der Fünfte, dessen Vater ein Vignarvolo oder Weinzierl etc., weil sie aber sich in dieser Höhe allzeit erniedriget, und das Wort Humilis von Humo, als eines jeden Menschen eigentliches Stammhaus hergezogen, also hat ihnen Gott die Leiter gehalten, daß sie nit gefallen. Aber die aus Ehrgeiz in die Höhe steigen, Reputation halber in die Höhe trachten, und in der Höhe sogar nit mehr herunter schauen, sondern sich übernehmen, denen haltet der allmächtige Gott die Leiter nicht, sondern er zieht ihnen solche noch auf die Seite, Deus superbis resistit, daß sie also spöttlich herunter plaschen. Wer ist höher kommen bei dem Hof des Davids, als der Joab, welcher ein General Feldmarschall war über die ganze Armee, weil ihm aber das super omnes die superbiam gebrochen, also hat ihn Gott lassen jämmerlich ermorden. Wer hat mehr golten bei dem Kaiser Tiberio, als Sejanus, dem zu Ehren sogar metallene Statuen seynd aufgericht worden, weilen ihm aber der Nieder zuwider, und sich in solcher Hohheit [450] übernommen; also hat ihn Gott also gestürzt, daß er schändlich um das Leben gebracht, und sogar der Begräbnuß unwürdig geschätzt worden. Wer ist mehr gewest bei Hof des Kaisers Arcadii, als Ruffinus, in dessen Händen die ganze Regierung stund, weil aber Hof-Arbeit und Hoffart die nächsten Verwandten, also hat ihn Gott spöttlich lassen fallen, und gar ermorden. Wer ist höher gestiegen beim Hof des Kaisers Justiniani, als Belisarius? sogar, daß der Kaiser hat lassen Münz prägen, allwo auf einer Seite die Bildnuß des Kaisers, auf der andern das Contrafet des Belisarii zu sehen war; weil ihm aber der Dampf der Hoffart also in die Augen gestiegen, daß er sich übernommen, also hat ihn Gott dergestalten herunter gestoßen, daß ihm beede Augen ausgegraben worden, und er auf freier Straße, wie ein blinder Bettler, das Almosen gesucht. Das heißt: primus, Echo, imus.
Carolus de Biron, Marschall in Frankreich, Alvarus de Luna Constabel, und erster Minister in Spanien, Walterus, Graf Atholiä in Schottland, dieser und dieser N. N. vornehme Herr in Deutschland, Minister bei Hof, seynd alle, alle, wie der stolze Ammon, mit höchster Schand und Schaden zu Grund gangen, weil sie sich in ihrem Glück übernommen.
Das andere Stuck in dem obgesetzten Recept ist der Majoran; dieses Kräutel wachset allenthalben, wann der Teufel seinen bösen Saamen aussäet, wie bei dem Evangelisten Matthäo zu lesen, so wachst lauter Majoran daraus, welches so gar unter den Aposteln und Jüngern des Herrn wahrgenommen worden, weilen[451] nemlich unter ihnen in Gegenwart Christi ein ziemlicher Zank entstanden, und wollte ein jeder Major seyn: Facta est contentio inter eos, quis eorum videretur esse Major. O mein Gott, so findt man so gar bei frommen und heiligen Leuten auch Competenzen! und zeigt sich nit selten ein hohes Geistel auch bei denen Geistlichen, und glaub mir, die Frau Superbia isset nicht wenig Kloster-Suppen; der Teufel gesegn ihrs: So bald unser lieber Herr vermerkt solches procedere wegen des praecedere, hat er geschwind den gesamten Aposteln die Lehr geben, es soll bei Leib keiner sich übernehmen, sich auf keine Weis' anmaßen des Titels Major, sondern lieber Minor heißen, das Laster der Hoffart rühre eigentlich von dem Teufel her, welcher Limmel schon im Himmel ein solches Getümmel wegen der Präcidenz gemacht, das Paradeis sey nur für die Demüthigen gebauet, und nit für die Hoffärtigen.
Es ist ein gar enges und niederiges Thürl in Himmel, angusta porta, ein Major, ein großer Hans, ein stolzer Super-Gast kann nit hinein, in dieses Engelland ist kein anderer Weg, als aus Niederland, und der nicht baarfuß gehet, der ist des Teufels mit Haut und Haar. Holla! versteht mich recht, ich red Lateinisch, und mein es gut Deutsch; parvus heißt so viel, als demüthig, nisi efficiamini, sicut parvuli. Willst du ein absonderlich Glück haben Zachee? willst du, daß deinem Haus ein großes Heil widerfahre, willst du, daß Christus der Welt Heiland ein Gast sey festinans descende, herunter mit dir, [452] verlaß die Höhe, eile in die Niedere etc., die niedere Demuth wird allein von Gott hoch geacht.
Die Demuth Mariä hat gemacht, daß sie aus einer Magd, ecce ancilla Domini, einer Königinn des Himmels und der Erde worden. Die Demuth Magdalenä hat gemacht, daß sie ein Jubiläum und vollkommenen Ablaß hat gefunden bei den Füßen Jesu. Die Demuth Petri hat gemacht, daß er mit seinem exi a me, quia homo peccator sum, zum hohen Papsithum gelangt; die Demuth des offnen Sünders hat gemacht, daß ihm die Gnaden-Porten offen worden; die Demuth Pauli hat gemacht, daß er in dritten Himmel (wären wir unterdessen nur im ersten) verzuckt worden; die Demuth der Niniviter hat gemacht, daß sie mit dem Aschen, den sie aus ihre Häupter gestreuet, haben das höllische Feuer gedämpft; die Demuth Matthiä hat gemacht, daß er des schelmischen Judä redlicher Successor worden; die Demuth Francisci hat gemacht, daß er dem stolzen Vogel Lucifer in sein Nest gesessen.
Sonst sagt man, Sonnen-Hitz, Nadl-Spitz, und Weiber-Witz seynd nit wehrhaft, aber in aller Wahrheit, ein witziges Weib ist jene gewest, welche ihr einiges Heil hat gesucht und gefunden an dem Saum und untersten Theil der Kleider Christi, also ist aller Menschen Heil nur in der niedern und tiefen Demuth anzutreffen, und ist bei Gott dem Herrn keine werthere und größere Zahl, als das Nulla der Nullität und Nichtigung seiner selbst, und ist wohl zu glauben, daß homo, humus und humilis die nächsten Verwandten miteinander seyn.
[453] Das dritte Stuck in dem Recept seynd weiße Lilien: diese Blume ist eine aus den vornehmsten, gleichwohl aber übernimmt sie sich nit ihrer Hohheit, sondern neigt ihr silberfarbes Haupt allzeit gegen die Erde, auf solche Art soll ein vornehmer Herr und Kavalier beschaffen seyn, und fein niemalen wegen seines hohen Standes stolziren, sondern öfters die Erde anschauen, als sein natürliches Stamm-Haus und rechte Mutter, wessenthalben er mit dem geringsten Bettler verbrüdert ist. Nichts schöners stehet, als wann bei großen Herren und Ministern alles und nichts aus einer Schüssel essen, wann nemlich ein solcher Herralles hat, alles kann, alles weiß, und fastalles regiert, und dannoch nichts aus ihm macht, nichts von sich halt.
In dem Buch Levitici hat Gott der Herr den Priestern befohlen, daß, wann sie in seinem Tempel ihm Vögel aufopfern, sodann sollen sie die Federn an das Ort werfen, wo die Asche liegt: Plumas projiciet in locum, ubi cineres effundi solent. Ein vornehmer Herr, ein adelicher Felix, ein gnädiger Herr Fortunatus, wann er schon hoch im Thron und Reputation stehet, so muß er doch nit hoch im Ton seyn, bei Leib nit fliegen, sondern die Federn dahin, wo die Asche liegt, werfen, und gedenken, er sey ein Mensch, wie andere, werde zu Staub und Aschen werden, wie andere. Der Hauptmann zu Kapharnaum ist über alle massen von Christo dem Herrn gelobt worden, ja so gar hat der gebenedeite Heiland ausgesagt, daß er seines gleichen in ganz Israel nit hab angetroffen, es hat dem Herrn die Demuth dieses Offiziers so wohlgefallen, um weil er gesagt hat: Et ego [454] homo sum, »ich bin auch ein Mensch etc.« Er war ein Kavalier und gut vom Adel, hat vielleicht geheißen von Rittersberg, oder Streitbar-Hofen, bei stattlichen Mittlen und Herrschaften, von einem alten Haus und guter Casata, gleichwohl hat er gesagt und bekennt, et ego homo sum, er sey ein Mensch etc. Also mein vornehmer Herr und Minister, wann du schon bei Hof auf der ersten Bank sitzest, wann dich der Landfürst und die Landfürstinn fast verehren und anbeten, wie Sonn und Mond den Joseph, wann durch dein Ja und Nein schon muß alles geschlossen seyn, so hüt dich doch, daß Exaltatio und Exultatio nicht zusammen kommen, du bist kein Gott, und wann du glaubest, daß du besser seyest, als andere, alsdann heißt Minister in einem Anagrama Mentiris, sprich lieber mit obbenentem wackern Kriegs-Offizier aus Demuth, et ego homo sum, und ich bin auch ein Mensch. Der Prophet Ezechiel hat den Wagen Gottes bespannt gesehen mit 4 Thieren, benanntlich mit einem Löwen, Ochsen, Adler und Menschen. Und vermerkt wohl mein h. Vater Augustinus, daß der Adler sich nicht erhebt über die anderen Thier, sondern hat auch den Ochsen neben seiner gelitten, desgleichen soll sich der Adel auch nit übernehmen, sich nit mehr achten, als einen gemeinen Ochsen, will sagen, einen armen und arbeitsamen Menschen, die gemeinen Leut nicht, wie öfters pflegt zu geschehen, schlechte Kanalien taufen, sondern die liebe und werthe Demuth zeigen, welche Lection ihm aus der Schul Christi zu lernen aufgeben worden: Discite a me, quia mitis sum, et humilis corde.
[455] Diese meine Kur bei obbesagtem Kavalier hat mir nicht gar übel gelungen, und halt vor gewiß, daß er so bald die aufsteigenden Aengsten nit werde leiden, dafern er sich das Recept halt, aber die Galgan-Wurzel machte ihm fast ein Grausen. Als ich mich nun daselbst beurlaubet, und für meine wenige Mühe sattsam contentirt worden, auch kaum 6 oder 7 Schritt von gedachtem Pallast hinweg gangen, da begegnet mir eine Karoze mit zweien schönen Leipziger-Rappen bespannet, worin ein sehr schön aufgeputztes Frauzimmer saße, welche, so bald sie mich erblickt, geschwind hat lassen stillhalten, und mich, utcumque lato modo, bittlich ersucht, ich wollt mich doch zu ihrem Herrn, dessen Wohnung unweit vom guldenen Feder-Busch, ein wenig bemühen, damit er mit mir wegen seines Zustands sich möchte berathschlagen; wir ich mich dann dessen nit geweigert, sondern den geraden Weg dahin genommen, auch seine Krankheit gar bald erkennt, und hatte er und seine Madam fast einen Zustand, dann beede die Gedächtnuß schier ganz verloren, war also nothwendig ihnen ein Recept zu verschreiben ad confortandam memoriam.
Recip:
Krebsen – – – Lib. 11.
Ehren-Rosen, id est, malva hortensia M. II.
Spirit. Tartari – – – Unc. 111.
In einem Malvasier gesotten, und darvon getrunken, stärket die Gedächtnuß.
Dieser hat seine Studia absolvirt mit wenigem Unkosten, zumalen er seine Suppe von einem Kloster supplicirt, das Bett-Geld durch die Nacht-Musik und Litaneyen singen gesammlet, endlich ist er bei einem[456] Flecksieder ein Präceptor (der Zeit heißt mans schon Hofmeister) worden, und weil er Ihro Gnaden des Herrn von Lugeck Dienst-Mensch, bei dem sie sehr viel golten, geheirath, also ist er durch dessen viel vermögende Recommendation ein Kanzelist worden, jetzt ist er so weit droben, daß man ihm die Gnad gibt; aber er, samt ihr haben die Gedächtnuß verloren, sie gedenken nit mehr, wer sie gewest seynd, sie kennen die vorigen Freund nit mehr vor lauter Hoffart. Der große Mann Elias hat auf eine Zeit gesehen, daß ein kleines Wölkel, nubecula parva, aus dem Meer sich erhoben, welches nach und nach höher gestiegen, und endlich so groß worden, daß es den ganzen Himmel bedeckte. Ich, und du, und er, wir und ihr, und die haben schon öfters mit Augen gesehen, daß ein gemeiner Mensch ist hoch gestiegen, aus einem Kleinen ein Großer worden, aus einem Diener ein Herr, aus einer Magd eine Frau, aus einem Anhalter ein Verwalter, aus einem Thorsteher ein Vorsteher, haben aber auch mehrmalen erfahren, daß die Ehren einen solchen verkehren. Martha sagte einmal Christo dem Herrn, als die Red war von ihrem verstorbenen Bruder Lazaro, jam foetet, er stinkt schon, ich sags und klags von solchen, so bald er von einem schlechten Menschen übersich kommt, und hoch steigt, foetet, er stinkt schon vor lauter Hoffart.
Es ist einer gewest, seines Handwerks ein Schneider, welcher aber durch das Glück also erhoben, daß er gar ein Gnädiger Herr worden, Berg und Thal im Namen und Titel geführt, etwann von Nadelsberg, von Steppenthal, von Fingerhuts-Hofen, von Zwiernan, [457] von Ellen, von Flickingen etc., er ist auf der Gassen daher gangen mit solchen constantinopolitanischen Schritten, als wollt er den Staub von dem hohen Berg Olympo wegblasen, er hat den Kopf in der Höhe getragen, wie des großen Alexandri Reitpferd, er hat die Arm beederseits unterstützt, als wollt er dem Atlas helfen den Himmel tragen, er prahlte bei Leuten, denen sein großes Stammen-Haus (scilicet) nit bekannt, daß er sey hochgeboren, und es war dem also, dann seine Mutter, als eine arme Haut, hat droben unterm Dach gewohnt, er sagte, daß er wolhgeboren sey, und ist wahr, dann sein Vater war ein Kotzenmacher, der stets mit Woll umgangen, er berühmte sich, daß sein Ahnherr oder Gros-Vater schon von gutem Geblüt gewesen, und das ist nit zu laugnen, dann er ist ein Fleischhacker gewest; dieser stolze Gesell hat von einem sehr berühmten Maler begehrt, daß er ihm sein Stamm-Wappen und Ritters-Helm solle und wolle auf eine Tafel malen, dem es der Maler in allweg zugesagt, und versprochen, damit er aber dem aufgeblasenen Gesellen unter die Nasen reibete, von was geringem Herkommen er sey, und sich also in dem großen Glück nit mehr kenne, wer er vorhin gewesen, also hat er nichts anders auf den Schild gemalt, als ein Häftel, benanntlich dieses Zeichen
, welches dem tollen Kerl also verschmacht, daß er unverweilt den Maler, wegen solcher angethaner Schmach und Injurii, bei dem Gericht angeklagt, dann er wäre der Meinung, als habe ihn der Maler durch das Häftel wollen schimpfen, daß er ein Schneider sey gewest; wie es dann in der Sach nit anderst war, aber es wußte ihm dieser Künstler [458] stattlich zu helfen, indem er vor dem Gericht hoch betheuert, daß er dem Willen dieses (Titl.) Gnädigen Herrn sey in allweg nachkommen, als der nichts anders verlangt in seinem Wappen-Schild, als einen Löwen, und da sey er gemalt; was? sagt der neue Edelmann, ist das ein Löw, der Maler schwört dem Teufel ein Ohr ab, es sey ein Löw, jedermann sahe aber, daß es ein gelbes Häftel, bis endlich der Maler die Geheimnuß entdeckt, und den Kalender zum Zeugen genommen, in welchem durch das
der Stier, durch das
der Mars, durch das
die Venus, durch das
der Krebs, durch das
der Widder etc. und durch das
der Löw entworfen und vorgestellt wird.
Hannibal Carus, ein sehr gelehrter Kopf, hat einem reichen Bauern, welcher kurzum ein schönes und vornehmes Wappen für sich und seine ganze Freundschaft verlangte, diesen Rath geben: er solle nemlich in den Schild malen lassen drei Stuck, erstlich ein Treid-Körnel, zum andern ein Weinstock, drittens einen Birnbaum, welche drei Ding in italienischer Sprach zusammen gesetzt also lauten, gran vitu peru, auf deutsch, ein großer Spott, dann nicht eine geringe Schand, wann sich einer seines Herkommens schamet.
Bei großer Hungersnoth schickte der alte Jakob, der liebe Patriarch seine Söhne nach Egypten, damit sie daselbst um das baare Geld sollten Treid einkaufen, wie sie nun bei dem Vice-König Joseph allda ankommen, hat ihm kein Mensch traumen lassen, daß sie seine leiblichen Brüder wären, auch sie selbst kennten den Joseph nicht mehr; Joseph zog in Sammet und Seiden auf, wurde von einem großen Hofstaat bedient, [459] jedermann biegte die Knie vor ihm, das ganze Land nennt ihn einen Allergnädigsten Herrn etc., diese Gesellen aber hatten gar einen schlechten Aufzug, der Ruben einen Rock, worin bald mehr Fleck, als Tag im Jahr, der Simeon gieng so liederlich daher, als wär er in einer Tändler-Butten gesteckt, der Levi tragte ein Bauern-Joppen an, die etwann schon zwei Jahr älter, als er, der Judas hatte ein Kleid, so nit besser, als ein ungarischer Gebeneck, der Nephtali ist halt aufzogen, wie ein Schaaf-Hirt, mit einem rauhen Schaaf-Fell, der Isachar war also zerlumpt, daß schier das ganze Kleid aus dem Leim gangen, der Gad hatte den Vortl, daß ihn kein Schuh gedruckt, weil er baarfuß gangen, der Dan zog so schmutzig auf, als hätt er ein halbes Jahr mit Schmeer gehandelt, der Zabulon hatte eine Tracht von groben Loden, mit Zwilch gefüttert, der Aser hatte einen Rock aus solchem Sammet, woraus man die Mehl-Säck macht, alle ins gesamt zogen auf, wie arme Bauern, wie schlechte Hirten, wie gemeine Leut, Joseph aber in Sammet und Seiden, in Silber- und Goldstück, in aller Pomp und Herrlichkeit, und gleichwohl, o das ist schön und löblich! und gleichwohl hat er sich ihrer nicht geschämt, sondern bei dem ganzen Hofstaat des Königs, in Gegenwart so vieler Adels-Personen und Hof-Bedienten öffentlich bekennt: fratres mei venerunt etc., diese seynd meine leiblichen Brüder von Vater und Mutter.
O wie wenig Joseph gibt es bei der Welt, ein mancher Stolzenhofer, der mit seinen lateinischen Complementen etwann eine reiche Wittib ins Netz gebracht, und schon mit einer dicken Perücke, wie eine Nacht–Eul [460] unterm alten Kirchen-Dach daher prangt, schamt sich seiner Freundschaft, will nit haben, daß der Kämplflicker zu Bürstenfeld ihn soll einen Bruder heißen, will nit leiden, daß seine eigene Mutter soll mit ihm über Tafel essen. Ich habe selbst einen Doctor gekennt, dessen alter und betagter Vater ein Bauer, und bei ihm die Wohnung hätte, als ich ihn fragte, wer der alte Tättl sey? so gab er mir die Antwort, er sey ein armer Bauer, dem er aus Barmherzigkeit die Unterhaltung schaffe, welches dem Alten die Thränen aus den Augen gelockt, und endlich in diese Wort ausgebrochen: der Doctor kommt vom Bauern her, und nicht der Bauer vom Doctor.
Ein Fuchs, nach höflichem Willkomm und freundlicher Ansprach, fragt einmal das Maulthier, was Geschlechts und Herkommens es sey? dieß antwortet, es sey ein Geschöpf Gottes; wie seltsam ist das geredt, sagt hinwieder der Fuchs, ich frag nur, wer seine Eltern gewest? das Maulthier schämte sich, daß sein Vater schinderischer Gedächtnuß ein Esel gewest, wußte aber beinebens, daß seine Mutter ein Pferd sey aus dem Hofstall, sagte also, ich bin ein nächster Bluts-Verwandter Ihr königlichen Majestät Leib-Pferd. Gar viel desgleichen seynd anzutreffen, welche sich ihres Herkommens schämen, und prahlt mancher, sein Vater sey ein Landmann gewest, der doch nur ein Fuhrmann war, sagt oft einer, sein Vater sey ein Rathsherr gewest, da er unterdessen nur als ein Raderherr das Wagner-Handwerk trieben. Ich habe selbst einen gekennt, welcher vorgeben, sein Vater sey ein Musikant gewesen, indem er doch als ein Calcant [461] nur die Blasbälg getreten. In Indien soll ein König Mogor, schreibt Englgrave, diesen Brauch in seiner Regierung haben, daß er die allergeringsten Leut, vom niedersten Herkommen, wegen erwiesener heroischer Thaten zu höchsten Ehren und Aemtern erhebet; damit sie aber sich nit übernehmen, sondern allezeit des vorigen schlechten Stands gedenken, also hat erstgedachter König gar weislich geordnet, daß einem jeden in einen Schild das Zeichen seines vorhin geübten Handwerks solle voran getragen werden; ist also manchem Hofrath eine Scheer, manchem Obristen ein Binder-Schlegel, manchem General ein Schuster-Kneipp, manchem Minister ein Hammer und eine Beißzang vorgetragen worden etc. Wann der Zeit ein jeder Edelmann, oder wenigst der hochmüthig prahlt wegen seines Adels, sollte in seinem Wappen-Schild führen dasjenige Instrument, wormit sein Vater oder Ahnherr sein Stückl Brod gewunnen, glaub mir, ein mancher hätt nichts anders, als ein Bügel-Eisen, als einen Schreibzeug, eine Geißel, einen langen Spieß, einen Wein-Zeiger, einen Hobel, eine Schaufel etc., in seinem Wappen zu zeigen, weil seine Eltern oder Voreltern, Schneider, Schreiber, Fuhrleut, Sauschneider, Wirth, Tischler, und gar Todtengräber abgeben, und gemeiniglich solche, die vom Stall zum Saal kommen, pflegen meistens sich zu übernehmen, und andere verachten.
Der David ergriff einmal seine Harfe, spielte mit Freuden, und tanzte vor der Arche des Herrn mit aller Macht, Michol seine gnädige Hausfrau sah zum Fenster herab, et despecit illum in corde [462] suo, verachtet ihn in ihrem Herzen, und hieß ihn ein Scurram, eine Raupe, und gar einen Schliffel und Schweracken. Wäre ich damal David gewesen, ich wollt ihr etc., aber warum meine Frau Michol, verachtest du deinen Herrn den David? warum? sagt sie, wer ist dann der David? ein gewaltiger Herr, bei meiner Treu, er ist halt ein rothkopfeter Hirten-Bub gewest, man weiß gewiß nit, sein Vater war der Isai, ein armer Schaf-Hirt gewest, man kennt ihn gewiß nit, de post foetantes etc., auf ein Wort, Madam, mein wer ist dein Herr Vater gewest? mein Herr Vater? der König Saul, der, so auf einmal dreißig tausend Mann aus dem Haus Juda, der dreimal hundert tausend Mann aus dem Haus Israel wider die Kinder Ammon ins Feld geführt, der ist mein Herr Vater gewest. Meine Frau Michol, laß dir sagen, ein armer Mann aus dem Geschlecht Benjamin, mit Namen Cis, hatte seine Esel verloren, und er sprach zu seinem Sohn, (deinem Herrn Vater, merks!) mach dich auf, gehe hin, und suche mir die Esel, mein was ist ehrlicher, Schaf hüten, oder Esel treiben? David, dein Mann, den du verachtest, war ein Schaf-Hirt, Saul, dein Vater, mit dem du prangest, war ein Eseltreiber, seines Herkommens gar ein schlechter vom Adel, und noch ein Stuck schlechter, als David. O wie viel Leut haben eine so schlechte Gedächtnuß, daß sie sogar nit mehr denken, wer sie gewest seyn, ist also nothwendig, daß sie sich meines Recepts halten, in welchem das erste Stuck die Krebse, wordurch ich sie will ermahnt haben, daß sie öfters sollen mit ihren Gedanken zuruck [463] gehen, wie die Krebse, und fein mehrmal erwägen, woher sie kommen, und in was schlechtem Stand sie gewest seyn. Der Prophet Ezechiel hat in einem geheimnußreichen Gesicht wahrgenommen einige Thier, so nicht allein vornher Augen trugen, sondern auch hinterhalb; bei solchen Leuten, welche da aus geringem Stand zu großen Ehren erhebt worden, wär es hoch nothwendig und nutzlich, daß sie auch auf dem Rucken Augen hätten, damit sie sehen könnten, woher sie kommen. Da geht eine auf der Gasse daher mit einem Vortreter, der Kopf ist mehr ziert, als ein aufgesteckter Maibaum, die Haar seynd zusammen gewispelt, als wärens durch einen Strauben-Modl gossen, die Mäschen gezogen, wie der erste Buchstabe in einem Pergamenten-Lehrbrief, der Hals ganz bloß, wie ein Aff beim End des Rückgrads, der Rock so lang, wie der Biber von hintenher, die Schuh bald so gespitzt, als ein Schuster-Aal, wessenthalben kein Wunder, daß sie manchem Pfuy die Augen aussticht. Wer ist diese? ihr Mann stehet trefflich wohl, allein das date, quae sunt Caesaris, Caesari, wird in seinem Evangeli-Büchel nit gefunden, das Töchterl und Semi-Fräule, die mit ihr geht auf der Seite, heißt Francisca, Athanasia, Gandolpha, Hedwig etc., (Urschel und Lisel seynd gar gemeine Namen) sie grüßt Niemand auf der Gasse, weil sie ihres Gleichen nicht siehet, sie rauscht für die Kirch-Thür hinein, wie der Wind im Eichwald, man soll bald eine Meß lesen, heraus gehen, fein bald, o der ungeschickte Sakristan! sie bildet ihr ein, jedermann solls anbeten und verehren, wie die Philistäer ihren Abgott Dagon, weilen [464] ihr Mann beim Bret sitzt, nur her, venite adoremus. Ei du stinkender Grind-Schüppel, es wär wohl herzlich zu wünschen, du hättest ein paar Augen auf deinem stolzen Buckel, damit du könntest sehen, woher du kommst; ist nit dein Vater ein armer Nachtwächter gewest? hat sich nicht deine Mutter mit der Studenten-Wäsch erhalten? ist nicht dein Bruder im Seminario gestorben? hat dich nit der Meßner bei St. Salvator aus der Tauf gehebt? ist nit dahie ein Holzmesser dein Vetter? ei daß dir des Henkers Badwäschel den Kopf zwack wegen deiner stinkenden Hoffart, man hat dich noch wohl gekennt, wie du um das Fleisch in die Bank gangen, und den Kuchel-Zecker an dem Arm getragen, du stolzer Siech!
Das andere Stuck in dem Recept seynd Ehren rosen, lateinisch malva hortensia, wordurch soll verstanden werden, daß ein Hoffärtiger, der nicht mehr sich seiner vorigen Armuth erinnert, die Ehr verliert; ein Demüthiger aber, der sich seines geringen Herkommens nicht schamet, alle Ehren verdient. Der König Saul laßt den David zur Audienz rufen, und thut ihm sehr stattliche Offerten anerbieten; was da? etwann eine schöne Herrschaft samt vielen reichen Unterthanen, die sich da lassen öfter barbieren, als seine Schaf? nichts dergleichen; etwann eine große Summa Gelds, wormit er reicher wurde, als durch seine Schäfereien, dann Pecunia mehr gilt, als Pecora? nichts dergleichen; etwann ein vornehmes Officium zu Hof, dann ja in Aula lustiger zu leben, als inCaula? nichts dergleichen, sondern der König Saul offerirt ihm seine Prinzessinn zu einem Weib, [465] was? sagt David, ich soll des Königs Eidam seyn? ich?quis sum ego? bin ich doch ein armer Tropf, mein Vater ist ein armer Mann, welcher etliche seiner Söhn in Krieg schickt, mich aber samt andern zum Schaf-Hirten braucht, damit er uns nur erhalte, ich bin ein gemeiner Kerl, der nichts kann, als etwann mit dem knoperten Hirtenstab meine Schäfel in einer Disciplin zu halten etc. Weil solchergestalt der David sich seines Herkommens nit geschamt, sondern in allweg sich solcher großen Ehren unwürdig geschätzt, also ist er derenthalben bei dem König und dem gesamten Hofstaat in großer Aestima gehalten worden. Dem großen Erzbischof Wilegiso zu Mainz ist es eine sondere Ehr gewest, daß er seines schlechten Herkommens nit vergessen, und in sein Wappenschild ein Rad setzen lassen, zur ewigen Gedächtnuß, daß er eines Wagners Sohn sey gewest; Amico, dem vornehmen aquilanischen Bischof und nachmals creirten Kardinal, ist es eine Ehr gewest, daß er in seinem Wappen ein Lämml geführet, zu einer steten Erinnerung, daß er ein Schafhirt gewesen. Thomä Villanovano, diesem Erzbischof ist es eine Chr gewest, wie er in Mitte der Bischöf gesessen, und wahrgenommen, daß ein armer Bauer zu unterst des Saals unweit der Thür gestanden, den er als seines Vaters Bruder gekennt, dessentwegen ihm alsobald entgegen gangen, denselben sehr freundlich empfangen, und in Gegenwart so vornehmer Herren eine lange Ansprach, anbelangend seine armen Freund, mit erstgedachtem Bauersmann gehalten. Benedicto dem XI., römischen Papst, ist es eine Ehr gewest, wie er seine Mutter in fürstlichem Aufputz nit[466] wollt erkennen, wohl aber, wie sie sich als eine arme Wäscherinn in schlechten Kleidern gestellt hat. Demjenigen vornehmen Herrn ist es eine Ehr gewest, welcher auf seinem Saal einen Back-Ofen lassen aufrichten, wordurch er nit wollte vergessen, daß sein Vater ein Bäck gewesen, er aber durch seine emsigen Studien und geschöpfte Wissenschaft so weit kommen. Demjenigen reichen und hochansehnlichen Mann ist es eine Ehr gewest, welcher sein Häferl, wormit er sich durch die Bettel-Suppe vorhero erhalten, gar fein in Silber lassen einfassen, und nachmals bei den Mahlzeiten als ein sonders Ehren-Geschirr auf die Tafel gesetzt, daraus getrunken, und also stets zuruck gedacht, wer er gewesen, damit er sich in gegenwärtigem Glücksstand nit übernehme. Eine Ehr ist es einem jeden, der sich demüthiget, und sagt man insgemein, ist das nit ein lieber und wackerer Herr, er redt mit einem jeden, vor allen Leuten zieht er den Hut ab; ist das nit eine feine Frau, sie macht wohl nichts aus ihr, sie heißt mich noch allezeit ihre Schwester; aber eine Schand ist es demjenigen, der sich nit mehr kennet, und sich hochmüthig aufbäumt, ist das nicht ein stolzer Narr! der Esel meint, er sey dem babylonischen Thurm befreundt, ist das nicht eine stolze Krott! die Höppin stinkt vor Hoffart, sie ist ein hoffärtiger Teixl, sie schaut einen nit mehr an.
In einer vornehmen Stadt hat ein armer Bauer Holz auf den Markt getragen, und weil solche Bürd ziemlich groß, und die Gassen nit gar breit, damit er mit seinem Holzkram nit möcht einen stoßen, also hat er immerzu geschrien: »auf die Seite!« Diesem[467] Bauern begegnete unter andern ein sehr hochtrappender Limmelius, welcher 19 Wochen, 3 Täg und anderthalb Stund außer seiner Heimath und Vaterland gewest, dahero seine Muttersprach gar schlecht mehr geredt, dieser hoffärtige, gradirte und grandirte Mopsus wollte aus Stolzheit dem zweifüßigen Esel nit weichen, wessenthalben ihn der Holztrager übern Haufen gestoßen, dergestalten, daß ihm die Perücke hinweg geflogen, und gleich damalen einem vorbei getriebenen Gaisbock auf die Hörner gefallen, so je allen Gegenwärtigen sehr lächerlich vorkommen, daß solches Stroblnest von einem vor Hoffart stinkenden Narrn zu dem andern gerathen; das hat den seidenen Bravantio dergestalten verschmacht, daß er solche Injuri, wann er auch 3 Pfund Cremor Tartari eingenommen, nit hätte verkochen können, dahero er seine Klag so hitzig vorgetragen bei Gericht, daß besagter Bauer alsobald durch scharfen Befehl sich stellen müssen, die wider ihn gelegten Klag-Punkte zu beantworten; der Bauer (besser geredt) der Lauer erscheint, stellt sich aber, als wäre er stumm und könne nit reden, man drohet ihm ernstlich, er soll reden, dieser deut immerzu mit den Fingern, bald in die Höhe, bald in die Nieder, bald auf die Seite, bald krumm, bald gerad, bald ernstlich, bald lächerlich, bald traurig, bald lustig, man konnt nichts anders vernehmen, als nit gar halbe Wörter, ho-hu-ha-hei-oia-oe-huo, die Richter glaubten nit anderst, als könne der arme Tropf nit reden, sondern sey ein elender Stumm, mit dem man mehr mit Mitleiden, als mit Straf verfahren solle, es könne also dem hochgeehrten Herrn N. N. [468] als Kläger dießfalls keine Satisfaction ertheilt werden etc., was? sagt dieser, so glaubt ihr, solcher Bösewicht sey ein Stumm? ein Schelm ist er, ich will es mit glaubwürdigen Leuten bezeugen, daß er reden kann, hast du nit (also redete er den Bauern an) hast du nit immer geschrien: »auf die Seite, auf die Seite!« ja, ja, ja; wann dem also ist, sagten hinwieder die Richter, so fällt der Herr selbst das Urthel wider sich, dann so der arme Tropf ermahnt, man wolle ihm ausweichen, hat diesen Spott und Fall der Herr seiner Hoffart und nicht des Bauern Bosheit zuzumessen, jetzt fallt mir der Name ein dieses stolzen Narrn, er hat Hathanasius geheißen, dann er eine lange Nase darvon getragen, der Spott laufet gemeiniglich dem Hoffärtigen mit Hasenfüßen nach.
Das dritte Stuck in dem Recept ist Spiritus Tartari, die Lateiner wissen schon, daß Tartarus auf deutsch die Höll heißt, welche dem Hoffärtigen nit wird ausbleiben. Foris canes, hinaus was Hund seynd, sagt uns der Herr, die gehören nit in das Haus meines Vaters, sondern welche, wie die Hund neidig seynd, gehören in die Höll, aber diese seynd noch nit die ersten darin gewest.
Der Himmel ist ein Schafstall, und da werden alle Böck ausgeschlossen, dann welche, wie die gailen Böck in Unzucht leben, haben nichts anders zu gewarten, als die Höll, aber diese seynd nit die ersten darin gewest. Wie Gott der Allmächtige die Welt aus nichts erschaffen, Spiritus Domini ferebatur super aquas, da schwebte der Geist Gottes ober dem Wasser, aber der Hölle Geist schwebt ober dem Wein, [469] dahero alle Vollsaufer ihm zugehörig, aber diese seynd gleichwohl nicht die ersten in der Höll gewest. Im Himmel ist das ewige Licht, dahero die Blinden nit darein taugen, wessenthalben alle verblendeten Ketzer in die Höll fahren, allwo die ewige Finsternuß, aber diese seynd dannoch nit die ersten darin gewest. Die ewige Seligkeit ist ein Lohn, merces vestra copiosa etc., dahero die Faullenzer alldort nichts abzuholen, sondern die Trägen müssen die Höll ertragen, aber diese seynd dannoch nit die ersten allda gewest. Im Himmel ist ein ewiger Fried, dannenhero die Geharnischten daselbst nit werden eingelassen, sondern alle Zornigen, die so geschwind im Harnisch, steigen in die Höll, aber dannoch seynd diese nit die ersten darin gewest. Weil die dritte Person in der Gottheit eine Taubengestalt an sich genommen, sodann gelten bei ihm die Raben gar nichts, wessenthalben alle, so wie die Raben stehlen, in die Höll verstoßen werden, nichts destoweniger seynd diese nit die ersten darin gewest. Nichts unreins geht in Himmel ein, nihil coinquinatum etc., weil dann viel Geld zählen schwarze Händ macht, also gehören die Geizigen hin unter, aber doch seynd diese die allerersten nit gewest darin, sondern die Hoffärtigen, als da war Lucifer, dieser Spiritus Tartari samt seinem Anhang waren die allerersten in der Höll, diese haben zum allerersten den Abgrund eröffnet, und wäre Adam samt seinem Weib, welche um 9 Uhr Vormittag erschaffen, und um 3 Uhr Nachmittag mit Ruthen ausgestrichen und des Paradies verwiesen worden, wie etliche darvor halten, der erste beim Teufel gewest wegen der Hoffart, [470] dafern nit die grundlose Barmherzigkeit Gottes durch das bittere Leiden und Sterben Jesu ihn mit uns errettet hätte.
Der Dank war nit gar groß, den ich von diesem neugebackenen Edelmann habe eingenommen, welches mir schier ein wenig in die Nasen gerochen, in Erwägung, daß meine Salbe noch allzeit gut, bei diesem aber allein in Unwerth kommen, dahero ich diese, meine widerigen Mucken auszutreiben, eine beliebige Gesellschaft gesucht, und dieselbige bald nach allem Wunsch angetroffen in des Herrn Albanii, als meines sehr werthesten Freunds eigener Behausung, woselbst schon fast eine halbe Stunde bei einander gesessen, ein reicher Handelsmann, damal ein Wittiber, sodann seine größern Töchter, item ein Doctor; aus allen Reden, so sie damal führten, konnt ich leicht abnehmen, daß sie allesamt etwas unpäßlich, und gaben mir gar deutlich zu verstehen, daß ich ihnen, vermög mei ner wenigen Wissenschaft, möcht einen Rath ertheilen, oder ein Mittel vorschlagen, wormit sie könnten diesem Uebel abhelfen. Dazumal war mir dieses Ansuchen nit gar angenehm, weil mir die kurz vorher ergangene Kur nit nach allem Wunsch ausgeschlagen, ich konnt es aber dannoch dem lieben Albanio wegen der alten Hacken und schon lang gepflogener Freundschaft nit weigern, habe demnach des reichen Handelsmanns Zustand alsobald erkennt, und gar wohl gesehen, daß er einen schweren Fluß in Augen, und also den Nächsten, forderist der arm ist, nit viel ansehen thut, woraus ich ihm dieses kurze Recept gemacht:
[471] Recip:
Feigenblätter in der Sonn gedörrt, und mit Schwefel zerrieben, nachmals in frischem Wasser gesotten, darmit die Augen öfters gewischt, vertreibt die Flüß.
Die Reichen leiden sehr stark an solchem Augen-Fluß, daß sie also nicht bald einen armen Menschen können ansehen, sondern sich ihrer Mittel übernehmen, dann viel Güter machen hohe Gemüther; der evangelische Prasser hätt gar gewiß den armen Lazarum allzeit grüßt, und ihm ein bonna dies geben, wann er nit viel Mittel hätt gehabt, weil er aber ein steinreicher Vogel war, also hat er den Armen nit viel geacht; die babylonische Bestia und Unzucht in Apocaylpsi, weil sie um und um mit Gold und reichem Geschmuck geziert war, wollt auch den hoffärtigen Namen und das stolze Prädikat haben, Babylon Magna. Aber mein Herr Goldecker, übernimm dich nit wegen deines Reichthums, brauch die Feigenblätter, und stell dir vor Augen jenen Feigenbaum, welcher an dem Weg gestanden: unweit Bethania stund überaus ein schöner Feigenbaum, unter dem ein mancher Reisender bei großer Sonnen-Hitz im Schatten gelegen, er war über und über mit den annehmlichen Blättern bedeckt, daß einem von fern gedunkt, es stehe daselbst einer mit einem grün-sammeten Rock, er streckte die Aest allerseits aus, als wollt er einen Chor-Regenten abgeben, und den so lieblich singenden Vögeln zu der Musik den Takt geben; in selbiger Gegend war kein Baum, der so sauber aufgezogen, und einer so adelichen Statur, als eben besagter Feigenbaum; ich glaub wohl, wie die Bäume ihren Reichstag celebrirt, [472] und die Wahl eines Königs haben vorgenommen, dafern dieser Feigenbaum wäre gegenwärtig gewest, daß er unfehlbar hätte die Kron erhalten, auch wäre seine Resignation nit, wie seines Mitbruders, so dazumal bei dem Reichstag gegenwärtig, angenommen worden wegen der gar zu herrlichen Gaben, die an ihm zu finden waren, und gleichwohl so gut, so herrlich, so reich er gestanden, ist er dannoch durch die ergangene Exkommunikation Christi des Herrn augenblicklich verdorben.
Laß dir dieß ein Exempel und eine Witzigung seyn, mein reicher Vogel, und thue nit wegen deines Reichthums stolzieren, hast du gute Mittel, gute Küttel, gute Titel, gute Schnittel, gute Hüttel, so übernimm dich nit, hast gute Herrschaften, Habschaften, Wirthschaften, Handelschaften, übernimm dich nit, sonst laßt dich Gott, der alle Hoffart hasset, fallen, daß du auch verdirbst, wie der Feigenbaum. Wer ist besser gestanden im Reich und Reichthum, als eben der König Nabuchodonosor? Felder und Wälder ohne Zahl, Geld und Zelt in Ueberfluß, Schätz und Plätz nach allem Wunsch, Haus und Schmauß, wie sein Herz verlangte, hatte dieser reiche Gesell; weil er sich aber übernommen, so hat ihn Gott lassen also arm werden, daß er nit ein Stückel Brod in seiner Gewalt hatte, sondern mußte Gras anstatt Käs essen. O elender Tropf!
Der Amerling ist unter den Vöglen einer aus den stolzesten, er prangt mit seinem gelben Brustfleck daher, als wann er des Vogel Phönix sein Schwager wär, den ganzen lieben Sommer hindurch ist er so[473] stolz, daß er einen Bauern nicht anschaut, der Gimpel, so doch in halb Scharlach aufzieht, darf sich vor seiner nit sehen lassen, er residirt gemeiniglich bei den Landstraßen, damit nur alle Vorbeireisende seine Person mögen anschauen, ja, so bald jemand seinen Weg vorbei nimmt, alsdann schwingt sich dieser stolze Gesell ganz schnell auf einen hohen Baum, und wiederholt allda sein hochmüthiges Gesang und Liedel:Edel, edel bin ich, edel bin ich. Aber laß den lieben Sommer vorbei gehen, laß den fruchtbaren Herbst verschleichen, laß den rauhen Winter herzukommen, wann alles über und über mit Schnee bedeckt, sodann bleibt der stolze Amerling mit seiner Muteten wohl aus, er singt nit mehr, edel, edel bin ich, sondern er hocket dem Bauern vor die Thür; er sitzt ihm auf den Mist, er hupft ihm gar unter die Pferd, er spaziert vor der Scheuer und singt,Vetter, Vetter, Vetter. Also soll auch auf keine Weis' der Mensch stolzieren wegen seines Haab und Guts, und sich etwann deswegen besser und mehr schätzen, als andere, es kann der Allmächtige gar leicht machen, daß er durch mancherlei Unglück um all das Seinige kommt, und nachmals bei einem gemeinen Menschen, den er vorhero nit angeschaut, Hilf suchen muß, ja gar, wie der Amerling dem Bauern vor die Thür kommet. Der Laban hat seine guldenen Götzen verloren, Gott kann auch zulassen, daß du um dein Geld und Gut kommest. Der reiche Job hat dergestalten alles verloren, daß er kein gutes Hemmet mehr hatte anzulegen, und war doch ein großer Fürst, dieß Elend kann auch Gott über dich verhängen. Aaron und Moses haben durch [474] Wirkung Gottes das Wasser in Blut verkehrt, das kann auch durch göttliche Zulassung geschehen, daß du blutarm wirst, deßwegen übernimm dich nit; der Reisende von Jericho nach Jerusalem hat all das Seinige müssen im Stich lassen, und ist noch darzu halb todt gehauet worden, das kann auch dir gar leicht widerfahren.
Nach dem Tod Recesuindi, Königs in Spanien, Anno 672 haben die Fürsten des Reichs nach einer neuen Wahl eines Königs getracht, und hat sie für rathsam gedunkt, daß sie die Namen etlicher tauglicher Männer hierzu dem Papst Deodato sollen übersenden, und nachmals denselben vor ihren König krönen, der Ihro Heiligkeit vor andern beliebig scheinte, der Papst aber hat alle diejenigen ihm vorgestellte auf die Seite gesetzt, und beinebens sie ins gesamt erinnert, daß es der göttliche Wille sey, demjenigen die Kron auf das Haupt zu setzen, dessen Namen Bamba, worauf sie allerseits emsigst nachgesucht und endlich einen Lusitaner bei dem Ackerbau besagten Namens angetroffen, den sie unverweilt zu dieser Hohheit erheben wollten, welches aber der fromme Bamba in allweg geweigert, ja solches nur für einen Schimpf und Foppspiel ausgelegt, und endlich aber zugesagt, jedoch mit dem Beding, wann der dürre Stab, welchen er dazumal in die Erde gesteckt, werde blühen, und siehe Wunder! den Augenblick hat erstgedachter Stab angefangen zu grünen, und in Beiseyn alles Volks, die schönste Blühe hervor getrieben, woraus sattsam zu erkennen war, daß Gottes Wille sey.
Dieß war ein groß Wunder, indem ein dürrer Stab ist gewachsen, hat blühet und floriret, aber es [475] geschieht noch wohl öfter, daß ein Bettelstab aufkommt, florirt, und zu großem Reichthum gelangt. Gedeon war ein Drescher, welches ja kein adeliches Exercitium und gleichwohl nachgehends durch göttliche Anordnung ist er ein Kriegsfürst worden, zu großer Beut und Reichthum gelangt. Es geschieht mehrmalen, daß ein armer Erd-Dampf in die Höhe steigt, und nachgehends zu einem Regen wird, man hat schon öfter gesehen, daß ein armer Tropf ist hoch kommen, und ein reicher Regent daraus worden etc., aber übernimm dich nit wegen deines Reichthums, sonst, was Gott hat geben, das thut er wunderbarlich wieder zurück nehmen, und da bestehst du, wie ein gerupfter Plato. O wie viel dergleichen weiß ich, etwann du auch, welche Reichthum halber im Vollmond gestanden, aber Hoffart halber in das Abnehmen kommen.
Der rothe Löw, oder reiche Berg-Knapp ist weit bekannt, als welcher die hohe Schul zu Prag soll erbaut haben, und seinem König eine ganze Tonne Gold geliehen, auch nachmals den Schuld-Brief in einer verdeckten guldenen Schüssel dem König für ein Bescheid-Essen aufgesetzt, und ihn darmit ver ehrt. Dieser war anfangs so arm, daß er mit dem Geld, welches sein Weib aus dem verkauften Schleier gelöst, hat angefangen zu hausen, und einen Berg-Knappen abgeben, weil aber sein Weib die Fersen blutristig gestoßen an einer Gold-Ader, so aus der Erd hervor langte, ist er nach und nach so reich worden, daß er keinem Fürsten gewichen, weil sie sich aber dessen übernommen, und sich hochmüthig verlauten lassen, es sey Gott unmöglich, daß sie sollt arm werden, also sey sie dergestalten [476] elend und armselig worden, daß sie, wie die verworfenste Bettlerinn, auf einem Misthaufen gestorben.
So wird auch erzählt von einem gewissen Herzog im römischen Reich, daß er in allen seinen Sachen hochmüthig und aufgeblasen sich erwiesen, weil er nemlich in großer Macht und Gütern gestanden; es ermahnete ihn dessen nit selten der Kaiser Friederich, sprechend, wann das End gut ist, so ist alles gut, dann es sahe der weiseste Monarch wohl vor, daß der Fall dem Hochmuth auf dem Fuß nacheile, solchen heilsamen Rath thäte der Herzog nicht allein verwerfen, sondern noch hierüber den Kaiser schimpfen, indem er ihm aus Zwilch einen schlechten Bauern-Küttel machen lassen, der Saum aber dieses Kleids war mit kostbaren guldenen Spitzen verbrämt, und als sich wegen dieses so wunderlichen Aufzugs der Kaiser nicht wenig befremdt, auch gefragt, was solche Kleidung bedeute, gab der übermüthige Herzog diese Antwort: »wann das End gut ist, so ist alles gut,« wordurch er die gegebene Ermahnung ausgelacht. Weil aber Hoffart allemal mit dem Untergang niederkommt, und die Stolzheit nichts anders gebähret, als den Fall, also ist auch diesem widerfahren, daß er nachmals spöttlich im Krieg gefangen, und gar mit Stricken gebunden worden.
Von dem großen Goliath sagt die h. göttliche Schrift, wie er mit dem David einen so ungleichen Duell eingangen, daß er sey von Fuß-Sohlen an, bis hinauf in lauter Harnisch gewest. Das liebe Deutschland und ganze römische Reich ist viel Jahr hero immerzu im Harnisch, an allen Orten Krieg und Waffen, [477] und hat dieser leidige Kriegslauf viel tausend um das Ihrige gebracht, auch meistens an den Bettelstab gezogen, warum dieß? ich habe zwar das göttliche Protokoll nit durchblättert, noch hierinfalls einige Offenbarung gehabt, aber ich glaub dannoch, daß solche Ruthen habe gebunden der Uebermuth, welchen die Adams-Kinder fast allemal treiben, so oft sie im günstigen Glückstand und Wohlstand sich befinden; glaub mir, der Tummel rühr die Trummel, und der zu große Segen zieh den Degen zum Kriegen.
Das andere Stuck im Recept ist der Schwefel, den hab ich dazumal aus der Erd graben, wie sich diese eröffnet, und den Dathan und Abiron lebendig verschlickt, dieser Schwefel ist aus der Höll, wohin bemeldte Bösewicht lebendig gestiegen; weil daselbst der Schwefel in der Menge, nach Aussag Johannis. Dieser Schwefel ist sehr heilsam für den Fluß in Augen; wann jemand aus Hochmuth sich übernimmt, den Nächsten nicht anschaut, ja alle veracht, der betrachte wohl das Schwefel-Feuer in jener unglückseeligen Ewigkeit, wormit Gott alle Stolzen und Hoffärtigen unaufhörlich züchtiget, welches ihm leicht allen Hochmuth dämpfen wird. Fragst du, was Unthat halber der Dathan und Abiron lebendig zum Teufel gefahren? lebendig von der Erd verschlickt worden? lebendig in das ewige Schwefel-Bad gestiegen? darum, weil sie hochmüthig waren.
Dieses reichen Herrn anwesende Tochter war sehr bleich, und also allem Ansehen nach nicht gar wohlauf, wie sie es dann selbsten bestanden, es war aber die Krankheit leicht zu erachten, dann sie sehr aus[478] dem Maul geschmeckt, und hatte sie einen stinkenden Athem, will sagen eine stinkende Hoffart, dahero ihr alsobald diese Mittel vorgeschrieben:
Recip:
Nichts, dieß ist gar ein vortrefliches Mittel, wann man Fruhe und Abends, forderist bei nüchtern Magen etliche Unzen einnimmt.
Hoffart ist bei den Weibern die anderte Erbsünd und das tägliche Brod. Es kann gleichwohl nit eine unartige Frag seyn, warum der böse Feind der Eva in Gestalt einer Schlange versucht im Paradeis? warum ist er nit als eine Katz herein getreten, welche nachmalens mit ihrem Schmeichlen und Heuchlen sich an den weißen Füßen Evä herum gestrichen, und durch annehmliches Murren und Sumpsen der schönsten Madam ein Wohlgefallen gemacht hätte? warum nit in ein kleines Hündl? dann dem Frauenzimmer ohne das solche Bologneser-Flöh sehr werth und angenehm seynd, auch solche schönen Hunds-Nasen mit vielen Privilegien versehen. Warum nit in eine Taube? da hätt er können der holdseligen Eva auf die Achsel sitzen, mit dem Schnabel dero zarten Ohrnwäschl kitzlen und mit dem gewöhnlichen Gurugu, Gurugu, weiß nicht was für Heimlichkeiten in das Ohr sagen? warum nit in einem Papagei? zumalen vornehme Damen ohne das gern dergleichen gefiederte Schwätzer in ihren Zimmern aufhalten, und seynd die armen Geistlichen und Diener Gottes gar oft nicht sicher, daß sie nit von solchen indianischen Ploderen auf öffentlicher Gasse Pfaffen, Pfaffen genennt werden, welches sie von den Ehren- und Tugend- bedürftigen Zimmer-Menschern, oder kothseligen und heillosen Lageien erlernt. Warum nit in einen [479] Hasen, in einen Fuchsen, in einen Rehbock, oder anders Thier? wie so gleich nur in eine Schlang? sehr viel und unterschiedliche Ursachen werden dessenthalben von den Lehrern und Scribenten beigebracht, deren ich allhier nicht gedenken will, sondern ist meine gar wenige und winzige Meinung, der Teufel habe deswegen durch Einschlag mit ihr parlirt, damit er ihr einen Spiegel weise, worin sie ihre schöne Gestalt ersehe, und nachmals in eine Hoffart gerathe; dann gar gewiß ist, wann sich eine Schlang ganz zusammen rollt, so kann sich der Mensch darin ersehen, wie in einem Spiegel, weilen nun vermuthlich dazumal die Eva in dergleichen lebendigem Spiegel ihre holdseligste Gestalt und schönstes Angesicht wahrgenommen, hat sie desto leichtern Glauben geben dem Satan, wie er ihr vorgelogen, daß sie werde eine Göttinn werden, eritis sicut Dii. Von dannen rührt ursprünglich her, daß die Weiber den Hoffart-Kitzel haben und kein stolzers Thier auf Erden anzutreffen, als dasjenige, welches Zöpf tragt.
Die h. Schrift in dem Buch Genesis am 30. Kapitel V. 14 u. flg. registrirt, daß der Ruben hab seiner Mutter der Lia etliche Alleraun vom Feld nach Haus gebracht, so bald die Rachel in Erfahrenheit gebracht, hat sie alsobald ganz inständig von ihrer Schwester die Alleraun begehrt, oder wenigst nur einen Theil derselben, was? sagt die Lia, ist es nit genug, daß du mir meinen Mann genommen hast, willst mir noch die Alleraun auch nehmen? es ist zu wissen, daß die Alleraun, in Latein Mandragorae genannt, gewisse Wurzel seynd, welche fast Händ und Füß haben, wie die Menschen, und also solche den [480] kleinen Männlein nicht viel ungleich, warum aber die Rachel so inständig angehalten um die Wurzel? ja so gar sagte sie der Lia, meine liebe Schwester, wann du mir die Wurzel spendirest, so will ich dir heut Nacht meinen Mann überlassen, Parola, wie es dann auch also geschehen, es muß unfehlbar die Wurzel eines großen Werths und Wirkung seyn gewest, weil die Rachel sogar den Mann auf eine kleine Zeit darum geben, glaubwürdig ist es, sagt Menochius, daß in demselbigen Land die Alleraun-Wurzel einen sehr lieblichen Geruch von sich geben, massen in den Canticis stehet: Mandragorae dederunt odorem, und also hab sich die Rachel darmit angestrichen, oder sonst zur Schönheit gebraucht, auf mancherlei Weis'. Es war aber die Rachel ohne das schön, was schadt es, die Weiber wollen nit allein schön seyn, sondern auch schön bleiben, ja, wann es möglich wäre, noch schöner zu werden, darum zieren sie sich, als wie der Esel am Palmtag.
Von dem Gedeon bezeugt die h. Bibel, wie daß er von dem Allmächtigen Gott habe ein Zeichen begehrt, wordurch er möchte vergwißt seyn, daß er ihm wolle in dem Feld und Krieg beistehen; das Zeichen aber war dieß, er nahm ein dürres Schaaf Fell, legte es unter dem freien Himmel nieder, und sagte, mein Gott und mein Herr, wann der Morgen-Thau wird allein fallen auf dieses Fell, der ganze Erdboden aber wird trucken bleiben, sodann will ich glauben etc., wie es dann nicht anderst geschehen. Gedeon bitt noch einmal, con licenza, mein Gott und Herr, vergieb mir dießmal noch eins, er legte mehrmalen das Fell [481] an voriges Ort, und sagt, wann der Morgen-Thau wird fallen auf den ganzen Erdboden, daß alles naß seyn wird, außer des Fells, sodann will ich unfehlbar darvor halten, daß du mit und durch mich große Wunder werdest wirken, und ist auch nach seinem Begehren geschehen. Es ist nit auszusprechen, wie emsig, wie sorgfältig, wie genau der Gedeon in aller Fruhe das Fell geschaut, ob dasselbige naß oder trucken, Gott vergelt es dir, mein Gedeon, diese Arbeit.
Aber mein Gott, die Weiber tragen noch größere Sorgen auf ihre Haut und Fell, das beschauen sie alle Stund im Spiegel, obs naß, obs trucken, obs weiß, obs roth, obs bleich, obs hübsch, obs glatt, obs gelb, obs einfärbig, obs vermischt, obs rein, obs bemailiget, obs glanzend, obs dunkel, obs fröhlich, obs traurig, obs gesund, obs krezig, obs sauber, obs besudelt, obs recht oder schlecht sey; ob die Wangen noch prangen, ob die Nasen ohne Masen, obs Maul nit faul, ob die Augen noch taugen. Oel, Wasser, Pulver, Salben, Balsam, Butter, Kräuter, Wurzel, Blumen, Wein, Essig, Schwamm, Tüchel, Kämpel, Bürsten, und aller Plunder muß für das Gesicht allzeit in Bereitschaft stehen, ja kein Verlurst kommt sie härter an, als der Schönheit. In Tractu Melovicensi war eine Frau sehr wohlgeneigt den Ordens-Leuten St. Francisci, und denselben aus frommer Freigebigkeit sehr viel Almosen in das Kloster geschickt, einmal hat sie etwas für die lieben Geistlichen einkauft, weil sie sich aber auf dem Markt gar zu lang verweilt, und derenthalben in etwas zu spat nach Haus kommen, hat sie der eifersüchtige Mann nit allein mit harten Streichen[482] sehr übel tractirt, sondern sie noch bei den Haaren auf dem Saal dergestalten hin- und hergeschlept, daß er ihr alle Haar ausgerauft, und also die arme Haut fast einem geputzten Kalbs-Kopf gleich gesehen, sie empfand allerseits sehr große Wehtagen, aber forderist schmerzte sie der Verlurst ihrer schönen Haare, Ultramarin um die Augen, schad nit, Berggrün auf den Wangen, schad nit, Kugel-Lack unter der Nasen, schad nit, schüttgeld auf dem Rucken, schad nit, sagt sie, das wollt ich noch alles gern verschmerzen, dann ich in kurzer Zeit mich wollt ausheilen, aber die Haar hin, und gar hin, diese Schöne war hin, ach! das thät ihr ganz melancholische Gedanken machen; aber Frau warum deswegen so melancholisch? seyd ihr doch gar eine fromme und tugendsame Frau und Matron, schad nit, auch sonst fromme Weiber wollen schön seyn, dahero diese so inständig den h. Antonium Paduanum, welcher große Diener Gottes sich dazumal in demselben Convent aufgehalten, gebeten und ersucht, er wolle sie doch heimsuchen, welches er auch gethan, und auf so vieles Bitten und Anhalten, durch ein Wunderwerk, ihr die Haar auf das Haupt völlig erstattet. Schön seyn, schön bleiben, schön werden, schön machen, schön kleidt seyn, schön reden, schön gehen, schön wohnen, schön genennt werden, wollen die Weiber. Die Weiber haben eine widerige Natur, das ist so viel gesagt, als die Weiber haben eine Natur, wie der Widder, dann so oft eine Heerd Schaaf vorbei geht, so wird man in allweg wahrnehmen, daß der Widder niemal, weder hinten nach, noch in der Mitte, sondern allemal will vorgehen, eine gleiche Beschaffenheit ist bei diesem Geschlecht, [483] und will eine der andern vorgehen an der Schönheit: Die Phrinis war bei ihrer Zeit die allerschönste, als sie einsmals zu einer Gesellschaft kommen, worbei eine ziemliche Anzahl anderer Frauen sich eingefunden, welche allesamt sehr herrlich aufgeputzt scheinten, und glaubte eine jede aus ihnen, daß sie um 2 Pfund, 3 Loth, anderthalb Quintl schöner sey, als die andere, welches der edel-schönen Phrinis nit ein wenig in ihre Allabaster-Nase gerochen, dann sie gar wohl wahrgenommen, daß diese Weiber-Gesichter, der Natur zur Beihülf, unter einem fremden Pemsel gewest, fangt dem nach ein Spiel an, welches bei uns Deutschen ins gemein das Müttern, oder eigentlich das Müssen genennt wird, in welchem ein Spielgespann unweigerlich, so das Verlieren an ihn kommt, thun muß, was ihm wird auferlegt. Wie nun die Ordnung die schöne Phrinis getroffen, Allo! sagt sie, und laßt alsobald ein frisches Brunn-Wasser herbei tragen, was ihr sehet, das ich thue, das sollt ihr gleichmässig nachthun, worauf sie alsobald ihr holdseliges Gesicht gewaschen, welches aber hierdurch nur schöner worden, so bald aber die anderen gefirneisten Muster desgleichen gethan, und dardurch der falsche Anstrich das Valet geben und Abschied genommen, alsobald haben dero Gesichter eine Gestalt gehabt, wie eine dreijährige Brandstatt, und hat sich die Phrinis nit wenig begnügt befunden, daß sie die Schönste geblieben.
Recipe für euch saubere Docken, damit der stinkende Athem vergehe, samt der stinkenden Hoffart; sagt her, was ist euere Gestalt, mit dero ihr so sehr pranget? nihil, nichts, eine pure Eitelkeit, nehmt [484] dießNichts Fruhe und Abends ein, etliche Löffel voll, wo nit in Magen, wenigst in das Herz, ihr werd sehen und spüren, daß euer Zustand gewendt werde, forma bonum fragile. Wie der Job Gut und Blut verloren, Kinder und Rinder verloren, Land und Pfand verloren, und gleichwohl nit die Geduld, also hat ihm der Allmächtige diesen Verlurst doppelt erstattet, und wann er vorhero tausend Ochsen gehabt, sodann hat ihm Gott zwei tausend darfür geben. Unter andern hat ihm der Allerhöchste auch 7 Söhn und drei Töchter widerum geschenkt, von den Töchtern aber bezeugt die h. Schrift, daß sie die allerschönsten Mädel seyen gewest im ganzen Land: Non sunt autem inventae mulieres speciosae, sicut filiae Job, in universa terra. In keiner Stadt, in keinem Markt, in keinem Geschloß, in keinem Dorf hat man so schöne Menscher gefunden, als wie des Jobs seine gewest, die Gestalt der Lamia, das Gesicht der Flora, die Schönheit der Lucretia, die Wangen der Clelia, die Stirn der Livia, der Mund der Cleopatra, die Augen der Penelope, die Haar der Lais, seynd kaum ein Schatten zu nennen gegen den schönen Töchtern des Jobs; kein Mensch kann es ihm einbilden, wie hübsche Mädel diese gewest seyn; aber hört, was ihnen Job für seltsame Namen geben, die erste nennte er Dies, ein Tag, die andere Cassia, ein Rauch, die dritte Cornustibium, ein Anstrich, warum dieß? keiner andern Ursach halber, als daß er hierdurch das eitle Nichts der schönen Gestalt möchte zeigen. Dann wie lang währt ein Tag? etliche Stund, alsdann heißt es gute Nacht; wie lang währt ein Rauch? eine kleine Zeit, [485] ja, vergeht oft so geschwind, wie der Wind; wie lang dauert ein Anstrich? gar nit lang, so ist hin alle Prang, also währt, dauert und bleibt der Weiber Gestalt gar eine kleine Weil, forma bonum fragile.
Der David hat jenes Schwerdt, mit dem er dem Goliath den Garaus und Kehraus gemacht, in dem Tempel aufgehängt, als ein sonders Kennzeichen und Gedächtnuß seiner Victori; es ist aber dieses Schwerdt gleichwohl mit der Zeit verrostet; was seynd oft schöne, aufputzte und aufgemutzte Gesichter anderst als Schwerdter, die manchen das Herz verwunden, aber wart eine Weil, so werden auch diese rostig und laufen an, wie eine Becklhauben bei Frieds-Zeiten. Wie lang bleibt das österreichische Wappen roth und weiß in dem Angesicht? nit lang, es stehet eine kleine Zeit an, da kommt das Moscowitische Wappen darein, so da ist eine Bärnhaut; mein wie lang glänzt das weiße Helfenbein auf der Stirn? nit gar lang, es stehet eine kurze Zeit an, da wird ein ungestalter Tuftstein daraus, ja das ganze Angesicht, wie eine Grott, in dero Mitte anstatt der Wasser-Kunst, die triefende Nasen; mein wie lang hangt der rothe Fürhang an den Wangen? nit gar lang, es steht eine kleine Weil an, da zerreißt er, als wie im Tempel zu Jerusalem, velum templi scissum est, sch-ön; sch-ändlich, w-ohlgestalt, w-ild, f-ein, f-alten, h-übsch, h-äßlich, r-oth, r-otzig fangen von einem Buchstaben an, und mag das Kräutel oder Blümel Tausendschön noch so hübsch blühen, so thut es doch bald verwelken und verdorren. Achan, als ein Dieb, hat zu Jericho gar einen schönen rothen Mantel gestohlen: Pallium coccineum valde bonum. Es [486] mag ein Weib noch so schöne rothe Wangen haben, so ist sie nit sicher von Dieben, die sie entfremden, es gibt der Dieb so viel, daß mit dero Namen die Medici und Aerzte ganze Bücher anfüllen, dann eine jede Krankheit ist ein solcher Lauer, welcher besagte Waar hinweg tragt: die Frau Cillerle ist wohl einmal inniglich schön gewest, aber die Blattern haben es verderbt; die Frau Clarl hat ihres gleichen nit gehabt, aber seit der verwichenen Krankheit siehet sie ihr selbst nimmer gleich; die Frau Theresel war vor diesem, wie Milch und Blut, aber von der Zeit an, daß sie ein Kind getragen, siehet sie wild aus. O ich bin, sagt eine 60jährige Abspulerinn, auch einmal schön gewest, und hätt ich, wie das lange Geld im Schwung gangen, einer jeden den Trutz geboten etc., so seyd ihr dann, nach selbst eigener Bekanntnuß, einmal schön gewest? gewest? gewest? aber jetzt nicht mehr, was prangt ihr dann mit solchem israelitischen Manna, welches so bald wurmstichig wird, was stolzirt ihr dann mit solchen Kürbesblättern Jonä, welche so bald verwelken, was übernehmt ihr euch dann wegen solcher brennenden Amplen der 5 Jungfrauen, welche sobald erlöschen? gedenkt wohl, betrachtet es recht, daß aus all euerer Gestalt so baldnichts wird, sodann wird euch bald der Uebermuth vergehen, das Geistel sinken, die Demuth wachsen, und der Gestank der großen Hoffart aufhören.
Der Mundbäck des großen Königs Pharaonis, weil er saumselig, hat müssen in die Keiche schliefen, deßgleichen auch sein Mitkollega der Mundschenk, sonst ein sauberes paar Brüder, diese hatten bei nächtlicher[487] Weil beede einen Traum, und weil der Joseph ein Traumausleger war, also hat ihm der Mundbäck den seinigen erzählet; mir, sagt er, hat getraumt, als trag ich drei Körb auf meinem Kopf, voll mit Brod, und ist mir natürlich vorkommen, als fressen mir die Vögel aus dem obern Korb, etc. Auweh! sagt Joseph, der Traum ist nit weit her, und du hast nit weit heim, weiter nit, als zum Galgen; dieser Traum war gar zu schlecht, weil ihm die Vögel aus dem obern Korb, gefressen; die untern zwei Körb waren zugedeckt, in welchen das gemeine, schwarze Gesindel-Brod, der obere aber, in dem die gute, schneeweiße Mundsemmel, stund unversorgt offen, und also den Vögeln frei, dieses ist bei der jetzigen Welt noch stark im Schwung; was ist anderst die Seel des Menschen, als ein schönes Mundbrod des Königs der Himmel, und wenig gibt man Acht auf dieses, wie oft kommen die Vögel und höllischen Raben darüber, und fressens weg! ein schwarzes Gesindelbrod ist aber der Leib, diesen verwahrt man, diesen verwöhrt man, diesen verwacht man, diesen versorgt man, diesen versiehet man, und versichert man aufs allerbeste, forderist bei den Weibern. Das Götzenbild Adramelech haben die Sepharäer verehrt. Das Götzenbild Asima haben die Hemathäer venerirt. Das Götzenbild Astaroth haben die Sidonier angebetet. Das Götzenbild Gad haben die Agrier adorirt. Das Götzenbild Nergel haben die Cathäer verehrt. Das Götzenbild Remphan haben die Israeliter angebet. Und das Götzenbild Kasnedam verehren fast alle Weiber bei uns Christen; pfui! heißt das Christen seyn! auch sogar wollen sie, [488] daß alle diesen Spott-Götzen sollen veneriren; das Wort Kasnedam leset zuruck, sodann werdet ihr finden, daß es Madensak heißt, und dieser ist euer wilder, schändlicher, muffender, siechiger, stinkender, garstiger, sterblicher Leib, den ihr also aus Hoffart zieren, palliren, schmieren und veneriren thut. Was ist euer Leib? ein sauberer Dalken, ein verguldtes Pfui, ein mit Zucker kandirter Saukäs, ein mit Schnee überdeckter Misthaufen, eine alabasterne Senkgrube, ein geschmucktes Wurmnest, ein gefürneister Sautrog, ein verschamerirtes Kaspel-Schaff, ein verdecktes Luder, eine ausgeweißte Schinderhütte, ein glasirter Kothhaufen, ein freundlicher Wust, ein verblümeltes Unkraut, eine gefrorne Kothlacke, ein vermäntleter Gestank, ein schönes Aas, ein annehmliches Grausen, ein adelicher Mistfink, ein nobilirter Erdschrollen, ein balsamirter Bockstall, ein holdseliger Bau-Bau, ein glatter Unflath, ein süßes Gift, ein lederner Sack, worin lauter Unlauterkeit etc., habt ihr dann Ursach, mit diesem Kothtrampel zu stolzieren? ist es dann der Mühe werth, daß man wegen dieses Aiter-Geschirr soll zum Teufel fahren? Filii hominum usqueque gravi corde!
Ich kann es mit meinem Gewissen bezeugen, daß mir eine, dermal sehr andächtige Kloster-Person erzählt, so bereits noch bei Leben, wie daß sie, als ein lustiges Welt-Kind, nichts anders habe in das Kloster gezogen, als folgende Geschicht: (hier aber wird Ort, Namen und Zeit verschwiegen, weil annoch eine große Freundschaft vorhanden) Eine sehr adeliche Dama, bei der sie in Diensten war, ist nach kurzer Krankheit [489] mit Tod abgangen, und die erste Nacht, als sie noch unbegraben gelegen, zu ihr ganz lebhaft in die Kammer getreten, mit dem ernstlichen Befehl, sie soll sie nach Gewohnheit aufputzen, und alle Furcht hindan legen, dann ihr nichts übles widerfahren werde, welchem sie ganz zitternd nachkommen; und als der prächtige Aufputz nunmehr fertig, ist der böse Feind, jedoch in falscher Schönheit eingetreten, besagte Dama umarmet, und sie lebendig in dero Angesicht in den Abgrund geführt, auch soll der Todten-Körper Morgens frühe nit mehr seyn gefunden worden, sondern die leere Todten-Truhe; nachmals jedoch mit aller Behutsamkeit zum Grab bestättiget worden, damit solche erschreckliche Begebnuß nit ruchbar werde; obbenannte Kammer-Jungfrau aber, welche in dieser traurigen Sach und Tragödie selbst eine Person agirt, ist wenig Tag hernach mit jedermanns Verwunderung in ein Kloster getreten, die Geschicht auch niemand, als ihrem vertrautesten Gewissens-Rath entdeckt. Ob nun dieß gebaut sey auf eine unfehlbare Wahrheit, will ich es dermalen lassen dahin stehen; aber gewiß ist doch, daß die Höll sehr angefüllt mit dergleichen stolzen Kreaturen.
Der Doktor, welcher sich in dieser Gesellschaft befunden, war meines Erachtens ein guter Jurisconsultus, und so viel ich von andern vernommen, ein sehr berühmter Historicus, indem er bereits etliche sinnreiche Schriften in Druck verfertiget; sobald dieser seinen Zustand mit wenigen Worten entdeckt, hab ich gleich die Krankheit getauft, und gesagt, er leide sehr an dem Ohrensausen, und habe auch gern, wann [490] man von ihm löblich rede, worauf ich dieses Recept vorgeschlagen:
Recip.
Ostrucium, sive Smyrion Hortense, auf deutsch, Meister-Wurz, ein Stückel von dieser über die Ohren gelegt, vertreibet das Sausen.
Mit dem Esau möcht ich gern geredt haben, wie er so theuer das Linsen-Muß von dem Jakob erkauft, und selbes nachmal so begierig aufgeessen, dann ich hätt ihn befragt, wie er sich auf diese Speis' befinde, zumalen die Arzneierfahrnen vorgaben, daß die Linsen von Natur den Magen und Leib aufblähen, wird also der Esau dazumal ziemlich aufgebläht seyn gewesen. Aber meiner Meinung nach blähet die Doctrin und Wissenschaft die Gemüther noch mehr auf, und heißt es meistens studeo, studui, stolz etc. Scientia inflat, spricht der h. Paulus, 1. Corinth. K. 8.
Der übermüthige Abimelech, nachdem er allerseits großen Schaden zugefügt, hat auch zu Thebes einen festen Thurm, worauf sich sehr viel Leut retiriret, wollen in Brand stecken, und als er solches gleich wollte werkstellig machen, siehe! da hat ein Weib von oben herab ihm einen großen Stein auf den Schädel geworfen: Et confregit cerebrum ejus, und hat ihm das Hirn zerbrochen. Die sieben freien Künste werden allemal wie die Weibsbilder entworfen und vorgebildet. O wie manche aus diesen hat oft einem schier das Hirn zerbrochen! viel Jahr, oft bei Tag und Nacht, siehet man, dicht man, wacht man, tracht [491] man, wie man der Natur heimlichen Wirkungen nachschleiche, und dieselben ertappe.
Was die Ursach sey, daß ein Koch von einem weizenen Mehl, da es um dieselbe Zeit, wann der Weizen auf dem Feld in der Blüthe steht, nit zusammen gestockt, sondern je länger es beim Feuer, je dünner es werde?
Was die Ursach sey, daß alles Brod im Back-Ofen sich schäle, und die Rinde von der Schmolle sich zertheile, wann man nur ein Laibel heraus zieht, und selbes neugebacken von einander schneidet?
Was die Ursach sey, daß immer gelbe Mail oder Fleck in der Hand auffahren, das Herz klopft, und gar oft das Blut aus der Nase schweiße, zur selben Zeit und Stund, da meinem Bruder 300 Meilen von hier etwas widriges begegnet?
Was die Ursach sey, daß die Beeren-Feiste in einem Büchsel zur Winterszeit, da die Beeren in der Höhlen und Wäldern zunehmen, auch wirklich wachsen und sich vermehren?
Was die Ursach sey, daß eine Kindsmutter eine reiche Spinn bekomme, die vorhero Mangel gelitten, wann sie einen Bissen Fleisch oder Brod, so eine andere milchreiche Ammel im Maul zerbissen, hinunter isset?
Was Ursach sey, daß viele von dem dreitäglichen Fieber frei und los werden, wann sie die Nägel an Händ und Füßen abschneiden, und nachmals solche an einen lebendigen Fisch oder Krebs gebunden in einen rinnenden Fluß werfen?
Was Ursach sey, daß die ungestalten Wärzen im [492] im Gesicht oder Händ vergehen, wann man dieselben mit einer Speckschwarte streicht, und solche nachmals in die Sonn gegen Mittag hängt?
Was Ursach sey, daß eine runde Kugel, so man sie ins Wasser wirst, allzeit mit demselben Theil in die Höhe schaue, mit welchem sie vorhero an dem Baum in die Höhe gestanden?
Was Ursach sey, daß ein Dukate oder anders Gold im Maul gehalten, ganz weiß werde, wann man nur eine Zehe am Fuß in ein Quecksilber oder Mercuri steckt?
Was Ursach sey, daß ein gesottener Krebs, wann man dessen Schweif in ein Glas Wein hängt, das ganze Glas aussaufe?
Was Ursach sey, daß gar oft im heißen Sommer augenblicklich die Frösch auf der Straße wachsen, wann ein warmer Regen in Staub fallt?
Was Ursach sey, daß die Belzer, so vorhero als Zweigel abwärts gebrochen worden, nur in die Dicke wachsen, so sie aber aufwärts abgenommen worden, in die Höhe nachmalens wachsen?
Was Ursach sey, daß fast allemal ein Zank unter den Gästen entstehe, wann man einen Stein, in den vorhero ein zorniger Hund gebissen, auf die Tafel legt?
Was Ursach sey, daß viel das gefährliche Seitenstechen kuriren, wann sie in ihren Trunk ein Messer hängen, wormit ein Metzger oder Fleischhacker das Vieh abgestochen?
Was Ursach sey, daß ein Kind nit geschreckt wird, wann man demselben etwas von einer Eselshaut in die Wiege legt?
[493] Was Ursach sey, daß diejenigen, so bald nit können verzaubert werden, welche aus einem Hechten-Kopf ein Gräten bei sich tragen, so wie ein Kreuz gestaltet ist?
Was Ursach sey, daß der Esel die Ohren hängt, die Schwalben auf der Erd fliegen, die Flöh sehr ungestüm beißen, wann bald ein Regenwetter einfällt?
Solche Ursachen suchen oft einige emsiger, als der Saul die Esel seines Vaters, sie suchen es mit größern Sorgen, als der Laban seine Götzen-Bilder, und wann sie nach viel Zeit und Jahren etwas ergriffen, zu was dient ihm diese Wissenschaft? zu nichts anders, als daß sie hiervon aufgebläht werden. Scientia inflat, da prangt man mit dem Titel Bacalaurei, Magistri, Candidati, Doctores etc., da müssen Flügel an das Wammes, ein Ring an Finger, ein Gestreng an Titel etc., da sitzt der Plato auf der Zung, der Aristoteles schaut zum Fenster heraus, der Diogenes hockt auf den Achseln, der Sallustius liegt im Hosensack, der Seneca steckt in Handschuhen, der Horatius sitzt bei den Füßen, und die saubere Hoffart im Herzen.
Der Prophet Ezechiel hat einmal ein wunderliches Gesicht gehabt, er hat gesehen, daß ein Buch vom Himmel kommen, und war zugleich der Befehl, er soll das Buch essen, comede volumen, und nachdem er solches genossen, ist er ein wunderlicher Mann worden, ein ansehnlicher und heiliger Prophet worden; viel sitzen ob den Büchern, schöpfen eine Wissenschaft weit tiefer, als der Brunn gewest, wo unser Herr von der Samaritaninn den Trunk begehrt, solviren [494] und lösen auf alle Quästiones und Fragen, die weit schwerer, als der Stein vor dem Grab Christi,erat quippe magnus, erdenken solche Argumenta, die weit schärfer, als der Säbel, wormit der Peter dem Malcho das Ohr gestutzt, ersinnen solche Rationes, die weit spitziger, als der Nagel, den die Jahel dem Sisarä durch den Schlaf geschlagen, bemühen sich mehrer und länger um die schöne Wissenschaft, als der Jakob um die schöne Rachel, welcher sich doch 14 Jahr hart strapaziret, und also nit eins, wie Ezechiel, sondern fressen fast alle Bücher; was folgt aber endlich? was? scientia inflat, meistens die Hoffart, da kitzlet der Titel: SS. Theol. Doctor, trutz laß ihn einer aus, wann man einem zuschreibt, da heißt es: nos legem scimus, hic est filius fabri, wir seynd aufgeraumte Köpf, dieser und dieser hat nit weit in die Bücher geschaut, da will man allzeit oben schwimmen, wie das Eisen Elisäi, und wachst man in der Wissenschaft so weit, daß man sich selbst nit mehr weiß.
Wer ist gelehrter und erlauchter gewest, als eben Origines, dessen Vater ein glorreicher Martyrer und Blutzeug Christi; dieser Origenes war zu seiner Zeit in dem 18. Jahr schon ein Lehrer aller Lehrer benamset, dieser Origenes war so heilig und vollkommen, daß ihm mehrmal der Heiland Jesus selbst erschienen; dieser Origenes war so gelehrt, daß er 6000 Bücher zusammen geschrieben, wie es Epiphanius bezeuget. Aber lies' weiter, dieser, dieser Origenes hat wegen seiner Scienz und Wissenschaft sich übernommen, hat das Sausen in Ohren gelitten, und gern [495] gehört, daß man allerseits von ihm redet, daß er endlich aus Hoffart alle anderen Lehrer minder gehalten, als sich, sogar wider die Glaubens-Artikel der römischen Kirche sich aufgelehnt, und als ein Ketzer von derselben gehalten worden, daß man also vermuthen kann, er sey wegen solcher Hoffart zum Teufel gefahren, ob zwar einige seyn, die vorgeben, als habe er seinen so harten Fall bereuet.
Tertulianus, ein Glanz, eine Schanz, ein Kranz der katholischen Kirche; Tertulianus, ein Bekehrer, ein Lehrer, ein Vermehrer des christlichen Glaubens; Tertulianus, ein Dämpfer, ein Kämpfer wider alle Irrthümer; Tertulianus war einer solchen Wissenschaft, daß ihn der h. Hieronymus über alle gepriesen, und gleichwohl dieser Tertulianus hat das Sausen in Ohren bekommen, indem die ganze Welt so lobwürdig von seiner Doctrin geredt, sich dessen übernommen, und aus Hoffart, weil ihm ein anderer in dem Papstthum vorgezogen worden, wider die Kirche Gottes angefangen zu streiten, und hat dieses ausgeloschene Licht also gestunken, daß man es in der ganzen Welt gerochen.
Simon de Tornaro, eine Fackel und Mirakel der theologischen Wissenschaft zu Paris, war in solchem Ruhm und Preis, daß man seine Lehr als eine ziemliche Portion von einer himmlischen Scienz gehalten, ist aber endlich von der Hoffart also angeblasen worden, daß er freventlich sich verlauten lassen, er hab des armen Jesuli seinem Gesatz nit wenig Schutz gehalten, und wann er wollt, so konnt er gar leicht mit so starken Beweisungen das völlige Gesatz Christi umstoßen.
[496] O wie viel tausend und tausend sitzen in der Höll, verweilen in der Höll auf ewig, die alle wegen ihrer Wissenschaft in Hoffart, und folgsam in das Verderben gerathen, wie viel besser wäre es ihnen gewest, wann sie anstatt der oft unnöthigen, spitzfindigen Doctrin hätten mit einem Pachomio Körb geflochten in der Wüste, wie viel steigen mit der frommen Einfalt auf der Leiter Jakob in Himmel, da unterdessen die bescheidensten Köpf von Gott verworfen werden, wie es jene erschreckliche Geschicht zu Neapel sattsam bezeugt, allwo viel hochgestudirte und hochgelehrte Religiosen verdammt worden wegen der Hoffart.
Zur Zeit Urbani des Fünften, römischen Papstes, um das Jahr Christi 1350 hat ein einfältiger Tropf gelebt, mit Namen Alaun, der zwar als ein junger Knab in die Schul geschickt worden, aber ganz und gar nichts fassen konnte, als die zwei Wort allein: Ave Maria; dahero wohl kein Doktor aus ihm worden, sondern ein gemeiner Bettler, der von Haus zu Haus das Brod gesammlet, und brauchete er keine solche Wohlredenheit, wie andere Bettler, sondern sein ganzes Reden, weil er gar zu plump und untüchtig, ist gewest das öftere Wiederholen des Ave Maria, das gratia plena war ihm allzuschwer; männiglich hielt ihn für einen albern Menschen und angebrennten Einfalt; aber der Einfältige gefallt oft der gähen Zweifaltigkeit mehr, als ein Hochgelehrter und Witziger; wie dieser Alaun mit Tod abgangen, und ihn die benachbarten Bauern bei dem Brunn begraben, allwo erstgedachter armer Schlucker seine Wohnung hatte, ist aus dem Grab eine schneeweiße Lilie heraus gewachsen, [497] auf dessen Blättern mit guldenen Buchstaben geschrieben waren diese Wort: Ave Maria, woraus leicht abzunehmen war, in was Glorie und Seligkeit diese fromme Einfalt bei Gott stehe, da unterdessen ein Anaxagoras, Pythagoras, ein Anthistenes, Sokrates, ein Chrysippus, Lysippus, ein Anaxarchus, Plutarchus, ein Focion, Xenophon, lauter Oracula der Wissenschaft in der Höll braten. O wie viel hochgelehrte Männer, weltberühmte Doktores, ansehnliche Magistri, treffliche Prediger wünschen annoch in jener Welt, daß sie lieber hätten in der Kuchel die Schüßlen gewaschen, im Klostergarten die Erd umgraben, im Chor psaliret, und andächtig betracht, als daß sie zu Kanzlen erhoben, in Dignitäten gesetzt worden, worin sie die Hoffart übervortlet.
Das Weibl im Evangelio hat den Groschen verloren, wessenthalben sie ein Licht angezündt, und das ganze Haus durchsucht, oben gesucht, unten gesucht, in der Mitte gesucht, auf der Seite gesucht, vorn gesucht, hinten gesucht, in der Stube gesucht, in der Kammer gesucht, in der Kuchel gesucht, im Keller gesucht, unterm Dach gesucht, um und um gesucht, und nachdem sie ihn nach viel angewendter Arbeit gefunden, da ist nichts anders heraus kommen, als dascongratulamini mihi, etc. Deßgleichen seynd nit wenig Prediger, welche viel Jahr durchsuchen, durchblättern, durchgrüblen, durchlaufen, durchlesen, ein Aloysium Abrizium, ein Ludovicum de Tamaso; ein Reginaldum Scambati, ein Franciscum Panigarola, ein Aloysium Juglarem, ein Cornelium Mussum, ein Paulum Olivam, ein Augustinum Mascardum etc., und [498] viel hundert andere Bücher, damit sie subtile Concept, scheinbare Raritäten, sinnreiche Lehrstuck, aufputzte Gedicht auf die Bahn oder Kanzel bringen, und nachmals zu einem vergelts Gott nichts anders haben, als das congratulamini mihi, eine eitle Ehr, ein schallendes Geschrei, ein begieriges Lob, ein gemeines Glück wünschen etc. O wie weit höher wird solche in der Glorie übersteigen (wann sie doch noch dahin gelangen, welches sehr zweifelhaft) ein frommer und demüthiger Einfalt, ein gottseliger Simplicianus. Raderus erzählt von einem, der so einfältig war, daß er nichts anders beten konnte, als diese ungereimten Wort: Miserere tui Deus, »Gott erbarm dich deiner,« und ist doch dadurch zu solcher Heiligkeit gelangt, daß er mit trucknen Füßen über das Wasser gangen. Ein anderer war, der im Brauch hatte, nichts anders zu beten, als das ABC, nach Vollendung desselben sagte er, o mein Gott, ich weiß, daß alle Gebet im ABC begriffen seynd, jetzt klaub dir aus, was dir wohlgefällig. Viel dergleichen stehen bei dem Allerhöchsten in größern Gnaden, als ihr Clarissimi, Excellentissimi, Ingeniosissimi, Doctissimi, Eximii Domini, Domini etc., die ihr gar oft mehr nach dem Lob schnappt, als ein Hungeriger nach dem Laib, und thut euch die Ohren nichts mehrers kitzlen, als hohe, herrliche Titel, dahero titulare und titillare fast gleich seyn: um Gottes willen, braucht dieß mein vorgeschlagenes Mittel im Recept, nemlich dieMeisterwurze, damit der so gefährliche Zustand gewendt werde; unter diesem Namen verstehe ich unsern lieben Heiland selbsten, der mehrmal [499] bei und von dem Evangelisten genennt wird Magister, einMeister, dieser, o Demuth über alle Demuth! dieser kurz vor seinem Tod hat sich vor den Apostlen niedergeworfen, und ihnen die kothigen Füß gewaschen, diejenigen Händ, welche Himmel und Erd erschaffen, die erniedrigen sich anjetzo zu den Füßen der Menschen, auch sogar zu den Füßen des verrätherischen Judä! nach solchem Werk der tiefesien Demuth wendet sich der Herr zu den Aposteln, und sprach: Vos vocatis me Magister et bene dicitis; sum etenim, etc. Ihr nennet mich Magister, gar recht, dann ich bin einer: der gebenedeite Heiland Jesus ist ein Magister, ja, und wir seynd seine Discipel, die Lektion, so er uns aufgibt, bestehet nur in 36 Buchstaben, nur in 7 Wörtern, benanntlich: Discite a me, quia mitis sum et humilis corde, die Demuth ist über alle Scienz und Wissenschaften, ihr möcht können, was Suarecius und Vasquccius, diese vornehmen Theologi, ihr möcht können, was Cato und Plato, diese vornehmen Philosophi, ihr möcht können, was Bartholus und Baldus, diese vornehmen Juristen, wann ihr aber besagte Lektion nit könnt, so seyd ihr ungelernige Eselsköpf in der Schul dieses Magisters.
Weil nun der Tag sich gegen den spaten Abend neigte, und der Weg nit gar nahet in die Herberg, also hab ich mich von dem Herrn Albanio schön beurlaubet, und ganz allein nach Haus geeilet, allwo einer schon über zwei Stund meiner gewart, dieser hatte eine so lange Nase, daß er, wie er zu der Stuben-Thür hinein getreten, die Nase schon zum andern Fenster hinaus gelangt, er bat mich hintersich und [500] fürsich, auch neben großen Offerten, ich wollt doch auf Mittel gedenken, damit er dieser Nase los werde; das war eine N – A – S – E!
Ich entschuldigte mich alsobald, daß ich kein Chirurgus noch Wundarzt sey, und gedachte bei mir, was key ich mich um deine Nase; forderist hatt ich schon Nachricht hiervon, daß ihm, dem stolzen und hoffärtigen Narrn, Gott der Herr selbsten diese Nase gemacht, wie er dann mit allen deßgleichen Gelichters nit anders umgehet.
In dem Land Sennar, dazumal hätt es können heißen, seynd Narrn, waren die Nachkömmling des gerechten Alt-Vaters Noe zusammen kommen, und einer dem andern zugesprochen: Bruder weißt was, helfen wir einhellig zusammen, und laßt uns einen Thurm bauen so hoch, bis in Himmel hinauf, eine hübsche Höhe, wer wird aus euch oben den Knopf aufsetzen? wohlan ihr lieben Kammeraden; lege ein jeder die Händ an, viel Händ machen bald ein End, wir werden uns einen ewigen Namen hierdurch machen, celebremus nomen nostrum, die Leut werden tausend Jahr nach uns sagen, das seynd Kerl gewest. Ein jeder ließ sich zu solchem Werk anfrischen, weil die Arbeit mit Preis-Geld, Lob-Batzen und Glori-Groschen soll bezahlt werden, graben demnach ein Fundament, legen eine Grundfest, bauen aus der Erd, erheben die Gemäuer, fahren in die Höhe, und zwar so hoch, daß man nach Aussag des h. Hieronymi, fast zwei Stund hinauf zu steigen hatte, wie nun der Allmächtige Gott gesehen, daß diese Gesellen gar zu hoch wollen, da hat er sie alle zu Schanden gemacht, indem [501] er dero Sprachen verkehrt, in einem Augenblick hat ein jeder eine andere Sprach geredt, einer Griechisch, der andere Lateinisch, der dritte Hebräisch, der vierte Böhmisch, der fünfte Crabatisch, der sechste Crainerisch, möcht gern wissen, welcher aus ihnen Deutsch geredt etc., welche Sprach-Vermischung sie an aller Arbeit verhindert, denn so einer Kalch begehrt, brachte ihnen der andere Ziegel, wann einer um Stein geschrien, hat ihm der andere Malter zugereicht, es schaute ein Narr den andern an, und haben gar leicht erkennt, daß wegen ihres Hochmuths von Gott diese lange Nase komme.
Kaiser Friederich sollte in ein Kloster auf eine Zeit, aus zweien einen Abt zu erwählen, und war einer aus diesen, welcher solche Hohheit suchte durch Spendiren, wie dann Munia und Munera leicht gefangen werden, und also oft besser das Schmieren, als Peroriren: Indem nun der gute Kaiser im Zweifel stund, wen er zu der vacirenden Dignität soll erheben, gab ihm ein vornehmer Minister unterthänigst den Rath und Einschlag, weil diese Mönch, vermög ihrer Regel und Satzungen, ein jeder muß eine Nadel bei sich tragen, zum Zeichen der evangelischen Armuth, damit er ihm die Kleider selber flicke, also sollen Ihre Majestät fragen den ersten Prätendanten, ob er eine Nadel bei sich habe, woraus man erkennen kann, ob er seiner Regel gemäß lebe. Wie nun beede auf bestimmte Zeit bei dem Kaiser erschienen, und der Ehrsüchtige ihm nichts anders eingebildet, als Abt zu werden, und weil sein Competent ein einfältiger Mensch und gemeiner Chor-E-sel, und da der Kaiser gefragt, als woll er einen eingezogenen Schiefer aus dem Finger ziehen,[502] haben Ihr Ehrwürden keine Nadel bei sich? O nein, sagte er, Ihre Majestät, aber mein Gespann wird wohl eine bei sich tragen (du hasts wohl getroffen, acu tetigisti) und als der einfältige und demüthige Mann mit seinem Nadel-Büchsel heraus gewischt, ist er als ein hochwürdiger Abt nach Haus gewischt, der andere Stolze aber mit Schand und Spott gestanden, das war eine lange Nase!
Der allmächtige Gott hat nun gänzlich beschlossen, aus den Kindern Isai einen König über Israel zu stellen, zu solchem End, aus Befehl des Allerhöchsten, geht der Prophet Samuel zu erstgemeldtem Isai, der gar ein gemeiner, aber redlicher Mann war zu Bethlehem, und schafft ihm, er soll alle seine Söhne lassen erscheinen, einer muß König daraus werden, wie dann solche alsobald sich eingefunden, der Eliab, der Abinedab, der Samma und noch andere sieben, es muß noch einer abgehen, sagt Samuel, ich werde ja können eilfe zählen, adhuc reliquus est parvulus, ja Herr, ein kleiner Bub ist noch daraus, und hüt die Schaaf' auf dem Feld, daß man auch diesen laß holen, sagt Samuel, wie auch dieser erschienen, gedacht ihm der ältere, mit Namen Eliab, es wirds doch keiner, als ich, ich bin ein braver Kerl, und ist wahr, dieser Eliab war ein halber Riß, die anderen Brüder konnten ihm untern Füßen durchschliefen, wessenthalben er nicht wenig hoffärtig, und kann wohl seyn, daß er einem oder dem andern aus seinen Brüdern gesagt hat in der Still, Bruder, es wirds doch keiner als ich, du wirst viel bei mir gelten, ich will dich wohl nit also in Bauern-Arbeit strapiziren, wie der Vater, als [503] er dann vermeint, jetzt, jetzt werde der Samuel ihn herfür rufen und ihm die Kron darbieten, so hat aber Gott den allergeringsten, nemlich den David erwählt, und folgsam der große Limmel Eliab blutroth da gestanden, das war eine lange Nase! Das geschieht noch auf heutigen Tag in unterschiedlichen Wahlen, forderist bei den Geistlichen, allwo gar oft derjenige zur Hohheit erwählt wird, von dem die wenigste Meinung, und derselbige das Kürzere zieht, der aus Ehrsucht das Gloria in excelsis wollte singen.
In einer gar bekannten Stadt, die ich unterdessen Veripolis oder Wahrburg nennen will, hat sich ein Student befunden, welcher ein unerhört stolzer Stultus, ich getraue es mir nit deutsch zu sagen, dieser in seiner großen Armuth und Bedürftigkeit hat das Geld, was ihm seine armen Eltern zur geringen Unterhalt beigeschafft, zur Hoffart und Kleider-Pracht angewendt, unterdessen aber bei den P.P. Kapuzinern auf dem Berg die Suppe abgeholt. Wie er auf eine Zeit mit diesem Kuchel-Proviant und Suppen-Häferl unter dem saubern Mantel herab gestiegen, ist ihm auf der nächst entlegenen Brucken eine bekannte Jungfrau begegnet, die er nach Gebrauch sehr höstich salutiret und eine kleine Weil in gar freundlicher Ansprach beieinander gestanden; wohl recht liest man das WortLöffel hintersich und fürsich Leffel, dann ja das löfflen auf allen Seiten; die Jungfrau, vom angebornen Vorwitz angespornt, fragt doch, was er unter dem Mantel trage? er antwortet, es sey seine Laute, auf welcher er zur Zeit-Vertreibung in der Höhe des Berges gespielt habe, und zieht hierauf den Mantel noch besser [504] zu sich, das curiose Flügel wollt kurzum die Laute sehen, der stolze Monsieur ruckte immerzu mit dem Häferl unter den Arm, bis er endlich dasselbe wegen Feiste und Schmutz hat auf die Erd fallen lassen, daß also die Knödel und Brocken, diese Lauten-Trümmer auf der Brucken herum kugelt, und eingan zes Duell dessenthalben unter den Hunden entstanden, der stolze Studenten-Knecht aber, ungezweifelt durch sondere göttliche Schickung, der noch allemal durch den Psalmisten sagt, confundantur superbi, ist zu größten Schanden worden, und also gestanden mit der langen Nase.
Von der Frau Sunamitis kommt Nachricht ein bei dem Elisäo, diesem großen Mann Gottes, wie daß ihr einiger Sohn sey mit Tod abgangen, welches dem guten Propheten sehr zu Herzen gangen, und damit er sich dankbar einstelle um alle empfangenen Gutthaten, gebiet er also seinem Discipul Jezi, er soll seinen eigenen Stab nehmen, sich ganz schleunig zu gedachter seiner Kost-Frau begeben, unb daselbst den todten Jüngling zum Leben erwecken, der Jezi macht sich auf den Weg, die bekannten Leut, so ihm begegnet, fragten ihn, wohin? buon giorno Padre santo, wohin so eilends? ihr müßt gewiß ein wichtiges Geschäft haben, daß ihr euer Einsiedler-Hütten verlaßt, und über Land reis't? was dann, sagt Jezi, meine Verrichtung ist nit schlecht, ich muß einen Todten auferwecken, einen Todten? ja freilich, den und da, da und den, Auweh! sagten die Leut, das ist ein Mann, der verdient ein unsterbliches Lob, wir Nachbauern sollen ihm die Händ unterlegen, seines gleichen hat die Welt dermalen nit, das hat dem Eremiten Jezi in seiner rauhen Kutten so [505] wohlgefallen (pfui! ein Religios in rauher Kutte und baarfuß soll noch darzu hoffärtig seyn?) daß er ihm nit ein wenig eingebildet; wie er nun zu der todten Leich kommen und den Knaben mit dem Wunderstab oben und unten Kreuzweiß angerührt, so hat sich halt der Todte nit wollen rühren, und da ist der stolze Pfaff zu Schanden worden, und mit einer großmächtigen Nase gestanden.
Es ist ein Doctor gewest, welcher bei jedermann wollte hoch angesehen seyn, und war bei ihm eine jede Parola ein Prahlen, da doch sein Hirn und Verstand erleucht gewesen, wie der fünf thörrichten Jungfrauen ihre Amplen, in seinem Zimmer auf allen Stellen stunden große, kleine, dicke, dünne, alte, neue, gute, schlechte, hohe, niedere, schwarze, weiße, gelbe, grüne, offene, geschlossene, lateinische und deutsche Bücher, und scheinte fast seine Wohnung zu seyn ein Tummel-Platz des Justiniani, und damit er ihm bei den Leuten noch einen größern Namen machte, hat er ober der Thür eine große Stell aufgericht, und darauf lauter Mauer-Ziegl nacheinander gestellt, dieselbe in Papier eingewicklet und aussenher darauf geschrieben, Acta deren und des, daß man also darfür gehalten, er habe sehr große Proceß zu führen, aber wie ihn auf eine Zeit eine ziemliche Gesellschaft heimgesucht, worbei er mehrmalen nur das eigene Lob hervorgestrichen, hat jemand die Stuben-Thür so starck zugeschlagen, daß ein solcher steinener Proceß von der Stell herunter gefallen und einem aus den Anwesenden ein großes Loch in Kopf gemacht, da hat einer mit lachendem Maul dem stolzen Doctor gesagt, er habe freilich schwere Proceß, die [506] einem so gar den Kopf zerbrechen, ist also dieser große Federhans und Prahler gestanden mit einer langen Nase.
Agar, ein Dienst-Mensch bei dem großen Patriarchen Abraham, so bald sie groß Leibs worden, hat sie sich übernommen, ihre eigene Frau die Sara veracht, pfui, sagt sie etwann zu der Sara, was ist die Frau nutz, solche Weiber gehören auf den Täntelmarkt, die keine Waar haben in die Wiegen zu legen, ein Weib ohne Kind, ist wie ein Blasbalg ohne Wind, es wäre dem Abraham nützlicher gewest, wann er die nächste beste Sau-Dirn hätte geheirath, wäre doch solches Sauzimmer auch ein Frauzimmer worden, so sie nur hätte Erben tragen, mein Herr hat Ursach, euch hinfüran nicht mehr als eine Magd zu halten, da wäre ich wohl eine große Närinn, daß ich euch sollt aufwarten, es ist immer schad, daß ein solcher unfruchtbarer Baum, wie ihr Sara seyd, soll in einem so schönen Garten stehen, meine Sara, gebt lieber eine Bet-Schwester ab, weil ihr doch keine Bett-Schwester könnt seyn etc., despexit Dominam suam etc., das war eine stolze egyptische Krot! Es stehet eine kleine Zeit an, Gott hat es also verhängt, daß Agar, welche vermeint eine große Frau zu werden, hat müssen mit einem Binkel untern Armen, mit einem gestumpften Kütterl am Leib, dem bösen Buben Ismael an der Hand zum Haus hinaus wandern, vor der Thür ist draussen, gehe mir aus dem Gesicht, fort mit der Höppin, nur geschwind, sonst wird man dir die Stiegen weisen, muß seyn, so seys halt, die Frau Sara schlagt nach ihr die Thür zu, da ist die stolze Agar (ein andersmal übernimm dich mehr) gestanden mit einer großen Nase.
[507] Nicolaus Causinus erzählt, daß in einer volkreichen Procession sey auch unter andern eine sehr stolze Frau gangen, welche ihr eingebildt, der Apelles könnte mit aller seiner Maler-Kunst ihre schöne Gestalt nit entwerfen, sie hatte den Kopf so zierlich aufgeputzt, daß alle Haar, die zwar nur falsch, weil ihr wegen einer Krankheit die rechten ausgefallen, nach der Kraus-Regel gericht, die Scheidel war so schön gestellt, daß diese Lausstrassen, wie ein lateinisches Ypsilon hat hergesehen, in Summa, sie glaubte, St. Nicola könne keine schönere Docken einlegen, wie sie ist, da sie nun also mit falschen Federn daher gerauscht, ist ungefähr, oder besser geredt, durch Gottes Willen, ein Aff aus einem Kaufmanns-Gewölb heraus gesprungen, den geraden Weg ihr auf die Achsel und dero Haarlocken, Bändel, Hauben, Zierräthen, Geschmuck, und allen Pracht also vom Kopf gezogen, daß sie mit ihrem calvinischen Grind, wie ein geputzter Kalbskopf vor männiglich zu Schanden worden, und auf öffentlicher Gassen gestanden mit der großen Nase.
Simon Magus ein Haupt-Hexenmeister und Zauberer hat Wunder-Sachen zeigt bei seiner Zeit, er hat gemacht, daß die steinernen und hölzernen Bilder daher gangen wie die lebendigen Menschen, er hat sich mitten in Feuer und Flammen gesetzt, und ihm doch nit ein Haar verletzt worden, er hat aus Kieselsteinern das beste Brod, die schönste Semmel gemacht, er hat sich in unterschiedliche Thier verwandelt, er hat bisweilen hinten- und vornher ein Gesicht gehabt, zu Zeiten hat er sich in lauters Gold verkehrt, er hat gemacht, daß in Häusern alle Geschirr sich selbst bewegt und die Kandel im [508] Keller, das Schaf zum Brunn, die Teller auf den Tisch gangen, er hat gemacht, daß vor seiner vielerlei, allerlei Schatten gangen, die er für Seelen der Abgestorbenen ausgeben, er hat gemacht, daß Selenna, ein gemeiner Schleppsack, in dem Thurm, worin sie verhaft gelegen, aus den Fenstern auf einmal zugleich heraus geschaut, und sich dem Volk um und um gezeiget, er hat aus der Luft einen neuen Menschen erschaffen, viel andere Wunder hat er durch seine Teufels-Kunst erwiesen, neben andern hat er wollen fliegen, und wie er mitten im Flug war, in Beiseyn einer großen Menge Volks, hat Gott dem Satan den Gewalt genommen, worauf der saubere Simanl mit Schand und Spott herunter platzt, und die Füß gebrochen, da ist er gelegen mit einer langenNase.
In Prato Fiorito wird erzählt von einem Abt, welcher einen kleinen Knaben bei sich hatte, denselbigen aber sehr scharf hielte, theils wegen etlicher kleinen Verbrechen, nachmals auch, damit der Knab in Tugenden und Furcht Gottes möcht auferzogen werden; weil aber einem andern Religiosen in selbem Kloster das Maul gestunken nach der Abtey, hat solcher aus Ehrsucht dahin getracht, wie er möchte den Abt aus dem Weg räumen, zu diesem End gab er besagtem Knaben ein Gift-Pulver in aller Geheim, mit dem Rath und Schlag, er solle dieß in der Still seinem Abt zu Morgens auf die Suppen strähen, er werde bald erfahren, daß sein Herz besser und frömmer werde, dann solches Pulver habe diese Kraft und Wirkung; der Knab folget dem boshaften Rath, jedoch hat er die Hälfte des Pulvers ihm vorbehalten, zu dem Ende, dafern sein [509] Herr über eine lange Zeit möcht wiederum bös werden, daß er solches Mittel geschwind bei Händen hätte. Nachdem nun der Mönch durch erwähntes Gift zur Abtey gelangt, und den Knaben sehr werth und lieb gehabt; weil aber Gottes gemeiner Brauch ist, alle Stolzen zu stürzen, und ihnen einen langen Schmecker anzuheften, also ist es auch hier nit anderst geschehen, dann etlich Tag nach angetrettener Abtey, gedacht der Knab, daß er zwar dermalen einen lieben und frommen Herrn habe, allein seye doch eine Furcht, er möcht mit der Zeit auch bös werden, Holla! sagte der Knab bei sich selbst in kindlicher Einfalt, ich will dißfalls vorkommen und den andern Theil des Pulvers ihm geben, alsdann bin ich versichert, daß er alleweil werde fromm und gütig bleiben, welches er dann in solcher Geheim werckstellig gemacht hat, wordurch der ehrsüchtige und stolze Gesell auch auf gleiche Weis', wie er mit seinem Vorfahrer umgangen, sein gottloses Leben geendet, und also gestorben mit einer langmächtigen Nase.
Die Hebräer haben einmal eine Ehebrecherinn zu unserm Herrn in Tempel geführt, dieselbige ernstlich angeklagt, wie daß sie laut vieler Zeugen Aussag in flagranti, aber nit in fragranti, sey ertappt worden, weil nun ihnen, vermög des Mosaischen Gesetz, obliege, dergleichen Uebertretor gebührmässig zu züchtigen, und zwar lebendig versteinigen, was er dann darzu sage? wir seynd ehrliche Leut, und haben noch von unsern Vor-Eltern her die anverwandte Tugend-Lieb, dergleichen Lasterl und Schleppsäck können wir nit gedulden, er soll doch auch seine Meinung beitragen, ob man die Fettel soll versteinigen? wie unser Herr vermerkt, daß diese [510] stolzen Vögel vermeint, sie seyn besser und gerechter als andere, sodann hat er das andertemal auf die Erd geschrieben, worvon die hochmüthigen Pharisäer und Schriftgelehrten blutroth worden, und mit einer langen Nase gestanden, weil unser Herr alle dero geheimen Laster und Schelm-Stückel auf die Erde protocollirt.
Indem ich nun die Kur rund abgeschlagen wegen solcher langen Nase, weil ich darfür gehalten, ich möcht doch kein Lob darvon tragen, zumalen es meine Profession nit war, er aber noch inständiger angehalten, und fast mit weinenden Augen gebeten, so sagte ich, der Sach sey leicht zu helfen, nur untersich übersich, das Wort empfand sehr hoch der Nasutus, und glaubte, ich wollt ihn foppen, dann er war der Meinung, als soll er die Nasen umkehren, welches sehr gefährlich, dafern einer unter einem Schwalben-Nest schlafen sollt, wie Tobias, sondern ich wollt hierdurch zu verstehen geben, daß er sollte wohl und vielmal zu Gemüth führen, daß Gott fast jederzeit pflegte das untersich übersich kehren, verstehe die Demüthigen, so untersich seyn, übersich helfen.
Nachdem sich der Patriarch Abraham also gedemüthiget, daß er vor dem Angesicht Gottes bekennt hat, er sey nichts, als pulvis et cinis, Staub und Aschen, solcher Aschen hat nachmals eine so gute Lauge gemacht, daß er fünf König ziemlich den Kopf gewaschen und sie überwunden, das heißt untersich übersich.
Nachdem Moses freimüthig sich also erniedriget, daß er von sich selbsten ausgeben, tardioris linguae ego sum, er habe gar eine harte Zunge, und könne vor großen He-He-Herren nit recht re-re-reden, da [511] hat ihn Gott nit allein zu einem Haupt der Israeliter, sondern so gar zu einem Vice-Gott des Pharaonis gestellt. Das heißt untersich übersich.
Der Gedeon hat in einem so niedern Stand gelebt, daß er so gar das Treid in der Scheuer selbst ausgedroschen, nachgehends aber hat ihn Gott zu einem Erlöser des ganzen Israel gemacht, der da die Sach wider die Ephraiter stattlich mit dem Degen ausgedroschen. Das heißt ja untersich übersich.
Wie der Saul aus demüthigem Gehorsam seines Vaters Eslin gesucht, da ist er von dem Esel aufs Roß gesessen, und den Eselstupfer mit dem Scepter vertauscht, da ist er von langen Ohren zu langen Ehren kommen. Das heißt ja untersich übersich.
Der David war halt ein rothkopfetes Hirten-Bübel, das war die ganze Charge, weil er aber Demuth halber nichts auf sich gehalten, ist er von Schafen zum Schaffen kommen, und König in Israel worden. Das heißt ja untersich übersich.
Die Esther war ein armes Juden-Mädel, von einem unbekannten Herkommen, indem sie aber sich wegen dero edlen Gestalt nichts übernommen, da sonst selten Schön und Schein beieinander seynd, also ist sie vom niedern Ton zum höchsten Thron gestiegen, und eine gekrönte Königinn worden. Das heißt ja untersich übersich.
Weilen sich Petrus in dem Schiffel freiwillig vor einen Sünder erkennt, und daß er nicht werth sey der Gegenwart Christi, also hat er mit seinem gehe von mir, das komm herzu der höchsten Ehren erhalten, und für die Schnallen seiner schlechten [512] Fischer-Hütte die Schlüssel des Himmels eingenommen.
Als Paulus ein Paulaner worden, und in den Orden der Minimorum eingetreten, sich also Mininum Apostolorum erklärt, so hat ihm Gott die ganze Welt für eine Diözes geschenkt. Das heißt ja untersich übersich.
Indem Johannes Baptista sich aller hohen Prädikaten geweigert, mit denen ihn die Pharisäer komplementirten, ja sogar sich unwürdig erkennt, die Schuhriemen des Herrn aufzulösen, also hat ihn Gott mehr hervor gestrichen, als alle Menschen, non surrexit Major, und seynd die Händ, welche sich zu den Schuhriemen erniedriget, in dem Fluß Jordan gar über das Haupt Christi erhebt worden. Das heißt ja untersich übersich.
Weil die übergebenedeite Jungfrau Maria sich eine Dienerinn und Magd des Herrn genennt, also ist sie wegen solcher Erniedrigung dergestalten hoch worden, daß sie alle Chör der Engel übersteigt, und wegen der drei Wort: Ecce Ancilla Domini, ist sie würdig worden, das ewige göttliche Wort einzufleischen. Das heißt ja untersich übersich.
Alexander Philosophus ist aus Demuth gar ein Kohlenbrenner worden, damit er nur von der Welt nit geehrt werde; Gott hat aber dieses Kohlenbrenners Demuth mit der Kreide also aufgezeichnet, daß nachmals dieser Kohlenbrenner ein Bischof worden, der sich gewaschen hat. Das heißt ja untersich übersich.
Der h. Gregorius Magnus hat sich gar in ein [513] Faß lassen einschlagen, und auf den nächst entlegenen Berg tragen, damit er nur zum höchsten Papstthum nit gezogen werde, es hat ihn aber Gott durch eine feurige Saul verrathen, hat also müssen aus diesem hölzernen Futteral heraus schliefen, und gleich in den allerwürdigisten Purpur einschliefen, der erst in dem Faß gesteckt, per vas ein Papst worden, das heißt ja untersich übersich.
Hilarius, piktaviensischer Bischof, wie er in das Concilium zu Selencia kommen, und daselbsten unter denen versammelten Vätern keinen Sitz mehr gefunden, hat er sich auf die Erd niedergesetzt, aber Gott hat bald seine Demuth erhöhet, indem die Erd unter seiner sich in Gestalt eines Thrones oder Sitzes aufgebäumt, und mit samt dem Bischof erhebt, daß er also höher, als alle andern gesessen. Das heißt ja unter sich übersich.
Carolus Boromäus, ein vornehmer Kardinal und Erzbischof, hat sich also gedemüthiget, daß er mehrmalen auf der Reis' seine Diener überhebt, und anstatt derselben den Ranzen getragen, auch war seine Freud, mit Bettlern und armen Leuten umzugehen; nach dem seligen Hinscheiden ist er also von Gott erhebt worden, daß allein in seiner Canonisation und solenner Heiligsprechung über die hundert und fünfzig Million Ablaßpfenning mit seiner Bildnuß durch die ganze Welt ausgetheilt worden. Das heißt untersich übersich.
Franciscus von Assis, dieser heilige Patriarch hat sich dergestalten erniedriget, daß er sich den größten Sünder genennt, mehrmalen einen Strick an Hals gehängt, als eine Malefiz-Person, in einem [514] schlechten Sack, wie der elendeste Bettler daher gangen, nach seinem Tod hat ihn Gott also erhoben, daß sein seraphischer Orden durch die ganze Welt ausgebreitet worden, ja in der ganzen Christenheit nit eine Stadt, nit ein Dorf, ja wenig Häuser, worin einer nit den Namen Francisci tragt. Das heißt untersich übersich.
Wer also wohl erwägt dieses untersich, übersich, der wird das placebo Domino in einem niedern Baß singen, der wird das de Profundis in allen Orten intoniren, der wird dem Teufel folgen in jenem Rathschlag, mitte te deorsum, laß dich hinunter, der wird mit Magdalena bei den Füßen sitzen, der wird mit der Samaritaninn aus dem tiefen Brunn schöpfen, der wird sich mit der Rebekka auch über die Kameel erbarmen, der wird auf dem Hochzeit-Mahl das letzte Ort nehmen, damit er das ascende superius erwarte, der wird Jesu Christo unserm Heiland nachfolgen, der von der Krippe an, bis auf den bittern Kreuz-Stamm die Demuth, Demuth, Demuth gesucht, die Demuth, Demuth gelehrt, die Demuth, Demuth, Demuth gezeigt, sogar sich wie ein Erdwurm treten lassen, humiliavit se usque ad mortem, propter quod et Deus exaltavit illum, derenthalben er also erhebt worden, daß er bereits sitzet zu der rechten Hand des himmlischen Vaters.
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