Abraham a St. Clara
Judas der Erzschelm

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Erster Band

Widmung
[5] Dem Hoch- und wohlgebornen Grafen und Herrn, Herrn Hans Jakoben Kißl, Grafen zu Gottschen, Freiherrn auf Kaltenbrunn und Ganowitz etc.
Hoch- und wohlgeborner Graf,
Gnädiger Herr Herr!

Weilen Euer hochgräfliche Gnaden den preiswürdigen Namen tragen Jakob, also kann ich es nit läugnen, will es nit läugnen, und soll es nit läugnen, sondern nennen und bekennen, daß mir um das Herz sey, was in dem alten Testament der allmächtige Gott von dem Jakob ausgesprochen: »Jakob dilexi etc., den Jakob hab ich geliebt« Röm. 9. Ursach solcher tragender Lieb seynd Euer hochgräflichen Gnaden sowohl demüthige als anmuthige Affekten, welche sie allen Geistlichen und Ordensleuten, folglich auch mir unwürdigstem Diener allerseits ganz gnädig erweisen.

[5] Indem nun Euer hochgräflichen Gnaden neben andern hochadeligen Chargen auch Erbland jägermeister in Krain- und Windischmark seyn, so werden Sie unbezweifelt wohl wissen, was das wildfreundliche oder freundlichwilde Echo in dem dicken Gehölz und schattenreichen Wäldern zwischen Berg und Thal im Brauch habe, daß es nämlich diejenigen resalutire wie es begrüßt wird, und allemal die Lieb' mit Lieb' bezahle. Solchem leiblosen Sprachmeister hab' ich Gebühr halber wollen nacharten, und diejenige große Lieb', welche Euer hochgräflichen Gnaden gegen unser Kloster bei St. Anna, wie auch gegen mich erzeigen, mit andern Lieb' oder Liebeszeichen wollen erwiedern; weil ich aber in dem Münzgraben weder Silber noch Gold, sondern nur Erz ausgegraben, nämlich Judam den Erz-Schelmen, also habe ich mich vielleicht gar zu keck unterfangen, solchen Euer hochgräflichen Gnaden demüthigst zu offeriren.

Freilich wohl mag mancher Nasenwitziger über solche rare Schenkung die Stirn runzeln, aber beibescheiden und becheidenen Leuten findet sich eine [6] weisere Auslegung, als welche ohne fernernBedacht jenem Sprichworte der Weltweisen beifallen »contraria juxta se posita magis elucescunt:« wenn man das Gold zu dem Blei, den Schnee zu dem Ruß, einen heiligen Engel zu dem Teufel, eine hübsche Helene zu einer alten, ungestalten Xantippe stellet, so verlieren sie nit allein hierdurch ihren Werth nit, sondern kommen noch schöner und scheinender heraus, in Gegenwart ihres Widerspiels. Indem ich dann Euer hochgräflichen Gnaden den argen, kargen Geizhals Judam vorstelle, so erhellet desto ruhmwürdiger Euer hochgräflichen Gnaden bekannte Freigebigkeit, welche wir mehrmalen in unserm armen Convent erfahren.

Dem wüsten Teufel und garstigen Wauwau hat es dazumal nit gelungen, wie er in der Wüste den Herrn Jesum versucht hat und kurzum angehalten, der Heiland solle aus einem Steine Brod machen: »dic lapidi huic ut panis fiat.« Luk. 4. v. 3; aber uns Augustiner Baarfüßern in dem Münzgraben ist schon [7] öfters ein Stein zu Brod worden, indem Euer hochgräflichen Gnaden Graf Kißl sich ganz und gar nitsteinhart erwiesen, sondern mehrmalen, ein Brod ins Kloster geschafft.

Des Bauern und arbeitsamen Ackersmann ist seine einige Hoffnung auf Jakobi; denn um Jakobi herum hat er seinen Schnitt auf dem Felde. Mir ist fürwahr nit anders (es mags jemand für ein Bauernconcept auslegen oder nit): um Jakobi hab ich und das arme Kloster bei St. Anna den besten Schnitt. Und hat wohl recht der Himmel also angeordnet, daß Euer hochgräflichen Gnaden den Namen Jakob bekommen; denn gleich wie Jakob in dem alten Testament sehr viel weiße und scheckigte Schäflein auf die Weide geführt, also haben Euer hochgräflichen Gnaden bishero manche Unterhaltung und Weid sehr vielen geistlichen Schäflein beigeschafft, worunter die Schwarzen das Me-Me-Me-mento nit verhalten.

Zum andern hat mich veranlasset, daß ich Euer hochgräflichen Gnaden diesen ersten Theil demüthigst dedicire: weilen nämlich ein jedes Buch einen Schutzherrn [8] von Nöthen hat; und wer kann mich dann besser schirmen, als Euer hochgräflichen Gnaden? massen auch der David sich mit einem Kieselstein wider den Großkopfeten Goliath defendirt hat. Dahero so arm als ich bin, schätze ich mich dennoch steinreich, wenn ich Euer hochgräflichen Gnaden auf meiner Seite habe, und ist mir dießfalls der Kieselstein tausendmal lieber, als der Edelstein: Bin demnach der tröstlichen Zuversicht, Euer hochgräflichen Gnaden werden dieses winzige Werklein in Gnaden aufnehmen, weil ich nit habe andere kostbare Präsenten, deren Eure hochgräflichen Gnaden ein Feind seynd, und mir nur gar zu wohl bekannt, daß ihnen keine Musik mehr zuwider, als wenn man auf dem Regal spielt, verstehe die Regalien, nach welchen andere mögen schnappen und tappen, thun sie ihn allweg hassen.

Befehle mich also, und förderst das arme Convent im Münzgraben in Euer hochgräflichen Gnaden beharrlichen Favor und Gunst, wünsche beinebens [9] Deroselben nichts anders, als durch die Vorbitt der heiligen Anna Annos longaevos, und nochmals dasjenige, was durch ein Anagramma oder Buchstabenwechsel aus dem Wort Kisel genommen wird, nämlichselik.


Euer hochgräflichen Gnaden

demüthigster Diener, Fr. Abraham a St. Clara.

Eltern, Vaterland und Herkommen Judas des Erzschelmen
[10] Eltern, Vaterland und Herkommen Judas des Erzschelmen, und wie es seiner Mutter von ihm geträumet.

Zu Jerusalem in der weltkundigen Stadt, welche die göttliche Weisheit zu einem Platz der höchsten Geheimnisse auserkiesen, war wohnhaft ein Paar Ehevolk, mit Namen Ruben und Liboria, beede aus dem unglückseligen Geschlecht Dan, aus welcher danitischen Schlangenbrut und Zunft auch der Antichrist herstammen wird.

Erst benannte Liboria, als sie großen Leibs gegangen mit dem Judas, hatte bei nächtlicher Weil einen unvermuthen Traum, welcher ihr in dem Schlaf mit einem prophetischen Pinsel vormalte, als trage sie unter ihrem Herzen einen so lasterhaften Bösewicht, welcher eine Schand und Schad der gesammten Freundschaft seyn werde, auch mit seinen verdammten Unthaten das ganze Haus beflecken, woraus sattsam zu schließen, daß auch der finstere Nachttraum gar oft die helle Wahrheit an den Tag bringe.

Es ist aber förderist nothwendig, zu wissen, daßdreierlei Traum dem Menschen in seinem ruheseligen Schlaf können vorkommen, welche eigentlich [11] entweder von der Natur, dem bösen Feind, oder Gott herrühren.

Der natürliche Traum wird zum öftesten von dem unterschiedlichen Geblüt vorgebildet: es träumet manchem, er habe einen ernstlichen Befehl von dem türkischen Kaiser, unter Kopfverlieren, daß er alle Mauslöcher der ganzen Welt mit jetziger Treu und Redlichkeit solle zustopfen, und dafern eines offen bleibe, werde man von dem Baum seines Leibs den Gipfel abstutzen: in was Aengsten befindet sich nit ein solcher? Diesen Traum aber verursachte das melancholische Geblüt. Einem andern träumt ganz lebhaft, wie er das Meer, in welchem der halsstärrige König Pharao ersoffen, habe mit dem Rheinstrom verheirathet und haben auf der Hochzeit alle Flüß der ganzen Welt getanzt. Diesen Traum brüten aus die phlegmatichen Humores und übrigen Feuchtigkeiten. Einem träumet, er fliege mit schnelleifrigem Flügel über den ganzen Deutsch-Boden; allein es seyen ihm etliche Federn ausgefallen, als man so erbärmlich geschossen zu Straßburg, wie selbige Festung anno 1681 erobert worden. Diesen Traum veursachen die subtilen Humores und trockne Complexion [12] des Menschen. Solche Träume zu anatomiren gehet eigentlich die erfahrenen Medicos an, woraus sie dann, als aus einem wahrhaften Zeugen, ganz scheinbar können abnehmen, wie das innere Uhrwerk der menschlichen Gesundheit behaftet sey. Noch andere natürliche Träume gebähret die unruhige Phantasey des Menschen, als welche fast niemalen keinen Feiertag hält, und protokolliret bei nächtlicher Weil dasjenige worin sich einer des Tags zum mehrsten beschäftigt: als, einem Jäger träumet, wie er in einem furchtbaren Eichwald ein wohlgewaffnetes Wildschwein anträfe, dessentwegen mitten im Schlaf aufschreiet: Hui Sau, daß auch darüber das Weib erwacht, und fragt: Mann, was willst? Einem Maler träumet, wie er eine wohlgestalte Dame in einem prächtigen Aufzug, mit sonders emsigem Pinsel abmahle, und als er auch einen Schleier um den Hals wollte führen, stielt ihm der Teufel die Farben, daß dessenthalben der Hals blos geblieben. Einem liederlichen Schlemmer träumet, der gewöhnlich in allen Wirthshäusern einen steten Umkreis macht, wie daß er beim goldenen Hufeisen das beste Pferd versoffen. Noch mit andern verwickelten, verwirrten, verwechsleten, verwildten, verwegenen Träumen mattet sich die menschliche Phantasey ab, denen aber keineswegs ein [13] Glaub noch Wahrheit beizumessen. Ja es ist ziemlich lachenswerth, die aberwitzige Meinung der alten Weiber, welche in dergleichen Schlafgrillen einen prophetischen Geist suchen. Sie geben vor, wenn es einem träumet, es fallen ihm die Zähne aus, so sey es ein unfehlbares Anzeigen, daß jemand aus der Freundschaft sterben werde; sie sagen aus: wenn es einem träumet, als werde er an den Galgen gehenkt und mit den Füßen die Luft trete, so seye es eine genaue Weissagung, daß er zu höherer Würde gelangen werde; sie schwören: wenn es einem träumet, daß ihm ein Pfannenstiel aufs Maul falle, so sey gewiß, daß er den morgigen Tag bei einer vornehmen Mahlzeit werde als Gast sitzen; sie wollen es hartnäckig behaupten: so einem träumet, er esse hart's Eisen, und kaue krumme Hufnägel, so sey es unfehlbares Vortrapp eines langen Lebens. Tausend dergleichen Schlafflaufen, Kinderrollen, Schattengewicht und Possen dichten etliche Abergläubige, und vermeinen es seye lauter Sybillenwahrheit was die von dem überfüllten Magen aufsteigenden Dämpfe in der Phantasey bei nächtlicher Weil ausschnitzlen.

Ein anderer Traum ist, welcher von dem bösen Feind als einem Gründer und Erfinder alles Uebels herkommt. Solcher verkündet wohl zuweilen in aller[14] Wahrheit künftige Begebenheiten, gar oft aber ist es ein bloßer vermantleter Betrug, und verzuckerte Falschheit, zumal dieser Fürst der Finsterniß nichts anderes sucht, als die unbehutsamen Menschen hinter das Licht zu führen. Er machts auf die Art eines vortheilhaften und gewinnsüchtigen Spielers, welcher anfänglich dem Gegentheil freimüthig den Gewinn läßt, nur durch solche Speckschwarten denselben mehr zu locken, bis er endlich unvorsichtig in die Falle kommt, und ihm der Eichel-Ober den Untergang weiset. Also vermaskirt sich gar oft der böse Satan, schicket den Menschen in dem Schlaf einen Traum, welcher nachgehends einen wahrhaften Ausgang nimmt und zeiget, daß die Träum nicht leer seynd, wodurch der leichttrauende Mensch also bethört wird, daß er allen Träumen einen festen Glauben gibt.

Zu Dortrecht in Holland war nicht gar vor vielen Jahren ein Gesell, welcher fein sauber all das Seinige verschwendet durch stete Schlemmerei und Unsauberkeit; denn diese beede gemeiniglich verwandt seynd, und wenn Bachus hinter dem Ofen sitzt, so heizt die Venus ein, und seynd diese so nah beieinander wie der Knopf bei den Hosen; auch zeigt es die öftere Erfahrnuß, daß Feuchtigkeit und Nässe den Kalk anzünde: nit weniger thut das Uebermaß des Weintrinkens[15] ungebührende Venusflammen in dem verwandten Leib erwecken; die Weiber aber und Weinbeer machen mehrstentheil alle Beutel eitel; und gleichwie in dem Kalender auf den Weinmonat der Wintermonat folgt, also auf vieles und ungezähmtes Weinsaufen geht es gemeiniglich kühl her, und schleicht die Armuth ein, wie ein stummer Bettler. Dessenthalben soll Bachus von Rechtswegen in einer Hand einen Regimentsstab, in der andern Hand einen Bettelstab führen. Nit weniger auch Venus thut die Taschen leeren; bringen also die Kandel und Andl einen Menschen zu einem armen Wandel. – Auf solchen Schlag ist es begegnet obbemeldetem Holländer, welcher durch sein unmäßiges Leben nit allein das Gewissen beschweret, den Beutel geringert, sondern auch noch dazu sich mit großen Schulden überladen, dergestalten, daß er zu Winterszeit nicht Noth hatte, vor seinem Haus eine Bahn zu führen, zumalen ihm ohnedieß die überdrüßigen Schuldenforderer durch vieles Laufen den Weg gebahnet. Die Sache kam also so weit, daß er wie die Fledermäus den Tag haßte und sich nicht traute sehen zu lassen, aus Ursachen, weil männiglich ihn mauloffen anschaute, auch mit Finger auf ihn deutete. Dieser Schwärmer in seiner tiefen[16] Melancholey hatte bei nächtlicher Weil einen Traum, und gedunkte ihm, als sehe er einen Mann mittlern Alters und feiner Leibsgestalt, welcher ihm seinen sträflichen Wandel sattsam zu Gemüth führte, beinebens stark befehle und einbinde: er soll sich unverzüglich nach der Stadt Kempen befügen, allda werde er auf der Brucken einen Menschen antreffen, der ihm gewisse Mittel werde an die Hand reichen, wodurch er zu dem vorigen Vermögen gelangen konnte. Der erwacht endlich, vermerkt beinebens, daß es ein Traum, bildet sich dennoch ein, es müßte etwas dahinter seyn, gehet deßwegen geraden Weg von Dortrecht nach der Stadt Kempen, verweilet daselbst einen ganzen Tag auf der Bruck, wird endlich über sich selbsten zornig, daß er einem nichtigen Traum einen so festen Glauben gebe, und beschließt bei sich, wieder mit dieser langen Nasen nach Haus zu kehren. Indem aber redet ihn ein Bettler an fragend, warum er eine geraume Zeit so bestürzt auf und nieder gegangen? Ei, sagt er, es hat mir getraümet, daß ich an diesem Ort werde ein Pflaster über meine Wunden, will sagen einen Schlüssel zum vorigen gehabten Glück finden. Finden? – ja finden, sagt der Bettler, eine Narrenkappen wirst du da ertappen: ist das nicht eine ungeräumte Thorheit, auf einen Traum glauben, und deßwegen eine solche Reis' auf sich nehmen? Du mußt wohl ein leichtgläubiger Tropf seyn, sagt der Bettler. Auf solche Weis' hätt ich schon längst müssen nach Dortrecht reisen, alldort einen Schatz zu graben unter einer Dornhecken in diesem und diesem Garten, wie es mir geträumet; – und erzählt den Traum mit allen [17] Umständen, aus welchen der Holländer augenscheinlich wahrgenommen, solcher Ort sey seines Vaters Garten, stellt sich aber, als achte er all dieß wenig, gibt dem Bettler ein freundliches: »Behüt' dich Gott,« und eilet nach Haus auf Dortrecht, gräbt unter dem gedachten Dorngesträuß, und findet wahrhaftig einen großen gold- und silberreichen Schatz.

Daß dieser Traum, auf welchen solche gewünschte Wahrheit gefolgt, soll seyn von Gott kommen, ist ein harter Zweifel, glaub' es dann erst, wann die Eselinn des Propheten Balaams wird ja dazu sagen; denn dieser gewissenlose Schlemmer solche Gnad von dem beleidigten Gott nicht verdienet hat; sondern allem Ansehen nach hat der arglistige Satan, dem dergleichen verborgene Schätz wohl bekannt, diesem lasterhaften Gesellen solches offenbart, damit er wiederum Mittel und Gelegenheit habe, seinen verdammten Luderwandel ferners zu treiben, und an die alten Sünden neue Missethaten zu knüpfen.

Vor Zeiten bei den Heiden war allgewöhnlich, daß man in dem Götzentempel das Nachtquartier genommen, darin geschlafen, zu dem End, damit ihnen der Traum einige Wissenschaft künftiger Dinge einblase, sodann öfters durch die bösen Feind' geschehen. Absonderlich in den gefährlichen Krankheiten hat der Teufel offenbaret gewisse Kräuter und heilsame Mittel, dadurch solche Leibespresten zu wenden, wie esAlexandro Magno und Andern begegnet. Mit solchen [18] phantastischen Gesichtern nächtlichen Gestalten und öftern Traumwerken betrügt annoch die alte Schlang manchen unbedachtsamen Menchen, wovon es kommt, daß bei Vielen der Traum gleichsam mit der heiligen Schrift in gleichem Gewicht ist, und sündigen förderst hierin die vorwitzigen jungen Töchter, welche den mehrsten Träumen von den Heirathen einen hartnäckigen Glauben stellen: Wie dann vor wenig Jahren in dem Unterösterreich einem solchen Kittelaffen geträumet, sie werde denjenigen heirathen, den sie zu Morgens nach der Frühmesse wird sehen vor der Kirche stehen. Wie sie nun eifrig aufgestanden und ganz schleunig nach dem Gotteshause geeilet, trifft sie bei der Kirchenpforte einen an in langer schwarzer Kutte und einem Chorrock, worüber sie dergestalten erbleicht, in närrischer Meinung, sie muß einen Geistlichen heirathen, daß sie kraftlos zur Erde gesunken. Es war aber bei ihr ein blinder Irrthum; denn dieser nur der Meßner desselbigen Orts war, welcher pflegte im wirklichen Kirchendienst dergleichen Kleidung an zu tragen.

Kaum hat Absalon so viel Haar in seinem Strobelkopf, kaum quackten so viel Frösche in Aegypten zu Pharaonis Zeiten, wie viel Weis' der höllische Raubvogel gebrauchet, dem Menschen zu schaden, absonderlich in dem Traum; denn gleichwie unterschiedliche [19] Aemter unter den bösen Feinden seynd ausgetheilt, also finden sich nit wenig unter dieser satanischen Schaar, welche den Namen und Titel tragen der Traumteufel: wie es dann einst die heil. Maria dam leidigen Satan, welcher einen gottseligen Mann stets durch verwegene Träume überlästigte, so weit getrieben, daß er in ganz trutziger Gestalt vor ihr erschien, und als sie fragte, wer er sey? geantwortet: Ich bin derjenige, den du Verfluchte mit deinem Gebet genöthet, zu dir anhero zu kommen, die du mir meinen Freund abzudringen dich unterfängst, ich werde genannt der Traumteufel, bethöre und führe nicht wenig Menschen hinter das Licht.

Es ist leicht zu glauben, daß jener grobe Bauren-Lümmel in Elsaß seinen Traum von dergleichen Schmutz-Engel geschöpft habe: Dem Stocknarren träumte, als sehe er im Schlaf eine ohnzählbare Menge der Mäus, so auf den Aeckern und Traid-Feldern großen Schaden verursachten, ja es dünkt ihm, als habe er mit seiner Kühnheit alle diese schädliche Traid-Dieb vertrieben. Solchen Traum legte er eigensinnig dem Baurenvolk aus, und bewies, wie daß durch die Mäus die Edelleut verstanden seyen, welche dem armen Unterthan sein Stückel Brod immer abnagten; es sey demnach Gottes Willen, daß sich der gemeine Mann rechtmäßig wider seine Obrigkeit auflehne, und zum Gewehr greife; woraus dann ein so blutiger Krieg entstanden, daß sehr viel aus dem hohen Adel umkommen, der Bauren aber fast in die hundert tausend ins Gras gebissen: ist also des bösen Feinds einige List und Lust, [20] den Menschen im Traum, durch Traum und mit Traum zu bethören, daher der Prophet Jeremias uns schon längst gewarnet mit diesen Worten: Dieß sagt der Herr der Heerschaaren, der Gott Israel, las set euch eure Propheten und Wahrsager, die unter euch sind, nicht betrügen, und achtet auf eure Träume nicht, die ihr träumet.

Gleichwohl aber sind nit alle Träum zu verwerfen, aus Ursachen, weil Gott der Herr gar oft dem Menschen im Traum große Geheimnisse offenbaret, ja nit selten durch seine Engel solche Träum zuschicket, welche zuweilen einen Unterweis oder Verweis geben.

Von Gott ist gewest jener Traum des Josephs, welchem im Schlaf vorkommen, als binde er mit seinen Brüdern Garben auf dem Feld, und scheine endlich, daß seine Garbe allein sich aufrichte, der Brüder aber ihre Garben rings herum die seine anbeten, tiefe Referenz und Compliment machen. Durch solchen Traum wollte Gott schon von fern andeuten, wie daß der gerechte Joseph zu hohen Würden soll gelangen, seine Brüder aber der Lakeien Stell verrichten, denen der Schneidermeister Neydhart die Livree verfertiget.

Von Gott ist gewest sein anderer Traum, den er seinen Brüdern erzählte, worin er eigentlich sah, daß Sonn und Mond sammt eilf Sternen ihn angebetet, [21] in welchem Nachtgesicht die helle Wahrheit verhüllt gewesen; denn es war eine vermantelte Prophezeihung, daß er werde sehr hoch steigen, die eilf Brüder aber werden sich müssen auf Eilfe legen, und in niederträchtigem Stand vorlieb nehmen, ja es soll noch dazu kommen, daß Vater, Mutter und alle Brüder ihm gebührmäßig werden aufwarten.

Von Gott ist gewest jener Traum des königlichen Mundschenken, wie auch des Hofbäckers bei dem großen Pharao, welche beede durch Königlichen Befehl in der Keichen verhaftet lagen, und einst zwei ungleiche Träum hatten, benanntlich: dem Mundschenk hat geträumet, als sehe er vor ihm einen Weinstock mit drei Reben, auch solche Presse, nach dem sie genug gezeitiget, in dem Mundbecher des Pharao, und reiche dieses Trinkgeschirr wirklich dem König. Joseph, der gleichmäßig ein Gefangener war in solchem Kerker, wird höflich ersucht, als ein von Gott erleuchteter Traumausleger, was doch dieses möchte bedeuten? Du, antwortet er, wirst nach dreien Tagen wieder zum vorigen Amt gelangen: Bruder memento mei, »mach dir einen Knopf auf die Nasen und vergiß meiner nicht.« Der Hofbäcker erzählt auch ganz umständlich seinen Traum, wie das daß er gesehen im Schlaf als trage er drei Körb auf seinem Haupt, und waren in dem obern Korb allerlei Brode, Leib, Mund-Semmeln, [22] Pretzen, Wecken, viel lange, kurze, krumme und gerade Kipfel etc.; auch hats ihm gedunkt, als fressen die Vögel aus diesem Brodkorb. Joseph was hältst du davon? Du, sagt Joseph, du wirst den König um Gnad flehentlich ersuchen, wirst aber einen Korb erhalten, und nach dreien Tagen wird der Henker auf deiner Hochzeit tanzen. Der Galgen wird dir im obern Stock ein Logement vergönnen; in der Luft wirst du das Luftschöpfen vergessen, und die Raben werden bei dir eine Freitafel haben. Auf beiden Seiten ist ein solcher Ausgang gefolget, wie es der gerechte Joseph angedeutet.

Von Gott ist gewest der Traum des Salomon, des Abrahams, des Nabuchodonosors, des Jakobs etc. Es wird herentgegen in Zweifel gestellt, von wem jener Traum verursachet worden, welchen gehabt hat die Frau Gemahlinn des Pilatus, damalen, als sie in aller Früh den Pagen zu ihrem Herrn geschickt, da er schon im Rath gesessen, ihm die Ordinaripost lassen ablegen und beinebens ernstlich ersuchen, er wolle sich doch nicht vergreifen an Christo von Nazareth, noch weniger ein unreifes Urtheil über ihn fällen; denn sie habe heut Nacht einen erschrecklichen Traum deßhalben gehabt, und nehme ab in Allem ganz handgreiflich, daß er ein gerechter und unschuldiger Mensch seye. Es seynd wohl etliche der Meinung, als habe dieser Traum von dem bösen Feind hergerührt, der durch solches Weib gesucht, den seligmachenden Tod des [23] Herrn zu verhindern; es ist aber der mehrsten Lehrer einhellige Aussag', daß solcher von Gott kommen, denn so der Satan hätte wollen hinterstellig machen den Tod Christi, so hätte er die Gemüther der Hebräer nit also mit Neid und Haß gegen ihn angefeuert: Folget demnach, daß solchen Traum Gott habe geschickt, zumalen diese des Pilatus Frau eine gottselige Dame war, mit Namen Claudia Procula, welche nachgehends an Christum eifrigst geglaubt, und den Namen einer Heiligen verdient.

Gott der Herr ist nicht ungleich einem Magnet; denn gleichwie dieser wunderseltsam das harte Eisen ziehet, also ziehet der mildherzigste Erlöser die harte Sünde zu sich. Moses war auf eine Zeit ganz heißbegierig, die Glorie Gottes zu sehen; dem aber Gott den Bescheid geben, er solle ihm auf den Rücken schauen: Gott der Herr aber trägt auf dem Rücken und Achseln nichts anders, als das verlorne Lämmlein, welches er als ein guter Hirt wiederum gefunden. Es hält dieß also der Höchste für seine Glorie, wenn er einen irrenden Sünder wieder auf den rechten Weg bringet; ja Gott ist wie der Agtstein: solcher zieht durch verborgene Wirkung an sich das Stroh. Nit weniger zieht Gott der Herr an sich den Sünder, welcher dem unfruchtbaren Stroh ganz gleich, ja wohl ein Stroh-Kopf selbst zu benennen, indem er um ein geringes Affenspiel der Welt so unweislich das Ewige vertändelt.

[24] Unzählbar aber scheinen die Manieren, wodurch der Allmächtige das sündige Adams-Kind zu sich locket, und geschieht gar oft durch einige Träum', die er manchem Lastergemüth zuschicket:

Die selige Margarita von Cortona hat Gott zu sich gezogen durch einen Hund, welcher sie bei dem Saum des Rocks geführet hat hinter ein dickes Gesträuch, und ihr allda gezeigt den todten und bereits mit Würmern überhüllten Jüngling, den sie so unsinnig geliebt hat: Hat ihr also der Hund gesagt, was ein Mensch sey. – Den heiligen Ignatium Lojola hat Gott zu sich gezogen durch eine starke Wunde an seinem Fuß in der Pampelonesischen Belagerung, wovon er liegerhaft worden und zur Vertreibung der Zeit geistliche Bücher gelesen, welche ihn also in der Liebe Gottes angefeuert: Hat demnach Ignatius mit krummen Füßen lernen besser Christo nachfolgen, als mit geraden. – Den gottseligen Petrum Consalvum in Spanien hat Gott zu sich gezogen durch eine Kothlachen; denn als er einst vor großer Menge Volk mit absonderlichem Gepräng' auf einem stolzen Klepper den Damasen zu Ehren daher trappte, fällt er unverhofft in eine wüste Kothlache, worin er als in einem Saubad herumgewälzet, und einem Mistfinken nit ungleich gesehen, welches denn jedermann zu einem ungestümmen Gelächter bewogen. Er aber wahrgenommen, daß ihn die Welt also auslachet, resolvirt sich augenblicklich, [25] dieselbe hingegen wieder auszulachen, tritt in einen heiligen Orden, und lebt gottselig: Dem hat gleichsam die Kothlachen das Gewissen gesäubert. – Den seligen Johannem aus dem heiligen Orden des Franziscus hat Gott durch dieSchwein zu sich gezogen; denn als dieser ein vornehmer Advokat war, und einmal gesehen, wie daß einer die Schwein' wollte in den Stall treiben, solche aber auf alle Weise widerspenstig sich weigerten hineinzugehen, sagte der Hirt aus Unwillen: Ey daß euch der Teufel hineinführe, wie die Advokaten in die Hölle. Kaum daß solche Worte vollendet, seynd die Säu' haufenweis hineingedrungen, und eine über die andere hinein geeilt, welches diesen Advokaten dergestalten erschreckt, daß er von Stund an der Welt den Rücken gezeigt, und in den strengen Orden des heiligen Franziskus getreten: Ist also dieser durch die Säue in den Schafstall Gottes kommen. – Den muthwilligen Clericum hat Gott zu sich gezogen durch die Würfel. Denn als ihm der heilige Abt Bernhardus begegnete, und zur ernstlichen Bekehrung anfrischte: Meinethalben, antwortete er, Herr Pater, wir wollen würfeln, und so ihr mehr Augen werft als ich, so will ich euer Mönch werden; dafern aber ich euch an Wurf überwinde, so gehört euer Roß mir zu. Der heilige Abt läßt sich in diese Bedingnuß ein. Der freche Clericus ziehet heraus drei falsche Würfel, und wirft gleich das erstemal 18 Augen, der heilige Bernhardus wirft auch voll der Hoffnung, da fallen zwei Würfel, ein jeder mit 6 Augen; der dritte aber ist mitten von einander gesprungen, und ein Theil 6 und der andere 5 Augen gezeigt, welches Wunder den [26] Clericum in das Kloster gezogen: Er hat also durch dieses Verspielen das Beste gewonnen.

Noch viel' andere Weisen hat der allgütigste Gott, wodurch er den irrenden Menschen zu sich locket; absonderlich aber pflegt er solches zu thun durch den Traum, und schicket manchem einen Traum, der ihm anstatt eines apostolischen Predigers ist; der ihm anstatt eines klaren Spiegels ist, worin er die Wahrheit ersiehet; der ihm anstatt eines Sporens ist, welcher ihn auf dem Weg' Gottes besser antreibet; der ihm anstatt eines Weckers ist, und von dem Schlaf der Sünden aufmuntert. Gesetzt, es ist jemand, der mit dem Kain neidig, mit dem Absalon stolz, mit dem Ammon buhlerisch, mit dem Achan diebisch, mit dem Joab falsch, mit dem Dathan lügenhaft, mit dem Nabal liederlich und in allem sündig: dem träumet einmal oder zweimal, wie daß er vor Gottes Richterstuhl stehe, und sehe das große Protokoll seiner Sünden, das zornige Angesicht des Richters, die verschwendeten Blutstropfen des Erlösers, die versäumte güldene Zeit, die triumphirenden höllischen Geister, den aufgesperrten Rachen des Teufels, ja es träumet ihm, als wäre er wirklich in dieses ewige Weh hineingestürzt, ängstiget sich dermaßen ab im Schlaf, daß er hierüber erwacht, und findet das Angesicht mit kaltem Schweiß überloffen: Glaub du mir, dieser Traum rühret nicht anderswo her, als von Gott, welcher sucht, dich verlorenes Lämmlein, mit solcher Weis' auf den rechten Weg zu bringen, dich aus dem sündigen Egypten ins gelobte Land zu führen, dich in dem Jordan der [27] Pönitenz von dem sündigen Aussatz zu reinigen, und deine Seele als eine Sclavinn des bösen Feindes wiederum zu einer Bürgerinn des Himmels zu machen. – Es träumet einem Jüngling, wie daß er eine große Weltkugel vor sich sehe, mit unterschiedlichen Schubladen, die er alle auf das genaueste durchsucht, und träumet ihm, als habe er in dem ersten gefunden eine Larve mit Schellen verbrämt, in dem andern lauter faule Fische, in dem dritten Staub und Asche mit etlichen zerbrochenen Glasscherben untermenget, in dem vierten einen wurmstichigen Lebzelten mit einem Gläslein Wermuth, im fünften ein Zettelchen, darauf diese Worte stunden: reim dich Bundschuh; die andern Schublädlein waren alle leer etc., welches ihn also verdrossen, daß er die Weltkugel mit Füßen getreten, und als er im währenden Schlaf den Fuß an die Bettwand gestoßen, wird er wach: Glaub du mir, entdecke diesen Traum deinem verständigen Beichtvater, begehre und bitte von Gott dessenthalben eine Erleuchtung, du wirst augenscheinlich finden, daß der Traum nit leer, sondern Gott will auf solche Weis dich vor der öden und schnöden Welt absondern, damit du ihm in einem geistlichen Stand desto eifriger dienst. Einem, der gefährlich krank lieget, und dem der Doctoren Recept und Concept keine Linderung bringen, träumet und kommet im Schlaf vor, als soll er sich verloben nach Maria Zell in Steiermark, nach Maria Einsiede in der Schweiz, nach Maria Alten-Oetting in Bayern [28] nach Maria Täferl in Oesterreich etc.: dort werde er unfehlbar bei der Mutter der Barmherzigkeit seine gewünschte Gesundheit erhalten, als welche gar recht in der Lauretanischen Lobverfassung, Salus infirmorum, ein Heil der Kranken benennet wird: Glaube du mir, dieser Traum ist nicht leer, und hat solchen unbezweifelt dein lieber Schutzengel dir eingegeben, als der da sucht sein liebstes Pflegkind unter dem Marianischen Schutzmantel zu verhüllen, und den Eifer zu dieser mildesten Himmelsköniginn mehr anzuflammen.

Zu wissen aber eigentlich, welcher Traum gewiß von Gott herrühre, können unfehlbare Kennzeichen nit beigebracht werden, weilen auch der böse Feind unter heiligen Larve pflegt zu spielen; doch ist dieses wohl in Obacht zu nehmen: Wenn man mit guten Gewissen und nüchterm Magen schlafen gehet, auch sich mit gewöhnlichem Gebet und Weihwasser bewaffnet, daß selten den höllischen Laurern in solchem Fall ein Zutritt von Gott gestattet wird, auch wohl zu merken: wann Gott einem einen Traum schicket, daß er gemeiniglich pflege auch desselben Gemüth zu erleuchten, wie begegnet dem Abraham, dem Jakob, dem Salomon, dem Daniel, dem Joseph, dem frommen Herzog in Bayern, Wilhelmus, von welchem Drexel. Protr. Paragr. 38.

Die Mutter des heiligen Eligius, die Mutter des heiligen Furseus, die Mutter des heiligen Bonifacius, des heiligen Willebrordus, des heiligen Bernhardus, des heiligen Dominicus, Andreas, Corfinus, Franziskus, Robertus, Pabst Pius II. Leo X. etc. haben Träume gehabt, daß sie werden Kinder gebären, [29] welche zu großer Ehr' und Heiligkeit sollen gelangen. Zweifels ohne seynd solche Träum von Gott gewest.

Wie es aber Ciboria der Mutter des Judas geträumet hat, daß sie werde einen Erzschelmen auf die Welt bringen, von wem solcher Traum herkommen, laß ich es dem verständigen Leser über, von welchem mir geträumet, daß er es zum besten werde erörtern und auslegen.

Der unglückselige Ehestand der Ciboria und des Ruben
Der unglückselige Ehestand der Ciboria und des Ruben, als Eltern des Judas.

Nachdem die unglückselige Ciboria ihrer schweren Leibesfrucht entbürdet worden, und mit dem Juda niederkommen, hat sie geschöpft, von welcher Christus gesagt bei dem Joh. 16: »Ein Weib, wenn sie gebäret, so hat sie Traurigkeit, denn ihre Stund ist kommen; wenn sie aber das Kind geboren hat, so gedenkt sie nicht mehr an die Angst, um der Freude willen, daß ein Mensch in die Welt geboren ist;« sondern es war die Ciboria ganz bestürzt, weilen sie einen solchen Bösewicht ans Tageslicht gebracht, der ihre ganze Freundschaft wird verfinstern. Sie weigerte sich demnach kurzum, ihm die mütterliche Brust zu reichen, der keine andere Amme als wie Romulus und Römus gehabt zu haben verdient; ja damit sie sammt der Freundschaft dessen künftige Schandthaten nit ansichtig wurde, ist sie von aller[30] mütterlichen Neigung abgetreten, hat den neugebornen großkopfeten Buben in ein Binsenkörblein gelegt, und dem wilden Meer überantwortet. Zu schmerzen ist, daß er in dem Falle dem gerechten Moses gleichete. »Was an Galgen gehört, ertrinket nit,« dieß ist absonderlich an diesem jungen Unkraut wahr worden, zumalen dieser junge Judas ohne Gefahr fortgeschwommen und von den Meerwellen in die Insel Iscarioth getrieben worden, wovon er den Namen geschöpft. Gleich damalen ging die Königinn selbigen Orts an dem Meeresufer spazieren, nimmt wahr, daß ein Körblein zum Gestade schwimmet, und weil sie darinnen ein kleines Kind ersehen, befiehlt sie alsobald, solches in aller Still' nach Hof zu tragen, stellte sich, weil sie eine geraume Zeit unfruchtbar, als wäre sie großen Leibs, auch endlich, durch Beihülf' anderer Weiberlist, zeigt sie sich, als wäre sie niederkommen, und hätte dieses Kind geboren. Da heißt es wohl: wie größer der Schelm, je besser das Glück.

Allhier ist sattsam abzunehmen, wie unglückselig der Ehestand der Ciboria und des Ruben der Eltern des Judas gewest. Weilen sie einen solchen Unflat gezeuget, ist muthmäßig, daß solcher Ehestand mit andern Unthaten befleckt sey gewest, und weil er so schlecht von Gott gesegnet war.

Als der jüngere Tobias auf eine Zeit wollte die Füß' waschen, wird er ansichtig eines großen Fisches, so mit aufgesperrtem Rachen schnell zum Gestade geschwommen, welchen er aber alsbald aus Befehl des Engels auf das trockene Ufer hinausgezogen. Der Fisch aber zappelte, tanzte, hüpfte vor seinen Füßen[31] dergestalten, als wollt er vor Freuden etliche nasse Capriolen schneiden, worauf der Engel alsbald dem Tobias geschafft, er solle den hüpfenden Fisch ausweiden, und neben anderm viel Galle heraus nehmen.

Diesem Tobias'schen Fisch ist nit ungleich der Ehestand, welcher äußerlich das Ansehen hat, als steckt er voller Freuden; aber du, mein lieber Welt-Mensch, beschaue diesen Fisch einwendig, da wirst schier nichts als Galle antreffen, in dem Ehestand viel und fast unzählbare Bitterkeit finden.

Jenes Confect, in welches die ersten Eltern – wohl rechte Stiefeltern – gebissen, und auf solches Beißen das Büßen gefolgt, ist nach etlicher Lehrer Aussag' kein Apfel gewest, sondern eine indianische Feige, welche man noch heutiges Tages die Adams-Frucht nennet, ist aber am wenigsten gleich den Feigen unserer Länder, sondern ganz rund, und überaus schöner Gestalt, als hätte sie die Farben von einem Regenbogen entlehnt, und so man dieses Obst aufschneidet, findet man darin ganz natürlich das Kreuz Christi mit allen Passionsinstrumenten, welches ja zu verwundern, und soll eben diese jene Frucht seyn gewest, in welche Adam so unbedachtsam gebissen.

Dieses Obst ist ein eigentlicher Entwurf des Ehestandes, welcher äußerlich den Schein hat, als seye er nichts als süß, ja ein lauteres Zuckergewölb, ein Honigfaß, ein Herzenfest, ein Freudenkelter, ein Lustgarten, ja ein himmlisches Leckerbissel, aber, aber, [32] und wiederum aber, das Inwendige stimmt nit zu mit dem Auswendigen, denn inwendig im Ehestand nichts als Kreuz und Leiden zu finden.

Lieber Weltaff – verzeihe es mir, daß ich dich also fremd titulire – gehe mit mir zur angenehmen Sommerszeit ein wenig hinaus, eine günstige Luft zu schöpfen, da wirst du gleich hören der Nachtigall ihr vielstimmiges Flötlein, des Gimpels sein abgeschmacktes Feilen, der Wachtel ihre schlagende Halsuhr, des Kukuk sein bäurisches Waldgeschrei, der Amsel ihr gemeines Schleiferliedlein, der Lerche ihrTe Deum laudamus, des Stieglitz sein Passarello etc.; da wirst du gleichförmig sehen der Wiesen ihre gestickte Arbeit, des Wasen grünsammeten Teppich, der Felder ihre häufige Fruchtbarkeit, der Wälder ihr lustiges Lauberfest, aller Erdgewächs fröhliche Auferstehung, des ganzen Erdbodens hochzeitliches Gepräng. Gehe weiter und genieße der güldenen Zeit nach Genügen: laß uns ein wenig spazieren gehen auf den grünen Gestaden des rauschenden Flusses, welcher mir und dir vorkommt, wie ein Spiegel in einem grünen Rahmen, und wie ein fließender Krystall; was noch mehr, wir sehen in diesem Wasser die schönen gefärbten Wolken, die schöne strahlende Sonne, das schöne helle Gewölb, den schönen Himmel selbsten. Demnach, lieber Bruder, hast du Lust in den Himmel, so stürz dich hinein und schicke mir fein förderlich eine Staffette wie es im Himmel zugehet! Da antwortet dieser, daß er in solchem Spiel pflege zu passen, denn so er sich möchte [33] in den Fluß hinein senken, würde solcher den Namen verlieren und nachmals eine Stockfischbrühe genannt werden in Bedenkung seiner Thorheit; denn in diesem Wasser kein Himmel, sondern nur ein bloßer Schein des Himmels, ja anstatt des Himmels würde er das trübe Wasser saufen, und gar den Untergang leiden.

Es gibt so viel unbesonnene Adamskinder: Wenn man vom Ehestand redet, so spitzen sie die Ohren, wie der Schimmel, da er sieht den Habersack schütteln, es schlägt ihnen der Puls, als ob sie auf der Post reiten, wenn nur die geringste Meldung geschieht von der Hochzeit; es dünket ihnen, als sey in dem Ehestand ein lauterer Himmel. O Lümmel! es ist weit gefehlt: es ist nur also der bloße Schein, es ist nichts darin zu finden, zu gründen, als trübes Wasser, verstehe Betrübniß und Widerwärtigkeit.

Es kann nicht bald der Ehestand lebendiger entworfen werden, als durch jenen Wunderbaum zu Asca in Niederland, allwo ein gemeines Bauernweib mit Schulden also überladen war, daß sie endlich aus Noth ihre eigenen Kleider den Juden allda um ein wenig Baarschaft zu verpfänden gesucht, damit sie nur in etwas die Creditoren befriedigen möchte. Die Juden aber, als verstockte Satansgemüther, tragen der armen Haut vor, wie daß sie in Ansehung der Kleider nit einen Heller wollten vorstrecken, wohl aber eine ziemliche Summe Geld ihr in die Hand werfen, wenn sie ihnen wollte eine consecrirte Hostie einhändigen; welches gar füglich möchte geschehen dazumalen, als sie solche aus des Priesters Hand empfangen, und unvermerkt Anderer wieder aus dem Maul ziehen würde. Das [34] Weib läßt sich von dem angebotenen Geld verblenden, gehet bei der österlichen Zeit zu dem Altar Gottes, empfangt auf ihre verrätherische Zunge das höchste Geheimnuß, und nimmt solches wiederum aus dem Mund, des verruchten Vorhabens, dieses den Hebräern zu überliefern; unterwegs aber nagt sie der unruhige Gewissenswurm dergestalten, daß sie ihr Gemüth verändert, und solche Hostie in dem nächst am Wege verdorrten Eschenbaum verborgen. Nun siehe Wunder! augenblicklich hierauf fängt der lang verdorrte Baum zu grünen an und sich mit schattenreichen Blättern bekleiden, wessenthalben ein großer Zulauf des Volks entstanden, und – was solches Wunder vergrößert – viel krumme, lahme, blinde und andere presthafte Menschen ihre gewünschte Gesundheit erhalten. Der Herr aber desselbigen Grundes, auf dem der Baum gestanden, empfand hierdurch einen merklichen Schaden, um weilen durch den großen Zudrang der Treid-Acker unnützbar zertreten wurde: gehet demnach hin, und will solchen Baum umhauen, vermerkt aber dieses größte Wunder, daß alle Scheiten, so herunter gefallen, eine Gestalt der blutigen Kreuz' hätten, und siehet mit zusammengeschlagenen Händen, daß dieser Baum voller Kreuz, ja ein lauters Kreuz, welches nachmals der geistlichen Obrigkeit ist umständig angedeutet worden, sammt freiwilliger Bekenntniß obbemeldten Weibsbildes.

Der Ehestand ist ein Baum, welchen der allmächtige Gott selbsten gepflanzt hat. Dieser Baum grünet dermaßen lieblich, breitet seine blättervollen Zweige also aus, daß er den Menschen fast die Augen, und[35] mit den Augen das Gemüth auf Magnetart anziehet, derenthalben eine so große Menge zu diesem Baum eilet, und denselben umfängt. Aber schauet ein wenig, ihr Weltmenschen, wie dieser Baum beschaffen, werdet spüren, daß er voller Kreuz, ja fast lauter Kreuz daran, darin, darum.

Anno 1503 hat man, zu Regensburg, Nürnberg, Landshut und andern Orten auf den Kleidern der Leut' röthlichte Kreuz gefunden, welche vom Himmel gefallen, und durch kein Waschen konnten ausgebracht werden, bis sie endlich den neunten Tag selbst verschwunden. Aber in dem Ehestand regnet es nicht nur im Jahr einmal Kreuz, sondern wohl alle Monate, ja alle Wochen, auch oft alle Tag' und Stund'.

In Spanien auf allen Gebäuden, welche der Cardinal Peter Consalez de Mendozza hat aufrichten lassen, wachset noch heutigen Tag durch ewiges Wunderwerk ein Kraut wie ein Kreuz, welches der Andacht zugemessen wird, die gedachter fromme Cardinal zu solchem heiligen Siegeszeichen hatte; – aber in dem Ehestand ist solches gar kein Wunder, zumalen nicht allein Kreuz auf dem Haus, sondern auch im Haus, Stuben und Kammer, ja allenthalben wachsen.

Die ungereimten israelitischen Maulaffen seynd auf eine Zeit überdrüssig worden über das süße Manna oder Himmelsbrod, in welchem doch aller Saft und Kraft war; ja sie haben noch darüber dem Moses üble Mäuler angehängt, den Sanftmüthigen mit Lästerworten angetast' und unverschämt ins Gesicht gesagt: sie wünschten, daß sie noch in Egypten waren bei den Zwiebeln; solche würden ihnen tausendmal [36] besser schmecken. O ihr undankbaren Gesellen, ihr stinkenden Knoblauchmäuler, sollen euch die Zwiebeln angenehmer seyn, als das liebliche Manna? daß euch diese das Herz abstossen, so gibts euch eine Kraft! Pfuy! Aber sag an du mürrisch Gesind, wo die mehresten Zwiebel anzutrefen, vielleicht in Egypten? – ihr Zwiebelmäuler sagt die Wahrheit nit, müßt wissen, daß in dem Ehestand die mehresten zu finden; allda ohne Zweifel gibts Zwiebel ohne Zahl: wie zwiebelt nicht mancher sein armes Weib? wie zwiebelt nit manche ihren Mann, wie zwiebeln nit oft einen seine Kinder, wie zwiebeln nicht manchen seine Dienstboten, etc. Es giebt mit einem Wort hierin Zwiebel ohne Abgang, Leiden ohne Zahl, Elend ohne Maß, Keyerei ohne Grund: in der Kuchel, Stuben und Kammer findet man oft lauter Jammer.

Der heilige Petrus befand sich einst in der Stadt Joppe, und betete; in währendem Gebet geräth er in eine Verzuckung, und wurde ihm gezeigt ein seltsames Gesicht: Er thäte wahrnehmen, was massen ein großes leinenes Tuch mit vier Zipfeln vom Himmel herab gelassen wurde zu ihm, und als er in solches mit Fleiß hineinschaute, merkte er, daß sowohl gehende Thiere, fliegende Thiere, und auch kriechende, benanntlich Schlangen, Ottern, Blindschleichen etc. darinnen waren; hörte beinebens eine Stimme vom Himmel, die ihm schafft, er soll aufstehen, alles dieses[37] schlachten und essen. Petrus aber schüttelt hierzu den Kopf, sagt: Herr, das laß ich wohl seyn, denn niemalen nichts Unreines in mein Maul kommen. – Ich weiß zwar, daß dieses Gesicht, so dem Petrus begegnet, voller Geheimniß war, und viel schöne Ausdeutungen von den heiligen Lehrern daraus gezogen werden: Ich aber sag es denen Eheleuten, daß sie gar oft solche Bissel, welche Petrus geweigert zu essen, schlücken müssen: Wie oft muß er Galgenvogel, plumper Esel, fauler Hund, harter Büffel, ungeschickter Gimpel etc. schlücken: wie oft muß sie Bestie, Krott, Diebsvieh, giftige Schlang, Teufelsaß etc., schlücken, und Geduld tragen, aus Sorg, es möchte noch trüberes Wetter hernachfolgen.

Darum: die Eheleut' müssen einen guten Kopf haben, denn sie gar oft das Abkämpeln leiden.

Die Eheleut, müssen gute Zähn' haben, denn sie müssen gar oft etwas verbeißen.

Die Eheleut müssen gute Finger haben, denn sie müssen gar oft durch dieselben schauen.

Die Eheleut müssen einen guten Rucken haben, denn sie gar viel müssen übertragen.

Die Eheleut müssen einen guten Magen haben, denn sie müssen gar viel harte Brocken schlücken.

Die Eheleut müssen eine gute Leber haben, denn es kriecht ihnen gar oft etwas darüber.

Die Eheleut müssen gute Achseln haben, denn sie müssen dieselben oft über eine Sach schupfen.

Die Eheleut müssen gute Füß' haben, denn es druckt's der Schuh gar vielfältig: mit einem Wort: [38] Patientia ist die erste Haussteuer, so die Eheleut haben müssen.

Man wird bald nicht andächtigere Leut finden, als die Eheleut', denn sie gehen fast alle Tage mit dem Kreuz, und kommen mir vor, wie die Schiffe am Gestade, welche zwar angebunden, und scheinen als genießen sie Ruhe, man wird aber doch sehen, daß eines das andere stößt: also seynd gleichförmig die Eheleut zusammen gebunden durch das heilige Sakrament und einhelliges Ja. Auch scheint ihr Stand ein Ruhestand; man wird aber dennoch merken, daß eines das andere plaget, und thut es nicht haglen, so zeigen sich doch zuweilen die Blitze. Der Ehestand mag endlich verglichen werden der vergoldeten Arche des Bundes im alten Testament, auf welcher zwei goldene Cherubim waren, welche aus Befehl Gottes einander mußten anschauen. Also im Ehestand soll eins das andere freundlich ansehen, und nit sie gegen den Orient und er gegen den Occident. Auf solche Weise seynd sie gleich den samsonischen Füchsen, welche die Philistäischen Felder in Brand gesteckt: diese waren zwar zusammengebunden, aber die Köpf waren weit von einander, und schauete einer hi, der andere hot; o Gott! das ist ein Spott.

Dahero, meine Welt-Menschen, so euch doch die Zähne wässern nach dem Ehestand, so leget zuvor alles wohl auf die Wagschale, fahret nit gar zu gähe[39] in den Haberbrei, damit ihr euch das Maul nit verbrennet, erwäget fein reiflich alle Umständ', alle Eigenschaften und Neigungen selbiger Person, mit welcher ihr euch wollet verbinden. Jener muß ein unbedachtsamer Lapp seyn gewest, von dem das Evangelium registrirtet, wie daß er neben Andern zum Hochzeit-Mahl ein heftiges Ladschreiben empfangen, nachmals aber persönlich nicht erschienen, sondern durch die Diener, so ihn zum andern mal ruften, folgende ungereimte Antwort beibringen lassen: wie daß er habe ein Dorf gekauft, und nun vonnöthen wäre, daß er hinaus gehe, und selbiges besichtige; soll ihn also entschuldiget haben. Laß mir den einen Strohkopf seyn, der etwas einkauft, welches er noch nicht gesehen. Er hätte fein sollen vor dem Kauf das Dorf genau besichtigen, den Augenschein aller Einwohner und Unterthanen einnehmen, Grund und Aecker umbreiten etc. Also soll man fein zuvor, ehe man sich in eheliche Verbindniß einlässet, Alles wohl betrachten, damit man nit anstatt einer Gertraud eine Bärenhaut, anstatt eines Paulen einen Faulen, anstatt einer Dorothee ein Ach und Weh, anstatt einer Sybill eine Pfeffermühl heyrathe; zuvor muß man alles erwägen, auf daß man nicht auf dem Roßmarkt einen Esel einhandelt, und Rüben für Rettig einkaufet.

Der große Patriarch Abraham schickte einst seinen Hofmeister aus, seinem jungen Herrn dem Isaac eine Braut zu suchen. Er gab ihm aber eine absonderliche[40] Instruktion: daß er soll sehr behutsam und mit möglichster Vorsichtigkeit umgehen, nit gleich sich in die nächste aufgeputzte Docke vergaffen. Der verständige Hofmeister Namens Eliezer fängt die Sach mit Gott an, und befehlet dem Allerhöchsten dieses sein wichtiges Geschäft, beschließet auch durch göttlichen Einschlag bei sich selber jene zu erwählen, deren Reichthum in rühmlichen Sitten und lobwürdigsten Tugenden würde bestehen, setzet sich demnach in Mesopotamien außer der Stadt Nahor bei einem Brunnen nieder, zu sehen, was für Mädlen heraus gehen, Wasser zu schöpfen, und die ihm sammt den seinigen Kameelen wird freiwillig zu trinken geben, die soll Braut seyn und keine andere.

Mein lieber Eliezer, du schickst dich auf Weltmanier nit recht zum Kuppeln. So du willst etwas Rechts ausklauben, so gehe an einem vornehmen Festtag' in die Stadt hinein, da wirst du mit Verwunderung sehen, wie die jungen Töchter aufgeputzt daher treten, da gehet eine mit gekraußten Haarlocken, worin sechshundert Klafter seidene Bändel eingeflochten, daß man einen halben Tag brauchet, dieselbe wiederum abzuhaspeln; dort gehet eine andere, welche schon drei Tag ihr Gesicht in Eselsmilch eingebeizt, und auf ihren Wangen Rosenstauden ohne Knöpf pflanzet, wie gefällt dir diese? allda stehet eine, welche ihre Lenden zusammen gepreßt, daß ihr auch schier der Athem [41] verarrestieret und ganz rahn, wo nit ganzrein ist; wie gefällt dir diese? Ich, sagt Eliezer, gib nicht Achtung auf die bloße Gestalt. Wenn dem also, so zeige ich dir eine andere: siehest du alldort dieselbige, welche zwar im Rückgrat von der Natur ein wenig beschimpft und auf einer Seite die Arbeit erhebt, dagegen hat sie Baarschaft viel tausend Ducaten, wie gefällt dir diese? Gleich da kommt eine, der zwar die gestrenge Blattersucht Miniaturarbeit ins Gesicht gesetzt, so von lauter Tüpflen bestehet und also der Glatthobel nit mehr ausgiebt; herentgegen ist ihr Vermögen sehr groß, und hat noch viel Tausend zu erben, wie gefällt dir diese? Da gleich hinter uns stehet eine, die zwar an einem Fuß zu kurz kommen und dessentwegen noch hinket, aber sonst Mittel halber gehet sie allen Befreundeten vor, wie gefällt dir diese? Ich, sagte Eliezer, habe keine Absehung nach Reichthum und Gütern. So sey es denn, ich zeig dir gleich andere qualifizirte Töchter: da in dem großen Haus vor uns wohnt ein hübsches Fräulein, die zwar arm, aber sehr von hohem Adel, und ist ihr Haus verwandt mit der Arche Noe. Auch in der anderen Gasse ist eine, zwar nit gar jung, aber sehr vornehmer und mächtiger Freundschaft, und hängt ihr Stammwappen[42] noch an dem babylonischen Thurm: wie gefällt dir diese? Ich, sagt' Eliezer, suche auch keine Vornehme, sondern mein gnädiger Heer der Abraham hat mir befohlen, ich soll bei Leib keine Tochter bringen von den Canaanitern, unter welchen doch viel reiche, viel schöne, viel adeliche anzutreffen, aber keine fromme und züchtige; begehre demnach keine andere, als ein ehrliches, ein züchtiges, ein demüthiges und wohlerzogenes Mädel, wessenthalben ich Eliezer meinen Gott inniglich gebeten, daß er mir ein solches zuschicke; welche er dann bekommen an der Rebecca, die er nicht gefragt hat, ob sie reich sey? nit gefragt, ob sie adelich sey? und ob sie zwar von Angesicht hübsch war, so ist doch damalen ihr Aufzug schlecht gewest; dann man zum Wasserschöpfen keinen seidenen Mantel noch gebrämten Rock anleget, sondern er hatte pur betrachtet ihre Tugenden.

O wie weit seynd unsere Zeiten, bei denen man in dergleichen Heirathsverbindnissen nur Gestalt oder Gewalt oder Zahlt, oder ein anderes verruchtes Absehen hat. Wie manche vermaledeiet die Stund', in welcher sie den Mähel-Ring empfangen, verflucht den Tag, an dem sie also verblendet worden, seufzet über das gegebene Ja, welches nunmehr so unzählbareNein ausbrütet. Aber meine Töchter, dieß Uebel habt ihr euch selber geschmiedet, in diesen Dorn seyd ihr freiwillig getreten, diese Last habt ihr euch selbst aufgebürdet, und solches Kreuz mit eigenen Händen geschnitztet, aus Ursachen, weil ihr so gähe so unbesonnen, [43] so frühzeitig dazu geeilet habt, und nicht vorhero alles in Allem wohl bedenkt; deßwegen sagt die göttliche Schrift: Verheirathe deine Tochter, so hast du ein großes Werk ausgerichtet, aber gib sie einem vernünftigen Mann.

Unter anderem ist in dem Ehestand nlt ein geringes Kreuz ein böses Weib. In der neuen Welt ist eine Insel mit Namen Ceiba, allwo so dicke Bäume wachsen, dass einen allein vierzehn Männer mit ausgespannten Armen kaum umfangen können: aus einem solchen Baum kann man ein großes Kreuz zimmern; aber ein böses Weib ist noch viel ein größers Kreuz: Es ist besser, sagt die heilige Schrift,in einem wüsten Lande wohnen, als bei einem zänkischen und zornigen Weide. Es ist besser in der Wüste sich aufhalten bei giftigen Basilisken bei grausamen Amphisbenen, bei erschrecklichen Drachen, bei schädlichen Crocodilen, bei wilden Salamandern, bei blutgierigen Tiegern, bei zornigen Löwen, Bären und Wölfen, als bei einem bösen Weib. Ein böses, Weib ist ein Schiffbruch ihres Mannes, ist ein steter Wetterhahn im Haus, ist eine übel lautende Klapperbüchse, ist ein fränkischer Stiefelbalg, den man fast alleweil schmieren soll, ist ein gewirter Wettermantel, [44] in den das Wasser der Ermahnung nicht eingehet, ist ein Blasbalg des feurigen Zorns, ist ein Ziehpflaster des Geldbeutels, ist ein Maulthier, das manchen armen Mann zu todt beißt, ist eine Quartierstube aller Bosheit, ist ein brabantisches Stammwappen, darin ein zänkischer Hundskopf, ist ein Friedhof der guten Tage, ist eine giftige Schlange, eine bittere Aloe, ist ein übler Sauerampfer, ist ein ewiger Blas mich an, ist eine Commissärinn der dreien Furien, ist das letzte Gesätzel im Vater Unser, erlöse uns von allen Ue beln, ist eine falsche Schatten- und Schadenuhr, ist ein höllischer Brennspiegel, ist der Fröhlichkeit Kehraus, ist ein stetes summendes Wespennest, ist des Vulkanus seine Beißzange, ist ein immerwährendes Igelfest, ist ein Haspel der Ungelegenheiten, ist ein Jahrmarkt der Zankwörter, ist, ist, ist, ist – das man nir sattsam beschreiben kann.

In der Ober-Steyermark ist der Erdboden sehr uneben und mehrsten Theils mit hohen Felsen und Bergen beladen, daß er also mit dergleichen natürlichen Schanzen nit wenig pranget, und gleichsam dem Feind einen Trotz bietet: eines ist, was förderst in diesen Bergen wohl in Acht zu nehmen, wann nämlich zur heißen Sommerszeit ein starkes Wetter entsteht, und der Himmel ein finsteres Gesicht machet, und die Winde ganz ungestümm anfangen zu sausen, und die Vögelein sich furchtsam unter die dicken Aeste salviren, und die Bäume an allen Gliedern zittern, und die[45] schnellen Blitze in dem schwarzen Gewölk schlangenweis schießen, und es anfängt zu donnern, so ist es merksam, daß wenn der zornige Himmel einen Donner-Knall hören lässet, derselbe von dem Echo oder Wiederhall der Berge drei- und viermal verdoppelt wird, nicht ohne Entsetzung der fremden Leute; macht also dieser Steyrische Wiederhall viel einen größern Tumult, als der Himmel selbst, indem er einem Donnerknall des Himmels vier andere trotzig nachklinget. Ein böses Weib ist zwar kein Berg, sondern ein Thal, will sagen ein Jammerthal, hat demnach solche Eigenschaften, wie der Berge Echo in Ober-Steyer, ereignet sich zuweilen eine rechtmäßige Ursach, wessenthalben der Mann in eine kleine Ungeduld geräth, und etwann mit einem einigen unglatten Wort ausbricht, da wird das zanklose Echo in dem Maul des bösen Weibes nicht allein wieder schlimm nachschreien, sondern noch mit zehen giftigen Schmachworten verdopplen, das heißt alsdann gedonnert, da geht es hernachmal nicht anders her, als wie in der Behausung des Tubalcain, so laut heiliger Schrift der erste Schmied gewest, der in seiner rußigen Hütten den ganzen Tag dergestalten gehammert auf dem Amboß, daß auch die Benachbarten ihre Ohren mit Baumwoll verstopften. Keine andere Beschaffenheit hat es in einem Haus, allwo ein böses und zänkisches Weib wohnet; denn alldort hört man stets das Hammern und Jammern, was Wunder, daß man nachgehends bei solchem Lustfeuer wenig Raketen findet, wohl aber gute Schläge etc. O Elend! da gibts saubere Appolonien, die ihren Männern also die Zähn zeigen, da gibts saubere [46] Lucien, die ihren Männern selbst die Augen auskratzen, da gibts saubere Magdalenen, die anstatt der Füße dem Mann den Kopf waschen, da gibts saubere Cäcilien, die anstatt der Orgeln dem Mann selbsten den ganzen Tag anpfeifen, da gibts saubere Barbaren, die anstatt des Thurms die ganze Zeit im Haus turnieren, da gibts saubere Margarethen, die anstatt des Drachen selbst voller Gift seynd, da gibts saubere Dorotheen, die anstatt derRosen den Mann einen groben Knopf heißen, anstatt der schönen Aepfel dem Mann die Feigen zeigen: O Elend!

Wunderliche Manieren seynd gewest vor alten Zeiten, wenn man zusammen geheirathet: Moses Barceph. in seinem Buche Paradox. c. 28. schreibet: Als Gott dem Adam seine Braut, nämlich die Eva, vorgeführet, habe der Adam ein Kränzlein geflochten aus dem schönen grünen Gras des Paradieses, und sich es auf den Kopf gesetzt etc. Plutarchus schreibt: es sey bei den Spartanern dieser Brauch gewest, daß man der Braut die Haare alle vom Kopf abgeschnitten, alsdann ihr Mannskleider angelegt und sie zu dem Bräutigam geführt, – ein wunderlicher Brauch! In Englang ist der Brauch, daß die Braut gekrönt wird mit drei Kronen. In den gothischen Provinzen ist dieser halb-läppische Brauch, wenn der Priester ein Paar Braut-Volk zusammengibt, so schlagen die Nächsten, die dabei seyn, der Braut und dem Bräutigam ins Gesicht. Bei den Römern, wenn die Braut in die Behausung des Bräutigams geführt worden, hat man die Braut etlichemal um und um gedreht, daß ihr [47] der Schwindel in Kopf gestiegen, und die Thür nit mehr finden können.

Vor allen aber ist jener Brauch wunderlich, von dem Servius 4. Aeneid. schreibt, und ist solcher vor diesem allenthalben sehr in Obacht genommen worden: daß man nämlich die Thürschwellen, wo die Braut eingeführt wurde, vorhero stark mit Oel und Feisten angeschmiert. Was sie durch solches Schmieren haben wollen andeuten, ist mir eigentlich nit bewußt, vermuthe aber gar gewiß, daß man durch dieses Schmieren der neuangehenden Ehefrauen habe wollen das Stillschweigen einrathen, denn so man die Thüre einschmiert, so girret sie im wenigsten nit, sondern hält das Maul, wie die Maus, wenn sie beim Speckleib schmarotzet. Also solle gleichmäßig ein Weib vor allem das Maulhalten ihr angelegen seyn lassen. Diesen Rath geb ich fast allen bösen Weibern. Gedenket, meine Weiber, daß gemeiniglich Krieg im Haus entstehet, wenn man solche Maultrommel rührt; gedenket daß man gemeiniglich die Feuerglocken anschlägt, wenn die Flammen zum Maul aufsteigen; gedenkt, daß man gemeiniglich die Orgel schlägt, wenn die Blasbälge des Mauls aufgezogen seyn; gedenkt, daß es gemeiniglich einschlägt, wenns aus dem Maul so stark donnert. Deßwegen alles Uebel zu verhüten, haltet das Maul. Pantesilia, eine Königinn der Amazonen, Kamilla eine Königinn der Volscier, Cleopatra eine Königinn der Egyptier, Semiramidis, eine Königinn der [48] Babylonier, Tomiris, eine Königinn der Massageter Massageter, Hippolita, eine Königinn der Amazonen, Theuca, eine Königinn der Illirier, Iphicratea, eine Königinn der Samier; item eine Jambara bei den Longobarden, eine Telesilla bei den Argivern, eine Debora bei den Israeliten, eine Artemisia bei den Chariern, eine Tania bei den Tartoniern, eine Cynisca bei den Lacedämoniern, eine Phedalia bei den Thraciern, eine Mauvia bei den Saracenern, eine Valosca bei den Böhmen, eine Margarita bei den Dänen, eine Marula bei den Venetianern, eine Johanna bei den Lotharingern haben einen ewigen Ruhm, Lob und Glorie, um weilen sie solche starke und heldenmüthige Frauen gewest seynd, daß sie ihre Feind' ritterlich überwunden: Ihr Weiber, wo ihr immer seyet in Teutschland, macht euch ebenfalls einen großen Namen, in Ueberwindung eurer Feinde! Der Feind ist nicht groß, er heißt der Obriste Zankenau, liegt mit den Seinen im Quartier zu Grein, Pentzing, Hadersdorf etc. Diesen thut überwinden, gedenket daß Christus der Herr zu geschlossener Thür' den Frieden seinen Aposteln gebracht: also wird nit weniger bei euch und unter euch ein Friede seyn, so ihr die Thür des Mauls zugeschlossener haltet. Aber umsonst ist dieß bei einem bösen Weib; der heilige Franziskus Seraph hat die Schwalben zahm gemacht, der heilige Baudolinus hat dis Wild-Enten zahm gemacht, der heilige Agricolus hat die Storchen zahm gemacht, der heilige Franziskus Pauanus hat die Fisch' im Meer zahm gemacht, der heil. Sabba hat die Löwen zahm gemacht, die heilige Brigitta [49] hat die Füchs' zahm gemacht, der heilige Corbinianus hat die Bären zahm gemacht, der heilige Kentingernus hat die Wölf' zahm gemacht, der heilige Dintanus hat die Hirschen zahm gemacht, der heilige Abt Ammon hat die Drachen zahm gemacht, der heilige Helenus hat die Ottern zahm gemacht; aber wer wird mir die Zung eines bösen Weibes zahm machen, wer?

Es ist dieß Folgende zwar eine Fabel, zeigt aber gar schön, wie die Weiber sollen gesittet seyn:

Es ist auf eine Zeit ein Weib gar zu unbarmherzig von ihrem Manne geschlagen worden, also zwar, daß ihr das Angesicht nit ungleich war einem Reibstein, worauf blaue Schmolten gerieben worden, die Haar ziemlich ausgerauft, daß ihr Kopf fast dem Birkenbaum gleichte im Februario, die Augen mit Wasser ganz überschwemmt, das Maul nit anders, als wie eine schmutzige Nachtlampe, der Aufzug des Mieders und der Kleidung sahe zupft aus, wie ein unordentlicher Tändlerladen. Also übel zugericht lauft sie ins Feld hinaus, in Willens, sich selbst das Leben zu nehmen aus purer Verzweiflung. Es hat's aber die Reu' wieder zurück gehalten; doch setzte sie sich nieder hinter einer Haselnuß-Stande, lamentirte, klagte, seufzte, weinte, schnupfte unaussprechlich: Ach, sagte sie, ach ich elende Tröpfinn, wie geht es mir, daß kein Wunder wär, ich schnitt mir selber die Gurgel ab! O mein lieber Paul seliger, Gnad' dir Gott im Himmel droben, gelt du hast mich niemalen erzürnt, es ist dir nit möglich gewest, wenn man dich auf eine Mahlzeit gerufen, daß du ohne mich hast seyn können, du hast mich wohl fleißig mitgenommen, ach mein Gott! wie werd ich anjetzo so schmählich für eine [50] Fuß-Hader gehalten von dem jetzigen Mann! ist das wohl ein Mann! ein Schinder, ein Mörder, ein Hund! nämli, nämli, kommen nit zwei Himmelreich aufeinander, kein Wunder, ja kein Wunder wärs, ich thät mir selbst ein Leid an, daß Gott erbarm! – Indem sie also ungereimt lamentirte, siehe, da fängt die Haselnußstaude aus freien Stücken an zu reden: Mein Weib, sagt sie, siehst du diesen nächsten Eichbaum an, wie er zerzaust und zerrauft ist, und schaue mich an, wie ich ganz unverletzt bin, weißt die Ursach? Wenn ein starker Sturmwind sauset, so ist dieser Eichbaum so stutzig, und widersetzt sich dem Wind: deßwegen wird er also zerfetzt und verstümmelt; ich aber Haselnußstaude, wenn ein solcher ungestümmer Wind geht, wehre mich weiter nit, sondern wie der Wind geht, so neig ich mich, und biege mich, und gib also nach, deßwegen bleib ich unbeschädigt; hättest du also mein Weib auch deinem Mann nachgeben, dich nit so hartnäckig widersetzt, ihm nit also zahmlos eingeredt, und ein bös Wort mit zehn andern vergolten, so wär es dir nicht also übel ergangen; lerne doch ein andersmal das Maul halten.

Ihr Weiber seyet ohnedas mit der Martha beschäftiget in Kuchel- und Speisgewölben, nehmt eine Lehre von einer Waage, auf der ihr etwann auf einen Fasttag etliche Scheiter Stockfisch wäget: wenn der Stockfisch schwer und übergewichtig ist, so werdet ihr selbst sehen, daß die Zung der Waag sich gegen den schweren Stockfisch neiget und nachgiebt. Ist's, [51] daß ihr zu Haus einen groben ungeschlachten Mann habt, dem die Stirn zum öfternmalen mit trübem Gewölk überzogen, der mehre Mucken im Kopf hat, als gewest seynd zu Zeiten des Pharaonis in Egypten, und solcher noch darüber harte Worte hören läßt; so folget meinem Rath, neiget euere Zung auch gegen diesen groben Stockfisch, gebt ihm nach, redet ihm nit zuwider, haltet das Maul, und folget lieber dem Delphin nach, welcher Fisch zur Zeit des Ungewitters nur scherzen thut.

Als Christus der Herr nach Caphernaum gekommen mit dem Petro, haben ihn also die Mauthner stark angeschnarcht: Wie ist es, sagten sie, wo bleibt der gebührende Zollgroschen? Geld her! – Hierauf sagte Christus dem Petro: Gehe hin, damit wir mit diesen schlimmen Leuten nit in schlimme Händel gerathen, so gehe hin ans Meer, wirf die Angel aus und nimm den Fisch, der zum ersten darauf kommt, greif ihm in den Mund, da wirst du einen silbernen Groschen finden; denselben nimm, und zahl für mich und dich! – Ihr Weiber sollt auf zweierlei Art den Fischen nacharten: erstlich ist kein Thier auf der Welt, welches nit eine gewisse Stimme oder Geschrei von sich gibt, als wie die Hund bellen die Wölf heulen, die Gänse schnattern, die Hennen gagern, die Säu grunzen, die Schaf blären, die Geißen meckern, die Katzen miauen, die Storchen klappern, die Bären brummen, die Ochsen brüllen, sogar die Wespen und Mücken sumsen; aber der Fisch hat keine einzige Stimm, deßwegen ist er ein Sinnbild des Stillschweigens, welches euch Weibern absonderlich wohlanständig. Dafern ihr aber [52] doch das Maul nit könnt halten, so schaut wenigstens, daß, gleichwie der Fisch Petri Silber im Maul, also ihr Gold im Maul traget, sprechend: mein goldener Mann, was ist dir heute mehr, daß du so schwierig? mein goldener Hans Adam, wie bist du heut so seltsam? mein goldener Schatz, schlaf nur, ich will alles vollziehen nach deinem einigen Willen! Solchem Rath folgen wohl die frommen Weiber, aber die bösen nicht, und könnt einer fast ehender und leichter mit dem Josua die Sonn arrestiren in ihrem schnellen Lauf, als die Zung eines bösen Weibes.

In Spanien seynd etliche Oerter, als da Sierra, Camor, Corduba etc. allwo Glocken gefunden werden, die auf den heutigen Tag zuweilen sich von freien Stücken selbst läuten, und bedeutet deren Geläut mehrstentheils nichts Gut's; zu Villilla nennet man auch eine Wunderglocke, welche ohne menschliche Handanlegung etliche Monat ein Anzeigen gibt, ehe und zuvor von unchristlichen Streifen alldorten ein Einfall zu geschehen pfleget; in dem Kloster Bodkhen, welches der heilige Mainulphus erbauet, läutet sich eine Glocke selbst vor jedem Hintritt einer Klosterfrauen, und wird annoch eifrig beobachtet; in Flandern gab eine Glocke einen traurigen Hall ohne Menschenhilfe bei angehender strengen Hungersnoth: Böse Weiber, zänkische Weiber, unruhige Weiber, greinerische Weiber seynd solchen Glocken ganz gleich, die auch zum öftern ohne einige Ursach anfangen zu klingen, daß auch die Kinder über drei Gassen vom Schlaf erweckt werden, daß auch der Mann schier das Gehör verliert, wie ein reformirter Kunst-Stäbler. Aber auch gemeiniglich auf solchen freimüthigen[53] Klang folgt etwas Uebels. Jener, nachdem ihm die Seinige mit tausenderlei Schmachwörtern überladen und eine ungestümme Litaney ohne Pausen gesungen, fragt endlich zuletzt, ob sie sich nun genug gereiniget und purgirt? Ja sagts, was dann? Darauf gibt er ihr eins in's Gesicht, daß aus der Nasen häufig das Blut herausgespritzt. Also recht, sagt er, auf ein Purgier gehört eine Aderlässe. Dergleichen Unmanier ist zwar bei den Männern nit lobenswerth, denn sie sollten in etwas ein Mitleiden tragen mit den Weibsbildern, welche schwächeren Gemüths und gebrechlicher Natur seyn; auch weiß man wohl, daß des Propheten Elisäi Diener der Wittib verstorbenen Sohn keineswegs hat können auferwecken mit dem Stab, wohl aber der Prophet selbsten, als er Mund auf Mund gelegt, und auf gute Manier mit dem todten Knaben umgangen: nit weniger sollen die Männer auch mit guter und glimpflicher Manier ihren Weibern begegnen, denn sie also mit glatter und freundlicher Ermahnung mehr Nutzen schaffen, als mit harten Streichen und Prügeln, womit man öfter mehr Teufel hineinschlägt, als heraus.

Von dem Moses schreiben die alten Rabbiner etwas Wunderliches, so aber mehr den Schein eines Gedichts, als einer Geschicht hat: Wie Moses bei dem Königl. Hof als ein Kind mit drei Jahren in Gegenwart des Pharao scherzte, ist der König da, und setzt dem kleinen Moses sein königliches Diadema auf den Kopf und giebt ihm den goldenen Scepter in die Hand. Der [54] Kleine habe nun mit trotzigen Gebehrden solches vom Kopf herunter gerissen, den Scepter aus den Händen geworfen, und beede mit Füßen getreten. Holla! sagte hierüber Pharao, das hat eine Bedeutung, und will schier beschließen, das Kind zu erwürgen, läßt aber dessentwegen alle seine hohen Minister und geheime Räthe zusammenrufen, damit sie über solches wollen reiflich berathschlagen, was etwan möchte dieser Zufall nach sich ziehen, aus welchen dann die mehrsten dahin geneigt: man wolle den dreijährigen Moses probiren, ob nit etwan solches von kindischem Unverstand habe hergerührt, und ihm kostbare Kleinodien, wie auch glühende Kohlen lassen vorlegen: nach wem er nun werde greifen, könne leichtlich ein Anlaß geben, zu merken, was in ihm stecke. Moses aber, sagen die Rabbiner, habe nach den glühenden Kohlen gegriffen, und mit solchen geschwind ins Maul, wodurch er sich also verbrennt, daß er die Zeit seines Lebens nicht hat recht reden können, sondern stark mit der Zung angestoßen.

Was die Rabbiner dießfalls dem Moses zumessen, ist eigentlich wahr bei den bösen Weibern, welche mehrstentheil nur mit dem Maul und mit der Zung einbüßen, und sich alldort zum mehrsten verbrennen.

Jene war eine solche Haus-Posaune, welche ihrem Mann für einen Beichtspiegel diente; denn so oft er seine Beicht wollte schriftlich aufsetzen, hat er vorhero ihr allezeit eine Maultasche versetzt, worauf sie angefangen: Du Hund, so schlag, daß dir die Händ erkrummen, es wäre besser, so könntest du keine solche [55] partitische Schriften mehr aufsetzen, als wie vorgestern! du Schelm, so schlag, wie viel hast du mehr vor dreien Tagen Geld verspielt? du Hallunk, schlagen kannst du wohl, aber am Sonntag kannst keine heilige Messe hören! du Bestie, es wär' kein Wunder, ich laufte davon! haus' gleichwohl du ehebrecherischer Dieb, mit deiner saubern Lisel; ich wills noch wohl erleben, daß du an den lichten Galgen kommst! sag' Dieb? wo ist das Geld hinkommen, welches du diesen oder jenen Erben und Pupillen abgestohlen etc.!« – Auf solche Weis' konnte er ganz genau seine Beicht' zusammenbringen. Ich bekenne es mit meinem Gewissen, daß ich zu Wien selbsten zu einem solchen Syil gerathen. Beede – Gott tröste sie – haben zur Pest-Zeit die Welt gesegnet: ich sahe sie, dass sie auf Tiegerart also ergrimmt war, daß sie von freien Stücken eine schwarz gebeizte Rahm, worin das Controfee ihres Manns, mit den Zähnen zerbissen, wovon ihr[56] das Mundstück etwas schwarz worden, und zugleich also mit den feurigen Augen geglumset, daß sie einer natürlichen Nachteul' oder Höllenkauzen gleichte, ja sogar nahm sie eine Kohlen von dem Heerd, lief auf den Gang hinaus, und malte einen Galgen an die Wand mit jämmerlichem Geschrey: Du Dieb, du Kirchendieb, du Sacristeidieb, du Kelchdieb, du Leuchterdieb, du Lampendieb, du Stockdieb etc.; ja sie hat ohne einiges Anstoßen in die vierundzwanzig Dieb' heraus geschüttet. Ich nahm bei solchem ungestümmen Wetter den Weg nach Haus. Wie aber die von solcher Posaune zusammen geloffenen Leut' wahrgenommen, daß ich allda gewest, also haben sie von freien Stücken geargwohnt, es müßte dieser ein Kirchendieb seyn, und sey ich alldort gewest, das Entfremdete wieder zu begehren; hat wenig gefehlt, daß der gerechteste Herr nit in großes Elend gerathen.

O Herr Gott! lieber mit bloßen Füßen nach Compostell rutschen, lieber bei lauter Enzian in die Kost gehen, lieber alle Tag zweimal das hölzerne Kitzeln leiden bei den Türken, lieber in Gottes [57] Namen die Händ auf ewig den Galeeren opfern, als bei einer solchen Schlange wohnen: Der König Salomon sagt:Ein zänkisches Weib sey wie ein immer durchtriefendes Dach; bei einem solchen giebts nichts als lauter Tropfen; und was denn anders bei einem bösen zänkischen Weib? Ist nicht der Mann ein armer Tropf, der solchen Haus-Clarin stets hören muß? seynd nit die Dienstboten armeTropfen, die so viel bei einem solchen Hausrummel müssen ausstehen? seynd nit die Kinder armeTropfen, welche eine so bittere Mutter bekommen?

Es ist jenem gar nit vor Uebel zu halten, der eben dergleichen Fegfeuer im Haus hatte, und als diese in langwieriger Krankheit einst in so große und lange Ohnmacht gefallen, daß sie auch die Doctores selbst für todt gehalten, deßwegen sie in einen hölzernen Sarg gelegt und zum Grab getragen; wie man aber mit der Leich' an einem Eckhaus vorbei gangen, haben die unbehutsamen Träger angestoßen, durch welches das Weib erweckt, und von freien Stücken mit männiglicher Verwunderung angefangen zu leben und nach Jahr und Tag erst gestorben, und als man [58] damalen die notwendige Anstalt machte zur Begräbniß, auch unter andern die Todtenträger ins Haus kommen, so ruft sie der Mann auf die Seite, sprechend: ich bitte euch um Gottes willen, stoßt halt nicht mehr an, ich will mich dessenthalben schon einstellen!

Vor Zeiten bei den Römern hat man pflegen dem Bräutigam zuzuschreien; sis Cajus, sey du Cajus, der Braut deßgleichen, sis Caja, sey du Caja! jetzt ist zwar der Brauch abkommen, aber Cajus und Caja regieren dennoch noch; denn es ist das ewige Cajen im Haus: wo ist größere Keyerey als bei einem bösen Weib?

In dem Königreich Böhmen ist eine Jungfrau gewest mit Namen Domka, welche auf eine Viertel-Stund weit hat können eine gemäste Kuh tragen auf ihren Achseln. Laß mir das ein starkes Weib seyn; aber manche arme Haut und Eheweib muß noch mehr ertragen und übertragen, absonderlich wenn sie einen giftigen und zornigen Mann hat. – Die heilige Schrift sagt: Gott der Herr bildete den Menschen vom Staub der Erden, und dieß war der Adam; und Gott der Herr bauete aus der Rippen, die er vom Adam genommen, ein Weib: ist demnach Adam gebildet worden und die Eva gebauet, nennt also Gott selbst das Weib ein Gebäu. Gleichwie nun ein Gebäu viel Regen, [59] Wind, Hagel, Donner, Schauer, Schnee etc. leiden muß, also muß auch nit weniger ein Weib viel ausstehen, forderist wenn sie einen Schlegel-Leuter zu einem Mann bekommt. – Der gekrönte Harfenist David vergleicht ein Weib einem Weinstock an der Mauer des Hauses. Nun ist es allwissentlich, daß dergleichen Weinstöck' gemeiniglich um Schutz willen wegen der bösen Buben mit Dörnern und Dornstauden umfangen seyn; also ist auch ein Weib von den Dörnern der Trübsal selten frey, und gleichwie keine Rosen ohne Dörner, also selten auch eine Rosina ohne Dörner der Mühseligkeit. – Es hat Samson unterwegs solchen Courage gezeigt, daß sich höchst darüber zu verwundern, indem er einen wilden Löwen angetroffen, und denselben glücklich erwürget hat. In der Rückkehr fand er den todten Löwen noch, und unvermerkt in dessen todten Rachen einen Honig-Fladen, nach welchem er nit allein die Finger geschleckt, sondern auch davon eine ziemliche Portion seiner Liebsten Dalilä nach Haus getragen. Wo find't man jetzo solche Männer, die sich also manierlich gegen ihre Weiber zeigen? das wohl, anstatt Honig, tragen sie oft bittere Gall' nach Haus, und weisen einen solchen unmäßigen Zorn, daß kein Wunder, wenn nachmal hierüber des Weibes sonst feste Geduld wurmstichig wird.

Es hat Gott der Herr unter andern dem hebräischen Volk dieses Gebot geben: daß alles, was männliches Geschlecht, soll dreimal im Jahr nach Jerusalem[60] gehen, und allda in dem Tempel Gottes erscheinen. Warum daß Gott nicht ebenmäßig den Weibern anbefohlen, daß sie diese Kirchenfahrt sollen verrichten? Etliche Lehrer seyn der Aussag', als habe der allmächtige Gott dessenthalben keinen Befehl an die Weiber lassen ergehen, weil er wohl wußte, daß das weibliche Geschlecht ohnedas der Andacht ergeben und also freimüthig nach dem Tempel würden kommen; die Männer aber, welche gar oft einen so guten Magen haben, daß sie einen ganzen Monat ohne Gebet können leben, haben des scharfen Decrets vonnöthen gehabt. Andere glauben, es habe Gott nit wollen, daß die Weiber sollen nach Jerusalem reisen, sondern vielmehr zu Haus bleiben; denn diesem Geschlecht nichts besser anständig, als die Einsamkeit, dessentwegen die Weiber an dem Zunahmen allezeit ein Inn tragen, Bettlerinn, Bäurinn, Bürgerinn, Doctorinn, Gräfinn, Fürstinn, etc. zu zeigen, daß sie in das Haus gehören; auch tragen sie gleichförmig den TitelFrauenzimmer, wordurch sattsam erwiesen wird, daß sie auf Schneckenart sollen zu Haus bleiben; widrigenfalls müsse man den Namen ändern, und anstatt Frauen-Zimmer, Frauen-Gassen setzen. Vor allem aber dünkt mich, daß derenthalben der gütigste Gott nit habe dieß Gebot den Weibern gegeben, weil Gott sahe, daß der Weg nach Jerusalem sehr weit, und also solche Reis' für die schwachen Weibsbilder etwas zu schwer würde fallen, darum mit ihnen dispensiret [61] aus Mitleiden. Und wollte hiermit der allmächtige Gott eine Ermahnung geben, wie man ein Mitleiden tragen sollte mit den Weibern, ihnen in vielen Sachen etwas übersehen. Dem aber folgen viel Männer nit nach, sondern tractiren ihre Ehegatten auf diocletianische Manier, gedenken nit, daß Joseph in der Flucht nach Egypten sey zu Fuß gangen, sein liebstes Gespons aber Mariam auf dem Esel reiten lassen, zu zeigen, daß man mit den Weibern soll glimpflich umgehen. Aber bei manchem verwirrten Kopf haftet solche Ermahnung wenig, und sagt zwar das Evangelium: ein Weib soll mit demSauerteig umgehen. Mancher armen Tröpfinn geht es sauer genug, und hat bei ihr das Jahr nit mehr als dreihundert fünf und sechzig saure Tage.

Wie Gott der Herr wollte den Job stellen zu einem Exempel und Exemplar, zu einer Form und Formular aller Sanftmuth und Geduld, hat er den bösen Feind als einen Sucher und Versucher der Menschen zu sich gerufen, ihn folgends angered't: Weißt du was, meineidiger Engel? ich hab' einen Menschen auf Erden, der heißt Job und verdient ein groß' Lob. Den wirst du auf keine Weis' in die wenigste Ungeduld ziehen: probiers, nimm ihm Kinder und Rinder, nimm ihm Haus und Schmaus, nimm ihm Geld und Zelt, nimm[62] ihm Gut und Blut, nimm ihm Thron und Reputtation, wirst dennoch nichts richten: nimm ihm Alles, ausgenommen seine Seel' laß mit Ruh! Glossa sagt: daß Gott durch die Seel' nit verstanden habe die Seel im Leib', denn selbige der böse Feind hat versucht und attaquirt, sondern unter dem Namen Seel' hab er des Jobs Frau verstanden: dahero geschehen, daß der böse Feind dem Job alles und alles hinweg geraubt, ausgenommen sein Weib, der hat er den geringsten Schaden nit zugefügt. Da scheint es handgreiflich, daß viel Männer ärger seynd, als der Teufel, zumalen dieser Gottes Befehl in dem Fall nachkommen, des Weibes verschont; aber die Männer haben ein ernsthaftes Gebot: sie sollen ihre Weiber lieben, wie Christus die Kirchen, sollen ihnen nichts Leids thun! und dennoch folgen sie dem wenig nach, zeigen sich schlimmer als der Satan ist.

Wie Gott der Allmächtige die Erde erschaffen, und aus der Erden den Adam, auch denselbigen gesetzt zu einem Weltregenten, hat er wahrgenommen, daß dieser ganz allein, und deßwegen schier etwas melancholisch, demnach ihm aus seiner Rippe ein Weib erschaffen, welche aber bald mit ihrem unbehutsamen Umgaffen der Schlangen eine schädliche Audienz geben, und hernach den Adam in eine solche [63] Wäsch' gebracht, woran wir noch zu trocknen. Gleich nach solcher geübter Unthat steigt der Allmächtige herunter, und nach gegebenen, scharfem Verweis machte er diesem Paar Ehevolk Kleider von Schaffellen undLämmelhäut'. Der Zeiten zählt man wenig dergleichen Eheständ', worin beede in Lämmelhäut stecken. Es geschieht öfter, daß sie zwar unter einem solchem Lämmelfutter stecket, er aber, der Mann, in einer Löwenhaut, als der den ganzen Tag kein gutes Wort nicht hören läßt; sondern setzt in seinen Kalender lauter Finsternuß, auf seinen Bäumen wachsen nichts als Ohrfeigen, in seinen Händen findet man nichts als Schlaguhren, unter seinen Speisen findet man nichts als Gestoß'nes, auf seinem Heerd findet man nichts als Prügel, in seiner Karte seynd nichts als Bastoni, in seinem A B C ist nichts als r r r r etc. Es sagt die hellige Schrift, der Mann sey das Haupt des Weibes; nun weiß ich schon, daß der Weiber ihre mehrsten Krankheiten nicht bestehen in Wassersucht, Schwindsucht, Gelbsucht etc., sondern in Hauptweh, das Haupt thut ihnen zum öftern weh: O was ist es für ein Elend, einen zornigen Mann haben!

Ihr Thumshirn, ihr Wetterhähn', ihr Tiegerbrut, ihr Büffelsart, ihr Schlegelzweig, ihr Ambosbrüder, ihr Kolbenspitzer, ihr Aesthobler, ihr Hackstöck, ihr [64] Löwengemöther, ja ira in sinu stulti requiescit, ihr unsinnge Narren, ihr furiosische Narren, ihr wilde Narren, ihr tolle Narren, ihr wüthende Narren, ihr Werf-Narren, ihr Schlag-Narren, ihr Stoß-Narren, ihr Hau-Narren, ihr Schelt-Narren, ihr Schreys-Narren, etc. was Nutzen schöpft ihr aus euerm ungezähmten Zorn?

Einer hat einmal einen wunderseltsamen Schuß gethan. Dieser gieng zur kühlen Abendszeit mit keinem andern Gespann als mit der gespannten Flinte spazieren, war ein Student, bei dem ohne das die Freiheit unter die freien Künste gezählt wird. Dieser hat auf einmal einen Hasen, einen Fisch und einen Vogel geschossen: einer war auf der Erd, der andere in der Luft, der dritte im Wasser: ist also viel, solche drei in einem Schuß zu treffen. Es hat sich aber also zugetragen: Da er neben dem Wasser gangen, ersiehet er ungefähr auf dem andern Gestad' jenseits des Wassers einen Hasen liegen, nach welchem er ohne Verzug gezielt und geschossen. Unter währendem Schuß aber ist ein Fisch im Wasser aufgesprungen, den hat er getroffen, und gleich damalen ist eine Schwalbe auf dem Wasser geflattert, die hat er auch getroffen, und forderist jenseits des Teichs hat er den Hasen erlegt; also wunderlich auf einmal drey getroffen, etc. Einem [65] Zornigen begegnet dieß wohl öfter, aber gereicht ihm solches zu keinem Glück, daß er drei auf einmal trifft; denn erstlich mit seinem unbändigen Zorn trifft er Gott und beleidigt den Allerhöchsten, er trifft den Nächsten, an welchem er den Zorn ausgießet, er trifft sich selbst, weil er sich hierdurch selbst an Leib und Seel den größten Schaden zufüget: ist also der Zorn gleichsam eine Lanze mit drei Spitzen, womit der Absalon ermordet worden.

Erstlich trifft ein Zorniger seinen Gott, als der in seiner Schul keine andere Lection hat aufgeben, alsdiscite a me, quia mitis sum et humilis corde: »Lernet von mir, der ich sanftmüthig und demüthig bin.«

Es ist die gebenedeyte Jungfrau Maria dessentwegen mit dem gerechten Joseph vermählt worden, damit sie an ihrem ehrlichen Namen den wenigsten Schaden nicht leide; denn sofern sie ein Kind geboren hätte ohne Vermählung, wäre sie Zweifels ohne in ein böses Geschrey gerathen, zumalen ohne das der Hebräer Pfund-Goschen voll waren der Gächwörter, Rachwörter, Schmachwörter: Der Ursachen halber hat Gott ihr zugesellet einen reinsten Gesponst, damit selbiger solle seyn ein Deckmantel ihrer jungfräulichen Ehren. Wie nun solche durch Ueberschattung des heiligen Geistes empfangen, und bereits ihr reinster Leib zu wachsen schien, und solches der Joseph wahrgenommen, dem dazumal die geistlichen Geheimnüssen noch verborgen, hat er sich dennoch im wenigsten darüber nicht erzürnet, da doch ein anderer in solchem Fall in unglaublichen Zorn wäre gerathen, sondern er hat bei sich selbsten beschlossen, diese schwangere Gesponst in [66] der Geheime und Stille von sich zu schicken: voluit occulte dimittere eam. Daß aber dieser gerechteste Joseph von der geringsten Ungeduld nicht ist angegriffen worden, rühret dahero, spricht der heilige Joshannes Chrysost., weil nämlich der Athem Mariä der reinsten Jungfrau ihn zum öftern anhauchte, welcher Athem von dem Lamm Gottes, so in ihrem unbefleckten Leib verschlossen war, alle Sanftmuth, wie ein Schwamm das Wasser, an sich gezogen; dessentwegen am Stamm des Kreuzes Gall zu trinken sich der Herr geweigert, et cum gustasset noluit bibere denn er nit wollte zulassen, daß einige Gall' oder Bitterkeit soll in ihm seyn, sondern er begehrte den Namen zu behalten eines süßesten Jesu. Treffen dahero und beleidigen Gott alle diejenigen, welche voller Gall stecken, welche vor Zorn gleich blutroth werden, wie die Wässer in Egypten von dem geringsten Streich des Araonis Ruthen. Es beleidigen Gott alle diejenigen, welche seynd wie die Statua des Königs Nabuchodonosor, so von dem kleinsten Steinel zu Trümmern gangen. Es beleidigen Gott alle diejenigen, welche seynd wie der Pharao in Egypten, der seinen Mundbäcker wegen eines einigen Sandkörnlein, so er im Brod gefunden, hat lassen aufhenken. Es beleidigen Gott alle diejenigen, so da seynd wie das glühende Eisen, welches von dem geringsten Tropfen Wasser zu pfutzen pflegt. Es beleidigen Gott alle [67] diejenigen, welche seynd wie die Judenkirschen, welche, da man sie nur anrühret, bitter werden. Es beleidigen Gott alle diejenigen, welche seynd, wie eine geladene Büchse: so man selbige nur antastet und kitzlet, gleich los gehet und Feuer giebt. Es beleidigen Gott alle diejenigen, welche seynd wie ein Spiegel: wenn man selbigen nur ein wenig anhauchet, so macht er gleich ein finsters Gesicht. Es beleidigen Gott alle diejenigen, welche seynd wie eine Orgel, die man kaum darf ein wenig tupfen, so schreit's gleich. Es beleidigen Gott alle diejenigen, welche seynd wie ein Fließpapier; wenn man mit der Feder auf dasselbe nur ein kleines Tüpfel macht, so breitet es sich – weiß nit wie – aus. Es beleidigen Gott alle diejenigen, welche seynd wie eine Schlaguhr: so man in derselben nur ein kleines Zäpflein aufhebt, so fangen alle Räder an zu laufen und rasseln. Es beleidigen Gott alle diejenigen, welche da seynd wie die Gockelhahnen: so diese nur ein einiges Haberkörnlein im Mist finden, so fangen sie an zu schreien, daß es das ganze Geflügelwerk höret.

Bekannt ist jene Geschichte zu Antwerpen, allwo ein Kaufmann gewest, der wegen seines häufigen Guts nit wenig stolzirte; denn gemeiniglich auf viel Einnehmen folgt Uebernehmen, und auf viel Uebernehmen kommt das Abnehmen, und trägt das vermehrte Geld gar oft keine gewissere Laschi als Stolzheit. Dieser [68] aufgeblasene Handelsmann begehrte einst von einem berühmten Maler: er wolle ihn vermöge seines bekannten Pinsels abmalen, es soll das gleichende Controfee) nach Wunsch bezahlt werden. Der Mahler sparte auf solche gegebene Verheißung weder Kunst noch Arbeit, sondern führte die Abbildung also köstlich und künstlich, als wär' es mit dem Original ein, blutsverwandter Zwilling, und begannen schier die rodten Farben dem Bild ein Leben anzustreichen, wo nit einzustreichen, also zwar, daß mancher davor verweilte mit unbesonnenen Gedanken, es würde reden. Nachdem es dann der Mahler also verfertiget und auf gegebene Parolla die dreißig Thaler begehrte, schüttlet der Kaufmann hierüber den Kopf und weigert auf alle Weis', kaum die Hälfte dieses Preises zu zahlen, geht nach Haus und lasset dem Mahler das Bild. Dieser Mahler aber, ein schlauer Gesell, begehrt die Schmach zu rächen, setzt sich derohalben nieder, und steckt mit geschwindem Pinsel gedachtes Controfee in eine große, große, gefütterte und mit Schellen wohlbespickte Narrenkappe, hängt es alsdann neben andern Bildern zum Gewölb heraus. Solches, weil es Allen erkenntlich, lockte herzu eine Menge der Leut', die dann ein ungestümmes Gelächter erhoben, und sagte einer, wie lang es sey, daß sich dieser in die Narren-Zech habe einverleibt? der andere verwundert sich, daß [69] der Kaufmann seinen Kopf mit Narrengeläut' versehen, wie die Schlesinger und Ober-Steyrische Fuhrleut ihre Pferd'; der dritte sagte spottrweis', es müsse der Herr seinen Kopf einmal an das Narrenhäusel gestoßen haben, daß ihm solche Tippel ausgefahren. Solches Geschrey wächst dergestalten, daß es auch dem Kaufmann durch vertraute Leut' zu Ohren kommen, welcher alsobald dem Maler zugeeilt, nach Begehren das Geld erlegt. Aber er konnte diese Schmach und Spott in keine Vergessenheit stellen, weil ihm sein eigenes Bildnuß also beschimpft worden.

Weißt du nun Mensch, wer du bist? Wenn es dir und deinem schlüpfrigen Gedächtnuß entfallen, so beschaue das erste Blatt der heiligen Schrift, allwo dir undankbarem Geschöpf die Erschaffung der Welt, wie auch die eigentliche Beschreibung deines ersten Stammhauses wird vor Augen kommen, und dir fein weisen, dir's verweisen und dich unterweisen, wie daß dich der gütigste Gott, vermöge seiner Allmacht erschaffen habe zu seinem Ebenbild': Du bist demnach, mein Mensch, ein wahrhaftes Controfee Gottes, an dem weder Kunst noch Gunst gesparet, du bist ein edles und schönes Bild; du hast einen Willen, und der ist frei; du hast ein Gedächtnuß, und dieß ist merksam; du hast einen Verstand, und der ist erleuchtet; du hast eine Seel, und die ist unsterblich; du lebest mit den Thieren, du wächst mit den Bäumen, du verstehst mit den Engeln, du trotzest mit allen Geschöpfen: Sonn' und Mond seynd weniger als du, Gold und Silber seynd weniger als du; Himmel und Erde seynd weniger als du; du hast etwas vom Feuer, [70] du hast etwas von der Luft, du hast etwas vom Wasser, etwas von der Erde, du hast etwas von den Thieren, du hast etwas von den Engeln, du hast etwas von Gott, du bist ein Inhalt aller Geschöpfe; du bist ein Meisterstück der göttlichen Hand; du erkennst das Gute und unterscheidest das Böse; du verwirfst das Schlechte und umfängst das Gerechte; du denkst an das Vergangene und erwägst das Gegenwärtige; du betrachtest das Künftige etc., du, mit einem Wort, Mensch, bist das schönste und edelste Ebenbild und Controfee Gottes und schämest dich nit? du dich nit? diesem ansehnlichen Ebenbild eine spöttliche Narrenkappen aufzusetzen, welches da geschieht durch den Zorn? Denn solcher den Menschen verstandlos machet und von freien Stücken der Narren-Schaar zugesellet. Schau du nur, wie der Zornige aussieht! Er funkelt mit den Augen, daß er kundt damit ein Strohdach anzünden; er wackelt mit dem Kopf, als hätt' er die Fraiß im Hirn; er feimt mit dem Maul, wie ein Mästschwein; er blöcket die Zähn' wie ein Kettenhund; er kirret mit der Stimm', wie ein verdorbener Discantist; er wüthet mit den Händen, wie ein toller Marx-Bruder; es stehen ihm die Haar' wie ein Storchen-Nest auf einem Thurm; er reißt sein Maul auf, wie der Fisch gegen den Tobias; er zeigt ein Gesicht, als wäre er beim Teufel [71] ins Bad gangen; er tobt wie ein Pantherthier, und siehet mit einem Wort aus, als wie ein unsinniger Narr: heißt das nicht dem edelsten Ebenbild eine spöttliche Narrenkappen aufsetzen? heißt das nicht Gott beleidigen?

Zu den Zeiten Petri des Apostels hat ein Hund geredt, als welchem der heilige Apostel befohlen, er solle den Simon Magum zu sich rufen, welchem Befehl der Hund alsobald Gehorsam geleistet, in das Haus hinein geloffen und mit menschlicher Stimm geschrien: Simon, du sollst zum Petro kommen, er verlangt mit dir zu reden! Den heiligen Mamma hat ein brüllender Löwe angeredet mit diesen Worten: Willkommen, o frommer Diener Gottes, du bist ein Wohnplatz des heiligen Geistes! Bey der Marter des heiligen Charalampij hat ein Roß geredt und denen tyrannischen Henkersknechten einen großen Verweis geben, um weilen sie den gerechten Mann also verfolgten. Anno 1097 hat in Sachsen ein Ochs geredt, und mit menschlicher Stimm' zu einem Hirten dreimal gesagt: gehe hin, die Christen werden Jerusalem erobern! Bei der Begräbnuß Cosinä und Damiani hat ein Kameel geredt und umständig gezeigt, wohin die heiligen Leiber sollen gelegt werden. Den heiligen Julianum, da er noch ein muthwilliger Weltmensch war, hat ein Hirsch angeredt, und ihm mit menschlicher Stimm künftige Begebenheit angedeutet. Den heiligen Severinum hat ein Lämmlein angeredt, und sich beklagt, daß er es mit sich über das Wasser nimmt. Den heiligen Macarium hat ein Drach angeredt. [72] Zu den Zeiten aber des Propheten Balaam hat eine Eselinn geredet, und ist sich gleichwohl nit so fast über die Eselinn, als über den Propheten zu verwundern: Balac der Moabiter-König schickt nach dem Propheten Balaam einige Gesandten, mit dem Versprechen einer ziemlichen Summe Geld's, er wolle doch kommen und über das Volk Israel einen Fluch fällen; Geld richt nun alles in der Welt. Der Balaam sattlet die Eselinn, und reitet also auf diesem langohrigen Postklepper davon, kommt in einen engen Weg, allwo die Eselinn auf keine Weis' wollt' weiter gehen. Der Prophet wird etwas ungeduldig und schlägt sie. Ungeacht auch dieses wollte sie nit fortgehen, aus Ursachen, weil sie einen Engel sahe mit bloßem Schwert, der ihr den Paß verstellte. Er schlägt demnach das anderemal und verdoppelt die Püff'. Endlich fiel die arme Tröpfinn gar zu Boden, wodurch sie etwan dem guten Balaam die Kniescheiben an einen Kieselstein gerieben. Auf solches wurde er also zornig, daß er's zum drittenmal geschlagen, daß ihr die Haut gestaubt; worauf dieß Thier mit Gottes Beihilf' angefangen mit menschlicher Stimm' zu reden: Warum schlägst du mich zum drittenmal? Auf solches Wunder hätte der Prophet sollen gleichsam am ganzen Leib erstarren, hätt' sollen an Händen und Füßen zittern, hätt' sollen die Händ' gen Himmel heben und [73] sprechen: O Gott, o Gott, was ist dieß! das ist ein Werk des Allerhöchsten, oder des bösen Feind's Anschlag! Wenn mich sollt eine Eselinn oder eine Kuh auf der Gassen anreden, ich fiele vor Schrecken in eine Ohnmacht, oder ich erbleichte, als wenn ich wär' von Wachs bossirt, oder ich laufte weiter, als Jemand durch ein klafterlanges Perspectiv sehen kann. Eine Eselinn redet? um Gottes willen, was ist das für ein Meerwunder! Ungeacht' aber alles dieses erschrickt der Prophet nicht, sondern gibt der Eselinn noch Antwort auf ihr Warum, darum: darum schlag ich dich, weil du es verdient hast und hast deinen Spott mit mir getrieben; wollte Gott, ich hätte ein Schwert, ich wollte dich gar erwürgen. Darauf die Eselinn noch weiter mit der Klag' fortgefahren: bin ich denn nicht dein Thier, darauf du den heutigen Tag geritten? sag' an, hab' ich dir einmal deßgleichen gethan? – Niemalen sagte er etc.; führte also dieser Prophet einen ganzen Zank mit der Eselinn, die ihm auf Alles geantwortet, und hat sich dennoch er darüber nit entrüst', welches höchst zu verwundern. Es war aber die Ursach, weil er also zornig, daß er nit recht bei Verstand war; er hat vor Zorn nit gewußt, was er thut, er war halt damalen ein unsinniger Narr, und da siehet man augenscheinlich, daß der Zorn einen ins Narrenquartier logiret, und der [74] menschlichen Vernunft beraubet. – Pfuy! heißt das nit Gott beleidigen, und sein schönstes Controfee auf solche Weis' spöttlich beschimpfen? – Das Meer ist zwar allezeit bitter, und also macht es gar selten ein süßes Gesicht; doch aber, so es recht erzürnet ist, zeigt es sich fast unsinnig; denn wenn die Sonn, dieser Fürst der Gestirn', sich hinter einen schwarzen Vorhang der Wolken verhüllet, wenn Nordwind, Ostwind, Westwind und Südwind mit vollen Backen anfangen zu blasen, wenn das helle Mittaglicht mit einem traurigen Klagmantel wird überzogen, da fangen die Wellen des Meer's sich also aufzubäumen, als wollten sie gegen die Wolken ein Duell führen; da fängt dieses nasse Element an, einen solchen feurigen Zorn zu zeigen, daß man eine augenscheinliche Vigil des Tod's vor Augen siehet. Dazumalen ist nichts anders zu hören, als ein erbärmliches Getös der wüthenden Wellen, ja ist nichts anders zu sehen, als ein Modell und Abriß des jüngsten Tag's: man hört, siehet und empfindet nichts anders, als ein erschreckliches Brasseln und Rasseln, Sausen und Brausen, Schlagen und Plagen, Brummen und Summen, Reiben und Treiben, Zwingen und Dringen etc., und was mehr dießfalls in Acht zu nehmen ist, dass wenn das Meer zornig ist, [75] so wirft es allen Unflath von sich an das Gestad hinaus, allerlei stinkendes Aas und Unsauberkeit, daß es einem den Magen auf Speyer einladet: Foetida vomit.

Ein Zorniger ist dem Meer dießfalls nicht unähnlich; denn so man ihn auf die geringste Weise beleidiget, zum Exempel: die Köchinn verbrennt den Brei, der Diener zertrümmert das Glas, die Kinder singen einen üblen Trippel, die Frau redet ihm ein, er wolle doch den Leuten nit also leichtgläubig trauen und all' das Seinige auf die verlorne Wacht legen, etc. da fängt er nit anderst an als wie das Meer zu wüthen, wüthen und toben, toben und schreien, schreien und kollern, kollern und rasen, als hätten ihm die Ohrenhöhler in das Hirn eingebrochen, als hätt' er ein Tiegerthier zu einer Säugamme gehabt, als hätt' er in einem Faß den Berg herab einen öftern Kehrum gebracht, ganz un innig, und was das Gottloseste ist, so wirft er, nit ungleich dem Meer', allerlei Unflath her aus, allerlei Schmachwörter, allerlei Scheltwörter, allerlei Lästerwörter, allerlei Fluchwörter, allerlei Stichwörter, allerlei Schimpfwörter, allerlei Spottwörter, ja er haspelt ganze Legionen Teufel aus dem Maul, als hätte ihm's eine höllische Furie hineingesponnen, foetida vomit; und heißt das nicht Gott treffen, und Gott beleidigen?

[76] Jener Edelmann aus Schlesien hat es erfahren, wie der Zorn unsinnige Narren macht, da er einsmals aus Zorn, weil ihm kein Gast zum Banquet erschienen, die Teufel in der Höll' zu Gast geladen, welche dann, unverzüglich erschienen, das Haus also eingenommen, daß es noch heutiges Tages wegen solcher Gespenster unbewohnlich, und hat sich mit harter Mühe der Edelmann sammt den Seinigen reterirt.

Jener Herodes hat es erfahren, daß der Zorn unsinnige Narren ausbrütet, indem er einen starken Zorn gefaßt über die drei Könige, nachmals solchen ausgelassen an den unschuldigen Kindern, worunter auch sein eigenes Söhnlein; dahero derjenige nit unweislich geredt, der da lieber wollte seyn des Herodes Sau als Sohn.

Jener Matthias Corvinus König in Ungarn hat es erfahren, daß der Zorn unsinnige Narren machet, indem er wegen Abgang der Feigen sich also erzürnet, daß er das Teller mit Zähnen zerbissen, und darüber vom Gewalt Gottes getroffen worden.

Jener Spieler zu Bononien hat es erfahren, daß der Zorn unsinnige Narren schnitzlet: Als solcher ein stetes Unglück im Spielen gespürt, hat er sich also erzürnt, daß er im Grimm einen Stein ergriffen, denselben gotteslästerlich an ein Bildniß der Mutter Gottes geworfen, von welchem Wurf das heftige Blut heraus geflossen.

[77] Jener Xerxes hat es erfahren, daß der Zorn unsinnige Narren züglet, indem er sich über das Meer also erzürnt, um weil er keine Brücke konnte schlagen, daß er von freien Stücken das Meer mit Ruthenstreichen züchtigen und etliche Fuß-Eisen in selbiges werfen und ihm dreihundert Maultaschen versetzen lassen. O Narr!

Jener Cajus Caligula hat es erfahren, daß der Zorn unsinnige Narren machet, indem dieser Kaiser Vorhabens war, auf einen bestimmten Tag dem gesammten Volk mit absonderlichem Pomp ein Schauspiel zu halten: daß aber denselbigen Tag lauter Regen und Ungewitter war, ist er also erzürnt worden, daß er ganz grisgrämig gen Himmel geschaut, und mit frecher Stimm' den Gott Jupiter zu einem Duell heraus gefordert: du Gott, sagte er, bist du ein redlicher Kerl, so wehre dich meiner; ja wurde also unsinnig, daß er allen seinen Soldaten anbefohlen, sie sollen unverzüglich die Pfeil' gegen den mißgünstigen Himmel abschießen, welches dann auch geschehen; und haben alle diejenigen, deren eine ziemliche Anzahl, welchen die herabfallenden Pfeil' blutige Köpf' gemacht, erkennet, daß ihr Kaiser geschossen sey.

Jener Cavalier bei Rudolpho dem Anderen hat es erfahren, daß des Zorns Unterthanen unsinnige Narren seyn: Als solcher Amts halber dem Kaiser Morgens früh das Wasser brachte zum Waschen, ihm aber der Deckel von dem krystallenen Glas ungefähr entfallen, hat er sich dergestalten erzürnt, daß er auch das Glas[78] mit Furie zur Erden geworfen, sprechend: hat der Teufel den Sattel, so nehm' er auch das Roß! welches krystallene Geschirr auf 400 Reichsthaler geschätzt worden.

Jener hat es erfahren, daß der Zorn unsinnige Narren gebähret, als er in seinen Garten auf einen Baum gestiegen, willens etliche Früchte herabzuschütlen; da er aber fast nichts darauf gefunden, hat er sich also erzürnet, daß er überlaut geschrieen: du verfluchter Baum, willst keine Aepfel tragen, so trag' Shelm und Dieb! Er war dazumalen selber darauf.

Jener hat es erfahren, daß der Zorn unsinnige Narren bringet, als er wegen eines einzigen Schimpfworts, so seiner Ehr' schädlich schien, sich dermassen erzürnet, daß er mit dem Kopf gewaltthätig an eine Thür gerennet, und weil dieselbige ohnedas alt und wurmstichig, also mit dem harten Schädel sie leicht durchbrochen. Indem er aber wegen der schädlichen Schiefer den Kopf nit mehr konnte zurück ziehen, und bis zur Ankunft des Barbierers in diesem Narrenarrest verweilen mußte, hat er endlich selbst, ob zwar voll der Schmerzen, sich des Lachens nit enthalten können, in Erachtung, daß ihm sein närrischer Zorn einen solchen hölzernen Kragen angelegt, der da besser gestärkt war, als die Kres zu Nürnberg.

[79] Jener Handelsmann zu Wien hat's erfahren, daß der Zorn unsinnige Narren feil hat, als er wegen eines einigen Fehlers, den er in der Speise vermerkt, sich also erzürnt, daß er alle Schüsseln und Teller hinter die Thür geworfen. Da solches der Gewölbbub ersehen, sagt er: Herr, hätt' ich das gewußt, so hätt ich hinter der Thür aufgedeckt.

Jener Vater hats erfahren zu Freiburg in Meißen, daß der Zorn unsinnige Narren-Schellen aufsetzet, da er sich über seinen halsstarrigen Sohn also erzürnt, welcher zu ihm zu gehen sich weigerte, daß er gewunschen hat: du vermaledeytes Kind, ich wollt', du müßtest dein Leben lang dort stehen! worauf alsbald durch göttliche Zulassung geschehen, daß der Sohn nit mehr konnte vom Ort gehen, sondern sein Leben lang mußte dort verbleiben; wie man denn noch die vertiften Fußstapfen in dem hölzernen Boden alldorten zeiget.

So bleibt dann klar und wahr, daß der Zorn dem Menschen das edelste Kleinod entzieht, welches ist der Verstand, und heftet also spöttlich an das göttliche Ebenbild die Narren-Kappen, welches ohne allen Zweifel den mildesten Gott höchst beleidiget.

Was das Feuer, dieses freßgierige Element, für Schaden der Welt habe zugefügt, wird es nicht leicht eine Feder sattsam entwerfen: die Brunst unter dem unmenschlichen Kaiser Nero zu Rom, hat sieben ganzer Tag gewähret; Anno 1476 ist Frankenburg durch das Feuer also zugericht' worden, daß kaum ein Ort übergeblieben, wo eine Schwalbe konnte nisten; Anno 1086 seynd zu Delpht tausend zweihundert der schönsten [80] Häuser in Asche gelegt worden; Anno 1407 ist Stockholm in Schweden ganz verbrannt, worin auch über die anderhalb tausend Personen geblieben; durch das angesteckte Feuer Kaisers Friederich Barbarossa ist die schönste Stadt Mailand völlig verbrennt worden; jene stattliche Brucken, welche Kaiser Karolus Magnus unweit Mainz über den Rhein in zehn Jahren mit unglaublichen Unkosten kaum verfertiget, ist innerhalb drei Stunden in Aschen gelegen; Paßau, Krackau, Glockau, Moskau, Breslau etc. haben noch in der Gedächtnuß, was Schaden sie vom Feuer empfangen. Aber so man es recht erwäget, wird man handgreiflich finden, daß durch das Feuer des Zorns weit größeres Uebel sey verursachet worden, zumalen der Zorn nichts anderes ist, als eine Entzündung des Geblüts bei dem Herzen; dahero kommt das Sprichwort, so jemand ganz erzürnet: es sey schon Feuer im Dach. Dieses Feuer hat von Anbeginn der Welt bis auf diese gegenwärtige eiserne Zeiten so großen Schaden verursachet, daß es auch ganze Flüß' der Zähren nit genugsam können beweinen. Zur Zeit des halsstarrigen Pharaonis seynd durch die wunderthätige Ruthen des Aarons alle Flüß', alle Bäch', alle Teich', alle Cistern', alle Brunnen in lauter Blut verkehrt worden. Wenn man das Blut sollte sehen, welches Anno Christi 66 der Zorn des Kaisers Nero vergossen; Anno 93 der Zorn des Kaisers Domitian vergossen; [81] Anno 100 der Zorn des Kaisers Adrian vergossen; Anno 164 der Zorn des Kaisers Marci Aureli vergossen; Anno 204 der Zorn des Kaisers Severi; Anno 237 der Zorn des Kaisers Maximini; Anno 254 der Zorn des Kaisers Decii; Anno 361 der Zorn des Kaisers Gallieni; Anno 368 der Zorn des Kaisers Juliani vergossen etc.; wenn man das Blut soll sehen, welches der Zorn der Wenden, der Arianer, der Sarazenen und anderer unzählbarer Feind' der Kirchen vergossen haben, zumalen die ersten dreihundert Jahre nach Christo fünf Millionen der Martyrer gezählt worden und bis auf unsere Zeiten in die eilf Millionen die Anzahl solcher Blutzeugen gestiegen; wenn man das Blut soll sehen, welches die unzählbaren Krieg' in der Welt vergossen; wenn man endlich das Blut soll sehen, welches der Zorn durch Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Freund und Feind's Händen vergossen, durch so vielfältige grausame Mordthaten; so würde der ganze Erdboden gar leicht mit demselben, wie zur Zeiten Noe mit der Sündfluth überschwemmt seyn. O du verdammter Zorn! du bist ein Mörder der Gemüther, du bist ein Zertrenner des Friedens, du bist ein Gift des Lebens, du bist ein Kuppler des Todes, du bist ein Tieger des menschlichen Blut's, du bist eine Brut der Hölle, du bist ein Räuber des Verstandes, du bist ein Zunder des Zwiespalts, du bist eine Schul' der Narrheit, du bist ein Weg des Verderbens, du bist eine Pforte alles Unheils!

Die Hebräer feynd gleichwohl mit ihrer viehischen Grausamkeit nicht so weit gerathen, daß sie das Unterkleid Christi hätten zertrennt oder zertheilt, sondern [82] haben dasselbige ganz gelassen, wie es denn noch heutiges Tages zu Trier mir höchster Andacht verehrt wird; aber du tyrannischer Zorn zertrennest täglich, ja stündlich, das Kleid Christi, welches da ist die Einigkeit unter den Christen. Mir stehen die Haar' gen Berg und gestocken gleichsam alle Blutstropfen im Leib, wenn ich gedenk an denjenigen Tieger, (denn den Namen eines Menschen er nicht verdienet) welcher ungefähr seinen Feind angetroffen, denselben grimmig zu Boden geworfen, den scharfen Dolch an das Herz gesetzt, mit diesem drohenden Zusatz: der Tod ist dir gewiß! sofern du aber Gott und die heiligste Dreifaltigkeit verläugnest, so soll dir das Leben geschenkt seyn! Der elende Tropf, aus Furcht des vor Augen schwebenden Tod's, mit der größten Hoffnung, er wolle es nachmal durch eine heilsame Beicht wieder auslöschen, verläugnet Gott sammt allen Heiligen; worauf ihm dann der andere geschwind mit dem Dolch das Herz durchbohrt, bei sich selbsten frohlockend, daß er ihm nit allein das zeitliche, sondern auch das ewige Leben benommen. O Gott!

Dem David ist es nit wohl angestanden, wie er den Harnisch des Sauls angelegt, da er sollt' wider den ungeheuren großgrindigen Goliath streiten, sondern er beklagte, wie daß er sich so gar in den Harnisch [83] nicht kann schicken, auch stehe ihm solcher nie wohl an. Also auch du, mein Christ, der du durch das Blut des sanftmüthigsten Lamm Gottes gewaschen, gedenke vor Allem, daß es dir gar nit wohl anstehe, so du wegen einer geringen Sache so geschwind in Harnisch kommst und dich erzürnest, welcher Zorn Gott den Herrn beleidiget, deinen Nächsten und dich selbsten, weil du hierdurch selbsten dir die Sentenz der ewigen Verdammnuß fällest, und du, ungezähmter Tieger, solchergestalten nit verlangest, am jüngsten Tag vor den ewigen Richter gestellt zu werden unter die Schaaf seiner Ausenwählten.

Obgedachter König in Israel hat auf eine Zeit ganz inbrünstig zu Gott geseufzet in seinem 30. Ps. 10. V.: Conturbatus est in ira oculus meus, anima mea et venter meus: Erbarme dich meiner, o Herr, denn ich werde geängstiget, mein Aug' ist durch den Zorn betrübt, dazu mein Seel und mein Bauch! Dieß ist das Erste, so ich hör', der David hatte das Bauchwehe, und lamentirte deßhalb nicht wenig, setzte auch die Ursach' daß ein solches Uebel vom Zorn hergerühet. Da siehet man den saubern Nutzen des Zorns, der nicht allein der Seele höchst schädlich, sondern auch beschwerliche Leibes-Preß verursacht. Senertus schreibt, daß, [84] wenn ein Zorniger esse und trink', so sey dieß ihm höchst schädlich, denn damalen die Speis' in dem Magen corrumpirt wird, und nachmals lauter Gift dem Leib verursachet. Was für ein Elend ist es, wann einer wie ein ausgezogener Frosch im Bett liegt, wenn er krumme Finger machet, wie ein Schuster-Kneip wenn ihm die Backen schlampen wie die Schrotbeutel, wenn er die Arm ganz saftlos, kraftlos, haftlos hangen läßt, wenn er wie Duck-Enten mit dem Kopf wacklet, wenn er sich zusammenkrümmt wie ein Taschenmesser, wenns ihm im Bauch schneidet, als hätte er junge Feder-Fechter darin, wenn er den ganzen Tag pfeift wie ein Erd-Zeisel, wenn er ganze Nächt' jugetzt wie ein junger Wolf, wenn er sich mit Lumpen und Fetzen einfätschet wie die Zigeuner-Kinder, wenn ihm die Gall in alle Glieder marschiret, ja endlich die blühende Jahr' der unverhoffte Tod abschneidet: wer ist daran schuldig, als allein der unbändige Zorn?

Absonderlich ist der Zorn ein Gift des Ehestandes. Was Trübsal denn empfindet nicht ein Weib, die solchen zornigen Mann leiden muß, welcher wegen [85] des geringsten Würmleins mit dem Jona erzürnet? In einem solchen Haus heißt es nachmals: willkommen Elend! adio Einigkeit! herein Unfried! key dich fort Lieb!

In Unterösterreich ist ein Marktflecken mit NamenGrein, allwo der gefährlichste Ort für die Schiffleut: so jemand auf dem Wasser nach Oesterreich zu reisen Vorhabens ist, jaget ihm kein Ort mehr Furcht ein als Grein. Das Weibergeschlecht trägt förderist davor einen Abschen, und so man nun dessen wenigste Meldung thut, zittern sie wie eine schweinene Sulz. Bin selbst einmal durch diesen gefährlichen Ort gefahren, und war auch auf dem Schiff ein reicher Rabbiner oder Jud, welcher – kann es mit Gewissen betheuern – sich ob dem Ort also entsetzt, daß er gleich andern Christen das Kreuz-Zeichen gemacht. Ich lachte, diese saubere Monstranzen ohne Heiligthum aus, und versicherte ihn beinebens, wie daß er nit werde ersaufen, aus Ursach, was an Galgen gehört, findet in der Donau kein Grab. Gedachter Ort ist gefährlich wegen des Strudels, wie auch nit weniger wegen des Wirbels oder Kessels, so ganze Schiffe zu schlucken mächtig ist. Es hatte vor diesem den Namen Poenostonos. Allda mitten in drohenden Wasserwellen stehet empor ein hoher Fels, anjetzo mit einem Cruzifix gezeichnet, an welchem Ort der Teufel in sichtbarer Gestalt eines Mohren dem vorbeifahrenden Kaiser [86] Heinrich dem Dritten und Brunoni dem würzburgischen Bischof erschienen, auch nach vielen Drohwörtern wieder verschwunden etc.; mit einem Wort bei Grein ist ein übler Ort. Aber versichere euch Eheleut': Greinen, Greinen und ein zänkisch Leben führen haltet nit weniger Uebel in sich; denn wo das vielfältige Greinen ist, dort erkaltet die Lieb', dort wacklet die Treu, dort verschwind't die Einigkeit, dort versauert das Gemüth, dort schimmlet die Redlichkeit, dort mauset die Wirthschaft, dort gaumezt die Kuchel, dort zerlechzet der Keller, dort trauert die Stuben, dort pfnottet die Kammer, dort verwelken die Mittel, dort schlüpfern die Kinder, dort rutschen die Menscher, dort fallen die Diener, dort leidet das Gewissen, dort verdorret die Gesundheit, dort zertrümmert die Gottesfurcht, dort ist der Teufel gar bei Grein.

Wie Christus der Herr seine Apostel ausgesandt, hat er ihnen ernsthaft verboten neben andern, sie sollen keine Stecken noch Stäb' mit sich nehmen. Ich frage aber: wie werden sie über die Gräben springen, Herr? wie werden sie sich vor den bösen Kettenhunden defendiren, Herr? und wann der Weg bergauf ist,[87] so muß ja der Stecken einen hölzernen Vorspann abgeben, Herr? Ungeacht' alles dieses, verbietet der gebenedeyte Herr den Aposteln die Stecken, um weilen dieselben seynd ein Sinnbild und Zeichen des Schlagens und Stoßens: hat dahero dieser göttliche Meister sogar den Aposteln die nothwendigen Stecken verboten. Wie viel mehr seynd euch verboten, zornigen Männern, die unnöthigen Prügel, mit denen ihr wider alles Gewissen euere von Gott gegebene Ehegatten also schmählich tractiret! Hört ihr, und schreibt es auf euere Thüren, zeichnet es auf euere Tafel, registriret es in euere Handbüchlein, was harten Spruch nit ich, nit ein Cicero, nit ein Xenophon, nit ein Cato, nit ein anderer heidnischer Philosoph, sondern ein großer heiliger Lehrer, Johannes Chrysostomus sagt: daß ein solcher Mann kein Mann eigentlich zu nennen, sondern eine grausame Bestie, ja für einen Todtschläger und Mörder zu halten.

Ihr Männer habt endlich den Titul von Gott erhalten, daß ihr das Haupt genennet werdet: »Vir caput est mulieris;« demnach, so haltet euch, wie es einem Haupt gebührt! müßt wissen, daß das Haupt eines jedweden Menschen über das Hirn zwei Häutlein hat, deren eines genennt wird von den Medicis die harte Mutter, das andere die sanfte Mutter; das Häutlein Namens sanfte Mutter ist weiter von dem Hirn als das andere, und so man das Häutlein sanfte [88] Mutter verletzet, muß der Mensch unfehlbar sterben: zeigt deßwegen die Natur selbsten, daß die harte Mutter soll weit von dem Menschen seyn, die Sanftmuth aber nahe, denn Sanftmuth macht alles gut. Wie unser Herr und, Heiland bei der Ungestümme des Meers in dem Schiffe geschlafen, sagen etliche Lehrer, daß er nit habe recht geschlafen, sondern nur die Augen zugeschlossen, damit er nit sehe die Kleinmütigkeit seiner Aposteln: Deßgleichen auch ihr Männer, wenn ihr schon einige Mängel und Fehler spüret in euren Weibern, müßt ihr auch zuweilen ein Aug' zuthun und nit gleich mit Schärfe verfahren! Die Weiber seynd sonst genaturt, wie das Kraut mit Namen Basilicum: wenn man dieses gemach und sanft streichet, so gibt es einen überaus lieblichen Geruch von sich, da man es aber stark reibet, stinkt es gar wild. – Es scheint nichts ungereimter, als wenn die Männer seynd wie der Esau, der gar rauh und grob war. Ihr Männer könnet euch wohl spiegeln an jenem, was sich bei dem heiligen Grab gleich nach der Urständ Christi hat zugetragen, allwo der gebenedeyte Jesus der Magdalena und den zweien andern Frauenzimmern einen, Befehl geben, sie sollen eilfertig sich zu den Aposteln begeben und ihnen andeuten, daß er sey siegreich, freudenreich und glorreich von den Todten auferstanden; forderist aber und vor allen, sollen sie diese trostreiche Avisa und Zeitung dem Peter bringen: dicite discipulus et Petro. Warum daß der Herr hat wollen, [89] daß diese drei fromme Weiber absonderlich dem Petro diese freudenvolle Zeitung sollen ankünden? Darum, es wußte Christus der Herr, daß Petrus nunmehr ein Erzfeind der Weiber, und ihm vorgenommen, die Zeit seines Lebens mit keinem Raabensweib mehr zu reden, aus Ursache weil er durch dergleichen Geflügelwerk zu Hof in Meineidigkeit und größte Ungelegenheit gerathen. Damit demnach der Zwiespalt zwischen dem Petro und den Weibern möchte geendet werden, und vorige Einigkeit möge verharren, hat Christus wollen, daß diese Weiber dem Petro solche freudenvolle Zeitung brachten, auf daß durch solche, gute Manier wieder ein Vergleich geschehe. Hat nun der gebenedeyte Herr auf allerlei Weis' gesucht die Einigkeit zu pflanzen, den Zwiespalt zu dämpfen, die Lieb' einzuführen, den Unfrieden zu stillen unter solchen Personen, die einander nichts verwandt: wie viel mehr ist sein göttlicher Will', daß die Eheleut in unzertrennter Einigkeit forderst sollen leben und lieben? Wenn demnach schon Patientia gen. feminini, so ist sie doch euch Männern nit übel anständig! Gesetzt, es wiederfährt euch dasselbe, was den Propheten-Kindern zu Elisäi Zeiten geschehen, welche vermeint gute und gesunde Kräuter zu klauben, und haben unterdessen bittere Colloquinten ertappet, worüber sie nachmals krumme Mäuler gemacht: Mors in olla! [90] und laut aufgeschrieen: der Tod ist im Topf! Gesetzt, ihr habet anstatt des Bisam-Krautes eine Brennnessel ertappt, da ihr gleichmäßig schreien könnt: Mors in olla, der Tod ist in Topf, der Henker halts beim Kopf, der Wurm ist im Kopf! – Geduld! – gesetzt, es begegnet euch wie jenem Scribenten, der mit sonderm, Fleiß einen vornehmen Wappenbrief abgeschieben, endlich aber anstatt der Sträh-Büchsen das Dintenfaß erwischt und also eine grobe Sau aufgehebt; gesetzt ihr habt nit mit geringer Aufmerksamkeit euch gesucht ein frommes Regerl, aber anstatt der Regerl einen Riegel gefunden, der euch die guten Tag' sperret, – Geduld! –

Es hat David ebenmäßig einen solchen stolzen und bösen Hausrummel gehabt, die ihn auch gar einmal unter die Raupen- und Lotter-Buben-Bursch gezählt; dennoch liest man nit, daß er solchen Schmachwörtern mit Unmanier wäre begegnet; denn es folgt nit, weil die Männer von Natur eine gröbere Stimm' ererbt als die Weiber, daß sie gleichförmig sollen seyn in Gebehrden. – Zu verwundern ist über jenen, von dem Stengelius registriret, desssen Weib, eine verborgene Schmach zu rächen, diese Arglist erdacht: Sie klagte, als sie großen Leibs war, daß sie eine, ob zwar ungereimte Lust hätte, und dafern sie selbige nit könnte büßen, würde unfehlbar die Leibesfrucht in Gefahr stehen, entdeckte endlich auf sein vieles Bitten, [91] wie daß sie einen Korb voll Eier habe, und die Lust treibe sie, alle dieselbigen ihm in das Gesicht zu werfen. Der arme Narr, damit er möchte größeres Uebel verhüten, setzt sich geduldig nieder, läßt sich von diesem schalkhaften Weib dergestalten archibusiren, wodurch das Angesicht wie ein lauteres Eier-Schmalz ausgesehen, ausgenommen, daß dem Gimpel das Salz gemanglet. Es wird endlich solche schier übermäßige Geduld nit erfordert bei euch Männern, jedoch ein bescheides und bescheidnes Uebersehen stehet oft nicht übel an, und da man doch die zuweilen überlästigen Fehler des Weib's abstrafen will, so muß man sich erinnern, daß die Stadt Jericho nicht mit Schießen und Stoßen ist erobert worden, sondern mit lieblichem Posaunenklang. Euch aber meine Weiber ist sehr nothwendig die Geduld, in dero absonderlich berühmt war die Mutter des heiligen Vaters Augustini, welche ihren barten ungeschliffenen und ungestümmen Mann Patritium mit ihrer artigen Sanftmuth also gestillt, daß er gleichsam aus einem Wolf ein Lämmlein worden und also mit Christo fast das Wasser in Wein verwandlet. – Es hat jenes bescheide Weib, mit Namen Abigail, wie die heilige Schrift bezeugt, einen Mann den Nabal, welcher ein grober Huyschuß von Haus aus war; läßt den dicken Rausch ausdämpfen durch den Schlaf, alsdann erst zu Morgens früh mit manierlicher Bescheidenheit ihm die Mängel vor Augen [92] gestellt. Hätte sie dem vollen Mist-Stampf in seiner Trunkenheit etwas zugeredt, hätt' er ihr unfehlbar das Gesicht mit der Faust aufgebüglet: ist dahero sehr nothwendig die Geduld. Es wird auch so weit dem Weib erlaubt, daß sie mit gutem Fug kann einSimon im Haus seyn, verstehe sie mahn, nit sie Mann, sondern sie mahn ihn, den Mann, zuweilen wegen seiner Unform, die er in seinen Gebehrden hat; doch aber in Allem muß die Freundlichkeit und Manier das Uebergewicht halten, sonst von vielem Katzengeschrei folget ein Donnerwetter, sprechen die Naturkundigen.

Der König Saul war gar oft von dem bösen Geist besessen, wessentwegen er getobt, und gewüthet und geschrien, und gesprungen, und gestampft, und geheult, und brüllt, und kratzt, und geworfen, und geschlagen, und gestoßen, als wenn er unsinnig wäre; und konnte ihn kein einiger Mensch besänftigen, ausgenommen der David mit seiner wohlgestimmten Harfe und Citter. Unläugbar ist es, daß manches Weib einen Mann hat, der gleichsam gar oft die Stimm' von einem Löwen, die Zung' von einer Schlang', die Augen von einem Tieger, die Händ' von einem Bären [93] hat. So ist aber einer solchen Tröpfinn nichts rathsameres, als wenn sie mit dem David gute Saiten aufziehet. Ein Bär hat diese Natur: wenn man mit ihm schreiet und ihm drohet, so wird er wild, so man aber ihm pfeift und schön thut, so wird er ganz zahm. Wie der Bär, also der Bernhard. Habt's gehört ihr Weiber! es ist ein Fisch im Meer' mit NamenPolypus, der heft' sich also stark an Felsen und Schroffen, daß, ehe er sich läßt mit Gewalt hinweg ziehen, eher läßt er sich in viele Stücke zerreißen; wenn man aber nur etliche Tropfen Oel auf ihn gießt, alsdann weicht er freimüthig. Wie dieser Polypus also der Hyppolitus. Habt's gehört Weiber! das Meerwasser ist befreundt allen Salzburgern; da man es aber in ein Geschirr weißes Wachs schüttet, wird es ganz süß: sicut mare ita maritus; versteht ihr auch lateinisch Weiber? – Der Weinstock bringt viel mehr Frucht, wenn man ihm die unnöthigen Zweiglein und Gesträußel mit den Händen abropft und abzopft, [94] als wenn man's mit dem scharfen Messer abschneidet. Wie der Weinstock also der Weintrinker. Habt's gehört Weiber? der Barbierer, so er will eine Ader öffnen, fährt nit gleich mit der Lanzett darein, sondern es streicht, schmeichlet und liebkoset vorhero die Ader: also auch ihr Weiber, mit guter glimpflicher Manier werdet ihr viel mehr ausrichten. Ihr habt Zweifels ohne öfter gesehen, daß der bösen Buben ihre Prügel, so sie in die Birnbäume werfen, oft daroben bleiben; kommt nun einer her nach, der den Baum schüttlet, wenn er denselben sanft schüttlet, so fallen Birn herunter, schüttlet er aber mit Ungestümm, so fällt ihm der Prügel auf den Kopf. Weiß also nichts Nothwendigeres den Weibern zu rathen, als die Sanftmuth und Geduld. – Jene Frau, welche von ihrem Mann also hart und tyrannisch gehalten worden, daß er sie gar in ein Gewölb auch eingesperrt und allgemach vor Hunger sterben lassen, hatte gezeigt eine lobwürdige Geduld, zumalen nach ihrem Tod die Ziegelstein, auf denen sie ihre Füß' gehalten', in das klarste Krystall seynd verkehrt gefunden worden. Geduld demnach in Allem! auch Geduld ihr Weiber, so ihr viel Schmach und Uebels an euren Kindern erlebet! Es geschieht nichts ohne den göttlichen Willen! müßt aber wissen, daß ein friedsamer und gesegneter Ehestand selten mit bösen Kindern gestraft wird.

Dahero ich der unfehlbaren Meinung bin, es sey zwischen Ciboria und Ruben ein sündhafter, ein untreuer, ein zänkischer und ungesegneter Ehestand gewesen, zumalen sie einen solchen Erzschalken, den Judam, in die Welt gebracht.

Judas wird in der Insel Iscarioth auferzogen
[95] Judas wird in der Insel Iscarioth, von der er den Namen geschöpft, bei Hof als ein königlicher Prinz auferzogen, so aber bald das gottlose Gemüth durch seinen Neid an Tag geben.

Es lässet sich doch noch reden das gemeine Sprichwort: wie größer der Schelm, je besser das Glück, zumalen dieser Judas von den Meerwellen verschont worden und so unverhofft zu dieser Würde gelanget, daß er als ein königlicher Prinz ist auferzogen worden. Den hat man in eine vergulte Wiegen gelegt, da ihm doch der Sautrog hätte sollen die Herberg geben; den hat man in die zarteste Windelein eingefätscht, da doch dem Unflath die Zigeunerfetzen zu gut waren; den hat man mit Biskuiten-Kuch gespeiset, da doch eine solche Goschen die saure Ruben nit verdient; den hat man auf königlichen Armen liebkoset, da ihn doch der Henker hätt' sollen einwiegen; den hat manche adeliche Dame mit ihrer halb Engel-Stimm' das Aja pupeia zugesungen, da doch dem kleinen Galgenvogel das Rabengeschrei gebühret hätte: vor dem hat man die tiefste Reverenz geschnitten und schier halben[96] Theil mit gebogenen Knien angebetet, dem man eher hätte sollen den Daum zwischen den zwei Fingern weisen.

Es wurde mittler Zeit wider alles Verhoffen die Königinn desselbigen Orts in der Wahrheit großen Leib's, und hat nachmalen einen inniglichen schönen Prinzen auf die Welt gebracht, worauf dann, wie billig und natürlich, alle ihre Liebs-Neigungen zu diesem holdseligen Kind gezielet und mittler Weil' die Affecten gegen den Judam, als einen unehrlichen Sohn, sie ganz verloren, dergestalten, daß die Königin sammt dem Hofstaat ihren Prinzen über alles geliebt, den Judam aber halb und halb verehret, welches dann schon ein Zunder war, so einen unauslöschlichen Neid hat angezünd't.

Es konnte demnach Judas den Prinzen mit keinem guten Aug' anschauen, sondern kifflete stets die Nägel seiner Finger, machte dermaßen sauere Gesichter, als wäre Holzäpfel-Most sein Ordinari-Trunk: er wurde ganz bleich vor Neid, welcher ihm wie eine Schlange das Herz zernagte und plagte und schlagte und zwackte; die Schwefelfarb ist ihm haufenweis' auf die Wangen gefallen. Der Neid sparte endlich sein gottloses Gemüth dahin, daß er mit eigenen Händen den königlichen Prinzen ermordet; und war dieß schon ein Vortrab, daß er mit der Zeit Gottes Sohn werde zum Tod' helfen. O Neid, o Neid!

[97] Einen wunderlichen Traum hat jener ehrliche Mann gehabt, welcher vor dem Schlaf' Gewohnheit halber pflegte mit absonderlicher Aufmerksamkeit zu lesen in einem Buch, und als ihm dazumalen ungefähr die Materie vor Augen kommen vom jetzigen verruckten Weltlauf und nach langer Ablesung endlich sanft eingeschlafen, träumte ihm folgender Gestalt:

Ich nahm meinen Weg durch eine vornehme Stadt, wollte meine vorwitzigen Augen auf die Weid' führen und einige schöne, wie auch seltsame Sachen sehen, damit ich nachmals in begehender Gelegenheit an gehörigen Orten auch weisen könne, daß ich nit wie eine Brut-Henn' stets zu Haus gehockt, sondern mir auch getraut fremdes Brod zu essen. – Mein erster Gang war nach Hof, allda die Beschaffenheit des Pallasts, die Tracht des Adels, den Pomp des Fürsten zu sehen. Da ich mich denn nächst der Hof-Pforte befunden, sind mir zwei große Thier' begegnet, dergleichen ich mein Lebentag nicht bin ansichtig worden; eines war also speckfeist, daß es mit seiner Woll-Wampen fast den Erdboden kehrte, das andere war dergestalten dürr, daß es ohne weitere Mühe dem Bein-Drechsler unter seine Arbeit taugte, und weil ich vermerkt, daß solche Thiere, wie des Balams Eselinn reden konnten, war ich so kühn, oder vielmehr frech, unterstund mich zu fragen, wie es zu Hof hergehe? Weil dann das Feiste wegen überhäufiger Schmeer-Last und Schnaufen nit konnte reden, also [98] gab' mir das dürre – ob zwar selbigen Orts die deutsche Sprach nicht gebräuchlich – folgende Antwort:

Ach, ach, ach was wirst du für Wunder-Ding zu Hof sehen!

Du wirst zu Hof sehen lauter Fechter, aber nur solche, die da über die Schnur hauen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Soldaten, aber nur solche, die Parteien, oder ich hab' gefehlt, Partitereien wissen zu führen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Meßner, aber nur solche, die mit der Sau-Glocken läuten.

Du wirst zu Hof sehen lauter Fischer, aber nur solche die mit faulen Fischen umgehen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Schneider, aber nur solche, die einem suchen die Ehr abzuschneiden und einen Schandflecken anzuhängen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Kaufleut', aber die nur mit Bärenhäuter-Zeug handeln.

Du wirst zu Hof sehen lauter Drechsler, aber nur solche, die einem suchen eine Nase zu drehen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Huter, aber nur solche, die unter dem Hütl wissen meisterlich zu spielen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Maler, aber nur solche, die einem was Blaues vor die Augen malen.

[99] Du wirst zu Hof sehen lauter Fuhrleut', aber nur solche, die einen hinter das Licht führen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Bildhauer, aber nur solche, die einem das Maul machen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Musikanten, aber nur solche, die das Placebo fingen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Geiger, aber nur solche, die einen zu stimmen suchen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Köch', aber nur solche, die einem die Suppen versalzen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Schlosser, aber nur solche, die einem wollen einen Riegel schießen.

Du wirst zu Hof sehen lauter Tischler, aber nur solche, die einem pflegen zu verleumden.

Du wirst zu Hof sehen, daß alldort die Redlichkeit, wie der Palm-Esel, das Jahr nur einmal aus Licht kommt.

Du wirst zu Hof sehen, daß man allda mit den Wohl-Meritirten umgehet, wie mit dem Nußbaum:[100] zum Lohn, daß dieser Nuß trägt, wirft man mit Prügel darein.

Du wirst zu Hof sehen, daß alldort so viel Treu' zu finden, wie viel Speck in den Juden-Küchen.

Du wirst zu Hof sehen, daß man dort mit den Bedienten umgehet, wie mit den Limonien: wenn kein Saft mehr darin, so wirft man sie hinter die Thür.

Du wirst zu Hof sehen, daß alldorten die guten Freund' seynd, wie die Stein auf dem Brett-Spiel, welche nur den Namen Stein tragen, und seynd beinebens von Holz.

Du wirst zu Hof sehen, daß man allda die Nackende bekleidet, aber nur die Wahrheit, denn dieselbe bloß nit darf erscheinen.

Du wirst zu Hof sehen, daß man die Hungringen speiset, aber nur mit Worten.

Du wirst zu Hof sehen, daß es mitten im Sommer Eis gefroren, denn allda das Schlüpfern und Fallen gar zu gemein.

Du wirst zu Hof sehen, daß allda wenig Metall, aber viel Erz: viel Erz-Dieb, Erz-Schelmen, Erz-Betrüger, etc.

Du wirst zu Hof sehen, daß allda schlechte Suppen, aber viel Löfflerei.

Du wirst zu Hof sehen wenig Andacht, aber viel Verdacht.

[101] Mit dergleichen langem Klag-Register thäte sich das dürre Thier abmatten, daß es mit der Sprache nit mehr fort konnte, und hab ich mich absonderlich sehr verwundert über die Wohlredenheit dieses Thiers, daß es mit so annehmlichen Farben die Beschaffenheit desselbigen Hofs entworfen. Weil ich aber auch einmal auf dem Hof-Pflaster eine Blatter gangen, und mir alle Ding ohne das wohl bekannt, also habe ich fernere Rede davon abgeschnitten, und Wunder halber hab' ich das Thier gefragt, aus was Ursachen es also zaundürr, hingegen aber das andere speckfeist seye? worauf ich die Antwort erhalten, wie daß sie beide die Hof-Tafel haben, und ich – sagte das dürre – bin lauter Lieb', finde aber wenig bei Hof, daß ich schier Hunger stirb; das andere aber frißt lauter Neid, und findet solchen Ueberfluß, daß ihm schier der Bauch zerschnellet vor Futter.

Es war aber mein Traum noch nit aus, sondern es hat mir ferners gedunkt, als begegnen mir zwei Männer auf der Gassen, und trüge einer einen großen Sack über den Achseln dergestalten angefüllt, daß ihm Samson hätte sollen hierzu die Achseln leihen, womit er die Stadt-Pforten hat getragen. Der arme Tropf schwitzte unter solcher Last, als käm' er erst aus der Bad-Wanne. Ich fürchte augenblicklich, er würde mit dem Sack zu Boden sinken, der Meinung, es müsse Treid darin seyn wie in den Säcken der Brüder des Josephs; weil ich aber die Gewißheit nicht hatte, fragte ich, mit was denn der Sack sey gefüllt? Er gab mir die Antwort: mit lauter Neid sey er also angeschoppet. Der andere, so diesen begleitete, tragte [102] auch ein kleines Hebammen Körbel mit rothem Leder überzogen an den Armen, welches zwar dem Schein nach voll angefüllt, aber so gering, daß man's leicht mit den Biscoten oder Hollehippen konnte wägen, und war nichts anders darin, als lauter brüderliche Liebe. Ich mußte doch das Ort wissen, wo diese zwei so ungleich aufgeladen, da zeigten sie mir mit den Fingern auf ein gewisses Kloster.

Ich hätte noch einen weiteren Traum, und ist mir gewest, als wäre ich auf einem volkreichen Jahrmarkt, allwo unterschiedliche Kaufmanns-Hütten in hölzerner Ordnung gar fein ausgetheilt zu sehen. Unter andern kam mir unter die Augen eine Hütte, in welcher ein bekannter Spital-Meister feil hatte. Wunder wegen wollt' ich erfahren, was doch dieser für Handelschaft führe, indem seine Waaren, in lauter alte Spital-Lumpen eingewickelt, gar schlechte Raritäten versprochen. So bericht er mich, wie daß er lauter Neid und Lieb verkaufe. Wie theuer die Lieb'? so sagt er, die Elle um 30 Reichsthaler; entgegen aber sey der Neid um leichtern Werth, und übersteige dessen Preis nit dasjenige Tuch oder Loden, aus welchen die Croaten ihre Kepeneck machen, die Elle um 8 Groschen. – Gleich hierauf begegnete mir der Pedell von der Universität mit zwei Büchern unter den Armen, und war eins sehr groß, also daß ich vermuthe, es müßte darin des großen Calepini Allabotritta von allerlei Sprachen verfaßt seyn, das kleine Büchel [103] scheinte eine Grammatik zu seyn, so ich vermeint, daß er's den jungen Knaben und Söhnen nach Haus trage; habe aber mehrmalen die Wahrheit nit getroffen. Denn in diesem kleinen Werkl war mit Fraktur geschrieben, die Lieb unter den Gelehrten, in dem großen Buch aber ganz eng schriftlich zusammen getragen der Neid unter den Gelehrten.

Hierauf bin ich durch gar zu großes Schreien und Klopfen der Dienstboten im Haus erwacht; mein Mitgespann aber mir anstatt der Morgen-Suppen einen wohlgeschliffenen Verweis geben, daß ich auf Ratzen Art bis um 9 Uhr den Polster druckte, setzte auch hinzu, wie daß er kaum zwei Stund' habe geschlafen, seye deßwegen mir neidig um meine lange Ruhe. Auf diesen Fruh-Filz thät' ich meine Glieder – bekenn' die Schuld – durch ungebehrdiges Ranzen und Strecken in die Ordnung richten, und den Tag mit aufgesperrtem Maul, als gewöhnlicher Faullenz-Posaunen, bewillkommen; nach dem Waschen aber gleich mit gebogenen Knieen nach Gewohnheit mein Gebet verricht'. Der erste Gedanke aber, so sich damalen hat einschleichend angemeld't, war dieser, daß mir mein Mit-Kamerad neidig war um den Schlaf, wie auch der Verlaut des lang gehabten Traumes nichts anders war, als vom Neid; deßhalben ich die Augen gen Himmel gewend't, und mit zusammen geschlagenen Händen in diese Seufzer ausgebrochen: [104] Allmächtiger Gott! so ist denn kein Ort und Port, so ist denn kein Land noch Stand, so ist denn keine Erd' noch Herd, so ist denn keine Zunft noch Zusammenkunft, ja oben und unten, bei Kranken und Gesunden, unten und oben, bei Adel und Groben, dorten und dar, in Gesellschaft und Schaar, dar und dorten, in Werken und Worten ist der verruchte Neid.

Ich meines Theils gebe sonst dem Traum' nicht leichtlich einen Glauben, aber dieser ehrliche Mann, in dessen Busen keine einige Falschheit zu logiren scheint, gibt mit seinem Traum-Gesicht die scheinbare und unläugbare Wahrheit an Tag, ja gleichwie das Wörtl Neid mit vier Buchstaben geschrieben, wird also nicht weniger vergiften diese höllische Schlangen-Brut die vier Theil' der Welt.

Ich hab' es zwar allezeit gehört:


Wie die Glocken, also der Klang,
Wie der Musikus, also der Gesang.
Wie der Vogel, also das Ey,
Wie der Koch, also der Brey.
Wie der Schuster, also der Schuch,
Wie der Scribent, also das Buch.
Wie der Arzt, also die Salb,
Wie die Kuh, also das Kalb.
Wie der Acker, also das Treid,
Wie die Wiesen, also die Weid.
[105]
Wie der Meister, also der Jung',
Wie der Tänzer, also der Sprung.
Wie der Baum, also die Birn,
Wie die Frau, also die Dirn.
Wie der Herr, also der Knecht,
Wie der Soldat, also das Gefecht.
Wie der Hirt, also die Rinder,
Wie die Eltern, also die Kinder.

Ich hab's allezeit gehört, hab's allezeit gelesen, hab's allezeit geschrieben, hab's allzeit gered't, daß diesem also seye; aber anjetzo vermerke ich, daß nicht allzeit wie die Eltern, also die Kinder seyn: Adam ein guter Vater, Cain sein Sohn ein Erz-Bösewicht; Noë der Vater ein Heiliger, Cham sein Sohn ein Heilloser; Abraham der Vater ein Gottseliger, Ismaël sein Sohn ein Gottloser; Isaak der Vater ein Engel, Esau sein Sohn ein Bengel; Jakob der Vater ein Lammel, Ruben sein Sohn ein Trampel; David der Vater ein Freund Gottes, Absolon sein Sohn ein Feind Gottes, etc. Ja ich weiß und zeig eine Dama, vor dero Schönheit die Helena aus Griechenland sich muß verkriechen, eine Dama, gegen deren Wohlgestalt mit seinem Aufputz der Frühling zu spat kommt, eine Dama, dero Angesicht sonnenklarer scheinend als die Sonne, eine Dama, vor dero weißem Gesicht die Lilien schamroth werden, eine Dama, vor dero Annehmlichkeit aus Wunder die Morgenröthe erbleichen thut etc. und dennoch diese schöne auserwählte Dama hat eine [106] Tochter, an der ein Haufen Unflath zu sehen; denn sie ist wild wie ein Misthaufen, schwarz wie ein Kohlhaufen, ungeschickt wie ein Scheiterhaufen, hartnäckig wie ein Steinhaufen, unrein wie ein Ameisenhaufen, schädlich wie ein Scheerhaufen, garstig wie ein Kothhaufen, ja wie der Teufel selbst. Diese schönste Dama ist die Tugend, die Ehr', die Wissenschaft, ja alles Gute; ihre Tochter aber, die sie gebähret, ist der verdammte Neid. In der Insel Malta gibt es keine Schlangen, in Sardinia gibt es keine Wölf', in Deutschland gibt es keine Krokodil', in Tuscia gibt es keine Raben, in Hellesponto gibt es keine Hunde, in Island gibt es nichts Giftig's; aber in der ganzen Welt ist kein Ort, allwo es keinen Neid gibt.

Daniel war bei Hof' und gar ein vornehmer Herr bei Hof, ja er ist so hoch gestiegen, daß er bei dem König Dario Alles vermochte; es hat auch dieser König nit besser gesehen, als wie Daniel sein Aug-Apfel war, und geht es bei einem Monarchen allzeit recht her, der eine solche rechte Hand hat, wie da war der treue Daniel. Nichts destoweniger hat endlich dieser fromme Minister erfahren, daß der König aus dem besten Wein der schärfiste Essig worden, indem er durch unmenschliches Dekret befohlen, den Daniel in die Löwen-Gruben zu werfen, und mit solchem stattlichen Brocken die freßgierigen Thier' zu sättigen. Es war aber diese Speis' zu gut für solche Gäst. Nun siehe ich dir's an der Stirn' an, und kitzelt dich der Vorwitz, zu wissen das Verbrechen und die Unthat des Daniels: etwann ist er seinem König nicht treu gewest? denn sonst die Treu zu Hof ganz [107] wehrhaft und fast noch nagelneu, weil man's gar selten brauchet; etwann hat er sich mit Denari bestechen lassen und nachmals Spandi wider seinen eigenen König gebraucht, und deßwegen das Spiel verloren? etwann hat er des Königs Anschläg' und reife Rathschlüß' dem Gegentheil entdeckt und also sträflich aus der Schul geschwätzt? etwann ist er mit den königlichen Renten und Geldern umgangen, wie der Wolf mit dem Schaftheil? Dieser theilte sechs Schaf mit dem Hirten solchergestalt: das erste gehört mein, das andere gehört sonst dein, und nimmts auch zu sich, das dritte gehört wieder mein, das vierte gehört sonst von rechtswegen wieder dein, nimmts aber mehrmalen zu sich etc. ist demnach dem Hirten nichts überblieben. Es ist etwann der Daniel in seinen Hofdiensten schläferig gewest, und sich nur darzumalen eingefunden, wann einige Chargen vacirend worden? es hat etwann der Daniel gegen eine oder die andern Hof-Damen eine freundliche Grobheit oder gar eine grobe Freundlichkeit erzeigt? Nichts dergleichen, gar nichts: der [108] Daniel war ein rechter, ein gerechter, ein wohlgeschaffener, ein rechtschaffener, ein wissenhafter, ein gewissenhafter Minister bei Hof, kein schuldiger, sondern ein unschuldiger, kein sträflicher, sondern unsträflicher Diener, und noch darzu ein Prophet, und noch darzu ein Traum-Ausleger und noch darzu ein Chronist. Wenn dem also, was hat ihn denn in die tyrannische Löwen-Grube gestürzt? Frag' nit lang, ein Hof-Hund hat ihn gebissen, eine Hof-Katz' hat ihn gekrazt, ein Hof-Pfeil hat ihn getroffen, er hat's Maul an einer Hof-Suppen verbrennt, er hat den Kopf an einer Hof-Thür angestoßen! Verstehe es recht: derNeid zu Hof unter den Ministern und Hof-Herren hat ihn gestürzt. So ist es gangen Henriko Grafen von Holstein bey dem Hof Eduardi den Dritten, Königs in England, so ist es gangen Bellisario dem großen Kriegs-Fürsten bei dem Hof des Kaisers Justiniani; so ist es gangen dem Aristidi, dem Scipioni, dem Themistocli, [109] dem Tullio, dem Epaminondae, dem Socrati, dem Pompeio, dem Iphicrati, dem Cononi, dem Chabriae, das seynd aber lauter fremde Namen; so ist es gangen viel Ferdinandis, Henricis, Rudolphis, Casimiris, Philippis, Conradis, Wolfgangis etc., welche der verdammte Neid ins Elend gestürzt hat. O Neid! o Neid!

Den Neid find' ich schier auf dem Schlag, wie jener Baum: Es ist einer gewest, der sich durch vielfältiges Schaben und Graben einen ziemlichen Sack voll Dukaten gesammelt, hatte aber dessentwegen stets unruhige Gedanken, aus Furcht, es möcht' ihm einer solchen goldenen Schatz entfremden, ja er traute in dem Fall weder dem Weib', viel weniger den Dienstboten; es gedunkten ihm alle Riegel und Schlösser zu schwach, solche gelbe Batzen zu hüten; absonderlich so er Geschäft' halber mußte abreisen, konnte er niemalen ruhig schlafen, wegen steter Sorgen, es möcht' ihm dieser sein goldener Inwohner das Quartier verändern; ersinnet demnach andere Mittel, und nimmt auf einen gewissen Tag seinen mit Gold gefüllten Sack [110] mit sich, steigt in seinem großen Garten auf einen Baum, und weil selbiger zwischen zwey großen Aesten etwas hohl war, verbürgt er seinen goldseligen Schatz darein, voller Freuden, daß er selbigen also sicher sal. virt, empfand auch in seinem Gemüth nunmehr einen begnügten Ruhestand. Was geschieht aber! Sein Nachbar war ein armer und elender Tropf, der so viel Brod-Esser und kleine Bursch' zu Haus hat, daß sie schier über die Kinder Israël wachseten, ja er hörte von dieser lebendigen Orgel kein anderes Liedl den ganzen Tag, als Päppen, Päppen etc. nicht möglich war es ihm, das Hauswesen länger zu erschwingen, forderist, weil die überdrüssige Schuldenforderer die Schnallen stets in Händen hatten, und mit so viel Schuld-Scheinen aufgezogen, daß er sich fast getraut alle Kaufleut' allda mit Starnizeln zu versehen; endlich haben ihn die verzweifelten Gedanken so kleinmüthig gemacht, daß er beschlossen, lieber zu sterben, als solches Elend ferners auszustehen, nimmt zu diesem Ziel einen starken Strick, steigt in des Nachbarn Garten, unwissend auf denselbigen Baum, in welchen der reiche Nachbar das Gold verborgen, fesselt bereits den Strick um den Hals, wollte aber vorhero umsehen, ob er von jemand wurde wahrgenommen. In währendem Umschauen erblickt er den Sack Geld in denn hohlen Baum, schätzt sich solches für eine göttliche Schickung, erlöset alsobald den Hals von dem Arrest, [111] steigt eilends herab, bald hurtiger als Zachäus, und vergißt vor Freuden den Strick auf dem Baum, dankte Gott um dieses unverhoffte Glück, womit er seine Hauswirthschaft wieder in den besten Gang gebracht. Nicht lang nach diesem steigt obenbenannter Geizhals auf den Baum, Willens seinem goldenen Schatz eine Visita zu geben, auch zugleich sich mit dessen Anblick zu ergötzen. Als er aber ersehen, daß die Vögel ausgeflogen, war er dergestalten bestürzt, daß er schier über den Baum herunter gefallen: Ach, lamentirte er, so ist denn hin, so ist denn aus, so ist denn weg dasjenige, welches ich viel Jahr' am Maul erspart habe! ach, was fang' ich nunmehr an! wenn ich nur einen Strick hätte, so wollt' ich gleich damit mein unglückseliges Leben enden! Und wie er sich umgeschaut voll der Verzweiflung, sieht er gleich neben seiner den Strick hangen, welchen der andere vergessen, verweilt dahero nicht lang, sondern mit dem Hals geschwind in die Maschen, und erhenkt sich: hangte also dieses saubere Obst an dem Baum, den kein anderer als der Henker dürfte schütteln. Ein wunderseltsamer Baum ist dieser gewest, in dem er einem das Leben gebracht, dem andern aber das Leben genommen, einen hat er aus der Noth geholfen, den anderen hat er zum Tode gezogen, einen hat er aus dem Elend' errett', den anderen hat er in das Elend gestürzt, einem hat er das Herz erfreut, dem andern hat er das Herz abgestoßen.

Auf gleichen Schlag trägt es sich zu mit dem Neidigen, als welchem des Nächsten Glück ein Unglück[112] ist, ja eines andern sein Segen ist dem Neidigen ein Degen, der ihn verwundet; eines andern sein Heil ist dem Neidigen sein Seil, so ihn erdrosselt; eines andern sein Gut ist dem Neidigen eine Glut, so ihn brennet; eines andern seine Würde ist dem Neidigen eine Bürde, unter dero er schwitzet; eines andern seine Kunst ist dem Neidigen ein Dunst, so ihm die Augen peiniget; eines andern seine Doktrin ist dem Neidigen ein Ruin, so ihm schadet; eines andern sein Schatz ist dem Neidigen eine Katz, so ihn kratzet; eines andern seine Freud' ist dem Neidigen ein Leid, so ihm das Herz quälet; eines andern seine Höhe ist dem Neidigen ein Wehe, so ihn plaget; eines andern sein Gruß ist dem Neidigen eine Buß, so ihn drucket; eines andern sein Schein ist dem Neidigen eine Pein, so ihn schmerzet.

Saubere Brüder hat Joseph gehabt: Wann das Brüder seynd, so muß man die Häfen-Deckel unter die Credenz zählen; wann das Brüder seynd, so können die Schlehen-Stauden auch Weinstöck' benamset werden; wann das Brüder seynd, so kann man den Wolf auch einen Bürgermeister der Schaf' nennen. Nit Brüder, sondern Ausbrüter alles Uebels seynd sie gewest, und haben sie das Sch. so wohl in ihrem Titul verdient, als der Judas Iscarioth. Wie der ehrliche [113] Jüngling Joseph ihnen aus brüderlicher Aufrichtigkeit seinen Traum erzählt – aus welchem man wohl vermuthen hat können, daß er nicht leer sey, sondern eine Prophezeiung seines künftigen Glücks – seynd sie also bald darüber ganz erbleicht. Was! sagten sie, du junger Tauben-Schnabel, sollst du ein König werden, und soll dein Glück so hoch steigen, daß wir dir sollen aufwarten und die Knie biegen? Ei bieg' dir der Henker den Hals, du übermüthiger Bub' etc.! Sie waren über ihn also verbittert, daß sie ihn nicht konnten anschauen, ja dahin durch den verdammten Neid getrieben, daß sie beschlossen, diesen ihren Bruder zu erwürgen. Aber laßt ein wenig mit euch reden ihr Schaf-Hirten – ob ihr zwar billiger hättet sollen Sau-Hirten abgeben – hört mich an! Entweder ist es wahr, daß euer Bruder ein König wird oder nit? ist es nit wahr, so lacht über solchen leeren Traum und foppet lieber durch brüderlichen Scherz diesen euren jungen ABC-Schmid, gebt ihm einen Hirten-Kolben in die Hand anstatt des Scepters und sagt lachender Weis': grüß dich Gott Euer Majestät etc.! ist es aber wahr, daß er soll König werden, so sollt ihr euch deßhalben nit zürnen, sondern vielmehr frohlocken und sagen also: wird unser Bruder Joseph ein König, so ist es uns die größte Ehr' und unserm ganzen Haus ein ewiger Ruhm, ja da werden wir nit mehr unsere schmutzige Hirten-Taschen mit einem altbackenem Kipfel angefüllt tragen, sondern ein jeder aus uns [114] wird seynGalanthomo! wie wird es uns sowohl schmecken, wenn man uns gnädige Herren wird schelten! da wird gar gewiß der Bruder Ruben obrister Hofmeister werden! da wird gar gewiß der Bruder Zabulon zu der Kammer-Präsidenten-Stell' gelangen! da kanns dem Bruder Isaschar nicht fehlen, daß er nit obrister Kuchl-Meister wird, er isset ohne das gar gern gute Bissel; der Bruder Simeon wird ohne Zweifel obrister Kämmerer werden, denn er kann mit den Complimenten umspringen; denkt es an mich, der Bruder Aser wird obrister Jägermeister, der wird sich abhetzen, da wird's anderst hergehen! jetzt müssen wir unsere Mägen mit sauren Ruben ausschoppen, dort wird man uns andere Bissel aufsetzen, ei Gott geb', daß unser Sepperl ein König wird! – Dergleichen Reden hätten sollen die Brüder Josephs führen; aber der verdammte Neid hat ihnen den Verstand verruckt, die Vernunft verkehrt, und wollten sie lieber schlimme und arbeitsame Täg' leiden, als den Joseph in königlicher Würde sehen. O höllischer Neid! Der Neidige ist schon zufrieden mit seiner Armuth, wenn er nur siehet, daß sein Nächster nit reich wird; der Neidige find't ein Contento an seinem Elend, wann er nur merkt, daß es seinem Nächsten auch nit wohl gehet;[115] der Neidige beklagt sich nit seines Unverstands und Unwissenheit, wenn er nur siehet, daß sein Nächster auch nit viel kann; der Neidige bleibt gern verworfen, wann er nur find't, daß sein Nächster nit vorkommt; den Neidigen betrübt nicht seine Ungestalt und Larven-Gesicht, wenn er nur weiß, daß sein Nächster auch nit schön ist. O verfluchter Neid! du sutzelst und saugest aus der Gall' das Honig und aus dem Honig die Gall', denn des Nächsten Uebel macht dir gut und des Nächsten Gut macht dir übel. O! O! O!

Jener reiche Prasser, von dem Meldung geschieht im Evangelio, hat alle Tag' Kirchtag, er war alle Tag wohl auf und voll auf, er war zwar kein Soldat, ist doch allezeit mit Krügen umgangen, er war kein großer Doktor, hat sich doch gern in der Bibiothek aufgehalten, er war kein Fischer, thäte doch stets im Nassen arbeiten, er war im Vormittag nicht nüchtern, zu Mittag hatte er einen Rausch, auf dem Abend war er voll, sein Hausen war Schmausen, sein Schmausen war Brausen, alles Essen und Trinken und anders guts Leben hat ihm sein Vater zum Heirath-Gut geben. Aber auf eine solche schlemmerische, dämmerische Vigil ist ein harter Fey'rtag kommen: Da nemlich dieser reiche Gesell in dem höllischen Feuer begraben[116] worden, der arme Bettler aber, so nur um die Brößlsupplicirt, die sonst der Diana, der Melampus, der Coridon, der Pudel unter den Tafeln zusammen klauben, ist mit großen Freuden und Triumph in die Glorie getragen worden. Jetzt steht zu fragen, wie der arme Bettler geheißen hat, und der reiche Mann? Des Bettlers sein Nam' ist allbekannt Lazarus, aber des Reichen Name weiß weder der Evangelist, noch der Scripturist, noch Glossist, noch Commentarist etc. niemand, gleichwohl bin ich der Meinung, ich wollte errathen seinen Namen: Er war ein vornehmer Herr, man hat ihn Ihr Gnaden gescholten, und hat allem Ansehen nach Herr Neidhard von Neidlingen geheißen, aus Ursachen: wie er schon bereits in der Höll' gesessen, hat er fast mit unsinniger Stimm' geschrieen zu dem Abraham: Vater Abraham, ich bitt, ich bitt, ich bitt, schicke doch den Lazarum, daß er mit einem Tropfen Wasser meine feurige Zung' erkühle! Dieser reiche Vogel ist ein Freiherr oder wenigst ein Landmann gewest. Soll er ihm dann nit eingebildet haben, es schickte sich nit, daß der Selige soll den Verdammten nachgehen? Es thät' sich ja übel reimen, so ich auf der Gassen ansichtig würde eines vornehmen Herrn, da er zum Fenster hinaus schaut und ich hinauf schreite: Gnädiger Herr, steigt herunter und[117] spendirt mir etwas, auf daß ich mir kann etliche Bücher kaufen! ich mein die Lakeien würden mich einen groben Mönch taufen und sagen, ich soll hinauf kommen, und anderthalb Stund' heraussen warten, dann jetzt sey ein Jud beim gnädigen Herrn etc. Also hätt' auch der reiche Gesell in der Höll' sollen schreien: O Vater Abraham, mache doch Gelegenheit, und bring' es bey Gott aus, daß ich zum Lazarum hinauf darf um ein einiges Tröpfl Wasser! Es hat aber der verdammte Prasser dessentwegen nit hinauf begehrt zu dem Lazarum: denn wann er denselben in so großer Glorie, Thron und Kron hätte gesehen, wär' er ihm deßhalben neidig gewest, und wär ihm solches härter ankommen, als die Höll' selbst. Dann ein Neidiger leidet unaussprechlich, wann er siehet, daß es seinem Nächsten wohl gehet. Dahero seynd die Neidigen – wie seynd sie? sie seynd wie die Nacht-Eulen: dieselbigen können kein Licht sehen, deßwegen fliegen sie hin und her, darum und daran, und wollens auslöschen; also die Neidigen mögen und können nicht sehen, wenn jemand erleucht' ist und glänzet mit Tugenden. Die Neidigen seynd – wie seynd sie? sie seynd wie die Kothkäfer: diese saugen auch aus der schönsten Rose nur das Gift, nit das Honig; also die Neidigen suchen an ihrem Gegentheil nur das Mangelhafte, das Gute verschweigen sie. Die Neidigen seynd – wie seynd sie? sie seynd wie die Feilen oder Raspeln, welche verzehren, plagen, beißen und reißen andere Sachen, aber verderben sich selbst damit; also die Neidigen sehen, wie sie dem[118] Nächsten mögen schaden, und verzehren ihr einiges Leib und Seelen Heil. Die Neidigen seynd – wie seynd sie? sie seynd wie die Brunnen, welche gemeiniglich kalt seynd, wann das Wetter warm ist, und gemeiniglich warm, wann das Wetter – forderist im Winter – kalt ist; also dem Neidigen ist übel, wenns Andern wohl gehet, und ist ihm wohl, wenns Andern übel gehet. Die Neidigen seynd – wie seynd sie? sie seynd wie der Donner, welcher mehristtheil nur hohe Gebäu' trifft und nit niedere; also die Neidigen nur diejenigen hassen, welche von Gott erhöhet seyn. Die Neidigen seynd – wie seynd sie? sie seynd wie die Wachteln: diese schlimmen Vögel seufzen allzeit, wenn die Sonn' aufgehet; also seynd die Neidigen beschaffen, welche alsdann seufzen und es schmerzlich empfinden, wenn sie sehen den Nächsten in Ehr' und Reichthum aufgehen und wachsen. Die Neidigen seynd – wie seynd sie? sie seynd wie ein Baum, unter dem noch junge Bäuml' wachsen, diese aber unterdrückt der große Baum mit seinen Aesten, denn er nit leiden will, daß ihm einer soll gleich wachsen: also auch ein Neidiger befleißet sich, wie er's kann zu wegen bringen, daß einer vom niedern nicht zum höhern Stand' soll gelangen. Die Neidigen seynd – wie seynd sie? sie seynd wie diejenige, so am Fieber krank liegen: denen kommen auch süße Speisen bitter vor; also kann die Neidigen nichts mehr erbittern, als wann der Nächste gutes und süßes Glück genießet. Die Neidigen seynd – wie seynd sie? sie seynd wie die Fliegen, welche [119] gemeiniglich den Menschen nur an demjenigen plagen, wo er ungesund oder verwundet ist; also die Neidigen nur dasselbige an ihren Nächsten suchen, was tadelhaft ist, das Tugendsame und Lobwürdige verschweigen sie freimüthig. Die Neidigen seynd – wie seynd sie? sie seynd wie die Aemper an einem Brunnen: wann einer hinunter fällt, so steigt der andere in die Höhe, kommt einer herauf, so fällt der ander' hinunter; also ist dem Neidigen wohl und befindet sich wohlauf, wenn er siehet seinen Nächsten fallen, und so sein Nächster hoch steigt, thut sich der Neidige darüber bestürzen. – O du verdammtes Laster! du bist ein Maden der Seelen, noch mehr, du bist ein Apostema des Herzens, noch mehr, du bist eine Pest der fünf Sinnen, noch mehr, du bist ein Gift der Glieder, noch mehr, du bist ein gefährliches Fieber des Geblüts, noch mehr, du bist ein Schwindel des Haupts, noch mehr, du bist eine Finsternuß des Verstand's, noch mehr, du bist ein Henker und Folterer und Tyrann des menschlichen Leib's! –

Andere Laster haben dannoch ein wenig Freud' und eingebildete Ergötzlichkeit: die Buhlschaft mit der Bersabäa hat gleichwohl dem David das Herz ein wenig verzuckert; wie Herodes ein Kostgeher und Bettgeher gewest ist bei seines Bruders Frauen, hat er gleichwohl davon ein augenblickliches Contento geschöpft; [120] wie Nabuchodonosor sich für einen Gott aufgeworfen und aus Hochmuth und Uebermuth sich hat lassen anbeten, hat den Narren gleichwohl solche große Reputation gekitzelt; wie der reiche Gesell alle Tag' geschlemmt, hat ihm doch solches tägliche Gurgelwasser eine Freud' gemacht; wie der Achan gar zu lange Finger gehabt und über das siebente Gebot gestolpert, hat er dennoch eine Freud' gehabt, daß er ohne Mühe ist reich worden; wie die Philister dem Samson die Augen ausgestochen, und er nach Verlust seiner Stärk' ihnen hat müssen durch die Finger sehen, haben sie eine Ergötzlichkeit gehabt, weil sie sich an ihrem Feind gerächet haben; wie der Zachäus Partiten gemacht und aus fremden Häuten hübsche breite Riemen geschnitten, hat es ihm eine Freud' gebracht; – in Summa: alle Laster haben ein Honig, ob zwar im geringen Gewicht, an sich und in sich und bei sich; – aber der Neidige findet nichts als Leiden, ja der Neidige empfindet einen steten Dorn, der ihn verwundet, hat einen steten Wurm, der ihm das Gemüth naget, leidet ein stetes Schwert, so ihm das Herz durchdringet, hat einen steten Hammer, der ihm das Herz zerschlägt, leidet eine stete Schlange, die ihm das Herz peiniget, hat einen steten Tieger, so ihm das Herz verzehret, leidet einen steten Wolf, der ihm das Herz frisset, hat ein stetes Uhrwerk, so ihm das Herz beunruhiget. O du verdammtes Laster!

[121] Andere Laster lassen sich in etwas vertuschen, ver hüllen, verbergen, und zeigt sich mancher auswendigheilig und ist inwendig heillos, zeigt sich oft einer auswendig als ein Simon Petrus und ist inwendig in Simon Magus; es steckt gar oft in einer neuen und guten Scheid' eine rostige Passauer-Kling; auch trifft man oft eine schöne Nuß an, dero wurmstichiger Kern nachmals dem Aufbeißer ein Grausen machet; – aber der Neidige kann sein Laster nit verbergen, es ist ihm das Angesicht ein Verräther, die eingefallenen Wangen, die finstern Augen, die berggrünen Lefzen, die birkene Stirn, die giftigen Seufzer, die melancholischen Gebehrden, das Zwitschern der Zähn', sein mageres, ausgeselchtes, schwefelfärbiges Angesicht ist ein sattsamer Dolmetscher seines einwendigen Neid's. Ein Neidiger mag essen, was er will, wie er will, wann er will, wie viel er will, wo er will, so wird er doch hundsmager bleiben, weil Alles bei ihm in Gift verwandelt wird. Wie recht hat der Poet den Neidigen entworfen mit folgenden Versen:


Friß Milch, friß Käs, friß von der Kuh,
Was deinem Maul mag schmecken,
Schieb ein, schopp drauf, schnapp immerzu,
Schlick Semmel, Kipfel und Wecken,
[122]
Brauch' Löffel wie ein Wasser-Schaff,
Auf daß du füllst dein' Wampen;
Friß, daß nit mehr kannst sagen Pfaff
Vor Schmacken, Schlinken, Schlampen;
Friß du dem hungrigen Wolf zu Trutz
Den Braten ohne Zwiefel,
Friß, daß dir's Maul so voller Schmutz
Wird, wie ein g'schmierter Stiefel;
Mit Banquett und mit lauter Schmaus
Spann' deinen Bauch wie Trummel,
Schleck' oben und unten die Pfannen aus,
Sauf' noch darzu ein' Tummel,
Friß Brocken mit halb Centner-G'wicht,
Verzehr' ganz kälbere Büg'l,
Friß, daß dir dein so schmierbig's G'sicht
Hübsch glänzet wie ein Spiegel,
Friß Butter, Schmalz und Speck darzu,
Mach's wie die Kloster-Katzen,
Die fressen Brät'l spat und fruh'
Anstatt der Mäus' und Ratzen.
Friß, Neidhard, friß, friß all's vom Tisch,
Bleibst doch ein dürrer Bogen,
Friß, Neidhard, friß, ein g'selchter Fisch
Bleibst ohne Bauch und Rogen!

Dahero Gott der Herr den Kain selbsten gefragt, nachdem er seine Händ' in des Bruders Blut gewaschen: Quare condicit facies tua? »Kain, warum ist dir das Angesicht also eingefallen?« Der Gesell' war so mager wie ein Ladstecken: es war aber dessen keine [123] andere Ursach, als der verdammte Neid, als welcher ein Gift ist der menschlichen Gesundheit.

Es ist zwischen dem Weißen und dem Schwarzen, zwischen dem Esau und dem Jakob, zwischen dem Städtl Hai und der großen Stadt Jericho, zwischen dem egyptischen Knoblauch und dem himmlischen Manna, zwischen dem David und dem Goliath kein so großer Unterschied, als zwischen dem Himmel und der Höll', ja ohne alle Gleichnuß; – denn im Himmel ist lauter Freud', in der Höll' lauter Leid', im Himmel ist lauter Lachen, in der Höll' lauter Krachen, im Himmel ist lauter Gut, in der Höll' lauter Glut, im Himmel ist nichts als Süß, in der Höll' ist nichts als Spieß, im Himmel ist lauter Lust, in der Höll' ist lauter Unlust, der Himmel ist ein Wohnplatz der Auserwählten, ist ein Haus der Belohnung, ist ein Thron der göttlichen Majestät, ist ein Losament der Heiligen, ist ein Tempel des Lichts, ist ein Paradeis der Freuden, ist eine Herberg' der Seligen, ist eine Erquickung der Betrübten, etc. die Höll' ist entgegen eine Folterbank der Verdammten, ist ein Kerker der unglückseligen Ewigkeit, ist eine Senkgrube des Unflaths, ist ein Ort der Finsternuß, ist ein Quartier der bösen Geister, ist ein Inhalt alles Elends; etc. im Himmel ist alles, was ergötzet, erfreuet, erlustiget, erquicket, erhöhet, etc. in der Höll' ist, alles, was peiniget, was schmerzet, was brennet, was quälet, was martert, etc. Und dennoch ist der Teufel theurer mit der Höll', als Gott mit dem Himmel; denn ein Neidiger so viel leidet um der Höll' [124] willen, daß, wenn er nur den halben Theil thäte wegen Gott ausstehen, so wurde es ihm der Allerhöchste mit der ewigen Kron' vergelten: Aemilius, Aemilianus, Basilius, Basilianus, Cassius, Cassianus, Claudius, Claudianus, Donatus, Donatianus, Eutychius, Eutychianus, Flavius, Flavianus, Gordius, Gordianus, Julius, Julianus, Lucius, Lucianus, Marcus, Marcianus, Marius, Marianus, Pontius, Pontianus, Primus, Primianus etc. seynd Märtyrer und Blutzeugen Christi, haben viel gelitten zu Cäsarea, zu Nicomedia, zu Rom, zu Alexandria, zu Antiochia, zu Aquileia, zu Laodicea, etc. viel gelitten um den Himmel; – aber ein Neidiger leidet viel mehr um die Höll. O verruchtes Laster!

Ein mancher wird wegen seiner Wissenschaft zu großen Würden erhöhet – wie es dann billig, und ist nichts schädlichers, als wenn man unverständige Stroh-Hirn' hinauf setzet: Bekannt ist es sattsam, daß Gott der Allmächtige ganz umständig das Gebäu' der Arche vorgezeichnet, auch beynebens gar genau befohlen, es sollen Ochsen, Esel sammt den Thieren in dem untern Stock logiren, die Menschen aber in dem obern Zimmer; als hätt' sich ja nit gereimt, wann Ochsen- und Eselköpf hätten in dem oberen Gaben residiret und die Menschen herunten – ob zwar bei der jetzigen verkehrten Welt gar oft die Erfahrnuß bezeiget, daß fast gleiche Beschaffenheit seye zwischen dem Topf und dem Knopf: zumalen ein voller Topf auf dem Herd herunten steht und leidet, daß ihm die Augen übergehen, ein leerer Topf aber, der steht oben auf der [125] Stell': also wird nit selten ein leerer Topf in die Höhe zur Offizia erhoben, und ein Kopf voller Wissenschaft muß herunten bleiben. Ein manchesmal – ob zwar nit ohne merklichen Schaden – folgt man dem Brunnen nach, allwo der leere Aemper heroben ist der angefüllte entgegen unterdrückt. – Thöricht haben die Philister gehandelt, wie sie den Abgott Dagon verehret, der einen Fisch-Kopf hatte; noch übler ist es, wenn man der Zeit manchen muß verehren, der einen Stockfisch-Kopf hat. Die Natur ist eine witzige Mutter, als welche dem kleinen Fingerl an der Hand das Amt aufgetragen, daß er solle Ohren-Raumer seyn, nit aber dem Daum' oder Zeig-Finger, weil sich demnach der kleine besser hierzu schicket als die anderen: deßgleichen soll man sein zu Aemter und Offizia erheben diejenigen, welche geschickt seynd und nit ungeschickt. Die Bäume, ob schon etliche grobe und ungeschlachte Kerl unter ihnen, seynd dennoch so bescheid gewest, sagt die heil. Schrift, daß sie einhellig die Dorn-Staude zum König erwählt haben, und glaube ich darum, weil solche spitzfindig – uns zu einer Lehr, daß die Spitzfindigen und Witzigen vor allen Plumpen sollen den Vorzug haben. Wenn zu Ingolstadt in Bayern die Studenten aus unartigem Muthwillen einige Ungelegenheit verursachen, und etwann auf der [126] Gasse die Stein' also wetzen, daß ihnen das Feuer zu'n Augen ausgehet, werden sie auf der Universität in die Keichen gesetzt, beklagen sich aber dazumalen nichts mehreres als wegen eines Nacht-Gespensts, so sie insgemein den Penzen nennen, welches ganz ohne Kopf ist: also soll wahrhaftig manches Ort, Stadt, Gemein' nichts mehreres schrecken, als wenn sie eine Obrigkeit ohne Kopf haben, verstehe ohne Verstand; beim wir Deutsche gemeiniglich diejenigen, die sich von Stroh-Hofen schreiben, ohne Kopf benamsen. Die jetzige Welt folgt leider! gar oft den Baumeistern nach, welche die Knöpf' zu höchst des Dach's setzen, lamentiren doch, – andere zu geschweigen, auch die Bauern, wenn ihre vorgesetzten Pfleger grobe Knöpf seynd. Große Herren, gemeine Republiken, gesammte Städte, sollten es dem hl. Geist, dieser dritten göttlichen Person, nachthun, als welche in Feuers-Gestalt sich auf die Köpf' der Aposteln und nit anderstwohin gesetzt. Es ist sowohl schändlich als schädlich, wenn man nicht den Kopf, sondern die Händ' oder das anverwandte Geblüt beobachtet. Mit allem Fleiß hat Christus der Herr seinen Vettern Joannem nit zum Pabstthum erwählt, sondern Petrum, damit wir in Austheilung der Aemter nit sollen beobachten die Verwandtschaft, sondern die Wissenschaft. Unweislich hat gehandelt Henrikus der Achte in England, der seinen Koch zu einem stattlichen Amt erhoben, um weilen er ihm eine wohlgeschmackte Speis' zugericht'. – Wenn die Vögel [127] konnten reden, so man sie sollte fragen, wer sie also in die Höhe bringet, würden sie ungezweifelt antworten: nichts anderst als dieFedern. Durch solche und mit solchen kommen sie also empor. Dahero thun gar weislich diejenigen großen Monarchen und Fürsten, welche dieselbigen zur Hochheit und Würden promoviren, so eine gute Feder haben, das ist Verstand und Wissenschaft. Auf gleiche Weise seynd gar viel zu höchsten Ehren gelanget, und hat Agathoelem zum König in Sizilien nit gemacht sein Stammen-Haus, als der eines Hafners Sohn war; dem Lesco König in Polen hat nicht die Kron aufgesetzt sein uralter Adel, als der eines Bauern Sohn war; und hat Primislaum nit König in Böhmen gemacht sein altes Herkommen, als der erst vom Pflug war; und hat Tamerlanem den Kaiser nit zu dieser höchsten Würde geholfen sein adeliches Haus, als der nur eines Holzhackers Sohn war; und hat Willigisum nit zum Erz-Bischofen geweiht sein uraltes Geschlecht, als der nur eines Wagners Sohn war; – sondern alle diese haben die Verdienste und Wissenschaften erhebet, wie es denn noch auf den heutigen Tag geschieht, daß solchergestalten oft aus gemeinen Leuten Vornehme werden.

Aber dazumalen erhebt sich der Neid: was Neider hat nit David gehabt, wie er also über sich kommen? was Neider hat nit der redliche Mardochäus gehabt, wie er bei dem Hof Assueri also fortkommen? was Neider haben nit die drei Knaben gehabt bei den babylonischen Edel-Leuten, wie sie also hoch kommen? was Neider hat nit Stephanus gehabt, wie er also bei den [128] Leuten in so gutes Concept kommen? was Neider hat nit Jesus unser Heiland gehabt, wie er also bei dem Volk so viel golten? O Neid! was Neider hat nicht täglich jener, der durch seine Meriten hoch steiget? Ja die Neider lassen oft nit nach, bewegen alle Stein', schütteln alle Bäum', brechen alle Mäuer, spitzen alle Degen so lang und viel, bis sie einen solchen aus dem Sattel heben, die Federn rupfen, den Stuhl zucken, daß er übern Haufen fällt, nachmals schützen sie vor – aber unter des Teufels seinem Mantel, unter des Satans seiner spanischen Wand, unter des Luzifers seinem Vorhang – wie daß solcher deßhalben gefallen, vom Amt und Ehr' kommen, weil er sich übernommen, sich nit mehr gekennt und andere nur über die Achseln geschaut. O verdammter Neid! So ist denn dir des Nächsten Rose ein stechender Dorn? ja; so ist denn dir des Nächsten Honig eine Gall'? ja; so ist denn dir des Nächsten Scepter eine Ochsen-Sehn'? ja; so ist denn dir des Nächsten Freud' ein Krieg? ja. O du Teufels-Martyrer!

Ein anderer gelangt durch seine höchst-rühmliche Tapferkeit zu einer vornehmen Charge im Feld', und seynd wenig Jahr', da ihn der Gefreite mit Bärnhäutern gespeist; jetzt heißt es: Bursch' ins Gewehr, [129] der Obrist kommt! Aber diesem hat sein Glück geschmiedet die öfter gezeigte Generosität im Feld. Also ist es vor diesem gewest, also soll es seyn, daß man diejenigen promoviret, welche da seynd wie der Granat-Apfel: diese Frucht hat eine rechte Kron' auf, aus Ursachen, weil die Natur gesehen, daß der Granat-Apfel einwendig lauter rothe Herzl habe. Also gedachte sie, seye es billig, wo so viel Herz, soll auch Kron' und Lohn seyn; denn ein wohlbeherzter Soldat verdienet, daß man ihn ehret und forthilft:

Soldaten, welche da seynd wie der Salat, wo mehr Oehl als scharfer Essig, die verdienen nichts; Soldaten, die ins Quartier eilen, wie die Schwalben ins warme Sommerland, verdienen nichts; Soldaten, die vor dem Feind zittern, wie ein espenes Laub, verdienen nichts; Soldaten, die ein Grausen haben vor dem Streit als hätten sie einmal ein Haar darinn gefunden, verdienen nichts; Soldaten, die da wünschen, ihre Roß' hätten 6 Füß', damit sie desto hurtiger möchten durchgehen, verdienen nichts; Soldaten, die weniger Wundmal-Zeichen als der Raab weiße Federn, verdienen nichts; Soldaten, die lieber tummeln als Trommeln hören, verdienen nichts; Soldaten, die lieber den guldenen Adler am Wirthshaus als [130] den schwarzen Adler an der Kriegs-Fahn' sehen, verdienen nichts; Soldaten, die mehr nach Laschi als Curaschi trachten, verdienen nichts; Soldaten, die nur den Bauern zwacken und mit glühender Schaufel also mit ihm Stock schlagen, daß den armen Tropfen von Michaeli bis auf Georgi nit mehr niedersitzen gelüstet, verdienen nichts. Aber Soldaten, die sich tapfer und ritterlich halten, verdienen alles. Dann ein Federbusch auf dem Hut macht keinen Soldaten – sonst wär' auch der Wied'hopf ein Kriegs-Offizier; eine Schärpe um die Lenden macht keinen Soldaten – sonst wären auch die Engel am Frohnleichnams-Tag Soldaten; die Beckelhaube auf dem Kopf macht keinen Soldaten – sonst wären auch die Koth-Lerchen Soldaten; ein Spieß über den Achseln macht keinen Soldaten – sonst wären auch die Landboten Soldaten; sondern eine ansehnliche Tapferkeit, unerschrockene Generosität, und unüberwindlicher Heldenmuth macht einen Soldaten.

Jener aus Ober-Sachsen mit Namen Benedikt von Fontana hat sich Anno 1499 in dem Schweizer-Krieg und einer Schlacht der Graubündner mit den Tyrolern, nahe der Molser-Haid', tapfer gehalten, indem er des Feind's Schanz männlich erstiegen, und da er einwendig verletzt worden, mit einer Hand das verwund'te Ingeweid gehalten, und mit der anderen sich gewehret. Ein solcher verdient ewiges Lob und Lohn. – Wenn aber dergleichen einer erhebt wird, was [131] Neider zügelt er ihm augenblicklich? der Neid wirft ihm alle Tag einen Prügel unter die Füß', der Neid sperrt ihm alle Tag fast den Paß zu der Victori, der Neid verstopft ihm fast alle Tag die Trompeten im Feld, der Neid vertheuert ihm fast alle Stund' das Schieß-Pulver und darf nit schießen, aus Furcht, er wecke auf das Kind aus dem Schlaf', der Neid fällt ihm und seinem Pferd' alle Augenblick in Zaum, und dieß ist fast dasjenige, was uns so viel Sieg und Victori aus den Händen raffet. Wir nennen es höflich die Kriegs-Competenzen; aber solche Competenz-Waffen hat der Teufel in der Werkstatt' des Neid's geschmiedet. O Neid! Auf solche Weis' ist dir des Nächsten Erhöhung deine Erniederung, nicht anderst; auf solchen Schlag ist dir des Nächsten Purpur ein stechendes Cilicium, nicht anderst; auf solche Manier ist dir des Nächsten Geld-Tasche eine Maul-Tasche, nit anderst; auf diese Modi ist dir des Nächsten wunderliches Lob eine Wunde, nit anderst; dergestalt ist des Nächsten Gnad' dir »Ihr Gestreng«, nit anderst. O Neid!

[132] Es kommt gar oft ein Armer zu großem Reichthum, und hat fürwahr der Saul damalen wenig Sammet angetragen, wie er die Esel seines Vaters Kis gesucht, ist gleichwohl hernach ein reicher König worden. Eines armen Holzhackers leinene Strümpf' und andere zerrissene Bettlers-Lumpen verzweifeln nit an ihrem Glück. Auch ist nichts neues, daß oft abgeschabene Zigeuner-Windel durch den Stampf verkehret worden in das schönste Papier, worauf man mit Gold und Silber schreibet. Derjenige Kühe Stall, in welchem die hl. Jungfrau Euphemia gedient hat, ist nunmehr in einen schönen kostbaren Gold und Silber reichen Tempel verwandelt. Also geschieht wohl öfter, daß gemeine Stall-Knecht' und Stall-Dirn' zu großen Ehren und Habschaften kommen. Jene drei Krotten – wohl ein garstiges Thier – in dem uralten französischen Wappen seynd durch Anleitung des Himmels nun anjetzo in schöne Lilien verkehret. Dergleichen hat die Welt öfter gesehen, daß aus denselbigen, so arm und verworfen waren, vornehme und reiche Leut' worden. Es seynd gewisse Würm', welche sich den ganzen Winter durch in ein freiwilliges Grab einsperren und gar todt liegen, bei angehendem warmen Sommer aber werden die schönsten Weinfalter daraus, welche mit vielfärbigem Flügel als reiche Sonnenvögerl prangen. Bist du nun, Mensch, eine armer Erd-Wurm und tritt dich fast Jedermann mit Füssen, auch deine ganze Habschaft kannst in einem Bettelsack salviren, so hoffe dennoch! denn wohl öfter das Glück in der armen Leut' Häuser hat eingekehrt: es können dir noch wohl die Flügel wachsen, wormit [133] du dich weit über deines Nächsten Vermögen erhebest. Geschieht es dann, daß ein solcher entweder durch eigenen Schweiß und Arbeit, oder durch beifallendes Glück, oder durch unverhofte Erbschaft zu Mittel gelangt – wie man dann dergleichen viel zählet – was Neider verfolgen ihn nit alsobald? man vergunnt ihm das Bissel nit, so er mit gutem Gewissen erworben; da heißt es, er hat gut reich zu seyn, er hat dem kaiserlichen Beutel ziemlich die Register gezogen; er hat die Pupillen-Gelder nicht ein wenig geschröpft; er hat der Stief-Kinder das Ihrige hübsch sauber durch die Hechel gezogen; der karge Narr weiß, wie viel man Knödel aus einem Mäßl Mehl schnitzlet, züglet er doch aus seinen Dienstbothen lauter Cartheuser, und haben sie nur einen Fasttag, der währet das ganze Jahr! etc. O Neid! hat er dir denn was leids gethan, daß du ihm also die Zähn' zeigest? Er schlägt dich nicht, wie der Cain seinen Bruder; er sticht dich nicht, wie der Joab den Absalon; er beißt dich nit wie die Bären die elisäischen Knaben; er stoßt dich nit, wie der Engel den Petrum in der Keichen; er wirft dich nit, wie der David den Goliath; er brennt dich nit, wie die samsonischen Füchs' die Felder der Philister; er haut dich nit, wie Petrus den Malchum; er nimmt dich nit beim Haar, wie der Engel den Habakuk; er thut dir kein einiges Leid an. Ja, ja, ja, sagt der Neidige, ich leide unbeschreibliche Pein, wann ich sehe, daß es dem Nächsten wohl gehet; das ist mir Raufen, [134] Stoßen, Hauen, Brennen, Werfen, Schlagen, Beißen, Stechen und Würgen. O du Teufels-Martyrer!

Die Welt hat zum öftern weitberühmte Künstler gehabt, dero kunstreiche Händ' ein manchesmal die Natur schamroth gemacht haben, und ist höchste Verwunderung gewest, daß sich der Menschen Witz so weit erstrecke. Jene Werkmeister haben schier steinerne Mirakel gemacht, welche die stattliche Thüren zu Cremona, Bononien, Venedig, Straßburg und Wien haben aufgeführt. In Aethiopia ist eine überaus schöne Kirch', welche mit allen Säulen und Altären aus einem einzigen Stein ausgeholt und gebaut. Der vornehmst König in Sina hat 79 Palläst', dero einer aus Gold, der andere aus Silber, der dritte aus Marmor, Helfenbein, etc. ja ganze Zimmer aus Edelgestein seynd. Diejenigen Meister haben einen ewigen Namen erworben, welche die Brucken zu Prag in Böhmen, die Brucken zu Dresden in Sachsen, die Brucken zu London in England, und die Brucken zu Regensburg verfertiget. Ein Kunst-Stück ist gewest jene hölzerne Taube, welche trotz einer lebendigen in der Luft geflogen durch innerliches Uhrwerk und von Archita gemacht worden. Ein Kunst-Stück ist jene Uhr zu Prag am Rathhaus, so fast ein eisener Jahrs-Kalender zu nennen, weil nemlich der ganze Himmels-Lauf darin begriffen, und alle Monat, Wochen, Stund' und Augenblick der Planeten Lauf angedeutet wird. Ein Kunst-Stück hat Mirmecides gezeigt, wie er aus Helfenbein einen Wagen sammt Pferd' und Kutscher also klein und künstlich geschnitten, daß man alles unter dem Flügel einer kleinen Fliege hat können verhüllen. Ein [135] Kunst-Stuck ist jene Kirch' in England zu Salisbur, welche so viel Fenster als Täg' im Jahr, so viel Säulen als Stund' im Jahr, so viel Porten als Monat im Jahr hat. Ein Kunst-Stück ist die Kirch' zu Ulm, an welcher hundert und eilf Jahr gearbeitet worden. Ein Wunderwerk der Welt ist der Tempel der Diana, dessen Gebäu zweihundert und zwanzig Jahr gewähret. Ein Kunst-Stück war jene Statua oder Bildniß zu Panormi in Sizilia, welche durch innerliches Uhrwerk die Laute geschlagen und hin und her auf Menschen-Art spaziren gingen. Ein Kunst-Stück war jenes Geschlössel, welches ein deutscher Schlosser dem Pabst Paulus dem IV. überreicht, und dafür auf die sechshundert Gulden bekommen. Ein Kunst-Stuck ist jene große Glocke zu Erfurt, welche Gerard Woie gegossen, an der vier und zwanzig starke Männer zu läuten haben, und wird ihr Klang bei heiterem Himmel auch auf vier deutsche Meil' gehöret. Lauter Kunst-Stück seynd, was da schier über Menschen-Verstand gemalet haben Titianus, Vassisanus, Mutianus, Bonarota, Urbinus, Berninus, Salviatus, Sandratus, Blumbinus, Dominichinus, Donatellus, Bandinellus, Zukka, und Zukkarus etc.; lauter Kunst-Stück seynd, was da aus Holz und Stein gehaut haben Sansoninus, Fanziosinus, Vasoldus, Marianus, Mochus, Poggus, Lorenzetus etc. Und dennoch diese alle obbenannte Meister und Künstler seynd dem bissigen Neid nit entgangen, ja viel deren haben wegen der Neider keinen sichern Fuß aus dem Haus gesetzt, etliche seynd von denen Neidern grausam ermordet, etliche durch die Neider mit tausenderlei Schmachreden an der Ehre [136] verletzt worden; ja es haben sich einige gefunden, die aus Neid gegen diese Künstler sich selbst ermord't, damit sie nicht länger dero Lob möchten anhören und dero Kunst anschauen. O verdammter Neidhard! du wirst ärger gebrennt als Laurentius, wenn man deinen Nächsten lobet; du wirst mehr gesteinigt als Stephanus, wenn man deinen Nächsten ehret; du wirst grausamer gequält als Sebastianus, wenn man deinen Nächsten hervorstreichet; du leidest ein größeres Kreuz als Andreas, wenn man deinen Nächsten preiset. O Teufels-Märtyrer!

Es seynd nit alle Lämmer des Jakob weiß gewest, sondern sehr viel auch gesprengt und geschecket; es seynd nit in allen drei Körben Mund-Semmel gewest, von denen des Pharaonis Pfisterer getraumet, sondern in einem ist auch schwarz Gesindl-Brod gewest; es seynd nit lauter Tauben und Paradeis-Vögel in der Arche Noë gewest, sondern auch Gimpel und Nacht-Eulen; in dem Netz Petri seynd nicht lauter Forellen und Sälbling gewest, sondern auch grobe Stockfisch; Abraham hat seine Verlassenschaft nitgleich ausgetheilt, sondern einem mehrgeben, dem andern weniger: also hat die Natur keine Gleichheit in Austheilung der Gesichter, sondern einem eine schönere Gestalt spendiret als dem andern, und also seynd nicht alle Weibsbilder schön und wohlgestalt', sondern es gibt auch schändliche und ungeformte Gesichter. Dahero wie [137] der König Ahasverus seine Vasthi abgedanket und eine andere Frau Gemahlin zu erkiesen beschlossen, hat er in alle Landschaften ausgeschickt, junge Mädl zu suchen, aber schöne, keine großmaul-asiatische, keine langnas-arcadische, keine gelbfarb-helespontische, keine grauaugs-cappadocische, keine buckelhaft-atlantische, keine grobhaut-muritanische, keine ungeschickt-trapezuntische, keine, sondern lauter schöne, ja die allerschönsten soll man auserlesen, aus denen er nachmals eine beliebige Königinn erwählen könne. Nachdem Ihro Majestät dem König Ahasvero die wohlgestaltesten Töchter seynd vorgeführt worden, hat vor allen seinen Augen wohlgefallen ein überaus schönes Mädl mit Namen Esther, welche er dann unverzüglich zu einer königlichen Frauen Gemahlinn auserwählt. Aber da hätte jemand sollen die Gemüther der andern einsehen, was neidvolle Gedanken sie gegen dieses Juden-Töchterl geschöpft! ach – dachte eine – das Schelmenvieh hat ja das Glück, daß ihr der Henker das Gesicht pegle; die Bestia – sagt etwann eine andere bei ihr selbst – ich wollt, sie hätt' anstatt ihrer schwarzen Augen ein paar gläserne Wammesknöpf' von einem Flecksieder! die dritte gedacht: wär' ich eine Spinnerin, ich wollt' ihr bei der Nacht das Gesicht zurichten, daß sie Morgens früh sollte eine Zitracht haben, wie ein schwedischer Mantl-Kragen; die Höppinn! wünschte eins andere – wäre ich nur ein giftiges Wieserl, ich wollt' sie im Hof-Garten einmal anblasen, daß sie sollt' Rauden und [138] Krätze bekommen, daß man alle Tag eins Land-Metze kunnt' von ihr schaben! als wenn ich – sagt eine andere – nit auch schön wäre! was wollten endlich sein ihre Rösel im Gesicht, das hat nun eine jede Krebsen-Richterinn; das weiße Fell, welches sie hat, hat eine andere auch, und wer weiß, ob's nit noch einmal die Blattern hat und alsdann ein Gesicht bekommt, wie ein gerupftes Sauleder über einen Bauern-Kummet! Diese dergleichen Competenz-Fräule seynd vor Neid gegen die Esther schier gestorben. – Dergleichen Begebenheiten seynd fast noch täglich in dieser verkehrten Welt, und ist eine der andern um ihre schöne Gestalt, so sie von Gottes Händen bekommen, neidig, ja manche will Gott in seinen Geschöpfen einreden und gleichsam besser machen als er, auch die Natur schimpflich corrigiren, damit sie nur auch der andern nichts nachgebe an der Gestalt: sie steht vor'm Spiegel so lang, daß ihr möchten Blattern an den Füssen auffahren, sie kraust und zaust ihre Haar' und zieht's so streng, als wären sie in einem steten Noviziat, da muß eine Haarlocken krumm seyn, die andere noch [139] krümmer, die dritte zum krümmsten, da muß viel Haar seyn, dort wenig Haar, da muß gar schütter seyn, wie das Treid der armen Leute, da muß in die Höhe stehen wie ein Reigerbusch, da muß hinaus stehen wie ein Bachstelzen-Schweif, da muß herunter hangen wie ein Bierzeiger, da muß die Scheitel seyn wie ein lateinisch Ypsilon, da muß rauh seyn, dort glatt, da gemischt, da pläsant, dort negligant, da galant; die Lenden müssen geschnüret seyn, eng seyn, gebunden seyn, zwickt seyn, zwungen seyn, und bald mehr leiden, als die Israeliten in Egypten, und muß der Leib so rahn seyn, wie ein zugespitzter Zucker-Hut; da muß sich das Gesicht waschen lassen, reiben lassen, polliren lassen, färben lassen, zieren lassen, zähren lassen, ziehen lassen, daß es sich schier mit des Balaams Eselinn möcht' beklagen; damit aber das Fell rein, bleibe, nimmt sie bei der Nacht eine Larve über das Gesicht, daß ihr schier der Athem verkürzt wird; da frißt sie Kreiden, Wachs, Terpentin, Salzstein, Fröschbeiner, Schnecken-Pulver, damit nur die Haut nicht braunauerisch wird, damit die Wangen zu Weißenburg [140] bleiben, damit die Lefzen zu Rothenburg logiren; da legt sie so enge Schuh an, daß sie fast keine größere Fußstapfen im Sand läßt, als die Rohr-Entel: es geschieht aber alles, darum, weil sie der Nächsten neidig ist um ihre Gestalt, und nit gern hören wollt', daß eine andere schöner soll seyn als sie. O sauberes Muster! Pachomius hat viel gelitten in der Wüste, Paphnutius hat viel gelitten in der Einöde, Onuphrius hat viel gelitten in der Wildnuß; aber du leidest mehr! dennoch ist die Belohnung ungleich; denn jenen hat Gott um ihr Leiden die Seligkeit ertheilt, dir um dein Leiden wird der Teufel auf ewig die Höll' spendiren.

Theagenes war ein solcher braver und ritterlicher Held, daß seine Victori und Sieg an allen Orten erschallen. Und weil man dazumalen die Verdienste mehr auf die Wagschalen gelegt hat, als der Zeit, und vor diesem einem die Faust faustum, das ist glückselig gemacht; also ist gleichmäßig nit allein zu Lebzeiten seine unüberwindliche Tapferkeit vergolten worden, sondern auch, man wollte nach dem Tod' sein Lob verewigen. Zu solchem Ende ist ihm eine stattliche [141] Saul mit seiner Bildnuß aufgericht' worden, welches aber einem Mißgönner und Neider in die Nasen gerochen, daß er alle Nacht dieselbige Säulen eine halbe Stund' nach Genügen abgeprügelt. Weil aber solches neidige Bubenstück gar zu lang gewährt, und einem jeden seine Arbeit solle belohnt werden, also ist diesem Neidhard begegnet, da er einst mitten im Prügeln und Geißeln begriffen, daß die Statua oder Bildnuß herunter gefallen und dero steinerner Kopf dem andern seinen Esel-Kopf gänzlich zerschmettert. O wie recht! denn der Neidige schadet niemand mehr als ihm selbst; er ist sein eigener Henker und Tyrann; er schleift ihm selbsten den Degen, mit dem sein Herz immer und immer verwundet wird; er ist dem Tieger so gleich als wie die Wölfinn dem Wolf: dann der Tieger durch die liebliche Musik also ergrimmet, daß er sein eigenes Fleisch mit Zähnen zerbeißt, also der Neider nit weniger ihm selbst das Herz zerreißt, wenn er sieht des Nächsten seinen Wohlstand.

Was der verlorne Sohn für ein Landsmann gewest, ist eigentlich nit bekannt, ich glaube aber ein Irrländer; wie er geheißen hat, ist nit bewußt, ich glaube aber Malefacius; von was für einem Ort er sich geschrieben hab', allweil er ein Edelmann, hat man noch nit erfahren, ich glaub' aber wohl von Mädelsberg und Frauhofen; etc. was er im Wappen geführt,[142] hat es niemand beschrieben, ich glaube aber wohl einen Sau-Magen in grünem Feld. Dieser Gesell reiste mit wohlgespicktem Beutel in die Länder und Provinzen, aber aus denselben ist er nit frömmer, sondern schlimmer kommen; und werden noch gar oft manchem adelichen Jüngling die Länder in Elender verwandlet; auch reiset nicht selten ein guter Germanus aus, und kommt ein schlechter Hermanus nach Haus. Was Ehr' und Ruhm ist es denn dem ansehnlichen Fluß Donau, daß er in die Länder reist, durch Schwaben, Bayern, Oesterreich, Ungarn, endlich aber in die Sau fließt? Der fromme Jakob hat auf seiner Reis' eine Leiter gen Himmel gesehen; aber leider Viele aus unserem Adel finden auf ihrer Reis' eine Leiter in die Höll'! Wenn der Zeit niemand gereist ist, so hält man ihn für einen Stubenhocker, der sein Lager hinter dem Ofen aufgeschlagen; aber sagt mir, liebe Halb-Deutsche – denn ganze seyet ihr schon lang nit mehr gewest – ist es nit wahr, ihr schicket eure Söhn' aus, damit sie in fremden Ländern mit großem Unkosten fremde Laster lernen? da sie doch mit wenigerem Unkosten zu Haus' die Tugenden erwerbten. Spitzfindiger kommen sie nit zurück, ausgenommen, daß sie[143] neue Modi von Spitzen mit sich bringen; galanter kommen sie nit zurück, müßt' nur seyn, daß Galant vom Galanisiren herrühret; herrlicher in Kleidern kehren sie zwar oft nach Haus, es wäre aber besserehrlicher als herrlicher; neue Modi-Hüt', Modi-Parocken, Modi-Krägen, Modi-Röck', Modi-Hosen, Modi-Strümpf', Modi-Schuh', Modi-Bänder, Modi-Knöpf', auch Modi-Gewissen schleichen durch eure Reis' in unser liebes Deutschland, und verändern sich eure Narren-Kittel täglich mit dem Mondschein – es werden bald müssen die Schneider ein hohe Schul' aufrichten, worauf sie Doktormäßig gradiren und nachmals den Titel »Ihr gestreng Hr. Modi-Doktor« erhalten: – wenn ich alle Modi-Röck' von vier und zwanzig Jahren bei einander hätt', ich wollt' darmit fast einen Fürhang vor die Sonnen machen, daß man beim Tag' müßte mit der Latern' gehen, oder wenigst getraute ich mir die ganz Türkei darmit zu verhüllen, daß sich die Konstantinopolitaner möchten einbilden, ihr Mahomet wollt' mit ihnen blind Katzen spielen etc. Eine alte Hex' hat auf Begehren des Königs Saul den Propheten Samuel von den Todten erweckt, damit er durch ihn den Ausgang seiner Waffen wissen möcht'; – es wird bald dahin kommen, daß man auch denselben Schneider und Meister wird wünschen von den Todten zu erwecken, welcher der schönen Esther das Kleid gemacht, als sie den Augen des Ahasveri so wohlgefällig war. Vor Jahren ist in einer vornehmen Stadt eine Kleider-Polizei [144] aufkommen, und durch scharfes Dekret einem jeden über »standmäßig sich zu halten« verboten worden; es hat aber solches eine geringe Zeit gedauert, weßwegen der abgestorbenen Polizei einer diese Grabschrift aufgericht':


Hier liegt begraben
Eine Frau, gefressen von Schaben.
Die papierene Polizei
Der Weiber Pein und Keierei,
Schneider, Kaufleut' und Kramer dazu,
Die wünschen ihr eine ewige Ruh'.

Nimmt also gar zu stark überhand der Kleider Pracht, welche mehrist andere Nationen uns mit höchstem Schimpf spendiren: bringt demnach das Ausschweifen in fremde Provinzen uns Deutschen oft mehr Last als Lust ins Land, etc. Auf gleichem Schlag' hat wenig Guts erlernt der verlorne Sohn in fremden Ländern, sondern sein Studiren war Galanisiren, seine Bücher waren die Becher, sein Lateinischreden war Proficiat, sein Welschreden war Brindisi, sein Böhmischreden war Sasdravi, sein Deutschreden war: gesegne es Gott! etc. mit einem Wort: er war ein sauberer Bruder voller Luder, ein Vagant, ein Bachant, ein Amant, ein Turbant, ein Distillant etc. Nachdem [145] er nun dergestalten das Seine verschwendet in fremden Provinzen, und sammt dem Gewissen auch die Kleider zerrissen, welcher wohl mit Wahrheit hat können sagen dem Vater, was die Brüder Joseph's ohne Wahrheit dem Jakob vorgetragen, als sie ihm den blutigen Rock gezeigt: fera pessima, etc. ein übles Thier hat den Joseph also zugericht, ein übles Thier hat den verlornen Sohn also zugericht, ein übles Thier, der guldene Adler, ein übles Thier, der guldene Greif, ein übles Thier, der guldene Hirsch, ein übles Thier, der guldene Bär etc.; diese Thier' der Wirthshäuser haben das Bürschel also zugericht, daß ihm die Hosen also durchsichtig worden wie ein Fischer-Netz, daß ihm der Magen zusammengeschnurft wie ein alter Stiefelbalg und der Spiegel seines Elends auf dem schmutzigen Wammes-Ermel zu sehen war, etc. Nachdem endlich diesem Früchtl das Sau-Convikt nit mehr geschmeckt, seynd ihm heilsamere Gedanken eingefallen: er solle unverzüglich zu seinem alten Vater kehren und bei dessen Füssen ein glückliches Gehör suchen, welches ihm dann nach allem Wunsch von Statten gangen, und ist dem schlimmen Vocativo sein eigener Vater [146] ganz liebhaft um den Hals gefallen, dem sonst ein Strick am Hals gebühret, ja mit absonderlichen Freuden und Jubeln ist er in die väterliche Behausung eingeführet worden, alle schnelle Anstalt gemacht zur Kuchl und Keller, und mußte gleich das beste und gemäste Kalb geschlacht werden, kocht werden, gerös't werden, braten werden, etc. Auf die Seiten mit den zerrissenen Lumpen! einen sammeten Rock her! einen Hut mit Blumäschi her! einen guldenen Ring her! Spielleute her! allegro! – Unterdessen kommt der andere Bruder nach Haus, hört aber von ferne geigen, pfeifen, leuren, tanzen, hüpfen, jugetzen, jaugetzen etc. Holla! sagt er, was ist das! potz Täubel, was ist das! es wird ja meine Schwester nit Hochzeit haben, hab' ich doch heut' früh noch um keine Braut gewußt! Indem er in diesen Gedanken schwebet, so bringt ihm einer ein Glas Wein zum Fenster heraus. Der Haus-Knecht lauft ihm entgegen mit der Zeitung: sein Bruder sey nach Haus kommen, dem so schlecht in der Fremde gangen, er soll hurtig hinein gehen auf ein kälbernes Brätl! Dieser wurde alsobald hierüber ganz bleich vor lauter Neid, um weilen man seinem Bruder also aufgewartet. Er setzte sich vor der Hausthür nieder, er kifflet die Nägel, er knarret mit den Zähnen, er kratzt im Kopf, er rümpft die Nasen, er seufzet, von Herzen, er fastet und plaget sich also durch den Neid, daß wenig gefehlt, daß er vom Schlag nit getroffen worden. O Narr! Wär' dieser Gispus lieber [147] hinein gangen, hätte den Bruder bewillkommt, und so er ihm endlich auch einen Filz hätt' geben, der ohne das keinen Hut mit sich bracht', hätt' es wenig Schaden verursacht; wär' er mit ihm zu Tisch gesessen, hätte den kälbernen Braten helfen verzehren, auf etliche Gesund-Trünk' fein wacker Bescheid gethan, auch bei der hell-klingenden Schalmeien etc. einen öfteren Hupf herum gesprungen und anderthalb Schuh-Sohlen abgetanzt, so wär' es viel besser gewest, und hätt' Gott nicht also beleidiget; – aber mit seinem Fasten, mit seinem Neid, der ihn mehr gequält, als die feurigen Schlangen das Volk Israel, hat er die Höll' verdient. Sonst ist Trübsal eine Straß' zum Himmel-Saal, sonst ist Leiden ein Weg zu ewigen Freuden, sonst seynd Schmerzen allezeit ein Vortrab des ewigen Scherzen; aber des neidigen Lappen seine Marter ist ein Leihkauf der ewigen Verdammniß.

Christus der Herr nimmt auf eine Zeit drei liebeApostel mit sich auf den Berg Thabor, und zeigt ihnen allda in seiner Erklärung die Glorie in Compendio, den Himmel in einem Abriß, die Seligkeit in einem Modell; zeigt ihnen, was kein Pinsel könne entwerfen, keine Feder beschreiben, keine Zung' aussprechen und kein Herz, fassen, die Glorie seiner Herrlichkeit und die Herrlichkeit seiner Glorie; zeigt ihnen, was ein Abriß gegen den Berg Olympum, was ein Sandkörnlein [148] gegen den babylonischen Thurm, was ein Tröpfel Morgen-Thau gegen das große Meer, was seynd die Welt-Freuden gegen die himmlischen Freuden, zeigt ihnen: daß Schlimp, Schlamp, Schlodi sey aller Reichthum Crösi, daß Dilli Dalli Häusel bauen sey alle Pracht Pompei, daß Lirum Larum sey alle Wohllust Sardanapali gegen die mindiste Ergötzlichkeit des Himmels; zeigt ihnen, wenn der ganze Erdboden soll seyn ein lauteres Papier und das große tiefe Meer eine lautere Dinte und alle gespitzten Gräslein lauter Federn und alle lebendigen Geschöpf' lauter Schreiber, und würden mit diesen Federn, aus dieser Dinte, auf dieses Papier bis auf den jüngsten Tag schreiben alles, was fröhlich, freundlich, friedlich sie möchten ersinnen; so konnten sie dennoch nicht ein halbes Loth der ewigen Freuden erreichen. Nachdem solchergestalten Christus ihnen seine Herrlichkeit und Glorie in etwas entworfen, hat er nachgehends den Berg herab ihnen den Dreyen ernsthaft verboten, sie sollen dieß, was sie gesehen, keinem einigen entdecken, auch den Aposteln nit, auch den anderen Jüngern nit, sondern alles mit genauester Verschwiegenheit verhüllen, aus Ursachen, dafern sie den anderen hätten offenbaret: daß sie Christi des Herrn Verklärung, Herrlichkeit und Glorie gesehen, [149] hätten gleich die anderen Aposteln einen Neid gefaßt gegen diese Dreien, in Bedenkung, daß sie mehr gelten bei dem göttlichen Meister. Aber, o gebenedeitester Gott! soll denn auch ein Neid gefunden werden unter den Aposteln, unter den Jüngern des Herrn, unter denen, die einen vollkommenen Wandel führen? Was dann? auch noch heutiges Tags ist der Neid in den Klöstern, es ist der Neid oft so heimlich in geistlichen Häusern, daß er mit manchen Mönchen zu Tisch sitzet, mit ihnen oft in die Metten aufstehet, mit ihnen ins Capitelhaus gehet, mit ihnen gleiche Kappen traget etc.! Verwundere dich nit! es ist auch das Manna oder Himmel-Brod wurmstichig worden: es ist der Neid ein Wurm, der Kloster-Wandel ein Manna; es ist auch unter dem Waizen im Evangelio ein Unkraut gewachsen: ein Unkraut ist der Neid, der Waizen seynd die Ordens-Leut'; es ist auch unter denen Soldaten Josua ein Dieb gefunden worden: ein Dieb ist der Neid, Soldaten Christi seynd die Geistlichen; es ist auch in der Arche Noe ein schlimmer Bösewicht der Cham gewest: ein solcher böser Gesell ist der Neid, das Kloster ist eine Arche Noe. Dergleichen Exempel scheinet unnöthig beizubringen, weil solche nur gar zu bekannt: ist demnach kein Stand, wo der Neid nit hat Bestand, ist kein Haus, wo der Neid nit hauset, ist kein Platz, wo der Neid nit darein platzt, ist keine Wohnung, wo der Neid nit wohnhaft, ist keine Gesellschaft, wo der Neid nit seine Herrschaft, ist keine Bank, wo der Neid nit seinen Sitz hat.

Was der Neid, wie der Neid, hat erfahrenHabraym unter dem türkischen Kaiser Solyman. Dieser [150] Habraym war aus einem geringen Durf gebürtig, von keinem vornehmen Geblüt, wie die Welt gaggetzt – ob zwar des Bettlers Blut so roth ist als des Edelmanns – es war sein Herkommen von Bauern, sein Einkommen wie bei'n Bauern, sein Auskommen wie unter'n Bauern; aber sein Aufkommen blieb nit bei'n Bauern, und wann schon sein Haus mit Stroh bedeckt war, so befand sich doch kein Stroh in seinem Hirn, sondern sein reifer Verstand und gute Vernunft zogen ihn vom Bauern-Feld ins Kriegs-Feld, zu versuchen, ob ihm der Säbel mehr Glück werde zuschneiden als das Pflug-Eisen. Wie es denn nit lang angestanden, daß er mittelst seiner berühmten Tapferkeit und Kriegsmuth zu hohen Ehren erhoben worden, und wurde er unter den Bassen nicht der geringste geschätzt; ja Kaiser Solyman sahe, daß die Verdiensten seines getreuesten Habraym noch nit nach Gebühr belohnt wären, erkieset demnach ihn zu der höchsten Dignität und Würde nach seiner kaiserlichen Person, und stellt ihn als einen großen Vezier. Habraym aber, ehe und bevor er diesen höchsten Ehren-Gipfel angetreten, da er einst ganz allein bei dem Kaiser war, hat er ihn ganz demüthigist gebeten: Allergnädigster und unüberwindlichster Herr und Gott auf Erden, ich bitt, ich bitt abermalen Euer Majestät, Sie wollen doch meine Person nit mehr erheben, noch ferners befördern, denn sonst wird mir [151] die große Ehr' nichts als Neid und Mißgunst ausbrüten, daß ich nachmals werd' müssen das Leben darüber einbüßen! Darauf schwur ihm der Kaiser hoch und theuer: er wollte ihm gewiß bei lebendigem Leib das Leben nit nehmen. Was geschahe? Hohe Gipfel werden mehrist von den Winden angetast', hohe Thürm' werden gemeiniglich von dem Donner getroffen, hohe Ehren werden gemeiniglich von den Neidern verfolgt, wie das Licht von der Fledermaus. Dahero auch die Neider bei dem Solymanischen Hof nit gefeiert, bis sie ein Feuer angeblasen über den Habraym und denselben bei dem türkischen Kaiser in so großen und schädlichen Verdacht gebracht, daß Solyman gänzlich gesonnen, erst benannten Groß-Vezier zu tödten, konnte aber nit wegen seines abgelegten Eid's. Fragte demnach seinen türkischen Priester, wie doch dießfalls der Sach' zu rathen wäre? Der gab ihm unverweilt diesen Bescheid: Er könnt' es nit in den Kopf bringen oder glauben, daß die Schlafenden unter die Lebendigen zu zählen; derowegen soll der Kaiser den Habraym im Schlaf lassen erstechen; denn auf solche Weis' konnte auch der Eidschwur unverbrochen bleiben, welcher einig und allein dieses Laut's gewest, daß dem Vezier bei lebendigem Leib' nichts übles widerfahren sollte. Darauf dann die Exekution schleunig erfolgte und ein Kämmerling bei nächtlicher Weil' den berühmtesten Habraymum erstechen [152] müssen. Also bleibt darbei, daß der Neid seine Frei-Tafel zu Hof habe, und hat solcher Hof-Hund schon manchen dergestalten gebissen, daß ihm die Wunden noch schwürig seynd. Verwundere aber sich niemand hierüber! dann es bereits der Welt-Lauf, daß derjenige beneidet wird und verfolgt, der wohl dienet, deßwegen liest man das WörtlDien zurück Neid.

Was der Neid, wie der Neid, hat erfahren Bellisarius, dieser weltkundige Kriegs-Fürst. Nachdem dieser über drei Theil' der Welt triumphirte, nachdem er in Asia den persischen König Cosroen, in Afrika den Gilimer, in Europa den gothischen Monarchen Theodatum obgesieget, nachdem er bei Rom in einem Tag neun und sechzig tausend der Feind' erleget, nachdem er das römische Reich vermittelst seines unüberwindlichen Heldenmuths in höchsten Glück-und Ehrenstand gesetzt und alles überwunden, ausgenommen die Neider, welchen das große Lob und Glück Bellisarii also mißfallen, daß sie so lang untergraben, wie die Maulwürf', daß sie so lang gegrüblet, wie die Hennen in dem Sand, daß sie so lang alles durchsuchet, wie die Bein in dem Garten, bis sie endlich das Herz des Kaisers umgekehrt, den Bellisarium in Ungnad' gebracht, daß zuletzt dem mächtigisten Welt-Helden die Augen seynd ausgestochen worden, damit er den Neid mit blutigen Zähren möchte beweinen; – der arme Tropf, nachdem er keine Augen mehr hatte, konnte erst recht sehen, was der Hof-Neid für scharfe Zähn' habe; sein Elend wuchs so weit, daß er auch das Bettelbrod von dem Vorbeigehen sammeln mußt', und zählte gar oft seine wenigen Pfenning in seinem hölzernen Schüsserl, dem vorhero [153] ganze Königreiche zu eng waren. Ich glaub' gar wohl, er sey oft auf einem Eckstein der Gassen gesessen, seinen Hut auf seinen Stecken gesetzt, selben oft um und um gedrehet und darbei das wankelmüthige Glück betracht'. Führwahr, fürwahr hat Belisar, der arme Narr so ganz und gar, ja sonnenklar genommen wahr, daß Neid-Gefahr die Tugend plage immerdar, dieß folgende Liedl gesungen:


Gebt doch dem Bellisario –
Ich bitt um Gottes Willen –
Ein Stückel Brod, so ist er froh
Und kann den Hunger stillen:
Der blinde Mann nimmt alles an,
Daran ist gar kein Zweifel;
War vor dem Fall ein General,
Jetzund ein armer Teufel.

Der Neid ist wie ein gewisses Glas, welches die ABE-Schmid das Mücken-Glas nennen; denn so jemand durch dieses Glas eine Mucken anschaut, so gedunkt ihm dieß fast so groß zu seyn, wie ein schwarzer Ketten-Hund. Denn solches Glas alles vergrößert. Wenn man einen Floh durch dieses Glas beschauet, so scheint er schier als wie ein halb-gewachsenes Rhinoceros aus Armenia, etc. Also auch vergrößert der Neid den allergeringsten Mangel des Nächsten, schneidet aus einem jeden unbehutsamen Schritt ein Sacrilegium, schnitzlet [154] aus dem geringsten Wörtl eine Gotteslästerung, kocht aus einem jeden ehrlichen Gespeis' einen Ehebruch; und wanns zum Loben kommt und er zu des Nächsten Ruhm auch etwas soll setzen, so wäre vonnöthen, man thäte dem Phantasten die Zung' lösen; da man aber den Nächsten ausrichtet und durch die Hechel zieht, da schreibt er gleich mit Fraktur-Federn darein, etc.

Was der Neid, wie der Neid, hat erfahren, der hl. Gregorius Bischof zu Agrigent. Wie dieser fromme Mann durch göttliche Anordnung zu dieser hohen Würde gelanget, seynd ihm dessentwegen zwei sehr neidig gewest. allweilen sie selbst um solche gebuhlet, haben auch allerlei teuflische Anschläg' erdicht', wie sie doch möchten den frommen Mann in öffentliche Schand' und Unehren stürzen. Nachdem er einmal bei nächtlicher Weil' dem Gottesdienst emsigist abgewart', haben unterdessen erstgedachte zwei Bösewicht' Sabinus und Tesselinus einen allbekannten Stadt-Fetzen und beschreites Weibsbild durch Geld dahin bered't, daß sie sich in des Bischofs Bett gelegt. Nachdem er dann von der Kirchen nach Haus durch die ganze Geistlichkeit, dem Gebrauch nach, begleit' worden, springt dieser unverschämte Grind-Schippel in Beiseyn Aller aus dem Bett, wodurch das Geschrei alsobald mit 6 Flügeln gleichsam hin und her [155] geflogen, die ungezämten Zungen freimüthig darein platzten: Gregorius sey ein sauberer Bischof, schicket sich zum Bisthum, wie eine krumme Sichel in eine Messerscheid. Ja, ja, sagte mancher, die Geistlichen seynd wie die Glocken, die leuten anderen in die Kirchen und sie bleiben selbst daraus, sie machen uns die Höll' so heiß, den Teufel so schwarz, Gott so streng, und sie ludern mehr als wir Zärtling! jetzt sieht man, was eine Kutten zuweilen für ein Schelmen-Futeral sey! etc. Dergleichen Spott-Wörter führten die Welt-Mäuler, die alle zu verstopfen viel Baumwolle vonnöthen wäre. Es war auch die Geistlichkeit über dieß nit ein wenig geärgert. Absonderlich aber diese zwei Neidhard' schrien diese Geschicht' aus mit solchem Ungestüm, daß sie fast so heiser worden wie ein abgestandener Musikant. Ihr Neid wirkte endlich so viel, daß man Gregorium in den öffentlichen Kerker geworfen, und auf alle Weis' das saubere Paar Erz-Schelmen dahin gedrungen: man sollte Gregorium aller Würden entsetzen. Aber Gott defendirte seine Unschuld, indem zum öftern in Gegenwart Vieler die eisenen Banden wunderbarlich von den Füssen gefallen; die zwei gottlosen Neider aber in dem Angesicht ganz kohlschwarz worden, mit welcher höllischen Larven sie sattsam ihre Unthat an den Tag gegeben. O allerliebster Gott und gerechtister Richter! so du öfter dergleichen Farb' sollest anstreichen denjenigen, welche [156] aus Neid einen verfolgen, und weiß nit was erdichte Schandthaten ihm ankleben, wie viel würden müssen ihr Vaterland in Mauritania suchen und in dem Angesicht den schwarzen Cordabon tragen, weil sie einwendig Corda mala verborgen!

Was der Neid, wie der Neid, hat erfahren jenerKirschner zu Wien, welcher sich gar wohl, ob zwar arbeitsam, bei dem Seinigen befunden; auch weil er Gott forderist vor Augen gehabt, die heil. Messe an keinem Tag ausgelassen, so ihm nicht die Unpäßlichkeit des Leibs eine Verhindernuß gemacht, ist er desto mehr in seiner Hauswirthschaft und Habschaft gesegnet worden, welches dann bei seinen Nächsten den Neid desto mehr anflammete. Als nun gedachter Kirschner um etlich hundert Thaler schöne Zobel-Bälg' waschen wollte, ist der andere aus verdammtem Neid so gewissenlos und wirft unvermerkt einen ungelöschten Kalk ins Wasser. Nachdem dann der gute Kirschner seiner Meinung nach die Zobel genugsam gewaschen und nachmals aufgehenket, so seynd ihnen die Haar' alle ausgefallen, als hätten die Häut' ein hitziges Fieber gehabt, und hat der arme Mann mit weinenden Augen müssen sehen, daß er aus einem Kirschner ein Barbierer worden. – Der Neid ist halt also geartet, daß ihm nit wohl, so lang dem andern wohl, es ist ihm damalen übel, wann es dem Nächsten nit übel gehet. Die heiligen Lehrer seynd mehristentheil der einhelligen Aussag', [157] daß eine unzählbare Menge der bösen Feind' in der Luft zwischen Himmel und Erden schwebe, dennoch aber allerseits ihre Höll' leiden, weil nämlich der Neid, den sie schöpfen, in Ansehung der großen Gnaden, welche Gott den sündigen Menschen auch nach, vielfältigem Fall ertheilt, ihnen anstatt der höllischen Pein ist.

Was der Neid, wie der Neid, erfahren auch die Prediger, und hat's erfahren der heilige Bernardinus Senensis, welcher bei seinen apostolischen Predigten einen solchen Zulauf hatte, daß man vermeint, die ganze Welt hange an der Zungen Bernardini. Aber es hatte dieß bei etlichen solchen Neid angezünd't, daß sie so gar bey dem Pabst Martino V. diesen Bernardinum angeklagt, und neben andern vielfältigen Injurien forderist angeben, wie daß Bernardinus eine neue Manier im Predigen aufbringe und auf der Kanzel allzeit eine gewisse Tafel, worauf der süßeste Name Jesus, dem Volk zeige. Solche Neider waren so emsig in der Verfolgung, daß sogar dieser apostolische Prediger nach Rom citirt worden, daselbst sich zu verantworten. Es ist aber hierdurch des gottseligen Manns Lob nur vergrößert worden bei dem päbstlichen Stuhl, und denen Neidern über Willen die Nasen verlängert worden. – Es ist mit einem Wort, der Neid ein steter Begleits-Mann des Lob's und der Tugenden. Und gleichwie kein Licht ohne Schatten, also auch keine Ehr' und Lob ohne Neid.

Was der Neid, wie der Neid, hat erfahren David[158] von dem Saul, der Adam von dem Luzifer, der Jakob von dem Esau, der Isaak von den Palästinern, der Mardochäus von dem Aman, der Abel von dem Kain, Petrus de Vincis beim Hof Kaisers Friederici II., Cornelius Gallus beim Hof Kaisers Augusti, Clitus beim Hof des großen Alexandri, Plaucianus beim Hof Kaisers Severi; Seianus beim Hof Kaisers Tiberii, Eutropius beim Hof Kaisers Theodosii des Anderen, Narsetes beim Hof Kaisers Phocä, Carbulo beim Hof Kaisers Neronis.

A Dio! so bessert denn euch, ihr Neider und Neidhard, ihr Neidhund, ihr Neidfalken, ihr Neidteufel, ihr Neidbrüder, ihr Neidverwandte des Judä Iscarioth des Erz-Schelms! Bessert euch, wofern ihr nicht wollt mit diesem ewig, ach! ewig von Gottes Angesicht verworfen und an die Ketten der ewigen Verdammnuß angefesselt werden, allwo unendliches Heulen und Zähnklappern das schmerzliche Ewig – Ewig – augenblicklich vergrößert!

Ob Judas der Erz-Schelm einen rothen Bart habe gehabt
Ob Judas der Erz-Schelm einen rothen Bart habe gehabt, und was Leibes-Gestalt er gewesen sey.

Ambrosius, Orosius, Augustinus, Viktorinus, Tostatus, Alciatus, Nissenus, Emissenus, Aurelius, Cornelius, [159] Gregorius, Berchorius, Lyranus, Cassianus, Ferrerius, Pererius haben die heilige Bibel ziemlich durchgeblättert, dero Blätter ziemlich durchlesen, dero Lesen ziemlich in den Verstand, von dem Verstand in die Feder, von der Feder auf das Papier gebracht; aber niemand aus diesen registrirt, keiner aus allen protokollirt, nicht einer aus solchen citirt, daß Judas habe einen rothen Bart gehabt.

Wo steht es denn geschrieben? – Ja man mahlt ihn gemeiniglich mit einem solchen philistäischen Fuchs-Balg'! Ich antwort: die Mahler haben große Privilega, das ist Brief-Lügen: sie haben öfter die schamhafte Farb' im Pinsel als im Gesicht, sie thun oft etwas mahlen, welches wahr ist niemahlen. Dahero schickt sich nichts besser, als wenn ein Poet den Mahler zum Gevattern bitt'; denn fingere und pingere seynd die vertrautesten Spießgesellen. Auch soll jenem arkadischen Scholaren sogar nit für übel aufgenommen [160] seyn worden, als er auf Befragen: was mentiri auf deutsch heiße? mahlen geantwortet. Denn der Mahler-Pinsel ist nit skrupulos, und ob er schon aus Haaren bestehet, so geht er dennoch nicht ein Haar auf die Wahrheit.


– – – – Pictoribus atque Poëtis
Quilibet audendi semper fuit aequa potestas.
Dichten können nach Begnügen
Alle Mahler und Poeten;
Dürfen sie doch tapfer lügen,
Wann die Wahrheit schon vonnöthen.

Wann öfter ein Mahler thäte einbüßen, wie jener, von dem Gumpenberger in seinem Atlante schreibet, daß er in Mahlung eines Unser Frauenbilds mit diesen Worten gefrevlet: Wann das Bild wird Mirakul wirken, so werden mir Hörner wachsen! und siehe, wie der Frevel auf der schnellen Post die Straf' von dem Himmel holt! – er hatte kaum ausgeredet, da seynd ihm auf der Stirn' zwei Hörnet herfür geschossen, welche zwei scheinbare Zeichen und Zeiger waren seines verübten Muthwillens! Man muß dahero der Mahler Freiheit oder Frechheit nit für ein [161] unläugbares Beweisthum anziehen, daß Judas einen feyertäglichen Bart habe gehabt; sondern es ist gar wohl zu vermuthen, es seye der einige Nam' Iscarioth die Haupt-Ursach solches gemeinen Wahns und Aussag': Dann die plumpen Leut' Anfangs das Wort Iscarioth für Ist gar roth verstanden; ist also solchergestalten dem Judä solche Farb' in Bart gerieben worden.

Gesetzt aber, es hätte Judas eine solche erwähnte Rubrikam um das Maul gehabt, was folgt dann daraus? Vielleicht beliebt dir zu reden: Judas habe einen rothen Bart gehabt; ergo, alle die rothe Bärte haben, seynd Erz-Schelmen. Wann dem also, so wäre kein einiger Bart von großem Schimpf befreit. Der Teufel ist in Gestalt eines Manns mit einem braunen Bart in die Wüsten gangen und Jesum versucht; ergo, so seynd alle Männer mit braunem Bart Teufel. Der Absalon hat krause Haar' gehabt; ergo, alle, die krause Haar' haben, seynd verruckte Bösewicht' und gewissenlose Rebellen wider ihre Eltern. Die zwei alten, mehr baberlonischen als babylonischen Richter bei Susannam [162] haben weiße Bärt' gehabt; ergo, alle die weiße Bärt' haben, seynd solche bockbergerische Ehebrecher; Pilatus der Landpfleger (oder besser gered't der Schandpfleger) hatte einen schwarzen Bart;ergo, alle die schwarze Bärt' haben, seynd Feind' und Widersacher des göttlichen Heilands. O wie ungereimt lauft dein Argument! Des Balaams Eselinn hat gered't; ergo, wird dein Esel zu Haus auch mit der Sprach' heraus und dich salve Frater: willkomm' Bruder! anreden.

Dafern es aber sollte der Wahrheit gemäß seyn, daß Judas mit einer solches Safran-Farb' wäre notirt gewesen, wo steht es denn geschrieben, daß rothe Bärt' nichts nutz seynd? Wann solche Aurora den wenigsten Schimpf oder Spott in sich hielte, hätten mit denselben nicht geprangt die alten Römer, welche sogar auch die rothen Haar' als eine besondere Zierde zu ihrem Namen und Titul selbsten gebraucht. Solche waren SP. Latius Rufus, Serg. Sulpitius Rufus, Cn. Domitius Rufus, Q. Minutius Rufus, P. Rutilius Rufus, Q. Pompejus Rufus, lauter rothbärtete Männer, welche durch ihre heroische Tapferkeit in den asiatischen, thrazischen, cimbrischen, kretischen, partischen, illirischen Kriegen einen unsterblichen Namen erhalten. Wer ist gewest der sieghafte Kaiser Friederikus [163] Barbarossa, als eben ein Rothbart? Wer ist gewest Haquinus Rufus, ein bester König aus Gothen, als ebenfalls ein Rothbart? Gaudentius ein hl. Bischof, Gandulphus ein heil. Bischof, Eligius ein heil. Bischof, Domninus ein hl. Märtyrer, Maurinus ein heil. Märtyrer, Savinianus ein hl. Märtyrer haben alle einen rothen Bart und eine gute Art gehabt.

Es schreibt zwar Boz de Signis Eccl. lib. 5. cap. 1. daß derjenigen zweien Bösewicht', welche die heilige Ludomillam in Böheim ermordet, einer habe einenrothen Bart gehabt, der andere aber gehunken; dahero sie Gott im ganzen ihren Geschlecht und allen Nachkömmlingen dergestalten gestraft, daß noch auf heutigen Tag, die von dero Haus oder Freundschaft herkommen, rothe Haar haben und hinken. Es möcht' hierinfalls ein Nasenwitziger sein übles Urtheil von dem rothen Bart behaupten, mit dem Vorwand', daß, wann rothe Haar etwas Guts wären, so hätte der gerechte Gott solches Geschlecht und Kinds-Kindskinder nicht darmit gestraft. Dem ist aber zu antworten, daß solches mehr geschehen zu einem Denkzeichen der verübten Unthat ihrer Vor-Eltern, als zu einer Straf, zumalen solche Nachkömmlinge dießfalls unsträflich scheinen. Wann rothe Haar ein vermuthliches Kennzeichen wären einer schlimmen Art, so hätte Gott etwann nit so ausdrücklich verlangt in dem alten Testament, daß man ihm soll eine rothe Kuh schlachten und opfern.

[164] Die abgesagten Feind' und Spöttler der rothen Bärte müssen nicht für ihre Schutzung anziehen die ungerühmte That eines spanischen Edelmanns, welcher einen zu dem Strang verurtheilt und henken lassen, keiner andern Ursach halber, als weilen er einen rothen Bart hatte; und als man dessen Unschuld vorkehrte, wie wissentlich nit bekannt seye, daß dieser gute Mann etwas Uebles gethan, denen hat der verruckte Edelmann geantwortet: Er hat einen rothen Bart, hat er nichts Uebels gethan, so hätte er doch etwas Uebels stiften können. Dieser spanische Prophet kommt mir wahrhaftig spanisch vor, indem er seine Weißsagung nur auf solches rothfärbiges Testimonium steifet.

Die alten heidnischen Grillen-Vögt hatten unterschiedliche abergläubige Wissenschaften, woraus sie künftige Begebenheiten abnehmen; und zwar eine hat geheißen Metoposepia, eine andere Chiromantia, eine andere Batonomantia, eine andere Capnomantia, eine andere Piromantia, eine andere Coschinomantia, eine andere Cleromantia, eine andere Geomantia, eine andere Hydromantia, eine andere Lecanomantia, eine andere Gastromantia, eine andere Axinomantia, eine andere Aeromantia, eine andere Physiognomia, und diese letztere thäten sie allein gründen auf das Angesicht des Menschen, aus dem sie künftige Sachen auskundschaften, aber von keiner Barbomantia oder Narromantia [165] hab' ich niemals gelesen: daß man aus einem rothen Bart soll können abnehmen: einer werde künftig nichts Guts thun. – Auf solchen Schlag wirft ein rother Bart dem freien Willen einen ziemlichen Prügel unter die Füß', und hat er mehr Macht als die obern Gestirn des Himmels, welche doch mit ihren Influenzen den Menschen zu einer Sach' nur neigen und nicht zwingen noch dringen.

Im Uebrigen ist der Bart einem Mann eine absonderliche Zierde, und wird solcher nicht wenig von der Feder des großen Vaters Augustini hervor gestrichen. Barba significat fortes, impigros, alacres etc. »der Bart ist ein Anzeiger eines starken, tapfern und wackeren Manns.« Dahero nicht wenig darmit geprangt Hans Steiniger, Burger und Handelsmann in der Stadt Braunau in Nieder-Bayern. Dieser hatte einen solchen Bart, daß er solchen zwei Spann auf der Erden zoge, und dessentwegen die mehriste Zeit solchen Bart in einem schönen sammeten Beutel getragen, wie dieses genugsam bestätiget sein aus Marmor gehauter Grabstein in der Kirchen-Mauer zu Braunau. Wann der Bart nicht eine sondere Zierde des Manns wäre, hätten die Legaten und Abgesandte des Königs David jenen Schimpf nicht so hoch angezogen, welchen sie erlitten von dem ammonitischen König Hanon, [166] der ihnen die Bärt' hat halbentheil lassen abscheeren; wessenthalben ihnen der David anbefohlen, sie sollen zu Haus bleiben, bis ihnen der Bart wiederum wachse. Aber bei jetziger verkehrter Zeit ist nicht allein das Aufschneiden, das Ehrabschneiden, das Umschneiden im Schwung, sondern auch das vielfältige Bartschneiden, daß man fast alle Tag eine neue Modi im Bart reibet; ja man find't dermalen wenig Bärt', sondern nur Bärtl, welche oft dergestalten zugespitzt seynd, wie die subtilesten Miniatur-Pinsel: bald reibt man und treibt man solchen hinaufwärts, daß diese wenigen Haar' über Willen müssen bergauf stehen; bald lehnt man und wend't man diesen herab, daß sie einen halben Mondschein müssen nachäffen; bald streckt man und reckt man beederseits aus, wie die angenagleten Hennengeier an dem Jägerhaus. Jetzt sieht man alte Gecken und betagte Narren, die ihr zahnluckendes Maul außerhalb also renoviren, daß es fast einem gearbeiten Sau-Leder gleichet, und bleiben bisweilen zwei winzige Büscherl Haar unter der Nasen, daß sie also zeigen, der Grund sey nichts nutz, weilen so wenig Gras wachset. Pfuy der bethörten Welt! Sollen uns dann nit die Controfee unserer Vor-Eltern mit ihren großen Bärten schamroth machen, weilen wir sogar [167] die Ueppigkeit im Bartzüglen und auf solche Weis-Gott und die Natur schimpflich corrigiren wollen. Solcher Uebermuth und Hoffart in den Bärten kann ebenfalls unsern Herrn beleidigen, wie ihn beleidiget haben jene Lotters-Buben und muthwilligen Hebräer, welche dem beschmerzten Jesu im währenden seinem Leiden Haar und Bart ausgerupfet; Dedi Genas meas vellentibus.

Jene tyrannische Verfolgung, welche der gottloseDecius wider die Christen führte, soll aus sonderer Verhängnuß Gottes geschehen seyn, schreibt der heil. Cyprianus, weilen Gott den Uebermuth der Christen nicht mehr erdulden konnte. Unter andern Gott mißfälligen Werken setzt er auch die damalige eitle Pracht der Bärt': Corruptas barbas in viris. Möcht' einer doch solchen Bart-Hansen und Bartprallern und Bartpflanzern vergunnen jene Straf', wel che der hl. Mann Patricius einem Dieb von Gott erbeten. Dann als solcher erstgedachtem heil. Mann einen Geisbock entfremdet und selben für seine Kuchl abgestochen, ist ihm alsobald, nachdem er den ersten Bissen gekostet, ein [168] ganz natürlicher Geisbart gewachsen; mit welcher Straf auch seine ganze verwandte Nachkömmlingschaft gezüchtigt worden, daß sie niemalens insgemein ohne Hohn und Gelächter nur die Geisberger seyn genennt worden. – Gebt Acht, ihr stolzen Bartpüffer, seyd gewarnet, ihr hoffärtigen Bartraspler, daß ihr nicht auch unter jene Bocksberger gerathet, welche der gestrenge Richter am jüngsten Tag auf die linke Seiten stellen wird! Hoedos autem a sinistris.

Ist demnach ohne weiters Krausen und Zausender Bart von der Natur dem Mann für eine Leibs-Zierde gespendirt worden; und der kein ehrlicher Mann ist, der ist nicht werth, daß er einen Bart trage. Wie es jenem Bauersmann Namens Joscelino ergangen: wie dieser einen falschen Eid über die Heiligthümer des heil. Märtyrers Mauri abgeleget und zugleich zu mehrerer Bekräftigung seines Juramenti seinen langen Bart in der Hand hielte, ist ihm solcher durch göttliche Straf alsobald ausgefallen, daß er den ganzen Bart hinweg gezogen und nachmals solches nackende Maul und lederne Goschen bis in den Tod behalten. Weilen dann der Bart' für eine Zierd' des Manns jederzeit gehalten wird, warum soll hierinfalls der rothe Bart Farb halber dieses Tituls oder Preis-Namens beraubt werden, da doch die rothe Farb als[169] königlicher Purpur unter anderen Farben den Vorsitz prätendiret.

Es kann demnach mit keinem Fundament oder sattsamen Grund geglaubet werden, daß Judas habe einen rothen Bart gehabt; und dafern auch solches möchte mit vielen Zeugnissen bestättiget werden, so muß man doch mit gutem Gewissen aussprechen, daß der rothe Bart den Judam zu keinen Schelm gemacht habe.

Was anbelangt die Leibs-Statur des Iscariothischen Bösewichts, ist zu wissen, daß solcher vonkeiner feinen Leibs-Gestalt oder Mannsgröße gewesen sey, sondern klein von Statur; daß also der mildherzige Heiland sich gebuckt und geneigt hat, wie er von diesem verruchten Männ'l den falschen Kuß empfangen. – Nun ist wohl zu vermuthen, daß mancher große Feder-Hans nach solcher Erfahrenheit die kleinen Leut' wird schimpfen, daß sie auch nichts nutz seyn – welches aber aller Vernunft zuwider; dann die kleine Leibs-Gestalt hat den Judas nit zur Bosheit geholfen. Ihr ungereimten Ehrenstutzer wißt bald nicht mehr, mit was verklienerischen Schimpferl und spottvollen Namen gegen die Kleinen ihr sollt verfahren. Ihr nennet sie punkete Krotten, Berchtlesgadner- Waar, [170] kleine Pumpernickl, kleine Spitzkappen, Grillen-Reiterl, abbrevirte Menschen, Pasteten-Männ'l, Daum-Häus'l, Compendia der Menschheit! etc. tausenderlei After-Reden erdicht' euer Aberwitz und Frevel. Ey du ungesalzene Welt! wie magst du deine Schnader-, Hader- und Kater-Zungen sogar nit zähmen! es ist ja dein Verstand sogar noch nicht schwindsüchtig, daß er nicht weiß, daß Schand' und Schad' eines Menschen, daß Lob und Lieb eines Menschen von seinem Gemüth, und nicht von seinem leimsüchtigen Leib' abzunehmen. Wie Viele zählt man, welche die schönste, geradeste und wohlgeschaffenste Leib's-Gestalt gehabt, und dennoch unter solchem glatten, g'raden, alabasterischen Oberzug die größten Laster oder eselischen Unverstand verhüllt getragen! entgegen wie Viel' weiß man, so da eines schlechten, übelgeschaffenen, kleinen und mangelhaftigen Leibs gewesen, und gleichwohl im Wissen und Gewissen die berühmtesten waren!

Heilig, und abermal heilig, und tausendmal heilig ist das Evangelium Matthäi, das Evangelium Lucä, das Evangelium Marci, das Evangelium Joannis. Denn alles, was Joannes geschrieben, was Marcus geschrieben, was Lucas geschrieben, was Matthäus geschrieben, ist geschrieben durch Eingebung, durch Angebung, [171] durch Mitgebung des hl. Geist's und dessentwegen heilig. Und weilen es heilig, ist es dessent wegen ohne Fehler; und weilen es ohne Fehler, so ist es dessentwegen voll der Wahrheit; und weilen es voll der Wahrheit, so ist es dessentwegen zu glauben. Der hl. Joannes Chrysostomus bezeugt, daß zu seiner Zeit der böse Feind aus einer besessenen Person habe gezwungen bekennt: wo das hl. Evangeli-Büchl gefunden werde in einem Haus, allda habe er sammt seinem Anhang einen geringen Zutritt. Cedrenus notirt, daß ein heiligmäßiger Bischof sey zu den Rossern, als einem groben barbarischen Volk, abgeschickt worden, selbigen das Evangelium zu predigen, haben solche aus anartiger Hartnäckigkeit kein anderes Gesatz wollen annehmen, außer solches wurde durch scheinbares Wunderwerk bekräftiget; worauf der hl. Bischof aus göttlicher Eingebung das Evangeli-Büchel in einen brennenden Ofen geworfen, darinnen es etlich' Stund' in den aufsteigenden Flammen unversehrt geblieben, welches nachmal ein sattsamer Anlaß war zu dero Bekehrung. Dieß und dergleichen mehr Zeichen und Zeugen, daß nichts in dem Evangelio, so nicht heilig, und nichts heilig, so nicht wahr sey. Alleinig möcht' ein Limmellius gefunden werden, welcher absonderlich auf das äußerliche Ansehen gehet und viel auf die Leibsgröße hält, wormit ein Ochs, Schwere halber, besser zu prangen, als ein Mensch. Ein solcher möcht [172] an einem Ort des Evangelii schier wanken, ob es gar füglich zusamm gestimmt sey, benanntlich folgende Wort' des Evangelii Lucä: Ecce, Vir nomine Zachaeus: Siehe, da war ein Mann genannt Zachäus, und gleich folgt darauf: statura pusillus, er war klein von Person. Klein von Person und ein Mann genennt werden, wie reimt sich das? Jene Dornhecken, in welcher der Patriarch Abraham zum göttlichen Opfer einen Widder gefunden, einen Wald zu nennen, schickt sich nicht; jenes Schiffel, in welchem Jesus geprediget, ein Schiff zu nennen, reimt sich nit: docebat de navicula turbas; jenen Bach Cedron, wodurch die unmenschlichen Henkers-Gesellen und Troßbuben den gebenedeiten Jesum geschleift haben, einenFluß zu nennen, reimt sich nit, zumalen David selbsten sagt und singt: de torrente in via bibet; jenes Königl in dem Evangelio einen König zu nennen, schickt sich nicht, weilen es der heil. Geist selbsten also benamset; erat quidam Regulus. – Warum soll denn Zachäus als klein von Person ein Mann genennt werden und nicht ein Männ'l? Ecce, Vir nomine Zachäus! Höre, du großer und mit langen [173] Häxen unterstützter Polyphemus, was dir die göttliche Schrift unter die Nasen reibt, weilen du so nasenwitzig fragest: Non spernas hominem in visu suo, et non laudes virum in specie suà: Veracht einen Menschen nicht aus seinem äußerlichen Ansehen, und lobe einen Mann nicht um seiner schönen Gestalt willen! Zachäus war klein von Person, daß er auch dessentwegen das Baumsteigen zu Hilf genommen, damit er möchte über das Volk aussehen und nicht gar von dem groben Gesindel zertreten wurde; dennoch aber gibt ihm der heilige Geist den schönen Preis-Namen eines Manns, weilen die Mannheit, Tugend und Tapferkeit nicht von dem Leib, sondern von dem Gemüth abzumessen, welches so groß kann seyn in einem kleinen Leib, als in einem großen.

Kommt her, ihr überwachsenen Beschnarcher, ihr aufbäumte Hopfen-Säck', ihr goliathische Großschädel, die ihr allein auf das äußerliche Gesicht und Gewicht viel haltet! kommt her und beschaut viel kleine Leut', die euch im Ruhm und Glorie weit übersteigen! Alexander Macedo klein von Person, entgegen aber ein weltberühmter Held! Asineus, ein Kriegsfürst der Juden klein von Person, aber ein weltkündiger Soldat! David in Israel klein von Person, aber ein unbeschreiblicher [174] Monarch. Edgarus ganz klein von Person, aber ein glorwürdigster König in Britannia! Pipinus so klein von Person, daß ihm solcher Nam' schimpfweis' gegeben worden wegen der kleinen Hühnel, welche nur Pi Pi singen, aber ein erfahrnester Held und Herr! Bajazethes klein von Person, aber ein preiswürdigster Fürst bei den Türken! Wladislaus der dritte König in Polen war nur eine Elle lang – dessen wahre Abbildung in der kaiserlichen Schatz-Kammer zu Wien gezeiget wird – und dannoch ein guter König! Robertus der Pfalzgraf klein von Person war doch in größtem Ansehen bei dem böheimischen Reich! Galeaceus Gonzaga war klein von Person, und doch eines ungemeinen Heldenmuths! Viel andere mehr fast ohne Zahl und Ziel, welche klein von Person aber groß im Namen, werden allhier umgangen. Verwundert euch alleinig und einig über den heiligen tharsenischen Prediger Paulum! Paulus eine Angel, ein Engel, ein Engel, eine Angel, eine Ampel, ein Amper, ein Amper, eine Ampel, eine Feil', ein Pfeil, ein Pfeil, eine Feil', ein Agtstein ein Eckstein, ein Eckstein, ein Agtstein, ein Netz, ein Nutz', ein Nutz', ein Netz, ein Brunn', eine Brunst, eine Brunst, ein Brunn', ein[175] Vogl, ein Veigl, ein Veigl, ein Vogl; Paulus einVogel, der fast nichts anders gesungen, als den süßesten Namen Jesu; sogar auch wie er enthaupt' ist worden, ist das heil. Haupt dreimal in die Höhe gesprungen und jedesmal den allerheiligsten Namen Jesu ausgesprochen. Paulus ein Veigl, welches einen solchen lieblichen Geruch der Tugenden von sich giebt, daß es die ganze Welt nach sich gezogen:Christi bonus odor sumus. Paulus eine Brunst, zumalen er in den Liebes-Flammen zu seinem Jesu dermassen erhitzet war, daß ihn weder Stangen noch Zangen, weder Sabel noch Gabel, weder Noth noch Tod konnte von der Lieb' abhalten. Quis ergo nos separabit a caritate Christi? Paulus ein Brunn', aus dem die Welt die reinste Lehr' geschöpft. Paulus einNutz' der katholischen Kirchen, weilen er so viel' Seelen gewonnen, als Gott dem Abraham schimmernde Stern' gezeigt in dem Himmel; Paulus einNetz, womit Gott große Sünder gefischt, welche im Grund' und Abgrund' der Laster und Irrthum gestecket; Paulus ein Agtstein: gleich wie dieser die Haarsplitter und andere leichte Ding' zu sich ziehet, also zog Paulus viel leichtsinnige, leichtfertige Sünder zu sich und bekehrte dieselbigen; [176] Paulus ein Eckstein, auf welchen Gott das Heil so unzählbarer Seelen gebauet hat; Paulus ein Pfeil', den Gott insonderheit abgeschossen in die Welt, so viel harte Herzen zu verwunden; Paulus eine Feil', welche den Rost der Sünder von den Seelen unabläßlich abzuwenden sich beflissen; Paulus ein Amper, mit dem wir aus dem Brunnen der göttlichen Weisheit so viel unbekannte Geheimnissen geschöpft; Paulus eineAmpel, durch welche die ganze breite Welt erleuchtet worden; Paulus ein Engel (oder besser gered't) ein Schutz-Engel der ganzen Christenheit; Paulus eine Angel, wormit so viel arme vertiefte Sünder zum Gestad' der ewigen Seligkeit gezogen worden. Paulus hat gepredigt und hat bekehret ganz Seleuciam, ganz Eypern, ganz Salamis, ganz Paphum, ganz Pergen, ganz Pamphyliam, ganz Antiochiam, Lystriam, Derben, Licaoniam, Phrygiam, Galatiam, Cappadociam, Macedoniam, Misian, Achaiam, Bithyniam, Asiam, Syriam, Tyrum, Ptolomaidem, Cäsaream, Griechenland, Spanien, Frankreich, ja fast die ganze Welt. Das muß ein Mann gewest seyn! Paulus sogar in den dritten Himmel verzuckt, sogar in der Insel Malta alle Schlangen in Stein verwandelt, sogar wie er enthauptet worden, ist anstatt des Blut's Milch geronnen, und mit seinem Schweiß-Tüchel Mirakul gemacht. Das muß ein Mann gewest seyn! Vielleicht bildet ihm ein jeder ein einen großen Mann mit krausen Haaren, mit völligem Angesicht, mit schöner großer, wohlgeschaffener Leibs-Gestalt? Nichts weniger als dieses: er war klein von Person, bucklet auf dem Rücken, glatzet auf dem Kopf, langnaset im Gesicht, [177] verächtlich im Ansehen – und dennoch Paulus ein Schatz, ein Schutz, ein Schütz, eine Schanz der ganzen Welt! Siehest du großer Melampodi, siehest du ausgefüllter Wampeluci, siehest du hochfüßiger Longine, daß man keinen Kleinen verachten solle: Non spernas hominem in visu suo! Veracht' keinen Menschen, wenn er klein ist, vielleicht ist er großmüthig, großverständig, etc.

Der heilige Gregorius, Bischof zu Turon, kam einst nach Rom, allda die Kirchen der heiligen Apostel zu besuchen, welchen dann der römische Pabst gleichen Namens Gregorius Magnus wegen bekannter Heiligkeit und großen Ruhm höflich empfangen. Und als gedachter hl. Bischof seine Andacht und Glaubens-Bekenntnuß in der Kirchen vollzogen, gedachte der neben ihm stehende Pabst, wie doch Gott in einem so schlechten Leib' und müheseligen Krüppel so große Gnaden habe einlogiret! (dann dieser Bischof war sehr klein [178] und verächtlich von Person) so hat sich alsobalden der heilige Mann gegen den Pabsten gewendet, mit lachendem Mund' seine stillen Gedanken entdeckt, sprechend: Dominus fecit nos, et non ipsi nos, idem in parvis, qui et in magnis: »Heiligster Vater und Statthalter Christi, Sie verwundern sich in Ihrem Herzen über meine schlechte geringfügige Leib's-Gestalt, daß ich ein so kleines buckletes Männlein bin. Sie wissen aber gar wohl, daß mich Gott erschaffen und ich mich nicht selbsten, und kann der allmächtige Gott seine Gnaden so wohl in ein erdenes Geschirrl gießen als in großes guldenes Gefäß.« Wahr ist es, daß die öde, schnöde und blöde Welt so gern nur das Aeußerliche bewegt und aus der Scheid' den Degen urthlet, dahingegen öfters der Menschen Augen hierinfalls betrogen werden.

Wo hat Moses die Tafel der zehn Gebot gebrochen? Antwort: beim guldenen Kalb, welches die unbändigen Israeliter als ihren Gott angebetet haben. Der Zeiten bricht man auch mehrist die zehen Gebot beim guldenen Kalb, beim guldenen Ochsen, beim guldenen Lämml, beim guldenen Bär'n etc., dergleichen Namen die Wirthshäuser tragen. Erstgenanntes guldenes Kalb war von reichem, schönem, glänzendem Gold – aber – was aber? aber – was denn aber? aber – es war einwendig hohl und leer, und folgsam nit lauter Gold, wie Viele vermeinten. Ein [179] mancher geht daher mit solcher langer Statur, als wann er dem babylonischen Thurm befreundet wäre, er spreizt die Füß' wie ein anderer Colossus zu Rhodas, er hat so viel Haar' auf dem Kopf, daß man drey Bauern Kummet damit schoppen kunnte, er hat ein rundes, feistes, fettes Gesicht, daß ihm die Butter-Backen schlottern wie eine schweinerne Sulz: – einer siehet, diesen Fleischthurn, sagt alsobalden, das sey ein wackerer Kerl, ein ansehnlicher Mann, der soll ein Oberster seyn, der soll ein Prälat seyn, der hab' ein Ansehen etc. O Simpl, Gimpl halts Maul! es ist an der Länge nicht gelegen, sonsten wäre ein Wiesbaum mehr als ein Scepter! es ist an der Größe nicht gelegen, sonst gält' ein Bachzuber mehr als ein guldener Pokal; es ist an der Dicke nicht gelegen, sonst wäre ein Saukürbiß besser als eine Lemoni; es ist an der Gestalt nicht gelegen, sonsten säng' ein Pfau lieblicher, als eine Nachtigall; sondern es ist allein dasGemüth, die Tugend, der Verstand zu schätzen. Diesen großen Hansen lobest du wegen des hübschen Ansehen; aber gib' Acht, ob er nit ist Vitulus conflatilis, wie das guldene Kalb, inwendig hohl und leer, lirum, larum, nichts im Hirn, sein Hirn ist beschaffen wie der fünf thörichten Jungfrauen ihre Ampeln, nichts darinn, sein Gedächtnuß ist wie die Kürbiß-Blätter des Jonas, [180] bald aufgeschossen, bald abgeschossen, sein Gewissen ist beschaffen wie des Elisäi Topf, bitter. Pfuy!

Entgegen begegnet dir ein Kleiner, dem die Natur gesparsam gewest ist, dessen Leibs-Statur geschmählert, der so feist, wie der Mondschein im ersten Viertl, der in Duodez eingebunden, der dem römischen Curtio anverwandt, so lache ihn nit aus dessenthalben!Portiuncula ist ein kleines Kirchel und doch der vornehmste Ablaß darein, Bethlehem ein kleines Städtlein und doch mit der Geburt Christi berühmt,Gott ist ein kleines Wörtlein, und ist doch alles über alles darinn; also ist öfters in einer kleinen Person ein groß Gemüth, große Wissenschaft, große Heiligkeit. Wer ist Augustinus gewest mein hl. Vater? ein Miracul der Welt, eine Fackel der Welt. Was hat er für ein Ansehen gehabt? ein schlecht's: er war klein von Person, wie er selbsten bekennt: Quaeso per Dominum, ne vos Homuncionis faeditas offendat. Wer ist Hieronymus gewest der hl. Lehrer? Ein Glanz der [181] Welt, eine Schanz' der Welt. Was hat er für ein Ansehen? Gar ein geringes, dann er gar klein von Person. Wer ist Cornelius a Lapide gewest? Ein Lehrer aller Wissenschaften, ein Vermehrer aller Wissenschaften, eine sondere Zierd' der ganzen Societät. Was hat er für ein Ansehen? Ja gar ein schlechtes, ein Männl kaum Spannlang: Cornelium à Lapide habuit Collegium Romanum hominem perpusillo corporis modulo ingentem animum et nullis studiorum laboribus fractum claudebat. Wer ist Carolus V. gewest? Fast über alle glorios, viktorios, generos, von Person aber nit gar groß. Wer istAristoteles gewest? Ein solcher Mann, der mit seiner Feder so viel Bücher, mit seinen Büchern so viel Schulen, mit seinen Schulen so viel Bibliotheken angefüllt, Aristoteles ein solcher Mann, dem Augustinus, mit Augustino Ambrosius, mit Ambrosio Anselmus, mit Anselmo Thomas de Uquino schier einen halb englischen Verstand zueignen; Aristoteles ein Licht der Weltweisen, ein Fürst der Weltweisen, eine Zier' der Weltweisen, der wird ja ein großer Mann gewesen seyn? Ja, ja, ja, ja, groß war er an Wissenschaft, nicht aber am Leib; denn er [182] ein kleines Männl, ein buckelt's Männl, ein großnasetes Männl. Und dennoch in einer so schlechten und niedrigen Herberg' hat logirt ein solches ansehnliches Gemüth! Nihil in homine magnum, praeter mentem, spricht gar recht Phaphotinus Philosophus: »die Größe des Menschen ist vom Gemüth, und nit vom Leib zu messen.« Alexander mit dem Zunamen Magnus, der Große, Theodosius mit dem Zunamen Maguns, der Große, Justinianus mit dem Zunamen Magnus, der Große, Agrippa mit dem Zunamen Magnus, der Große, Constantinus mit dem Zunamen Magnus, der Große, Carolus mit dem Zunamen Magnus, der Große, Otto mit dem Zunamen Magnus, der Große, Valerius mit dem Zunamen Maximus, der Größte, Fabius mit dem Zunamen Maximus, der Größte, Scipio Afrikanus mit dem Zunamen Maximus, der Größte etc. seynd nit derenthalben die Großen und die Größten genennt worden, weilen sie großer Leibsgestalt waren, sondern weilen sie große Gemüther hatten.

Gleicher Gestalt müssen auch diejenigen nicht verhöhnet und verspottet werden, welche von Natur eines schändlichen und ungestalten Leib's seynd! Es ist zwar der Jakob nicht allein, welcher ihm die schöne und holdselige Rachel auserkoren und der triefaugenden Lia einen Korb geben, sondern es ist bereits die ganze Welt also gesitt' und gesinnt, daß sie eine schöne Gestalt hoch achtet; und müssen nur Tischler und Bildhauer an holzernen Fratzen-Gesichtern ihr Wohlgefallen haben, worinnen sie nicht wenig Stemmeisen stumpf machen. Es wollte der große Assuerus, daß ihm die [183] schönsten Mägdlein aus dem ganzen Land' sollten nach seiner Residenz-Stadt Susa geliefert werden, aus denen er eine königliche Gemahlinn möchte erkiesen, und wurden die markolvischen Gesichter, die äsopischen Larven, die bubavischen Nacht-Eulen auf alle Weis' ausgeschlossen, er wollte eine erwählen, die sauber ist und nicht ein Sau-Bär ist. Führwahr in allem hat dieSchönheit ihren Vorzug, und ist solche eine Portion der göttlichen Gnaden, welche der freigebige Gott dem Menschen spendirt: entgegen ist die Ungestalt verworfen, und mufft nicht wenig mit dem Lazaro: jam foetet. Abraham, schreiben die Rabbiner, hat auf der Reis' nach Egypten seine Sara als eine hübsche Dama sogar eingesperrt, damit selbige wegen ihrer Schönheit nicht angefochten wurde, ist aber dannoch gefunden worden: sogar ist die Schönheit ein Magnet der Augen und Herzen; aber ein übelgeschaffenes Gesicht achtet man weniger als einen Hackstock vor der Hausthür, welcher auch bei nächtlicher Zeit in Sicherheit stehet. In göttlicher Schrift wird nit wenig hervor gestrichen die Schönheit der Judith, der Rebekka, der Esther, des Davids, des Josephs, auch können Nicephorus und Antoninus nicht gnugsam preisen die schöne Gestalt und holdseliges Angesicht ChristiJesu: speciosus forma prae filiis hominum; des gleichen auch die Wohlgestalt des marianischen Angesichts, seiner übergebenedeiten Mutter. Die Ungestalt aber wird in der Welt und bei der Welt und von der Welt in gar so geringem Werth gehalten, daß auch Gott im alten Testament [184] die krumme, bucklete, blinde und mangelhafte Thier von seinem Opfer verbandisirt. Ja die Herrn Juristen sagen aus, daß, wo zween wegen einer begangenen Missethat im Argwohn seyn, solle man am allerersten denjenigen auf die Folter legen, welcher schändlich und ungestalt vom Gesicht; und wollen gar etliche, daß man sich hüten solle vor solchen Leuten, die Gott und die Natur gezeichnet hat; auch sey wahr, was der Poet zu einem Hinkenden geschnarcht hat:


Ut pede, sic animo es claudus, namque extera membra
Internae mentis sunt simulacra tuae:
»Du krummer Dieb, du Hinkeperz,
Ist nicht gerad' dein Fuß und Herz,
Der Leib von Außen zeiget frei,
Daß in dir seye Schelmerei.«

Ein schöner Ganymedes aber, ein hübscher Narcissus, ein krausthaariger Paris, eine wohlgeschaffene Helena, eine saubere Atalanta, wann sie den halben Tag unter den Fenstern stehen, oder vier Stund' auf dem Markt spazieren, oder eine Zeitlang mit fliegenden Augen in der Kirchen gaffen, pflegen nicht anderst [185] zu thun, als lachen, als kutteren, als spöttlen, so sie einen Menschen sehen, dem die Natur an Leibs-Gestalt sparsam gewest, ja es hat fast niemand eineSalva Quardia vor solchen Spottungen, dergleichen gehabt haben jene Raupen-Buben und Lotters-Fratzen, welche den Propheten Elisäum seines Glatzkopfs halber ausgelacht!

Jener einäugige Gesell spöttlete einen armen buckleten Tropfen, so fruh Morgens ihm begegnet, mit diesen Schimpfworten: Wo willst du so früh hinreisen, weilen du den Ranzen schon aufgeladen? Dem begegnet aber solcher gleich mit dieser Antwort: Ja, ja, es muß wohl sehr früh seyn, weilen du erst einen Fenster-Laden eröffnet hast! verstunde hierdurch sein Ein-Aug. – Ein anderer lachte gleichmäßig einen häßlichen Menschen aus, sprechend: Pfuy! du bist wohl ein garstiger, schändlicher, wilder Narr! Dem aber solcher absobalden widersetzte: ja ich bin ein garstiger, schändlicher, wilder Mensch; ich kann aber nicht darvor, denn meine Mutter hat sich an dir ersehen, wie sie mit mir schwanger gangen. – Dergleichen Spottreden fliegen herum, wie die Mucken in Egypten zu Pharaons Zeiten, und muß einer sich wohl in Acht nehmen, daß er keinen Stich ausstehen darf. Solche zaumlose aber nit zahnlose Mäuler machen es nit ungleich einer Schweizer-Kuh, welche eine ganze Wiese durchgraset und auch das schönste Blümlein nicht verschonet. O ihr zoilantischen Beschnarcher! fallt euch dann gar nicht ein, daß ihr durch solches Gott den Allmächtigen beleidigen thut, indem ihr seine Geschöpf also schimpflich durch die Hechel ziehet!

[186] Anno 1540 war ein Edelmann zu Madrid Namens Franziskus Ramirez: dieser hat seinen Herrn Pfarrer, um willen solcher ein ungestaltes Gesicht, eine große rothe Nasen, dermassen veracht, verlacht, daß er zur österlichen Zeit sogar aus dessen Händen nit wollte communicirt werden, auch derenthalben sich zu einem andern Pfarrherrn begeben, allwo er seine schuldige Andacht verricht. Aber siehe, wie Gott für solche Spöttler so bald eine scharfe Laug siedet! Als obbenannter gestrenger Herr Franz Ramirez von dem Altar hinweg geht, vermerkt er einen unverhofften Schmerzen in seinem Angesicht, und gedunkt ihm, als wollt sich auch seine Nasen aufblähen, weilen er ohne das im Gemüth ein aufgeblasener Mensch war. Und als er derenthalben an die Nasen gegriffen, hat er alsbald gespüret, daß die ganze Hand voll mit Nasen, nimmt auch beinebens wahr, daß andere Umstehende ihn gar seltsam anschauen, auch seiner nit wenig lachten, welches ihm dann einen gnugsamen Anlaß geben, nach Haus zu eilen, woselbst er gleich den Spiegel um Rath gefragt, welcher ihm dann ohne Scheu das schändliche, das rothe, das mit rothen Rubin versetzte Angesicht des Pfarrherrn vorgestellet, und zwar so eigentlich, daß man die Copei von dem Original nicht unterscheiden kunnte. Dieß hat dem guten spanischen Junker dermassen das Herz getroffen, daß er hierüber tödtlich erkrankte und innerhalb acht Tagen mit sonderer Reu seines begangenen Frevels, nachdem er die heilige Sakramenta vom besagten Pfarrherrn empfangen, das Leben gelassen. – Indem du, mein Spöttler und Beschnarcher, zu lernen hast, daß man keinen Menschen [187] wegen seiner Ungestalt aushöhnen soll, weilen er so wohl unter die Geschöpf' der göttlichen Hand gehöret, als ein schöner, gerader und wohlgeschaffener Absalon. Ueber das, so mußt du aus der Scheid' nicht allzeit den Degen urtheilen! wie oft ist in einer schlechten zerrissenen Scheid eine ansehnliche Klingen! Es ist wohl öfter ein schöner Schatz in einer hölzernen Truhe, es ist wohl öfter ein Speck unter dem Kraut, es ist wohl öfter ein stattliches Buch in einem schlechten Einband, es seynd wohl öfter gut-gewichtige Dukaten in einer dürren Saublatter, es hat öfter schon ein großer Herr und König in einer Bauren-Hütten einkehret, es ist wohl öfter ein ungestalter, unförmlicher Mensch einwendig mit Wissen und Gewissen wohl versehen.

Ein gewisser König zu Babylon ist mit solchem Ernst wider die Christen verfahren, daß er ihnen gedrohet, alle zu köpfen, wofern sie nicht durch ihren Glauben einen großen Berg von einem Ort zu dem andern schaffen, laut ihres Evangelii: Wahrlich,ich sage euch, so ihr einen Glauben habt wie ein Senfkorn, so werdet ihr zu diesem Berg sagen: erheb' dich von hinnen dort hin! und er wird sich erheben und euch wird kein Ding unmöglich seyn! Weilen nun die Christen zu Babylon solcher Drohung halber sehr bestürzt waren und beinebens von Gott dem Allmächtigen ein so großes Mirakul zu begehren sich nit getraueten, also ist ein Engel vom Himmel dem Bischof daselbsten erschienen, ihme befohlen: er solle einen einäugigen Mann, Namens Arianum, zu diesem Wunderwerk erkiesen! welcher ungestalte einäugige Arianus nach vollbrachtem [188] dreitägigen strengen Fasten einem großen Berg befohlen: er solle von hinnen scheiden! welches dann alsobalden geschehen; wordurch die bedrängten Christen in ihrem Glauben gestärket, der König aber sammt Vielen bekehret worden. Siehe nun in einem einäugigen Ariano, siehe in einem buckleten, kahlkopfeten Elisäo, siehe in einem hinkenden Jakobo, siehe in einem langnasigen Bellarmino, große, herrliche und ruhmwürdigste Tugenden und Heiligkeit! So urthle hinfüro nit mehr aus einem mangelhaften Leib' ein schlechtes Gemüth!

Es hat öfters eine Beschaffenheit mit einem stattlichen Kerl wie mit einer stattlichen Perl'. Du siehest eine schlechte rauhe Muschel, eine knoperte Mißgeburt des Wassers, einen harten Meerfaim: wer soll sich einbilden, daß in diesem wilden ungestalten Geschirr soll etwas gutes seyn? eröffne aber solches: da wirst du finden eine kostbare, schöne, edle und stattliche Perl'. Wie die Perl', so mancher Kerl: Du wirst[189] zuweilen antreffen einen krüppelischen Menschen mit ungeformter Leibs-Gestalt, mit langen Ohren, fast schier wie ein Thier das heißt Esel, mit einer langen Nasen, als wäre solche auf der Folter gelegen, mit einem großen Maul, wie ein Affen-Gebieß, mit einem Buckel wie ein Cameel, etc. Du wirst dir gar keinen Gedanken machen, als ob in dieser Elend-Haut etwas Gutes stecke. Dennoch aber wirst du es erfahren, gleichwie in einer ungestalten Muschel eine stattliche Perl', also in dieser schlechten Menschheit ein stattlicher Kerl verborgen. Du wirst öfters antreffen ein treffliches Gemüth, eine lobreiche Frömmigkeit, eine ansehnliche Wissenschaft in einem so schlechten und Augenschein halber unachtbaren Menschen, gleichwie gefunden worden ein kostbarer silberner Becher in dem schlechten rupfenen Treidsack des Benjamin. Gedenke nur, daß ein krummes Holz so gute Hitz' gebe, als ein gerades! Der römische Galba hat einen Buckel gehabt fast so hoch, daß man hätte mögen ein Schilder-Häusl darauf bauen und er war dannoch ein unvergleichlicher Wohlredner. Aesopus hat ein solches Larven-Gesicht gehabt, daß auch die knoperte Rinde am Eichbaum seinem Fell fast an der Schönheit vorgangen; und gleichwohl war er der witzigiste Mann zu seiner Zeit. Rudolphus der erste römische Kaiser hatte eine so lange Nasen, daß ihm einmal ein Soldat auf die Seiten gewichen, sagend: er weiche auf die Seite, damit der Kaiser nicht mit der Nasen anstoße; und dennoch war er der vornehmste Ehrenzweig des weltberühmtesten österreichischen Stammen-Baums. [190] Quintius Fabius Maximus hatte eine so große ungestalte Warzen gehabt auf seiner obern Lefze, daß sie ihm fast wie ein Dächel über den Freßladen gehangen; und dennoch war er der allervortrefflichste Mann. Michael der römische Kaiser hat sehr stark mit der Junge angestoßen und mit der Red' gar hart fo- fo-fortkommen können; gleichwohl war er ein ansehnlicher Monarch. Philippus von Macedonien,Hannibal von Carthago, Sertorius von Spanien seynd einäugig gewest und doch waren sie die lobwürdigsten Herren. Henricus II. der Kaiser war krumm, Godefridus II. Herzog von Oesterreich war kropfet; und doch seynd sie beede die bravesten Fürsten und Herren gewest.

Weil denn öfters in einem mangelhaften Leib ein vollkommenes Gemüth; ideo non spernas hominem in visu suo; so verachte den Menschen nit nach dem äußerlichen schlechten Ansehen: wann er schon klein, ist schon genug, wann er ein groß Gemüth hat; wann er schon bucklet, ist schon genug, wann er einen aufrichtigen Wandel führt; wann er schon krumm ist schon genug, wenn er nur nit in große Sünden fällt; wann er schon schilchet oder einäugig ist, ist schon genug, wann er Gott allzeit vor Augen hat; wann er schon schwarz, ist schon genug, so er nur ein weiß Gewissen hat. Was hilft es, einen [191] gekrausten Kopf haben, der aber mit Stroh ausgefüttert? was hilft es, einen schönen guldenen Becher haben und darinnen nichts als ein schlechtes Stein-Bier aus Kärnthen? was hilft es, ein Paar wohlriechende römische Handschuh tragen, und darinnen krätzige Prazen? was hilft es, einen wohlgeschaffenen, wohlgenaturten, wohlgestalten, wohlgeliebten, wohlgeputzten Leib haben, worinnen aber alle Laster nisten? Weit rühmlicher ist es, einen ungestalten Leib tragen, als ein übelgestaltes Gemüth. Crates, Damon, Hippocrates, Sokrates, Agesilaus, Gellias, Philopoemon seynd lauter großkopfete Kappadocier gewest; lauter hinkende Claudiani, lauter schilchende und einaugige Cäcilii; [192] lauter großohrende Aureliani, lauter langnasende Nasones, lauter großmaulete Orestes; und doch, und doch, und doch die wackersten, die gelehrtesten Leut'! Entgegen Adonis, Atys, Cyparistus, Crocus, Aranthus, Amaracus, Hylas, Nisus, etc. seynd lauter schöne, wohlgeschaffene und hübschgestalte Leut' gewesen und beinebens Ehe vergessene, Ehr vergessene, Lehr vergessene Gesellen gewest. Solche Tölpel kommen mir vor wie die Tempel der Heiden, benanntlich in Japonien: allda der Tempel der Amida zu Meaco, der Tempel der Casunga, der Tempel Day, der Tempel Fachinam, der Tempel Tinchidai seynd auswendig von glattem Marmor, von kostbaren Jaspis, mit dem besten Gold auf das reichiste überzogen; einwendig aber – was? ein Hund, eine Katz', ein Teufel, ein großmaulender Uzlibuzli, ein abscheulicher Götz'!

Gar recht hat der allmächtige Gott dem Propheten Samuel, als er des Isai ältesten Sohn Namens Eliab vermeinte zum König zu salben, um weilen derselbe ein großer, wackerer Kerl war, diese Wort geredet:Samuel, siehe sein Gesicht nicht an,noch die Höhe seiner Person!

[193] Siehe nur, meine schmutzige, nichtsnutzige Welt, merk's fein, du hinkende und stinkende Welt, gedenk, du läppische und täppische Welt, daß man den Menschen wegen des bloßen schönen Ansehens nicht soll erheben, noch weniger wegen des schlechten und geringen Ansehens verwerfen!

Wie hat des Moses Weib geheißen? Antwort: Sephora; was ist sie für eine Landsmänninn gewest? Antwort: eine Madianiterinn; wer ist ihr Vater gewest? Antwort: der Raguel; wie viel hat sie Schwestern gehabt? Antwort: sechse; wie hat sie ausgesehen? Antwort: fast wie der Teuchßl; denn sie war eine schwarze Mohrinn, wessenthalben des Mosis Schwester so stark gemurrt, daß ihr Bruder eine solche rußige Braut und cortabonische Haut geheirathet. Er hätte gar wohl eine andere und weit schönere können werben; aber ihm hat diese gefallen, nicht weißer Händ' halber, sondern unsträflichen Wandels halber; nicht gerader Seiten halber, sondern guter Sitten halber; nicht des äußerlichen Scheins halber, sondern der innerlichen Schöne halber; nicht Geburt halber, sondern Gebährden halber; nicht Geblüt halber, sondern Gemüth halber. Allermassen die Schönheit vergehet, aber die Tugend besteht. Merk's demnach wohl: das Achten und Verachten sich nicht muß gründen auf das äußerliche Ansehen! achte niemand dessenthalben, weilen er schön vom Leib ist; verachte [194] auch niemand derentwegen, weilen er ein geringes Ansehen hat!

Judas Iscarioth ist nit der Ursachen halber zu schimpfen, weilen er, wie etliche vermuthen, einen rothen Bart gehabt, noch darum zu schelten, weilen er klein von Person gewest; sondern weilen er ein boshaftiges, sündhaftes, lasterhaftes, neidhaftes Gemüth gehabt und ein Erz-Schelm gewest ist. Darum merk's! –

Judä Iscariothis eilfertige Flucht nach Jerusalem
Judä Iscariothis eilfertige Flucht nach Jerusalem, allwo er bei Pilato die Stell' einer Hof-Katzen vertreten.

Nachdem der gottlose Bösewicht durch Antrieb des Neid's den königlichen Prinzen ermordet, hat er für gut und rathsam gehalten, sich mit der unverzüglichen Flucht zu retten, aus Furcht, es möchte der höchstbeleidigte König dessenthalben mit ihm scharf verfahren, ja wohl gar das Haupt nehmen, weilen er ein solches Haupt-Laster freventlich begangen. Es gab ihm demnach das verletzte Gewissen selbst die Sporen, welche ihn zu schneller Flucht angetrieben, und ist wohl zu vermuthen, daß er im währenden Laufen oft ob dem geringsten Geräusch' der Blätter auf den Bäumen erbleichet sey, in furchtsamer Meinung, er werde von den Nachstellenden ertappet. Die finstern Wälder und hohlen Stein-Klippen gedunkten ihm noch nit sattsame Deck-Mäntel zu seyn; sondern er eilte zu [195] Land und Wasser ohne einigen Rast, bis er endlich die Gränzen von Judea erreicht, allwo er sich in etwas erholet, die abgematten Glieder erquicket und nachmals mit seinem eigenen Busen zu Rath gangen, sich etwann selbst bei stiller Nacht in allgemeiner Ruhezeit mit folgendem Rathschlag' beunruhiget: Nun, mein Judas, wer bist du gewest? ein Sohn eines Königs; was anjetzo? ein Sohn des Unglücks. Was hast du gehabt? alles: was hast du der Zeit? nichts. Was willst du anfangen? der Bettelstab ist kein Holz für dich, in der Arbeit hast du ein Haar gefunden, es graust dir darvor; ins Feld taugst du nicht, denn du zitterst, so man nur von der Scheid' redet, will geschweigen von dem Säbel; keine Kunst hast du gelernet, ausgenommen die freie Kunst zu essen und zu trinken, so ganz allgemein. So seye es, eines fällt mir ein: ich bin zu Hof auferzogen, ich weiß um die Hofbräuch' und Hofbäuch', ich kenn' die Hofweis' und die Hofspeis', ich kann mich richten nach dem Hoflust und Hofgust, ich kann umspringen mit den Hofleuten und Höflichkeiten. Ich will es denn herzhaft probieren, ob ich nicht bey dem Hof Pilati möchte unterkommen, allda die Stelle eines Hof-Dieners zu vertreten! Solcher Anschlag hat bald einen gewünschten Ausgang gewonnen und ist Judas Iscarioth vom Pilato ganz willfährig in seine Hofdienst' aufgenommen worden, in welchen er also auf Katzen-Art dem Pilato sich beliebt gemacht, daß er ihm durch sein gewissenloses Heuchlen und Schmeichlen das Herz völlig eingenommen, nach dessen Pfeifen getanzt und nach dessen Tanzen gepfiffen, alles was beliebig war, geredet, ausgenommen [196] die Wahrheit, als die bei den Schmeichlern ganz frisch und nagelneu, um weilen sie bei ihnen gar selten gebraucht wird; sondern die Suppen mit Lügen pfeffern nach den Appetit ihres Herrn, welches allerseits höchst schädlich fällt.

Es ist einmal der gebenedeite Herr und Heiland also matt und müd gewesen, daß er in etwas zu ruhen, sich bei einem Brunnen niedergesetzet und sehr heilsame Reden geführt mit der Samariterinn. Ich armer Tropf bin auch auf ein' Zeit so müd worden, daß mir sogar die Füß' das weitere Gehen und Stehen rund haben abgeschlagen. Die Ursach' aber meiner Mattigkeit war, weilen ich etwas gesucht und nicht gefunden. Sonst lautet wohl das Sprichwort: Wer suchtder find't. Joseph hat seine Brüder gesucht und hat's gefunden; Joseph und Maria haben den zwölfjährigen Jesum gesucht, und haben ihn gefunden; der gute Hirt' hat das verlorne Lämm'l gesucht, und hats gefunden, wie auch auf seine Achsel genommen; das Weib im Evangelio hat den verlornen Groschen gesucht und hat ihn gefunden; ich aber hab' lang etwas gesucht, und nicht gefunden: ich habe die Wahrheit gesucht, allermassen dieselbe der große Kirchenlehrer und Vater Augustinus weit schöner hervorstreichet, als Helenam aus Griechenland, und war doch diese eine edelschöne Dama, an dero die Natur ein Meisterstück erwiesen: die Rosen auf ihren rothen Wangen, [197] die Narcissen auf ihrer schneeweißen Stirn, die Lilien auf ihren Händen, die Hyacinthen in ihren Augen stellten vor, als biete die schöne Helena dem reichblühenden Frühling einen Trutz. Wer gesehen hat das Gold in ihren gelben Haaren, die Perl' in ihren weißen Zähnen, die Korallen in ihren rothen Lefzen, den Alabaster in ihrem schneeweißen Hals, den Rubin in ihren rösleten Wangen, den Carfunkel in ihren Augen, der hat geschworen, Helena sey ein Raub vom gesammleten kostbaren Schatz des ganzen Erdbodens. Ihr Angesicht hat zeigt in den Augen die Stern', ihre Stirn hat vorgestellt die Sonne, ihre Haar' gleicheten denen Strahlen, ihre Wangen bildeten ab die Morgenröthe; konnte demnach wohl genennt werden die himmel-schöne Helena, und dannoch unvergleichlich schöner ist die Wahrheit. Ja die Helena aus Griechenland muß sich verkriechen vor ihr': eine Trampel, ein Mistfink, ein Kothkübel, ein Luder-Sack, ein grober Rülps, ein Flank ist Helena gegen die schöne Wahrheit. Und diese hab' ich lang hin und her gesucht, endlich habe ich sie antroffen, aber in einem wunderseltsamen Aufzug. Sie hatte erstlich einen großen und langen Mantel mit allerlei Blumen gestickt und gespickt und gestrickt; wann der Mantel wäre schwarz gewesen, so hätte ich unfehlbar gemuthmasset, [198] sie ging in der Klag'. Sie hatte sich ganz und gar in den Mantel eingebauscht, fast wie der Seiden-Wurm in seine Hülsen. Mehr trägt sie anstatt des modiprächtigen Ueberschlag's einen langen und dicken Fuchs-Schweif um den Hals, und – was mich am meisten in Verwunderung gezogen, war dieß, daß sie so übel in ihrem schönen englischen Gesicht war zugericht: der korallene Mund und forderst die obere Purpur-Lefze waren stark geschwollen, die Wangen also verwund't und zerkratzet, zerrissen, zerbissen, daß mir schier eingefallen, sie habe mit den Katzen duellirt, oder sie hätte eine Weile mit der Dornstaude gescherzet. Madame! sprach ich, Frau Wahrheit, wie treff' ich euch allhier an, kommt ihr dann von Hof, weilen ihr mir nächst der Burg begegnet? (es war in einem Land', wo man nit deutsch redet). Hierauf hat sie mir mit untermengten Seufzern geantwortet, daß sie zwar nach Hof habe wollen gehen, sey aber von der trutzigen Hof-Wacht ganz ungestümm abgewiesen worden. Ist wahr und klar, sagte ich, jetzt ersinne ich mich erst, was dem gebenedeiten JESU begegnet!

Es hatte Pilatus Christo einst gar ein freundliches Gsicht geweist und ihm gar glimpflich vortragen, wie daß die Hebräer wider ihn sehr viel und scharfe Klagen eingeben, wie daß er ein Aufrührer des [199] Volks sey, auch eine neue Lehr' und grundlosen Glauben aussträhe, sogar mit Zauber- und Teufels-Künsten gewichst sey, ja des Lands Ruhestand merklich mit seiner Lehr' zu stürzen trachte. Und was noch mehr? er gebe sich aus vor einen gesalbten König der Juden! Mein, sagte Pilatus zu Christo, siehe ich meins gar gut mit dir, werde auch allweg' mich emsig befleißen, deine Person vor fernerer Ungelegenheit zu schützen, bekenne es denn mir mit unverfälschter Vertraulichkeit: bist du ein König der Juden? Du hast weder Land noch Pfand, du hast weder Güter noch Hüter, du hast weder Gesandte noch Trabanten, du hast weder Kron' noch Thron, du bist ein armer Tropf, man kennt gewiß deinen Vater nit? welcher nichts als Bretter gehoblet, und wann er noch so viel Leitern hätte gemacht, so ist er dennoch nicht hoch gestiegen, sondern ein Zimmermann verblieben; wie kann es denn seyn, daß dir solche königliche Concept einfallen? hast du es denn gesagt und sagst es noch, bist du der Juden König? Worauf der Heiland geantwortet: Ich bin darzu geboren und bin darzu in die Welt kommen, daß ich der Wahrheit Zeugnuß gebe. Darauf geschwind Pilatus: was ist die Wahrheit? – Laß mir das eine seltsame Frag' seyn! Pilatus ein solcher vornehmer Herr, dem Land und Leut' unterworfen, in dessen Gewalt war, allenthalben [200] anzuschaffen, abzuschaffen, auszuschaffen, einzuschaffen, fortzuschaffen, ein Herr mit ziemlicher Zahl der Bedienten, mit großer Menge der Aufwärter, mit häufiger Begleitung des Adels umgeben, ein Herr von absonderlichem Verstand und reifem Witz soll nit wissen, was die Wahrheit sey? Nein, er wußte es nicht: dessentwegen begunnte er zu fragen;quid est Veritas? »was ist die Wahr heit?« – Das ist kein Wunder aber; denn er war ein vornehmer Herr, hielt einen großen Hof, und zu Hof, wo die Politica den Vor-Tanz hat, allda hat die Wahrheit den Fort-Tanz. Pilatus war ein Franzos, und dessentwegen kam ihm die Wahrheit spanisch vor, und zu Hof, wo die Politici nisten, ist die liebe Wahrheit verbandisiert, als [201] habe sie die Pest, und so sie auch ein Föde vom Himmel hätte, so läßt man's dannoch kaum ein.

In Indien seynd die Gläser etwas Seltsames, in Egypten ist der Schnee etwas Seltsames, in Nordwegen ist der Wein etwas Seltsames, in Mauritania ist ein weiß Gesicht etwas Seltsames, in Italien seynd die gelben Haar' etwas Seltsames, in Deutschland seynd die Elephanten etwas Seltsames, in Amerika seynd die Hund' etwas Seltsames, in Asia seynd die Büchsen etwas Seltsames, in China seynd die Pferd' etwas Seltsames, bei Höfen und großen Herren ist dieWahrheit etwas Seltsames.

Friederikus mit dem Namen der Aeltere, Herzog in Oesterreich hat gar oft und vielmalen seine stattlichen und standmäßigen Kleider hintan gelegt und schlechte Bauern-Kleider angezogen, den Sammet mit groben Zwilch, den Castor-Hut mit einer Schmeerkappen, die seidene Strümpf' mit Bauern-Stiefel verwechselt, und also unbekannt bei manchen Bauren den ganzen Tag um das Geld gearbeitet, in der Scheu'r oder Stadel gedroschen und andere harte Arbeit verricht', mit der groben Speis' und gemeiner Dorf-Tafel vorlieb genommen. Es hat zwar mancher Bau'r dessen zarte Händ' beschnarcht und oft bäurisch angefahren: Du Kerl, du hast gar weiche Tatzen, du mußt dein Lebtag nicht viel Haber ausgedroschen haben! Wann er demnach in solcher Bauren-Arbeit begriffen, hat er [202] angefangen zu reden und zu fragen, was man von Herzog Friedrich halte? dem zuweilen ein Bau'r geantwort': der Herzog sey ein liebreicher Herr, aber seine Apostel seynd nicht weit her, er schaue ihnen gar zu viel durch die Finger, braucht dessenthalben wenig Brillen, er läßt die Edel-Leut' hausen nach dero Wohlgefallen, die gehen mit uns um, wie wir Bauren mit den Felberbäumen im Stutzen; unser mehrestes Gebet ist für die Pferd' unserer gnädigen Herrn, damit dieselbigen lang dauren, denn sofern solche sollten umstehen, würden die Edel-Leut' auf uns Bauren herumreiten; wir arme Narren seynd nit mehr so glückselig wie zu David's Zeiten, allwo man die Schaf-Hirten und gemeine Leut' auf die Bank der Edel-Leut gesetzt hat; es ist zwar der Zeiten ein jeder Bau'r ein Her, aber nur mit einem r; denn es heißt: Bau'r gib' her, Bau'r geh' her, Bau'r trag'her! etc. Dem Herzog Friederich war ein solcher Bau'r mit seiner subtilen Grobheit und einfältigem Witz nicht ungenehm und konnte gar leicht abnehmen, daß Bauren und Lauren in eine Haut genähet seyn. – Ein anderer Bau'r, bei dem der Herzog knechtweis gedienet und gearbeitet, thäte andere Glocken leuten fast dieses Klangs: Mein lieber Knecht, unser Herzog verschenkt gar viel unnützlich, er gibt dem nächsten Seiltänzer gleich 50 Thaler, für den vielmehr ein Strick gehörte, und uns Bauren sieht er nicht einen Kreuzer nach, er [203] bringt eine Steu'r um die andere auf, wie erst verwichen die Kopf-Steu'r, es möchte einer schier wünschen – wann einem der Schädel nit so lieb wäre – daß er keinen Kopf hätte? und wo kommt das Geld hin? er läßt auch die Pracht gar zu weit einschleichen, und fährt schon eine jedwede Nestl-Krämmerinn in der Carossen. Unser Herr Pfarrer hat einmal geprediget, wie daß einer mit Namen Atlas die ganze Welt getragen; ich kanns dermalen schier glauben, weilen unser Edelmann, der doch ziemlich schwach, fünf und sechs Dörfer auf dem Buckel trägt; denn seine Kleider also kostbar und theu'r geschätzet werden. – Dergleichen allerlei Reden hat der Herzog in seinem Baurenkittel und Dorf-Joppen vernommen. Wann er nun wieder nach Hof kommen und sich mit seinem hochfürstlichen Aufputz bekleidet sehen ließ, wurde er mehrmalen gefragt, um was Ursachen er in solchen groben Lumpen die Bauren-Hütte betrete? Denen gab er jedesmal mit ernsthaftem Angesicht diese Antwort: [204] alio modo verum audire non possum: Ich kann auf kein andere Manier die Wahrheit hören, denn Meine Hof-Leut' sagen mir die Wahrheit nicht. Sh. Schmeichler, Sh. Schmarotzer, Sh. Schwätzer, Sh. Schnarcher, Sh. Schwiermer, Sh. Schlicker, Sh. Schlemmer, Sh. sag' ich nicht gern, hab' ich genug um mich, aber keinen, aber keinen, der mir die Wahrheit ohne Scheu redete. So heiklich ist zu Hof die Wahrheit.

Wo hat Petrus zum allerersten die Wahrheit vergessen? unter was Gesellschaft? etwann unter den Fischern als seine Kammeraden? denn sie haben sonst dieses Lob: was der Fischer gewinnt beim Fisch, das versauft er wieder bei dem Tisch. Bei wem hat Petrus die Wahrheit gezett? etwann bei Zimmerleuten oder Maurer? denn von diesem ist fast ein Sprichwort: Zimmerleut' und Maurer seynd rechte Laurer; ehe sie essen, messen, stehen und sich besinnen, so ist der Tag von hinnen. – Wo hat Petrus der Wahrheit einen Schimpf angethan? etwann bei denen Soldaten? von diesen hat einer auf eine Zeit gesagt also: Zigeuner und Soldaten, [205] wann sie schmecken einen Braten, so thun sie solchen wegtragen, wann sie auch sollten die Beiner auf dem Galgen abnagen. Wo ist dem Petro die Wahrheit entfallen? etwann bei den Fuhrleuten? von denen eine gemeine Red': Kutscher und Fuhrleut' seynd nichts nutz zu aller Zeit, bei Esel und Roßen treiben sie die größten Possen, auf dem Esel- und Pferd-Mist selten ein guter Vogel ist. Wo hat Petrus die Wahrheit gespart? wo? – Verzeiht mir's, ihr Hof-Herren, Hof-Leut', Hof-Beamte, Hof-Diener, daß ich euch dermalen keinen Hofmann abgib und sein die Wahrheit als ein edles Bissel auf euer Teller lege, bin schon verg'wißt, daß ihr euch daran und darinn keinen Zahn werdet ausbeißen, weilen euch die Zähn' nit so sehr darnach wässern: Petrus hat die liebe Wahrheit an keinem andern Ort vergessen, verloren, verscherzet, verzett', als zu Hof; allda hat ereinmal (das ist grob), allda hat er zweimal (das ist grob) allda hat er dreimal (das ist gar aus der Weis') die eingefleischte Wahrheit verläugnet.

Der König Balthasar hielt auf eine Zeit ein sehr prächtiges Banquet, wobei auch tausend vornehme Obristen gastirt worden. Diese Mahlzeit war mehrist angestellt wegen seiner Concubinen, welche lauter schöne Rosimundä waren, aber nicht Rosae mundae.

[206] Nachdem nun der rothe Wein, der weiße Wein, der goldgelbe Wein fast einen vielfärbigen Regenbogen auf der Tafel vorstellte, ist also folgsam kein schönes Wetter erfolgt, absonderlich in dem Gewissen des Königs, allermassen er befohlen, man solle alsobalden die guldenen Geschirr' und kostbaren Gefäß', welche sein Vater Nabuchodonosor aus dem Tempel der Israeliten geraubt, herbei bringen, damit er seinen Kebs-Weibern eines möchte daraus zubringen. O König Balthasar! da wird es nicht heißen, Geseng Gott! – Soll dann nicht ein einiger Cavalier aus tausend anwesenden dem König gesagt haben! Euer Majestät, diese Sachen werden einen schlechten Ausgang gewinnen; Sie wissen sich ja gnädigist zu erinnern, wasgestalten ihr verstorbener Herr Vater so großes Unglück ausgestanden, daß er sogar in ein wildes Thier verkehrt worden, um willen er den Gott der Israeliten verachtet! etc. Keiner, keiner, keiner aus tausend gegenwärtigen Edel-Leuten- und Hof-Leuten hat ihm getrauet die Wahrheit zu sagen, bis endlich eine Hand an der Wand sein offne Schand ihm verwiesen.

Ich frage mehrmalen die Frau Wahrheit: Madame! um Gottes willen, warum daß euere korallene Lefzen also geschwollen? Ich (war die Antwort) ich habe das nächste Mal geigt, und da hat man mir [207] den Fiedelbogen um das Maul geschlagen und mich sehr schmählich traktiret. Wohl recht fängt das WörtlWahrheit mit einem w an, zumalen es lauter w ausbrütet. Der stattliche Hof-Prediger Joannes Baptista hat es wohl erfahren bei dem König Herodes. – Etliche Ausleger göttlicher Schrift – unter welchen nicht der mindeste Della Nuza – sagen, daß der allmächtige Gott habe dergestalten das Paradeis gepflanzet, daß alle stattlichen Obst-Bäume darinnen so nieder waren, daß dem Adam und der Eva die Aepfel und Birn' und andere Früchte in das Maul gehangen, außer des verbotenen Baums, welcher um ein ziemliches höher, also daß dessen Früchte die Eva nicht wohl kunnte erlangen, wessentwegen die Schlang' von dem Teufel schon besessen sich um der Eva Füß' gewicklet und ihr also geholfen, daß sie in die Höhe gehupfet und gesprungen und einen Apfel erlangt. Wann dem also soll seyn, so glaube ich, daß von dannen der Weiber ihr beliebiges Tanzen und Springen herrühre, zumalen ihnen der Gehorsam sehr schwer fällt, außer im Tanzen, worinnen sie gern, nur gar zu gern nach dem Pfeifen und Geigen des Spielmanns springen. Sie glauben aber nicht, leider! daß Danzig undLeipzig nicht weit von einander seynd, und ist nichts Neues, daß gute Seiten die guten Sitten verderbt haben, absonderlich beim Tanzen, bei welchem Springen die Ehr' nicht selten gestolpert. Eine Tänzerinn aller Tänzerinn' war des Herodis Tochter, welche dergestalten künstlich und köstlich getanzet, daß ihr auch [208] um solches der König das halbe Königreich anerboten, sie aber anstatt dessen hat begehrt das Haupt Joannis Baptistä. Solche Reliquien waren auch mehr werth, als das halbe Königreich, und zwar dieß hat sie gethan aus Anleitung ihrer Frau Mutter. Aber woher? warum? wessentwegen ist diese dem heiligen Mann so feind gewest? Frag' nit lang, wegen der Wahrheit, die er gered't hat. Non licet etc. Die Wahr heit war der Zundl, so dieses Feuer erwecket hat; die Wahrheit war der Letten, so dieses Wasser trüb gemacht hat; die Wahrheit war der Hammer, so also Larma geschlagen.

Es seynd fünfzehn Wörtl, welche von dem Buchstaben W anfangen und nach dem A, E, I, O, U gestellt wunderlich können zusammen gereimt werden.


Wahrheit, Weib, Wirth, Wort, Wunden,
Wald, Weber, Wirfl, Wolf, Wurst,
Wag', Weg, Wind, Woll', Wurm,

Nunmehr zurück reim' es also:

Ein Wurm der kriecht hin und her,
Ein' Woll' ist dem Schaf ein' Ehr',
Ein Wind der macht ei'm das Maul gar sper,
Ein' Weg den tritt jedermann sehr,
Ein' Wag' die zeigt was gering oder schwer.
[209] Item:

Ein' Wurst thut den Hunger stillen,
Ein Wolf will sein' Wagen füllen,
Ein Wirft macht im Spiel viel Grillen,
Ein Weber tanzt und gumpt über Willen,
Ein Wald thut oft manchen Dieb verhüllen.
Item:

Die Wunden thut man verbinden,
Die Wort' verursachen viel Sünden,
Die Wirth' können die Kreiden doppelt finden,
Der Weiber List ist hart zu ergründen,
Die Wahrheit thut man schinden.

Das hat erfahren jener bei Hof Henrici des Vierten Königs zu Castella, welcher ohne Scheu mit löblicher Freiheit kein Blättl für das Maul genommen, sondern ganz rund und klar, unvermantlet die Wahrheit heraus geredet, welches aber den König also verbittert gemacht, daß er alsobald befohlen, diesem die Zung' heraus zu schneiden, welchen tyrannischen Befehl man auch unverzüglich vollzogen. Aber Gott wollte auch durch ein scheinbares Wunderwerk zeigen, wie angenehm vor seinen göttlichen Augen seynd diejenigen, welche unerschrocken großen Herren die Wahrheit vortragen. Da man besagte ausgeschnittene Zung' [210] an den lichten Galgen gehenket, geheft', hat dieser unschuldige Tropf ohne Zungen in Beiwesenheit einer großen Menge Volks anfangen zu reden und höchst protestirt wider diese Unschuld, daß eine so wahrhafte Zung' solle an ein so unehrliches Holz geheftet seyn. – Das hat erfahren auch jener Prediger in Italia, welcher einst ganz reisfertig mit Stiefel und Sporn auf die Kanzel kommen, das Pferd aber auswendig an die Kirchen gebunden. Ueber welchen Aufzug entfremdeten sich alle Zuhörer nit ein wenig, und machten hierüber allerlei seltsame Gedanken. Besagter Pater aber fängt an mit einem apostolischen Eifer die Wahrheit einem großen Herrn zu predigen, nicht ungleich einem tarsensischen Paulo zu Rom. Nach solcher vollbrachter Predigt aber war schon ein Lakey bei der Stiege der Kanzel, welcher dem herabsteigenden Patri aus Befehl seines Herrn augekünd't: er soll sich alsobald und unverzüglich hintan machen, wofern er einem großen Unglück entgehen will. Gut! gut! sagt der Prediger, das hab' ich wohl vorgesehen, daß mir die Wahrheit werde das Quartier aufsagen und einen schnellen Marsch verursachen, wessentwegen ich mich fein vorhero reisfertig gemacht hab'. A Dio! so behüt' euch Gott! Und ihr Herren Prediger, werft lieber einem großen Herrn einen Stein' in den Buckel als die Wahrheit, ihr werdet nicht also grob einbüßen! [211] O wie wahr ist es von der Wahrheit, was der Poet sagt:


Fugit potentum limina veritas
Quamquam salutis nuntia.

(Auf deutsch weiß ich nicht, wie es heißt.)

Mein Jehu, wie ist es dir ergangen bei dem König Baasa, wie du das Maul gar zu weit hast aufgethan und die Wahrheit gered't? Antw. Das Leben hab' ich dessenthalben verloren.

Mein Michäas, wie ist dir geschehen, als du dem Achab die Wahrheit unter die Nasen gerieben? Antw. Ich hab' mich nicht mehr dürfen sehen lassen.

Mein Hanan, was ist dir begegnet, wie du dem König Asa die Wahrheit vorgetragen? Antw. Uebel, übel, übel.

Mein Zacharias, was hast du müssen ausstehen von dem König Joas, da du ihm ohne Scheu die Wahrheit vorgelegt? Antw. Ich bin versteiniget worden.

Mein Jeremias, was hat dir die Wahrheit auf[212] den Rucken geladen als du selbige nach dem Hof Sedechiä des Königs gebracht? Antw. In den finstern Kerker bin ich geworfen worden.

Mein Baruch, was hast du dazumalen ausgestanden, wie du die Wahrheit bei dem König Joachim aus Tags-Licht gebracht? Antw. Wann er mich dazumalen erwischt hätte, hätte es meinen Kopf golten; aber Gott wollte es nicht haben.

Mein Daniel, was haben dir die Herren von Babylon für einen Lohn erstattet, als du ihnen die Wahrheit als eine kostbare Waar' verkaufet? Antw. In die Löwen-Gruben bin ich gestürzet worden.

Nicht änderst ist es ergangen denen zwölf Aposteln, nicht änderst 27 römischen Päbsten, nicht anderst der Kaiserinn Serenä, nicht anderst dem König Olano, nicht anderst der königlichen Prinzessin Dimpna, nicht anderst dem königlichen Prinzen Hermenegildo, nicht anderst dem Fürsten Gallicano, nicht anderst denen Edel-Leuten Sebastiane, Mauritio, nicht anderst dem Raths-Herrn Apollonio, nicht anderst ist es ergangen eilf Millionen Menschen, welche alle der Wahrheit wegen umgebracht worden. Und du, Gottes Sohn Jesu Christe, selbst bist versucht worden wie Job, bist verfolgt worden wie David, bist verachtet worden wie Gedeon, bist verkauft worden wie Joseph, bist übergeben worden wie Amasa, bist gebunden worden wie Samson, bist angeklagt worden wie Abner, bist verspott' [213] worden wie Elisäus, bist entblößt worden wie Jeremias, bist geschlagen worden wie Michäas, bist gekreuziget worden wie die Machabäer, bist aufgehenkt worden wie die eherne Schlang', bist umgebracht worden wie Abel, bist durchstochen worden wie Absalon, hast mehr gelitten als die eilf Millionen Menschen – um keiner andern Ursach' willen als wegen der Wahrheit. Prediger, was geschleht dir? Was ist dem heil. Paulo begegnet? Den haben die Herren Galater für einen irdischen Engel gehalten, haben seine Predigten mit solcher Lust angehöret, daß sie ihn eine Posaune des Himmels benamset; die Kinder auf der Gassen haben mit Fingern gedeut' auf Paulum und ihn allerseits gepriesen. DerPaulus, des Pauli, dem Paulo, den Paulum, o Paule, vom Paulo: Vom Paulo war keine andere Red' als Lob; o Paule, sagt ein jeder, gebenedeit ist deine Zung'! den Paulum hat man wegen seines Predigen für ein Wunderwerk ausgeschrien; dem Paulo hat man aller Orten Ehr' und Reverenz erzeiget; des Pauli Wörter waren lauter Magnet, so die Herzen gezogen; der Paulus war bei den Galatern so angenehm, daß sie ihn, wie ihre eigene Seel' liebten. Wie er dann selbsten sagt: Testimonium enim perhibeo, quia si fieri posset, oculos [214] vestros eruissetis et dedissetis mihi: »Ich bekenne es selbsten, meine Herren Galater, daß ihr hättet euere Augen ausgestochen und mir geben aus lauter Lieb«. – Ihr Herren Galater seyd halt galante Leut'! Gemach! nachdem Paulus hat angefangen scharf zu predigen: »O insensati Galatae! o ihr sinnlosen Galater, sagt er, wer hat euch verzaubert, der Wahrheit zu widerstreben? seyd ihr Thoren, daß ihr mit dem Geist habt angefangt und nunmehr mit dem Fleisch endet?« Wie Paulus solche scharfe Saiten aufgezogen, da hat ihm kein einiger mehr mit dem Fuß Reverenz gemacht, ja man hätt' ihn lieber mit Füßen treten; keiner hat ihm mehr eine Ehr' erzeigt, man hat ihm davor den Rucken zeigt; keiner hat ihn mehr angelacht, sondern nur ausgelacht, keiner hat ihm mehr die Herberg' anerboten, sondern die Herberg' aufgesagt;alle waren wider ihn: »Inimicus factus sum vobis veritatem dicens

So lang ein Prediger eine schöne, zierliche, wohlbered'te, eine aufgeputzte, mit Fabeln und sinnreichen Sprüchen unterspickte Predigt macht, da ist jedermann gut Freund: Vivat der Pater Prediger! ein wackerer Mann, ich hör' ihm mit Lust zu! etc. Wenn er aber einen scharfen Ernst anfängt zu zeigen mit Paulo: O insensati Germani, o insensati Christiani! etc. wann [215] er anfängt großen Herren die Wahrheit zu sagen: sie sollen doch einmal die Brillen brauchen und nit allzeit durch die Finger schauen! sie sollen doch mit der Justiz nicht umgehen als mit einem Spinnen-Geweb', allwo die großen Vögel durchbrechen, die kleinen Mücken hangen bleiben; sie sollen doch nicht seyn wie die Destillir-Kolben, welche aus den Blumen den letzten Tropfen heraus saugen; – wann er anfängt, die Wahrheit zu predigen denen hohen Ministris und Räthen: sie sollen lernen, drei zählen, sie sollen jene Lektion recht lernen, welche Christus seinen Geheimsten gegeben: visionem, quam vidistis, nemini dexeritis! – wann er anfängt, den Edel-Leuten die Wahrheit zu predigen, daß sie denen Barbierern in ihre Profession eingreifen, und ihr mehristes Einkommen nicht im Wein oder Treib, sondern in Zwieblen stehe, weilen sie die Bauren gar zu stark zwieblen; – wann er die Wahrheit sagt denen Geistlichen, daß sie gar oft seynd wie die Glocken, welche andern in die Kirchen leuten und sie selber bleiben daraus; daß sie gar oft seynd wie die Zimmerleut' des Noe, welche anderen die Arche gebauet, daß sie sich salviret, und sie selbsten seynd zu Grund gangen; daß viel Geistliche seynd wie die Nacht-Eulen, welche das Oel bei nächtlicher [216] Weil aus denen Lampem aussaufen und sich von der Kirche erhalten und sonst nichts nutzen; – wann er die Wahrheit sagt denen Soldaten, daß sie halsstärriger Meinung seynd als sey ihr Gewissen auch privilegirt! – aber da heißt es Privilegia Brief-Lügen; die Wahrheit dem Magistrat und Obrigkeiten, daß sie gar oft seynd wie eine Spital-Suppen, worauf wenig Augen; die Wahrheit denen Mautnern und Beamten, daß sie gar zu barmherzig seynd, nicht zwar in Beherbergung der Fremdling', wohl aber des fremden Guts; die Wahrheit denen Zimmerleuten, daß man bei ihnen allzeit frische Spän', aber zugleich faule Gespän' finde; die Wahrheit denen Bäckern, daß sie gar oft solche Leut' seyn, welche Mehl genug, aber zu wenig Teig zu den Semmeln nehmen; die Wahrheit denen Gärtnern, daß sie gar oft den Garten säubern, aber das Gewissen lassen verwachsen, und nichts mehrers pflanzen, als das Weinkräutl; die Wahrheit denen Wirthen, daß sie gar oft Kein-Wein für Rhein-Wein,Lugenberger für Lutenberger ausgeben und öfters auch dem Tuchscheerer in die Arbeit greifen; die Wahrheit den Bauern, daß sie sich zwar einfältig stellen, aber so einfältig, wie die Schweizer-Hosen, so hundert Falten haben; die Wahrheit denen Kindern, daß sie denen Passauer-Klingen nicht nacharten, dero beste Prob' ist, wann sie sich biegen lassen; [217] die Wahrheit den Frauen-Zimmern, daß sie gar zu viel ziehen an dem Schweif des Rocks, zu wenig um den Hals tragen; die Wahrheit den gemeinen Weibern, daß sie fast die Natur einer Uhr an sich haben, welche nie ohne Unruh, etc.; – wann dergestalten der Prediger den Scharfhobel brauchen wird, wann er auf solche Weis' wird die Wahrheit reden, so bringt ihm solches Reden Rädern, so bringen ihm solche WörterSchwerter, so bringt ihm solches Sagen Klagen: Inimicus factus sum dicens, er verfeindet sich allenthalben, sein Auditorium wird bald die Schwindsucht leiden, die Kirchen-Stühl' werden bald lauter Quartier' der alten Weiber werden, die Kirche wird bald werden wie ein abgebrochener Jahrmarkt, an allen Orten wird man hören: Was key ich mich um den Prediger! Sic facta est veritas in aversionem.

Madame, fragte ich weiter, meine Frau Wahrheit, wie, daß ihr ein' solchen langen mit Blumen gestickten Mantel tragt, und was soll heißen der lange Fuchsschweif um den Hals? habt ihr denn einen Katarrh, daß ihr also den Hals warm haltet? Nein, antwortet sie mir, mein Pater, den geblümten Mantel trag' ich schon lang, denn man thut mich Wahrheit allenthalben vermantlen und verblümen; den [218] Fuchsschweif trag' ich aber um den Hals, weilen das Schmeichlen gemeiniglich nicht weit von hohen Häuptern. – Ueber dieß, muß ich bekennen, bin ich zornig vorden, reiß ihr die Kleider vom Leib, hab's gleich dem nächsten nothleidenden Bettler, welcher diesem ganzen Handel zugeschauet, geschenket. – Der Fuchsschweif hat ihm gar wohl getaugt, denn ich hörte, daß er gleich die nächste vorbeigehende Frau, welche eines sehr häßlichen Gesicht's war, mit seinen bettlerschen Complimenten angeredet: »Meine schöne, hübsche, wackere, guldene Frau!« etc. Ich aber erkenne für recht, daß die Wahrheit durch mich ausgezogen und ausgemantlet worden; denn also soll sie seyn, muß seyn, darf seyn bloß.

Wie der eifervolle Prophet Elias durch einen feurigen Wagen ins Paradeis verzucket worden, hat er seinem liebsten Elisäo seinen Mantel herunter geworfen. Ich glaube schier, der heilige Mann hab' sich mit dem Mantel nicht vor Gott getrauet, wenigst ist das wahr, daß ein Prediger schwer vor Gottes Angesicht bestehen werde, wann er die Wahrheit vermantlet; sondern es ist eine starke, verpflichte Schuldigkeit allen, allezeit, allemal, allerseits die bloße Wahrheit zu predigen, predigen sein ernstlich mit dem Propheten Osea wider das Laster der Vollheit, predigen fein eifrig mit dem hl. Paulo wider die Sünd' des Neids, predigen fein unerschrocken mit dem Tod wider das Laster des Zorns, predigen fein scharf mit dem Propheten Amos wider das Laster der Geilheit, predigen fein klar mit dem Propheten Malachias wider das Laster der Hoffart. Petrus, aus Befehl des Herrn, [219] greift einem Fisch in das Maul und findet darinnen eine schöne Münz': nicht weniger soll in eines Prediger Mund eine solche schöne, schneeweiße, silberne Münz, verstehe die unversehrte Wahrheit, gefunden werden. Der Prophet Nathan hat sich kein Blatt vor das Maul genommen, wie er vor den König David getreten und ihm seine große Schandthat unter die Augen gestellt; der Prophet Jonas hat das Maul ziemlich aufgemacht, wie er denen Ninivitern ihr leichtfertiges, lasterhaftes Leben vorgeworfen: Alle rechtschaffenen Diener Gottes scheuen sich nicht, die Wahrheit zu sagen, und wollen lieber zu Verona bleiben, als nachPlacenza reisen. So hat gethan der hl. Ambrosius dem Theodosio, so hat gethan Puppo dem Henrico, so hat gethan Dunstanus dem Edgaro, so hat gethan Franziskus Paulanus dem König zu Neapel, welcher ihm ein kloster zu bauen auerboten, solches aber der heilige Mann nicht allein geweigert, sondern ihm noch seine tyrannischen Exactiones; und Anlagen der Unterthanen scharf verwiesen, [220] auch einen Ducaten mitten von einander gebrochen, woraus das helle Blut geflossen, anzuzeigen, daß solches von denen armen Unterthanen erzwungenes Geld, ein Blut der Armen seye. Nicht unrecht hat gethan jener Prediger, welcher einen großen Herrn auf der Kanzel ziemlich getroffen, und als ihm dessenthalben solcher mit lachendem Mund vorrupfte, sprechend: Herr Pater, heut' habt Ihr mir ein gutes im Pelz gegeben! Es ist mir Leid, sagt hinwieder der Pater, daß ich Euer Gnaden nur den Pelz getroffen, es war meine Meinung, Ihnen gar das Herz zu berühren. Deßgleichen muß auch nicht schmeichlen im Beichtstuhl der Beichtvater. – Des Davids seine Abgesandte haben es sehr hart empfunden, wie ihnen der amonitische König mit ihren Bärten also schmählich und schmerzlich verfahren: also wird es freilich wohl diesem oder jenem Herrn verschmähen, wann du ihm, will nit sagen, wirst den Bart abschneiden, sondern die Wahrheit wohl in Bart reiben. Da wird er dich für einen ungesalzenen Seelenfischer taufen; schadet aber nicht! gedenke nur, die Wahrheit pflegt man mit keinen andern Complimenten zu empfangen. Es beichtet dir dein Ordinari-Beichtkind, ein wackerer Herr: er habe mehrmalen dem sechsten Gebot ein Ziemliches versetzt; dem sag' du fein die Wahrheit: Mein lieber Mensch, Er verheißt allemalen die Besserung, seyd aber eine Ratz', welche [221] das Mausen nicht lasset! schafft mir das heimliche Wildpret aus Eurem Haus, damit die Gelegenheit vermeidet seye, oder ich absolvire euch nit, nit, nit! – Ey! das ist ein grober Schnitt, Pater, das thut dem Herrn wehe! er ist ein solcher, der beim Brett sitzet; dergestalten wird er sich einen andern Beichtvater suchen und nachmals dir und deinem Kloster merklich zu einem Nachtheil werden! Schad't nit, sagt ein rechtschaffener Mann, mit dem Fuchsschweif kann der Meßner oder Kirchen-Diener wohl den Beichtstuhl abstauben, aber bei mir hat solcher nit Statt; schmeichlen mag ich nit, damit nicht etwann seine Seel' (o theurer Schatz!) und meine Seel' (o einiges Kleinod!) einen unglückseligen Schiffbruch leiden.

Ein mancher wird nicht ohne sondere Verwunderung bald reich, der vorhero mit Codro in Gesellschaft war. Daß der Kürbiß des Jonas sobald aufgewachsen, ist ein Mirakul gewest, daß Petrus auf einmal so viel Fisch' gefangen, ist ein Mirakul gewest; daß solcher aber aus einem armen so bald ein reicher Herr wird, ist etwann kein Mirakul, sondern eine Makul. Dieser kommt in Beichtstuhl, sagt neben anderm: er habe in seinem Amt das serve [222] nequam gespielt, er wolle aber sehen, daß er hinfüro mit größerem Fleiß das Amt verwalte und also seinem Herrn zu fernerem Nutzen gereiche. Was soll hierinfalls der Pater thun? Heraus mit der Wahrheit! redde, gibs wieder, oder ich absolvir euch nicht! denn also hat das Reddo denZachäum gerechtfertiget. Holla Pater! der Herr hat dem Kloster viel gedienet, schickt und schenkt, schenkt und schickt oft einen guten Wein! etc. Schad't nicht, sagt ein gewissenhafter Mann, die Wahrheit, und zwar die unverfälschte, die Wahrheit, und zwar die unverblümte, die Wahrheit, und zwar die unvermantlete, gebührt mir zu reden! Christus der Herr ist auch von den Pharisäern zu Gast geladen worden: unangesehen dieß hat er auf keine Weis' schmeichlen wollen, sondern ihnen die bloße Wahrheit unter die Augen gestellt, da er von Ochsen und Eseln die Gleichnuß geben, welche sie auch an dem Sabbath aus dem Brunn' ziehen. Der gebenedeite Heiland hat den Aposteln und uns Priestern allen den Titul geben: Von estis Sal terrae: Ihr seyd das Salz der Erden. Er hat nicht gesagt: Ihr seyd ein Zucker, sondern ein Salz, welches beißt, muß also ein Prediger, ein Beichtvater sich wohl herum beißen und die Wahrheit reden. Wenn er dießfalls den Todten-G'sang singt: Placebo domino, so stürzt er auch seine eigene Seel' in den Tod. Er muß nicht fragen, was er für ein Liedel [223] soll aufmachen, sondern was ihm der Geist Gottes und die liebe Wahrheit vorbildet. Wollte Gott, es gescheheten hierinfalls keine Fehler! aber wie mancher Beichtvater gibt seinem Patienten das Geleit' in die Höll'! – Es konnten allhier dergleichen Geschichten wohl beigesetzt werden, welche ich aber Kürze halber umgehe und auch nicht begehre, den Beichtvater zu unterrichten, weilen ich glaube, er werde ohne das mit sattsamer Wissenschaft versehen seyn.

Es klagten vor diesem nicht ein wenig die Philistäer, daß ihnen der Samson mit den Fuchsschweifen so großen Schaden ihren Treid-Feldern zugefügt; aber in aller Wahrheit ist um ein ziemliches merklicher der Schaden, den viel der Zeiten von dem Fuchsschweif ihrer Schmeichler leiden, welche Ohren-Titler, Achsel-Träger, Lock-Vögel, Tafel-Hansen, Maulmacher, Zungen-Drescher, Schüssel-Geiger, Kuchel-Mucken, Hof-Katzen sich mehrist bei großen Herren einfinden.

Ein solcher war jener Edlmann, Franziskus Brianus, welcher alles golten, da er doch nichts werth war, bei Henriko dem Achten, König in England, indem dieser engeländische König gar nit englisch lebte, und nit allein Annam Bolenam, sondern auch ihre Mutter in seine lasterhaften Begierden gezogen. Dieser stinkende Heliogabolus fragte einst gedachten seinen Zuschmeichler, ob es ein große Sünd'[224] sey, die Mutter samt der Tochter erkennen? worauf diese Hof-Katz' geantwortet: es sey eben so viel, als die Henn' sammt dem Hühnlein essen. Solche Vögel gehören auf keine andere Leim-Ruthe, als wo die Raben sitzen, solche Wäsch' muß kein anderer aufhenken, als der Meister Knüpfauf, solche Häls' verdienen keinen andern Kragen, als die der Seiler spendiret, ja solche Mäuler und Maul-Schmied' gehören in keine andere Schmiede, als dort, wo es heißt: Ite in ignem aeternum, gehet hin in das ewige Feu'r! – Fast desgleichen G'lichters war jener Hof-Herr zu Paris, welcher in allen Dingen dem König das Placebo gesungen. Da er auf eine Zeit vermerkte, daß Ihre Majestät wegen Geld-Mangel in etwas betrübet, hat er dem König allerlei Rathschläg' an die Hand geben: Was? sagte er, die Bauren seynd Lauren, so lang sie dauren, wann sie auch wohnten hinter hundert marmorsteinernen Mauren; diese Trampel muß man darbieten wie die Lämbel, diese Kälber muß man stutzen wie die Felder, diese Blöck' muß man beschneiden wie die Weinstöck', diese Kegel muß man rupfen wie die Vögel, diese Aas muß man schaben wie den Käs; Ihro Majestät thun eins und schlagen eine Maut auf Butter und Schmalz, auf Pfeffer und Salz, auf Linsen und Brein, auf Vier und Wein, auf Vögel und Tauben, auf Pfersich und Trauben, auf Arbeiß und Bohnen, auf Ruben und Rannen, was die Bauren auf den Markt tragen, und dieß [225] nur zwei Jahr' hindurch; allergnädigster Herr, Sie werden handgreiflich spüren, was Mittel kann bringen ein Bauren-Kittel!' – Diesen Rath hat er dessentwegen dem König eingerieben, damit er ein Frater Placidus bei Hof seye. Der König war hierinfalls leicht beweglich, folget dem schlimmen Schmutz-Engel und vermerkt bald, daß zweihundert und vierzig Pfennig auch einen Gulden machen, welches ihm noch mehrern Anlaß gemacht, größere Mauten aufzurichten. Dieß hat dem Hof-Fuchsen einen solchen Gewissens-Wurm eingejaget und im Balg gesetzet, daß er derenthalben öfters geseufzet und in seinem letzten Willen, in seinem Testament, ernstlich verschafft, daß man nach seinem Tod' den Körper in kein anderes Ort begraben solle, als in jene Senkgruben, wohin aller Unflat rinnet von jenem Markt, aus dem er solche Maut aufgebracht.

Solche Gesellen gehören in die Luft, denn sie seynd wie die Luft. Dieses Element ist ein natürlicher Entwurf eines Schmeichlers; denn die Luft ist in sich selber weder warm, weder kalt, weder licht, weder finster, weder trocken, weder feucht, sondern sie accommodirt sich, wie der Himmel ist: ist solcher kalt, so ist auch die Luft kalt, ist solcher warm, so ist auch die Luft warm. Diese Eigenschaften find't man und gründ't man bei den Schmeichlern, welche sich [226] ganz und gar richten und schlichten nach ihrer Herrn Neigung. Ist der Herr geneigt zum Löfflen, so wird der Schmeichler nichts anderst reden, als von lauter Löffelanden; sagt der Herr! mir gefallen diese Geistlichen nicht, so schwätzt der Schmeichler: ja! ja Herr, sie seynd nie weit her; sagt der Herr: ich glaub', die Prediger machen den Teufel gar zu schwarz, was plaudert anderst der Schmeichler darauf, als das: der Himmel ist ja nit für die Gäns' gebauet? sagt der Herr: das sechste Gebot biegen ist keine so große Sünd' nit; mein' wohl, schwätzet der Schmeichler, in Italien und anderen Orten ist es auch der Brauch; sagt der Herr: mich schläfert, so thut sich der Schmeichler ranzen; sagt der Herr: es frieret mich, so thut der Schmeichler zitteren, wann es auch im Julio ist; thut der Herr hinken, so geht der Schmeichler krumm, ist der Herr einem passioniret, so hilft diesen der Schmeichler verfolgen, etc. Die Luft hat noch eine andere Eigenschaft, daß sie nemlich Alles zutraget: Wann man allhier im Grätzer-Schloß die große Glocke läutet, so hört sie der Bauer und Hauer oft eine Stund' weit: wer trägt ihm einen solchen Klang zu? niemand anderer als die Luft; diese ist ein allgemeiner Zutrager aller Hall, Schall und Knall und Fall etc. Nicht viel anderst ist gesitt' und gesinnt der Schmeichler, [227] welcher auch alles, was er sieht, hört, greift, schmeckt, kost', fühlt, merkt, liest, etc. seinem Herrn zuträgt und noch dasselbe vergrößert, verkleinert, verweißt, verschwärzet, vermehrt, verringert, verengelt, verteufelt etc. nach seines Herrn Neigen, Lust und Gust. O Schelm!

Solche Schelmen seynd sie wie die Goldmacher oder Chemici, die wollen aus Blei und Kupfer Gold machen: Also pflegen auch die Schmeichler die größten Schelmstuck zu beschönen. Solche Gesellen seynd sie wie ein Spiegel: dieser gläserne Aff' thut alles nach, was er sieht, mit dem Lachenden schmutzt er, mit dem Weinenden hat er nasse Augen. Im gleichen Model ist gossen, nach gleichen Modell ist geformt der Schmeichler. Solche Gesellen seynd gleich der Blume Solsequium oder Sonnenwend': diese wend't sich und lehnt sich und blendt sich dorthin, wo die Sonnen ist; also tanzt auch der Schmeichler das Liedel, welches sein Herr geigt. Solche Gesellen seynd wie die Geiß', welche einen Baum lecken und schlecken, aber mit solcher Zung' ihm die Kräften nehmen, daß er nachmals verdirbt. Solche Gesellen seynd wie das Wintergrün, welches den Baum umfängt, umhalst, umarmt, aber zugleich ihm die Kraft und Saft nimmt, daß er verdirbt. O wie viel Schmeichler-Zungen haben andere in das Verderben gebracht! Was dem Raben begegegnet, ist oft manchen Menschen und vornehmen Herrn widerfahren. Der Rab' hatte einst ein ziemlich gutes und großes Stück Käs entfremdet und darmit [228] im Schnabel auf einen Baum geflogen. Als solches der arge Fuchs wahrgenommen, ist er ganz hurtig dahin geloffen und den Raben angefangen zu loben. Ey! ey! ey! sagt er, das ist ein Vogel, laß mir diesen einen schönen Vogel seyn, hab' mein Lebenlang keinen dergleichen Vogel gesehen! du bist gewiß der Paradeis-Vogel oder der berühmte Phönix? deine Mutter muß sich an dem Sammet ersehen haben, wie sie auf den Eiern gesessen! hast du doch ein Paar Augen, welche gleichsam den Glanz von der Sonne zu leihen genommen! deine Klauen, als so wunderlich erschaffene Waffen, verrathen dich, daß du von einem martialischen Geblüt herstammest! deines gleichen wird wohl nicht unter dem adelichen Geschlecht der Vögel zu finden seyn! o du schöne Kreatur! wie recht ist es geschehen, daß man die berühmte Festung in Ungarn nach deinem Namen Raab genennet hat! Ein Ding, mein auserwählter Vogel, möcht' ich doch gern wissen, weilen in allem die Natur gegen dich so freigebig gewest, was du nemlich für eine Stimm' wirst haben? wann ich dich nur, ansehnlicher Vogel, hörte singen, so wollte ich mich für den glückseligsten Fuchsten erkennen! Ey, ey, ey, das ist in Vogel! – Der Rab' glaubt dem Schmeichler in allem, übernimmt [229] nimmt sich des großen Lob's, sperrt den Schnabel in alle Weit' auf, zu singen. Unterdessen fällt ihm das große Stück Käs aus dem Schnabel. Der Fuchs schnappt und tappt darauf und lauft mit dieser Collation darvon. – O wie oft geschicht, was da ist gedicht! wie mancher Schmeichler hält sich bei Haus und Hof, auf eines reichen und vornehmen Herrn, bei dem er Wein und Brein willen, Schüssel und Bissel halber, Fisch und Tisch wegen nichts anderst im Maul führt als lauter Lob! der Galgen-Vogel gibt eine Lerche ab, das ist Alaudam, ein Lob-Vogel; ja er nimmt die Art an sich eines Fisches im Meer, mit Namen Fasten, von dem Belluacensis schreibt, daß in dessen Maul das gesalzene und bittere Meer-Masser in süßes verkehrt werde, wordurch er die unbehutsamen Fischel zu sich locket und nachmalens verschlucket. Ein solcher Zungen-Drescher wird öfters in seinem verlogenen Maul das bittere Wasser in ein süßes verwandlen, das Böse gut machen, die Laster für Tugenden taufen und Maus-Koth für Anis-Zucker verkaufen, damit er nur seinen Herrn nit aus der Wiege und sich selber nit aus der Schmarotz-Kost werfe: Ist der Herr ein lauterer Ehebrecher, so nennt ihn der Schmeichler einen galanten freundlichen Mann; ist der Herr ein Geizhals, so tauft ihn der Ohren-Titler [230] einen guten Wirth; ist der Herr ein verlogener und falscher Bösewicht, so heißt ihn der Schmeichler einen Hofmann; ist der Herr ein Dieb und Partitenmacher, so nennt ihn der Zungen-Drescher einen wachsamen Mann, der auf das Seinige wohl Achtung gibt; ist der Herr ein stolzer Feder-Hans, der fast keinen grüßt, so heißt ihn der Schmeichler einen ehrbaren Signor etc.; ist der Herr ein rothnasiger Weingrill und versoffener Badschwamm, so nennt ihn der Schmeichler einen lustigen Mann, der ein Gläsel Wein bescheid thut. Seithero die Schmeichler im Gang und Klang und Prang seynd, so ist die Leichtfertigkeit eine Freundlichkeit, der Zorn ein Ernst, der Diebstahl eine Wirthschaft, die Schmeichlerei eine Politica, die Unzucht eine Vertraulichkeit, die Hoffart eine Modi, die Rachgierigkeit eine Bravada, der Teufel ein Engel worden. Saubere Gesellen!

David der König bittet mit folgsamen Worten:Oleum autem Peccatoris non impinguet caput meum: das Oel des Sünders soll meinen Kopf nicht feist machen. Was versteht David allhier für ein Oel? Scorpion-Oel? Nein; Mandel-Oel? Nein; Rosen-Oel? Nein; Lilien-Oel? Nein; sondern er verstehet hierdurch dieSchmeichlerei. Denn solche ganz lind und glimpflich, und sich mehresttheil nur [231] beim Haupt aufhaltet, beim Haupt im Land, beim Haupt in der Stadt, beim Haupt im Kloster, beim Haupt im Haus. Dieß ist ein Oel, welches gar oft und vielfältig dasHauptwehe verursachet.

In dem Leben des hl. Nikolai wird verzeichnet, wie daß einst etliche andächtige Kirch- und Wallfahrter auf dem Meer' sich befunden, Willens die Kirchen des hl. Nikolai zu besuchen. Wie sie nun mit glücklichem Wind fortgeseglet, so begegnet ihnen eine wackere ansehnliche Dama in einem kleinen Schiffel, redet die Pilgrim ganz freundlich an, wie daß sie doch wollten ihr die Gnad' und dem hl. Nikolao die Ehr' erweisen und dieses Geschirr, welches sie darreichte, mit sich nach St. Nikola nehmen, daselbsten mit dem kostbaren Oel, so in dieser Büchse verwahrt, die Kirchen-Wänd bestreichen; auf das hierdurch dem hl. Patron eine Ehr' und denen anwesenden Kirchfahrern eine Erquickung möchte geschehen. Die guten frommen Leut' nehmen solches Oel an, mit gewissem Verheißen, daß sie dero Willen in allem emsig vollziehen werden. Nachdem solche edle Frau wieder ihren Rückweg genommen, so erscheint ihnen der heil. Nikolaus selbst und' offenbaret, wie daß diese Frau der vermaskirte Teufel sey gewest, welcher gedachte Kirchen mit diesem ihnen gegebenen Oel in Aschen zu legen gesinnt seye, sollen demnach das verfluchte Oel in das Meer werfen, dafern sie großem Uebel entgehen wollen. Als sie nun solchen Befehl nachkommen, hat das Oel eine so ungeheurige Feuersbrunst in mitten der Meerwellen erweckt, daß sie alle wären, so nit der heil. Nikolaus hätte gnädige Beihilf' geleist', zu Grund gangen. –

[232] Diesem verdammtem Oel gleicht auch eine Schmeichlerei, Oleum peccatoris, durch welches schon so große Unglück' entstanden. Was das Schmeichlen verursacht hat der Dalilä, das hat Samson erfahren, was das Schmeichlen des Ammons hat ausgebrüt', das hat die Thamar erfahren, was das Schmeichlen der Jahel hat zugefügt, das hat Sisara erfahren, was das Schmeichlen eines Jakobs hat ausgezüchtet, das hat Esau erfahren, was das Schmeichlen eines Joab hat ausgezüglet, das hat Amasa erfahren, was das Schmeichlen der Schlangen im Paradeis hat zugericht, das hat Eva und alle Adams-Kinder erfahren; was Unglücks-Frucht von diesem Baum, was Unglücks-Wasser von diesem Brunn, was Unglücks-Brut von dieser Bestia, was Unglücks-Kraut von dieser Wurzel, was Unglücks-Kinder von dieser Mutter herkommen, haben's erfahren und erfahren es noch ganze hochfürstliche Höf', ganze Magistrat', ganze Republik', Klöster, Gemeinschaften und Wirthschaften. So verjagt denn solche Hof-Katze, ihr großen Herren, so vertreibt denn solche Haus-Füchs', ihr großen Häupter, so verwirft dann solche Ohren-Titler, ihr Magistrat, so verbandisirt denn solches Haus-Uebel, ihr Prälaten, Priores, Guardiani und Obrigkeiten aus denen Klöstern, und liebt dafür die schöne und bloße Wahrheit, welche eine Tochter des Himmels, eine Verwandte der göttlichen Majestät, ein Kleinod der Tugenden und eine Grundfest alles Guten ist! Das Wort [233] Veritas hat sieben Buchstaben. Gleichwie nun Gott der Allmächtige am siebenten Tag' in Erschaffung der Welt geruhet hat, also find't er auch eine beliebige Ruhe in diesen sieben Buchstaben Veritas. Gedenkt, daß unser gebenedeiter Heiland Jesus das Wörtl Amen hundertmal aus seinem göttlichen Mund' gelassen, wie die Evangelisten von ihm registriren; daß also bei ihm solches fast zu einem Sprichwort worden, aus Ursachen, weilen Amen so viel als Wahrheit heißt; ja sogar nennte er sich die Wahrheit selbst: Ego sum Veritas. Dessenthalben wollte er auf dem hohen Berg Calvariä ganz nackend und bloß sterben, zu zeigen, die Wahrheit muß bloß seyn und nicht vermantlet, wie bei den Schmeichlern, dergleichen gewest Judas der Erz Schelm bei dem Hof des Pilati, etc.

Judas der Erz-Schelm ermordet seinen leiblichen Vater Ruben
Judas der Erz-Schelm ermordet seinen leiblichen Vater Ruben.

Als einst Pilatus in seinem Pallast unter dem Fenster eine annehmliche Herbst-Luft schöpfte, sah er in dem nächst angränzenden Garten einen überaus fruchtbaren Apfelbaum, worauf die zeitigen Früchte und schönes Obst ihm dergestalt die Zähn' kitzleten, daß er öffentlich zu verstehen gab, er möchte solches [234] Eva-Confekt verkosten. Kaum, daß solches der Hof-Schalk Judas vernommen, ist er alsbald mit eilfertigen Füssen in den Garten gestiegen, daselbsten ein Prob-Stuck seiner künftigen Diebsstuck' erwiesen und das beste Obst entfremdet. Als ihm aber solche Frechheit und keckes Bubenstuck der alte Ruben, dem der Garten zugehörig, scharf verwiesen und ungezweiflet den Judam mit schmählichen Schelm- und Diebs-Titul bewillkommt, hat es ihm dermassen den Busen verwundet – weilen er als ein bisheriger Hofmann dergleichen Grüß' nicht gewohnt – daß er in einem ungezaumten Grimmen einen grossen Stein erwischt, mit demselben den Ruben also au die Schläf' getroffen, daß er alsobald geistlos niedergesunken und Tod's verblichen. Hat also der Erz-Bösewicht seinen leiblichen Vatern, den er zwar nicht gekennt noch von ihm erkannt worden, mit mörderischen Händen erlegt und ihm das Leben genommen, von dem er das Leben ererbt! O Kinder! O Kinder! Kinder hüt' euch doch, daß ihr euere lieben Eltern nicht beleidiget!

Ein brüllender Löw' in Afrika, ein reißender Wolf in Apulia, ein blutdürstiger Tieger in Armenia, ein giftiger Drach in Epiro, ein schädlicher Bar in Scotia, ein wildes Krokodil in Iberia ist nit, ist nit, ist nit so[235] erschrecklich wie ein Kind, welches seine Eltern beleidiget! Des Esau sein Haß ist eine große Sünd' gewest, des Kain sein Neid ist eine große Sünd' gewest, des Aman seine Hoffahrt ist eine große Sund' gewest, des Achan sein Diebstahl ist eine große Sünd' gewest; aber noch eine größere Sund' ist die Undankbarkeit deren Kinder gegen ihre Eltern! Ein Kind, welches seine Eltern übel anschaut, ist werth, daß es keine anderen Augen soll haben, als gehabt hat der alte Tobias, wie er von den Schwalben den Schaden gelitten; ein Kind, welches von seinen Eltern übel redet, ist werth, daß es keine andere Zung' soll haben, als gehabt hat Zacharias, zur Zeit, als seine Elisabeth schwanger gangen; ein Kind, welches seine Eltern schlägt, ist werth, daß es soll keine anderen Händ' haben, als es gehabt hat jener Lahme zu Capharnaum; ein Kind, welches nach seinen Eltern stoßet, ist werth, daß es keine andere Füß' habe, als gehabt hat jener Krumme bei der schönen Porten zu Jerusalem.

Merks wohl, mein Christ: dein Christus hat derentwegen in dem Garten von den hebräischen Lotters-Buben wollen gefangen werden, damit er im Garten anfange die Schuld zu bezahlen, welche Adam gemacht hat im Garten! Merks wohl, mein Christ: dein Christus hat derentwegen im Garten von Malcho dem Bösewicht einen harten Backenstreich leiden wollen, weilen Adam eine Maultasche verdienet hat wegen feiner gethanen Lug im Paradeis! Merks wohl, mein Christ: dein Christus ist derentwegen mit harten Geißlen geschlagen worden, damit er zeige, er sey das wahre Treidkörn'l, von denen Hebräern dergestalten ausgedroschen, [236] endlich gar in die Erd' geworfen, daß es den dritten Tag wiederum aufgangen und uns eine Frucht des Lebens worden! Merks wohl, mein Christ: dein Christus hat derentwegen wollen den schweren Kreuzbaum auf seinen Achseln tragen, damit er ein Kreuz mache durch den Schuldbrief des Adams, worinnen du auch unterschrieben warest! Merks wohl, mein Christ: dein Christus hat derentwegen wollen mit Dörnern gekrönt werden, damit du augenscheinlich kannst wahrnehmen, wie emsig er das verlorne Schäfel in der Wüsten durch Stauden und Hecken gesucht hat, daß ihm dessenthalben die Dörner noch im Kopf! Merks wohl, mein Christ: dein Christus hat darum wollen nackend und bloß am Kreuz sterben, weilen er war die Wahrheit selbsten: Ego sum via, veritas et vita; damit du siehest, daß man die Wahrheit nit soll vermantlen oder verdecken, sondern fein bloß vorweisen! Merks wohl, mein Christ: dein Christus hat darum wollen mit drei Nägeln an das bittere Kreuz-Holz angeheftet werden, damit du hinfüro auch all' dein Glück an diese Nägel henken sollest! Merks wohl, mein Christ: dein Christus hat darum wollen mit geneigtem Haupt sterben, inclinato capite, damit er dir weise, wie man solle durch die Himmels-Thür' eingehen, nemlich man muß sich bücken und demüthigen! Merks wohl, [237] mein Christ: dein Christus hat darum nach so bitterem Tod' aus der Seiten-Wunde Blut und Wasser rinnen lassen, und zwar auf die letzt das Wasser – denn wenn man ein Geschirr, worinnen Blut ist, will recht auswaschen, so nimmt man zuletzt ein Wasser, und schweibt dasselbe aus – also hat es dein Jesus gethan, damit er dir weise, daß er dir sein Blut bis auf den letzten Tropfen gespendiret habe. Was hast du ihm gethan? Merk alles dieses wohl, aber merk eines gar wohl, vergiß nicht, gedenke, mein Christ, daß dein Christus bis in den letzten Lebens-Athem, auch in den unermeßlichen Schmerzen und Tormenten seiner liebsten Mutter nicht vergessen, sondern dieselbe dem Joanni in seinen Schutz und Obacht anbefohlen: ecce Mater tua! Was noch mehr ist! viel heilige Lehrer halten es für ein sonderes Wunder, daß Mariä der Mutter Gottes weder der geringste Schimpf noch Unehr geschehen ist! Die Juden und das hebräische Lotters-Gesind' hat Tag und Nacht, früh und spät nachgesinnt, wie sie möchten diesen Jesum von Nazareth plagen, schimpfen, peinigen, spöttlen und alles Uebel anthun, und ist ihnen nie eingefallen, daß sie seiner Mutter auch sollen einen Spott erweisen, welches ihm, Jesu, nit eine geringe Herzens-Wunde gewest war; ja unter dem Kreuz, als die unmenschlichen Henkers Knechte allen Muthwillen getrieben, mit Würfeln [238] um die Kleider gespielt und allerlei Ungebühr, Feigen, Esel, Narren und tausenderlei Ausspottungen gezeiget: Moventes capita sua, auch mitten unter ihnen die Mutter Jesu war, so ist doch keiner gewest, der solche hätte auf die Seiten gestoßen, wie dergleichen Troß-Buben zu thun pflegen! ja sogar niemand sie mit den mindesten üblen Wort beleidiget! Denn solches wollte der gebenedeite Heiland nicht zulassen, sondern weilen es in seiner Gewalt stunde, befand er sich schuldig und verpflicht', alle Unehr von der Mutter abzukehren. Merks wohl, mein Christ, und erachte bei dir selbsten, ob dann jene können Christen genennet werden, welche nicht allein ihre Eltern vor Spott und Unehr nicht schützen, sondern dieselbigen noch hart beleidigen, sie zum fruhzeitigen Tod und Grab befördern! ja gar (o Ottern und Vippern-Brut!) gewaltthätige Händ' an sie anlegen! O ihr stein- und beinharte Gemüther! o ihr eisenharte und eiskalte Herzen! Ist dann möglich, daß euch das süße Wort Vater, das durchdringende Wort Mutter nicht soll erweichen? habt ihr dann ein so schlüpfriges Gedächtniß, daß euch gänzlich Alles entfallen, was ihr von euren liebsten Eltern empfangen? habt ihr vergessen die Schmerzen, mit denen euch die Mutter geboren? habt ihr vergessen das Speis-Gewölb, welches euch die Mutter auf ihrer Brust aufgeschlagen und euch auf Pelican-Art mit eigenem Blut ernährt hat? habt ihr denn vergessen so vieler tausend Busserl, [239] so ihr von den mütterlichen Lefzen habt eingenommen? wer hat euch von dem täglichen, ja oft stündlichen Pfuy – indem hierinfalls die jungen Schwalben manierlicher hausen in ihren Nestern – gesäubert und gereiniget, als eben die Mutter? wer hat euch das schlaflockende »Haia Popaia« öfters um Mitternacht bei der wankenden Wiege zugesungen, als eben die Mutter? wie oft habt ihr euch der Mutter um den Hals gewicklet wie ein Wintergrün um den Baum? wie oft hat euch die Mutter in ihren Armen, als in einer lebendigen Wiege, hin und her geschutzet, gleichwie ein Baum auf seinen Aesten einen rothen Apfel bei Winds-Zeiten zu thun pflegt? wer hat euch aus dem Koth, aus der Noth und öfters auch aus dem Tod' gezogen, als eben die Mutter? Eine guldene oder silberne Hals-Uhr braucht viel Aufziehens! – aber ihr, die ihr so vielfältig wie eine Uhr der Mutter um den Hals gehangen, braucht weit mehr Auferziehens, und sollt ihr an alle diese unzählbaren Gutthaten und Liebthaten nicht mehr denken? nit mehr an die Lieb, mit dero euch der Vater gezeugt? nit mehr an die Sorg, mit dero euch der Vater erzogen? nit mehr an die Gutthaten, mit welchem euch der Vater behäuset? ist euch denn die Natur also verwildet, daß der Brunn nicht mehr gedenket an den Ursprung, der Apfel nit mehr an den Baum, die Blum nit mehr an die Wurzel, der Topf nit mehr an den Hafner, der Essig nit mehr an den Wein, die Statua nicht mehr an den Bildhauer, das Kind nit mehr an den Vater und Mutter? So gedenkt aufs wenigst auf diese zwei Wort: Bibel und Uebel, wie stark euch die heiligeBibel auferlegt, die Eltern [240] zu verehren, und wasUebel ihr euch auf den Rucken ladet in Unterlassung dessen! etc.

Wie der allmächtige, allwissende, allgewaltige Gott dem Mosi die Tafel der zehen Gebot' eingehändiget auf dem hohen Berg Sinai, haben sich etliche Wunder dabei ereignet, und zwar erstlich: da solche der Mann Gottes von dem Berg herab getragen, hat er nit allein mit seinen Ohren ein großes Getümmel und einen ungeheurigen Jubelschall vernommen, sondern auch mit Augen erfahren, wasgestalten dieselben Ochsen-Köpf' ein guldenes Kalb für ihren Gott haben angebetet, und dabei nit ohne Verwunderung gespürt, daß die von Gottes Hand geschriebenen Gebot' sammt allen Buchstaben verschwunden und nichts mehr als eine glatte Stein-Platte zu sehen: welches dann den Mosen zu einem billigen Zorn veranlasset, daß er selbe zu Boden geworfen und zertrümmert. Wie solches bestätigen Rabbi Abre, Aben Ezra und Rabbi Salomon bei Tostatum. Das andere Wunder ist, daß auf diesen zwei Tafeln die zehen Gebot' ganz ungleich verzeichnet waren, nemlich auf einer Seite drei, auf der andern Seite sieben! Warum nicht auf einer Seite fünf und auf der andern Seite auch fünf? Merke die Ursach'! das vierte Gebot ist in dem göttlichen Gesatz: honora patrem et matrem: Du sollst Vater und Mutter ehren! Wann demnach auf eine Tafel fünf Gebot' wären gesetzet worden, da wäre das Gebot »du sollst Vater und Mutter ehren« gar weit herabkommen. Damit aber der Allmächtige zeige, wie groß dieses Gebot', so wollte er, daß, gleichwie auf der ersten Tafel das erste Gebot war: »Du sollst an einen Gott glauben [241] und selben verehren!« also soll auch auf der anderen Tafel zum allerersten vor allen andern stehen: honora, etc. Du sollst Vater und Mutter ehren. Hierdurch hat der Allerhöchste wollen andeuten, wie groß, wie vornehm, wie wichtig das Gebot sey, die Eltern zu lieben.

Siehe, dir ist vorgangen Laurentius Celsus! Als solcher wegen seiner großen Verdienste und Tugenden zu einem Herzog in Venedig ist er wählt worden und damalen sein Vater noch bei Leben; wollt er auf keine Weis' zulassen, daß ihn sein Vater soll ehren, obgleich ihm die gesammte Republik bestermassen vorgetragen, wie solches seiner hohen Würde gezieme, daß er nicht allein mit bedecktem Haupt vor seinem Vater stehe, sondern auch der Vater schuldig seye, gegen ihn die Knie zu biegen. Weilen er aber dieses über sein Herz nicht konnte bringen, also hat er einen sinnreichen Fund erdacht: Er ließ vornher auf seiner Haube oder Hut ein sehr kostbares Kreuz heften, welches annoch bei den Herzogen zu Venedig im Brauch, damit also die Reverenz und Ehrbeweisung von dem Vater nicht ihm, sondern dem Kreuz zugemessen wurde, und er solchergestalten seinen kindlichen Gehorsam und Schuldigkeit nit vergesse.

Ein Papier ist ein solches vornehmes Wesen, daß es auch in der höchsten Monarchen Hände gehalten wird, ja darauf päbstliche und kaiserliche Namen und Ehren-Titel geschrieben werden, da es doch von einem schlechten Haus herstammet, indem sein Vater der Lump zu Hadersdorf, seine Mutter dieFetzinn gewesen, und gestaltermassen ein unsauberer Hader, worinnen ein Zigeuner-Kind eingewicklet war, zu solchen großen Ehren [242] gelangt. Deßgleichen sieht man öfters in dem prächtigen Tempel, auf den kostbaren Altären eins und das andere schönest vergulte Bild, welches von den eifrigen Christen nicht angebetet – wie es unsere Widersacher beschnarchen – sondern verehret wird. Diese stattliche Statua ist von geringen Eltern, indem ihr Vater der Blockhauer, die Mutter die Holzerinn, bekannte arme Tropfen, gewesen seyn. Gestalter Massen ist es auch eine öftere Begebenheit, daß etliche, dero Herkommen von geringen Eltern, zu hohen Würden und Dignitäten gelangt seynd. Dergleichen war Saul, David, Mahumet, Othomann, Cracus, Vamba, Leo, Justinus Thrax, Maximinus, Diocletianus, Aurelianus Arabus, Sept. Severus, Aemilius, Scaurus, Herodes, lauter Kaiser und König', dero Väter doch Sau-Hirten, Schaf-Hirten, Küh-Hirten, Eseltreiber, Strümpfdoppler, Todtengraber, Schergen und andere arme Bettel-Leut' gewesen. Urbanus, Benediktus, Nikolaus, Joannes, Sixtus, lauter römische Päbst', dero Väter doch Schuster, Schneider, Bauren, Meßner, Müllner und Land-Boten abgeben. Ist gar nichts neues mehr, daß auch der Zeiten etliche in großer Fürsten Hös' beim Brett' sitzen, dero Väter Tischler waren; ist nichts neues mehr, daß mancher ein Hofmeister wird, dessen Vater ein Hausmeister [243] gewesen; ist nichts neues mehr, daß mancher ein Rathsherr wird, dessen Vater ein Radmacher, ein Wagner gewesen; ist nichts neues mehr, daß mancher ein Hauptmann wird, dessen Vater ein Amtmann gewesen; ist nichts neues mehr, daß mancher ein Befehlshaber wird, dessen Vater ein Befehlstrager gewesen; ist nichts neues mehr, daß einer ein Botschafter wird, dessen Vater ein Bote gewesen; und ist gar recht, wann einem seine Feder hinauf hilft, weilen auch die Vögel durch die Federn emporsteigen; ist gar recht wann einem seine Faust in die Höhe hilft, weilen auch die Faust einen Ballon in die Höhe treibt; – aber, aber, die ihr also in die Höhe kommt, schämt euch bei Leib' nicht eurer geringen Eltern! denn sogar auch ein römischer Pabst, ein Vicarius Christi, dem König' und Monarchen müssen die Füß' küssen, schuldig ist, seine Eltern zu verehren, da er doch Gottes Person vertritt in dieser Welt. Also bezeugt Aquilanus und Baldus: Si filius esset Papa, nihilominus debet honorare Parentes. Filii enim semper tenentur debitam obedientiam et reverentiam exhibere. Solches hat im Werk erwiesen absonderlich Pabst Benediktus der Eilfte, welcher aus einem armen Hirten-Sohn, zu dieser höchsten Dignität gelangt:

[244] Als ihn einst seine leibliche Mutter von andern Frauenzimmern sehr prächtig bekleidet heimgesucht, wollte er sie auf keine Weis' erkennen. Das ist meine Mutter nicht, sagte er: meine Mutter hat einen schlechten Baurenkittel an, geschmierte Stiefel, eine schmutzige Schmeer-Haube, ein rupfenes Mieder und schmeckt vom Stall-Balsam etc.; diese muß eine vor nehme Gräfinn oder Marchesinn seyn; meine Mutter kenn ich nur gar zu wohl, sie hat die Kieselstein besser kennt als die Edelgestein, sie hat die kleine Noth besser kennt als die Kleinodl, sie hat die Schmier-Riem besser kennt als die Schnürriem' etc.; hat demnach diese vermummte Dame und stattlich bekleidete Bäurinn nit ohne Schamröthe des anderen Frauenzimmers solche Comödienkleider müssen abziehen, die vorige grobe Joppen und schlechte Lumpen anlegen, das Haarpulver von dem Kopf stauben, sich mit der vorigen Schmeerkappe krönen und also vor dem Pabst erscheinen, in welchem bäurischen Aufzug er sie alsobald umfangen, ihr um den Hals gefallen, die Händ' geküßt, alle kindliche Treu und Ehr' erwiesen, und fein oft in Gegenwart eines Adels diese Worte wiederholet: Diese ist meine Mutter, meine liebste Mutter, meine treueste Mutter, meine leibliche Mutter dieser bin ich schuldig zu dienen! – Da sehe jemand, wie auch das höchste Haupt und Statthalter Christi auf Erden sich seiner armen Eltern nicht schämt, sondern dieselbigen möglichst verehrt! In diesem spiegle sich mancher stolze Rotzbub oder mancher aufgeblasener [245] Grindschipl, welcher durch günstiges Glück zuweilen in hohen Stand kommt und sich nachmals der armen Eltern schämt! Geschieht gar oft, daß einer durch der Eltern Schweiß auf der Schulbank die Doctors-Kappe erwischt, sich bald in Sammet und Seide einwickelt, das Wammes mit Fleglen (holla! Hab' mich geirret mit Flüglen) behängt, den Grind mit einer gestrobleten Paroca verhüllt und wie eine dreijährige Nachteul' herausguckt, und sich nachmals schämt, mit seinem Vater, der etwa Rüben auf den Markt geführt, zu reden; ja, so mein doctrinalischer Pracht-Hans (Ihr Gestreng ist manierlicher geredt) etwann eine Mahlzeit anstellt und andere Clarissimos nec non darzu ladet, muß seine Gemahlinn, Frau von und zu Hohenheim, den besten Ort besitzen, unterdessen die arme Mutter in der Kuchel die Teller abspühlen, oder in der Kindsstube den jungen Prinzen wiegen; ja es ist ein scharfes Gebot, es soll sich Vater und Mutter vor den Leuten nicht viel sehen lassen! Mein Gott, sagen sie oft – diese zwei Knödelgeborne Edelleut – wenn nur Gott diese [246] zwei Leut'l zu sich nähm'! O ihr schandvollen Kinder! ihr seyd ärger als die Bestien; dann Bestien seynd die Storchen, und dennoch diese vernunftlose Vögel pflegen ihren Eltern, wann selbe Alters halber federlos werden, auf ihrem Rucken zu tragen, und auf alle Weis' zu verehren. Seyd ihr dann höher kommen, als Joseph in Egypten, allwo er zu einem Vice-König erhoben worden? und gleichwohl ist dieser seinem liebsten Vater Jakob mit großer Begleitschaft entgegengereist, sich gar nicht geschämt, daß sein Vater ein Schafhirt gewest und in geringer Bauerntracht daher gegangen! Habt ihr denn schon vergessen die Vermaledeiung, welche dem Cham über den Hals gewachsen, um weilen solcher seinen Vater Noe nur ausgelacht? Was haben erst diejenigen zu gewarten, so sich ihres Vaters und Mutter gar schämen, ihnen kaum einen engen Winkel im Haus vergönnen und mit täglichem Unwillen, finsterem Gesichte, rauhen Worten das väterliche und mütterliche Herz dergestalten beleidigen, daß sie vor der Zeit die Welt segnen! Alle Kinder sollen deßfalls in die Fußstapfen treten des starken und heldenmüthigen Samsons, welcher in dem zerrissenen Löwen einen Bienenschwarm und Honigfladen gefunden, einen guten Theil von diesem Raub seinen guten Eltern überbracht und sie damit demüthigst regulirt. Merkts wohl, ihr Kinder! Honig müßt ihr euren herzliebsten [247] Eltern vorsetzen, und keine Gall! mit honigsüßen Worten müßt ihr sie traktiren und nicht mit bitteren und gallsüchtigen Schnarchreden und Schmachreden! denn wenn ihr sie schon auf den Händen tragt, wenn ihr sie schon mit aller Leibsnothdurft unterhaltet, wann ihr ihnen alle Tag' hundertmal die Händ' und Füß' küsset, so habt ihr noch nicht bezahlt, was ihr ihnen schuldig seyd; denn ihnen seyd ihr schuldig,daß ihr seyd und was ihr seyd, nämlich das Leben!

Geliebt und verehrt hat Jesus Christus seine wertheste Eltern, denen er dreißig ganze Jahr in Unterthänigkeit gedient; geliebt und verehrt hat Salo mon seine Mutter Bersabeam, dero er von seinem königlichen Thron aufgestanden und vor ihr niederknicet; geliebt und verehrt hat David seine Eltern, welche er aus Lebensgefahr errettet und in die moabitische Sicherhheit gebracht; geliebt und verehrt hatTobias seine Eltern, indem er seinem Vater das verlorene Gesicht wieder erstattet hat; geliebt und verehrt hat sogar Cain seine Eltern, weil er in deren Gegenwart den Bruder nicht wollte ermorden, sondern ihn mit verblümleter Arglist in das Feld hinausgelockt und daselbst den Rest gegeben.

Insonderheit aber wird eine denkwürdige Lieb' gegen die Mutter geschrieben, als nemlich: In Japonia [248] war eine edle Frau, welche durch große Kriegsempörung in solche äußerste Noth gerathen, daß sie auch das Brod zu betteln gezwungen worden. Diese hatte drei wackere und wohlerzogene Söhne, welche öfters mit nassen Augen ansahen die große Noth der armen Mutter, und haben dessethalben mit einander berathschlaget, auf was Mittel sie der bedrängten Mutter möchten zu Hilfe kommen. Weilen nun dazumalen eine große Unthat begangen worden, wodurch die Majestät des japonesischen Königs sehr hoch beleidiget, der Thäter aber nicht bekannt, also ist durch öffentlichen Trompetenklang allerseits kundbar gemacht worden: daß jener, so den Thäter werde an Tag geben, mit einer gewissen und zwar großen Summe Geld sollte belohnt werden. Dieses veranlaßte die drei Brüder, in einen neuen Rath zu treten, und »Wie wäre es – sagte der erste aus diesen – wann einer aus uns sich diesfalls schuldig gäbe und die zwei ihn für den Thäter anklagten? bekommeten nit also die zwei das von der königlichen Rentkammer verheißene Geld, womit sie nach Genügen der Mutter Armuth konnten wenden?« Dieser Rathschlag wurde alsobald gut geheißen, und weilen das Loos auf den jüngeren Bruder gefallen, also wird solcher alsobald von den andern zweien gebunden für den Magistrat geführt, ganz umständig angeklagt, welcher dann auch auf des Richters ernstliches Befragen die That bekennet hat, so er doch niemalen begangen, und gleich darauf in einen finstern Kerker an eiserne Band' angefesselt gelegt worden; die andern zwei Brüder aber nach empfangenen Geld voller Trost seynd wieder zu der Mutter gereist, und mit größten Freuden ganze Säck' Geld auf den Tisch aus geschüttet. [249] »Wohlan! sprechend – herzliebste Mutter, nunmehr hast du baare Geldmittel, womit du deine Noth und überhäuftes Elend einmal wenden kannst! getrost meine Mutter, jetzt kannst du mit bessern Speisen, als bishero mit schwarzem Brod, versehen werden und deinen alten, matten Leib erquicken!« Die Mutter verwundert sich hierüber, wie billig, fragt, wie und wo und wann und von wem sie solches Geld erworben? und und weilen sie mit ausflüchtigcn Worten sich nicht recht konnten verantworten, vermerkte solches mehr ihren Argwohn, also, daß sie ganz angstvoll gezittert. »Was gilts, sprach sie, ihr gottlosen Kinder habt solches durch ungerechten Raub oder Mordthat erhalten? wo ist denn mein jüngerer Sohn? unfehlbar hat es müssen der arme Tropf mit der Haut bezahlen?« Indem sie nun die That auf alle Weis' geläugnet, mit dem Vorwand, daß sie um ihren jüngern Bruder im geringsten nichts wissen, hat die bedrängte Mutter noch inniger angehalten, mit Bedrohung mütterlicher Ungnad', so fern sie nicht wollten die Wahrheit an Tag geben; dann sie verlange gar nicht mit ungerechtem Gut sich zu bereichern, sondern wolle lieber in äußerster Bedürftigkeit ihr Leben zubringen! – Endlich haben diese nicht ferner wollen das mütterliche Herz in Aengsten schwimmen lassen, sondern die That mit allen gehörigen Umständen der Mutter bekennet. Die Mutter stund hierüber ganz redlos, unwissend, ob sie sollte loben dero kindliche Lieb', oder[250] schelten dero harte Unbarmherzigkeit gegen ihren Bruder. Nachdem ihr nun die wiederholten Lebensgeister die Stimm' geliefert, hat sie alsobald mit heller Stimm aufgeschrien: Ach nein! nur das nit! aus keine Weis' will ich mich mit meinem eignen Blut ernähren! das nit! fort, lauft, schnauft, schreit, schreibt, eilt und nicht verweilt, damit ihr doch euren Bruder noch vom Tode errettet! Sie selbsten ist sammt ihren zweien Söhnen vor dem Senat erschienen, das Geld mit Unwillen ihnen vor die Füß' geworfen, ihren in dem Kerker geworfenen Sohn ernsthaftig los zu machen begehrt, auch ausdeutlich dargethan, wie diese zwei nur derenthalben angeben, damit sie solchergestalten ihrer Mutter Armuth zu Hilf' kommen, sie aber verlangte nicht ihr Leben mit ihres Sohns Tod' zu verlängern. – Die Richter haben nit wenig sich über solche unerhörte That verwundert, der ganzen Sach' Urkund' dem König schriftlich beigebracht, welcher dann die Mutter sammt den dreien Söhnen zu sich berufen, deroselben Kinder Lieb' nicht genugsam können hervorstreichen und darauf der Mutter sammt ihnen ihr Leben lang eine standesmäßige Unterhaltung angeschafft. – Gebenedeit das Land, welches eine solche Mutter gehabt, gebenedeiet die Mutter, welche solche Kinder gehabt, gebenedeit die Kinder, welche eine solche Lieb' gehabt, gebenedeit die Lieb', welche ein solches Lob gehabt, daß mans sollt in Cedernholz einschneiden, in Marmolstein einhauen, in [251] Goldplatten einstechen und forderst in alle kindliche Gemüther eindrucken! Da habt ihr Kinder einen Spiegel, worinnen ihr euch ersehen könnt; da habt ihr ein Original wovon ihr ein Modell nehmen könnt; da habt ihr Kinder ein Exempel, woraus ihr euch eine Nachfolg' machen könnt! O wären auch solche Kinder in unsern Ländern, würde mancher Fluch der Eltern unterlassen; o brönne auch solche kindliche Lieb' in unseren Oertern, würde manches Mutterherz mehr getrost! aber leider bei uns heißt es gar oft:


Ein böses Kind,
Deren man viel find't,
Der Eltern Schand
Lauft um im Land,
Ausborgt und spielt,
Lügt, raubt und stiehlt,
Die Eltern sein durch Sorg und Pein
Oftmals bringt in die Erd' hinein.

Es ist auch nicht zu vergessen allhier der großen Lieb', welche der römische Cardinal Dominicus Grimani seinem Herrn Vatern Antonio Grimani erwiesen hat. Dieser war Prokurator di San Marko zu Venedig und zugleich ein General über die ganze Armee dieser [252] berühmten Republik wider den Türken. Weilen er aber das Glück ihm sehr mißlingend in diesem Kriege erfahren und benebens durch heimliche Mißgönner bei der Republik einer Untreu beschuldiget worden, also ist er in eiserne Band geschlagen und in einen hohen Thurm geleget worden, wobei sich dieses sehr Denkwürdige zugetragen, daß ihm der Cardinal in selbst eigener und hoher Person, diesem seinem bedrängten Vatern, mit weinenden Augen – nit ohne gleichmäßiges Weinen des ganzen Volks – das Gleit geben bis zu dem Thurm, daselbst auch mit seinen heiligen Händen die schwere eiserne Fußkette, als der Herr Vater die Leiter hinaufgestiegen, hinnach gehebt, damit dero großes Gewicht die Füß' seines Vaters nit also möcht' beschweren, auch noch inständig gebeten: man wolle ihn doch auch in der Gefängnuß lassen bei seinem lieben Herrn Vatern. Weilen ihm aber solches durch die hohen Beamten geweigert worden, hat er seinen Ruckweg nach Rom genommen. Aber merke auch anbei das kugelwalzende Glück! Dieser Antoni Grimani von allen Ehren entsetzet, in eiserne Band und Kerker geworfen, aus dem Land verbandisirt, ist nachmals wieder nach etlicher Zeit in vorige Würde gesetzt und nach dem Tode des Herzog Leonardi, als er ein neunzigjähriger alter Tätl, mit sonderer Glückwünschung und Jubelgesang des gesammten Volks zu einem Herzog zu Venedig erwählet worden, in welcher hohen Dignität er noch über anderthalb Jahr gelebt hat. – [253] In dieser Geschicht' ist sich sowohl zu verwundern über des Glücks seinen anverwandten Wankelmuth, als über die große Lieb' des Cardinals Grimani gegen seinen Vatern.

Nicht weniger wird gepriesen die große Lieb' welche zwei Söhne ihrem liebsten Vater zu Genua erwiesen. Dieser war genannt Franziskus Scaglia, ein sehr vornehmer und reicher Edelmann, der im fünfzigsten Jahre seines Alters dergestalten durch gesalzene Flüß' in den Augen geplagt wurde, daß er gar stockblind worden und in solchem betrübten Stand das zwei und neunzigste Jahr erreicht. Weilen er nun von guten Mitteln war, also sind ihm auf keine Weis' Bediente abgegangen und also ohne Lakei nie gewesen. Nichts desto weniger haben zwei seiner Söhne Odoardus und Nikolaus als edle, schöne junge Herren nie wollen zulassen, daß ausser das Haus er von einem andern solle geführt oder gewiesen werden, sondern allzeit einer aus beiden hat den Vater an den Arm gehalten und ihm einen sichern Tritt theils in die Kirche oder anderwärts hingezeigt, an welcher großer Lieb' und kindlicher Treu die ganze Stadt Genua ein sonders Wohlgefallen geschöpfet hat.

Ich will daher umgehen jene Tochter, welche ihre leibliche Mutter in der Keichen mit eigenen Brüsten gesäuget hat und selbige dergestalten bei dem Leben erhalten; ich will geschweigen jenes Sohns, welcher bei Regierung Petri, Königs in Castilia, für seinen Vater, der begangenen That halber das Leben verwirket hatte, wollte sterben; ich will nicht melden des Kaisers Alexius, welcher die kaiserliche Krön' freiwillig geweigert und selbige seinem Vater aufgesetzt. Diese und alle [254] dergleichen haben Vater und Mutter verehrt, wie ihnen das Gesatz der Natur auferlegt, wie sie das Gesatz der Rechten verbunden, wie ihnen das Gesatz Gottes geboten: Honora patrem et Matrem,etc. Wenn jemand liest den Ascanium Clementinum den Legisten, Aristotelem don Weltweisen 1. 4. Ethi., Thomam den englischen Doktor opusc. quaest. 26., Hieronymum den Kirchenlehrer Epist. 11. ad Geron., Zwinglerum den Histori-Schreiber lib. teat. c. 2., Navarram den Theologen Decis. 28., ja forderist die heil. Schrift Sprichw. 19., Coloß 3. 20. Eph. 6. 1. Matth. 14. Joan 19. etc.; so wird er finden, daß man die Eltern wie irdische Götter verehren solle, lieben solle, halten solle, besser halten, mehr lieben, stärker verehren, als ein Mann sein Weib, als ein Weib ihren Mann. Gedenkt demnach, ihr Kinder, an die Bibel, vergeßt aber auch nicht das Uebel, welches allen undankbaren Kindern auf den Rucken geladen wird!

Was sagt ihr zu dieser erschrecklichen Sentenz, welche der heil. Geist selbst euch in die Ohren schreit: Maledictus a Deo, qui exasperat matrem: Vermaledeit von Gott, welcher seine Mutter erzürnet! Der heil. Priester Severinus hat nur einmal einen Espen-Baum vermaledeit, um weilen er sich an dessen Aesten in etwas verletzet hat, und siehe, der Baum ist augenblicklich verdorret! Der heil. Medok hat einst einen harten Felsen vermaledeit, und siehe, alsobald ist derselbe mitten von einander gesprungen!

[255] Der heil. Franziskus von Assis hat einmal ein Schwein vermaledeit, weilen solches ein kleines Lämm'l zerbissen, und siehe, gleich hernach ist das Schwein verreckt und haben sogar die Raben einen Abscheu vor diesem Aas gehabt! Haben nun die menschlichen Vermaledeiungen eine solche Wirkung, was wird nicht erst haben jene Vermaledeiung, welche von Gottes Mund selbsten ausgehet! Wie ist es euch Kinder? erstarret euch nicht das Blut in den Adern, zappelt euch nit das Herz in dem Leib, stehen euch nicht die Haar' gen Berg, zittert ihr dann nit in allen Gliedern, wann ihr hört die scharfe göttlichen Wort' Maledictus etc. vermaledeiet von Gott, welcher seine Mutter erzürnet? Erschrecket euch denn nicht der schändliche Tod eines schönen Menschen? dieser war der Absalon, ein schöner, wohlgestalteter, junger Fürst des David, aber auch ein schändlicher, gewissenloser Fürst und Oberhaupt aller undankbaren Kinder. Dieser Absalon ist in seiner lasterhaften Ehrsucht alsoweit kommen, daß er sich auch freventlich unterfangen, seinem Herrn Vater die Kron' von dem Haupt zu nehmen, den Scepter aus den Händen zu reißen und sich wider alles Recht und kindliche Verpflicht in die Regierung einzudrängen. Solchen gewissern Zweck zu erhalten, hat er unter dem Adel und Pöbel einen großen Aufruhr und einheimischen Krieg erweckt, sogar die Waffen mit großem rebellischen Anhang wider seinen Herrn Vater als nämlich den David, selbst ergriffen und mit häufiger Mannschaft einen blutigen Streit mit seinem eigenen Vater eingangen. O verfluchtes Kind Absolon! Gesetzt, daß du auch keinen Blutstropfen mehr von deinem Vater in deinem vermaledeiten [256] Leib empfindest, soll denn dir nicht einfallen die Schärfe des göttlichen Zorns, so allgemach ober deinem Kopf schwebet? Ein Kalb, so es genug gesogen hat an dem Euter seiner Mutter der Kuh, stoßt nachmals dieselbe noch mit seinem muthwilligen Kopf: du Ochsenkopf Absalon bist nit besser als dieser Kalbskopf! Ein Klächel oder Schwengel in einer Glocke, indem er von derselben stets umgeben und bedecket wird, schlägt sie noch darüber beederseits mit Ungestümm: du, Galgen-Schwengel Absalon, bist nicht besser als dieser Glocken-Schwengel. Allo! zieh denn vom Leder, du ungerathener Absalon, wider deinen Vater, aber gedenke auch, daß ebenfallsGott das Schwert seiner göttlichen Justiz ziehet wider dich: laß sehen, welches eine bessere Schneid hat, dein verruchter Säbl, oder Gottes gerechtes Schwert! Wohlan, das Gefecht nimmt einen Anfang in der Wüste Ephraim, die Armee des Absalons übersteigt weit die Mannschaft des David, dieser wird ungezweifelt den kürzern ziehen; denn viel Hund' seynd des Haasen Tod. Aber David war kein forchtsamer Haas, sondern setzte seine einige Zuversicht auf den allmächtigen Gott. Und siehe! David erhält einen glorreichen Sieg, der Absalon wird spöttlich in die Flucht geschlagen! Dessen ist aber kein Wunder, gar kein Wunder! denn wider den rebellischen Absalon war Gott und alle seine Geschöpf', allermaßen Löwen, Tieger, Bären, Wölf' und allerlei wilde Thier' erschienen, welche des Absalons Kriegs-Knecht niedergerissen. Dieß war noch nit genug; denn von freyen Stucken die Erd' allerseits Stein in die Höhe geworfen, wovon die absalonischen Soldaten verwundet und aufgerieben worden, ja in dem, [257] Wald seynd die Aest' hin und her von denen Bäumen geflogen, ungezweifelt von den Händen der Engeln abgeschlagen, welche des Absalons Armee – nunmehr Arme – ganz grausam zerquetscht. – Vermaledeiet ist denn ein Kind, welches wider seine Eltern handelt. Himmel und Erd' sammt allen Geschöpfen streiten wider solchen Menschen; vermaledeit seynd alle seine Schritt' und Tritt', vermaledeit ist sein Gut und Blut, vermaledeit ist sein Leib und Weib, vermaledeiet seine Kinder und Rinder, vermaledeiet seine Felder und Wälder, vermaledeiet seine Scheuer und Gemäuer, vermaledeit sein Geld und Zelt, vermaledeit sein ganz Leben darneben, seine Gesundheit wird seyn wie die Kürbiß-Blätter des Jonas, seine Wirthschaft wird seyn wie das übernächtige Manna, seine Felder werden seyn wie der Berg Gelboe, seine Kühe werden seyn wie die Rinder, so Pharao in dem Traum gesehen, seine Habschaft wird seyn wie die Statua Nabuchodonosors, sein Leben wird seyn wie der Topf der Propheten-Kinder, seine Kinder werden seyn wie die Spott-Fratzen Elisäi, das ist ungerathene Kinder; ein bitterer Lebenswandel, eine unglückselige Habschaft, unfruchtbare Felder, eine wurmsüchtige Wirthschaft, eine verwelkende Gesundheit, alles Unglück und Unstern, alles dieß schließt in sich das einige Wort Maledictus, vermaledeit!

Ich ging einsmal durch einen grünen und schattenreichen Wald und erwägte dazumal die Höflichkeit der Bäume in Iudäa, welche sich auf dem Oelberg ganz tief bis auf die Erde geneigt haben gegen die Mutter Gottes Maria, und gedachte bei mir selbsten, was für grobe Blöck' seynd doch diejenigen Gesellen, die [258] kaum eine kleine Reverenz machen gegen Gott den Herrn und seine Mutter in der Kirche. Als ich in diesen Gedanken stund, so ist mir vorkommen, als hörte ich allda einen abgehackten Baum sehr wehmüthig lamentiren, und stunde die Klag' in dem, wie daß unlängst ein Hacken habe gebeten denselbigen Baum ganz flehentlich um einen Stiel. Nachdem nun die gutherzige Buche solchen willfährig ertheilt und die Hacke einen Stiel bekommen, so ist sie da und haut die größte Gutthäterinn die Buche selbst nieder! Ach! sagte der Baum, das soll mich ja schmerzen in meinem Herzen, daß die Hacke den Stiel, den ich ihr so gutwillig habe geschenkt, jetzt ganz undankbar gegen mich braucht. Diese wehmüthige Klag' erschallt öfters aus dem Mund einer bedrängten Mutter, aus dem Mund eines Vaters, welche so große Undankbarkeit an ihren ungerathenen Kindern erlebet haben, daß auch diese vermaledeite Kreatur gwaltthätige Händ' anlegt an seinen Eltern! Soll es dann nicht schmerzen eine solche Mutter, daß sie selbst muß leiden von denjenigen Händen, welche sie in ihrem Leib getragen? soll es denn einem Vater nicht das Gemüth durchdringen, daß er muß beleidiget werden von denjenigen Händen, welche er nachGott dem verruchten Kind gespendiret? wie ist es nur möglich, daß sich die Erd' nicht gleich aufsperret und ein solch gewissenloses Kind verschlückt, wie sie verschlückt hat den Datan und Abiron. Wie kommt es doch, daß nicht gleich [259] die freßgierigen Feuersflammen vom Himmel fallen und einen solchen verkehrten Menschen zu Asche verzehren, wie sie verzehrt haben alle Inwohner zu Sodoma und Gomorrha? Ja, ja, alles dieses geschah, dafern Gott nit gewisser Ursach' halber, die ihm allein bekannt und uns verborgen, mehrmalen alle Elemente im Zaum hielte, welche sonst gierig die Unbild der Eltern rächen thäten. Und bilde sich nur ein ein solches vermaledeites Kind, welches gegen seine Eltern mit Schlägen verfahret, daß kein Geschöpf auf Erden, so ihm nicht mißgönnig und feind sey. Dahero solche unmenschliche, tiegerartige, steinharte, herzlose, gottvergessene, lasterhafte, teufelsüchtige, höllenwerthe, bestialische Kinder (nicht Kinder, sondern Schlangen- und Attern-Brut) auch noch auf der Welt vom gerechten Gott gestrafet werden.

In der vornehmen Stadt Talenz ist einer bei dem Magistrat falsch angegeben worden, als habe er eine große Unthat begangen, wessentwegen er zum Strang und Galgen verurthlet worden. Als solcher aus dem Kerker an den Ort seines schmählichen Todes geführt wurde, hat er daselbst die Händ' zusammen geschlagen und das gerechte Urtheil Gottes, nicht aber der Menschen erkennt, und beinebens öffentlich entdeckt, wie daß er unschuldig sey in demjenigen, was ihm dießfalls zugemessen wird, wohl aber habe er eben an diesem Ort seine leibliche Mutter mit harten Streichen traktiret, welche dazumal den Fluch über ihn gethan:Wollte Gott, du müssest an diesem Ort an den Galgen kommen!

[260] Zu Rom hat einer aus Zorn seiner Mutter einen Backenstreich versetzt, welches sie dermaßen geschmerzt, daß sie alsobald gewunschen: sie möchte diese Hand abgehaut sehen. Diese Red' war einer sibyllischen Weissagung nicht ungleich; denn kurz hernach ist dieser ganz unsinnig worden: in welchem verwirrten Stand er in eine öffentliche Fleischbank hineingeloffen, daselbst sich mit einer großen Hacke die Hand abgehauen und also den Mutter-Fluch selbsten vollzogen.

Ein anderer Jüngling zu Rom, weilen er auch Hand angelegt an seine Mutter, ist bald hernach in diesen blühenden Jahren Tods verblichen, den andern Tag aber nach seiner Begräbniß den Arm aus der Erd' gestreckt, und weilen man solches der Nachlässigkeit des Todtengräbers zugeschrieben, ist das Grab mit mehr Erd' überschüttet worden. Ungeachtet dieses ist auch den dritten und vierten Tag der Arm ganz hervorgangen, bis endlich die Mutter zu dem Grab' berufen worden und unschwer die Ursach' dieser seltsamen Begebenheit erkennt. Ich weiß mich zu erinnern, sagte sie, daß mich dieser mein Sohn einmal hart geschlagen, welches ich so sehr in meinem Herzen empfunden, daß ich ihm gedrohet habe, ich will ihm solches nimmermehr verzeihen, anjetzo aber mein Kind, verzeihe ich dir herziglich diese mir angethane Unbild! Worauf gleich der Todte seinen Arm zurückgezogen und ferners nicht mehr gespürt worden.

Unweit der schönen Stadt Ragus ist ein kleines Dorf entlegen, in welchem auch wohnte ein arbeitsamer [261] Bauersmann mit Namen Boscas, dessen ungerathenet Sohn die Mutter mit so vielen Streichen übel zugerichtet, daß sie also über solchen Bösewicht nicht wenig erbittert und ihm gewunschen: daß er möchte sterben, und sey nit werth, daß seine Beiner weder die Luft, noch die Erd', noch das Wasser behalte! Dieser Fluch hat seinen Ausgang gewonnen, denn er bald hernach elend gestorben, dessen Leib oder Körper die Erd' auf keine Weis' wollte behalten, sondern ihn öfters mit Unwillen heraus geworfen, und die Luft thäte nit weniger und hat ihn mit Ungestümm auf die Erd' gestoßen, das Wasser deßgleichen hat ihn allemal wieder an das Gestade getrieben, bis endlich aus Befehl der Mutter dieser verruchte Körper in das Meer, da es zum heftigsten tobte, gestürzt worden, welcher gleich von den wüthenden Wellen an einen harten Felsen getragen worden, allwo er sich in drei Theil zertrümmert und alle Theil in harte Felsen verändert worden, so annoch von den beifahrenden Schiffleuten zum ewigen Wunder beobachtet wird.

Es seynd viel hundert tausend, ja viel Millionen Meilen von der Erde in den Himmel hinauf, und dennoch in einem Augenblick reist der Mutter-Fluch dahin vor das Angesicht Gottes. Die schöne, strahlende Sonne hat einen so schnellen Lauf, daß sie in einer Stunde eilfmal hundert und vierzig tausend deutsche Meilen postirt, und gleichwohl ist viel schneller ein Fluch der [262] Mutter; denn solcher augenblicklich in die Höhe steiget und von Gott erhört wird. Deßwegen hütet euch, ihr Kinder, vor dem Fluch' eurer Eltern! denn nicht allein wahr worden der Fluch, welchen Noe der alte Vater über seinen Sohn den Cham ergehen lassen, allermassen dieser sammt den Seinigen nie kein Glück gehabt, ja er selbst ein Zauberer und Hexenmeister worden, den auch der Teufel lebendig verbrennt.

Wunderbarlich ist, was sich in Arvernia zugetragen. Allda hatte eine Mutter ein sehr widerspenstiges Kind, dem sie einsmal befohlen, es soll sich anlegen, und weilen es solches ganz halsstarrig unterlassen, so hat der Zorn die Mutter also angefeuert, daß sie endlich in diesem Fluch ausgebrochen: Ei du vermaledeites Kind, so gebe Gott, daß du keinen Fetzen dein Lebtag an deinem Leib' tragest! Siehe das eilfertige Verhängnuß Gottes! Das Kind zieht alsobald das Hemd wieder aus, und von selbiger Stund' an keinen Faden mehr an den Leib gebracht, und im Sommer und im Winter blutnackend gangen, doch bekennt, daß es dessenthalben nit größern Frost bei Winterszeit, noch mehrere Hitz' bei heißem Sommer empfinde. – Dieser Mensch hat nachmals einen Schaf-Hirten abgeben, doch jederzeit bloß und nackend. Wie denn solche Geschicht bei Clarmont allen bekannt ist.

Theresia, eine königliche Prinzessinn Alphonsi Sexti zu Kastell, ist von ihrem eigenen Sohn Alphonso in die finstere Keichen geworfen und daselbst an eiserne Banden gefesselt worden, und weilen zu ihrer Erlösung weder das inständige Bitten, noch des römischen Papstes ernstlicher Befehl nichts vermochte, also hat sie ihrem [263] undankbaren Sohn gewunschen: daß ihm möchten beede Fuß' gebrochen und er ein elender Gefangener, gleich wie sie, in den Händen des Feindes werden. Dieser mütterliche Fluch hat bald seinen Ausgang gezeigt, indem nicht lange hernach gedachter ihr Sohn Alphonsus unter dem Stadtthore beide Schienbein gebrochen, und kurz darauf von Ferdinando legionischem König gefangen worden.

Was erbärmlichen Untergang hat nit erlitten Cramus, ein Sohn Clotari Königs in Franken, welcher in einer niedern Bauern-Hütte erdrosselt, seine Gemahlinn sammt der jungen Herrschaft lebendig darin verbrennt worden! Die Ursach' dieses seines und der Seinigen Verderbens ist gewest, weilen er nach Absalons Exempel dem Herrn Vater die Kron' wollte vom Haupt zucken.

Dergleichen Geschichten konnten fast ohne Zahl und Ziel beigetragen werden, welche alle billig der Kinder Muthwillen, Ungehorsam, Halsstärrigkeit, Haß, Undankbarkeit gegen ihre Eltern sollten im Zaum halten. Auf solche Weis' geschieht es vielen Eltern, was dem fruchtbaren Apfel- und Birnbaum begegnet, indem man gar oft stehet, daß einem solchen Baum wegen Schwere der Früchte die Aest' brechen. Wohin der Symbolist kann schreiben: Multum onerant, parum ornant: ein schweres G'wicht meine eigene Frücht'.

Solchergestalten erfahren es viel Eltern, was da täglich das Holz auf dem Herd' muß ausstehen, welches [264] dem Feuer die Nahrung spendirt, und dieses undankbare Element entgegen das Holz verzehret, dem der Symbolist das Lemma beigefügt: Satiantem saucio: der mich thut nähren, thu ich verzehren.

Auf solchen Schlag widerfährt vielen Eltern, was da unsere allgemeine Mutter die Erde muß leiden, welche die Dämpf, so empor steigen, gleichsam gebähret, diese aber gar oft in Schauer und Riesel sich verkehren, und ihre eigene Mutter die Erde nicht wenig beleidigen, welches dann auch ein Sinnbild kann seyn eines undankbaren Kinds, forderist wann das Lemma dabei stehet: Pro nutrimento detrimentum: was ich getragen, thut jetzt mich schlagen.

Dergestalten begegnet viel Eltern, was der edlen Aurora oder Morgenröthe, welche alle Tag' die schöne Sonn' gebähret, entgegen wieder von dieser ihrer Geburt den Untergang leiden muß, welches der Poet besser vor Augen stellt mit der Beischrift, dum pario pereo: was ich geboren, macht mich verloren. Freilich wohl seynd bei vielen Eltern ein schweres Gewicht ihre eigenen Frücht'; manchen Vater und Mutter thut das Kind verzehren, [265] welches sie thun nähren; eine manche Mutter was sie getragen thut's nachmals schlagen, ja oft wiederholt eine solche mit tiefen Herzens-Seufzern:was ich geboren, macht mich verloren. Aber wie erschrecklich vor den göttlichen Augen solches seye, erhellet aus folgender Geschicht', welche sich Anno 1550 zu Königsberg in Preußen zngetragen mit einem jungen Schlosser-Gesellen, welcher daselbst allem leichtfertigen Leben ergenben, die Zeit nur mit Schlemmen und Demmen zugebracht, und weilen ihm hierzu die Eltern nit allemal die Geldmittel nach Begehren wollten beistrecken, also hat dieser gottvergessene Bub' Vater und Mutter mit einem Mörserstößel jämmerlich ermordet. Nach vollbrachter Unthat gehet dieser den geraden Weg zu einem Schuster, kauft daselbst ein neues Paar Schuh, und läßt die alten zerrissenen sohlenlosen allda, welche der Lehrjung unter die Bank geworfen. Es verstreicht kaum eine oder die andere Stund, da bringt dieser gottlose Bösewicht ein Geschrei auf, daß er seine beide Eltern todt gefunden, rauft sich selbst die Haar' aus, zerkratzt sich das ganze Angesicht, heult und weint mit solchem Ungestümm, daß keinem der mindiste Argwohn eingefallen, ob soll er der Thäter seyn. – Aber denen Augen Gottes kann nichts verborgen seyn, welcher dann auch dergleichen Missethaten nit ungerochen auf der Welt lässet. Es geschieht, daß der Schuster ungefähr wahrnimmt, wasgestalten die alten Schuh' dieses Schlosser-Gesellen unter der Bank in etwas mit Blut bespritzt waren, worüber er gleich einen seltsamen Gedanken geschöpft, welcher Argwohn vermehrt hat, weilen er bei gedachtem jungen Schlosser [266] dießmal mehr Geld als sonsten gesehen. Dieß alles hat er dem Magistrat umständig angezeigt, und dieser nach weiterer Nachfrag' bald die ganze Begebenheit vermöge eigener Bekenntnuß in Erfahrenheit gebracht und nachgehends solches Lasterkind mit erschrecklichem Tod' hinrichten lassen. Das mehrste aber ist allhier zu verwundern, daß der Mörserstößel, mit welchem dieses gottlose Kind seine Eltern ermordet hat, in dem Rath-Haus an die Wand aufgehenket worden zu einer ewigen Gedächtnuß, und solle dieser noch auf heutigen Tag stets zittern. Wodurch der allmächtige Gott die Abscheulichkeit und Grausamkeit dieses Eltern-Mord's ungezweifelt will andeuten.

Aber, meine Eltern, was verursacht solche ungerathene Kinder anders, als eure sorglose Obsicht in dem Auferziehen, euer gar zu großes Nachsehen in Abstrafung, Fahrlosigkeit in Unterrichtung derselben? Deßwegen die meisten Sünden der Kinder werden in euer Protokoll eingetragen.

Wann die Tochter eine Helena und zugleich eine Lena, wenn sie zwar eng eingeschnürt, aber ein weites Gewissen hat, wer ist daran Ursach? Die Eltern. Wann der Sohn stets Pflaster und Laster betritt, wann er einen schlimmen Vokativum abgibt in Genitivo, wer ist daran [267] schuldig? Die Eltern. Wann die Tochter lieber mit Löfflen als Koch-Löfflen umgeht, wann sie mehr denkt auf das Nachtkiss' als auf das Nähkiss, wann sie lieber mit Buhlen als Spulen die Zeit vertreibt, wer ist daran schuldig? Die Eltern. Wann der Sohn einen Treiber abgibt – will nit sagen einen Ochsentreiber, Sautreiber, sondern einen andern, wann er einen Jäger abgibt und mehr Dienl als Deul ins Netz bringt, wer ist daran schuldig? Die Eltern. Wann die Tochter schow einer alten Kupplerinn den Topf und Kropf anfüllt, und solche sich nachmals für einen Postillion nach Manuheim brauchen läßt, wer ist daran schuldig? Die Eltern. Wann der Sohn sich nicht adelich, sondern adlerisch hält und fliegt gern zu der guldenen Sonne, allwo er wegen der Kreide ziemlich schwarz stehet, deßwegen in dem Vater unser unter dem Vergib uns heut' unsere Schulden! auch den Wirth verstehet; wer ist daran schuldig? Die Eltern. Wann die Tochter hübsch liederlich um den Hals ist und also zudeckt, wie die Fleischbank an der Faßnacht, und kann man auf dem Hals lesen, was im Herzen geschrieben; wer ist daran schuldig? Die Eltern. Wann der Sohn genaturt ist wie der vermaledeite Feigenbaum, und hat nur Blätter und [268] keine Frucht, verstehe Karten-Blätter – wo ja eine schlechte Frucht – wann er mit dem verlornen Sohn die Säu' hütet, Eichel-Sau, Schellen-Sau, Herz-Sau etc. wer ist daran schuldig? Die Eltern. Wann die Tochter immerzu mit der stolzen Jezabel nach Hoffart trachtet, wann sie fast alle Wochen will haben andere Kleider, wo das Echo sagt: leider! wer ist daran schuldig? Die Eltern. Wann der Sohn einen guten Stilum hat, absonderlich in des Vaters Hosensack, und fischt schon aus trucknem Land, daß er also in guter Hoffnung stehet, er möchte einmal Strickto modo gehenkt werden, wer ist daran schuldig? Die Eltern. Wann die Tochter lieber die Harfen Davids hört, als seine Psalmen, wann sie hübsche Liedl singt vom Rettig und Ruben, Mädl und Buben, etc. wer ist daran schuldig als die Eltern? Wann der Sohn fleißig ist im Studiren und kann besser argumentiren in formosâ als in formâ, wer ist [269] daran schuldig als die Eltern? Wann die Tochter gern auf Danzig reist und zu Nacht bei Leipzig bleibt, wer ist daran schuldig als die Eltern? Wann endlich der Sohn zum Teufel fährt und die Tochter in die Höll' kommt, wer ist daran schuldig? Ach! ach! mehrestentheil die Eltern.

Ihr Eltern thut zu viel und thut zu wenig: Ihr thut zu wenig strafen, ihr thut zu viel lieben eure Kinder. Ihr habt Zweifels ohne öfters vernommen aus der hl. Schrift, wie einst die Bäume seynd zusammen kommen und auf ihrem hölzernen Reichstag einen König erwählt. Die mehresten Stimmen seynd gefallen auf den Oelbaum, auf den Feigenbaum, auf den Weinstock, etc. vom Birkenbaum geschieht keine einige Meldung. Meines Theils, wann ich wäre gegenwärtig gewesen und als ein Mitglied auch eine freie Wahl hätte gehabt, so hätte ich unfehlbar den Birkenbaum zum Könige erkiesen, denn niemand glaubt's, wie ruhmwürdig dieser regieret, absonderlich in der Kinderzucht. Alle heiligen Engel gefallen mir wohl, einen ausgenommen: der Kostherr des Daniel war ein Engel, der gefällt mir wohl, der Arzt des Tobiä war ein Engel, der gefällt mir wohl, der Abgesandte der Mutter Gottes war ein Engel, der gefällt mir wohl, des Loths sein Salvo-Condukt, war ein Engel, der gefällt mir wohl, die Schildwache vor dem Paradeis ist ein Engel, der gefällt mir wohl, etc. aber einer will mir schier nit gefallen, derjenige, welcher dem gehorsamen Patriarchen Abraham in den Säbel [270] gefallen und aufgeschrien: »Non extendes manum tuam super puerum:« »Strecke deine Hand nit aus über den Knaben und thue ihm nichts!« Ich weiß gar wohl, daß solches der Befehl des Allerhöchsten war und dessenthalben hierinnfalls keines Fehlers zu beschuldigen. Wann ein Vater eine Mutter mit der Ruthe wird einen Streich führen über den Knaben, bin versichert, daß ihm kein Engel den Streich wird aufhalten, wie dem Abraham, ja die Engel werden ihn noch anfrischen mit ernstlichen Worten: »Extende manum tuam super puerum! strecke deine Hand aus über den Knaben!«

Ich schneid', ich schneid', ich schneid' – was aber? ich schneid' ab – was? die Nasen? Nein, nein! Constantinus Pogonatus hat beeden seinen Brüdern Heraclio und Tiberio die Nasen abgeschnitten, damit sie nur nicht zur Kron und Regierung gelangen möchten. Das ist crudel und tyrannisch, das thue ich nit. Ich schneid', ich schneid', ich schneid' – was aber? ich schneid ab – was? die Ohren? Nein, nein! Petrus hat dem Bösewicht Malcho das Ohr abgehaut, welchen schmerzlichen Schaden der gebenedeite Jesus wieder geheilt hat. Das thue ich nicht. Ich schneid', ich schneid', ich schneid' – aber was? ich schneide ab – was? die Zungen? Nein, nein! Den streitbaren Blutzeugen Christi Hilario und Florentio seynd die Zungen ausgeschnitten worden, nichts destoweniger haben sie gleichwohl geredet [271] und Jesum Christum gebenedeiet. Das thue ich nicht. Ich schneid', ich schneid', ich schneid' – aber was? ich schneide ab – was? Ich schneide allen Eltern die Finger ab. Adonibezec, ein stolzer und tyrannischer König, hat 70 andern gefangenen Königen die Finger abgeschnitten, das war erschrecklich. Diesem folge ich nach und möchte gern denen mehresten Eltern die Finger abschneiden, damit sie nit mehr so stark ihren Kindern durch die Finger sehen, sondern dieselbigen von Jugend auf strafen! So lang Moses die Ruthen in Händen gehabt, ist sie eine schöne Ruthe verblieben, so bald er's aber aus der Hand fallen lassen, »versa est in colubrum: da ist gleich eine Schlange daraus worden.« Also auch meine liebste Eltern, so lang ihr die Ruthe in Händen habt und eine gute scharfe Zucht führet unter denen Kindern, so bleibt alles gut; wann ihr aber die Ruthe fallen lasset, so wird gleichförmig eine Schlang' daraus! Ich will sagen: es ist lauter schädliches Gift den Kindern, so man die Ruthe nicht in die Händ' nimmt.

Die Erde bringt keine Frucht, sondern Disteln, wann man sie mit scharfen Pflugeisen durchgrabt: die Jugend thut kein gut, wann man sie nit scharf hält. Das Eisen, so erst aus dem knoperten Bergwerk gebrochen, ist nichts guts, es komme denn der harte Hammerstreich darauf: die Jugend bleibt nichts nutz, so man der Streiche verschonet. Der Weinstock wird nit tragen, sondern verfaulen, so nit ein Stecken dabei stehet; die Jugend wird nit fleißig seyn, sondern faul, wann nie die Ruthe darneben steckt. DieMusik wird auf Katzen: Art ungereimt verbleiben, wann der [272] Takt-Streich des Kapellmeisters abgehet; die Jugend wird sich mehrist ungereimt verhalten, wann der Takt der Eltern oder des Präceptors mangelt. Die Leinwand des Mahlers wird kein schönes Bildnuß vorstellen, wann er den Streich-Pinsel nit an die Hand nimmt: die Jugend wird denen Eltern keine Zierde bringen, wann sie nicht wohl mit dem birkenen Streich-Pinsel auf die Leib-Farb anhalten.

Wie nennt Clemens Alexandrinus die Kinder? Er nennt sie Flores matrimonii, Blumen des Ehestands. Gut, gut, die Blumen müssen umzäunt seyn mit Ruthen und Stecken, sonst kommt eine jede Sau darüber. – Wie nennt der hl. Vater Augustinus die Kinder? Er nennt sie Naviculas fluctuantes, kleine wankende Schifflein. Gut, gut, zu diesem Schifflein muß man Ruder brauchen, die der Besenbinder feil hat. – Wie nennt der heil. Gregorius Nazianz die Kinder?Oculos suorum parentum, Aug-Aepfel ihrer Eltern. Gut, gut, aber denen Aug-Aepfeln hat die Natur Augenbraunen gesetzt, welche wie die Ruthen gestalt seyn. – Wann man aber die Ruthen spart, so kommt Schand' und Schad' über die Kinder. Nero wäre kein solcher Bösewicht worden, wann ihn seine Mutter Agrippina hätte schärfer gehalten. Jener Sohn hätte bei dem Galgen der Mutter das Ohr nicht abgebissen,[273] wann sie ihn hätte besser gezüchtiget in seiner Jugend. Derselbe Bub wäre wohl nit schlimm worden, welchen der Beichtvater befraget, ob er das Vater unser könne, der antwort mit nein, worauf der Pater widersetzt: Ey das ist nichts nutz. Eben darum, sagt der schlimme Schelm, Hab' ich es nicht gelernet. Dieser wäre bei weitem nit so bös worden, wann seine Eltern öfters hätten die Ruthen gebraucht. Ein anderer ist drei Jahr in einer Schul' wegen seiner Faulheit und Unfleiß sitzen blieben, welches ihm der Vater hart verwiesen. Dem aber der Sohn zugeredet: mein Vater, verwundert euch doch nicht so sehr über dieß, ist doch mein Professor schon das vierte Jahr' in dieser Schul. Dieser Maus-König wäre nicht so träg' und faul gewesen, dafern er in der Jugend die Ruthe mehr gekostet hätte.

In einer gewissen Stadt Deutschlands hatte eine Mutter einen einigen Sohn, dem sie aber allzuviel geheuchlet und von Kindheit auf mit ihm als mit einem zarten Biscotten-Teig umgangen. Er war ihr ein einiges Herzl, Scherzl, er hatte im achten Jahr noch keine Ruthe gesehen, und als man ihm solche zeigt, wußte er gar nicht, was dieses für ein Meer-Wunder seye. Er schauete sie an nicht anders, als eine Kuh ein neues Stadel-Thor, und weilen er dazumal schon unter der Sorg' des Präceptors war, also hat solcher Pflicht halber einen Ernst und keinen Clement abgeben; dann [274] er vermerkte in diesem Knaben die Natur der Brennessel: wann man solche glimpflich tractirt, so brennen sie, da man's aber stark und hart reibet, so schaden sie nichts. Nahm also der gute Präceptor stets die Ruthe in die Hand und gedachte: wo solcher Zeiger sey, könne die Uhr nicht unrecht gehen. Aber die Mutter wollte solches auf keine Weis' zulassen, massen ein jeder Streich, den der Präceptor versetzte diesem Zucker-Affen, war ein Echo oder Wiederhall in dem mütterlichen Herzen, also zwar, daß sie ihn nur den groben Drescher nennte, der kein anderes Gewerb verstehe, als dreschen, dreschen. Einst mußte er Noth halber den hölzernen Cometstern in die Hand nehmen, und weilen etwann aus Einrathung der böse Bub ein großes Geschrei verbracht, also ist die Mutter ganz eilends zugeloffen, den Präceptor mit feimendem Maul wie ein Wiesel angeblasen: huy Drescher! wie gibt's Dreschen aus? Worauf der Präceptor geantwortet: Frau gar schlecht, lauter Stroh, lauter Stroh, kein Treib auf mein' Eid! Und war dem also; dann der Knab' ein lauter Strohkopf verblieben. Und weilen nachmals dem Präceptor die Ruthe gänzlich verboten worden, also ist dieser saubere Gesell ohne Wissen und Gewissen aufgewachsen. Nach der Mutter Tod hat er das Seinige fein förderlich durchgejaget vivendo luxuriosè, mit lustigen, listigen, lästerlichen Leuten umgangen. Das war bei ihm eine alte Mette, aber solche verursachte ein geschwindes [275] Complet seiner Geldmittel. Nachdem ihm nun der Feierabend in den Beutel kommen, hat er sich mit dem verlornen Sohn entschlossen zum Pater zu gehen: Ibo ad Patrem. Hält demnach an bei einem gewissen Pater Superior um den klösterlichen Habit. Den Orden will ich dießfalls verschweigen, woselbst er auf- und angenommen worden. In dem Orden hielt er sich wie die Statua des Königs Nabuchodonosoris, welche ein guldenes Haupt, eine silberne Brust, metallenen Leib, eiserne Schenkel und erdene Füß. Also war es anfänglich gut, in wenig Jahren aber merklich schlechter, zuletzt gar irdisch: Indem er das gut Leben von Jugend auf gewohnt ware, ohne Zucht allezeit gelebet, also hat er sich in dieses harte Leben, wie derDavid in den harten Panzer und Harnisch nicht schicken können, dessentwegen den Orden spöttlich verlassen, den evangelischen Glauben angenommen, und in einem schlechten Dorf einen Schulmeister abgeben. Weilen ihn aber die Armuth gar zu stark drückte und drängte, also hat er in fremde Sachen die Händ' gestreckt, bis er selbsten nachgehends von dem Henker gestreckt worden, und dazumal erst Ihr Streng zu seyn angefangen, als er sein Leben mit dem Strang geendet. O elender Untergang! Wäre dieser von Jugend auf mit dem Birkenbaum besser bekannt gewesen, so wäre er nicht also mit dem Eichbaum in eine spöttliche Freundschaft gerathen; hätte ihm die Mutter nicht gar zu viel nachgesehen, [276] so wäre er nachmalens auf dem Galgen nit worden also hoch gesehen; hätten ihm die Eltern zu Zeiten eine gute Ruthe bunden, so hätt' ihn mit der Zeit der Henker nit also gebunden. O wie unbedachtsam handelt ihr, wann ihr denen Lehrmeistern so schimpflich nachredet, als brauchen sie in der Schulkur das Birkenwasser zu sehr und verfahren gar zu streng mit euren Kindern! Aber glaubt mir darum: ein mancher Schilling ist mehr werth, als acht halbe Kreuzer, und wann ihr Eltern wollt einmal einen Schatz finden bei euren Kindern, so lasset seinem Zuchtmeister die Wünschruthe brauchen! Etliche Eltern seynd heiklicher mit ihren Kindern, als die Venetianer mit ihrem Arsenal.

Nehmt eine Lehr' nicht von mir, sondern von Jesu Christo selbsten. Wie dieser gebenedeite Heiland bereits auf dem hohen Berg Calvariä mit seinem, meinem und deinem gestiegen, das ist mit seinem Kreuz', mit meinen und deinen Sünden, welche er auf dem Rücken [277] getragen, so folgte ihm eine große Menge der Edelfrauen, Bürgers-Weiber nach, welche alle aus Weichherzigkeit und Mitleiden über den bedrängten Christum bitterlich weinten, welches dann eine lobwürdigste Sach war, Jesu von Nazareth schmerzliche Passion zu beweinen. Ungeacht' dieses wandte der Herr und Heiland sein blutiges Angesicht gegen sie. »Nolite flere super me, sed semper vos et super filios vestros! meine Weiber von Jerusalem, weinet nicht über mich, sondern viel mehr über euch und eure Kinder!« Die Ursach' dessen gibt der hl. Anselmus. Wie daß dieser Weiber ihre Kinder neben Christo dem Herrn geloffen, ihn höhnisch ausgespöttelt, ja mit Steinen und Kothbatzen auf ihn geworfen und allerlei Muthwillen und Bubenstück verübet; also wollte der Herr Jesus diesen Müttern zu verstehen geben, daß es nit genug sey, wenn sie fromm und andächtig seynd, sondern sie sollen auch ihre Kinder besser auferziehen und in gebührender Zucht halten!

O wie mancher Mutter wird es widerfahren, was der Agar mit ihrem Sohn Ismael geschehen! Dieser schlimme Bub beging allerlei Muthwillen, und war fast kein Bubenstück, welches dieser ungerathene Fratz nicht getrieben. Wessentwegen er aus dem Haus' des Abrahams verjagt worden; und nit allein er; sondern auch seiner Mutter hat man den Strohsack vor die Thür geworfen, zu einer Straf', ob sie schon für sich selbst ein gutes Weibsbild war, um weilen sie ihr Kind den Ismael nicht besser erzogen, sondern ihm gar zu viel [278] durch die Finger gesehen. Also wird manche Mutter auch aus dem Haus' Gottes und herrlichen Himmels. Saal auf ewig ausgeschlossen, weilen sie ihre Kinder nit recht auferzogen. Wen soll nit erschrecken der erbärmliche Untergang des Hohenpriesters Hell, der ein Mann war von großer Vollkommenheit, auch mit sonderm Lob das Volk Gottes vierzig Jahr' regieret hat! gleichwohl hat ihn Gott mit dem jähen Tod' gestraft, und, wie Greg. Pap. Joan. Chrysost. Basil. Isidor. Beda, Philippus Hebrä. davor halten, auch sey er ewig verdammt worden, nur darum, weilen er seinen Kindern zu viel nachgesehen und dero Uebertretungen nicht gestraft.

Die Eltern thun also gar oft zu wenig strafen und gar zu viel lieben. Sie sollen dem israelitischen Führer Moses nachfolgen, der einst in der Wüste ein bitters Wasser angetroffen, welches er gleich süß gemacht, so bald er ein Holz hinein geworfen! Ob's eine Ruthe oder ein Prügel ist gewest, das weiß ich nit. In dulcedinem versae sunt. Also wann sie ein Kind vermerken, daß es wegen des Ungehorsams und anderer Mängel sie öfters erbittert, so dann sollen sie nach dem Exempel des Moses das Holz brauchen und zwar das birkene: will versichern, was vorhero übel gewest, werde gut seyn.

Zu viel, zu viel, zu viel werden die Kinder gehebt! – Wie Jerusalem vom Tito Vespasiano belagert[279] worden, war allerseits in der bedrängten Stadt großes Elend. Erstlich seynd die Hebräer mit großem Ungestümm öfters ausgefallen, die aber also von denen Römern begrüßt worden, daß der Juden in die sieben und neunzig tausend gefangen worden; und waren diese Spottvögel also spottwohlfeil, daß deren einer um einen Heller sammt dem Leihkauf verhandelt worden. Das war ein Elend! Viel tausend der Juden wollten sich mit der Flucht salviren, so aber alle von arabischen und syrischen Soldaten ertappt, welche ihnen lebendig die Bäuch' aufgeschnitten, des Glaubens, als wollen sie geschlücktes Geld finden. Das war ein Elend! Der gefangenen Hebräer seynd alle Tag gegen fünfhundert gekreuziget worden, also zwar, daß ganze Wälder zu Kreuz-Galgen ausgehauet waren und auf die letzt nie der Jud dem Galgen, sondern der Galgen dem Juden abgangen. Das war ein Elend! Wie die Stadt endlich nach vierthalb monatlicher Belagerung erobert worden, war ein solches Blutvergießen, daß, obwohl die Stadt allerseits in Flammen stunde, an vielen Orten das Feuer mit lauter Blut gelöschet worden. Das war ein Elend! In allem, schreibt Joseph, seynd in die zehnmal hundert tausend Juden zu Grund gangen. Das war ein Elend! Aber doch nit das größte – das äusserste und größte Elend, dunkt mich, sey gewesen der [280] Hunger, also zwar, daß eine adeliche Frau ihr eigenes säugendes Kind gemetzget, kocht und gessen. Ach Elend! Wir haben, Gott sey der höchste Dank, dergleichen bedrängte Zeiten noch nit erlebt! – Aber das Elend, welches ja nit klein, sehen wir täglich, daß etliche Eltern nit aus Hunger, sondern aus gar angeordneter Lieb gleichsam ihre Kinder möchten essen. Deßwegen all dero Dichten, Schlichten, Sorgen, Borgen, Laufen, Schnaufen, Schauen, Bauen, Gehen, Stehen, Schreiben, Treiben dahin zielt, daß es den Kindern wohl gehe. Aber leider denkt man nur an den Leib und nit an die Seel, man sorgt nur um das Zeitliche und nit um das Ewige der Kinder.

Bei vielen Eltern gehet der Traum aus, welchen gehabt hat des Königs Pharaonis sein Mundbäck oder oberster Pfisterer. Diesem hat geträumt, als trage er drei Mehlkörb' auf dem Kopf; in dem obersten aber trüge er lauter Semmeln und Kipfeln, die Vögel aber fraßen es. Die zwei Körb' waren fleißig zugedeckt, worinnen nit viel besonders, vielleicht nur Gesindel-Brod; aber der alleroberste, in welchem des Königs Mund-Semmel, war offen den Vögeln zu einem Raub. So und nit anders pflegen viel Eltern zu hausen: sie schauen auf alle Weg' und Steg', wie sie den Leib der Kinder, so ja nur ein schwarzes und speres Haus-Brod, versorgen, schützen, verwahren, bedecken, zieren und aufbringen; aber die Seel, welche der oberste Theil, worin, woran das mehreste liegt, lassen sie unbewahret offen stehen den höllischen Raben zu einem Raub.

[281] Wann die Eltern ein Kind haben, welches einen Buckel hat so groß wie ein Scheerhaufen im Majo, wie schämen sie sich so sehr? oder wanns in den Augen schielet, daß es zwei Bücher auf einmal lesen kann und mit einem Aug' in die Höhe, mit dem andern in die Niedere schaut, wie eine Haus-Gans! Wie verdrüßt es so stark, wann's auf einer Seite hinkt wie ein Hund, den die Köchinn mit dem Nudelwalker bewillkommet! Wie schmerzt nit solches die Eltern, wann's im Gesicht ein ungeformtes Muttermahl hat, etwann auf der Nase eine Kirsche, daß der Stängel ins Maul hängt! Was gäben die Eltern nit darum, daß ein Kernbeiß solches Obst verzehrte! Der geringste Leibstadel ist denen Eltern verdrießlich, und sucht man Augen-Arzt, Zähn-Arzt, Ohren-Arzt, Nasen-Arzt, Maul-Arzt, Kinder-Arzt und Aerztinn: in allen Orten und Porten, solches Uebel zu wenden. Aber wann die Seel' ist wie eine Wüste, wo nit Pachomius, sondern ein Bauchomius wohnt; wann die Seel' ist wie ein Tempel, wo nit ein heiliger Venantius, sondern eine heillose Venus verehret wird; wann die Seel' ist ein Garten, worinnen nit Nüsse, sondern Aergernuß, nit ein riechender Salvi, sondern eine stinkende salva venia wachset; wann die Seel' eine Gasse ist, aber nicht bei den zwölf Aposteln zu [282] Wien, sondern im Sauwinkel daselbst, das achten und betrachten die Eltern nit, das schmerzt sie nit: wann ein Kind den Fuß bricht, da weinet die Mutter, da ist nässers Wetter als im November; wanns aber Gott beleidigt, da ist trocknes Wetter, wie im Heumonat. Das kommt mir just vor, als wann einer Achtung gäbe auf den Schuh und fragt nichts um den Fuß; das heißt die Nußschalen aufgehebt und den Kern hinter die Thür' geworfen, das heißt die Dukaten ausschütten und die Saublätter aufbehalten, das heißt den Degen verrosten lassen und die Scheid vergolden, das heißt die Gans vor den Hund werfen und den Flederwisch auf den Tisch legen, das heißt dem Esan ein Bußl geben und dem Jakob die Feigen zeigen. O bethörte Eltern! ihr seyd nit werth, daß ihr Eltern sollt genennt werden, wann ihr nit seyd, wie Abraham und Isaak. Abraham ist in größten Gnaden bei Gott gewest, Gott hat seinen Samen, Stamm und Namen vermehret, wie die Stern' des Himmels und den Sand am Ufer des Meers, er hat ihn gemacht zu einem Patriarchen der Patriarchen. Warum? Darum, merks Vater, gib Achtung Mutter, hört ihr Eltern! Darum, »quia non pepercisti unigenito filio tuo, weilen nemlich Abraham seinen einigen Sohn nit verschont.« Also meine Eltern, verschont auch eure Kinder nit! Ihr sollt seyn wie der Isaak. Als solcher alte Tättel schon gegen den Abend seines Lebens gangen, hat er [283] seinem Sohn dem Jakob den väterlichen Segen ertheilt, aber den Himmel vor der Erde gesetzet: »De rore Coeli, de pinguedine terrae; Gott gebe dir von dem Thau des Himmels und von der Fettigkeit der Erde!« Also sorgt auch vor allen, wie ihr denen Kindern denHimmel zuwegen bringet, welches geschieht durch gottesfürchtige Auferziehung! nachmals kümmert euch erst um das Zeitliche und Irdische, so ihr ihnen wollt verlassen!

Judas der Erz-Schelm verheirathet sich mit seiner leiblichen Mutter
Judas der Erz-Schelm verheirathet sich mit seiner leiblichen Mutter.

Nachdem Judas seinen jedoch unbekannten Vater Ruben um das Leben gebracht, hat die hinterlassene Wittib Ciboria solchen unvermuthen Todfall auf keine Weis' wollen verschmerzen, ihr selbst nicht allein die Haar' neben ungeheurigen Heulen ausgerauft, sondern auch bei Gericht um die billige Abstrafung dieses Todschlägers mit großem Ungestümme angehalten. Pilato als damaligen Landpfleger war nicht gar wohl um das Herz, und tragte hierüber nit geringe Sorg', wie er doch dieser Hacke möchte einen Stiel finden. Denn die Klag' der Ciboriä konnte er nit anders, als billigen ohne sondern [284] Nachtheil der Justiz und Gerechtigkeit; den Judam aber, als einen sehr angenehmen Hofmann, zur Straf' ziehen, wollte ihm auch hart fallen. Pilatus ersinnet endlich ein anderes Mittel, zu stillen die Rach' und den Zorn Ciboria, und trägt ihr mit sanfter Manier vor, wie daß es nunmehr eine geschehene Sach' sey mit dem Tod' ihres Manns; sie solle dessenthalben nit ganz verzagen, es seyn noch viel wackere junge Gesellen vorhanden, welche ihr ein Stuck Brod und standesmäßige Unterhaltung können beischaffen, und weilen ihr Gott genommen, so solle sie wieder nehmen. Und – wie wäre es Frau, sagt er, wann euch der Judas selbsten gefallen wollt? Bei solcher Vorwendung hat die Klag' ein End', und Ihr einen jungen wackeren Menschen zu einem Mann! Holla! solches G'läut hat bald das trübe Wetter vertrieben und sich gleich der Sonnenschein gezeigt. Ciboria williget in die Heirath und ist solche innerhalb wenig Tagen ohne weiters Bedenken oder Verathschlagen beederseits vollzogen worden. Ciboria bekam also mit dem Mann einen Sohn und mit dem Sohn einen Mann; Judas exhielt an dem Weib eine Mutter und an der Mutter ein Weib.

So geht's, so geschieht's, wann man also blind, ohne einige reife Erwägung, ohne ferners Nachforschen, ohne bedachtsames Nachdenken, ohne weitern Berathschlag, ja ohne Gott und Gottes Segen dahin heirathet, keinen andern Zweck suchet, als etwann eine viehische [285] Wohllust, ein glattes Gesicht, oder auch einen gespickten Beutel und reiches Vermögen. So geschieht's und so geht's, wann er nit fragt, wiesie beschaffen, und sie nit nachforscht, wie er genaturt. O unglückseliger Ehestand!


Willst du heirathen, so besinn' dich fein,
Sonst bekommst Essig anstatt des Wein.

Etliche vergaffen sich an der schönen Gestalt, und erwägen nicht, daß solche wie Glas und Gras gebrechlich, folgen nach jenen geilen Mistfinken, welche in dem Sündfluß Gott gebadet hat: Videntes filii Dei filias hominum, quod essent pulchrae, etc.. Viel anders hat gethan der Patriarch Abraham. Dieser schickte einst seinen Haus-Verwalter Eliezer in Mesopotamien, daß er in selbigem Land' seinem Sohn eine Braut erkiese. Das ist fürwahr eine harte Commission. Der fromme Hauspfleger reist in nomine Domini pro Domina. Was gedunkt euch aber, was vor Gedanken er unterwegs gehabt habe? etwann: ich will sehen, daß ich eine bekomm', die viel tausend Gulden reich; wann sie schon nit holdselig, so sie nur goldselig ist? ich will Achtung geben, daß ich eine finde, [286] die wohl besteht im Kasten, wann sie schon nit gar casta ist; ich will Fleiß anwenden, daß ich eine antreff', die steif Batzen hat, wann sie schon ein wenig paza ist; ich will sehen, daß ich eine bekomm, die schön von Augen und keine gläserne Wammes-Knöpf, schön von Stirn und kein wurmsüchtiger Furnier-Laden, schön von der Nasen und keine hochangesehene Rotzfrau, schön von Maul und keinen staubigen Mühlbeutl, schön von Zähnen und kein leeres Messer-Gesteck, schön von Statur und kein buckeltes Taschenmesser? oder ich will sehen, daß ich eine Braut bekomme von einem alten Haus, dessen Ahnherr schon längst das Bergwerk oder Zehet eingenommen von dem Weingarten, welchen Noe gebaut? etc. Keinen dergleichen Gedanken hat der treue Eliezer gehabt. Er ist gangen weder auf Schönheit und Wohlgestalt, weder auf hohen Stamm und Aemter, sondern allein hat er nach Tugend getracht, die ganze Sach' Gott befohlen mit dem Zusatz: Herr, diejenige soll seyn, wird seyn, muß seyn eine Braut meines jungen Herrn Isaak, welche wird seyn tugendsam, welche auf Lieb und Höflichkeit mir und den Kameelen wird zu trinken geben. Das ist recht und gut.

Im Heirathen muß man Gemüther, nicht Güter suchen, im Heirathen muß man Mores und nicht Muros [287] anschauen, im Heirathen muß man die Tugend, nicht die Tuchet betrachten, im Heirathen muß man gute Gebährden und nicht gute Geburten erwägen! Das heißt alsdann: nubat in Domino wie der heil. Paulus sagt »in Gottes Namen« heirathen. Nit übel hat jener geredt:


Bin ich ein Mönch, so werd ich hart gestrigelt,
Bin ich ein Soldat, so werd ich oft geprügelt,
Bin ich ein Bauer, so thut man mich schinden,
Bin ich ein Dieb, so thut man mich binden,
Bin ich ein Doktor, so muß ich studiren,
Bin ich ein Narr, so thut man mich vexiren,
Bin ich reich, so leb' ich in Sorgen,
Bin ich arm, so will man mir nichts borgen,
Bin ich jung, so hab' ich viel Hitz,
Bin ich alt, so sing' ich bald schmitz,
Bin ich hoch, so leide ich viel Mucken,
Bin ich nieder, so thut man mich drucken,
Bin ich ledig, so hab' ich keine Freuden,
Bin ich verheirath', so muß ich viel leiden.

Das mehreste Leiden aber in dem Ehestand kommt ursprünglich daher, weilen man ganz unbedachtsame Heirathen eingehet. Wie dann der gelehrte Jesuit Stengelius bezeugt, daß zu seiner Zeit einer Vormittag in den Schulen einen Schilling bekommen, Nachmittag [288] zur Heilung seiner Schmerzen habe er ein Weib genommen. Ein schönes Pflaster! Ein mancher bei einem Viertl Wein wird mit einer bekannt und verliebt sich gleich in dieses pollirte Raben-Aas, daß in einer halben Stund' die Bekanntschaft und Verwandtschaft sich vergleichen, auch die Ehe versprechen, ehender sie einander recht kennen. Ich halt jenen Gesellen, von welchem das hl. Evangelium registriret, für einen Thoren und alberen Menschen, ja gar für einen Hader-Narren, welcher zu dem stattlichen Abendmahl höflich eingeladen worden, jedoch nit erschienen, mit vorgewendter Entschuldigung, daß er derenthalben nit könne erscheinen und aufwarten, weilen er ein Dorf gekauft und also vonnöthen habe, hinaus zu gehen und dasselbige zu besichtigen. Du Narr, du sollst es vorhero besichtiget haben, ehe du den Kauf eingangen! Also soll man wohl vorhero alles umständig erwägen, alles mit dem Winkel-Maß ausmessen, alles reiflich erkundigen, Sitten, Gebährden, Neigungen, Beschaffenheit, Herkommens, Vermögen und forderist Tugend und Untugend betrachten, erforschen, entörtern, ehe man den Handstreich wagt, den Willen verkauft, die Freiheit bindet und sich verehelicht!

Das Heirathen kommt mir vor wie das Fischen. Ein mancher fischt, fischt und fangt, hat das Glück, fangt einen stattlichen Hausen, bekommt eine gute Hauserinn und Hauswirthinn, wie bei Salomone beschrieben wird: die die Weg' ihres Haus' in Acht nimmt, et panem otiosa non comedit, und isset ihr Brod nit im Müssiggaug. Ein anderer der fischt, fischt und fangt, hat das Glück, fangt [289] einen trefflichen Karpfen, zieht einen guten Rogen, bekommt eine Reiche. Ein anderer der fischt, fischt und fangt, hat das Glück, fangt einen Weiß-Fisch, aber lauter Gräten, bekommt eine Weiße und Schöne, aber ohne Mittel, omnia gratis. Ein mancher fischt, fischt und fangt, hat ein schlechtes Glück, fangt einen Aal, die siehet der Schlange gleich, wessenthalben sie also genennt wird Anguilla, bekommt eine böse Megaeram, die zornig und giftig wie eine Schlang'. Ein anderer fischt, fischt und fangt, was? einen Tück (est certa species piscium in Danubio) bekommt einen tückischen Büffel, welche kein karthäuserisch, sondern kahlmäuserisch Stillschweigen hat, ein deutscher Mufti.

Das Heirathen kommt mir vor wie das Heben im Glückshafen: Eine manche die hebt heraus einen Zettel mit Nummer 20, das ist ein schöner silberner[290] Schreibzeug, bekommt einen Sekretari, der die Feder in der Hand und die Flügel am Wammes tragt. Eine andere die hebt, hebt heraus einen Zettel mit Nummer 16, bekommt einen helfenbeinenen Kämpel, ertappt einen solchen, der sie alle Tag' grob abkämpelt, bei dem sie anstatt des Kapital Kapitel einnimmt. Eine andere die hebt, hebt heraus einen Zettel mit Nummer 21, ertappt nichts als einen Badschwamm, bekommt einen solchen versoffenen Gesellen, der alleweil will saufen wie ein Schwamm. Eine andere die hebt, hebt heraus einen Zettel mit Nummer 9, ertappt nichts als einen Pasch Würfel, bekommt einen Spiellumpen zu einem Mann, der bei der Schellen-Sau wenig Speck ersparet. Da heißt es allerseits:


O hätte ich das gewußt!


Ein mancher verblend't sich und verbrennt sich nur an der schönen Gestalt, da doch das gemeine Sprichwort uns erinnert: die Schönheit vergeht, die Tugend besteht! Ja wann die schöne Gestalt der Men schen beschaffen wäre, wie der Israeliter ihre Kleider dazumalen wie sie vom Moses aus Egypten geführt worden, wären solche Gesichter-Krämer noch in etwas zu entschuldigen; denn vierzig ganzer Jahr' durch ein sonders Wunderwerk haben die Israeliter von ihren Kleidern nit einen Faden zerrissen oder versehrt: non sunt attrita vestimenta eorum. Aber mit der [291] schönen Gestalt hat es weit andere Eigenschaft: denn man bleibt nit alleweil zu Schönau, man kommt auch nach Braunau, man bleibt nit immer zu Glatz in Schlesien, man kommt auch nach Zwiefalt in Schwaben. Freilich wohl seynd schön die goldenen Haarlocken, aber nit dauerhaft: mit der Zeit thut auch der Kopf mausen, wie eine alte Brut Henn'. Freilich wohl seynd schön die schwarzen Augen, aber nit beständig: mit der Zeit werden sie rinnend und roth, wie die cyprianischen Tauben haben. Freylich wohl seynd schön die rothen Wangen, aber nit beständig: mit der Zeit werden sie einfallen, wie ein ausgepfiffener Dudelsack. Freilich wohl ist schön eine weiße und gleichsam alabasterne Nase, aber nit beständig: mit der Zeit wird ein alter Kalender daraus, worinnen stets feuchtes Wetter anzutreffen. Freilich wohl ist schön ein korallener Mund, aber nit beständig: mit der Zeit siehet er auch aus, wie eine gerupfte Blaumeise. Freilich wohl seynd schön die silberweißen Zähn', aber nit beständig: mit der Zeit werden auch gestumpfte Pallisaden daraus. Freilich wohl ist angenehm die schöne Gestalt, aber nit beständig: sie geht mit der Zeit auch zu Trümmern, wie die alabasterne Büchse der Magdalena. Aber die Tugend besteht, die Schönheit vergeht. Ein mancher aber vermaulafft sich nur an der schönen Gestalt, verliebt sich an die Schalen und weiß nicht wie der Kern, vernarrt sich in die Scheid und weiß nit wie der Degen, verliert sich an der Haut und weiß nit wie die Braut, bekommt eine herrliche, aber keine ehrliche. Ein solches schönes Weib ist wie die Apotheker-Pillulen, auswendig vergold't, schön, einwendig pfui di. Ein schönes [292] Weib ohne Tugend ist wie ein Buch schön eingebunden aber einwendig ein leeres Register. Ein schönes Weib ohne Tugend ist halt ein goldener Becher und ein saurer Landshuter-Wein darin. Ein schönes Weib ohne Tugend ist halt ein gefirneißtes Toback-Büchsl. Ein mancher bekommt eine solche schöne, die aber untugendlich, eine freundliche, aber mit Gefahr, daß sie nicht ihrem Mann das türkische Wappen auf den Kopf setze; sie macht ihm ein lateinisches V auf die Stirn' und sie buchstabirt das Et Caetera; sie macht ihn, den höflichen Mann, zu einem Kirchen-Thurm-Knopf, worauf ein Hahn steht. Zu Brundrut ist ein solches Kind geboren, welches seines Vaters Namen ganz natürlich hinter den Ohren von Mutterleib gebracht: wann das allezeit geschehe, wäre man cher Schleppsack behutsamer. Ein solcher ist ja ein elender Tropf, der an seinem Weib hat, was Servius Sulpitius an seiner Posthumia, Aulus Gabinius an seiner Lollia, M. Grassus an seiner Tertullia, Cn. Pompejus an seiner Mutia, welche alle nit ehelos, sondern ehrlos ihre Treu vergessen. Ein solcher verachter, verlachter Tropf, verhöhnter, gekrönter Actäon schämt[293] sich nit wenig, kümmert sich nit wenig, seufzet nit selten:


O hätte ich das gewußt!


Du mein sauberer Corneli, hättest nit also sollen gäch darein platzen, dich fein vorhero wohl erkundigen, dich nicht gleich in die Schönheit verlieben, wie der Esau in das Linsenkoch, nicht gleich nach der Schönheit tappen, wie die Eva um den Apfel, hättest du zuvor von fern und nahend weißlich nachgeforscht, wie diese beschaffen sey, ob sie dich nur wegen deiner guten Mittel nehme, übrigenfalls in einen andern veramorirt, so wärest anjetzo nicht so spöttlich mit einer Hirsch. Parocken versehen. Darum:


Willst du heirathen, so besinn dich fein,
Sonst kommt dir Essig anstatt des Wein.

Eine manche arme Haut bekommt einen Mann, und widerfährt ihr, was den grätzerischen Landkutschern widerfahren, welche allemal zu Wien bei dem wilden Mann einkehren in der Kärnerstraße, also wird das Wirthshaus genennt. Sie bekommt einen Mann, einen solchen groben Gsellen, der beschaffen wie St. Gallus-Tag im Bauern-Kalender, dort ist ein Bär gemalen. Dieser Bengel ist weit anders als ein Engel; dann der Engel das Jahr einmal oder zweimal mit dem Stecken über den Schwemm-Teich kommen zu Jerusalem, aber dieser Rilpes kommt fast alle Tag mit Prügeln. Wohl recht heißt ein Mann auf wälschMarito, auf Französisch [294] Mari auf spanisch Marido de Muger, auf polnisch Zoneck, auf ungarisch Feriur, auf lateinisch Maritus, welches Wort etwann herstammet von dem Wörtl Mare, so ein bitteres Meer heißet. Freilich wohl ist einer solchen armen Haut das Heirathen versalzen, wann er ihr immerzu die Ultra-marin-Farb' in das Gesicht streicht und sich noch des Faustrechts haltet. Wie es jener ergangen:

Diese war eine Wittib, und träumte ihr von nichts mehrers, als vom Heirathen. Wessentwegen sie zu dem Herrn Pfarrer zu Rath gangen, welcher ihr dann als bescheider und bescheidner Mann noch eingerathen, noch abgerathen, sondern die Sach ihrem freien Willen überlassen. Ihr meistes Vorbringen ist gewest wegen des Knechts, der da sehr hübsch, jung und freundlich. Zu dem hatte sie all' ihr Absehen und eine große Neigung. Damit dann der Herr Pfarrer dieses Weibs los wurde, gab er ihr nachfolgenden Rathschlag: wie daß sie sich nach dem Glockenschall, so man wird in die Kirche läuten, könne richten; dafern die Glocke sollen gutheißen ihr Vorhaben, so soll sie im Namen Gottes heirathen. Die erwartet kaum den nächsten Sonntag. Und als man mit zwei Glocken zu dem Kirchendienst gelitten, so kam ihr vor, als gaben die Glocken keinen andern Hall und Schall, als diesen: Nimm' den Knecht, nimm' den Knecht! Worüber sie dann mit ihrem Knecht sich verheirathet. Aber [295] bald hernach erfahren, daß sie aus einer Frau eine Magd worden; massen dieser grobe Knoll fast täglich ihr Fünffinger-Kraut aufs Maul gelegt, ja es war alle Tag' bei ihm Donnerstag, allwo es auch öfters eingeschlagen; man sah ihr's gar wohl im Gesicht an, daß sie ihrem Mann gar fast an die Hand gehe, welches ihr dann nit wenig Seufzer aus dem Herzen erpreßt, auch solches kläglich dem Herrn Pfarrer vorgebracht und vorgeropft, wie daß er ihr einen so üblen Rath hätte ertheilt. Welcher aber sehr witzig geantwortet: daß sie nit hätte sollen dem Gelaut' der zwei Glocken folgen, sondern hätte warten sollen, bis man zusammen mit drei Glocken hatte geläut', nachmals wäre kein anderer Schall zu vernehmen gewest, als dieser: Nimm nit den Knecht, nimm nit den Knecht! Wie oft wäre aus ihr zu hören:


O hätte ich das Ding gewußt!


Du meine große Närrinn hast die Sach' gar zu unbesonnen angefangen, indem du nur allein erwägt hast das rothe Fleschmaul. Sollt dir nit eingebildet haben, daß sich Kapaunen-Fleisch und Kuh-Fleisch in einem Hafen nit gleich sieden? soll dir nit eingefallen seyn, daß sich der alte Kalender mit dem neuen nicht vergleiche? hättest du nicht sollen denken, daß Neuenmarkt und Altenmarkt in Bayern weit von einander? daß ihr alte kalte Spital-Waar euch nur so gern in die neue Kram mischet? Ihr wißt wohl, daß Seneca [296] kein angenehmer Autor für einen jungen Buben, der noch mit der Nasen auf den Wammes-Ermel schreibt. Ihr könnt' euch einbilden und müßt euch vorbilden, daß ein solcher nur das Eure, nicht aber euch lieb habe!


Willst du heirathen, so besinn' dich fein,
Sonst kommt dir Essig anstatt des Wein!

Mancher bekommt ein Weib, die einen Manns-Namen hat, nemlich Swighardus, auf deutsch schweig hart! – Am heiligen Pfingsttag hat ein jeder Apostel zwei Zungen gehabt, eine war im Mund, die andere ober dem Haupt, benanntlich der heil. Geist in Gestalt einer feurigen Zungen. Aber dieses vernünftige Murmel-Thier hat an einer Zunge zu viel. Andere Mühlen haben bisweilen einen Feiertag, absonderlich im Winter, wann der Bach gefroren, oder im Sommer, wann das Wasser nicht die Wassersucht, sondern die Schwindsucht bekommet; aber das Mühlrad in ihrem Lauf geht immerzu, ihre Katzen-Musik hat fast nie keine Pausam, sie hätte gut zu einem Stund-Ausrufer taugt, dann sie hätt's nie verschlafen. Deßwegen kein Wunder, daß man nachmals mit solchen Weibern umgehet, wie mit der Stuben-Thür: wann solche garretzt und kirret, so schmiert man's, alsdann schweigt der Thür-Angel still.

Dergleichen Thür-Geschwöll hatte einer in Niederland, welcher aber ihr wegen des steten Zankens öfters [297] den Rucken nit mit dem Besen (sie war ohne das bös genug) sondern Besenstiel wacker abgekehrt, der gänzlichen Meinung, der Stiel mache still. Solcher Holzmarkt wollte dem unbändigen Weib gar nit gefallen. Suchte demnach bei andern Nachbarinnen einen Rathschlag, wie sie doch möchte so vielfältige Kopfstück', welche sie von ihrem Mann empfangen, mit gleicher Münz bezahlen, die dann sehr ernstlich zu Rath gangen und endlich also geschlossen: Sechs aus ihnen wollen sich bekleiden, wie die hl. Jungfrauen im Himmel und beinebens mit guten Prügeln wohl bewaffnet in der Kammer sich verbergen, nachgehends auf dero Anrufung erscheinen und diesen knoperten Gesellen wohl mit Holz-Birn' traktiren. – Der Handel nimmt eine gute Anstalt, und da solcher nach Haus kommen, fangt sie ihn gleich an zu blasen, doch nicht so lieblich, wie die Thurner zu Ingolstadt, und weilen sie ihm die Schmachwort sub ritu duplici abgelesen, als konnte er nit anders, als sein hölzernes Recept suchen, [298] dieses Gall-Fieber seines Weibs zu curiren. Auf den ersten Streich ruft sie alsbald gegen Himmel: die Heiligen wollen ihr beispringen! und kaum daß sie geschrien: helft mir! so seynd sechs Heilige, meine Patroninnen, alsobald die verkleid'te Heillosen zu der Kammerthür heraus gewischt und unverzagt darein geschlagen, daß dem Mann der Buckel gestaubt, und dergestalten abgeknittelt, daß ihm schier alle Beiner zu Kruspeln worden. Nachdem nun eine nach der anderen wieder verschwunden, so fällt er noch seinem Weib zu Füssen, sprechend: Sey dir tausendmal dankt, mein Weib, Gott vergelt' dir's, mein Schatz, daß es also noch abgeloffen! Wann du die hl. Ursula mit ihrer Gesellschaft hättest angerufen, sie hätten mich zu todt geprüglet! – Ich verkauf diese Waar' für keine Wahrheit, gleichwohl aber klagt mancher Mann, daß er einen steten Krieg mit seinem Weib führe, und glaube eher ein Armistitium zwischen Hund und Katzen, als zwischen ihnen. Die Köpf' sehen zusammen, wie des Kaisers seine Adler. Deßwegen sey auch kein Segen Gottes im Haus, massen bekannt, daß Gott in die Welt kommen und auf die Erd' herunter gestiegen, toto orbe in pace composito: Da die ganze Welt im Frieden war. Wie oft heißt es denn:


O hätte ich das gewußt!


[299] Du unbesonnener Gispel, du sollst in dem Fall nachgefolgt haben dem Mosi, welcher nit gleich den geraden Weg ohne weiters Bedenken dem gelobten Land zugeruckt, sondern bevor etliche dahin gesandt, seines Erachtens gescheite Männer, welche alles daselbst wohl sollen ausspähen und betrachten. Du hättest sollen handlen wie der berühmte Kriegsfürst Josue, der nicht gleich mit der Armee und ganzem Kriegsheer vor die Stadt Jericho kommen, selbe zu belageren, sondern er hat vorhero zwei wackere Männer dahin geschickt, welche alles und jedes gar genau sollen besichtigen und verkundschaften. Ja du hättest sollen vor allem Gott den Allmächtigen betrachten, welcher dem Adam als erstem Weltpfleger kein Weib wollte geben ohne vorgehendes Bedenken und reifer Erwägung aller Umständ'. Es ist nit gut, daß der Mensch allein sey: lasset uns ihm eine Gehilfinn machen, die ihm gleich sey! Also hättest du auch zuvor alles wohl beim Licht sollen beschauen, so wärest du nicht also hinter das Licht geführet worden, nicht gleich in einem Tag, innerhalb wenig Stunden den Kauf machen, welchem nachmals ein so langer Reukauf folget! Dann


Willst du heirathen, so besinn' dich fein,
Sonst kommt dir Essig anstatt des Wein!

Wie oft bekommt ein Weib einen Mann, der dem Himmel gleich ist, verstehe alle Tag sternvoll, der immerzu singt:


Ich weiß mir einen guten Gspann,
Der liegt dort unt' im Keller,
[300]
Er hat ein hölzernes Röckel an,
Er heißt der Muskateller.

Was leidet nicht eine solche arme Julia bei einem solchen Oktober! Den ersten Tag hat Gott der Allmächtige das Licht erschaffen, den andern das Firmament, den dritten die Erd' sammt allen Kräutern und Pflanzen, den vierten Sonn, Mond und Stern, den fünften Tag hat Gott der Herr die Fisch und Vögel aus dem Wasser erschaffen: producant aquae; Gott sprach: Die Wasser bringen kriechen de Thier' herfür, die eine lebendige Seel haben, und das Geflügel auf Erden unter dem Firmament des Himmels. So seynd dann das erstemal die Vögel aus dem Wasser kommen? ja; jetzt aber hat es sich alles umkehrt: der Zeiten kommen die ärgsten Vögel, ja die schlimmsten Galgenvögel aus dem Wein, allermassen die Trunkenheit eine Wurzel alles Uebels.

Der heilige und große Kirchenlehrer Ambrosius schreibt und beschreibt, wie die Vollsaufer beschaffen seynd. Incerti illi visus, instabilis gressus, umbras saepè transiliunt sicut foveas, nutat his cum facie terra, subitò errigi et inclinari videntur et quasi vertantur, timentes in faciem ruunt, et solum manibus apprehendunt; welches auf deutsch so viel ist: Ein voller Mann der sieht [301] aus so wild, wie eine abgebrannte Glas-Hütte, seine Haar' seynd ihm zerrütt', wie ein alter Roß-Kotzen er hat eine Nase, die ist roth wie ein Feiertag im Bauren-Kalender, er hat ein Maul, das ist so schmutzig wie ein alter Faim-Löffel, er hat ein Paar Backen, die brennen wie ein preußisch Leder, er geht mit den Füssen so gerad, wie die Donau zu Dillingen, er haspelt mit den Häxen, als wollte er von unten auf das Weber-Handwerk lernen, er gröpetzt und singt solche Magen-Triller, daß man aus diesem Tisch-Glöckel leicht kann abnehmen, man werde bald für die Säu' anrichten. Pfuy, du Sau-Narr! heißt das nit das Ebenbild Gottes, welches der Allerhöchste so künstlich verfertiget, in den Koth werfen? und neben allem diesen, was Uebel entspringt? was Uebel? das hat Herodes erfahren; was Uebel? das hat erfahren Holofernes; was Uebel? das hat erfahren Loth; was Uebel? das hat erfahren der Kaiser Zeno, der König Alexander Magnus, der Fürst Udo, etc. und viel tausend adere [302] mehr; was großes Uebel? das erfährt manche arme Tröpfinn, welche einen solchen Weinfalter geheirathet, der von einem Wirthshaus in das andere fliegt.

Alt ist die Historie, bekannt ist die Geschicht', ausgeschrien ist die Begebenheit, welche sich mit dem guten Alt-Vater Noe zugetragen. Bötius war der erste, der die Schuh gemacht, Paulinus war der erste, der die Glocken erfunden, Berchtholdus Niger war der erste, der das Geschütz erdenkt, Palamedes war der erste, so die Wirfel aufgebracht, Noe war der erste, so sich im Wein vollgetrunken. Was ist ihm aber dessenthalben geschehen? Nudatus in tabernaculo suo: spöttlich ist er entblößt worden. Diese Entblößung ist herkommen von der Trunkenheit. Aber sag' her, wie kommt's auch, daß mancher an Mitteln entblößt wird? Die Sau zieht den Zapfen, der Beutel wird eitel, Weib und Kinder sehen aus wie die Arbeit bei dem Bein-Drechsler, Haus, Kammer und Zimmer seynd aufgeputzt, wie die Altär' am Charfreitag, der zuvor so wohl gestanden, ist anjetzo aller Mittel entblößt. Jene Knaben, welche den Propheten Elisäum gespöttlet, seynd von denen Bären zerrissen worden. Mein lieber Meister Matthe und Barthelme, mein lieber Meister Gregori und Honori, mein lieber Mann Jeremias und Zacharias, wie geht es dir und den deinigen so schlecht? [303] Ich glaub' allem Ansehen nach, deine Wirthschaft thue überaus stark mausen, du mußt einen frommen Wandel führen, daß deine Kinder alle Baarfüßer-Ordens werden, es hat keines keine Schuh anzulegen und druckt's doch der Schuh allenthalben; deine Kleider seynd nach der alten Modi gemacht, doch mit dem Unterschied, daß jene zerschnitten, die deinigen aber zerrissen! Wer hat dich also zugericht? ich wollt' es wohl errathen, wann du es mir nit willst vor ungut aufnehmen. Gleich wie die Bären jene Kinder zerrissen, welche den Elisäum für einen Kahlkopf ausgeschändet, also haben dich auch die Thier' und Bären zugericht, der schwarze Bär in der Vorstadt, der guldene Bär in der Herrn-Gasse, der blaue Bär in der Gmeinstraßen; will sagen die Wirthshäuser mit diesen Schilden haben dir also geschadet! Darum kannst du mit andern, und andere, mit dir singen:


Dives eram dudum, fecerunt me tria nudum,
Alea, vina, venus, tribus his sum factus egenus:
»Vor diesem hatt' ich alles g'nug,
Brav Geld und gute Mittel;
Jetzt heb' ich's Maul, zum Wasser-Krug
Und trag' ein' zerriss'nen Küttel.«
[304]
Willst wissen, was die Ursach gwest,
Das sag' ich dir ohne Scheu:
Mich haben nur drei W entblößt,
Weib, Wirfel und Wein darbei.

Dessentwegen hat einmal ein Bettler von einem Hausherrn ein Allmosen begehrt, welches dazumal gleich auf dem Bett lag und dem armen Mann die Antwort geben: er wollt' ihm von Herzen gern etwas mittheilen, aber könne nit aufstehen wegen gar zu großer Kopf-Schmerzen. Aus was Ursach? fragte der Bettler. Dem er geantwort: wie daß er sich gestern überweint. O! wann das ist, mein Herr, so trinkt Euch, heut' wieder voll, es hilft! Ja, sagt der Herr, morgen werde ich mehrmalen die Schmerzen empfinden. Ey! widersetzt der Bettler, morgen müßt Ihr Euch mehrmalen vollsaufen. Auf solche Weis' aber kann ich auch übermorgen dem Kopfweh nit entgehen. Possen, sagt der Bettler, übermorgen müßt Ihr Euch abermalen einen dicken Rauch antrinken. Was wird aber endlich daraus werden? sagt und fragt der Hausherr. Deme der Bettler: Ja, Ihr werdet halt ein solcher armer Narr und Bettler werden, wie ich bin; dann ich war vor diesem auch bei guten Mitteln, aber die öftere Vollheit hat mich also leer gemacht: Operarius [305] ebriosus non locupletabitur. Wann nun ein Weib einen solchen Wein-Egel und Wein-Igel bekommt, wie oft verursacht ihr der Wein das Weinen. Wie oft heißt es:


O hätte ich das gewußt!


Aber du, meine bethörte Haut, hast dir diesen Nagel selbsten gespitzt in den du getreten, du hast dir diesen Zwiebel selbst züglet, der dir so oft das Wasser aus den Augen locket, du hast dir dieses Feuer selbst gelegt, welches anjetzo alles das deinige in die Asche gelegt. Du hast weder Gott, nach den Nächsten, auch sogar deine eigenen Eltern nit befragt, sondern dahin geheirathet, als wären dir die Schwalben über die Augen kommen wie dem Tobiä. Hättest fein weislich nachgefragt, ob diesem nit allzeit träumte wie dem Mundschenken des Königs Pharaonis von dem Rebensaft; hättest du nachgeforscht, ob dieser nit öfter in der Bibliothek als Bibliothek, so wärest du also hinter die Wahrheit kommen. Aber der blinde Bub ohne Schuh gab dir keine Ruhe! Jetzt ist es geschehen, ein andersmal [306] bedenk's wohl, und nicht gleich obenhin, wie die Hund' aus dem Fluß Nilo trinken!


Willst du heirathen, so besinn dich fein,
Sonst kommt dir Essig anstatt des Wein.

Zwischen den Eheleuten soll es hergehen und eine Beschaffenheit haben, wie bei der allerheiligsten Dreifaltigkeit, denn daselbsten werden drei Personen gezählt und doch nur ein Gott. Also wann schon der Ehestand in zwei Personen bestehet, so soll doch gleichsam nur ein Herz seyn und ein Gemüth, ja die größte Einigkeit unter ihnen seyn. Der Ehestand ist dießfalls wie ein Granat-Apfel: diese schöne Frucht tragt über sich eine Kron', so lang der Apfel ganz verbleibt; sobald er aber sich zerspalt', so ist die Kron' hin. Also wie lang die zwei vereinigt seyn, so lang haben sie gleichsam eine guldene Kron', führen ein gutes Regiment; sobald sich aber ein Zwiespalt ereignet, so ist alles hin. – Wohl ist zu erwägen, daß die Engel den Loth sammt Weib und Kinder aus der sündigen Stadt Sodoma geführet haben, jedoch nur den Loth angeredet: er soll nit umschauen: Noli respicere post tergum! Weilen nun solches Gebot auch das Weib getroffen, warum daß die Engel nicht sagen: Nolite respicere post tergum: Schauet nit hinter Euch? Da antwortete der gelehrte Silveira: Wie daß die lieben Engel der Meinung gewest seyn, als wären diese zwei Eheleut' so vereinigt, als seynd sie gleichsam nur eins.

Freilich wohl soll eine solche lob- und liebreiche, Einigkeit seyn, aber leider! erfährt man öfter das Widerspiel, und zertrennt solche nit selten die schmerzliche [307] Eifersucht: Wie in Spanien die Stadt Gerunda vom Karolo, König in Sizilien, und Philippo, König in Frankreich erobert worden, wollten die Franzosen das Grab des hl. Narcissi berauben, seynd aber von diesem ihren gottlosen Vorhaben abgetrieben worden durch eine unzählbare Menge der Mucken, welche wunderbarlicher Weis' aus dem Grab des. hl. Narcissi heraus geflogen. Dieser kleine Feind mit seinen kaum sichtbaren Stilett hat eine große Anzahl der Franzosen erlegt, die übrigen alle spöttlich in die Flucht gejagt, also daß annoch bei den Herrn Spaniern das Sprichwort lauft: die Franzosen fürchten sich von denen spanischen Mucken. Den hl. Narcissum haben die Mucken defendirt; aber ein mancher Narr hat Mucken und macht ihm Mucken, die ihn nur offendiren, und solche Mucken seynd das mehreste wegen der Eifersucht. Da soll sie alleweil hinter den Ofen hocken wie ein bayrischer Gogelhopf; sie soll sich das Jahr nur einmal sehen lassen vor andern, wie ein Palm-Esel; sie soll nichts reden, als hätte sie auf die Karthäuser-Regel Profession gemacht. Alle Schritt' und Tritt' kommen ihm verdächtig vor: Wann sie nur einmal seufzet, so wünscht er schon, der Seufzer hätte Schellen oder Glöckel an wie die Schweizer-Kühe, [308] damit er wüßt', wo er hingehe; er aber lad't niemand ins Haus, er leid't niemand im Haus, er macht sich tausend Mucken, etc.

Ein solcher ist gewest Ludovikus Severus, Herzog in Bayren, welcher ohne allen Grund seine Frau Gemahlinn Mariam als eine habe Prinzessin von dem Stamm-Haus der Fürsten in Brabant, in einen gottlosen Verdacht gezogen wegen eines Schreiben zu Ruchonem den Grafen; also zwar, daß er aus Uebergewalt der Eifersucht in einen Zorn, von dem Zorn in eine Furie, von der Furie in einen fünffachen Todtschlag gerathen: dann er nicht allein vier andere, seines bethörten Wahns nach, beschuldigte Personen hingerichtet, sondern auch seine hochfürstliche Gemahlinn von des Henkers Händen, ob sie schon die Unschuld selbsten war, tyrannisch enthaupten lassen zu Donauwörth. Die folgende Nacht ist er dergestalten, theils vom eignen Gewissen, theils auch durch den Geist der Maria, seiner Gemahlinn, also geplaget und beängstiget worden, daß er als ein junger Fürst mit 26 Jahren schlafen gangen, aber zu Morgens als ein sechzigjähriger Tätt'l ganz eisgrau aufgestanden. Welcher nachmals zu einer Buß, so ihm Pabst Alexander der Vierte auferlegt, das stattliche Cistercienser-Kloster Fürstenfeld zwischen Augsburg und München erbaut und mit großen Renten versehen. Da sieht man, was nit solche eifersüchtige Mucken für eine Gewalt haben.

Dergleichen Mucken hat auch gehabt jener Rhein-Graf, welcher aus üblem Verdacht einen edlen Ritter[309] enthaupten lassen, und nachgehends den Kopf seiner Frauen als einer vermeinten Ehebrecherinn ein ganzes Jahr hindurch an den Hals gehenkt. Welchem nachmals der hl. Ulrich, Bischof zu Augsburg, wunderbarlich befohlen: er solle die Wahrheit offenbaren, worauf die schon verfaulte Zung' diese klaren Wort', so von vierzig anderen Beiwesenden verstanden worden, öffentlich gesprochen: »Ego cum hac foemina non peccavi: Ich hab mit diesem Weib nit gesündiget!« – Nit viel anders hat sich verhalten jener reiche Burger, mit Namen Christophorus Bongartner, Anno 1528 zu Basel im Schweizerland, welcher über allermassen geeifert mit seinem Weib, und da er einst ein seidenes Band an seinem Diener ersehen, welches er glaubte, als seye es sein gewesen und das Weib dieses dem Diener gespendiret. Dieses hat seine Mucken, dergestalten vermehrt, daß er sein schwangeres Weib ermordet, sein kleines Töchterl erwürget und nachdem er einen Brief verfertiget an den Senat daselbsten, hat er sich von dem obersten Gaden seines Hauses auf die steinige Gasse herunter gestürzt und den Hals gebrochen. Das seynd die saubern Früchte der Eifersucht, solche Brunsten erwecket der Satan durch die winzigsten Funken, weilen er nichts anders sucht, als die Einigkeit im Ehestand zu zerstören, welche allweg soll verbleiben wie der Unterrock Christi des Herrn, der da ohne Rath, sondern ein ganz vereinigtes Kleid. Solchem [310] wollte Gottes Sohn nicht zulassen, daß er zertheilt oder zertrennt werde.

Von dergleichen Mucken seynd sehr viel Weiber auch nit befreit, ja diese kommen mir vor, wie die Frösch' im Sommer: Die grünhosende Lackendrescher verbringen ja eine verdrießliche Musik die mehreste Zeit, wann sie auf einem mosigen Gestad' eines Fischweihers oder Teichs ihre Pfund-Gosche aufsperren, daß fast der Kopf nit sicher ist, daß er nicht zum Maul hinaus falle; sie machen solche Triller in ihrem Gesang, daß gegen ihnen ein kropfeter Pinzger ein lieblicher Amphion im Singen scheint zu seyn, und so viel man den Text ihres liederlichen Lieds versteht, so quacketzen sie nichts anders als: gib Acht, gib Acht, gib Acht! Der eifersüchtige Weiber-Gedanken redet nichts anders, als eben diese Frösch-Sprach: gib Acht! Wann der Mann nur aus dem Haus geht, so heißt es: gib Acht, wo er den Weg hinnimmt! wann er einer anderen einen guten Morgen gibt, so glaubt sie, es sey [311] schon der Abend seiner Treu' vorhanden, da heißt es: gib Acht, wie er sie nit anlacht! wann er bei einem hochzeitlichen Ehren- Tanz zweimal mit einer tanzt, so heißt es schon: gib Acht, ob er ihr nit die Händ' druckt; Ich hab' selbst eine gekennt, welche der andern mit einem scharfen Taschenmesser das Angesicht kreuzweis zerschnitten, um weilen sie ihren Mann mit dem Ellenbogen scherzweis gestoßen. Gib Acht, gib Acht! Eine andere ist gewest, welche einen sehr gottesfürchtigen Ehemann gehabt; gleichwohl mit ihm dermassen geeifert, daß bei ihr fast nichts anzutreffen war, als das stete: gib Acht! Unter anderm hat sie Acht geben, daß er alle Tag so eifrig nur an einem Ort des Beth-Büchleins gelesen, welches sie veranlaßt hat zu sehen, was es doch für ein Gebet seye Und siehe! da nimmt sie wahr, daß die Blätter ganz schmutzig wo die Buß-Psalmen des Davids stunden. Gleich hierauf schöpft sie den Argwohn, weilen David einen Ehebruch begangen, habe er diese Buß-Psalmen gebetet, und weilen dergleichen Andacht bei ihrem Mann, so sey auch ein gleicher Verdacht bei ihm; welche Eifersucht dergestalten sie gequälet, daß sie ihr endlich selbsten den Tod angethan. Bei einem solchen, bei einer solchen seufzt man öfter:


O hätte ich das Ding gewußt!


Ihr aber hättet es wohl wissen sollten! Denn unter andern Drangsalen, welche in dem Ehestand ein schleichen, ist auch die mißtrauende Lieb und unruhige Eifersucht nicht die geringste, welche der gerechte Gott bisweilen derentwegen zulasset, damit die Freud' des Ehestands und wohllüstige Lieb' in etwas gemäßiget [312] bleibe. Mehrestens aber rühren solche Trübsalen (tribulationem tamen carnis habebunt EJUSMODI und solche W in der E daher, weilen man den Stand gar zu gäh und unbesonnen antritt, auch den allmächtigen Gott dessentwegen nit um Rath gefragt, welcher ohne Zweifel auf eifriges Anersuchen und inbrünstiges Gebet das Gemüth erleuchten thut. Darum spricht der weise Salomon: Domus et divitiae dantur à Parentibus, à Domino autem proprie uxor prudens: Haus und Reichthum wird von den Eltern gegeben, aber ein vernünftiges Weib kommt eigentlich von Gott dem Herrn. Wer dann ein gutes frommes Weib verlangt zu bekommen, der muß sich nit um eine alte, zahnlose Kupplerinn umsehen, welche mit ihrem Husten-G'werb solche Heirath zusamm' bändlet, sondern er muß mit aufgehebten Händen denjenigen eifrig ersuchen, welcher den hl. Ehestand eingestellt in dem Lust-Garten des Paradeis. Ein rechtes Weib, sagt einmal einer, muß lauter und haben, erstlich einen rothen Mund, hübsch gesund, gehorsam zu aller Stund, Gold und Geld nach dem Pfund, die nit bellt wie ein Hund, die einem Mann alles Gutes vergund, die nicht wird ungeduldig, so man's auch schund, die fein [313] hurtig undrund, daß man keine bessere fund. Auf solche Weis' wollt es der Phantast gar geküchlet haben.

Aber wahr ist es doch: der ein gutes Weib wünscht zu haben, die in allen ihm ein Wohlgefallen leisten solle, der such's von Gott, à Domino! Wo aber der Ehestand unglückselig ausschlägt, versichert euch, daß euer einige Schuld solchen bittern Wermuth gepflanzet habe; dann entweders seyd ihr zusammen kommen, sicut equus et mulus, quibus non est intellectus: »Wie Roß und Maulthier, die keinen Verstand haben,« oder ihr habt dieses hl. Sakrament nit im Stand der göttlichen Gnaden empfangen, oder euer Ziel und geziemendes End war nit dasjenige, welches Gott und ihm die Kirche vorgeschrieben, oder ihr heirathet in eine nahe Verwandtschaft ohne große Noth wie Judas der Erz-Schelm, etc.

Judas Iscarioth wird von Christo dem Herrn an- und aufgenommen
[314] Judas Iscarioth der Erz-Schelm wird von Christo dem Herrn in sein apostolisches Kollegium an-und aufgenommen.

Nachdem Judas durch öfteres Gespräch mit seiner Ciboria so weite Nachricht erforscht, daß er wahrhaftig seinen eigenen Vater ermordet und hierüber noch seine leibliche Mutter für eine Ehegattinn mißbrauche, hat er theils durch eignen Gwissen-Zwang und innerlichen Antrieb, wie nit weniger durch der Ciboria bewegliche Anmahnung gänzlich beschlossen, einen heilsamen Buß-Wandel anzuheben; und weilen dazumalen Christus Jesus von Nazareth ohnedas wegen seiner Lehr' und Werk sehr berühmt war, also hat er mit großem Eifer gesucht, wie er möchte in Christi Gesellschaft kommen: welches dann ihm also wohl gelungen, daß er bald mit sonderm Trost zu einem Jünger und Apostel des Herrn ist erkieset worden.

Weil nun Abulensis in c. 10. Matth. Rupertus in c. 6. Joan. August. in Psal. 34. Con. 1. kräftig dafür halten, als seye Judas allzeit ein Schelm gewest; entgegen Tertul. I. de Praescript. adversus Haeres. c. 3. Cyrill. I. 4. in Joan. cap. 30. Chrysost. I. 3. contra Pelag. [315] c. 2. Item Ammonius, Leontius, Theophylactus, Cajetanus, Maldonatus ad cap. 10. Matth. der widrigen Aussag seyn und wollen, daß Judas anfänglich ein frommer und gewissenhafter Mensch seye gewesen, wie er in das apostolische Kollegium sey aufgenommen worden: also möchte hierinfalls zum Behilf' beeder Sentenz zu glauben seyn, als seye zwar Judas ein gottloser Bösewicht gewesen vorhero; damalens aber, als er unter die Apostlen Christi ist gezählet worden, durch innerliche Reu' und Bußfertigkeit schon den Namen eines Gerechten verdient habe.

Dermalen ereignete sich eine sehr wichtige Frag', warum doch der seligmachende Heiland habe Judam für einen Apostel erkiesen, da er doch vermög' seiner göttlichen Allwissenheit erkannte, daß dieser ein räudiges Schaf' unter seiner geheiligten Heerde werde abgeben und endlich als ein gewissenloser Erz-Schalk seinen eignen Herrn und Meister den Feinden übergeben.

Der heilige Ambrosius antwort': es habe darum Jesus Judam zu einen Apostel erwählt, da er doch hat vorgesehen, daß er zu einem Schelm wird werden, damit du auch mit Geduld übertragest, wenn dein Frater an dir ein Verräther wird! Der hl. Vater [316] Augustinus ist der Meinung: es habe der Heiland derenthalben Judam in seine apostolische Gesellschaft aufgenommen, da er doch vorgesehen dieses Menschen verruchte Bosheit, damit er auch aus dem Bösen könne etwas Gutes schmieden, zumalen dieser schlimme Lotters-Gesell ein Werkzeug war des Leidens Christi. Mir gefällt aber dießfalls forderst die Lehr' des englischen Doktors, welcher gänzlich vermeint, daß der heilwirkende Jesus habe dem Judas eine Stell' in dem apostolischen Gremio vergunnt, ob schon er vorgesehen dessen verfluchte That und großen Untergang, damit er zeige, daß kein einiger Stand sey ohne Schandfleck, und mitten unter den Guten auch ein Bösewicht lebe. Dessenthalben aber eine heil. Religion, ein Orden, ein Kloster nicht zu verwerfen, um weilen einer oder der andere darinnen sich nicht gut verhalt.

Hört ein wenig, ihr Ehrenstutzer, ihr Ehrenstimpler, ihr Ehrabschneider, ihr Ehrenschänder, ihr Ehrenschinder, ihr Ehrendieb', die ihr eine ganze Zeit die Geistlichen im Maul herum tragt, welches doch immer Schad', daß ein solches gutes Bissel in eine solche schlimme Goschen kommt. Hört, was einmal der [317] große heil. Vater Augustinus von seinem Kloster und Orden geredt, das redet noch ein Benediktus, ein Dominikus, ein Franziskus, ein Bernardus, ein Norbertus ein Ignatius von den seinen: Non est melior domus mea, quam domus Domini: »mein Haus ist nicht besser, als unsers Herrn sein Haus.« Daß Judas Iscarioth ein Laster-Mensch gewesen, müssen es und sollen es andere Apostel nit entgelten. – Die katholische Kirch' zählt eilf Millionen der Märtyrer, wie Caussinus bezeugt: die Stadt Rom prangt allein mit dreimal hundert tausend Märtyrer, wie es Thomas Pozius behauptet; unter dem Diocletian seynd ineinem Monat 17,000 durch unterschiedliche Peinen gemartert worden: durch Pfeil der hl. Sebastianus, etc. durch Stein der hl. Stephanus, etc. durch Prügel der hl. Maurus, etc. durch das Wasser der hl. Sabas, etc. durch das Kreuz und Galgen in der Luft der heilige Strata, etc. durch die Erd' und lebendige Begräbniß der hl. Chrysantus, etc. durch Feuer der hl. Laurentius, etc. durch wilde Thier der hl. Sylvanus, etc. durch Schinden der hl. Bartholomäus, etc. durch Zungen-Ausschneidung. die hl. Basilissa, etc. durch eiserne Ruth' der hl. Lycarion, etc. durch eine Sag' aber ein einiger Apostel und die hl. Tarbula, eine Schwester des hl. Bischofs Simeon. Der Zeiten aber seynd fast alle Geistlichen Märtyrer und werden gepeiniget durch Sagen; dann [318] wo ist ein Ort oder Port? wo ist ein Land oder Stand? wo ist ein Haus oder Schmaus, wo man nit thut Uebels sagen von denen Geistlichen? Die Sag', mit der der heilige Apostel sammt der heiligen Tarbula ist gemartert worden, hat sehr peinliche Zähn' gehabt; aber wer leidet mehrers und öfter von den Zähnen und bissigen Mäulern als eben die Geistlichen? Joannes de Plano sammt mehrern sagt ernstlich aus, daß in der Tartarey sehr viel Leut', forderst die Mannsbilder, rechte natürliche Hundsköpf' haben, deren beste Waffen wider ihre Feind' die scharfen Zähn' seynd. Ich, meines Theils, rath' keinem diesen unnöthigen Vorwitz zu büßen, daß er in solche ferne Land' ziehe, massen er dergleichen Abentheuer wohl in unsern Ländern antreffe. Er frage nur uns arme Geistlichen um Bericht, die wir fast täglich solche Hunds-Köpf', solche Hunds-Zähn', Hunds-Zungen, Hunds-Murrn, Hunds-Beißen empfinden.

Die gottlosen, ehrlosen, gewissenlosen, heillosen, treulosen, grundlosen Leut' seynd natürlich wie die Egel, welche nur das schlimme Blut sutzlen und saugen, indem sie nur auf Defekt und nit Profekt, auf das Böse und nicht auf das Beste, auf das Heillose und nicht das Heilige Achtung geben. Sie treten gar emsig in die Fußstapfen jener pharisäischen Beschnarcher, welche dem Herrn vorgeworfen, daß seine Jünger nach [319] Satzung der Aeltesten ihre Händ' nicht waschen, bevor sie das Brod essen. Es Lumpenhund! wascht ihr lieber euere ungereimten und ungeräumten Goschen! von andern Tugenden und Vollkommenheiten seyd ihr gänzlich still, welche ihr doch täglich und stündlich bei den Apostlen wahrnehmt; dieß einige, was ihr selbst für einen winzigen Mangel haltet, ärgert euch! – Also seynd deren sehr viele, so die mindeste Unvollkommenheiten der Geistlichen mit doppelten Brillen beschnarchen, entgegen der großen Heiligkeit und ruhmwürdigsten Thaten ganz vergessen, mit welchen doch alle heilige Orden billig prangen.

Erwägt ein wenig den Ruhm und Glorie des hl.Carmeliter-Ordens, welchem weit häufigers Glück widerfahren, als dem Mosi: massen diesen die mildherzigste Tochter des Pharao für ein Kind an-und aufgenommen, jene Ordens-Genossen aber die Himmels-Königinn selbst für ihre Kinder erkiesen. Welche Mutter hat einmal ihre Kinder also stattlich gekleidet, als Maria die Karmeliter, benanntlich mit dem heiligen Skapulier? – Absalon der krauskopfete Prinz hat seinen Untergang gefunden an einem Eichbaum; der Zeiten erhalten viel tausend' ihr Heil an einem hohlen [320] Eichen-Stock, verstehe hierdurch den hl. Simon Stock, der 33 Jahr in einem Eichen-Stock, wovon er den Namen ererbt, den strengsten Lebens-Wandel geführt und nachmals das hl. Skapulier als ein allgemeines Seelen-Heil von den jungfräulichen Händen der übergebenedeiten Himmels-Königinn empfangen. Was vor diesem ein Schwarzer gethan, thut dermalen ein Weisser: Ein schwarzer Mohr hat aus Gutherzigkeit den Propheten Jeremiam vermittelst etlicher alter Kleider aus einer tiefen Grube gezogen; also thun nit weniger die mit weißem Mantel überhüllten Karmeliter durch das heilige Kleid des Skapuliers viel unzählbare bedrängte Seelen aus der tiefen Grube des Fegfeuers erledigen und machen ihnen an dem nächsten Samstag einen gewünschten Feierabend ihres Feuers. Es sagen zwar diese marianische Religiosen, daß neben andern strengen Leibs-Kasteiungen sie auch auf dem Strohsack die Liegerstatt genießen; es ist zwar diesem nicht ohne, und zeitiget meines Erachtens der Geist so gut auf dem Stroh als Aepfel und Birn; gleichwohl findet man bei ihnen die besten Federn. Lasse dir aber keine andern einfallen, als lauter Schreibfedern, mit denen in so viel Schriften ihre Lehrer die katholische Kirche verfechten, daß sie also jederzeiten einen lobwürdigsten Eifer und Innbrunst gegen christlicher Lehr' erwiesen und folgsam gezeigt, daß sie wahre Kinder ihres Vaters Eliä seynd, der auch an der Brust seiner Mutter nichts anders als Flammen und Funken gesogen. Es scheint fast [321] unbeschreiblich, was Nutz und Schutz die katholische Kirch' von diesem heiligen Orden genossen, in welchem allein in die hundert und vierzig tausend Märtyrer und Blutzeugen Christi gefunden, gezählet werden, aus welchem drei römische Päbst', sieben Kardinäl', neun und zwanzig Patriarchen, eine große Anzahl der heiligen Erz-Bischöf', hundert zwei und vierzig Bischöf' genommen worden, die mit höchstem Ruhm der katholischen Kirchen beigestanden, vorgestanden und angestanden: Wie traut ihr euch dann, ihr ungezähmte Zungen, von diesem so heiligen Orden etwas übels zu reden? Gesetzt, daß ihr auch wider Vermuthen einen mangelhaften Religiosen darinnen ersehen – ist doch unter den zwölf Aposteln ein Judas gewest! Dahero Cyrillus und Theresia auch sich hören lassen: Non est melior nostra domus, quàm Domini.

Beschaut ein wenig den Ruhm und Würdigkeit des heiligen Benediktiner-Ordens, von dem gar wohl kann gesprochen werden dasjenige, was der Erz-Engel der übergebenedeiten Jungfrauen vorgetragen: »Benedicta tu in mulieribus: gebenedeit bist du unter den Weibern.« Also benedicta inter Religiones, gebenedeit ist der Benediktiner-Orden unter den Religionen. Muß bekennen, wann der Herr Jesus nit gesprochen hätte bei dem Evangelisten Joanne: »In Domo Patris mei mansiones multae sunt, in dem Haus meines Vaters seynd viel Wohnungen«; [322] so möcht' einem schier einfallen, er habe keinen Platz im Himmel, alldieweilen denselben fast lauter Benediktiner einfüllen; massen Etliche über die zweimal hundert tausend zählen, lauter Heilige dessen Ordens. – Vor diesem hat man sieben und dreißig tausend Abteien, vierzig tausend Priorat', fünfzehn tausend Jungfrauen-Klöster dieses heiligen Ordens angetroffen, und war keines ohne heilige Leut'. Petrus hat aus dem Befehl des Herrn das Netz ins Meer geworfen und sehr häufige Fisch' gefangen, worunter ungezweiflet etliche große Fisch' waren; aber der heilige Patriarch Benediktus hat weit größere Fisch ertappt, indem er viel gekrönte Häupter in sei nen Orden gezogen: 21 Kaiser, 12 Kaiserinn', 20 König, 45 Königinn', etc. seynd das nit große Fisch'? Von dem Berg' Libano ist das Lob und Geschrei, daß sehr schöne Bäum' und Holz darauf gewachsen, woraus der Salomon die edlesten Gebäu' geführet; – in dem hl. Benediktiner-Orden hat Gott der Herr das beste Holz angetroffen, mit welchem er die christliche Kirch' unterstützet: massen aus diesem gebenedeiten Orden in die 50 römische Päpst' und Statthalter Christi seynd erkiesen worden. Dieser hl. Orden darf sich in keiner Sach' schämen, außer in dem wird er roth, daß er hundert und achtzig Kardinäl' erzogen. Wann dieses noch nit gnug, so kann er zählen tausend fünfhundert vier und sechzig Erz-Bischöf', drei tausend fünfhundert und zwölf Bischöf, 15,000 sechshundert in Heiligkeit und großen Wissenschaften berühmte Aebte. Schnarcher, was sagst du darzu? – Der Satan hat vor diesem unserm Herrn Christo alle Reich' der Welt verheißen, wenn er ihm mit den Knien [323] nur ein wenige Komplement hätte gemacht, die man jetzt einer polirten Mist-Butte gar oft bieget. Dazumalen muß der Teufel reich gewest seyn! Aber wie Benediktus mit seinem Orden entstanden, hat er die mehreste Reich' und Länder verloren: denn England durch Augustinum, einen Benediktiner, Spanien durch Leandrum, einen Benediktiner, Deutschland durch Bonifacium, einen Benediktiner, Niederland durch Amandum, einen Benediktiner, Polen und Ungarn durch Adalbertum, einen Benediktiner, Schweden durch Stephanum, Lituania durch Brunonem, Guasconia durch Albonem, Sklavonia durch Bonifacium, und eben diese Oerter und Länder, in denen wir annoch Gott dienen, durch lauter Benediktiner seynd aus den Klauen des bösen Feind's gerissen und zu dem wahren Glauben gezogen worden. Haltet demnach eure Pfund-Goschen, ihr ehrenräuberische Zoili, und hütet euch, das wenigste Uebel von diesem so heiligen und der ganzen Welt heilsamen Orden zu reden, gesetzt, ihr hättet an einem oder an den andern Ordens-Genossen etwas Mangelhaftes ersehen! Was schad't dieß? sagt Benediktus: non est melior mea Domus, quam Domini: hat doch der Herr Jesus unter zwölf Aposteln einen Iscarioth gehabt.

Betrachtet ein wenig den heil. Dominikaner-Orden, was Ehr' und Lehr' die christliche Kirch' von [324] demselben ererbet hat! Jakob bei dem Laban hat etlich tausend Schaf gehütet: wann er keine Hunde hat gehabt, wird mancher Wolf ihm einen mit Fleisch gefütterten Pelz haben weggetragen. Gewiß ist es, daß viel unzählbare Schäfel Christi durch die ketzerischen Wölf' wären in Verlurst gerathen, wofern nit die Dominicaner als Domini Canes, wachtsame Hund des Herrn, mit ihrer apostolischen Stimm' hätten solche Unthier abgetrieben. – Zu Christo dem Herrn kommt einst eine bedrängte Frau, welche mit Bitten klagte und mit Klagen gebeten: er woll' doch ihrer Tochter helfen, welche sehr übel vom Teufel geplagt wird! worauf der Herr sie gesund gemacht. Was damalensDominus gethan, hat hernach Dominikus gethan. Es ist eine wackere Frau, benanntlich die katholische Kirchen, zu ihm kommen, welche sehr kläglich vorgetragen, wie daß sie drei Töchter habe, so alle sehr vom Teufel geplagt werden, eine Tochter heißt Italia, die andere Hispania, die dritte Gallia, welche vom Ketzer-Teufel stark besessen waren, die aber Dominikus völlig zurecht gebracht. Der Albigenser-Ketzer war alles schwarz voll, [325] deren aber Dominikus über die hundert tausend bekehret hat. Dieser hl. Orden ist eine sehr stattliche Orgel in der katholischen Kirche, allermassen ihre Prediger-Stimm in der ganzen Welt erschallt, worvon sie dann auch Praedicatores, die Prediger, genennet werden. Der Blasbalg dieser Orgel ist der hl. Geist: gestalten von Christo das heilige Evangelium redet, daß er nach seiner glorreichen Urständ denen Aposteln erschienen, dieselbige angeblasen, sprechend, nehmt hin den heiligen Geist! Zu einer Orgel aber gehören auch gute abgerichte Händ' und Finger. Zu verwundern seynd in ihren Händen lauter Thomä, die lauter Tomos in diesem Orden geschrieben: Thomas de Vio ein Scribent aus diesem Orden, Thomas Cantipratanus ein Scribent aus diesem Orden, Thomas Bonisignius ein Scribent aus diesem Orden, Thomas Cassanus ein Scribent aus diesem Orden, Thomas a Clavibus ein Scribent aus diesem Orden, Thomas Donatus ein Scribent aus diesem Orden etc., endlich Thomas [326] de Aquino ein Scribent aus diesem Orden, ein Lehrer der Kirchen, ein Vermehrer der Kirchen, ein Zerstörer der Ketzer, ein Verzehrer der ketzerischen Irrthümer, ein Thomas aller Thomen und eine sondere Zierde des ganzen heiligen Dominicaner-Ordens. Willst noch mehrer Lob von diesem Orden? Der Weg gegen Himmel ist vor diesem mit lauter Dörner überlegt gewest und also manchen abgeschrecket; Dominikus sammt seinem Orden hat anjetzo den Weg gegen Himmel mit lauter Rosen besträhet, indem er so viel tausend, tausend, tausendmal tausend Seelen, vermög' des heiligen Rosenkranzes in den Himmel leitet und begleitet. Wie kann nun möglich seyn, daß du sollst etwas Ungereimtes reden von diesem Orden? Gesetzt, es hatte einer oder der andere etliche Fleck gehabt, wie des Jakobs seine Lämm'l – was schadet dieses dem hl. berühmten Orden? sagt gleichmäßig Dominikus. – Non est melior Domus mea, quàm Domini: hat doch unser Herr unter zwölf Aposteln einen Teufel gehabt: unus ex vobis Diabolus est.

Stellt euch vor Augen den stattlichen Ruhm und Würdigkeit des großen heiligen seraphischen Or dens des hl. Franziskus. Der stolze und hochmüthige Monarch zu Babylon hat drei unschuldige Jüngling' in den [327] Feuer flammenden Ofen hinein geworfen; bei welchen aber das Feuer gefeiert und einen Fasttag gehalten. Solchen Wunders wollte auch der gottlose Nabuchodonosor den Augenschein einnehmen, und siehe! da hat er nit allein die drei Jüngling' unversehrt wahrgenommen, sondern er sahe auch die vierte Person similem Filio Dei, welche dem Sohn Gottes ganz gleich war. Wann da zu selben Zeiten Franciscus hätte gelebt, so hätte man können vermuthen, er hätte denen Dreien die Gesellschaft geleist in dem Feuer; dann ja kein Mensch dem Sohn Gottes gleicher sieht als Franziskus: aller massen dieser wie jener, jener wie dieser mit fünf Wundmal an Händ', Füß' und Seiten gezeichnet ist. Es ist wahr, daß dieser seraphische Patriarch stets im Feuer gewesen durch seine inbrünstige Lieb' gegen Gott und den Menschen; und gleichwie das Wörtl Ama hinter sich und für sich gelesen wird, also war auch bei Franzisko auf allen Seiten die Lieb' zu spüren, welche annoch in seinem weit ausgebreiten Orden also flammet, daß er dessenthalben billig der seraphische genennt wird. Jene Seraphim, so der Prophet Esaias gesehen, schrien unaufhörlich Sanctus etc. Heilig, Heilig, Heilig! die seraphischen Ordens-Leut' des hl. Franziskus thun ebenmäßig Tag und Nacht durch Psalliren und Singen Gott loben und benedeien. Es prangt [328] absonderlich die heilige Religion mit der evangelischen Armuth, und gleichwohl hat sie die katholische Kirche über alle Massen bereicht, also zwar, daß durch dero Ordens-Männer Eifer und Lehr' viel Königreich und Länder Christi Kirche ererbt hat. Es klecken nit hundert tausend, tausendmal tausend Seelen, welche allein durch Franziszi Ordens-Leut' aus dem blinden Heidenthum gezogen worden. Sogar der Mathuzinger der Teroquiner, der Amarhocen, der Cacothurner, der Cascaner, der Cacaloracen, der Ivazalatanier ihre Abgötter und Teufels-Affen und Höll-Bilder seynd durch die Religiosen zu Boden geworfen worden, wie der saubere Dagon durch den Bunds-Kasten. Und weilen diese eifervollen Geistlichen Strick tragen aus anverwandter Demuth um ihre Leiber, so kann man's billig hell-erschallende Glocken nennen der katholischen Kirchen, wegen ihrer apostolischen Stimm', mit welcher sie eine so unzahlbare Anzahl der Menschen zu dem wahren Gott lenten und leiten. Ich will dermalen umgehen die großmächtige Anzahl der heiligen Beichtiger, Märtyrer, Jungfrauen dieses Ordens. Ist doch das ein Lob über alles Lob, daß in Ansehung der zwei heiligen Orden Dominici und Franzisci der erzürnete Gott der sündigen Welt verschont, welche er sonsten gänzlich vertilgt hätte. – Wer kann dann noch eine Attern-Zunge haben, welche diesen seraphischen Orden verletzt?

[329] Wann schon bewußt soll seyn, daß unter diesem aschenfärbigen Habit etwann einmal eine ausgeloschene Kohle vermerkt worden, dadurch leidet nicht der Andern Vollkommenheit; und sagt ebenmäßig Franziskus: Non est melior Domus mea, quam Domini: hat doch auch unser Herr unter seinen zwölf Jüngern einen schlimmen Bösewicht gehabt.

Was kann Lobwürdigers seyn in der ganzen Welt, als die Societät Jesu? Eine feurige Saulen hat die Israeliter aus Egypten geführt bei nächtlicher Zeit: in Columna ignis. Ignatius war eine solche feurige Saulen, massen ihn sein eigener Nam' verrathet. O wie viel tausend und tausend seynd durch Ignatium und seine Ignatianer aus dem egyptischen Irrthum geführt worden! Was hat nicht der einige Xaverius gewirket? Von Joanne Baptista ist die evangelische Aussag', daß er sey unsers Herrn sein Vorlaufer gewest; vom Xaverio weiß ich nicht, was ich sollt' sagen, ob er ein Vorlaufer oder Fortlaufer unsers Herrn gewest? ein Laufer ist er doch gewest, [330] indem er innerhalb zehen Jahren allein zu Fußmeistentheils baarfuß, mehr denn hundert und zwanzig tausend deutsche Meil' geloffen, nur Seelen halber. Xaverius ist also geloffen, daß, wann man seinen Weg, den er hin- und herwärts gemessen, an eine Schnur fassen sollte, die ganze Welt umfassen konnte. Xaverius hat allein durch 66 Königreich, in Japonia fünf tausend große Städt', den dritten Theil des Erdbodens in India mit dem Stab in der Hand seinen apostolischen Lauf genommen, nur Seelen, Seelen, Seelen halber! Xaverius hat allein 4000 Götzen und Götzen-Tempel übern Haufen geworfen, ja er hat allein mehr als eilfmal hundert tausend irrende Schäflein dem höllischen Wolf abgejagt und aus dem Rachen gerissen. Nach Xaverio – was hat nit gethan Barsäus, Almeida, Turrianus, Mastrillus, Camertus und andere apostolische Männer aus der Gesellschaft Jesu? Vor fünf und vierzig Jahren hat die Societät Jesu das Säkulum oder hundertjährige Alter begangen; wobei sehr denkwürdig dieß zu halten: daß man Urbano dem Achten, römischen Pabsten, hat unterthänigst schriftlich remonstrirt, daß die Societät Jesu in dem orientalischen Indien ein Jahr dem andern zu Hilf, jährlich dreimal hundert tausend, und also durch hundert Jahr' drei hundertmal hundert tausend, daß ist dreißig Millionen Seelen zu Gott geführt und von der gottlosen Abgötterei zu dem wahren Gottes-Dienst gebracht. – Was Ignatius durch die Seinigen in Europa gethan, [331] ist ohnedas sonnenklar. Meines Theils halt' ich für ein großes Wunder, daß Petrus einen lahmen und krummen Tropfen bei der Thür' des Tempels auf die Füß' geholfen; aber nit ein geringes Wunder ist, daß Ignatius mit seiner Societät der Scienz und Wissenschaft wieder auf die Füß' geholfen und also Ignatius ignorantiam verbandisirt. Gewiß ist es, daß vor hundert Jahren und mehrer fast ein jeder Michel verstanden Nihil, die sieben Todsünden dazumal in grösserem Schwung gangen, als die sieben freien Künste; damalen hat man wenig Syllogismos formirt, außer in Frisesomorum und Barbara; zu selbiger Zeit ist Musa generis neutri gewest und Ignorantia [332] schier generis communis. Aber jetziger Zeit find't man allerseits gelehrte Leut', welche aber mehrestentheils das Deo gratias denen Jesuitern sollen geben: Bekennen müssen es doch die mehresten, daß sie nit so spitzfindig waren worden, dafern sie nicht in den Schulen bei denen Jesuitern die Hobelbank hätten gemessen. Ich will von anderen Sachen und ruhmwürdigsten Dingen der Societät geschweigen, damit es Andern nicht in die Nasen kitzle; glauben muß man doch Gott selbsten, welcher der heiligen seraphischen Theresia in einer Verzuckung des Geists gezeigt hat, was die Societät Jesu dem Haus Gottes für Hilf leiste. Und gleichwohl schnarcht man über keine mehr, als über dieselbe. Mir kommt die Societät Jesu vor wie ein Nuß-Baum: je mehr dieser Baum Frucht traget, je heftiger werfen die bösen Buben mit Prügeln darein; also je mehr dir Societät der Welt Hilf reichet, je ungestümmer tobt die Welt wider sie. Unter solchen Verfolgern seynd die mehresten Ketzer, gegen welche Esauiter die Jesuiter siegreiche Federfechter abgeben und wider sie so treffliche Bücher verfassen, daß die Ketzer fast die Art der grünhosenden Frösche und Lackenhupfer an sich nehmen, [333] so bei nächtlicher Weil die Ohren voll anschreien, sobald man ihnen aber eine Fackel oder ein Licht zeigt, sodann halten sie gleich das Maul. Solchergestalten hat nit nur einmal die erleuchte Societät den verbeinten Ketzern das Maul gestopft. Es hat diese löbliche Societät einen stattlichen Magen, daß sie diejenigen Speisen, so da schädlich und nicht gesund seynd, wieder zurück gibt und solchergestalten etwann besser wohlauf ist als ein anderer Orden. Gesetzt aber, es soll auch ein mangelhafter Jesuiter angetroffen werden wider Vermuthen; warum sollst du gleich mit deinen Zähnen die ganze Societät beißen? Kann doch endlich auch Ignatius sprechen: Non est melior domus mea, quam Domini.

Es spricht der weise Mann, daß sich niemand selbst soll loben, sondern von andern gelobet werden: laudet te alienus et non os tuum! Derowegen will ich von unserm heiligen Orden S. Augustini nichts melden, dessen Ruhm und Glorie völlig in der Feder behalten und mit demüthigstem Silentio verhüllen. Aber anderen kann ich es nicht verbieten? unter denen nicht der mindeste ist ein sondergelehrter Scribent Pr.Thomas le Blanc aus der Societät Jesu. Dieser schreibt also: der Orden des hl. Augustini hat sich er mehrt wie der Cederbaum auf dem Berg [334] Libano, massen vor diesem über die dreißig tausend Klöster gezählet worden, und ist annoch kein Theil der Welt, wo diese Ordens-Genossen nit emsige Arbeiter in dem Weingarten Gottes abgeben. Wie dieser Orden der Kirchen genutzt, erhellt aus dem, was Ticinensis vorgibt: daß allein aus dem Orden S. Augustini 54 römische Päbst, 1567 Cardinäl, unzählbare Bischöf und Prälaten genommen worden, weilen dazumalen der römische Clerus unter der Regul S. Augustini lebte und also durch fünfhundert Jahr die Kirchen regierte. In dem weltbekannten Concilio zu Trient waren 54 berühmte Doktores aus diesem Orden, deren fünf Bischof und ein Kardinal. Die ausführliche Prob' Ticinensis bezeugt, daß der Augustiner-Orden mit hundert tausend Heiligen prange. Diese Ordens-Männer seynd die ersten gewest, welche die abgötterischen philippinischen Insuln erfunden und zu Christi Gesatz gebracht. Der einige Alexius de Menzes, Erz-Bischof zu Goa, Augustiner-Ordens, hat mit eigner Hand gegen hundert tausend Menschen getauft, worunter etliche gekrönte Häupter waren. In Amerika seynd in einem Jahr in die zweimal hundert tausend Heiden durch die Augustiner bekehrt worden. – Siehest demnach, du neidiger Beschnarcher, den Ruhm dieses Ordens durch eine fremde Feder entworfen. Gesetzt nun, es ist in diesem fruchtbaren Garten einiges Unkraut herfür [335] für geschossen, gesetzt, es hat dieser stattliche Baum ein wurmstichiges Obst getragen, so mußt du nit gleich die ganze Glorie des Ordens verschütten. Höre, was dieser heilige Erz-Vater Augustinus sagt: Non est melior domus mea, quâm Domini: hat doch unser Herr unter zwölf Edelgsteinern einen falschen Rubin gehabt, der war Judas!

Es seynd noch viel andere berühmteste Orden, benanntlich der Orden des heil. Bernardi, des heil.Pauli primi Eremitä, des hl. Norberti, des hl. Francisci de Paula, des hl. Joannis Dei, des hl. Brunonis, des hl.Romualdi, des hl. Cajetani, des hl. Nerei, des hl. Barnabä und andere mehr, welche lauter starke Saulen in dem Haus Gottes, lauter Zierden der christlichen Kirche, von welcher herrlichen Gespons' der hl. Geist spricht: Astitit Regina a dextris tuis in vestitu de aurato, circumdata varietate: die Königinn stehet auf deiner rechten Seite, in einem guldenen Kleid umgeben mit vielerlei Farben.

Aller dieser heiligen Orden Ruhm und Würdigkeit auf das Papier zu tragen, fiel es meiner ungereimten Feder nit möglich. So muß man auch allhier die Nasen nit rumpfen, daß ich nit bedacht bin desweltlichen Cleri oder Priesterthums, weilen unmöglich scheinet, all dessen Lob in wenige Zeilen einzuschränken, sondern man müßte von seiner Hochheit und Nutzen ganze Bücher verfassen, weilen dero erleuchte [336] Männer fast überwachsen seynd der Zahl der Stern, so Gott dem Abraham in dem gewölbten Himmel gezeigt. Gewiß ist es, daß hoch, herrlich, heilig, heilsam ein jeder geistlicher Stand, beinebens aber auch keiner eines Unkrauts befreit: gleichwie kein Haus ohne Winkel, kein Weinfaß ohne Gläger, kein Garten ohne Brennessel, kein Baum ohne wurmstichige Frucht, kein Walzen ohne Wicken, keine Rosen ohne Dörner, kein Markt ohne Dieb, keine Karten ohne Sau, kein Licht ohne Butzen, kein Himmel ohne Wolken, kein Fisch-Teich ohne Kroten, kein Handwerk ohne Stümper, keine Scheuer ohne Stroh, etc. keine Apotheke ohne Gift, also ist kein Stand ohne Bösen.

Freilich wohl soll ein Geistlicher seyn wie das Feuer, welchem der Symbolist hinzusetzt diese Wort:semper sursum:


Allzeit hinauf
Ist mein Lauf!

Freilich wohl soll ein Geistlicher seyn wie ein Rad an einem Wagen, dem der Poet diese wenigen Wort beifüget: Parte minima tangit:


[337]
Mit einem kleinen Theil
Thue ich die Erde drucken,
Das ander alleweil
Pflegt in die Höh' zu zucken.

Es soll ein Geistlicher seyn wie des großen Alexandri Pferd, Namens Bucephalus, welches keinem andern das Aufsitzen vergonnt als seinem Herrn, wessenthalben dieses konnte beigeschrieben werden: Soli Regi:


Dem König allein
Will ich unterworfen seyn.

Also ein Geistlicher sein Herz von niemand anderst soll besitzen lassen, als vom Jesu Nazareno, dem König der Juden.

Es soll ein Geistlicher seyn, wie die zwei Aemper in einem Schöpf-Brunnen, deren einer nieder und der andere in der Höhe mit der Unterschrift: Una lavatur, altera levatur:


Ein Amper steigt empor,
Der Ander fällt in die Nieder,
Mein Herz sucht Gott bevor,
Ob schon der Leib zuwider.

Es soll ein Geistlicher seyn, wie das schneeweiße Thierl Armelin, welches sich ehender läßt umbringen, als mit Koth oder Unflat sich besudlen; derentwegen ihm der Poet dieses Lob schenket: Potius mori, quam faedari:


[338]
Lieber will ichs Leben verlieren,
Als daß ich nur mich sollt beschmieren.

Freilich wohl soll ein jeder Geistlicher der Vollkommenheit sich befleißen; – aber leider es befind't sich zuweilen einer, der die Schwindsucht an dem Geist bekommt, und begegnet manchen, was der Donau diesem berühmten Fluß in Deutschland widerfährt: Dieser stattliche Donaustromm geht von Donauesching aus auf Mila, von dannen auf Simeringen, von dannen auf Ulm, von dannen weiter auf Lauing, Höchstädt, Dillingen, Donauwörth, Neuburg, Ingolstadt, noch weiter und allzeit breiter nach Paßau, Linz, Crems, Wien, noch weiter und allzeit breiter nach Ungarn, Preßburg, Raab, Ofen, etc. endlich nachdem dieser so weitberühmte Fluß mit größtem Ruhm fortlaufet, so rinnt er in Ungarn in die Sau, welcher Strom den Namen hat Savus, auf deutsch die Sau. Die gute Donau erhält solchergestalten durch langen Weg eine sondere Ehr und Glorie und fast auf die Letzt hebt's eine Sau auf. Also ergehet es mit manchem Geistlichen, welcher für sich die Wort des gekrönten Harfenisten Davids gebrauchen kann: Viam mandatorum tuorum cucurri: Ich bin den Weg deiner Gebot geloffen; endlich aber nach vielen Jahren hebt er eine Sau auf und fällt in ein grobes Laster. Wie [339] es mein heiligster Vater in der hundert sieben und dreißigsten Epistel beklagt: Simpliciter fateor coram Domino Deo nostro, qui testis est supra animam meam, ex quo Deo servire coepi quomodo difficile sum expertus meliores, quam qui in monasteriis profecerunt. Ita non sum expertus pejores, quam qui in monasteriis ceciderunt: Ich gestehe es fein gut rund, sagt der heilige Vater, und Gott ist mein Zeug: von der Zeit an, daß ich hab angefangen Gott zu dienen, habe ich nicht bald bessere und vollkommenere Leut' angetroffen, als diejenigen, welche in den Klöstern ihrer Regel und heiligen Satzungen gemäß gelebt haben, entgegen sag' ich es auch unverhohlen, hab ich nit größere und schlimmere Bösewicht gefunden, als dieselben, so da in Klöstern ihrer Gelübde vergessen und spöttlich gefallen seyn. –

Es pflegen öfters große Herren künstliche Feuerwerk zu haben, wobei das Pulver und Saliter der finstern Nacht einen Trutz bietet und ihr durch öftern Knall und Schall gleichsam unter die Nase schnalzt: die emporsteigenden Granat-Kugeln ziehen alle Augen nach sich und erwecken ein sonderbares Wohlgefallen dazumalen, wann sie in der Höhe nieder kommen und gebähren eine große Anzahl der Stern, welche vom Mutter Leib das Schlagen gewohnt; das große Getös' und Rauschen des Feuers macht einen Gedanken, als wollte der Jupiter mit lauter Blitzen, und Donnerkeil [340] die Zeit vertreiben; vor allen aber spielt nichts schöners als ein hochsteigendes Rakett, welches mit seinem hölzernen Appendice den schnellen Weg nimmt gegen den gestirnten Himmel, als wollt es daselbst dem Morgenstern einen guten Morgen, oder dem Abendstern einen guten Abend wünschen: es steiget ja empor mit solchem annehmlichen Getös' und Juitzen, ganz feurig und brunstig, daß man sich verwundert, daß ein solches papierenes Maul, so vorhero schwarze Kohlen gefressen, nunmehr aber so häufiges Feuer ausspeiet; es steigt in die Höhe, als wolle es einen Abriß machen von der feurigen Saulen, welche die Israeliter bei nächtlicher Zeit aus Egypten den Weg gezeigt; es steigt so schön, daß fast alle Zuseher in Maulaffen sich verkehren und bei allen das Wunder-Geschrei sich erhebt: Schaut's, schaut's, schaut's, o wie schön! ei das ist schön! Wanns aber zu höchst droben ist, gedenk einer! so verliert es das Feuer und erlöscht der feurige Athem, fällt in die Ohnmacht herunter auf die Erd, und was vorhero so hoch gestiegen, so innbrünstig gewesen, so herrlich sich gehalten, so angenehm gespielt, liegt jetzt auf dem Boden – ein halb abgebrennter Stecken und ein schwarzes Büschel Papier! Pfuy! vorhero ein so schönes Exordium, jetzt ein so rußiger Epilogus! ist eine Schand!

[341] Daß Gott erbarme! solches Feuerwerk – aber leider! kein Freuden-Feuer – hat die Welt bisweilen schon gesehen bei denen Geistlichen, unter welchen etwann einer gewesen, der anfangs wie ein Rakett die Erde und das Irdische verlassen, durch Innbrunst und Eifer in die Höhe der Vollkommenheit gestiegen, daß sich männiglich darüber verwundert, ja es scheint, als brenne jenes Feuer aus ihm, von welchem unser Heiland bei dem Evangelisten Luca Meldung thut: Ignem veni mittere in terram etc: ich bin kommen ein Feur zu senden auf Erden; – aber siehe, nach etlichen Jahren erlöscht der Eifer, und ist folgsam spöttlich, mit Bedaurung seines Ordens, mit Aergernuß der Welt, mit Verlust seiner Seelen gefallen und abgefallen, gar durchgangen, wie der Maul-Esel des Absalons, verkehrt worden wie die Ruthe Aaron in eine giftige Schlange, ist worden aus einem Amando ein Aman, aus einem Esaia ein Esau, aus einem Apostel ein Apostata, aus einem Pastor ein Impostor, aus einem Sodalen ein Saudalis, aus einem Reverendo – [342] reverenter zu reden – ein Schelm. Pfui der Schand! pfui des Schadens! dergleichen wurmstichige und modrige Schindlen seynd gefallen von dem Haus Augustini, von dem Haus Benedikti, Francisci, Dominici, Bernardi, Brunonis, Norberti etc. Dergleichen saubere oder besser zu redenSaubeern seynd gewest Lutherus, Oecolompadius, Buceerus, Hermannus, Ochinus, Marcus Antonius de Dominis und viel andere mehr, dero Namen in des Satans Register zu suchen.

So seynd aber derentwegen nit alle Geistlichen zu verwerfen. – Was kann Abel der Unschuldige dafür, daß sein Bruder Kain nichts nutz gewesen? was kannJakob der Gerechte dafür, daß sein Bruder Esau ein schlimmer Gsell ist gewest? was kann Isaak der Fromme dafür, daß sein Bruder Ismael nit weit her gewesen? was kann das wackere Kriegsheer Josue dafür, daß einer unter ihnen einen Dieb abgeben? was sollen dessenthalben die Religiosen und Geistlichen entgelten, wann einer oder der andere nicht geistlich, sondern geißlich ist? Gibts doch unter den zwölf Zeichen des Himmels auch einen giftigen Scorpion, ist doch [343] in der Arche Noe auch ein Rab' gewesen, hat sich doch bei dem hochzeitlichen Banquett auch ein Lumpeter, eingefunden, der kein hochzeitliches Kleid angehabt. Was noch mehr ist, mein lieber Welt-Mensch, du verehrest mit sonderer Andacht die lieben heiligen Engel, und ist solches lob- und preiswerth, auch hält dich von derselben Andacht nit ab die geübte Unthat der meineidigen Engel; die Schutz-Engel gelten bei dir viel, ob schon viel Schmutz-Engel unter ihnen gewesen und von Himmel gefallen: warum sollst du denn die ehrwürdigste Geistlichkeit derenthalben schimpfen, um willen einige unter ihnen lasterhaft gefunden werden? Ihr Geld-Graber, ihr Geld-Schaber, ihr Geld-Vögel ihr Geld-Egel, ihr Geld-Rappen, ihr Geld-Lappen, wann ihr einen guten großen Sack voll Guldiner auf den Tisch schüttet, worunter ein falscher angetroffen wird, so verwerft ihr nit alle, bei Leib nit, das nit, das wäre sauber, nur das nit! sondern allein keit man den schlimmen auf die Seite, die andere guten muß man wohl aufbehalten: aus was Ursachen dann redet ihr so spöttlich von diesem oder jenem Orden oder Kloster, worinnen etwann einer nit gerecht ist? sollen denn auch Petrus und Joannes zu schelten seyn, um willen Judas ihr Kamerad einSchelm war? Wie oft gibts aber beim weißen Lämml solche beißende Wölf? beim rothen Kreuz solche Schmähe-Teufel? bei [344] der guldenen Rose solche stechende und verwundende Dörner? beim weißen Schwanen solche Galgen-Vögel? beim rothen Ochsen solche Esel? beim blauen Hechten solche Stockfisch? beim schwarzen Adler solche Spott-Vögel? will sagen, wie oft hört man in denen Wirthshäusern bei Kandl und Ent'l solche verruchte Musik über die armen Geistlichen? – Da gehts an: das seynd Pfaffen, die der und der erschaffen, sie seynd Vormittag in Choro, Nachmittag in Foro, Vormittag in Officio, Nachmittag in Vitio, sie thun Vormittag psalliren, Nachmittag trapuliren, sie thun mehrer braviren, als breviren, sie seynd Nequam in Cute, Schelmen in der Kutte, sie saufen wie die Bad-Schwämme, sie raufen wie die Hund, sie kaufen wie die Juden, sie laufen wie die Marktschreier etc. – Halt's Maul! daß euch der Henker die Zähn' stühr', [345] ihr singulares Nequam in plurali, ihr Erz- und über Erz-Schelmen, ist das derDank dir Gott, daß euch die Geistlichen so viel Guts thun? seynd denn nit die Geistlichen diejenigen, welche emsig arbeiten in dem Weingarten Gottes? seynd sie nit diejenigen, welche die apostolischen Netze und Angeln auswerfen, die Seelen zu fangen? seynd sie nit diejenigen, welche mit dem Samariter den Verwund'ten und Halbtodten verbinden und curiren? seynd sie nit diejenigen, welche mit dem evangelischen Weibl das ganze Haus auskehren, bis sie den verlornen Groschen finden? seynd sie nit diejenigen, welche mit Christo dem Herrn bei dem Brunnen matt und müd sitzen, und nur Durst tragen nach der sündigen Samaritaninn? seynd sie nit diejenigen, welche dem elenden Sünder die Band auflösen, wie gethan der Engel dem Petrus in der Keichen? seynd sie nit diejenigen, welche euch mit dem Himmelbrod speisen, wie vor diesem der Himmel mit dem Manna die Israeliter? seynd sie nit diejenigen, welche mit den Engeln den schweren Stein hinweg wälzen von dem Grab eines bedrängten Gwissens? seynd sie nit diejenigen, welche mit dem guten Hirten das verlorne Lämml suchen, und nachdem sie es gefunden, auf ihre Achseln nehmen und in den Schafstall tragen? seynd sie nit diejenigen, welche du und du und du, der und der und der von Herzen wünschen, daß sie mögen in ihrem Sterbstündl einen Geistlichen haben, [346] welcher ihnen den Weg möcht' zeigen in das gelobte Land?

O Welt-Kinder! wie viel anders würdet ihr reden, so ihr bedachtsam thätet erwägen den Nutzen, welchen ihr habt von denen Geistlichen! Wann nichts anderst wäre, als allein das Beicht hören, so wäre solche große, schwere, harte Bürde sattsam und genug, daß ihr die Geistlichen sollt lieben und ehren. Versichert euch, daß manchem Geistlichen ergeht, was begegnet jenem Wasser, womit Christus der Herr denen Aposteln die Füß gewaschen: massen selbiges andere rein und sauber gemacht, sich selbsten aber bekothiget. Wie mancher armer Geistliche führe vom Mund auf gegen Himmel, so ihm das Beicht hören genauere und schwerere Rechenschaft thäte aufbürden, und also der von eignen Sünden befreiet, wegen fremder Verbrechen in Gefahr stehet. – Sofern ihr aber in Ansehung dessen euere Attern-Zungen noch nit zaumen wollt, so laßt euch wenigst schrecken die Straf', welche ober euch schwebet: Nolite tangere Christos meos, drohet Gott mit Ernst allen frechen Bösewichten, welche die Ordens-Leut und Geistlichen anfeinden und beleidigen. Nolite, etc. Thut nit berühren meine gesalbten Priester, sonst ist das Schwert meiner göttlichen Justiz schon geschärft wieder euch!

[347] Spieglet euch ein wenig an dem, was sich mit dem Orden des heiligen Franziszi zugetragen! – Gewisse Herren und vornehme Prälaten haben sich unterredet, diesen hl. Orden völlig auszutilgen. Zu solchem Ende ist einer aus diesen, und zwar ein Bischof, abgereist zu dem Concilium, daselbst bei dem hohem geistlichen Rath die beweglichsten Klagen wider diese Ordens-Leut' beizubringen. Bei dem Ort, allwo das Consistorium gehalten sollte werden, ist eine alte Collegiat-Kirch, in welcher an der Wand das Bildnuß des hl. Pauli und des hl. seraphischen Franziskus gemalt waren. Eine Nacht zuvor, ehe benannter Bischof entschlossen den Orden anzuklagen, hat dem Meßner in dem Schlaf wunderseltsam getraumt, als rede der hl. Paulus an der Wand seinen Nebengespann Franziskum an: Franziskus! warum defendirest du nicht deinen Orden? worauf Franziskus geantwortet: Was will ich thun? ich hab nichts als Kreuz in Händen und also muß ich Geduld haben. Ei, sagte Paulus, diese große Unbild mußt du nit leiden, da nimm' hin mein Schwert und gib mir dein Kreuz! Der gute Sacristan erwacht hierüber und konnte sich nicht g'nug verwunderen über diesen so seltsamen Traum, eilt demnach in aller Frühe nach der Kirchen, ob ihm denn der Traum möchte ausgehen, und siehe Wunder! er findt – zeigt es auch andern [348] – daß die Bildnuß Franziszi ein Schwert, Paulus aber ein Kreuz in der Hand! Wie nun das Geschrei dieses so seltsamen Wechsels allenthalben erschollen, da kommt zugleich die Zeitung, daß obgedachter Bischof und Feind des Ordens bei nächtlicher Weil im Bett sey enthauptet worden.

Eine wunderliche Begebenheit ist diese, welche sattsam an Tag gibt, wie Gott nicht ungerochen lasse die Unbilden, so denen Geistlichen aufgeladen werden. Wann Augustinus anstatt des Herzens ein Schwert, Dominikus anstatt des Buchs einen Säbel, Benediktus anstatt des Schlangen-Glas einen Degen, Bernardus anstatt des Kreuz einen Pallasch, Ignatius anstatt des Jesus-Namen einen Partisan sollte nehmen und allzeit drein schlagen in ihre Ordens-Feind, o wie viel gäb' es blutige Köpf! und so sie allen die Ohren mit Petro abhauten, die neidig ihren Orden verfolgen, müssen viel Gesellen über eine Weil' Parücken tragen! Die Neider seynd halt dem Falken nit ungleich, welchem eine stinkende Portion von einem halb-verfaulten Schimmel über alle Massen wohl schmecket, entgegen ihnen ein gutes Brod das Herz abdrucket: also die Neidigen nur frohlocken ob des Nächsten Unvollkommenheit, entgegen aber dessen Wohlergehen ihnen peinlich fallet. Es wird euch aber – ich verg'wiß es – die Straf der göttlichen Hand nicht ausbleiben, welcher gerechte Gott seine getreuen Diener in allweg schützet und schirmet.

[349] Es ist theils Lachens, theils Achens werth, was sich hat zugetragen Anno 1613 mit einem calvinischen Notario zu Villa nova, welcher öfter pflegte die Geistlichen im Chor, forderst aber die Geistlichen, so mit ihrem Gesang die todte Leich zum Grab begleiten, dem schreienden Esel zu vergleichen. Was geschieht? Als dieser schlimme Gesell mit Tod abgangen und der calvinischen Gewohnheit nach gar herrlich zum Grab getragen wurde, da ist ein großer Esel gleich nach der Bahr gangen, welcher sich auf keine Weis' ließ wegtreiben, und auch niemand bekannt war, wem doch solcher Langohr zugehörig; und hat dieser mit steter Eselstimm (war ja ein verdrießlicher Tenor) die Leich begleitet bis zum Grab, allwo er dreimal um die Todtenbahr herum gangen und endlich verschwunden, etc. Diese und andere Strafen verdienen alle diejenigen, welche die Geistlichen anfeinden. Ich meines Theils gib ihnen keinen andern Ehren-Titel, als was ich öfters dem Judä Iscarioth zugemessen, nemlich ein großes

Sch.

Der Wälschen ihr Perche, der Lateiner ihr Quare
[350] Der Wälschen ihr Perche, der Lateiner ihrQuare, und der Deutschen ihr Warum wird allhier in Kürze beantwortet.

Warum hat unser lieber Herr den Judas Iscarioth in seine apostolische Versammlung als ein Mitglied an-und aufgenommen, da er doch hat vorgesehen, dieser werde ein Erz-Schelm werden? Ich antworte dir, Philosophiae Magister, SS. Theologiae Doctor, J.U. Candidate, etc. verzeihe mir's, wann ich etwann in deinem Titular-Buch nicht recht hab' umgeschlagen, welches die Minerva mit ihren subtilen und zarten Brätzlein in Cicero-Schrift selbst verfasset. Dir als einem Verständigen antworte ich mit den Worten des englischen Lehrers Thomä Aquinatis. Cur Dominus Judam, quem casurum [351] sciebat, elegit in Apostolum? ego, inquit, duodecim elegi, et unus ex vobis Diabolus est. Respondi, quaestionem istam esse unam de illis, quas intuens Apostolus reverenti silentio, praeteriens honoravit, exclamans: O altitudo divitiarum sapientiae, et scientiae Dei, etc.! Hoc unum scimus, quod in Juda non causavit Deus improbam voluntatem perditionis sceleratae inesse malitiae. Attamen ipse hac maculata voluntate bene usus est, tanquam Dei sapientia, attgens à fine usque ad finem fortiter, et disponens omnia suaviter. Tom. 2. serm. ad Eccle. cautelam. Wann euch dieser Spruch euren witzigen Verstand noch nicht begnüget, so höret, was der große [352] Kirchenlehrer, der hl. Hieronym. sagt I. 3. contra Pelag. c. 2. ad c.6 Joan. Interrogo Christum, cur Judam elegerit proditorem, cur ei loculos commiserit, quem furem esse non ignorabat? Vis audire rationem. Deus praesentia judicat, non futura: neque condemnat ex praescientia, quem noverit talem fore, qui sibi posteà displiceat. Sed tantae bonitatis est, ut eligat eum, quem interim bonum cernit, et scit malum futurum, dans ei potestatem conversionis et poenitentiae. Der heilige und große Kirchenlehrer Augustinus, als mein hl. Vater, gehet noch kürzer durch in Beantwortung dieses Warum, sprechend: Lib. de Civit. cap. 49. Habuit Christus inter Apostolos unum, quo malo utens bene, et suae passioni dispositum impleret et ecclesiae suae tolerandorum malorum praeberet exemplum. Der hl. Kirchenlehrer [353] Ambrosius gibt dem Warum eine andere Antwort: Lib. de Paradiso c. 8. Venerat Dominus Jesus, omnes salvos facere peccatores, etiam circa ompios ostendere debuit suam voluntatem, et ideo nec proditurum debuit praeterire, ut velo beneficio dei revocaretur a proditionis affectu. Deus, quem praevidet peccaturum et in peccato suo moriturum, huic beneficia solet conferre, ut eum a peccato, et ab aeterna damnatione retrahat, ne ipse Domino detrahat, quod media sufficientissima ad salutem ei non praebuerit.

Dieß seynd lauter Beantwortungen, welche ohne Zweifel – massen sie von so hocherleuchten Lehrern herrühren – denen Witzigen und Schrifterfahrenen ein Begnügen leisten werden. Daß ich aber solche nicht ins Deutsche übersetze, ist die Ursach, weilen etwann dieses [354] geringe Buch möchte auch von der Weiber Händ' oder anderen, bei denen die Doctrin und Wissenschaft nicht groß, durchblättert werden, und nachmals eine Kleinmüthigkeit, unnöthige Scrupel, auch schädliche Irrungen entstehen kunnten. Du, mein Leser insgemein, sey von dem heil. Geist selbst gewarnet, daß du dich mit vielen Warum nicht sollst abmatten, noch denen unermeßlichen Urthlen Gottes gar zu sehr nachforschen. Was dir zu hoch ist, das suche nicht, und was dir zu stark ist, dem forsche nit nach: sondern gedenke allzeit daran, was dir Gott befohlen hat und sey nit fürwitzig in vielen seinen Werken; denn verborgene Ding' mit denen Augen zu sehen, ist dir unvonnöthen; Altiora te ne quaesieris.

Thales Milesius, ein vortrefflicher Weltweiser, ging einst bei kühler Abends-Zeit spazieren, und im währenden Gehen beschnarchte er mitgähnen dem Maul den Himmel, sagte auch bei sich selbsten also: Schau, da ist der mittere Himmels-Zirkul, wodurch die Sonn' stets mit feurigen Pferden durchpostirt. Dort ist das Zeichen der Waag; wer darunter geboren wird, der schickt sich zu einem Advokaten, so ein Liebhaber der Gerechtigkeit seyn solle. Siehe, dort ist der Stern Venus genannt! welcher solches Gestirn in seiner Geburt [355] hat, der schickt sich zu der Keuschheit, wie eine Sichel in ein Messer-Gesteck. An demselben Ort ist der Planet Merkurius: wer dorten auf die Welt kommt, aus dem kann man hauptsächlich einen Kaufmann schnitzlen, denn er wird dem Teufel ein Ohr abschwören, dieß seye ein engelländisches Tüchlein, wann es schon zu Lion in Frankreich zu Haus ist. Alldorten ist das Gestirn, so insgemein Ursa minor, der kleinere Bär, benamset wird; unter diesem Zeichen ist besser Nägel abschneiden als Ohren, dann solche nit mehr nachwachsen, wie die Krebs-Scheeren! – Indem er nun mit erhebten Augen gegen Himmel stets in dieser Betrachtung fortgangen, ist er ungefähr gestolpert und in eine tiefe Kothlache hinein gefallen, daß die Brühe ober seiner zusammen geschlagen. Das war ein seltsamer Haas im Pfeffer! Nachdem er den Kopf aus dem wüsten Saubad in die Höhe gehebt, hört er noch zu seinem Spott ein altes Weibel, welcher die Nasen behängt war mit einem wilden Krystall, wie zur Winters-Zeit die Strohdächer mit Eiszapfen, welche ihn mit ihrem unbewaffneten Mundstuck dergestalten ausgehöhnt, daß, wofern sie vorhero keinen hohen Rucken hätte gehabt, sie sich leicht zu bucklet gelacht. O Narr! hat's geheißen, was willst du dich viel in die obrige Ding vergaffen, siehest du doch nicht, was vor deiner! Altiora te ne quaesieris.

Du nasenwitziger Bruder Curios; du übermüthige Schwester Vorwitza, verdienst fast gleiches Prädikat[356] und schlechten Preis-Namen, wann du so frech die oberen göttliche Geheimnisse und Gottes unermäßliche Werk unterstehest durchzugrüblen! Ei du spitzfindiger Erdschrollen, weißt du doch dasjenige nit, was vor deiner ist, und mußt in vielen natürlichen Dingen dein eselsüchtiges Nescio hören lassen. Weißt du, warum das Feuer oder die Sonne den Koth hart mache, entgegen einen Pechschrollen erweiche? Nescio, ich weiß nicht. Weißt du, warum das Feuer einen Stein zu einem weißen Kalk brennet, entgegen ein Holz zu schwarzen Kohlen? Nescio, ich weißt nicht. Weißt du, warum, wann man einen Holder über sich schället, gesotten eingenommen, über sich brechen macht, so man ihn aber herab bricht, unter sich laxiret? Nescio, ich weiß nit. Weißt du, warum ein Löw' einen Gogl-Hahn förcht, und nicht einen Wolf oder Tieger? Nescio, ich weiß nit. Weißt du, warum ein Magnetstein Eisen zieht und nit ein Holz, so viel leichter ist? Nescio, ich weiß nicht. Weißt du, warum das Fischl Remora, so nit größer dann ein Platteissel, kann ein großes Schiff mit tausend Zentnern mitten im Meer arrestiren? Nescio, ich weiß nit. Weißt du, warum der Esel die Ohren hängt, wann er als ein vierfüßiger Astrologus vermerkt, daß denselbigen [357] Tag ein Regenwetter wird einfallen? Nescio, ich weiß nit. O wann dein Verstand also öd' und blöd ist, daß er natürliche Sachen nit kann ergründen, warum willst du dann die unnatürlichen und göttlichen Urtheil anatomiren? Gott hat gewußt von Ewigkeit her, daß, wann er den Adam werde erschaffen, so werde solcher sich sammt dem ganzen menschlichen Geschlecht ins ewige Verderben stürzen, und hat ihn dannoch erschaffen. Gott hat von Ewigkeit hero vorgesehen, daß, wann er den Judam Iscarioth in sein apostolisches Kollegium werde aufnehmen, so werde ihn solcher meineidiger Weis' den Feinden übergeben; hat ihn dannoch aufgenommen. Frage nicht Warum, mein Mensch; Gott weiß schon die Ursach, und ist diese so gerecht, als Gott selber ist, ob schon solche unser verdunkleter Witz nicht kann fassen. Ohne Willen Gottes des Allmächtigen geschieht nichts, nichts, nichts, und sein Will' kann nicht irren, so wenig als Gott fehlen kann. Nunquid iniquitas apud Deum? absit. Rom. 9.

Joannes Colganus in dem Leben des heil. Fridianus beschreibt eine wunderliche Straf' eines Vorwitzigen. Erstermeldter Heiliger hatte einst dem heil. Mann Columba ein Buch geliehen, welches dieser bei nächtlicher Weil' in der Kirchen abgeschrieben ohne Beihilf' eines Lichts, weilen seine Finger lauter brennende [358] Facklen scheinten. Gleich zur selben Zeit wollte ein Discipul des heil. Fridiani das Buch von Columba wieder zurück begehren; findet aber, daß sich der hl. Columba in der Kirchen verschlossen. Schaut demnach durch ein kleines Loch oder offne Klumsen hinein, verwundert sich höchlich über den seltsamen Glanz seiner Finger, welches seinen Vorwitz noch mehr angespornt, daß er länger durch das Loch hineinguckt, der Hoffnung, er werde noch andere dergleichen Wunderding' erwarten. Aber der Allerhöchste hat diesen unnöthigen Vorwitz gar artlich gestrafet: massen eben dazumalen eine Kräh (dieser Vogel ist dem Raben nit viel ungleich) in der Kirchen war, welche ohnedas ganz heimlich in dem Kloster herum geflogen. Dieser Vogel, aus Befehl Gottes, schleicht ganz still zu der Kirchen-Thür', beckt unversehens zu dem Loch hinaus, und haut auf einmal dem vorwitzigen Frater ein Aug aus. Dieser arme Tropf hat alsbald mit einem Aug besser, als vorhero mit zwei Augen gesehen, daß er nit hätte sollen vorwitzig seyn.

Wann durch Schickung Gottes ein jeder sollt' ein Aug' verlieren, welcher vorwitziger Weis nicht durch eine Kirchen-Thür', sondern gar durch die Himmels-Thür' hinein schaut, und Achtung gibt, was Gott für geheime Urtheil in seinem göttlichen Konsistorio verborgen, – [359] o wie viel wären einäugige Menschen! wie viel hätten nur ein Fenster im obern Zimmer! wie viel gab es gute Schützen, welche nicht mehr nöthig hätten ein Aug' zuzuschließen, wann sie zielen und abdrucken! Denn was find't man mehr, als solche vorwitzige, nasenwitzige, überwitzige Adams-Kinder, die immerzu das Warum im Maul herum tragen, wie ein Pudelhund den Prügel. Solchen aber gib' ich keinen andern Bescheid, als da geben hat Christus der Herr dem Petro, da solcher aus Vorwitz wissen wollte, was künftig mit Joanne, der auf des Herrn Brust in dem letzten Abendmahl gelegen, geschehen werde:Quid ad te? Was gehts dich an? sagte der Heiland. Wann du, mein lebendiger Leimschrollen, fragst, warum Gott den Jakob schon in Mutterleib gehasset? warum hat Gott die Gnade geben dem rechten Schächer Dismas, welcher ein so großer Bösewicht war, wie sein Mitgespann der Gesmas? gleichwohl jener durch die Barmherzigkeit Gottes bekehrt, dieser durch die Gerechtigkeit Gottes verstockt geblieben?Quid ad te? Was gehts dich an? wer bist du, daß du mit Gott rechten sollest? Spricht dann auch ein Werk zu dem, der es gemacht; warum hast mich also ge macht? hat der Hafner nit Macht, aus einem Leimbatzen zu machen ein Gefäß zu den Ehren, und das andere zu den Unehren? Ist dann nit Gott der vollmächtigste Herr über seine Gnaden, welche er nach [360] seiner beliebigen Maß kann austheilen? Wann jemand ewig verloren wird, so hat das die Gerechtigkeit Gottes gethan; wann jemand ewig selig wird, so hat das die Barmherzigkeit Gottes gethan; beedes aber geschieht mittels deiner guten und bösen Werke, welche dein freier Will' gebähret. Der aber etwas Gutes wirket, der wirkt es nit ohne Gott, der etwas Böses wirket, der wirkt es ohne Gott. Aber laß du lieber solches unnöthiges Warum unterwegs, sondern gedenke, daß gleich wie du das große grundlose Meer, nicht kannst schütten in ein kleines Grüb'l, mit einer Hand die große Weltkugel nicht kannst überspannen: also auch kannst du die Urthel Gottes mit deinem wurmstichigen Verstand nit ergründen! Du bist nur ein blinder Maulwurf auf dieser Welt, du kannst nicht sehen, noch verstehen, was Gott thut. Sprich lieber mit dem hl. Paulo: O altitudo divitiarum, etc. O wie eine Tiefe des Reichthums bei der Weisheit und Erkenntnuß Gottes! wie unbegreiflich seynd seine Gericht und wie unerforschlich seynd seine Weg'! dann wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer ist sein Rathgeber gewesen?

Wann einer fünfzig Jahr' Gott dem Allmächtigen ganz inbrünstig gedient bis in sein Todbett, allzeit heilig, außer in der letzten Viertl Stund läßt ihn Gott fallen, ein anderer ist 50 Jahr ein lasterhafter Bösewicht, in seinem Sterbstündlein aber hat er die Gnad' von Gott, daß er sich bekehret; – dieß ist zwar selten geschehen, da es aber noch sollte geschehen, so thue du dessentwegen den Allmächtigen keiner Ungerechtigkeit beschuldigen, sondern sprich mit dem gekrönten Harfenisten [361] David: Justus es Domine, et rectum judicium tuum: Herr du bist gerecht, und dein Gericht ist recht.

Warum ist Gott nit ehender auf die Welt kommen, und selbige mit seiner heiligisten Lehr' von denen Irrthümern gezogen? warum erst vier tausend Jahr nach dem Fall des Adams? Quid ad te? Was gehts dich an? Sag' lieber: Herr du bist gerecht!

Warum läßt Gott so viel hundert tausend Seelen dem höllischen Raub-Vogel, da er doch konnte alle selig machen? Quid ad te? Was gehts dich an? Sprich' lieber: Herr du bist gerecht!

Warum läßt Gott viel verdammt werden, durch dero Hilf' und Lehr' viel seynd selig worden? Quid ad te? Was geht das dich an? Wiederhol' lieber: Herr du bist gerecht!

Warum hat Gott die Menschen erlöst, und nit dieEngel nach ihrer Sünd, in dem ihre englische Natur unsere menschliche weit überwiegt? Quid ad te? Was gehts dich an? Schreie lieber auf: Justus es Domine: Herr du bist gerecht!

Warum läßt Gott so viel irrigen Glauben, bethörte Irrthümer, teuflische Ketzereien, falsche Lehrer zu, da ers doch könnt' wenden? Quid ad te? Was geht dich das an? Ist viel besser, du singst mit dem David: Herr du bist gerecht!

Warum hat Gott den Judas zu einem Apostel, zu einem Jünger, zu einem Lehrer, zu einem Priester, [362] zu einem Wunderwerkwirker erkiesen, da er doch hat vorgesehen, dieser wird ein Dieb, ein Partitenmacher, ein Mameluk, ein Geizhals, ein Verräther, sein selbst eigener Henker und mit einem Wort ein Erz-Schelm werden? Quid ad te? Was geht dich das an? sey du fein fromm und heilig, bitte Gott um die Beständigkeit, im Uebrigen laß fahren dein nasenwitziges Warum?

Judas Iscarioth, nach vieler heiliger Lehrer Aussag'
Judas Iscarioth, nach vieler heiliger Lehrer Aussag', war Anfangs ein frommer, gottesförchtiger Apostel; nachmalens aber ist er ein gewissenloser Bösewicht worden, weilen er sich zu allerlei Lumpen-Gesind gesellet hat, etc.

Nachdem Judas von Christo dem Heiland zu apostolischer Hohheit erhoben, hat er sich allweg fromm und eifrig verhalten, also zwar, daß ihn nach kurzer Zelt der Herr zum Prokurator des apostolischen Collegii [363] erkiesen, weilen man an ihm eine besondere Fähigkeit gespüret; dann er wußte gar wohl auf freundliche Manier mit allen Leuten zu handlen und zu wandlen, auch manglete nicht an ihm die Erfahrenheit und die Wissenschaft, alle Sachen um einen billigen Preis beizukaufen. Dahero die anderen Apostel wegen evangelischer Armuth noch Heller noch Pfenning bei sich hatten, sondern die ganze Kasse führete dieser wohlerfahrene Pagator: also, daß, wann einer aus diesen heiligen Theologis von gutherzigen Leuten ein Allmosen im Geld oder im Gelds-Werth empfangen, mußte er solches wegen des abgeschmachen und kühlen Meum et Tuum der Gemein' übergeben, welches nachmals Judas in den Empfang genommen und mit demselben die nothwendigen Lebensmittel dem hl. Kollegio beigeschafft. Dahero er mit unterschiedlichen Leuten beschäftiget worden; nemlich mit Einkaufern, mit Vorkäuflern, mit Kuchlpfleger, mit Zeckertrager, mit Nudelköch [364] und mit Sudlköch, mit Mehlmesser und Treidmesser, mit Kostherren, mit Grießlern, Wirthen, mit Kamerlocanten, Markadentern, mit Kräutel-Weibern und Frätschlerinnen, mit Markt-Richtern und Krebsen-Richtern, absonderlich mit denselben Gesellen, welche nachgehends der Herr Jesus als schlimme Schelme aus dem Tempel gepeitscht, war Judas sehr bekannt; welche Bekanntschaft den Eifer des Iscarioths nach und nach merklich geschwächt, also, daß er nachgehends unter dem Schein die apostolische Küchel zu proviantiren, gedachte saubere Kammeraden öfters besuchet, auch etwann bei diesen nassen Bursch bisweilen eins Bescheid gethan und dero partiterischen Gespräch und Fatzreden ein längers Gehör geben. Es ist auch wohl zu vermuthen, daß einer oder der andere sich verlauten lassen, wann er anstatt des Judä ein solcher Kammer-Zahlmeister wäre und von solcher Scharsche kein Raithung dürfte ablegen, wollt er seiner selbst nicht vergessen, sondern öfters den Ablativum an [365] die Hand nehmen, ein hübsch Geldl beiseits legen; – wer weiß, wie es noch mit diesem Zimmermanns-Sohn Jesu einen Ausgang nimmt etc.! Sey ihm, wie ihm wolle, dieser erleuchte, heilige und gottesfürchtige Apostel ist verführt worden durch diese liederliche Gesellschaft, welches neben andern gar schön bezeugt der gelehrte Franziskus Labata: Ea, quae ab avaris hominibus desumpsit, ita praevaluerunt, ut ex sancto Dei Apostolo Fur et Proditor Divinae Majestatis evaserit reus: potius lucrari a mercatoribus didicerat, quam paupertatem a discipulis suis.

O was häufiges Uebel und manigfaltiger Seelen-Verlust ist nit schon von böser Gesellschaft und böser Gelegenheit entsprungen! Der große PatriarchAbraham hat allgemach betracht', daß sein Sohn der Isaak schon erwachsen, in Ehr' und Lehr' wohl erzogen, und also mangle ihm nichts als ein Weib. Zu solchem Ziel und End' schickt er seinen Hausverwalter oder Hofmeister aus, den Eliezer, daß er solle und wolle seinem jungen Herrn eine Braut aussuchen, aber nur keine Kananäerinn nit! ja so gar mußte Eliezer dem Abraham schwören und eidlich versprechen, daß er kein Fräule aus dem Land Kanaan wolle mit[366] sich bringen. Ich kann allhier nicht anderst, als mit einem Warum dich großen Abraham ich kleiner Abraham befragen. Warum keine Kananäerinn? Etwann gibts in demselben Land lauter gronerische, greinerische Hader-Katzen, welche den ganzen Tag einen moscowitischen Trippel singen? Dann drei Ding seynd einem Haus überlegen: ein Rauch, ein böses Weib, und ein Regen. Warum denn keine Kananäerinn? vielleicht trägt derselbe Boden lauter wilde Tramplen, welche da Gesichter haben, wie eine Algeier-Leinwath so nur auf einer Seite gebleicht? Warum keine Kananäerinn? etwann haben sie schlechte Hüttl, Kittl, Mittl, und schreiben sich die mehriste von Bethlehem im Palästina, und nicht von Reichenau bei Costnitz? Warum keine Kananäerinn? vielleicht seynd sie nit adelich? dann Raaben-Federn und Pfauen-Federn gesellen sich nit recht wohl zusammen. Warum keine Kananäerinn? Mein lieber Eliezer, sagt Abraham, schwör' du mir bei dem lebendigen Gott, daß du mir nur keine Braut aus dem kananäischen Frauenzimmer nach Haus führest! Warum aber? Was gilts, es heißt in demselben Land: gemach mit der Braut, damit die Jungfrau nit in Graben fällt? Darum, darum keine Kananäerinn. Dann Abraham gedachte also:

[367] Mein Sohn der Isaak ist ein frommer Mensch, ein feiner Mensch, ein gottsfürchtiger Mensch; die Innwohner aber in dem Land Kanaan seynd lauter Götzen-Anbeter. Dafern nun mein Sohn ein solches Land-Fräule sollte heirathen, würde er mit der Zeit sammt ihr abgöttisch werden. Nur keine Kananäerinn! dann wann sich mein Sohn mit einer solchen sollte vermählen und Kinder mit ihr erzeugen, die Kinder aber gehen mehrestentheils mit der Mutter um, und die Mutter mit den Kindern, sintemalen der Mann zu dem Hof schaut, die Mutter zu dem Höfen, und folgsam ist sie allzeit bei den Kindern. Dafern nun die Kinder stets werden sehen, daß ihre kananäische Mutter die Götzen-Bilder anbetet, so werden sie es ungezweiflet nachthun; dann gemeiniglich, mit wem er umgehet, dessen Sitten nimmt er an. Die Heuschrecken seynd alle grün, alle in grüner Livree, weilen sie immerzu im Gras und bei dem Gras seynd; die Laubfrösch tragen alle grüne Hosen und Wammes an, und seynd unterschieden von ihren Stiefbrüdern, so in den Lacken loschiren, aus Ursachen, weilen sie stets bei grünem Laub und Blättern hängen und wohnen. Also pflegt gemeiniglich der Mensch die Untugenden anzuziehen deren, [368] mit welchen er Bekanntschaft und Freundschaft führet.

Den Schauer schauen die Bauren nicht gern, um weilen solcher Riesel-Regen den Treid-Aeckern sehr großen Schaden zufüget, und werden gemeiniglich die Bauren blutarm, wann sie solchergestalten steinreich werden. Anno 1392 hat es in Deutschland an unterschiedlichen Orten einen häufigen Schauer geworfen in der Größe der Gäns-Eier. Anno 1441 ist in Deutschland ein so großer Schauer gefallen, daß ein Stein auf ein halb Pfund gewogen; und solches ist geschehen an dem Tag unser lieben Frauen Heimsuchung. Anno 1395 hat es gegen Schweden einen wunderlichen Schauer geworfen, indem die Steine ganz natürliche Männer- und Weiber-Gesichter vorstellten. Kranzius I. 9. c. 3. Anno 1240 ist unter anderen zu Cremona in dem Kloster des heil. Gabriel ein Schauer gefallen mit einem Kreuz, worauf das Angesicht Christi sammt dem Namen Jesus Nazarenus. Wie man mit dem Wasser dieses zergangenen Schauers das Gesicht eines Blinden bestrichen, hat er alsobalden klar gesehen. Vincent. Histor. lib. 30. c. 138. Ich will dermalen anderer wunderseltsamen Schauer- und Riesel-Wurf geschweigen; sondern allein fragen den Ursprung des Schauers. Dieser wird folgender Gestalten: Erstlich, bei warmer Zeit pflegt die Sonn' die hitzigen Erdendämpf' von der Erden in die Höhe zu ziehen, welche Dämpf' dergestalten hitzig, daß sie zuweilen gar in [369] Feuer verwandlet werden. Wann nun diese warme Dämpf' also empor steigen und in die andere Region der Luft, welche ganz kalt ist, kommen, so werden solche, die bevor ganz warm, auch kalt und gestocken wie kleine ungeformte Kügelein zusammen, welche nachmals mit großem Getös' herunter praßlen, und verursachen im Treid ein Leid, unter den Bäumer ein Jammer, und nehmen den lieben Reben das Leben. Ei Schauer, du bist ein schlimmer Lauer, bist kurz vorhero ein warmer Dampf, ja gar ein hitziger Erd-Dunst gewest, und anjetzo bist du schon worden ein so kühler Tropf, daß du auch ohne Paßauer-Zettel gefroren bist. Ja, ja, wann der Schauer reden kunnte, so würde er sagen: freilich war ich zuvor ein warmer Dampf; wie ich aber in die andere Region der Luft bin kommen, welche von Natur sehr kalt ist, da seynd mir die warmen Geister ausgeflogen und bin halt mit kalten kalt worden. So gehts, mit wem einer umgehet, dessen Sitten zieht er an: daß mancher eifriger und frommer Jüngling aus einem Ernest ein Diebsnest[370] wird, aus einem Edmund ein Immund, aus einem Engelbert ein Teufelswerth, aus einem Nikomedes ein Ganimedes, ja aus einem Lambert ein Wolf. Wundere dich dessen nicht! die schlimme Gesellschaft hat ihm das Kleid der Unschuld ausgezogen, die bösen Kammeraden haben ihm ihre Untugenden angehängt. Es ist ihm begegnet, wie dem Schauer: er war zuvor auch ganz innbrünstig und eifrig; weilen er aber sich zu solchen kühlen und abgeschmacken Tropfen hat gesellet, so ist er sammt ihnen in der Liebe Gottes erkaltet. Nimm' dessen ein Exempel an Petro!

Petrus war ein Haupt der Apostel und forderist ein Haupt-Freund Christi; dann die Noth ist der beste Probstein, welcher die guten Freund kann von dem Leonischen unterscheiden. Petrus hat sich gar wegen Christum in die Gefahr begeben: denn, als ein ganzes Geschwader der jüdischen Lottersknechten und eine häufige Anzahl der hebräischen Scherganten mit Gablen und Säblen Christum den Herrn angefallen, ihn [371] zu fangen, hat Petrus allein vom Leder gezuckt und zwischen die Ohren gehauet. Da hat sich der tapfere Apostel in äußerste Gefahr begeben; dann, sofern dieses zusammengerottete Lumpen-Gesind mit Spießen und mit Stangen sich dem Petro widersetzt hätten, wäre unfehlbar ein Has' so vieler bissigen Hunden zu einem Raub worden. Dieß Haupt-Stuck verdient ein Haupt-Lob von dem apostolischen Haupt Petro, indem er also seinen Jesum geliebet hat auch mit augenscheinlicher Gefahr des Lebens. Wer soll sich einbilden, daß eine solche schöne brennende Fackel soll erlöschen? wer soll meinen, daß ein solcher guter Fuhrmann soll umwerfen? wer soll gedenken, daß ein solcher scharfer Degen eine Scharte soll bekommen? wer soll glauben, daß ein solcher schöner Baum soll erdorren? wer soll vermuthen, daß ein solcher guter Wein soll zu Essig werden? wer soll förchten, daß ein solches stattliches Holz soll wurmstichig werden? Ist dannoch geschehen, daß Petrus seinen Herrn, für den er zuvor Gut und Blut hätt' gespendirt, meineidig und spöttlich hat verläugnet. Um Gottes Willen, wie ist es geschehen, daß eine solche starke, wohlgegründete Saulen ist gefallen? Fragst du wie? und wo? so antworte ich dir: hie und dort in der bösen Gesellschaft. Petrus befand sich zu Hof bei dem Feuer; beim Feuer machte er einen Feierabend seiner Treu; beim Feuer thät er in der Lieb erkalten: bei angezündten Prüglen thät er mit seiner Heiligkeit scheitern. Dann bei demselben Kamin war ein liederlicher Bursch, allerlei Lakei mit grober und grauen Liverei: einer hat ein himmelblaues Kleid an und ein teuflisches Gwissen, ein [372] anderer war roth in dem Rock, aber nit schamroth in dem Gesicht; dieser tragte eine grüne Liverei und hatte doch wenig Hoffnung zum Himmel; jener ging ganz braun daher, und machte es in vielen Unthaten gar zu braun. Es waren auch allda Soldaten, Aufwärter, Schreiber, Nachtreter, Anhalter, Reitknecht', Paschen, ja allerlei Tabaktrinker, Zotenkramer, Speivögel, Spottvögel, Zeitungtrager, Aufschneider etc.; mit einem Wort liederliche Bursch, und mitten unter ihnen war Petrus. Was Wunder dann, daß er bei'n Schlimmen ist schlimm worden!Ulula cum lupis, cum quibus esse cupis Es werden dießfalls nit alle Lakei gescholten, sondern nur diejenigen, welche von der Lacken den Namen schöpfen, verstehe diejenigen, die da kothige Sitten haben und den nächsten Kammeraden leichtlich besudlen und anschmieren! Matth. 26. Dergleichen waren die herodischen, pilatischen, annischen, kayphischen, rabinischen Diener, Fackeltrager, Pumphosentrager, Kothdrescher, Kompliment-Boten, Tellerlecker und synagogische Meßnerbuben, unter welchen Schelmen-Gsind Petrus gestanden, und leider gefallen. Ingressus intro, sedebat cum Ministris.

O verwelkt eine so schöne Blum', die Christus selbsten gepflanzet, durch böse Gesellschaft! wie viel weniger sollen wir trauen, die wir weit entfernt seynd von der Vollkommenheit eines Apostels! weit minder an der Gnad', als ein Apostel, indem wir die mehresten [373] schon geneigt seyn zu dem Bösen, wie ein dürres Haberstroh zum Brennen, wie ein Zundel zum Fangen, wie eine zeitige Birn zum Fallen! Ist gefallen eine so starke Saul durch böse Gesellschaft, wie soll ich, du und er trauen, die wir nur schwache Röhr seyn? ist erloschen eine solche schöne Fackel – wie sollen wir, ihr und sie bestehen in schlimmer Compagni, so nur geringe Wachslichtl? Merkt es forderist, ihr Eltern, daß ihr euere Kinder nicht leichtlich zu gottlosen Buben gesellet, in Erwägung, daß gar wahr ist, was das gemeine Sprichwort sagt:


Böse Gesellen schicken oft manchen in die Höllen


Der evangelische Maler Lucas am 15. Cap. registrirt von dem verdorbenen Sohn, wie daß selbiger einen wunderseltsamen Appetit gehabt zu einer gewissen Speis'. Aber rath', zu was für einen Schleckerbißl! Vielleicht hat ihn gelüst nach einem bayerischen Gogelhopf? oder hat er sich Mucken gemacht wegen eines bayerischen Wespen-Nest? Nein. Etwann haben ihm die Zähn' gewässert nach steyrischen Kapaunen? Nein. Etwann hätt' er gern gessen ein schwäbisches [374] Baurenküchel, oder ein geschmalzenes Habermuß? Nein. Was gilts, er hätt' gern westphälischen Schunken gehabt? Nein. Etwann ist ihm eine Lust ankommen wegen pommerischen Knackwürst? Auch nicht, sondern er verlangt seinen Bauch zu füllen mit Trebern und Kleien der Schwein. Pfui! was ist das für ein seltsamer Appetit! Cupiebat implere ventrem de siliquis, quas porci manducabant: Das ist mir ein rechter Sau-Magen! Wo kommts aber her, daß dieser Lümmel sich also in das Sau-Konfekt verliebet hat? Ei so friß! Dahero: frag' nicht lang! mit was für Gesellen und Kammeradschaft eines umgehet, dero Sitten zieht er an. Dieser saubere junge Herr mußte aus Noth Sau hüten; und weilen er stets mit solchen gerüßleten Spieß- oder Speis-Gesellen umgangen, hat er auch einen solchen Sau-Magen geerbt. Difficile est enim eum incorruptum permanere, qui corrupto sociatur, sagen die Canones Cap. Quisquis 23. Mit Unzüchtigen lernet [375] man auch galanisiren, hätt' bald gesagt, geilanisiren; mit Saufern wird man ein Schlemmer, hätt' bald gesagt ein Schlimmer; mit Dieben lernet man auch im Stehlen sein Heil, hätt' bald gesagt ein Seil suchen. Dann der mit Pech umgehet, der schmeckt, der mit Schwammen umgehet, der stinkt, der mit Küchlen umgehet, der schmerglet, der mit Essig umgehet, der säuerlet, der mit Einheizen umgehet, der brändlet, der mit Geißen umgehet, der böcklet, der mit Säuen umgehet, der schweinlet, der mit Tobak umgehet, der rauchlet, der mit Schelmen umgehet, der schelmlet etc.

Ein Vermessener ist wie ein Messer; dann gleichwie ein Messer wetzt das andere Messer, also macht ein Vermessener den anderen vermessen. Ein böser Gespann ist wie ein Span; dann gleichwie ein brennender Span auch den nächsten anzündt, also ein lasterhafter Gespan auch den nächsten zum Verderben bringt. Ein schlimmer Kammerad ist wie ein Kammrad in der Mühl': wann dieß übel gehet, so gehen die anderen Räder deßgleichen; also ein schlimmer Kammerad macht den nächsten auch schlimm.

Der hl. Esdras beweinte auf eine Zeit sehr bitterlich die Unthat der Juden, welche nach so wunderbarlicher Erlösung von der babylonischen Dienstbarkeit mit den Heiden haben Freundschaft gemacht, unangesehen, [376] angesehen, daß sie dem wahren Gott in Israel ganz guldene Berge und möglichste Besserung versprochen. Unter anderen bedauerte der hl. Esdras sehr hoch, daß die Juden mit azotischen, amonitischen und moabitischen Töchtern sich verheirathet und dero Kinder nachmals halbazotisch geredet haben. Filii eorum ex media parte loquebantur azoticè. Esdr. cap. 13. Gedenke einer, wie der Hebräer ihre Kinder, welche vorhero die hl. Sprach kunnten reden, so bald haben gelernet azot isch reden, weilen sie mit azotischen Leuten umgangen. Dießfalls dörfen wir gar nit das BuchEsdrä durchblättern, sondern wir haben selbsten täglich dergleichen Beyspiele und Exempel, daß wackere und fromme Jüngling', welche in aller Tugend als gehorsame Kinder auferzogen werden, und niemalens keine ungereimte Red', sondern lauter züchtige und auferbäuliche Gespräch' von ihnen gehöret werden, – die öftere Erfahrenheit, sprich ich, gibt's, daß dergleichen Jüngling' durch schlimme Gesellschaft, worinnen man stets azoticè redet – will sagen, zottige, grobe Zoten, unzüchtige Zoten, wilde Zoten – auch solche Sau-Sprach' lernen, und nicht viel anderst, als ein Wiedhopf den Schnabel immerzu im Koth und Unflath wetzen.

Eine vornehme Dame hatte eine abgerichte Alster (sey es ein' Geschicht oder ein Gedicht), welche sehr lächerlich schwätzen konnte, und gar viel Sachen [377] dieser deutsche Papperl nachbloderte. Unter anderen Bedienten befand sich auch eine Kammer-Jungfrau Namens Midl, welcher die Frau Gräfinn immerzu in Einsiedung der süßen Sachen und Einmachung der schleckerischen Confekt-Schalen zur Ersparung des Zuckers zuredte diese Wort': Midl nit zu viel, Midl nit zu viel! Der Alster, als einem gelernigen Vogel, war diese Lektion gar nicht zu schwer, sondern faßte solche dergestalten in die Gedächtnuß, daß sie zum öftern der Kammer-Jungfrau dieses Liedl vorgesungen, und weilen die Jungfrau mehrmalen mit Löffel-Kraut unter der Hausthür gehandlet, also hat sie dieser gefiederte Spion allezeit verrathen, sie mit großem Geschrei abgemahnet:Midl nit zu viel, Midl nit zu viel! Solches hat die Jungfrauen also verschmäht, daß sie nachmals den Vogel aus Zorn mitten in den Koth geworfen. Die arme Gättl wicklet sich bestermassen aus dem Unflat; sieht aber, daß auf ihrer Seite auch ein großes Mastschwein in diesem Wust sich wälzet, redet demnach diesen besudleten Kammeraden also an: Weilen es dir so schlecht geht, wie mir, so hast vermuthlich gewiß auch die Midl verrathen. – Dieser letztere Zusatz scheint ein wahrhaftes Gedicht, jedoch nit ohne Lehr, dessen Applikation ich dem günstigen Leser überlasse. – Gleichwohl bleibe wahr, daß die Alstern, Staaren, [378] Raben, Papperln die Reden lernen, welche sie zum öftesten anhören.

Eine gleiche Beschaffenheit hat es mit den Menschen, deren leider gar zu viel sind, welche das Maul stets im porcellanischen Geschirr haben, will sagen, immer zu garstige Reden führen, unflätige Späß' vortragen, mit stinkendem Aaß auf Raben-Art ihre Zeit vertreiben, denen alleweil das Maul stinkt von solchem Venus-Koth, und deren Sprach ärger musst, als jenes Mistbettl, auf dem Jod gesessen. – Solche Sprach' aber lernet man nit von sich selbsten, sondern von dem unsaubern Lottergesind, dem sich einer zugesellt.

Wie der hl. Mann Moses auf dem Berg mit Gott geredet, unterdessen seynd die muthwilligen Israeliten da gewest, und haben ein guldenes Kalb für ihren Gott angebetet, solches aber hat billig der hl. Mann zu Aschen verbrennt und in das vorbei rinnende Wasser geworfen. – Gedenke jemand, was geschehen: das Wasser wollte von freien Stucken die vermaledeite Asche nicht annehmen, sondern hat sie mit großem Unwillen wieder aufs Gestad' heraus geworfen. Ich glaube, derentwegen habe das Wasser an dieser guldenen Asche ein Grausen gehabt, denn es gedachte also: Ich bin von dem Allerhöchsten so sehr gewürdiget worden, daß in Erschaffung aller Geschöpf der Geist Gottes ober meiner schwebte und mich zu einem Thron erkiesen: [379] – »Spiritus Dei ferebantur super aquas« – und jetzt soll auf mir eine solche abscheuliche Asche seyn von einem teuflischen Götzenbild? Pfui! sagt das Wasser, und speit die Asche wiederum aus.

Jetzt rede ich dich, Welt-Kind, an, dich Possenreißer, dich Zoten-Kramer, dich Sau-Meßner etc., dich rede ich an, und zeig' dir das Element des Wassers, daß es dich schamroth mache. Weilen dieses schon einmal gewest ist ein Thron Gottes, so will es auf keine Weis' die abgöttische Asche tragen. Und du weißt, daß deine Zung' fast alle Monat, wenigst alle heiligen Täge ein Thron ist deines Erlösers Jesu Christi in der Kommunion, und auf deine Zung kommt der wahre, unter der Gestalt des Brod's verhüllte Gott. Gleichwohl schämest du dich nit, auf dieselbige Zung' zu nehmen unflätige, zuchtlose, schandvolle Wörter und unverschämte Reden. Pfui! und solche lernet man am mehresten bei gottloser Gesellschaft. Ihr Eltern seyd dießfalls im Gewissen höchst verbunden, euere Kinder von dergleichen gottlosen, ehrlosen, tugendlosen Gesellschaften abzuhalten!

Wann diejenigen, so über die Medicos freventliche Wort' ausgießen, dem Hasen so gleich wären als dem Narren, so hätten sie die Hund' schon längst aufgerieben. Närrische Leut' seyn solche, die alle Schuld dem Doctor zumessen. Non est in Medico, semper relevetur ut aeger. Wann [380] die Doctores könnten alle Krankheiten wenden auf Erden, wie theuer würde mit der Zeit das Brod werden! Unverständig hat derjenige Kranke geredet, als ihm ein Medicus eingerathen wurde, thäte er hierüber den Kopf schütteln, und als man dessen Ursach fragte, sagte er, er habe noch keine Lust zu sterben. Es giebt wohl zu Zeiten einen schlechten Doctor, über den kein Patient thut klagen; denn er stopft ihnen allen das Maul zu mit der Erden. Aus dem aber folget nicht, daß man alle Medicos solle schimpfen; denn eine Schwalbe macht keinen Sommer, und ein Kramer macht keinen Jahrmarkt. Ich meinestheils verehre die Herren Medicos, weilen es Gott selbsten also gebietet. Honora medicum propter necessitatem, etenim illum creavit altissimus. Aus welchem hl. Text ein Nasenwitziger behaupten wollen, daß man einen Arznei Doctor nicht Ihr Excellenz , sondern Ihr Necessität soll nennen. Verehren thue ich die Herren Medicos wegen ihrer Scienz und Wissenschaft, kraft deren, so sie so manches W von dem sterblichen Krüppel und menschlichen Leib abwenden. Aber ich frage euch Herren Medicos, welche Krankheit die gefährlichste seye? Ich meines Theils halt' das Seiten-Wehe für den schlimmsten Zustand; verstehe aber lauter Seelenkrankheiten. Adam, nachdem er[381] das schädliche Obst gegessen, hat ein gefährliches Fieber bekommen, weßwegen er also gezittert vor dem Angesicht Gottes, daß er endlich mußte einen Schaf-Pelz anlegen. David hat eine hitzige Krankheit bekommen, wie er so unbehutsame Augen geworfen in die Bersabeam. Nabuchodonosor hat eine gefährliche Geschwulst gehabt, wie er sich also aufblähet, daß er für einen Gott wollte verehret werden. Zachäus hatte die Gelbsucht (besser geredt, die Geldsucht), bis ihm der Herr Jesus Ader gelassen und das Reddo herausgezogen. Petrus hat die Mundfäule gehabt, indem er so grau und grob geläugnet. Alle diese Zuständ' seynd gefährlich, absonderlich das Seiten-Wehe, verstehe hierdurchböse Gesellen auf der Seiten; diese seynd eine schädliche Krankheit, welches selbst der Claravallensische Abt bestätiget, als er zu dem PabstEugenium wegen seiner übelen Rathsherren geschrieben. Nè te dixeris sanum dolentem latera: »Derselbe darf sich nit für gesund ausgeben, welcher einen gottlosen Kameraden auf der Seite hat,« denn er hat das gefährliche Seiten-Wehe.

Der einen Dieb auf der Seiten hat, von dem wird er auch erlernen die Verba aufferendi; der einen Unzüchtigen auf der Seite hat, von dem wird er lernen, mehr auf Leib-Farb zu halten, als auf die [382] Schamröthe; der einen Lügner auf der Seite hat, von dem wird er auch lernen fliegen ohne F.; der einen Säufer auf der Seite hat, von dem wird er auch lernen den Feuchtium aus der Bibliothek zu holen; der einen Spieler auf der Seiten hat, von dem wird er auch lernen mit dem Eichel-Ober eine Sau aufzuheben; der einen Flucher auf der Seite hat, von dem wird er auch lernen zu den sieben Sakramenten etliche Nulla 0 0 0 0 0 0 hinzuzusetzen; der einen Hoffärtigen auf der Seite hat, von dem wird er auch lernen den Alt singen; der ein Sch auf der Seite hat, von dem wird er auch lernen ein doppelter Sch. Sch. werden. Cum perverso perverteris.

Unter andern Speisen, welche die Herren Medici verwerfen als dem Menschen schädliche Bissel, seynd auch die Schwämme, die sonst Gebühr halber anderst tituliret werden. Dieselben seynd sehr ungesund, und wann sie zum besten zugericht, alsdann soll mans zum Fenster hinauswerfen, massen die mehrsten vergift seyn; und seynd die Schwämme nichts anderst, als ein Aussatz der Erden. Gleichwie mancher Kratzius mit seinen Krätzen nit viel prangen darf, also thut die Erde mit dergleichen Mißgewächs nit viel stolziren. Anjetzo entsteht die Frag, ob gedachte Schwämme von Natur vergiftigt seyn, oder anderwärts das Gift erben? Diese Frag' beantwortetDioscorides und Mitridates, daß dieses faule Gewächs nit sey von Natur vergift, sondern es bekomme [383] das Gift von einem rostigen Eisen, verfaulten Fetzen, oder Ottern-Nest, so nit weit darvon ist. Von solchen schlimmen Nachbaurn bekommt der Schwamm sein Gift. Was ist der Mensch anderst, als ein Gewächs der Erden? allermassen dieses niederträchtige Element sein Stamm-Haus, und kein Prahl-Haus sich einer andern Mutter berühmen kann. Gleichwie nun der Schwamm nit giftig von Natur, sondern das Gift zieht von einem benachbarten rostigen Eisen etc., also zieht auch der gebrechliche Mensch die Bosheit an sich dessen und deren, so er auf seiner Seite hat. Dahero ein räudiges Schaf die andern alle ansteckt, ein wenig Sauerteig die ganze Masse sauer macht, ein fauler Apfel alle andern, so darneben liegen, faul macht, ein fallender Stein vom Berg viel mit sich zieht; also ein Boshafter viel andere zur Bosheit locket.

Die Hebräer waren solche Bösewichte, daß sie neben andern Schimpfreden und Spott-Tituln unsern liebsten Heiland auch einen Ketzer genennt, einen Samaritanen; dann diese Leut' waren bei den Juden für Ketzer gehalten. Aus was Ursachen aber seynd diese Gesellen so vermessen gewest, daß sie Christum den Herrn so spöttlich genennt haben? Aus keiner andern Ursach, als dieser: Sie haben wahrgenommen, daß Christus zwei Tag' sich in Samarien aufgehalten, mehrestentheils wegen des samaritanischen Weibs, auch anderer großer Sünder, und also haben sie geschlossen, daß Christus eben ein solcher sey, mit welchen er umgehe. O ihr Galgen-Zeiserl! Christus ist kommen [384] zu suchen, was verloren war. Bei puren Menschen ist es wohl wahr, daß man einen gemeiniglich erkenne ans der Gesellschaft.

Gesellschaft und Gelegenheit seynd einander verwandt und gleichsam zwei Zwilling, wie Jacob und Esau.

Es hat einmal einer gedicht', daß auf einem vornehmen Jahrmarkt der Teufel auch seine Hütte habe aufgeschlagen, nichts aber anderst gehabt als Häut', deren er eine Menge gleichsam reißender Weis' verkauft. Wessentwegen einen Poeten der Fürwitz angespornt, zu sehen, was doch ein jedweder für Häut' einkaufe, einkrame. Indem er also fortgeht, begegnet ihm ein altes Mütterl mit geschimmelter Paroke, eine rare Antiquität, mit einem hölzernen Handpferd, wormit es denen schwachen Füssen eine Beihilf leistete. Diese tragte etliche Häut' unter den Armen, und so viel er konnte abnehmen, war es lauter Karg-häut'. Bald nach diesem sieht er kommen zwei junge Herren, welche in ihrem Gespräch zuweilen ein lateinisch Wort darunter einmischten, woraus er sicher glaubte, daß sie gestudirte Gesellen wären; die hatten gleichfalls ziemlich viel Häut' einkauft, und so viel er konnte erkennen, so waren's lauter Frey-häut'. Unweit von diesen sahe er einen, der ziemlich roth um die Nasen, als wäre sein Gesicht von preußischem Leder geschnitten; solcher haspelte gar seltsam mit den [385] Füssen, und konnte man leicht wissen aus dem krummen Gang, daß er gerad' aus dem Wirthshaus komme. Der hat ebenfalls etliche Häut' eingekauft, und zwar ziemlich viel, waren aber keine andern, als lauter Voll-häut'. Kaum als dieser aus den Augen kommen, so vermerkt er, daß mit zugespitzten Schuhen, wie die Starnitzel, eine Jungfrau daher treten, welche aufgeputzt war wie der Palm-Esel 8 Tag vor Ostern; dieser gab er einen höflichen guten Morgen mit dem Beisatz, warum doch sie so eifrig nach Hause eile? und bekam die Antwort: Ihre gnädige Frau werde bald ausstehen, deßwegen sie zum Dienst eile (es war dazumalen schon eine Viertel-Stund über 10 Uhr). Diese hat sehr viel Häut' vom Markt tragen, und waren nichts als Stolz-häut'. Andere tragen andere Häut': Ein Fuhrmann oder ein Kutscher war daselbst, der hat Grob-häut, ein Soldat hatte Frech-häut, ein Bettler hatte Träg-häut. In Summa: Allerlei Häut haben die Leut vom Teufel eingekauft. Der gute Poet wollte auch wissen, bei was für Häut der Teufel den größten Gewinn habe. Ist endlich unter die Wahrheit kommen, daß der Satan sein bestes Interesse an der Gelegen-häut habe.

Obschon dieses Gedicht übel geschlicht', so ist doch wahr gewesen und wird auch wahr bleiben, daß die Gelegenheit sehr viel Menschen zur Sund' und folgsam zum Teufel und Verderben bringt.

Wie der gerechte Gott der sündigen Welt mit der scharfen Lauge des Sündfluß wollte den Kopf [386] zwacken, hat er dem frommen Noe die Arch oder das große Schiff zu zimmern anbefohlen. Nachdem solches verfertiget und alle schwimmenden, schwebenden, gehenden, kriechenden Thier in dieses hülzerne Losament einquartirt worden, so hat sich alsobald der Himmel mit schwarzem Gewülk überzogen, welches sich gleich in einen häufigen Platzregen ausgegossen, worvon der ganze Erdboden überschwemmt. Nach etlicher Zeit wollte der alte Tättl der Noe wissen und in rechte Erfahrnuß bringen, ob allgemach solche Wassersucht die Schwindsucht bekomme. Schickt zu solchem Ziel und End einen Raben aus der Arche mit dem Befehl, er solle die Avisa einholen, ob der Sundfluß sich in etwas mindere oder nicht. Dieser Galgenvogel aber ungeacht' des scharfen Befehls ist nit mehr in die Archen zurückkommen, und also mit seinem Ungehorsam dem ganzen Raben-Geschlecht einen Schandfleck angehängt, welches vorhero ziemlich schwarz war. Fragst du aber, wohin dieser schwarze Kurier sey kommen? so wisse, daß er elend verdorben; und solches Unglück hat ihm die Gelegenheit verursacht. Dann in dem Ausflug hatte er gar ein gutes Vorhaben: in allem und jedem sich züchtig zu verhalten, den Augenschein emsig einzunehmen, hiemit dem sorgfältigen Noe die gewisse Nachricht zu bringen. Unterwegs aber hat er schwimmende todte Aas angetroffen, welche ihm den Appetit dergestalten beweget, [387] daß er sich nicht mehr hat können enthalten, sondern sich eigenselbst zu dieser Freitafel eingeladen, den gefiederten Ranzen dergestalten angeschoppt, daß er sich nachgehends nicht mehr hat können empor heben und fliegen: also folgsam elendiglich ertrunken, der sonsten auf den Galgen gehörte.

O wie viel Eltern schicken ihre Kinder aus dem Haus, in fremde Länder, etwas zu sehen, damit sie nachmals in der Rückkehr Vater und Mutter ein sonderer Trost sollen seyn! solche reisen aus noch mit der Unschuld bekleidet in aller Zucht und guten Sitten erzogen, wissen wohl, daß Venus und Venia sich gar nit vergleichen, daß caro wie Charon in die Höll' führen, daß derjenige die acht Seligkeiten nicht erhält, der das sechste Gebot nit halt, wissen wohl, daß das Wört'l Leib im Buchstaben-Wechsel Blei heißt, welches nur beschwert und besudlet, wissen gar wohl, daß foemina soll generis neutrius seyn wider der Grammatiker Aussag', und solche decliniret und nicht conjugirt soll werden; wissen wohl, [388] obschon das Wört'l Leffel hinter sich und für sich gelesenLeffel heißt, und also auf allen Zeiten und Seiten das Löfflen im Schwung; doch aber solches wider Gott und Gebot sey. Mit einem Wort: solche reisen aus wie Engel, und wann sie nicht gar ausbleiben, so kommen sie doch oft zurück wie Teufel. Das Gewissen ist beschwert, die Gesundheit ist verzehrt, die Sünden seynd vermehrt, die Sitten seynd verkehrt, das Herz ist bethört, und dieser Brocken ist dem Teufel beschert. Ach Gott! wer hätt' doch vermeint, daß dieser fromme Bernardinus sollt ein' solcher böser Bärenhäuter werden! die Gelegenheit, die ma chet Lieb und Dieb. An dem Ort, wo er wohnte, in dem Haus, wo er lebte, in der Kost, wo er blieb, waren stinkende Aas, es waren daselbst freche Schleppsäcke, muthwillige Töchter, gescherziges Weiber-Vieh, unverschämtes Huesten-Gesind. Da war Gelegenheit, die bringt manchen um die Reinigkeit.

Es kommt einer in die Beicht, der klopft an die Brust mit dem offenen Sünder; er weint aus den Augen mit Magdalena; er beicht' mit dem David, peccavi; er seufzet mit dem Petro etc. Endlich befragt ihn der Beichtvater, ob der, die, das, das saubere Confect oder Kuhfect, die saubere Madam, der saubere Winkel-Engel noch im Haus? etc. Ja! ja! multum Reverende. Ich kann Euch, Herr, nit [389] absolviren, Ihr müßt diesen Vogel aus dem Nest schaffen, die Gelegenheit muß man meiden, sonst wird eine Kohle aus einer Kreiden! Ei Pater, mein Vorhaben ist gar zu stark, ich bin gänzlich resolvirt, einen andern Wandel zu führen! die Donau wird ehender zurücklaufen, eine Mücke wird ehender das Meer aussaufen, ein Mühlstein wird ehender fliegen, ein Glas wird sich ehender biegen, ein Tatz-Bär wird ehender lernen pfeifen, als daß ich mich sollt' vergreifen: bei mir heißt es, ein Wort ein Wort, ein Mann ein Mann. – Si, si Signor, wann ein Weib darbei ist. Ich absolvire dich nicht, wenn du schon sollst den Weihbrunn als deinen Ordi nari-Trunk haben; wann du schon sollst beten, daß dir die Zähn roglet werden; wann du schon so viel Kreuz sollst machen, wie viel Blätter im Majo, so bist du doch nicht sicher, so lang die Gelegenheit ist.David ist nit sicher gewest, und sollst du sicher seyn? Salomon ist nit sicher gewest, und sollst du sicher seyn? Samson ist nit sicher gewest, und sollst du sicher seyn? Nemo diù tutus est, periculo proximus: »Keiner ist weit von der Sünd', der nahend ist bei der Gefahr.« Wann sie schon alt ist 80 Jahr, 8 Monat, 8 Wochen, 8 Tag, 8 Stund, 8 Minuten, trau doch nit! wann sie schon in 14 Bruderschaften eingeschrieben, und ihr nichts abgehet, als [390] der Schein, trau dannoch nit! wenn sie schon alt, kalt, ungestalt, trau dannoch nit! wann's auch todt ist, trau dannoch nit!


Trau keinem Juden bei seinem Eid,

Trau keinem Wolfen auf grüner Heid,

Trau keiner untergrabenen Gstädten,

Trau keinem Hund an der Ketten,

Tran keinem überg'frornen Fluß,

Trau keinem Ave Rabi Kuß,

Trau keinem Wetter im April,

Trau keinem Schwörer in dem Spiel,

Trau keiner Katze bei ihrem Liebkosen,

Tran keinem Dieb mit großen Hosen,

Trau keinen Leuten mit leonischen Barten,

Trau keinem Scheermesser mit einer Scharten,

Tran keinem Bruder bei dem Zechen,

Trau keinem Lügner bei seim Versprechen,

Tran keiner bösen Gelegenheit;

Sonst kommst du in große Ungelegenheit!


Wie sich das rothe Meer wunderbarlicher Weis von einander getheilt und denen Israeliten freien Paß durchzumarschiren gespendiret, schreibt Arias Montanus, sey auch ein anders großes Wunder zu sehen gewest; nemlich der Grund des Meeres sey nichts als Letten, Morast, Koth und Unflat gewest: Viam fecisti in mari equis tuis, in luto aquarum [391] multarum. Nichtsdestoweniger haben die Israeliten ihre Füß' im mindesten nicht besudlet, sondern durch diesen Koth gangen, wie die Sonnen-Strahlen unbemähliget durch eine Kothlache. Ein großes Wunder, ein großmächtiges Wunder, überaus ein großes Wunder ist es, wann Jemand im Koth stehet, durch den Koth gehet und nit bekothiget wird; noch aber, doch aber ist es ein größeres Wunder, bei der Gelegenheit zusündigen seyn und nicht sündigen.

Moses hat viel Wunder gesehen, und sich doch nit verwundert: Er hat gesehen, wie er mit dem Ruthenstreich aus dem harten Felsen nit Feuer-Funken, sondern klaren Brunnenquell gelocket hat; er hat noch darüber gesehen, daß sich derselbe Stein von freien Stücken von seinem Ort ohne einige Hand-Anhebung weggelößt und ihnen durch stetes Walzen nachgefolgt: »Bibebant autem de spiritali consequente eos petrâ« – hat sich dannoch nicht verwundert. Er hat gesehen, wie das Meer sich zertheilet und beiderseits wie krystallene Mauren gestanden, und hat sich dannoch nit verwundert; er hat gesehen, daß seine Ruthe sich in eine giftige Schlange verwandlet, und diese wiederum sich in die vorige Gestalt verkehret, – hat sich dannoch nit verwundert.

[392] Aber wie er gesehen einen Dornbusch, daß selber mitten im Feuer und Flammen stehe und dannoch im geringsten nicht entzündet werde, – o alsdann hat er sich nicht genugsam verwundern können, da er aufgerufen:Vadam et videbo visionem hanc magnam: »Ich will hingehen und besehen das große Gesicht, warum der Dornbusch nicht verbrennt werde.« O Wunder! o Wunder! im Feuer seyn, und nicht brennen, in böser Gelegenheit seyn, bei frechen Schleppsäcken seyn und nit bös seyn, das ist ein Wunder! Daß die drei Knaben zu Babel im Feuer nit verbrunnen, o Wunder! daß dieser oder jener stets oder oft bei der Baberl soll seyn, und nit entzündet werden, o großes Wunder! denn Gelegenheit macht Lieb, Gelegenheit macht Dieb. Hätte Achan die Gelegenheit nicht gehabt, so hätte er nit gestohlen, hätte Ammon die Gelegenheit nit gehabt, so hätte er sich nicht also in die Lieb verloren.

Der heilige Einsiedler Martinianus lebte viel Jahr' in der Wüste ganz heilig; bei dem harten Felsen führte er einen harten Bußwandel, bei den silberströmenden Wasserquellen vergoß er häufige Thränen, unter Ottern und Schlangen stritt er wider die alte Schlange, welche die Evam vergift', unter den brüllenden Löwen blieb er ein Lämmel der Unschuld, unter den Stauden und Dornhecken war er eine Rose der wohlriechenden Heiligkeit: Einsmals bei einbrechender [393] Nacht läßt sich bei seinem Eremiten-Häusel sehen ein sehr zerlumptes und dem Schein nach nothleidendes Bettel-Mensch, welche mit überhäufigen Thränen und unaussetzlichem Bitten den hl. Mann ersucht, daß er doch sich ihrer wolle erbarmen und die Nacht hindurch einen Winkel in seinem Hüttlein vergonnen, damit sie doch den wilden Thieren nit möchte zu einem blutigen Raub werden, ja der gerechte Gott werde ihr unschuldiges Blut von ihm am jüngsten Tag fordern, dafern er wider Verhoffen ihre Bitt' nit wollt anhören! Martinianus erwägte wohl, daß solche Thier', welche Zöpfe tragen, viel giftiger als Drachen und Schlangen, er wußte wohl, daß Sabina viel ehender verwunde als ein Säbel, er erkannte wohl, daß solches langrocketes Feuer der Unschuld bald einen Feierabend mache; wollte aber beinebens auch nicht abgeben einen Mörder des Menschen-Bluts und diese elende Tröpfinn denen wilden Thieren zu einem Nachtmahl vergonnen: hat ihn also seine eingewurzelte Mildherzigkeit überredt, daß er gedachtes Bettel-Mensch auf so bewegliches Anhalten in sein armes Losament einquartiert. Es stunde aber eine geringe Zeit an, da hat Martinianus eine ungewöhnliche Brunst vermerkt in seinem ausgemergelten Leib, hat gar deutlich wahrgenommen, daß ihm sein Gast nichts als garstige Gedanken aufwickle; wessenthalben er bei Mitternacht entschlossen, das Bettel-Mensch aus seiner Wohnung zu jagen. Als er suchte solches werkstellig zu machen, sieh! da findet er nit mehr eine arme Haderlumpinn, sondern eine stattlich gezierte Madam und aufgekraustes Frauenzimmer in [394] sehr kostbarer Tracht und Kleidung, welche dieser gottlose Mistsink vorhero in ihrem Bettler-Binkl verborgen tragte. Worüber der heilige Mann unermäßlich erschrocken, alsobald ein Feuer angezündet, in welches er sich unverweilend geleget, mit ganz höflichem Einladen, sie soll sich zu einem Beischlaf zu ihm gesellen. Solches hat sie dergestalten bewegt, daß sie mit gebogenen Knieen um Verzeihung dieser Frechheit gebeten, auch alsobald nach Jerusalem geeilet, daselbsten ihr Leben in strengen Bußwerken geendet.Martinianus wollte nach solcher Begebenheit aller Gelegenheit entgehen; verläßt demnach diesen Ort, und baut sich in der Mitte des Meeres auf einem hohen Felsen eine andere Wohnung, wohin dreimal im Jahr ein Schiffmann nothwendiges Brod zugeführt. Indem nun der heilige Einsiedler 6 Jahr von allen Menschen abgesondert allda seinen heiligen Lebenswandel zugebracht, so hat sich mehrmalen etwas Wunderbarliches zugetragen: Ein großes Schiff im Meer durch Ungestümm der Winde und Wellen ist ganz gescheitert und seynd folgsam alle Menschen jämmerlich zu Grund gegangen außer einem einigen jungen Mägdl, welches mit möglichsten Kräften zu diesem Felsen, wo Martinianus lebete, hinzugeschwommen und durch die Wunden Jesu um Hilf geschrieen. Martinianus vermerkt eine neue Versuchung, reicht dieser bedrängten [395] Jungfrauen seine hilferbietende Hände; verwundert sich nit, daß solche nit zu Grund gangen, weilen nämlich diese war gar zu leicht (besser geredt leichtfertig), führt solche in seine hohle Steinklippe, verspricht ihr, daß nach etlichen Tagen der Schiffmann sie werde abholen. Er aber, was vermeint ihr, daß er gethan? etwann hat er stets seinen Leib mit harten Geißelstreichen gezüchtiget? Nein. Etwann hat er daselbsten mit Wachen, Beten und Fasten seine Zeit zugebracht? Nein. Er trauete nit seinem dürren und mit bloßer Haut überzogenen Menschen-Balg, sondern nach Verzeichnung des hl. Kreuzes, nach Empfehlung in den Schutz des Allerhöchsten stürzt er sich in das tiefe Meer. Gleich aber seynd aus Befehl Gottes zwei Delphinen zugeschwommen, welche Martinianum aus dem Meer ganz sicher zum Gestad' getragen und salviret.

O unbehutsame Adams-Kinder! förcht' sich vor böser Gelegenheit eine solche Säule der Heiligkeit, wie könnt dann ihr trauen, die ihr schwache Röhr' der Gebrechlichkeit? förcht' sich ein Riese vor diesem Streit, wie kann dann ein Zwergel trutzen? förcht' sich eine große Fackel auszulöschen, wie soll dann ein Schwefel-Hölzel pochen? förcht' sich das kalte Eis vor der Brunst, wie kann sich versicheren ein dürrer Strohwisch? zittern große Eichbäum' vor solchem Wind, wie kann sich doch eine geringe Staude übernehmen? fallen mit einem Wort heilige Leut' durch böse Gelegenheit, wie kann sich dann der Gebrechliche, [396] Unvollkommene, Freie, Freche, Frische den Salvum Conductum versprechen?

Wie Christus der Herr mit fünf Brod' und und zwei Fischen so viel tausend Menschen in der Wüste gespeist, und nicht allein diese Menge der Kostgeber nach Genügen gesättiget, sondern noch von den übergebliebenen Scherzlen zwölf große Körb' angefüllt, da hat er seine Apostel und Jünger gezwungen, bei spätem Abend in ein Schiff zu steigen und weiter zu fahren. Der Evangelist, so diese Geschicht' registrirt, schreibt merksam, daß der Herr seine Apostel habe mit Gewalt in das Schiff getrieben. »Compulit etc.« Matth. 14. Coegit. Marc. 16. Fort! hat's geheißen, –Peter! fort, Joannes! fort Matthäe! etc. fort mit euch, ins Schiff hinein! Ei, Herr, die Zeit ist schon zu spät zum Reisen, das Wasser drohet viel Gefahren bei dem Tag, will geschweigen bei der Nacht, wir wollen heut' in Gottes Namen auch da liegen, wo wir gegessen haben. Fort, fort, macht's nicht viel Wort', von diesem Ort! Mein Herr! hat etwann Petrus gesagt – weilen die liebe Sonn' von uns bereits Urlaub nimmt, und die dunkle Nacht vor der Thür, thue uns anheut die gnädige Erlaubnuß geben, daß wir dörfen auf diesem Heu schlafen; morgen wöllen wir bei anbrechender Morgenröthe uns auf die Reis' machen und in allem [397] deinen Willen vollziehen. Ich bin gleichwohl keiner aus den Jungen mehr, und hab' meinen Schlaf ohnedas zum öftern müssen abbrechen wegen der Fischer-Arbeit, jetzt schmeckt mir die Ruhe absonderlich wohl nach dem Essen! – Fort, fort mit euch, fort ohne Verzug! Allo! Compulit, coegit, etc. – Wann es an einem andern Ort wäre gewesen, so ist es wohl zu glauben, der mildherzige Herr und Heiland hätte ihnen solche Bitt nicht versaget; aber weilen daselbst sehr viel Weiber ihre Nachtherberg nahmen, so hat Christus der Herr mit allem Gewalt seine Apostel in das Schiff getrieben: Coegit discipulos, quibus cavebat à consortio nocturno tot mulierum. Liebster Herr und Heiland! seynd es doch lauter fromme und andächtige Weiber, die aus purem Eifer zu deiner Predigt kommen, und seynd beinebens deine Apostel heilige und tugendsame Männer! Schad't nicht! fort, fort, fort, die Gelegenheit muß man meiden, sonst wird eine Kohle aus einer Kreiden! – Gütigster Gott! so ist gar eine Gefahr bei den andächtigen Weibern, was wird erst seyn bei denverdächtigen!

O wie recht hat der englische Lehrer Thomas von Aquin gethan! Sobald dieser den Habit und das geistliche Kleid des hl. Dominici angelegt, und gleichsam um die schöne Festung seines Leibs, die ich [398] dermalen will Engelstadt nennen, eine solche neue Maur geführt, siehe, da kommt der höllische Feind mit allen seinen Alliirten und belagert diese Festung. Die Frau Gräfinn, als seine Frau Mutter, sammt anderen Frauenzimmern versucht diese Festung mit Liebkosen und manierlichen Accord zu behaupten, aber umsonst; seine zwei Herren Brüder, ohnedas wohlerfahrene Kriegs-Leut', wagten einen gewaltigen Sturm, warfen die äußere Mauer zu Boden, verstehe den hl. Habit, welchen sie zu Stücken zerrissen, aber umsonst; endlich kommt der Satan und verhofft diese Festung, so noch eine Jungfrau war, mit Feuer zu bezwingen. Das ist eine harte Attaque. Es kommt zu Thomas in das Gefängniß ein junges Weibsbilds, ein freches Weibsbild, und man weiß schon, wie solche Geißen gmecketzen, man weiß schon, wie solche Katzen schmeichlen, man weiß schon, wie solche Vögel singen! Diese war überaus schön, und hat nit viel nachgeben des Jobs seinen Töchtern, von denen die hl. Schrift selbst bezeuget: »Non sunt inventae mulieres tam speciosae in universa terra: auf der ganzen Welt waren keine so schöne Weibsbilder, wie des Jobs seine Töchter.« Sie brauchten keinen theuren Anstrich, sie brauchten keinen kostbaren Backen-Firneiß, sie brauchten keine kostbaren Gesichter-Laugen, keine gewisse Stirn-Bleche, sie brauchten keinen Lefzen-Zinnober, wie der Zeit die abgeschabenen Weibergesichter [399] damit prangen, sondern sie waren von Creatur schön, von Natur schön, von Postur schön etc. Diesen, sprich ich, hat nicht viel nachgeben dieselbige, so dem englischen Jüngling Thomä die Visite geben. Aber sie war nur von Seiden schön, und nit von Sitten schön. Was thutThomas, wie er diesen freundlichen Schmutz-Engel ersehen? etwann begibt er sich in das Gebet? oder hält er ihr eine bewegliche Predigt, daß sie von ihrem bösen Vorhaben solle abstehen und mit Magdalena bei den Füßen Jesu ihre Hauptsünden beweinen? Nichts dergleichen. Fort, fort! hats geheißen, sonst macht die Gelegenheit Lieb und Dieb und trüb.Thomas ergreift ein halb abgebrenntes Scheit bei dem Kamin: Also recht, mein Thomas, auf diese Weis' wird deine Unschuld nit scheitern! Thomas jaget diesen freundlichen Feind hinaus. Also recht, auf solche Weis' bleibt die Reinigkeit hierinnen!Thomas schlägt sie auf den Rücken, welche sein heiliges Vorhaben wollt zurück treiben, pufft sie auf die Achslen, welche eine solche schmeichlende Achselträgerinn wollte abgeben, klopft zu auf den Kopf, welche eine solche Haupt-Huesten war. Jo Victoria!


Auf einen solchen Herd gehört eine solche Glut,

Zu einem solchen Kopf gehört ein solcher Hut,

Zu einem solchen Hafen gehört ein solcher Deckel,

Zu einem solchen Geld gehört ein solcher Seckel,

[400]

Zu einer solchen Festung gehört eine solche Schanz,

Zu einem solchen Kirchtag gehört ein solcher Tanz,

Zu einem solchen Thurm gehört ein' solche Glocken,

Zu einer solchen Suppe gehören solche Brocken,

Zu einem solchen Garten gehört ein' solche Mauer,

Zu einem solchen Dorf gehört ein solcher Bauer,

Zu einem solchen Degen gehört ein' solche Scheid,

Zu einem solchen Vieh gehört ein' solche Weid,

Zu einem solchen Spiegel gehört ein' solche Rahm,

Zu einem solchen Jahrmarkt gehört ein solcher Kram,

Zu einem solchen Pferd gehört ein solcher Striegel,

Zu einem solchen Schelmenvieh gehört ein solcher Prügel!


Jo Victoria! Fort, fort, fort, trau der Gelegenheit nicht, wann du schon ein heiliger Justus oder Justinus bist, wann du schon ein hl. Paulus oderPaulinus bist, wann du schon ein hl. Felix oder Felicianus bist; es kann auch ein hl. Justus ungerecht werden bei der Gelegenheit; es kann auch ein hl. Paulus nit Paululum verlieren an der Unschuld bei der Gelegenheit; es kann ein hl. Felix unglücklich werden bei der Gelegenheit. De quantis legimus viris in vogiliis, in jejuniis, in laboribus supra humanum modum, imò in miraculis coruscantibus, qui ceciderunt!

Ein Narr kann uns ein Doctor seyn: Jacobus [401] Bidermannus registrirt von etlichen Phantasten, welche seltsame Fausen, wunderliche Einbildungen, hypochondrische Grillen im Hirn hatten. Unter anderen war einer, der ist der halsstärrigen Einbildung gewest, daß er von lauter Glas sey, wessenthalben er allen Leuten wehemüthig zugeschrieen, sie sollen doch nicht an ihn anstoßen! sitzen wollte er auch auf keine Weis', aus Furcht, der hintere Stock möchte zu Trümmern gehen. Diesem albernen Menschen können wir mit allem Lob nachfolgen, und uns verständig einbilden, wir seynd vom Glas, ja gebrechlicher als Glas: Ein geringer Augenblick kann uns das ganze Gebäu der Heiligkeit zu Boden werfen, wie ein kleines Steinl das große Bildnuß des Nabuchodonosor. In dem anderten Buch der Machabäer im ersten Kapitel lieset man, daß ein dickes Wasser sey zu Feuer worden. Ist ja viel. Aber man hat leider auch öfter erfahren, daß etliche Geistliche durch klösterliche Disciplin also der Welt vergessen, daß sie gleichsam wie Wasser werden ohne wenigsten Funken einer ungeziemten Lieb; nachdem sie aber wieder zur Gelegen heit kommen, ist solches Wasser in Feuer verkehrt worden. War nit Jacobus der Einsiedler ein Heiliger? durch die Gelegenheit ist er dannoch spöttlich gefallen. War nit Maria, eine Baas des Abrahams, eine Heilige? dannoch durch die Gelegenheit in größte Sünden gerathen.

Absonderlich muß das schwache Weiber-Geschlecht die Gelegenheit fliehen, forderist dieJungfrauen.

[402] Denn eine rechte Jungfrau soll seyn und muß seyn wie die Glocken am Charfreytag: muß sich nit viel hören lassen; – die Männer endlich können Vocales seyn, die Weiber Consonantes, die Jungfrauen aber müssen Mutae seyn. Eine rechte Jungfrau soll seyn und muß seyn wie eine Orgel: sobald diese ein wenig angetastet wird, so schreit sie. Eine rechte Jungfrau soll seyn und muß seyn wie der Palm-Esel: der läßt sich im Jahr nur einmal sehen. Eine rechte Jungfrau soll seyn und muß seyn wie eine Spital-Suppe, die hat nit viel Augen: also soll sie auch wenig umgaffen, etc. Eine rechte Jungfrau soll seyn und muß seyn wie eine Nacht-Eul', die kommt fein wenig ans Taglicht. Eine rechte Jungfrau soll seyn und muß seyn wie ein Spiegel: wenn man diesem ein wenig zu nahe kommt und anhaucht, so macht er ein finsteres Gesicht. Eine rechte Jungfrau soll seyn und muß seyn wie ein Licht, welches versperrt in der Latern viel sicherer ist, als außer derselben. Insonderheit aber soll seyn und muß seyn eine rechte Jungfrau wie eine Schildkröt': diese ist allezeit zu Haus, massen sie ihre Behausung mit sich trägt: also eine rechte Jungfrau sich mehresten soll zu Haus aufhalten zur Meidung aller bösen Gelegenheiten; denn gleichwie jener gute Samen des evangelischen Ackermannes, [403] so auf den Weg gefallen, von den Vöglen ist verzehrt worden, also seynd die ehrsamen Jungfrauen, welche immerzu auf Weg und Gassen sich sehen lassen, von den Erzvögeln gar nit sicher. Wäre die Dina, des Jacobs saubere Tochter, zu Haus geblieben, und hätte die Gefahr gemeidet, so wäre sie niemalens so spöttlich um ihre Ehr' kommen.

Judas der Erz-Schelm hält sich in seinem Amt sehr ungetreu
Judas der Erz-Schelm hält sich in seinem Amt sehr ungetreu, und gibt bei der apostolischen Kassa einen gewissenlosen Dieb ab.

Nicht allein Petrus, und mit Petro Joannes, und mit Joanne Jacobus, und mit Jacobo Andreas, und mit Andrea Matthäus, und mit Matthäo andere Apostel und Jünger haben große Wunderwerk geübet, sondern es hat auchJudas selbsten große Miracul gethan. Er hat mit wenigen Worten die bösen Feind' aus denen Besessenen getrieben, er hat sogar mit seinem Schatten große Krankheiten und Presten gewendet, er vermochte sowohl den Tod' als den Teufel zu überwinden. Dieser guldene Apostel ist gleichwohl von dem Silber überwunden worden, indem er durch das Geld [404] verblendet hat angefangen einen Dieb abzugeben, den Beutel, worinnen das Geld für das apostolische Collegium, mit krummen Händen zum öftern bewillkommet und Nehmens halber ein vornehmer Dieb worden. Fur erat, et loculos habebet.

Dazumalen, wie die Philistäer die Arch oder guldenen Bund-Kasten bei sich hatten, waren sie mit vielen Plagen von dem Allerhöchsten gezüchtiget. Unter andern ist eine solche Menge der Mäus in Dörfern, Städten und Märkten, wie auch in Feldern und Wäldern entstanden, daß sie durch diese kleinen Thier' den größten Schaden erlitten. Wann dazumalen alle Leut' wären Katzen gewesen, so hätten sie dannoch nicht alle Mäus können abfangen. Den mainzerischen Bischof Atto solle laut alter Geschicht-Schreiber eine solche Menge Mäus überfallen haben, daß er von ihnen ganz verzehrt worden. Gott behüte uns alle von dergleichen Mäusen! aber Mauser haben wir dergleichen genug, das kann niemand in Abred stellen.Mauser und Judas-Brüder seynd so viel, daß, wann es drei Tag soll Strick regnen, so konnte man dennoch nit alle hängen. Petrus hat einst das Netz auf das Land gezogen und 153 Fisch gefangen. Es wollen die heiligen Lehrer, daß Petrus von einer jeden Gattung Fisch einen ins Netz bekommen: so vielerlei Fisch gibts im Meer. Aber noch mehrerlei Fischer gibts auf dem Land, die mit faulen Fischen umgehen, und öfters fischen auf der ungekehrten Bank.

[405] Von den Bären schreiben die Naturkundigen, daß sie sich bei großer und harter Winterszeit in Steinklippen und wilden Höhlen alleinig mit ihren Bratzen erhalten, sie sutzlen und saugen an ihren Bratzen, und dieses ist ihre Unterhaltung. O wie viel gibts Bären (hätte bald gesagt Bärenhäuter), die sich mit ihren Bratzen, aber verstohlenen, diebischen Bratzen erhalten! Es gibt kleine Dieb', große Dieb, hoch- und wohlgeborne Dieb', schlechte Dieb', sammete Dieb', zwilchene Dieb', reiche Dieb', arme Dieb', subtile Dieb', grobe Dieb', arge Dieb', karge Dieb', Haus-Dieb', Gassen-Dieb', Nacht-Dieb', Tag-Dieb', offene Dieb', verborgene Dieb', bettlerische Dieb', bäurische Dieb', bürgerliche Dieb', gestudirte Dieb', edle Dieb', allerlei diebische Diebs-Dieb. Dahero hat gar wohl geredet Cassiodorus I. 2. Furca vacua, et civitas latronibus plena. »Der Galgen ist leer, und die Stadt ist voller Dieb.«

Wie der heldenmüthige David Krieg geführet wider die Philister, auch dieselbige jederzeit sieghaft überwunden, hat sich einer unter diesen Feinden gefunden, welcher einer ungeheuren Leibes-Größe war, und beinebens an einer jedweden Hand 6 Finger, deßgleichen auch an den Füssen. In unsern Zeiten trifft man wenig dergleichen 6 Finger an, wohl aber andere große, große, große Dieb', die so lange Finger haben, daß vor ihnen nichts sicher, nichts oben, nichts unten, nichts vorn, nichts hinten, nichts darneben, nichts draussen, nichts drinnen, nichts um und um.

Große Lands-Fürsten soll meine Feder verschonen. Gott sey Lob! bei diesen Zeiten seynd die christlichen[406] Potentaten nicht also eines harten Gemüths, daß sie nach dem Exempel des Judas fremdes Geld an sich ziehen und ihre Unterthanen durch überhäufige und gar zu harte Auflagen und Geld-Erpressungen bis auf das Blut aussaugen, welches der heilige und wunderthätige Franziskus a Paula sattsam dem König Ferdinand zu Neapel vor Augen gestellt. Da einsmals gedachter König dem heiligen Mann eine gewisse Summa Geld aus königlicher Freigebigkeit anerboten zu Erbauung eines Klosters, hat solches Franziskus auf alle Weis' geweigert und ganz nit wollen annehmen, weilen es fremdes Geld und ein Blut der armen Unterthanen sey. Solche Antwort hat nicht ein wenig das Gemüth des Königs Ferdinand entrüstet, welcher um fremdes Geld in seiner königlichen Rent-Kammer gar nichts wissen wollt'. Franziskus aber wollte solches scheinbar darthun: ergreift eben von selbigem Haufen Geld, so ihm offerirt wurde, eine Münz, bricht selbige in zwei Theil' von einander, – siehe, Wunder! da ist beederseits das häufige Blut heraus geronnen. Worauf der hl. Mann dem König mit verstelltem Angesicht und sonderem Eifer zugeredet: Annè hic misellorum cruor mutus erit? »Vermeinst du, daß dieses Blut der Armen werde stillschweigen,« und nit Rach' schreien über dich bei dem gerechten Gott? – Aus dem erhellet, daß auch Könige und Fürsten können in des Judä Fußstapfen treten, wann sie seinen Händen nacharten. Es ist nit[407] ohne, daß große Landes-Fürsten zu Schutz und Schirmung ihres Reichs dörfen von ihren Untergebenen billigen Tribut abfordern massen solches selbsten Christus der Herr hat gutgeheißen, als er den schalkhaften Hebräern, da sie vom kaiserlichen Tribut ihn gefragt, solche Antwort geben: Date, quae sunt Caesaris, Caesari: »Gebt's dem Kaiser, was des Kaisers ist.« Aber dergleichen Anlagen und Steuer müssen nicht aus der Kanzlei eines tyrannischen KönigsAchab dekretirt werden, sondern vielmehr auf genaues Gewissen sich beziehen, wie gethan KönigJohannes der Erste zu Castell, wie gethan KönigChilpericus in Frankreich, wie gethan KönigEduardus in Engelland, welcher hl. Monarch den Teufel hat sehen spielen auf dem Geld, so sein verstorbener Herr Vater durch harten Tribut zusammen geraspelt.

Viel Edel-Leut gehören auch in des Judä Iscarioths saubere Bruderschaft, wann sie wie Egel das Blut ihrer Unterthanen saugen. Es gibt sonsten allerlei Mittel, reich zu werden: Etliche werden reich durch den Degen, verschießen viel Blei, erwerben viel Geld; andere werden reich durch die Feder, und ist ihnenSchola Scala, mittels dero sie zu hohen Aemtern erhebet werden; mancher wird reich durch das Weib, und bekommt mit diesem guldenen Schatz Silber genug; viel' werden reich durch große Erbschaften, und erhalten von dem Todten stattliche Lebens-Mittel; nicht wenig werden reich durch Aecker [408] und Weinberg', und sammlen viel Habschaften aus den Wirthschaften. Aber gar viel Edel-Leut' werden reich von lauter Zwiefel; der Zwiefel trägt mehr ein, denn Wälder und Felder: wann sie nemlich ihre Bauern alsozwieflen, daß selbe viel ärger hersehen, als des Davids seine Gesandte, welchen der Ammon, als ein hochmüthiger und übermüthiger König, die Bärt' halbentheils hat lassen abschneiden und also auf einer Seite barbiren. Aber die Bauren werden auf allen Seiten geschunden. Nit umsonst hat der erste BaurCain geheißen, massen es schon eine halbe Prophezeiung gewest, daß der Bauersmann werde keit genug werden. So ist auch jenem Bauren nit vor ungut aufzunehmen gewest, welcher auf Befragung, ob er auch bete, die Antwort geben: Ja, ja, ich bete fleißig, und zwar für meines Edelmanns seine Pferd', damit dieselben lang sollen leben und gesund seyn darneben; denn wofern diese sollen verrecken und umstehen, so thät' nachmals unser Edelmann auf uns Bauren reiten. Die Felberbäum' pflegt man nur einmal im Jahr zu stutzen; aber die armen Unterhanen werden gar oft von ihren allzuharten Herrschaften fast alle Tag gestutzet, und fällt das Fest Bartholomäi bei ihnen schier alle Monat, Wochen, Tag' und Stund. – O was harte Rechenschaft wird der [409] Armen Schweiß und Blut im Thal Josaphat erfordern! allwo zwischen dem Herrn und geh' her kein Unterschied, zwischen du und ihr kein Unterschied, zwischen einem armen Tropfen und einem Edlen von Trop fensperg kein Unterschied. Jetzt muß bei manchem Edelmann der Bauer ein Hund seyn, ein Hund heißen; aber glaub' du mir, wie scharf wird dich einmal bei dem göttlichen Richter dieser Hund anbellen? Alldort wird dir dein offener Helm nichts helfen, wohl aber dein offenes Gewissen wird dich deiner Ungerechtigkeit anklagen; alldort wird dich dein edles Blut nicht beschönen, wohl aber das Blut der Armen, so du gesogen und zogen, wird wider dich schreien!

Viel, sehr viel, welche hohe und niedere Aemter verwalten, seynd des Judä Iscarioths emsige Nachfolger, mussen sie wegen der Accidentia Substantial Dieb abgeben. Der hl. Evangelist schreibt von einem König, der mit seinen Bedienten wollte Rechenschaft machen. Siehe! da hat sich ein ungetreuer Vogel darunter befunden, der war dem Herrn schuldig zehen Tausend Pfund. Das heißt gestohlen! Weilen es nun dieser untreue Diener nit zu bezahlen hatte, also hat der Herr befohlen, man soll ihn verkaufen. Was mehr? sein Weib auch. Was mehr? [410] seine Kinder auch. Was mehr? alles was er hatte. Warum aber soll es das Weib entgelten, was ihr Mann gesündiget? Darum, merkt es wohl ihr alle, die ihr bei Aemtern sitzet, darum hat er sich in so große Schulden gesteckt, darum hat er so viel gestohlen, weilen er mit seiner Ordinari-Besoldung und jährlichem Einkommen seiner Frauen Pracht und Tracht nit konnte aushalten; wegen ihrer hat er so gestohlen. »Multorum talentorum factus est debitor, quoniam secutus est mulieres.« Derentwegen sie auch zur gebührenden Straf gezogen worden. Dergleichen gibt's gar viel, welche wegen des Genitivi den Ablativum an die Hand nehmen, und ihre Leibstuck mit Diebstuck erhalten.

Ihr Gestreng der wohledle Herr Herr Jonas Isfridus, Dampf von Dampfeneck und Dampfenthal haben ein Officium, d.i. einen stattlichen Dienst, der trägt ihm jährlich ein 400 fl.; seine Frau Gemahlin geht aber daher, als wann eine abcopirte Cleopatra wäre: sie trägt fast alle Monat ein neues Modi-Kleid, der Rock muß von geblümtem Procat seyn, da sonsten auf solchen Mist-Beetlen nur Sau-Blumen wachsen; das Kleid muß mit guldenen Spitzen um und wieder herum verbrämt seyn, daß dieser stinkende Kothkäfer mit Gewalt will einen Goldkäfer abgeben und gleichen; die [411] Haube muß künstlich und köstlich durchbrochen seyn, daß sie also einem seidenen Narrenhäusel nit ungleich: alles ist reich an ihr, ausgenommen der Hals, der ganz nackend und bloß; alles ist verbändlet und verbunden an ihr, möchte nur seyn, daß das Gewissen so frei; sogar der Rosenkranz muß mit einem Buschen Bänder prangen. Aber der Teufel lacht zu diesem Weihwedel: ihre Schuh für die Füß', und ihre Schuh für die Händ' – verstehe Handschuh – müssen allezeit mit dem Neumond neu seyn. In Summa, 400 fl. klecken für diese pollirte Mistfinken zu bekleiden nit. Die Ausgab in allem erstreckt sich jährlich auf 1000 Reichsthaler, ja um ein Merkliches mehr. Die Besoldung steht in 400 fl., das andere seynd lauter Accidentia, besser geredt, lauter Occidentia. Er hat so treffliche Smiralia, d.i. Diebalia; mit einem Worte, er stiehlt wegen gar zu unmäßiger Tracht und Pracht seiner Frauen: der Seidenwurm der Frauen macht einen Gewissenswurm dem Mann: ihr Manto, Mantill, Mantel, bringt den armen Mann in die Höll.

Man lieset von vielen Heiligen, dero dürrer Stab in grüne und fruchtbare Bäume erwachsen seynd. Rufinus registriret von einem alten heiligen Vater, dem viel Jahr' ein sauberes Weibsbild aufgewart und den alten bedient. Vielen ist solche schöne Köchinn verdächtlich vorkommen. Wie nun dieser Alte in eine tödtliche Krankheit gefallen, und bereits das Ziel seines [412] Lebens vor der Thür, also haben ihn sehr viel fromme Diener Gottes aus dem Kloster heimgesucht, und ihn mit ihrem geistlichen Trost ergötzet; wessentwegen er sich ganz freundlich bedanket. Nachdem er sich von allen beurlaubet, hat er zugleich gebeten: sie wollen nach seinem Tod' seinen Stab auf das Grab stecken, und wann derselbe wird anfangen zu wurzlen, grünen und Frucht bringen, so sollen sie erkennen, daß er unschuldig wegen dieses Weibsbilds sey. Die frommen Religiosen vollziehen den Befehl des Alten, stecken dessen dürren Stab auf sein Grab. Siehe, Wunder! den Augenblick hat der Stab anfangen zu grünen und Frucht zu bringen, nit ohne männiglicher Verwunderung. Ein großes Miracul, wann ein dürer Stab in einem großen Baum erwachset! Dergleichen Miracul wollt ich einem schier alle Tag zeigen! denn man ja öfters siehet, das ein Bettelstab grünet und zu großem Reichthum kommt.

Diesen hab' ihr gekennt – sagt mancher – der hat bei meinem Vater um die Suppe supplicirt; nachgehends ist er an diesem Ort Präceptor worden, allwo er die Wittib geheirathet, welche ihm durch das Geld zu solchem Amt verholfen; – denn dona und Donna vermögen viel – jetzt ist er ein Buch, [413] halter, dessen Vater ein Unhalter war, er hat in einem Jahr geschwind 3000 fl. prosperirt.

Dieser kennt mich nit mehr, aber ich ihn wohl: sein Vater war ein spitzfindiger Mann, denn er ist ein Nadelmacher gewest; seine Mutter war ein sauberes Weib, denn sie war eine Wäschers-Tochter. Dieser ist jetzt so groß, daß er im Wagen fährt, der vorhero an des Schusters Rappen geritten. Sein dermaliger Dienst trägt ihm auf 1000 fl. Wo seynd erst die Accidentia? Er hat in wenigen Jahren ein Feines prosperirt.

Dieser denkt nit mehr, wer er gewesen, wie er auf Wien ist kommen: da hat er einkehrt, wo der Esel in den Wiegen liegt, er hat sein Lebtag niemalens gestudiret, nur dazumal hat man Doctrin und Wissenschaft bei ihm gefunden, wann er dem jungen Herrn die Bücher hat in die Schul' getragen; sein Herr hat ihm nachmals zu diesem Dienst geholfen, der zwar in fixo ohne Fixen nur 100 Gulden einträgt; aber die Accidentia seynd groß, kannst leicht erdenken, weilen er in 6 Jahren zwei so schöne Häuser aufbaut; so viel hat er prosperirt.

Dieser geht daher, als wann er wollt dem babylonischen Thurm den Knopf aufsetzen: er spreizt sich, wie die nagelneues Paar Schweizerhosen. Daß dich! daß dich! weiß ich noch wohl, wie er bei dem Bettelrichter in die Kost gangen, er hat von diesem einen Mantel tragen, der bald mehr Löcher hatte, als ein Sieb oder Renter; jetzt prangt er, wie der Esel am [414] Palmtag. Er hat gut Ding zu sagen; denn sein Dienst, zu dem er so seltsam und wunderlich gelangt, trägt ihm ein Ehrliches ein! Seithero seiner Verwaltung hat er in die 11000 Gulden prosperirt, was wird er erst erheirathen? Ich wünsch' euch allen mit einander viel Glück, viel Heil, viel Segen, viel Wohlfahrt, viel Benediction zu eurem Aufkommen! Ich weiß gar wohl, daß Saul seines Vaters Esel gesucht hat; ich denk' gar gut daran, daß David seine Schmeerkappe mit der Kron' vertauscht hat; ich läugne es nicht, daß Gottes Gnad und Menschen-Fleiß manchen aus einem Hausmeister zu einem Hofmeister, aus einem Trabanten zu einem Kommandanten, aus einem Vorgeher zu einem Vorsteher macht etc. Aber ich bitt' euch um die Wunden Jesu Christi, um euerer Seelen Seligkeit, erwägt doch wohl, ob euer so großes Prosperiren sich mit dem siebenten Gebot vergleiche! Non furaberis! ob der hl. Prosper euer Patron, oder Judas! – Wie der alte Tobias einen Geißbock vor der Thür hat hören Gm – Gme – Gmegetzen, hat er alsobalden aufgeschrieen:Videte, nè fortè furtivus sit: »Sehet zu, daß er nit gestohlen sey!« Also betrachtet auch wohl euere Accidentia! zählt euer Geld, erwägt euer tägliches Einkommen, visitirt eure Truhen, steigt in eure Keller, besucht eure Speis-Gewölber, geht über euren Kleiderkasten, [415] beschauet das ganze Haus, nè fortè furtiva sint, ob nicht etwas gestohlen sey! Ihr werdet wahrhaftig finden, daß eure Accidentia euch um die beste Substanz bringen, nemlich um der Seelen Seligkeit. O ewiger Verlurst!

Unter den Kauf- und Handels-Leuten gibts auch viel Judas-Brüder. Wie der Heiland Jesus in den schönen Tempel zu Jerusalem getreten und daselbst die Juden kaufen und verkaufen, da hat ihn der ernstliche Eifer dergestalten bewegt, daß er mit ungestalten Angesicht und zornigen Augen all' dero Tisch, Stühl, Stellen und Kramer-Laden umgestoßen, und die Juden zum Tempel hinaus gejagt, hinaus gepeitscht. Diese Geschicht' möcht' einem schier einen Scrupel machen. Warum? Nemlich der sonst gütigste Jesus die Strick, womit die Geißen, Lämmel und Ochsen gebunden waren, anstatt einer Geisel gebraucht und darmit die Hebräer aus dem Tempel gejaget, zudem auch diese Herren Handelsleut' solche Waaren feil hatten, welche zum göttlichen Opfer gehörten, gleichwie man bei unsern Zeiten in denen Kirchen pflegt wächserne Opfer zu verkaufen. Darum, darum, merkts wohl ihr Kramer und Kaufleut' – darum hat der Herr Jesus diese hebräischen Handelsleut' also gezüchtiget, theils weilen sie den Tempel Gottes verunehret, theils weilen sie ihre Waaren gar zu theuer verkauft und einen unzuläßigen Gewinn gesucht, welches so viel als gestohlen und dem Judas nachgefolgt!Lucra enim superabundantia captabant.

[416] Laßt euch, ihr Herren Handelsleut', ein Schrecken seyn jene zwei Kaufleut', von denen Posanna registrirt: Diese zwei trieben mit gesamter Hand allerlei Handlungen, und damit sie zu größern Reichthümern möchten gelangen, haben sie allerseits nach doppeltem Gewinn getrachtet; brauchten beinebens nit wenig Betrug, welcher auch bei unsern Zeiten ziemlich im Schwung. Aber Gott, der alles Ungerechte strafet, wollt' auch dieses nit ungerochen lassen; sondern durch seine göttliche Verhängnuß ist einer aus diesen beiden bei der Nacht von dem Teufel geholet worden. Der andere lebte gleichfalls eine kurze Zeit, und zwar in stetter Melancholei und Krankheit. Als ihn seine Freund' und Anverwandte ermahnet, daß er sich zu reu- und treuevoller Beicht bereiten wolle, wie auch zu der hl. Kommunion, so hat er doch solchem heilsamen Rath kein Gehör gegeben, mit dem Verlaut, wie daß er verwichenen Ostertag habe kommuniziret, und ihm annoch die Hostien neben unglaublichem Schmerzen im Rachen hange, welche er öfters mit dem Messer herauszuheben versucht. Die Umstehenden tragen diesem unglückseligen Menschen vor die grundlose Barmherzigkeit Gottes, denen aber der verzweifelte Tropf stets geantwortet, daß er bereits verdammet sey, und habe schon gesehen seinen Ort in der Hölle neben seinem Kameraden. Wie man ihm das Bildniß des gekreuzigten Jesu vorgehalten, damit durch dessen Anblicken sein steinhartes Gemüth erweicht würde, so hat er mit beeden Händen die Augen zugedrückt, mit Vermelden, er könne denjenigen nicht mehr anschauen, welcher ihn bereits wegen seiner ungerechten [417] Handelschaft und unzulässigen Gewinn zur Höllen verdammt. Nach solchen Worten ist seine elende Seel' in den Abgrund der ewigen Pein gefahren, woselbsten er alle diejenigen Kaufleut' erwartet, welche durch unzuläßigen Gewinn und allerlei Betrug dem Nächsten das Seinige abstehlen und Judas-Brü der abgeben.

Unter den Wirthen und Gastgebern ist auch eine große Anzahl der Judas-Brüder. Die Joseph sich nach Bethlehem mit Maria seiner jungfräulichen Gemahlinn, die da schwanger war, begeben, hat er daselbst mit großer Sorgfältigkeit um eine gute Herberg und Wirthshaus umgeschauet; ist aber leider nirgends eingelassen worden, und also seine Herberg nehmen müssen in einem alten, zerlöcherten und übelgedeckten Stall, weilen den gebenedeite Jesulus beim guldenen Ochsen, beim schwarzen Adler, beim weißen Lämmel, beim grünen Kössel keinen Platz noch Raum hat gehabt: Non erit ei locus in diversorio: Also hat er müssen bei Ochsen und Esel loschiren. Ist wohl zu glauben, daß ein oder das andere Wirthshaus noch wohl ein Winklein wird gehabt haben, diese zu behebergen; allein die schlimmen Wirth und ehrvergessene Vögel sahen die Armuth dieser Gäst': sahen gar wohl, daß ihnen die Kreide nicht viel könne zuschreiben und zuschneiden, nahmen lieber solche Gäst' auf, die sie nach Belieben konnten barbiren. Strickselig und seilsam seynd freilich solche unverschonende und unverschamte Wirth, wenn sie die Kreiden sub ritu dublici brauchen [418] und den armen Gästen den Beutel ärger purgiren, als die Pillen Emanuels. O es Dieb und Judas-Brüder – die frommen Wirth' nehme ich allzeit aus – wann ich nit wüßte – daß die Rechen-Kunst oder Arithmetica von den Phöniziern erfunden wäre, so thät und hätt' ich euch solches zugemessen, dann ihr ja hauptsächlich raiten könnet. Ich hab' einst selbsten mit meinem Gespann bei einem solchen Schneiderum auf der Reis' die Nachtherberg genommen, und ist mir noch schlimmer ergangen, als des Loths seinen Gästen, welchen seine Frau kein Salz auf die Tafel gesetzt; dessenthalben nachgehends um weilen sie wider Gottes Gebot umgeschaut, sie in eine Salz-Säule verkehrt worden: Ich hatte mit allein keine gesalzenen, sondern auch keine geschmalzenen Speisen; wär' gar wohl zufrieden gewest, wann ich auch mit dem Esau bei seiner Tafel hätte dörfen in das Linsenkoch greifen. Gleichwohl hat der gewissenlose Wirth mir also die Zech verpfeffert, daß mir die Augen übergangen. Auf dem Löffelstiel war des Wirths sein Name mit zwei Buchstaben gezeichnet, nemlich D.S. Mein Gespann sagte und vermuthete daraus, der Wirth heiße Daniel oder Dionysius; ich aber legte es wahrhafter aus und sagte: diese Buchstaben D.S. heißen so viel als Dieb Schert. Traute mir dannoch kein Klagwort dessentwegen einzuwenden, weilen ich in Furcht stunde, es möchte auf das tondere das tundere folgen; dann es war Anno 1683, in [419] welchem Jahr wegen der Belagerung Wiens die unschuldigen Geistlichen ziemlich mit Schlag-Balsam versehen seynd worden.

Die Astrologi oder Sternseher stellen neben anderen Zeichen in dem Himmel auch den Wassermann; viel saubere Wirth' stellen nit allein in Caelo sondern auch in Celario den Wassermann, und führen den guten Wein wider seinen Willen nach Wasserburg. Das ist auch so viel als gestohlen! Christus der Herr hat zu Canaan in Galliläa das Wasser in Wein verkehrt, dem sehr viel Heilige nachgefolget: Die Prämonstratenser haben einen, der heißt Todo; die Kamaldulenser haben einen, der heißt Tomassus; die Benedictiner haben einen, der heißt Procopius; die Karmeliter haben einen, der heißt Simon Stock; die Karthäuser haben einen, der heißtOdo; die Cisterzienser haben einen, der heißtWalterus de Birbach; die Dominikaner haben einen, der heißt Jacobus Mevanensis; die Franziskaner haben einen, der heißt Amadeus; die Kapuziner haben einen, der heißt Matthäus a Leonissa; wir Augustiner haben auch einen, den heißt Joannes Bonus: Alle diese haben Wasser in Wein verwandlet, und das war ein Miracul. Aber ihr Wirth' verkehrt den Wein ins Wasser, das ist kein Miracul. Diesen pfleget man zu dero Namen allzeit[420] den Buchstaben H zuzusetzen, welches so viel als Heilig bedeut'; euch aber, zu euren Namen setzet man hinzu ein Sch: dieß leget euch selbsten aus!

Ihr Wirth', wie gehet es oft mit eurer Maß? Wie oft geschieht es, wann die Gäst' bei euch im Vollmond seynd, so ist die Maß im Abnehmen, und gleichwohl schreibet die schlimme Kreide mit völliger Fractur. Das heißt auch mit dem Juda gestohlen. Im kölnischen Erz-Bisthum liegt eine Stadt mit Namen Dousburg. Daselbst ist einsmals eine große Feuersbrunst entstanden, welche die mehresten Häuser in Asche gelegt. Unter andern war auch eine Bierbräuerinn, die um das Geld Bier ausschenkte. Als nun die Flammen bereits ihrem Haus zunaheten, so hat sie alle ihre Maß und Geschirr, mit denen sie das Bier pflegte auszumessen, vor die Hausthür getragen, nachmalens die Händ' gegen den Himmel gehebt und in diese Wort ausgebrochen: Allmächtiger Gott, wann du weißt, daß ich wissentlich einmal habe eine falsche Maß gebraucht, so lasse auch mein Haus sammt andern in dem Feuer aufgehen; sofern aber, wie ich in meinem Gewissen finde, ich gleichsam Niemand um einen Tropfen betrogen, so gebiete, o Gott, dem Feuer, daß es mich dießmal schadlos lasse! Siehe Wunder! das Feuer hat alles rings herum verzehret, diesem Haus aber nit ein Schiefer von einer Dachschindel verletzet; ja die überhäuften Flammen haben alle hölzernen Biermaß und Geschirr vor der Hausthür um und um gleichsam freundlich abgelecket, jedoch ohne winzigsten Schaden. – Versichere viel[421] Wirth, daß sie solche Cortesie und Höflichkeit des Feuers niemalens zu gewarten haben; ja wann sie schon auf der Welt von der Hand des Höchsten verschont werden, so wird sie doch in jener Welt die Justiz des göttlichen Richters wegen ihrer ungerechten Maß sammt andern Dieben und Judas-Brüdern mit dem höllischen Feuer züchtigen.

Soldaten seynd auch nit alle heilig, sondern viel unter ihnen anzutreffen, welche in des Iscarioths Fußstapfen treten. Post diem Martis sequitur dies Mercurii; seynd also Mars und Mercurius die nächsten Nachbaurn, ja ganz bei einander. Mars ein Gott des Kriegs, Mercurius ein Gott des Diebs. Also phantasiren jedoch oft mit der Wahrheit die Poeten. Gewiß ist es, daß die Soldaten sowohl mit dem Rapio, als mit dem Rapier können umspringen; und seynd jene Soldaten nit alleinig, welche Christo dem Herrn seine Kleider auf dem Berg Calvariä ausgezogen, sondern haben ihres Glichters noch mehre. Wann das Wortvornehmer Herr vom nehmen herrührt, so seynd keine vornehmere Leut', als die Soldaten. Bei ihnen heißt Furari auf deutsch finden.

[422] Einem ist auf eine Zeit ein Lämmel entfremdet worden. Der arme Tropf nimmt seine Zuversicht zu dem hl. Vedastum, hofft durch dessen Hilf das Seinige wiederum zu erhalten. Indem nun der Priester oder Pfarrer die Umstehenden ermahnt, daß her Thäter soll in sich selbst gehen und das entfremdete Lämmel wie der erstatten; alsobalden hat der Handschuh dieses Diebs, welcher auch unbekannt unter den Leuten stund, von freien Stücken wie ein Lämmel etlichmal die Stimm geben Me, Me, Me! woraus der Thäter wunderbarlich erkennt worden. Wann der Soldaten ihre Handschuh sollten hören lassen die Stimm dessen, was sie entfremdet, so würden sie auf mein Wort plärren wie die Schaf', gmecketzen wie die Geiß', röhren wie die Ochsen, hünnen wie die Pferd', gronnen wie die Säu, schnadern wie die Säuf', gagetzen wie die Hennen etc.: würde also mancher arme Bauer das Seinige aus der Stimm' kennen.

Von der seligen Jungfrauen Rosa schreiben dieAnnales Minorum etwas Wunderliches: Anno 1252N. 6: Eine Nachbarinn hat diesen gottseligen Jungfrau eine Henn' entfremdet; und als solche die Rosa über und über gesucht, auch derenthalben die Nachbarinn gefragt, weilen aber diese ganz unverschamt solches geläugnet, ja mit vielem Schwören ihre Unschuld wollte darthun: siehe! da seynd augenblicklich diesem diebischen Weib Hennen-Federn um das Maul gewachsen! Aus welchem seltsamen Bart gefederten Maul-Korb leicht war abzunehmen, daß diese die Henn' hat gestohlen. O lieber Gott! wann denen Soldaten sollte allemal etwas um das Maul wachsen von dem, was [423] sie klauben und rauben, so würde manchem sein Maul von Schaf-Woll, von Sauborsten, von Gänsfedern, von Kühehorn so wild aussehen, wie ein Storchen-Nest auf einem Glocken-Thurm.

Etliche gemeine Leut' seynd schon, des einfältigen Wahns, daß sie beständig davor halten, sie verstehen der Vögel ihren Gesang, sprechend: der Rab' singt nit anderst, als Dalk, Dalk, Dalk; der Ammerling singe Edel, Edel, Edel bin ich; der Gimpel singe nit anders als wie du, wie du, wie du; die Maisen singt nit anderst als Zuckersüß,Zuckersüß, gut, gut, gut, Zuckersüß, Zuckersüß; der Spatz aber auf dem Dach singe immerzu Dieb, Dieb, Dieb. Wann dem also wär', so sollten die Spatzen nirgends anderstwo nisten, als in den Häusern der Advokaten, damit sie von früh an, bis auf die Nacht Dieb, Dieb, Dieb, möchten salutirt werden. Allhier aber soll der gerechten und gwissen Advokaten ihre Ehr', Ruhm und Glorie nicht im mindesten geschmälert seyn, sondern es werden nur jene Clarissimi Fures und Advokaten verstanden, welche den armen Parteien das Ihrige abstehlen, den Prozeß wider alles Gewissen viele Jahr' und lange Zeiten ausdehnen, und öfters eine ungerechte Sach' wollen vergulden, wie die Apotheker ihre Pillulen, und kurzum den Kukuk unter die Musikanten, die Nacht-Eul unter das Frauenzimmer, die Leberwurst unter das Konfekt zählen wollen. O Dieb! Der evangelische Maler Lukas [424] entwirft folgende Geschicht': wie daß ein ehrlicher Mann von Jerusalem nach Jericho sey verreist; unterwegs aber ist er unter die Mörder gerathen, welche dem armen Tropfen all das Seinige genommen, bis auf das Hemd ausgezogen und mit Schlägen also hart verwundet, daß sie ihn für halbtodt liegen lassen. Hugo, Cardinal und Erz-Bischof zu Lugdun, allwo 27 heilige Erz-Bischöf gezählt werden, was überaus ein hochgelehrter Mann und berühmter Scribent. Dieser unter andern schreibt über gedachtes Evangelium Lucä, und spricht: daß einer, der unter die gewissenlosen Advokaten geräth, gleich sey demjenigen armen Menschen, der unter die Mörder gerathen zwischen Jerusalem und Jericho, denn diese lateinische Gesellen auch einen um das Seinige bringen und also verwunden, daß er gleichsam halb todt; wenigst zehrt ihm ein solcher ohne den Verlurst das Leben ab.

Momingo am 150 sten Blatt seines Quaresimals schreibt von einem Advokaten, welcher viel Jahr' manchen unbilligen Handel defendirt und gerechtfertiget. Dieser ging einsmals aus der Stadt in seinen unfern entlegenen Maierhof spaziren. Gleich aber außer der Stadt-Porten gesellet sich der Teufel zu ihm als ein Reis-Gespann, welche Begleitschaft dem Herrn Doctor gar nicht wollte gefallen. Etwann hat ihm schon der nagende Gwissens-Wurm wegen seiner mannigfaltig begangenen [425] Unbilligkeiten das Herz gezwickt. Indem diese ihren Weg also fortgenommen, so ist ihm ein Bauer begegnet, welcher ein großes Mastschwein an einem Strick führete, vermuthlich auf den Markt. Weilen aber dieser feiste Speck-Wust nit wollte gehen, so ist der Bauer hierüber erzürnet und in den gewöhnlichen Fluch ausgebrochen: gehe, daß dich der Teufel hohl! Der Advokat wendet sich unverzüglich zum Teufel, den er gern von der Seite hätte: Allo! Teufel, diese Sau gehört dir zu, warum hohlest du sie nit? Nein, nein, spricht der Schwarze, er meints nit von Herzen, der Bau'r hat's nur aus Zorn geredet; zum andern acht' ich nit viel das schweinerne Fleisch, meine beste Bissel seynd die Seelen. Wie sie nun weiter fortgangen, so treffen sie eine Mutter an vor der Hausthür', welche ihrem Kind die Haar' auskämplet, und weilen solches kleine Büberl den Kämpel Raufens halber weigerte, hat die Mutter aus Ungeduld aufgeschrieen: Halt du Fratz, daß dich der Teufel hohl! worauf der Doctor mehrmalen der Teufel angeredet: Warum er doch das Kind nicht nehme, da daß er eine Seel zum besten? Hat sich wohl nehmen! sagt darauf der saubere Kamerad, dieß ist nur ein gemeiner Mutter-Fluch, es ist ihr bei weitem nicht also ums Herz: beinebens ist das Kind unschuldig, und hab ich keine Gewalt zu ihm. Endlich kommen sie in ein Dorf, in welchem etliche bei einander stunden, die kurz vorhero dieser Advokat durch einen ungerechten Prozeß und unbilliges Recht um all' das Ihrige gebracht. Kaum daß diese des Doctors ansichtig worden, [426] haben sie gleich angefangen zu schreien: O Schelm! o Dieb! o ungerechter Advokat! daß dich der Teufel mit Leib und Seel' hohle! – Ho! Ho! sagt der Teufel zu seinem Mitgespann, hast du es vernommen, was die Leut' sagen? sie sagen die Wahrheit, und meinens von Herzen; dahero unnöthig, daß wir weiter gehen. Und darauf hat er ihn in die Lüften geführt, auch nimmermehr ersehen worden. – Dieser wird ungezweiflet nit allein aus solchen lateinischen Dieben in der Hölle seyn, sondern eine unzählbare Anzahl bei sich, neben sich, unter sich, ober sich und um sich haben, welche nicht den Bartolum, sondern den Bartolomäum an die Hand genommen, die armen Parteien geschunden, und auf Egel-Art ihnen das Blut ausgesogen. Ihr Advokaten und Juristen seyd gute Latinisten! so erwägt denn wohl, was der englische Thomas von Aquin euch in die Ohren schreit, auf einer Tafel schreibt: Dicendum, quod Advocatus, si in principio credidit causam justam esse, et postea in processu appareat esse injustam, debet causam deserere, vel eum, cujus causam agit, ad cedendem inducere, sive ad componendum sine Adversarii damno. Qui verò scienter injustam defendit, absque dubio graviter peccat, et ad restitutionem tenetur ejus damni, quod contra justitiam per ejus auxilium altera [427] pars incurrit: »Wenn ein Advokat erkennt, daß seine Partei Unrecht hat, gleichwohl die Action ferners fortführet mit seinen verstrickten, verzwickten, verflickten Legibus, so thut er sich hoch versündigen, gehört unter die Dieb' und ist verbunden und schuldig den Schaden zu ersetzen, welche der Gegentheil hierdurch erlitten. Wann ein Advokat glaubt, seine Partei habe ein billiges Recht, nachgehends aber der Ausgang das Widrige zeiget und verliert, so ist der Advokat mehrmalen nit zu entschuldigen, massen er nit weiß, was er wissen soll, ist demnach im Gewissen verpflicht', ehe und bevor er eine Action führet, daß er vorhero dieselbige wohlsinnig entörtere, ob sie recht oder unrecht. Wann ein Advokat in 6 Jahren, in 16 Jahren, in 26 Jahren, wie ich selbsten weiß, erst vollendet, den er in einem halben Jahr leicht hätte können zu End' bringen, sondern derenthalben solches Recht so lang ausgedehnt, damit ihm die Bestallung desto länger dauere: so ist er mehrmalen unter die Haupt-Dieb zu rechnen, und gebührt ihm nichts anderst, als Restis und Restitutio«

Matthäus a Bascio ist ein heiligmäßiger Kapuziner, welcher mit großen Wunderwerken erleuchtet. Unser andern hat ihm einst ein vornehmer und [428] reicher Advokat zur Tafel geladen; wobei denn der gottselige Mann erschienen, anstatt aber der guten Bissen das böse Gewissen angriffen, ihm dem Herrn Doctor ernstlich zu Herzen geführt, wie mächtig er sich in seiner Advokatur versündiget habe, und dafern er das so unbillig erworbene Gut und Geld nit wieder zurück gebe, und seine begangene Ungerechtigkeit bußfertig bereue, so werde die urplötzliche Straf des göttlichen Richters über ihn kommen, und zur ewigen Rach' ziehen. Zum Wahrzeichen und mehrerer Bestätigung ergreift Matthäus das Tischtuch, druckt dasselbige zusammen, aus welchem dann so häufiges Blut gerunnen, daß eine große Schüssel darmit angefüllet worden. Siehe! sagt der wunderthätige Mann: Das ist das Blut der Armen, welches du ihnen durch ungerechte Prozeß und Rechts-Führungen ausgesogen, dieses schreit im Himmel, und begehrt Rach wider dich. – Wann dieser wunderthätige Mann in unserm lieben Deutschland wäre und etliche Advokaten heimsuchte, so würde er aus manchem sammeten Rock eines Doctors, aus manchem seidenen und kostbaren Kleid einer Doctorinn, aus mancher silbernen und guldenen Kandl eines Advokaten, aus manchem Tischtuch eines solchen Legulei auch das helle Blut der Armen heaauspressen. Blutegel, Blutsutzler, Blutrauber, Blutschwammen, geht doch in eure Gewissen, gedenkt doch, daß eure ungerechte [429] rechte Gewinn' nur zeitlich, die Straf aber ewig: erwäget doch, daß der ungerechte Kreuzer euer Weib und Kinder endlich an den Bettelstab und Bettelstand, eure arme Seelen aber zur Höllen befördern werden! Ihr, gerechte Juristen aber und gewissenhafte Advokaten, verharret in euerer preiswürdigen Justiz, überladet euch nicht mit fremdem Gut, tretet in die Fußstapfen des hl. Advokaten Ivonis, schützet und schirmet die Armen, so wird sich Gott euerer erbarmen!

Der allmächtige Gott ist einst dem Patriarchen Abraham erschienen, ihm den Befehl gegeben: Abram exi de terrâ tuâ: »Abram, ziehe aus deinem Land',« von deiner Verwandtschaft, von deines Vaters Haus, und komm in das Land, das ich dir zeigen will, und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen, und deinen Namen groß machen, und du sollst gesegnet seyn! Ueber dieß ging Abram heraus, wie ihm Gott der Herr befohlen hat, und Loth zog mit ihm. Fünf und siebenzig Jahr' war Abram damalens alt. Wegen eines so willfährigen Gehorsams bat Gott dem Abram unterschiedliche Verheißungen gethan, ihm zugeredt, er solle die Augen wenden gegen den gestirneten Himmel und allda die schönen, scheinenden, glänzenden, schimmernden Stern' beschauen, er solle betrachten die Menge der kleinen und winzigen Sandkörnlein am Ufer des Meeres: also soll sein Name, Same und Stamm vermehret werden! Hier durch war der Gehorsam des hl. Manns noch nit sattsam bekannt. Gott erscheint ihm mehrmalen und spricht diese Wort' zu ihm: ich bin der allmächtige Gott, wandle vor meiner und sey vollkommen, [430] und ich will meinen Bund aufrichten zwischen mir und dir, und ich will dich über die Massen sehr vermehren! Du fiel Abram nieder auf sein Angesicht, und Gott sprach zu ihm: Ich bins, und hab' einen Bund mit dir, und du sollst ein Vater vieler Völker seyn, und dein Name hinfüro soll nit mehr Abram seyn, sondern du sollst Abraham genennet werden: »Nec ultra vocabitur nomen tuum Abram, appellaberis Abraham!« – Warum der allmächtige Gott dieses Patriarchen Abram seinen Namen verändert hat, setzen dessen mannigfaltige Ursachen die Ausleger der hl. Schrift, welche diesseits beizufügen unnöthig seynd. Es wäre der Zeiten höchst nothwendig, daß auch die Dieb' ihre Namen vertauscheten: In allen Ländern, in allen Städten, in allen Dörfern, in allen Gassen, in allen Orten gibts Abräm. Wo ist eine Stadt? in der Stadt wo eine Gasse? in der Gasse wo ein Haus? in dem Haus wo ein Zimmer? in dem Zimmer wo ein Tisch, wo eine Bank, ein Stuhl, eine Stell', wo nichtAbräm gefunden werden? verstehe große Dieb', größere Dieb', die größten Dieb', verstehe kleine Dieb', noch kleinere Dieb', die kleinsten Dieb', welche alle nichts anderst seyn als lauter Abräm! Aber sie thun abrämen , wo es nit erlaubt, sie thun abrämen, was sie sollten liegen lassen, sie thun abrämen, was das siebente Gebot verbietet. Diese sollten freilich wohl ihren Namen verändern, dafern sie wollten Gott gefallen.

[431] Vor diesem ist das Stehlen nicht also im Schwung gangen, wie der Zeiten, und seynd dazumahlen viel weniger Dieb' gezählet worden, als bei diesem Welt-Lauf'. Der verlorne Sohn, nachdem er durch Kandl und Antl gerathen ist in einen elenden Wandel – vivendo luxuriose – und ein solcher armer Schlucker worden, daß er auch in kurzer Zeit von Freiburg auf Schweinfurt gereist, und aus einem Freiherrn ein Sauhirt worden: in solche äußerste Noth ist er kommen, daß er wegen Mangel des Brods schier vor Hunger gestorben – gleichwohl liest man nit, daß er in seiner größten Armuth hätte gestohlen, allwo ihn doch die größte Noth und höchste Bedürftigkeit in etwas hätte entschuldiget; sondern er als ein edler Jüngling hat lieber wollen die Säu' hüten, als mit Stehlen oder Partitenmachen sich erhalten. Dermahlen aber, bei diesen verkehrten Zeiten, seynd die Leut' also übel gesittet, daß sehr viel mit Diebstahl und Räubereien ihren Unterhalt suchen, als durch ehrlichen Dienst sich ernähren. Von dem Igel schreiben die Naturkundigen, daß er ein arger Dieb sey, und pflegte zur Herbstzeit auf die Aepfel- und Birnbäum' zu steigen, von denen das Obst herunter zu werfen; nachdem er den Baum ziemlich beraubt, so steigt er wieder hinunter, wälzt sich mit seiner gestachleten Haut hin und her, und spießt solchergestalten alle seine gestohlenen Früchte an seine Spitz, mit welchem Raub er nachgehends in seine Höhle eilet. Dieser Dieb stiehlt mit lauter Spitz; also werden nit wenig Dieb [432] angetroffen, welche mit lauter spitzfindigen Diebstucken sich ernähren.

Was kann argers und ärgers seyn, als was sich zuGenua zugetragen? In dieser berühmten Stadt wurde auf eine Zeit ein sehr hochfeierliches Fest in gewissen Kirchen begangen, und war ein volkreicher Zulauf zu dieser erstermeldeten Solennität. Unter andern wollt auch ein Deutscher (welcher theils aus Andacht, anderseits auch aus Vorwitz etwas neues zu sehen begehrte) in besagte schöne Kirche sich begeben, dem aber unweit dieses Gotteshauses ein anderer begegnete mit lachendem Mund und freudenvollen Angesicht, und ihn ganz trostreich bewillkommt, sprechend: Grüß dich Gott, mein tausend Bruder, wie treffen wir so wundersam einer den andern an? Von Grund meines Herzens erfreue ich mich, daß ich dich noch in gewünschter Gesundheit finde, mein liebster Bruder! – Der gute Deutsche verwundert sich hierüber, konnt' sich auf keine Weis' dieser unverhofften Bruderschaft oder Bekanntschaft entsinnen, schüttlet derenthalben manierlich den Kopf, mit dem Verlaut: er kann sich gar nicht erinnern, daß er einmal des Herrn sey ansichtig, viel weniger bekannt worden. Dieser Erz-Schalk aber verstellte auch in etwas sein Angesicht, sagend: mein Bruder, gedenkst du dann nit mehr an die Vertraulichkeit, so wir vor drei Jahren zu Wien in Oesterreich im Hasenhaus gepflogen? Bitt' dich um Gottes willen, soll dir dann schon entfallen seyn jener Possen, den wir beede der Köchinn daselbst erwiesen, [433] da sie einmal einen guten schweinernen Schunken beim Feuer kochte, seynd wir beede ihrer unvermerkt hingangen, den Schunken aus dem Hafen herausgezogen, anstatt dessen des Hausknechts alten Stiefelbalg hineingesteckt, – welches nachmals die leichtgläubige Köchinn für eine Zauberei gehalten, der bethörten Meinung, der Schunken sey durch böse und ihr mißgönnende Leut' in einen Stiefelbalg verkehrt worden. Mein tausend Bruder! sollst du diesen erfreulichen Gespaß schon vergessen haben? Ei du lächerlicher Vocativus, stell' dich doch nit also fremd! – Ich, sagte hierauf der Deutsche, nehme mein eignes Gwissen zum Zeugen, daß ich die Zeit meines Lebens mit dem Herrn nit habe ein einiges Wort geredet; thut sich also der Herr wegen etwann gleichgstaltem Angesicht irren und mich für einen andern ansehen. – Der verschmitzte Bösewicht gibt hierüber Glauben, und bittet um Vergebung, daß er ihn also vertraulich hat empfangen; es wäre dessen aber keine andere Ursach', als weilen er im Gesicht und Leibs-Beschaffenheit einem seiner besten Freunde ganz ähnlich und gleich sey. Fragt beinebens, wohin er seinen Weg nehme? und wie er verstanden, daß er obbesagter Solennität wegen sehr fremden Ceremonien wolle beiwohnen, gab er ihm diesen, äußerlichen Scheins halber, sehr guten Rath: Mein lieber Herr, sprach er, weilen der Herr Gesicht und Gstalt halber meinem werthesten Freund ganz gleichet, so will ich den Herrn vor einem Schaden und Uebel warnen! Vermuthlich wird der Herr [434] mit etlichen Dukaten versehen seyn? Es wisse aber mein Herr, was arglistige, spitzfindige, durchtriebene Beutelschneider allhier seyn, welche gemeiniglich bei solchen Festtagen ihren besten Jahrmarkt haben, und denen Leuten aus den Säcken, sogar das Geld aus den Händen practiciren. Der Herr folge meinem Rath: die etlichen Dukaten, so er bei sich hat, nehme er ins Maul, deßgleichen ich auch; solchergestalten werden wir beede der schlauen Beutelschneider ihre Ränk' hinterlistigen. Dieser gute, ehrliche Deutsche hält diesen Rath für angenehm und heilsam, verbirgt etliche Dukaten ins Maul, und gehet sammt diesem in die Kirche. Was folgt? Unter währendem feyerlichen Gottesdienst, da jedermann niederknieet, hat der Mitgespann, oftgenannter Bösewicht, das Schnupftüchel aus dem Sack gezogen, sich stellend, als hätte er ein gewisses Geld unbehutsam dar mit herausgestreuet. Grablete also auf der Erde hin und her, und lamentirte; die Gegenwärtigen bücken sich auch etwas, und fragte einer den andern, was er suche? Ach Gott! versetzt er hierüber ganz kläglich, ich habe mit dem Schnupftuch etliche Dukaten herausgezogen, und kanns nit mehr finden. O, sagt der obbemeldete Erz-Schalk und Haupt-Dieb, ich hab' gesehen, daß dieser Deutsche sich auch gebücket, die Dukaten aufgeklaubt, und ins Maul geschoben. Als nun die Umstehenden ihn mit harten Worten angegriffen: er soll [435] dem armen Tropfen das Seinige erstatten; er, der gute Deutsche aber wegen seiner eignen Dukaten, die er vorhero aus Einrathung dieses Erz-Schelm ins Maul gestecket, konnte derenthalben nit recht reden, viel weniger sich entschuldigen, und weilen die Anwesenden vermerkt, daß er Geld im Maul hatte, strengten sie ihn noch heftiger an, daß er also zur Vermeidung größern Unheils sein eignes Geld aus dem Maul dem andern mußte darstrecken. – Das heißt ja nit das Brod, sondern gar das Gold vom Maul weggeschnitten! Dergleichen spitzfindige Diebstähl' hätte ich eine große Menge beizubringen, die ich mit allem Fleiß umgehe, damit nit hierdurch andere in ihren Diebs-Anschlägen mehr unterrichtet werden.

Dieb' und Judas-Brüder glauben fast, daß sie durch Stehlen reich werden; aber es zeigt die beständige Erfahrenheit das Widerspiel, und erfahret man allemalen, daß wahr sey, was die Alten im Sprichwort hatten: Wie gewonnen, so zerronnen. – Der gebenedeite Heiland erzählet von einem König, welcher Rechnung wollte machen mit seinen Knechten. Und als er anfing die Rechnung zu halten, kam ihm einer vor, der war ihm zehen tausend Pfund schuldig. Dieser war ein Haupt-Dieb; dann zehen tausend Pfund zu stehlen ist eine ehrliche Zahl in einer unehrlichen Sach. Der König begehrte das Seinige, wie billig und recht. Dieser saubere Offizier und Beamte hatte nicht einen Kreuzer, daß er möchte erstatten: »Cum autem non haberet, unde redderet.« Aber um Gottes willen, Herr von Greifengeld, wie habt ihr eine so schöne Summa Geld [436] anworen, daß ihr anjetzo ein so armer Schlucker seyd, und mit der Nasen müßt auf den Aermel schreiben? nit einen Kreuzer mehr in dem Beutel? Der Hut hängt die Flügel, wie ein abgestoßenes Schwalben-Nest, die Hosen seynd durchbrochen mit Philagran-Arbeit, die Schuh seynd ledern, aber auch liederlich; dann der große Zehen zum Fenster heraus schauet, um zu sehen, ob der Meister Hans bald werde mit dem Leist ankommen. Von zehen tausend Pfund kein Pfund mehr? kein halb Pfund mehr? kein viertel Pfund mehr? Herr Dietrich, wo ist das Geld hinkommen? Ach Gott! male parta male dilabuntur: »Wie gewonnen so zerronnenNon invenerit fraudulentus lucrum, sagt der hl. Geist selbsten: »Der mit Betrug umgehet, findet keinen Gewinn

Dem hl. Rufino ist einmal einer in den Garten eingestiegen, und ihm das beste Kraut und Kräutelwerk entfremdet, solches nachmals in einem Hafen zu einem großen Feuer gesetzet. Allda hat der Dieb mit höchstem Wunder erfahren müssen, daß besagtes Kraut auf keine Weis' konnte gekocht werden, sogar das Wasser einen halben Tag bei dem Feuer ist nicht warm worden. Kraut-Dieb, wie gehts? A. schlecht. »Bei gestohlenen Dingen will nichts gelingen

Dem hl. Odom hat ein Dieb ein Pferd gestohlen[437] sich behend' auf dasselbige gesetzet, ihm den Sporn geben, und seiner Meinung nach schon etliche Meil' postirt; zu Morgens bei anbrechendem Tag hat er sich an demselben Ort befunden, wo er das Pferd gestohlen! Pferd-Dieb, wie gehts? A. schlecht. »Bei gestohlenen Dingen will nichts gelingen

In dem Kloster zu Cassin seynd die Dieb' in den Keller gebrochen, und daselbst einen ganzen Sack voll Fleisch, Käs' und Speck angefüllt. Alls sie nun wollten den Sack aufheben, haben sie nit anderst vermeint, als selbiger sey mit lauter Blei angefüllt; derenthalben gezwungen worden, diesen Raub allda zu lassen, und auf keine Weis' können entrinnen, bis sie von allen Geistlichen ersehen worden. Käs-Dieb, Speck-Dieb, wie gehts? A. schlecht. »Bei gestohlenen Dingen will nichts gelingen

Den hl. Bischof Zeno haben auf eine Zeit etliche Soldaten um einige Fisch' ersucht, welchen dann der heilige Mann gutherzig drei große Fisch geschenket. Die Gesellen aber waren hierdurch nicht ersättiget, sondern den vierten dazu gestohlen. Als sie nun diesen zu Haus in ein siedendes Wasser geworfen, so hat solcher auf keine Weis' mögen gekocht werden, sondern stets in dem siedheißen Wasser lebendig verblieben. Fisch-Dieb, wie gehts? A. schlecht. »Bei gestohlenen Dingen will nichts gelingen

Dem Meßner bei St. Guigneri – schreibt der hl. Anselmus – haben etliche freche Dieb' eine Kuh gestohlen bei nächtlicher Weil. Siehe! da seynd alsobalden [438] auf den zwei Hörnern der Kuh zwei große Lichter erschienen, welche diese Dieb verrathen. Kuh-Dieb, wie gehts? A. schlecht. »Bei gestohlenen Dingen will nichts gelingen

Es ist in Schottland eine Mühl', welche den Namen wie forderist auch eine besondere Gnad' hat vom heiligen Fridiano. Wann jemand ein gestohlenes Treid auf diese Mühl schüttet, so thut sie solches auf keine Weis' zu Mehl machen, und währet dieses Wunderwerk noch auf heutigen Tag. Treid-Dieb, wie gehts. A. schlecht. »Bei gestohlenen Dingen will nichts gelingen

Was halt ich mich mit fremden und vielen unbekannten Geschichten aus! wir wissen selber viel, wir zählen selbst nit wenig; uns kommen oft solche unter die Augen, welche da aussehen wie des Samsons seine Esels-Kinnbacken, zaundürr; welche ein Kleid tragen wie des Jacobs seine Lämmel, voller Fleck; welche da eine Wohnung haben wie des Alexius, unter der Stiege; welche Augen haben, aber nur solche, die vor Trübsal stets im Wasser schwimmen; welche Zähn' haben, aber nur solche, dir Kümmer-Nuß müssen aufbeißen; welche Händ' haben, aber nur solche, die den Bettelstab müssen führen; welche Füß' haben, aber nur solche, die von Haus zu Haus gehen, das Brod bettlen; welche zerrissen seynd in Kleidern, jedoch beinebens ganze Bettler; welche nichts zu essen haben, doch beinebensManglkern, Manglnuß, Mangltorten gnug; welche baarfuß gehen, und jedoch beinebens drückt's der Schuh allerseits; welche mit einem Wort elende, verlassene, bedrängte, betrübte Bettler seynd; – und[439] wir haben doch ihre Eltern gar gut bekennt, vor ihnen nit einmal den Hut gerucket. Sie waren so reich, daß sie schier dem Cröso den Trutz geboten. Was man bei ihnen gesehen, war Gut und Geld; was man bei ihnen griffen, war Geld und Gut; was man bei ihnen gefunden, war Gut und Geld. Es ist gewiß, daß auf ein jedes Kind so viel tausend Gulden erblich gefallen, und gleichwohl ist alles, alles, alles hin: Der Hans Jacob hat so viel tausend empfangen, nun ist alles hin, jetzt gibt er einen Jacobs-Bruder ab; der Christoph Reichard hat so viel tausend geerbt, nun ist alles hin, jetzt ist aus einem Reichard ein Gebhard worden, dann er hat selbsten nichts; der Georg Vital hat so viel tausend im baaren Geld gezogen, nun ist alles hin, der Vital muß bald gar ins Spital. Um Gotteswillen, wo ist das Geld hinkommen? O fragt nit lang! De malé quaesitis non gaudet tertius Haeres. »Was man unrecht thut erwerben, das kommt nit zum dritten Erben!« Denn ihr Vater war der und der Herr, ihre Mutter war die und die Frau, ihr Reichthum war das und das – was dann? – das und das Diebsstück. Er hat sich in seinem Dienst mit fremdem Gut und Geld bereichert, dem kaiserlichen Beutel das Festum Circumcisionis [440] celebrirt. Wie gewonnen, jetzt ist es also zerronnen. Besser, besser, und ersprießlicher, wie auch nützlicher ist ein gerechter Kreuzer, den der Vater seinem Kind hinterläßt, als hundert Gulden, die mit Unrecht erworben. »Bei gestohlenen Dingen will nichts gelingen«

Der gelehrte Aristoteles schreibt von den Adlers-Federn etwas Denkwürdiges: daß, wann man diese zu andern Federn lege, pflegen die Adlers-Federn die andern zu verzehren und ganz aufzufressen. Fast eine gleiche Beschaffenheit hat es mit dem durch Betrug und Diebstahl erworbenen Gut: wann man einen ungerechten Kreuzer zu einem gerechten Groschen legt, so wird der gerechte den ungerechten verzehren. Sobald ein ungerechter Gulden ist das Haus kommt, so fliehen zehen gerechte. Gulden aus dem Haus. Henricus der Achte, König in Engelland, war fast der reichste Monarch in Europa; nachdem er aber die geistlichen Güter hat räuberisch angriffen, ist er nit nur allein zu größerem Reichthum nit gelangt, sondern augenscheinlich ärmer worden: nachdem er über die tausend Klöster zu sich gezogen, und aus dero jährlichen Renten und Einkünften viel hundert tausend zählte, ist er doch viel ärmer worden und bedürftiger: »Multo pauperior post istam expilationem fuit intra paucos annos.« Das gerechte Gut hat das ungerechte verzehret. Trüb und Dieb' haben fast gleiche Art: wann der Himmel trüb ist, so sieht [441] man keinen Stern, wann der Lümmel ein Dieb ist, so spürt man weder Stern noch Glück bei ihm.

Für die Dieb' gehört ein Galgen, dann nicht umsonst in den zehn Geboten am siebenten Ort stehet:Du sollst nicht stellen. Denn Numero 7 schreibt man wie einen Schnell-Galgen. Ich aber bin was gütiger mit denen Dieben, und schenk' ihnen einen Odder Odder und Biber seynd sonsten gute Fasten-Speisen; denn das Quotidiè beim Stockfisch auch ein Grausen verursacht. Der Habakuk hat den Daniel mit einem Koch tractirt; der Abraham hat seinen Gästen einen guten kälbernen Braten aufgesetzet; die Rebecca hat dem Isaac ein gebratenes Kitzl anstatt des Wildprets aufgetragen; ich aber tractire die Dieb' mit Fasten-Speisen, mit Odder Nehmet hinaus, ihr Dieb'! laßt euch nit vorlegen, ihr Dieb'! laßt euch's wohl schmecken, ihr Dieb'! Gott woll euch's gesegnen, ihr Dieb'! thut einmal eines Bescheid, ihr Dieb'! laßt ein's herum gehen, ihr Dieb'! ihr Dieb', trinkt einmal in Gesundheit aller Dieb'! ihr Dieb', sagt's allen andern Dieben, daß sie sollen zu mir kommen, mit meiner wenigen Tafel Verlieb nehmen! Ich will euch lauter Odder aufsetzen. [442] Odder eine gute Speis', eine gesunde Speis', eine heilige Speis'! Verstehe mich aber recht: das Wörtel Odder müßt ihr zurück lesen! alsdann heißt es Reddo, auf deutsch: Ich gibs wieder. Ihr Dieb', was ihr gestohlen,gebts wieder! sonst kommt ihr wahrhaftig in die Nieder, das ist, in die Höll!

Sehr viel Doctores der Medicin ober Arznei seynd heilig gewest: Lucas ein heiliger Medicus, Ursicinus ein hl. Medicus, Cosmas und Damianus heilige Medici, Cyrus und Joannes heilige Medici, Blasius ein hl. Medicus, Codratus ein hl. Medicus, Antiochus ein hl. Medicus, Pantaleon ein hl. Medicus, Zenobius ein hl. Medicus, Liberatus ein hl. Medicus, Aemilianus ein hl. Medicus etc. Weilen ich eine so große Anzahl den heiligen Medici antreffe, so will ich mich auch für einen Medico brauchen lassen, und weilen ich zuvor die Dieb' habe tractirt, so will ich ihr Diebs-Medicus auch seyn. Ich bin zwar kein Galenus, das ist wahr, ich bin kein Hippocrates, das ist wahr, ich bin kein Aesculapius, das ist wahr; aber doch kann ich die Dieb' curiren. Die Natur der Kräuter, die Wirkung der Wurzlen, die Eigenschaften der Mineralien weiß ich nit; aber dannoch die Dieb' kann ich curiren, und bestehet mein Recept in einem Vomitorio R. Vom.. Wann einer etwas gegessen hat, [443] so ihm ungesund und sehr drücken thut, so ist das beste Mittel Vomitorium: Er gibts wieder. Hart zwar kommts einen an, wann einer musiciren thut, daß die Säu' die Noten fressen, wann er grob reden thut, daß man die Wörter mit dem Besen zusammen kehret, wann er so würgen thut, als wollt er Holz-Aepfel pressen, wann der Magen so freigebig ist, wie ein Müllner-Beut'l, wann der Schweiß über das Angesicht rinnt, mit einem Wort: hart kommts ihn an, wann er wieder gibt. Aber nachdem es geschehen, so frage ihn, wie er sich befinde? Ganz wohl, wird er antworten, er befinde sich ganz wohl um das Herz, es druckt ihn nit mehr, es sey ihm nit mehr so ängstig. Gott sey Lob, ich bin ganz gesund! – Ihr Dieb, ihr habt ein fremdes Gut zu euch genommen, das ist euch nit gesund, ists nit wahr? Bekennets, wann ihr aus der Predigt geht, wann ihr in Büchern leset, so druckts euch um das Herz, der Gewissens-Wurm nagt im Busen, es ist euch ganz ängstig um das Herz. Recipe Vomitorium, das beste Mittel: gebts wieder zurück! was ihr ungerecht zu euch genommen. Sonnst ist kein einiges anderes Mittel! Non dimittitur peccatum, nisi restituatur ablatum.


»Man kann keinen von Sünden lösen,

Er geb' denn zurück das gstohlne Wesen!«


Zachäus ein kleiner Mann, aber ein großer Dieb, hat mehr als einen, zwei, drei, vier, fünf betrogen; hat mehr als fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn übervortheilt; hat mehrern als eilfen, zwölfen, dreizehn, [444] vierzehn, fünfzehn etc. gestohlen. Des Zachäi Augen waren Diebs-Augen, denn er schauete nur auf ungerechten Gewinn; des Zachäi Maul war ein Diebs-Maul, dann ihm die Zähn' nur nach fremden Gut wässerten; des Zachäi Händ waren Diebs-Händ', dann solche so manchen fremden Groschen an sich gezogen; des Zachäi Füß' waren Diebs-Füß', dann solche nur gangen auf eignem Nutzen: Zachäus war ein arger, ein karger Dieb in Habschaften, war ein bloßer und großer Dieb in Handelschaften, war ein verriebener, durchtriebener Dieb in Sippschaften, war ein verlogener, betrogener Dieb in Bürgschaften. Zachäus war ein Dieb im Einhandlen, ein Dieb im Aushandlen, ein Dieb im Umhandlen, ein Dieb im Abhandlen, ein Dieb im Vorhandlen, ein Dieb im Nachhandlen, ein Dieb Vormittag, ein Dieb zu Mittag, ein Dieb Nachmittag, ein Dieb allezeit. Es hat einmal ein frecher Gesell gehört aus dem Evangelio die acht Seligkeiten lesen. Unter andern auch dieses: Beati pauperes etc.: Selig seynd die Armen, dann ihnen gehört das Himmelreich! Ich, sagt er, hoffe unfehlbar in den Himmel zu kommen, denn ich hab' schon manchen in den Himmel geholfen, weilen ich viel arme Leut' gemacht hab'. Ein anderer rühmte sich, daß er viel arme Häuser habe gestiftet. Glaub's wohl, – durch Stehlen und Rauben. Ein solcher war Zachäus, nicht besser, etwann böser. Nachdem er aber mit barmherzigen Augen von dem gütigsten Heiland ist angeschaut worden, ja solcher gar diesen offenen Sünder in seinem Haus heimgesucht, das Gemüth erleucht', hat Zachäus seinen Wucher bekennt, [445] seine Diestähl' Christo dem Herrn selbsten gebeicht, und also von unserm Herrn selbst in eigner göttlicher Person absolvirt worden. Aber wie? – merkts wohl, ihr armselige Menschen, die ihr mit fremden Gut beladen! – mit dem Geding' hat Zachäus die Absolution erhalten, daß er solle alles gestohlene Gut zurück geben, – wie er es dann so gar wirklich erstattet hat. »Non dimittitur peccatum, nisi restituatur ablatum:


Man kann keinen von Sünden lösen,

Er geb' dann zurück das gstohlne Wesen.«


Du und du und du! – holla! ich hätte sagen sollen: Euer Vöst, Euer Gestreng, Ihr Gnaden! seyd ihr euerem Kaiser, eurem Fürsten, eurem Herrn untreu gewest in seinen Diensten, seyd ihr mit seinem Geld umgangen, wie der Habicht mit der Taube, habt ihr wie ein Egl, habt ihr gesogen wie ein Badschwamm:Reddite! gebts wieder! Es ist euer Beten nit genug, es ist euer Weinen nit genug! wann ihr auch weint, daß ihr möcht die Donau schwellen; wann ihr es auch bereuet, daß euch möcht das Herz zertrümmern; wann ihr auch betet, daß euch das Maul staubt: so ist alles nit genug, sondern wird nothwendig erfordert das Reddo, ich gibs wieder.

Du Kavalier, wann du dem armen Handwerks-Mann das Seinige nur halb bezahlest, das halbe aber abgestohlen: Redde, gibs wieder, oder du kommst in die Nieder.

[446] Du Gerhab oder Gernhab, wann du dich mit den kleinen Pupillen hast groß gemacht, und mit dero Interesse deine Prozesse gesucht: Redde, gibs wieder, oder du kommst in die Nieder.

Du Advokat, wann du den Rechtshandel gezogen wie der Schuster das Leder, und eine kleine Sach' so groß gemacht, wie die Rürnberger einen Dukaten schlagen: Redde, gibs wieder, oder du kommst in die Nieder.

Warum hat der gebenedeite Jesus keinen andern Tod erwählt, als allein die Kreuzigung? warum hat er nit wollen enthauptet werden, wie Joannes Baptista? warum nit versteinigt werden wie Stephanus? warum nit gebraten werden wie Laurentius? warum nit geschunden werden wie Bartholomäus? warum nit? Darum, die göttliche Justiz und Gerechtigkeit hat es also wollen haben. Denn Adam hat einen Diebstahl begangen in Paradies, indem er invito domino »wider den Willen Gottes« den Apfel entfremdet; und wie Momingo mit andern davor hält, sey dasselbige Obst also beschaffen gewest, daß, wann mans von einander geschnitten, sey in einem jeden Theil oder Spältel das Kreuzzeichen zu sehen gewest. Weilen dann ihm, Gott, eine solche Kreuz-Speis' ist gestohlen worden im Paradies, so hat die göttliche Justi; begehrt die Restitution und Wiedergeben; mußte demnach für dieses Obst eine andere [447] Kreuz-Frucht erstatten, und diese war die gebenedeite Frucht deines Leibs, o Maria! Jesus am Kreuz.

Cäsar Baronius schreibt von einem vornehmen Grafen in Deutschland, welcher einen frommen und gottsfürchtigen Wandel geführt. Aber Gottes Urtheil seynd weit entfernet von der Menschen Meinung. Nachdem erstgedachter Graf mit Tod abgangen, hat ein heiligmäßiger Ordens-Mann ein erschreckliches Gesicht und Geschicht' erfahren: er sah nemlich eine fast grundlose Tiefe, allerseits voll der empor steigenden höllischen Flammen. Mitten in diesem Schwefel-Feuer war eine ganz glühende Leiter, auf welcher stunden alle Grafen von diesem Stamm-Haus, und war der erste obenher, der etlichen Tagen gestorben, besser hinunter sein Vater, mehr hinunter sein Anherr, weiter hinunter sein Ur-Anherr, etc. etc. etc. bis also auf den zehnten Erben. Der heiligmäßige Religios war nit wenig entrüst über dieses grausame Spectacul. Forderist wundert er sich über den letzten Grafen, der seines Achtens halber ein frommes und gottesfürchtiges Leben führte. Indem er in solchen verwirrten und verwickleten Gedanken stunde, da hört er eine Stimm, welche ihm ganz deutlich zu verstehen gab, derentwegen diese Grafen in solcher elender Ordnung verdammet seyn, um weilen einer aus ihren Ur-Anherrn diese Herrschaft ungerechter Weis' an sich gezogen, und folgsam alle Besitzer dieses Guts, weilen sie solches nicht wieder zurück geben, ewig, ewig, ewig verloren seynd. Allem Vermuthen nach hat dieser Graf nicht gewußt, daß er seine Herrschaft mit rechtem Gewissen nicht besitze; er hätte aber sollen nachfragen, nachforschen, nachsuchen, mit was Fug dieses Gut ihm sey zukommen. [448] Er hat zwar einen tugendreichen Wandel geführt; wann schon.

Wann du schon eine Sanftmuth an dir hast, wie da gehabt hat in dem alten Testament Moses, in dem neuen Testament Martinus, und bist ein lauteres Lämmel; wann du schon eine Reinigkeit an dir hast, wie da gehabt hat in dem alten Testament Joseph, in dem neuen Testament Thomas von Aquin, und bist eine lautere Lilie; wann du schon eine Lieb' an dir hast, wie da gehabt hat im alten Testament Noe, in dem neuen Testament Augustinus, und bist eine lautere Flamme; wann du schon einen Glauben an dir hast, wie da gehabt hat im alten Testament Abraham, in dem neuen Testament Gregorius Thaumaturgus, und bist ein lauteres Licht; wann du schon eine Demuth an dir hast, wie da gehabt hat in dem alten Testament David, in dem neuen Testament Franziskus, und bist ein lauteres tiefes Thal; wann du schon eine Geduld an Dir hast, wie da gehabt hat in dem alten Testament Job, in dem neuen Testament Xaverius, und bist eine lautere Laute: – so hilft doch alles dieses dir nicht zu deiner Seligkeit, wann du das Gestohlene nicht wieder gibst.

Klopf an das Herz mit dem offenen Sünder, weine mit Magdalena, bete mit Catharina, demüthige dich mit Martha, thue viel Gutes deinem Nächsten mit dem Samaritan; wann du aber das Gestohlene nicht zurück gibst, so ist alles umsonst! Wache, bete, faste: faste, daß dir die Rippen krachen, bete, daß dir die Zunge müd' werde, wache, daß dir die Augen erblinden, wache, bete, faste! faste in lauter Wasser und Brod, bete mit Mund und Herzen, wache Tag' und Nacht: wache, bete, faste! [449] faste, und mach' aus jedem Tag ein Quatember, bete, und mach' aus einem jeden Winkel einen Tempel, wache, und mache aus einer jedwederen Nacht einen Tag! wache, bete, faste! faste mehr als Pachomius, bete mehr als Keiwinus, wache mehr als Simon Stilita: so hilft doch alles nichts, wann du das fremde Gut nit wieder erstattest. Non dimmittitur peccatum, nisi restituatur ablatum:


Man kann keinen von Sünden lösen, Er geb' dann zurück das gstohlene Wesen.

Was den Judas Iscarioth zum Rauben und Klauben veranlasset habe
Was den Judas Iscarioth zum Rauben und Klauben veranlasset habe und die Ursach' gewest sey seines Diebstahls?

Etliche Scribenten seynd der Meinung, daß dieser Erz-Schelm derenthalben habe aus der apostolischen Kasse gemaust und sich untreu verhalten, auf daß er mit dem entfremdeten Geld sein Weib und Kind erhalte; andere seynd der Aussag', als sey Judas nicht zufrieden gewest mit der armen Tafel der Apostlen, und habe er anstatt Kraut und Rüben zuweilen sich anderwärts um etliche Groschen eine gute [450] Jausen zurichten lassen; viele sagen – denen ich gleichfalls beistimme – Judas habe gestohlen aus Mißtrauen der göttlichen Providenz und Vorsichtigkeit: Euthymius, Theophilactus, Cyrillus in Juda: Paschasius lib. 6. Eusebius Emissenus, Hom 10. etc.; denn allem Ansehen nach konnt er leicht abnehmen, sonderlich aus dem Haß und Mißgunst der hohen Priester, daß Christus einmal unverhoffter Weis' werde aus dem Weg geräumet werden. Gedachte demnach, er wolle sich selbsten anjetzo ein Geld zusammen machen, damit er ins künftig mit nothwendigen Lebens-Mitteln versehe sey; dann er jederzeit große Sorg' tragte, und derentwegen nit wenig Kummer sein Herz beängstigte, wie er heut oder morgen sein Stuck Brod möchte gewinnen.

Von dem heiligen und honigsüßen Bernardo schreibet man, daß er auf eine Zeit ganz wunderlich die Mucken vertrieben: Er kam einst in die Abtei Fusniac; wollte daselbst beiwohnen der ersten Weih' einer neuen Kirche. Weilen aber eine so unglaubliche Menge der Mucken besagtes neue Gotteshaus dergestalten eingenommen, daß die Leut' von dero Schnurren und Stechen über die Massen beängstiget wurden, solches hat dem hl. Bernardo sehr mißfallen, daß so kleine Thier'l so großen Ueberlast sollen verursachen: [451] fasset dahero einen billigen Zorn gegen sie, und hat dieselbe allesammt excommuniciret. Was Wunder! der andern Tags hat man die Mucken alle verreckt gefunden. Aus welchem Wunder nachmals das gemeine Sprichwort entstanden: Zu Fusniac vertreibt man die Mucken. – Ich wollte wünschen, daß ich ebenfalls diese große Macht hätte über die Mucken, wie der hl. Abt. Bernardus, so wollt' ich nit allein die Mucken zu Fusniac, sondern in der ganzen Welt vertreiben – verstehe aber solche Mucken, welche Judas und seines Gleichen viel andere haben, die sich sogar auf die göttliche Providenz nichts verlassen. Ein mancher sieht so sauer aus wie ein Essigkrug, er kratzt hinter den Ohren wie ein Pudelhund im Julio, er seufzet die ganze Zeit wie ein alter Schanz-Karren, der nit geschmiert ist, er ist so maulhenkcolisch, daß man in dem Kalender seiner Stirn nichts als trübes Wetter liest, er red't nichts, und ist fast stiller als die Glocken am Charfreitag, er setzt sich an dem Tisch nieder, unterstützt den Kopf mit der Hand, um weilen sein Schädel gar zu schwer wegen schwermüthiger Gedanken: Der Esels-Kinnbacken, wormit Samson tausend Philister erlegt, hat Wasser geben, also rinnen auch die Thränen über dieses Esels-Kopf seine Backen herunter; der Schwemmteich zu Jerusalem, allwo so viel presthafte Tropfen gelegen, [452] hat gesund gemacht, wann er von dem Engel bewegt und trüb gemacht worden, aber diesen Lümmel macht seine Betrübnuß krank; die dreihundert Soldaten des Josue haben bei dem Fuß, allwo sie gemustert worden, aus der Hand getrunken, dieser Gispel aber sauft stets aus dem Angster, dann er in lauter Angst schwebet: Mit einem Wort, in Egypten zu Pharaonis Zeiten war eine unzählbare Menge der Mucken; aber dieser Phantast hat noch mehrere Mucken, er macht sich Tag und Nacht Mucken, früh und spät Mucken, Sommer und Winter Mucken, wie er sich doch mag erhalten! Was muß ich anfangen? sagt er, klagt er, fragt er, mein Gewerb ist unter dem Zeichen des Krebses, geht alles zurück; mein Maul ist unter dem Zeichen des Wassermanns, ich getrau' mir keinen Wein zu trinken; min Weib ist unter dem Zeichen des Zwillings, hat mir das Jahr zwei Kinder auf einmal gebracht; meine Freund' seynd unter dem Zeichen des Scorpions, sie lassen mich alle im Stich. Was muß ich denn anfangen? Es ist kein Geld in der Tasche, es ist kein Wein in der Flasche, es ist kein Treid in der Scheuer, es ist kein Hafen beim Feuer, es ist kein Brod im Haus, es ist alles aus. Was muß ich doch anfangen? Es wär kein Wunder, ich thät mich henken! Ich bin ganz verlassen! O Narr! verlassen? Freilich bist verlassen! aber nit von Gott, sondern von deinem Verstand! Kannst du betten? Ja. Wie betest du?Vater unser, [453] der du bist im Himmel. So hast du deinen Vater im Himmel. Für was machst du dann solche unnöthige Mucken? Du hast einen Vater, der der reichste ist; du hast einen Vater, der der mächtigste ist; du hast einen Vater, der der gütigste ist: der wird dich nit verlassen, laß ihm die Sorg über! Du bist ja besser als ein Luchs oder ein Fuchs, du bist ja mehr als eine Katz oder ein Spatz, du bist ja vornehmer als ein Pfau oder ein Rab; und dannoch – Gott erhält diese, warum soll er dich verlassen, der doch dein Vater und du sein Kind, der doch dein Erschöpfer und du sein Ebenbild, der doch dein Hirt, und du sein Lämmlein! Omnem solicitudinem vestram projicientes in eum, quia ipsi est cura de nobis. Hast kein Brod im Haus? Verzag nit, verlaß dich auf denjenigen, der mit wenig Brod so viel tausend in der Wüste gespeiset hat! haben deine Kinder hier keine Kleider anzulegen. Verzage nit, verlaß dich auf denjenigen, der den Israeliten 40 Jahr in der Wüste so wunderbarlich ihre Kleider erhalten! Trägt dir heuer dein Wein-Garten nichts? Verzag nit, verlaß dich auf denjenigen, der zu Cana in Galiläa aus dem Wasser Wein gemacht, laß die überflüssige Mucken seyn!

Vom Wiperto, Bischof zu Ratzenburg, ist bei Kranz zu lesen, und zwar nit ohne Verwunderung: Nachdem dieser als ein Jüngling durch einhellige Wahl und gesammte Stimmen zur bischöflichen Würde [454] erwählet worden, und derenthalben nach Rom gereist, von Ihro Heiligkeit die Dispensation wegen des Alters abzuholen, hat solchen der Pabst als einen jungen Menschen, welcher kein Härlein ums Maul, veracht' und alle Dispensation geweigert. Die folgende Nacht hierauf ist aus Wiperto dem Jüngling ein eisgrauer Mann worden, welches den Pabst dahin veranlasset, daß er unverweilend mit ihm dispensiret. So geschwind grau werden, ist viel, ist ein Wunder, sagst du, sagt er; ich aber sag', es sey bereits kein Wunder mehr, daß etliche vor der Zeit weiße und graue Haar bekommen. Bona dies, Meister Matthias! je! wie so weiß, wie ein alter Greis! und zwar vor der Zeit, wie kommts? Wie wollts kommen! von lauter Sorgen: ich schreib', ich treib', ich schnauf', ich lauf', ich gehe, ich stehe, ich sorg', ich borg', ich bau', ich schau', ich faß', ich haß', ich hüt', ich brüt', ich trag', ich jag', ich setz', ich wetz', ich wacht', ich kracht', ich ziech', ich kriech', ich schab', ich grab' Tag und Nacht, fruh und spat, es will doch nichts erklecken, ich kann nit einen Pfenning ersparen! was ich täglich einnimm, das verzehrt der Kuchelzecker wieder: die Kinder stehen nach einander, wie eine Orgel, die pfeifen mich stets an um ein Brod; es will so gar nichts ersprießen: ich thue sogar am Feiertag keinen Feiertag machen, und schau, wie ich etwas gewinnen mag, so will doch alles nit erklecken! Wann [455] ich einmal krank und liegerhaft werde, so komm' ich ins Bettl, und mein Weib an Bettel: das macht mir die graue Haar! etc. O Lettfeigen! ich wünsche, du wärest weis' und nit weiß, so würdest sehen und bestehen, daß du zu viel auf Menschen-Fleiß und Schweiß bauest, und zu wenig auf Gottes väterliche Vorsichtigkeit vertrauest! Wisse, daß kein einiger, der sich auf Gott verläßt, könne verlassen werden!

Es seynd auf eine Zeit ihrer zwei über Land gereist. Einer war ein melancholischer Muffianus, der sich stete Mucken gemacht, wie er sich und die Seinigen möcht' ernähren! der andere aber war ein lustiger Gesell, der sich weiter mit keinen Sorgen überladen, sondern stets gepfiffen und gesungen. Mein Kammerad, sagt der Melancholist, wie kannst du um Gottes Willen so fröhlich seyn? ich vermeine, in deinem Gemüth sey alle Tag Kirchtag; ich glaub', dein Herz speist sich mit lauter Alleluja; ich sehe, Dominica laetare ist bei dir ein einziges Jahr; wahrhaftig, du sollst Bruder Ju- Ju- Ju- Jucundus heißen. Ich meines Theils, weiß um keine fröhliche Stund', will geschweigen einen Tag; denn bei diesen schweren Zeiten sorg' ich stets, wie ich mich und die [456] Meinigen möge erhalten. Was, antwortet der andere, soll ich traurig seyn? die seynd Narren, fahren Dutzentweis auf einem Karren, welche melancholisch seynd; weißt du das nit, daß Melancholia des Teufels seine Amme sey? ich bin wohlauf, ich bin Allegro, ich bin guter Ding, verlaß mich auf Gott, per quem nec alles esurit, der verläßt keinen Deutschen nicht. Allein gar faullenzen thue ich auch nit; meinen Fleiß und Arbeit thue ich nicht sparen, auch wie billig die Hand anlegen; im Uebrigen lasse ich Gott walten, er ist ein guter Vater! Ich mein' schon, sagt der andere, wie viel weiß ich deren, die sich auf Gott alleinig verlassen, und nachmalens in das Spital kommen seynd beim heiligen Geist: es wird dir gewiß unser Herr alle Wochen einen Hafen voll Miracul durch St. Veit herunter schicken! wart' eine Weil, St. Nicola legt nit alle Tag ein! – Mit diesen und dergleichen Spottwörtern nimmt er seinen Weg fort, und macht sich stete Gedanken, wie er künftig seine Sach' möge anstellen. Fällt ihm unter andern ein: wann er einmal sollte blind werden – wie es gar leicht möchte geschehen – was er doch müßte anfangen? er könnte nicht einen Pfenning gewinnen, – da wär ich wohl ein armer Narr! Das ist wahr. Druckt also dieser Gispel beede. Augen zu, und probirt sich im Fortgehen, wie es um einen Blinden Beschaffenheit habe, der sein Gesicht [457] verloren. Indem nun der Phantast eine Weile mit verschlossenen Augen fortgangen, hat er einen großen Beutel Geld, so auf dem Weg gelegen, übersehen welchen sein lustiger Reis'gespann, der ihm auf dem Fuß nachfolgte, mit höchsten Freuden aufgehoben, und nachgehends hundert und hundertmal wiederholet: Gott verläßt keinen, der sich auf ihn verläßt!

Was seynd doch die Raben? Die Raben seynd Farb halber des Teufels seine Livre-Träger; die Raben seynd Gesang halber des Henkers seine Zeiserl; Raben seynd Speis halber des Schinders seine Kostgeher; Raben seynd Stehlens halber aller Erz-Dieb ihre Spieß-Gesellen; der Rab, welchen Noe aus der Arche als einen Curier gesandt, hat sich nit anderst verhalten, als wie ein meineidiger Schelm; aus allen Thieren ist eines nach dem Sündfluß Gott dem Herrn geopfert worden, ausgenommen die Raben: diese kohlfärbigen Dieb' haben das Deo Gratias vergessen. Nichtsdestoweniger trägt der allmächtige Gott eine sonderbare Sorg und Sorgfältigkeit über die Raben.Quid dat escam pullis corvorum invocantibus eum? Wann der schwarze Vater und die schwarze Mutter, beedes Rabenvieh siehet, daß anfangs ihre ausgeschloffenen jungen Raben weiß bekleidet seyn, und nit mit gleicher Schwärze prangen, so halten sie diese jungen Dieb' nit für ihre eigene Brut, sondern für Bankart, verlassen sie derenthalben zehen oder [458] zwölf Tag' ohne einige Speis'. Unter dieser Zeit seynd die jungen Tropfen Kostgeher der göttlichen Providenz, sintemalen sie Gott, wie etliche vermeinen, pfleget zu speisen mit sonderlichem Himmels-Thau, oder wie andere wollen, thut der mildherzigste Gott ihnen gewisse kleine Mucken in die aufgesperrten Schnäbel schicken, mittels derren die Raben erhalten werden. Thut nun Gott die jungen Raben so sorgfältig ernähren, erhalten, erquicken, versehen, verkösten, warum, um Gottes willen, soll ich mich also kleinmüthig erzeigen, als ob er wolle meiner vergessen! Thue ich einem rechtschaffenen wahrhaften Mann glauben, und auf sein Wort und Versprechen mich verlassen; warum sollt ich nicht mehr glauben ihm, der im 10ten Psalm versprochen, im 27sten Psalm versprochen, im 32sten Psalm versprochen, im 33sten Psalm versprochen, im 39sten Psalm versprochen, im 54sten Psalm versprochen, im 103ten Psalm versprochen, im 117 Psalm versprochen, im 138ten Psalm versprochen, im 140sten Psalm versprochen, im 144sten Psalm versprochen: daß er stete Sorge tragen wolle über die Seinigen, daß keiner solle verlassen werden, der sich auf ihn verläßt, und sollst du Gott nit glauben? du – Gott?

Der allmächtige Gott hat dem Mosi unterschiedliche Geschäfte und Ceremonien anbefohlen, die er in seinem götlichen Tabernakel soll vollziehen. Unter anderen hat Gott Mosi geboten: er solle einen guldenen Tisch nach seinem göttlichen Abriß verfertigen, und auf denselben jederzeit das Schaubrod legen: Et pones super mensam panes propositionis in conspectu meo semper. Versio [459] Hebraea sagt, daß obbenenntes Schaubrod fast sey gewest, wie bei uns die Lebzelten, auf welchen gemeiniglich unterschiedliche Figuren zu sehen: also habe gleichmäßig ein jedes Schaubrod die Abbildung eines Gesichts mit sehr viel Augen vorgestellt; wessenthalben es panis facierum das Schaubrod, genennet worden. Merke es wohl, mein kleinmüthiger Christ! unsers Herrn sein Brod ist voller Augen und heißt dasSchaubrod; dann es schaut in der ganzen Welt herum, wer es von Nöthen habe! Der hl. Abt Gevardus hat Brod von Nöthen gehabt, und siehe! solches ist ihm im Ofen gewachsen. Der hl. Apollonius hat Brod von Nöthen gehabt, und schaue, solches ist ihm in der Hand gewachsen, daß er mit einem Stück 3000 Arme gespeist! Der hl. Onophrius hat Brod von Nöthen gehabt, und betrachte, solches haben ihm alle Tag die Engel gebracht! Der hl. Nicolaus von Tolentino, meines Ordens, hat Brod von Nöthen gehabt, und erwäge, solches hat ihm die Mutter Gottes gebracht. Der hl. EinsiedlerPaulus hat Brod von Nöthen gehabt, und siehe, solches hat ihm ein Rab' gebracht! Der hl. MannCapistranus hat Brod von Nöthen gehabt, und gedenke, solches haben ihm die Engel gebracht! Rochus, der hl. Beichtiger, hat ein Brod von Nöthen gehabt, und solches hat ihm Gott geschickt durch einen Hund!

Sagt her und bekennt solches zu größerer Ehr' Gottes, ihr Geistliche und Ordens-Leut', die ihr euch mit dem Bettelsack ernähret; wann ihr Brod von [460] Nöthen habt gehabt, ob euch Gott verlassen? Nie, nie, niemalen. Nie! sagt Vincentius Ferrerius ein hl. Dominicaner, Katharina Senensis eine hl. Dominicanerinn, Jordanus ein hl. Dominicaner; denn Gott wunderbarlicher Weis' unser Brod-Kasten und Speis'-Gewölber angefüllet. Nie, nie, nie – sagtTheresia eine hl. Karmeliterinn, Maria a St. Hieronymo eine hl. Karmeliterinn, Benedictus a Jesu Maria ein heiligmäßiger Karmeliter – hat uns Gott in der Noth verlassen, sondern entweder durch Engel oder andere übernatürliche Weis' uns gespeist. Nie, nie, nie – sagt der hl. Thomas Ariminensis ein Augustiner, der selige Joan nes Bonus ein Augustiner, die selige Christina eine Augustinerinn – hat uns Gott verlassen in der Noth, sondern allemal durch wunderbarliche göttliche Providenz versehen. Nie, nie, nie – sagt Bernardinus ein hl. Franziscaner, Didacus ein hl. Franziscaner, Luchesius ein hl. Franziscaner – hat uns Gott in einer Noth verlassen, sondern zu jeder Zeit hilfreich beigesprungen. Nie, nie, nie, und hundertmal nie, sagen alle Kapuziner, hat uns Gott in einer Noth verlassen. Solches Miracul und Wunderwerk haben wir erfahren Anno 1532 zu Nucera, Anno 1537 zu Thury, Anno 1539 zu Bevoloni, Anno 1540 zu Schy im venetianischen Gebiet, Anno 1558 zu Perus, Anno 1580 zu Mailand, Anno 1552 zu Bugell, Anno 1552 zu Leonissa, Anno 1554 zu Tiphern, Anno 1556 zu Polenz, Anno 1570 zu Genua. Ei, was nennt ihr solche fremde und weit entfernete Klöster, sagt lieber, [461] Gottes wunderbarliche Vorsichtigkeit haben wir erfahren öfters zu Wasserburg, zu Augsburg, zu Salzburg, zu Würzburg, zu Regensburg, zu Freiburg etc., allwo manchesmal Gott uns wunderbarlich ein Helfenburger gewest ist. Gott verläßt Niemand, den sich auf ihn verläßt.

Christus Jesus unser gütigster Heiland hat einst viel tausend Personen mit seiner Wohlredenheit in die Wüste gezogen, und weilen er vermerkt, daß solches eifriges Volk bereits schon den dritten Tag nit einen Bissen ins Maul genommen, also hat er ein herzliches Mittleid gegen diese guten Leute geschöpft, die beigebrachten fünf Gersten Brod also vermehret, daß nit allein viel tausend hierdurch ersättiget, sondern noch darüber zwölf große Körb' voll mit den übergebliebenen Stücken angefüllet worden. Was noch das Wunder vergrößert: nit allein wurden so viel tausend nach Vergnügen gespeiset, nicht nur allein wurden zwölf Körb voll Scherzl geübriget, sondern die mehrsten Männer nahmen ein Stück Brod mit sich in Sack, die mehrsten Weiber nahmen ein Stück Brod darvon ins Fürtuch, damit sie solches Kennzeichen des geschehenen Wunderwerks auch zu Haus konnten weisen. Schau, sagte mancher, mein lieber Vetter Jeremias, mein lieber Schwager Samuel, mein lieber Nachbar Abraham, schau, das ist auch ein Stück von dem Wunder-Wort! Was muß ich dir sagen, sprach manches Weib, du hast auch gehört von jenem Wunder, welches Jesus von Nazareth gewirket hat in der Wüste! Gedenke, meine liebe Schwester Sara, schaut[462] um Gottes Willen, meine liebe Frau Rebecca, siehe meine liebe Mitbürgerinn Rachel, das ist auch ein überbliebenes Scherzl von demselben Wunder-Brod!

O wie viel tausend und tausendmal ist solches Wunder schon geschehen, daß Gott in einem Haus das Brod so wunderbarlich und die menschliche Unterhaltung vermehret hat. Ich gehe in das Haus eines ehrlichen Manns hinein, von dem mir bewußt ist, daß er einen christlichen, gottesförchtigen Wandel führet, daß er täglich eine hl. Meß höre, daß er seine Kinder in der Furcht Gottes auferziehe, daß er seine Dienstboten in gebührender Zucht halte; mit diesem fange ich an ein freundliches Gespräch, sage unter andern: mein lieber Herr oder Meister, ich sehe, ich merke, ich spüre, es geht Euch im Jahr ein Merkliches auf. Freilich wohl, antwortet mir dieser, ich kanns mit meinem Gewissen betheuren, daß ich selbst nit weiß, wo ich es hernehme: mein Vater, am Maul lasse ich mir nichts abgehen, einem guten Freund setze ich noch einen guten Wein vor, aus meinen Kindern heißt keines Lazarus, mein Weib heißt Abundantia, ich kanns mit Gott bezeugen, daß ich einmal durch daß ganze Jahr die Ausgaben habe aufgezeichnet, und in der Wahrheit gefunden, daß solche mein Einkommen weit übersteige. Zudem weiß ich, daß ich keinen Menschen um einen Heller betrüge, und find' dannoch in allen den Segen. – Wißt ihr was, ihr habt auf eurer Tafel, in euren Händen, in eurem Haus auch einWunderbrod! Gott ernähret eure Habschaft und Wirthschaft, um weilen ihr ihm dienet, [463] und euch auf ihn verlasset. Das heißt promptuaria eorum plena, oves eorum foetosae, boves eorum crassi, non est ruina maceriae. Das heißt: Gott verläßt keinen, der auf ihn bauet und der auf ihn trauet.

Anno 1605 hat sich zu Neapel etwas zutragen, worin, woran, worbei, woraus sich alle Jungfrauen spieglen können. Eine manche Jungfrau Agnes hat lieber den Lambert als das Lämmel, eine manche Jungfrau Cäcilia hat lieber den Organisten als die Orgel, eine manche Jungfrau Barbara hat lieber den Thurner als den Thurm, eine manche Jungfrau Katharina hat lieber den Wagner als das Rad, eine manche Jungfrau Dorothea hat lieber den Körbelmacher als den Korb. O unbehutsame Weibsbilder, so ist euch dann Löffelkraut lieber, als Ehrenpreis! Wißt ihr so gar nicht, daß eine Jungfrau genennet wird Doncella, so viel laut, als Donum Coeli, eine sondere Gab Gottes. Gefallt euch denn besser die schnöde Farb', als die Schnee-Farb? Habt ihr dann nichts gehöret vom Ethall in Bayern, allwo ein marianisches Gnaden-Bild so schwer von Silber, daß es niemand heben kann außer ein kleines Kind oder eine unversehrte Jungfrau? Nehmt ein Exempel, ein Exemplar, erwäget einen Model oder ein Modell eurer jungfräulichen Ehren, was sich Anno 1605 zu Neapel ereignet: Allda hatte eine Mutter eine einige Tochter, welche aber beede ganz arm, außer daß die Tochter ganz tugendreich, im übrigen Fall ganz mittellos, nicht aber gewissenlos; welche dann desto höher zu achten, weilen sie weder Silber noch Gold und [464] dannoch das theuerste Kleinod ihrer Ehr' so fest erhalten, indem sonst gemeiniglich die Noth nit allein das Eisen, sondern auch die Ehr' bricht; und bleiben selten in beständiger Freundschaft Noth und Nothburga. Erstbenennte Tochter war über alle Massen eines wohlgeschaffenen Gesichts und Leibsgestalt, beinebens aber bettelarm. Ja sie sammt der Mutter, weilen auch keine Arbeit mehr vorhanden, womit sie sich konnten ernähren, seynd in solche äußerste Noth gerathen, daß sie auch den Strohsack, auf dem sie gelegen, verkauften. Weilen dann solche Armuth dem Weib gar zu schwer und unerträglich gedunkte, also seynd nicht wenige Gedanken in beide Gemüther geschlichen: sie sollen ihre Ehr' in die Schanz schlagen, und also den Leib feil bieten. Indem aber sowohl die Mutter, als die Tochter bishero nichts als einen ehrlichen, gewissenhaften und preiswürdigen Wandel geführt, so wollten sie annoch in demselben verharren, auch lieber vor Hunger sterben, als den gütigen Gott mit solcher Unthat beleidigen. Absonderlich aber stärkte die Tochter ihre bedrängte Mutter, und ermahnte sie stets, daß sie auf Gott sich soll verlassen, von dem sie auf keine Weis' können verlassen werden. Schneid't hierüber ihre eignen goldfarbnen Haar' von dem Kopf, gibts der Mutter, sie solle diese auf dem Markt feil bieten, und aus dem Geld nachmalens ein Brod in das Haus schaffen. Als nun besagte arme Frau die schönen langen Haar' auf den Markt tragte in den Händen, hat ein Bedienter eines vornehmen und großen Herrn sich über diese schönen Haar' sehr verwundert; derentwegen das Weib sammt ihrer hübschen [465] Waar' zu seinem Herrn nach Haus geführt, welcher gleichmäßig sich in diese Haar' verliebet, auch unverzüglich das verlangte Geld um erbotenen Preis dargezählt. Fragte aber beinebens, ob ihre Tochter sey eine Kloster-Jungfrau worden? Darauf sie nein geantwortet; sondern aus purer Noth und äußerster Armuth habe sie solche abgeschnitten, zu verkaufen, damit sie nun auf etliche Tag zu essen hätten. Solches ist dem reichen Edelmann dergestalten zu Herzen gangen, forderist wie er die gewisse Nachricht eingebracht, daß erstgemeldete Tochter ein so ehrliches Mägdl sey, daß er alsobald eine schöne Summa Geld ihr für ein Heirath-Gut dargeschossen, wordurch nachmals die Mutter sammt der Tochter reiche Lebens-Mittel erhalten. So ist dennoch wahr, und bleibt wahr, was Lucas am 12ten, was Jacob am 1sten, was Matthäus am 6ten, was Joannes am 46sten, was Jeremias am 17ten geschrieben: Der sich auf Gott verläßt, kann nit verlassen werden.

Mucken-Brüter, Grillen-Vögt', Sorgen-Kramer, Lettfeigen, Melancholei-Schmidt, Kummer-Hansen, Trauer-Nest, seyd ihr noch mit Aengsten angefüllt, wie das trojanische Pferd mit Soldaten? Glaubt ihr noch, ihr werdet euch ins künftig nit können erhalten? förcht ihr euch noch, euer Brod-Kasten werde die Schwindsucht bekommen? O Spott-Gesellen! [466] derjenige Gott, welcher den Daniel in der Löwen-Grube, welcher den Elias in der Wüste, welcher die Israeliten in der Einöde gespeist hat, dieses Gott lebet noch! Warum verläßt du dich nicht auf ihn? Derjenige Gott, welcher durch einen Fisch dem Apostel Petro Geld hat geschickt, derjenige Gott, welcher Brod dem. hl. Einsiedler Paulo durch den Raben hat geschickt, derjenige Gott, der dem hl. Thomä Villanovano wunderbarlich die Scheuer mit Treib angefüllt, derjenige Gott, welcher der Wittib zu Sarepta ihr Geschirr mit Oel wunderbarlich angefüllt, derjenige Gott lebt noch: warum verläßt du dich nit auf ihn? Er verläßt nit den Wolf, warum soll er verlassen einen Wolfgang? Er verläßt nit den Bären, warum soll er verlassen einen Bernhard? Er verläßt nit den Adler, warum soll er verlassen den Adelbert? Er verläßt nit die Enten, warum soll er verlassen Antonium? Er verläßt nit den Basilisk, warum soll er verlassen Basilium? Er verläßt nit die Henn', warum soll er verlassen den Henrich? Er verläßt nit den Löwen, warum soll er verlassen einen Leonhardum? Er verläßt nit den Luchsen, warum soll er verlassen den Lucam? Ich will sagen: er verläßt kein einiges Thierl, sondern speist dieselbigen: implet omne animal benedictione; warum soll er dich verlassen, den du täglich für deinen Vater er kennst und bittest: Vater unser, der du bist im Himmel!

Wie Gott der Allmächtige die Welt erschaffen, hat er allerlei Bäume mit den edelsten Früchten und stattlichstem Obst hervor gebracht, ehender und bevor [467] er den Adam als ersten Menschen formiret: daß also der mildherzigste Vater schon das Essen, gute Bissel und das beste Konfect in die Bereitschaft gestellt, ehe der Mensch gewest, auf daß Adam Gott nit habe können nachsagen, er habe einmal einen Abgang gelitten: »Ut mundum ingressus, inopià minimè laboraret.« Er, her himmlische Vater, läßt sich den üblen Nachklang nicht zu, daß er einmal einen in der Noth solle verlassen, der sich als ein Kind auf ihn verläßt. Die Apostel waren einmal in großer Lebens-Gefahr, und hatten alle Augenblick den Untergang zu förchten; denn ihr Schiffel wurde dergestalten von den tobenden Wellen so grimmig angefochten, von dem ungestümmen Windbrausen also grausam getrieben, daß sie wegen des vor Augen schwebenden Todes wie das Wachs erbleicht. Mitten in dieser höchsten Gefahr erscheinet ihnen Jesus auf dem Meer; und als sie solchen ersehen, seynd sie noch mehr ertattert; denn sie kurzum vermeint, es sey ein Gespenst. Aber sagt her, um Gottes Willen, ihr Jünger und Apostel, sollt ihr denn Christum Jesum nicht kennen von Angesicht? Seynd erst etliche Stund', daß ihr mit ihm geredet, ist schon eine so geraume Zeit, daß ihr stets bei ihm, mit ihm, um ihn, und anjetzo schaut ihr ihn an für einen Wauwau, für ein Gespenst? Dicentes, quia phantasma est. Es ist wahr, antworten die Jünger, wahr [468] ist es, wir haben ihn für ein Gespenst gehalten, derenthalben: dann wir haben uns nicht können einbilden, daß er soll unser Herr seyn, weilen er uns in der Noth nit gleich Hilf geleist'. Es glaubten die lieben Apostel, daß es wider die Natur unsers lieben Herrn sey, daß er einem in der Noth nicht gleich beispringe. Was fristest du denn so viel Kummer, o Kleinmüthiger! was kochst du denn so viel Sorgen, du Hasenherz! was schnitzlest denn so viel betrübte Gedanken und schwermüthiges Nachsinnen, du mißtrauender Tropf, indem du vergewissert bist, daß dich Gott in keiner Noth läßt stecken, wann du deine Zuversicht zu ihm nimmst? O modicae fidei. Gott ist von Natur zum Geben, zum Schenken, zum Helfen, zum Ehren und Ernähren geneigt.

Der Allerhöchste pflegt zuweilen nicht gleich seine mildreiche Hand zu bieten in der Noth, sondern verweilet oft ein wenig, damit er hierdurch den Glauben der Menschen desto besser probire. Wie Christus der Herr ganz glorreich auferstanden von den Todten in aller Früh vor der Sonne Aufgang, da waren die Jünger des Herrn sammentlich bei einander, und haben erwartet die Ankunft ihres gebenedeiten Jesu. Da es nun gegen Mittagzeit war, wurden sie alle ganz kleinlaut, und sagte einer zu dem andern: der Herr werde hart mehr kommen, es sey schon über die Zeit. Wie aber der spate Abend herbei genahet – Cum serò esset – da ist ihnen der glorreiche Heiland erschienen, und in der Mitte sie alle im Kreis herum bewillkommet [469] mit dem fröhlichen Pax vobis! aus diesem ist eine heilsame Lehr' zu schöpfen, daß sich Gott bisweilen stelle, als wollt' er nit kommen zu helfen, und läßt zu Zeiten die Noth auf das äußerste gerathen; alsdann kommt er ganz spat, und zeigt, daß er keinen verläßt, der sich auf ihn verläßt.

Willkomm, Herr Balthauser, warum seyd ihr ein solcher Pfnauser? guten Morgen Herr Ruprecht, warum ist euch heut um das Herz nicht recht? guten Abend, Herr Wilibald, weßwegen macht ihr eine so traurige Gstalt? wie gehts? – Wie wollts gehen! hart gnug, es seynd nie so schlechte Zeiten gewest! es geschieht mir gar zu hart, ich kanns nit mehr erschwingen! Ei du linder Lapp mit deinen harten Zeiten und Zeitung! Der Teufel erscheint auf eine Zeit in der Gestalt eines alten Manns, den die weißen Haar' als einen lieben Tättl vorstellten. Aber geschieht wohl öfter, daß im Winter unter einem weißen Schneehaufen ein Mist liegt; also auch zuweilen unter weißen Haaren ein Mistfink verborgen. Dieser Satan in besagter Gestalt kommt zu dem Herrn Jesu in die Wüste und reichte ihm dar einen harten Stein, mit Meldung, er soll ein Brod daraus machen; denn diese höllische Larve nicht glaubte, daß Christus könne einen harten Stein in Brod verwandlen. Aber du plumper Teufel, sollst ja wissen, wer aus nichts kann etwas machen, der kann ja desto mehr aus etwas etwas machen! Ihr, lieber Meister Kilian, [470] was seyd ihr für ein seltsamer Mann, indem ihr wehemüthig klaget, daß es euch sohart gehe? Wann ihr glaubet, daß Gott der Herr aus einem harten Stein kann ein Brod machen, so glaubet auch, daß er auch aus einer harten Zeit und Begebenheit kann etwas Gutes schmelzen! Nur ein wenig Geduld gehabt! Die Biene oder Imme, dieses winzige Methsiederl, fliegt nit allein auf die schamhaftigen Rosen, auf die weißen Narcissen, auf die himmelblauen Veigerl, auf die hochträchtigen Rittersporn', sondern stiegt auch auf die bittersten Kräuter, auf den Wermuth, und saugt aus den bitteren Kräutern das süße Honig: Ex amaro dulce: Also regieret, guberniret, moderiret, ordiniret, reguliret, sustentiret der allmächtige Gott die Welt und Alles in der Welt mit solcher unergründlichen Weisheit, daß er manchsmal ein Uebel zuläßt, und weiß nachmals aus diesem Uebel etwas Gutes zu schnitzlen, aus Wermuth und Wehmuth etwas Süß, aus Noth ein Brod machen. Nur nit verzagt!

Es geschieht, daß ein gemeiner Mensch und einfältiger Bauer in eines vornehmen Fürsten seinen Hof-Garten kommt, allwo er sich also vergafft, daß er schier im Zweifel steht, ob er nit mit dem Enoch in das irdische Paradies verzucket sey. Er verwundert[471] sich in dem ersten Eingang, daß auf beeden Seiten ganz grüne Mauern aufgericht seyn, daß sich solcher Lustweg so weit erstrecket, daß auch die schärfsten Augen darüber matt werden. Er verwundert sich über das schöne und häufige Blumen-Gewächs, und hält die Erde für eine redliche Mutter, ob sie schon das ihrige allerseits verblümlet. Absonderlich aber kann er nicht genug maulaffen, wie er ansichtig worden in Mitte des Gartens des ganz seltsamen Wasserwerks. Er verwundert sich, daß ein geißbergischer Satyrus auf beeden Hörnern das häufige Wasser heraussprengt, als wollte gleichsam dieser wilde Waldmann mit seiner Parücke prangen. Er verwundert sich, daß neben diesem Zotfinken eine geißgestiflete Satyra aus dero ausgespannten Brüsten das Wasser also häufig herausquellet, als wollt sie eine allgemeine Saug-Amme seyn aller jungen Kitzlen. Er verwundert sich, daß in der Mitte ein krummschweifender Delphin das Wasser aus den Augen, Ohren und aufgesperrtem Maul mit großem Geräusch, jedoch annehmlichem Getös', herausspritzet. Er verwundert sich, daß ein altbarteter Wasser-Gott Neptunus eine Gabel in Händen halte, aus dero dreifachen Spitzen das Wasser in die Höhe spielet; und lachet der Bauer hierüber, daß dieser steinerne Garten-Götz die Gabel mit Wasser schmieren wolle. In Summa: der Einfalt kann sich nit genug verkreuzigen, daß man an diesem Ort so seltsam mit dem Element des Wassers haust, und solches in die Höhe treibt, da es doch Natur halber in die Tiefe [472] und Niedere trachtet. Ich, sagt er, wann ich zu Haus einen ganzen Zuger mit Wasser voll anschütte, so spritzet nit ein Tropfen in die Höhe, sondern solches laufet über, und dringt und rinnet herunter auf die Erde. Indem dieser Simplicius in solchen Gedanken steht, da tritt der Gärtner hinzu, und heißt diesen Acker-Doctor einen Narren. Narr schau! und zeigt ihm mit dem Finger auf den nächst entlegenen Berg, – dort fällt das Wasser herunter, und darum springt es allhier wiederum in die Höhe; denn wie tief das Wasser fällt, so hoch steigt es wieder. Merkts wohl! ich weiß nit recht, was Gott ist, ich weiß nit recht, wie Gott ist; aber das weiß ich wohl, was Gott macht, und das weiß ich wohl, wie es Gott macht in der Welt. Er machts öfter mit dem Menschen, als wie mit dem Wasser: Er läßt ihn fallen in Gfahr, in Unglück, in Trübsal, in Noth, und urtheilet mancher, dieser Tropf sey ganz per terra, sey völlig zu Grund gangen. O nein! nichts verzaget! Humiliat et sublevat: Er macht, daß dieser wie das Wasser wieder in die Höhe steigt, wieder über sich kommt zu Ehren, zu Mittlen und zum Glück gelangt, wann man sich auf ihn verläßt. Aus folgender Geschicht' ist merkwürdig abzunehmen, wie dir väterliche Vorsichtigkeit Gottes so wunderbarlich spielt auf der Welt, und zeigt, daß sie keinen verlasse.

Zu Rom war ein Paar Ehe-Volk eines guten Wandels, aber nit guter Mittel. Ich weiß nicht, hat [473] er Eugenius oder Egenus; ich weiß nit, hat sie Procopia oder Inopia geheißen; das weiß ich wohl, beede waren nit reich. Und weilen dazumalen eine große Theurung eingefallen, so seynd sie gar in die äußerste Noth gerathen, in welcher sie zwungen worden, Schulden zu machen und das Geld zu leihen nehmen. Weilen aber dergleichen Wucherer gemeiniglich eine gewisse Zeit zu bezahlen stellen, und aber gedachter armer Häscher zu bestimmter Zeit zu bezahlen nit hatte, ist er in die Keichen und Gefängnuß geworfen worden, welche Trübsal dem armen Weib ihr Elend zu Haus vergrößert, in Erwägung, daß sie weder Brod, noch Brod-Vater im Haus. Weßwegen sie ganz sorgfältig durch die Stadt hin und her geloffen und möglichsten Fleiß angewendet, wie sie doch möchte das Geld zusammen bringen, momit ihr lieber Mann auf freien Fuß könnte gestellet werden. Aber der Weiber öftere Gegenwart auf Gassen und Strassen ist schon mehrmalen vielen Gefahren unterworfen gewest. Darum nit umsonst der allmächtige Gott den Adam außer dem Paradies erschaffen, die Eva aber in dem Paradies, zu zeigen, ein Mann könne schon ausgehen und außer dem Haus denen Geschäften obliegen; das Weib aber soll in dem Haus bleiben. (Derenthalben ein jedes Weib an ihrem Namen ein in trägt: Heißt er Graf, so nennt man sie Gräfin, Doctor Doctorin, Müllner Müllnerin, [474] Bauer Bäuerin, Narr Närrin, etc. Vielleicht rührt auch daher der Weiber ihr gewöhnlicher Titul, indem man sie pflegt Frauenzimmer zu nennen: damit sie sollen im Zimmer verbleiben. Wann sie aber auf allen Gassen herumrutschen, so kann mans nit Frauen-Zimmer, sondern Gassen-Frauen benamsen. Wann die Weiber öftersausgehen, so thut die Gefahr, eingehen. Nit anderst ist es ergangen ersterwähnter armen Haut, die allerseits in der Stadt herum gesucht, wie sie könnte Mittel finden, ihren liebsten Ehe-Konsorten zu erlösen. Welche aber gefunden, was sie nicht gesucht. Denn ein gewisser Bösewicht, weilen er sie gestaltermassen zu Haus ganz alleinig wußte, ist nächtlicher Zeit vor die Thür kommen und hinein begehret; welchem sie aber gar bald Bescheid und bescheiden geantwortet, sich entschuldigend, wie daß es ganz ungereimt scheine, bei solcher Zeit ein Mannsbild in das Haus zu lassen, zumalen sie ganz alleinig sey; dafern er aber einige Geschäfte hätte, soll er solche bis auf folgenden Tag unbeschwert verschieben. Dieser Nacht-Vogel aber durch ungestümmes Wüthen an der Hausthür drohet ihr ernstlich, wofern sie nit [475] wolle freiwillig die Thür eröffnen, so wolle er solche mit Gewalt aufsprengen, und nachmals ihr den Hals umreiben. Die arme Tröpfinn wußte in dieser Sache keinen Rath zu finden: Läßt sie ihn gutherzig in das Haus, so geräth ihre Keuschheit in die Gefahr; kommt er gewaltthätig herein, so stehe ihr Leben in Gefahr. Endlich als ein Weib und unerschrockene Creatur erwählt sie das erste, und läßt diesen unbekannten Gesellen in das Haus, worinnen er bald dasjenige gesucht, was sie starkmüthig geweigert, als welche lieber zu sterben, als sich dergestalten versündigen gänzlich entschlossen. Und hat fürwahr dieser keuschen Susanna tapferer Widerstand den Sieg erhalten. Weilen aber dieser gewissenlose Mensch die Lieb nicht konnte finden, also suchte und ersuchte er anstatt Lieb Dieb. Drohet ihr alsobald mit verstelltem Angesicht den Tod, wann sie nicht alsobalden ihr Gut und Geld hertrage. Nachdem sie mit vielem Weinen und kläglicher Entschuldigung bekennet, daß ihr ganzer Reichthum bestehe in zwei Dukaten, verlanget er von ihr einen Strick, Zweifels ohne die arme Haut damit zu erdroßlen. Welche dann im ganzen Haus um keinen wußte, außer den, womit ihr Esel im Stall angebunden. Mußte also hierüber das bedrängte Weib den Mörder in den Stall führen, woselbsten er den Strick mit eigenen Händen wollte herunter lösen. Weilen er aber etwas langsam mit dieser Arbeit umgangen, so fällt dem Weib ein, wie daß solchergestalten besser sey umbringen, als umgebracht [476] werden, forderist, weilen solche Begebenheit ohne Beleidigung der göttlichen und natürlichen Gebote, solches zulasse. Besinnet sich demnach nicht länger, und während daß er den Strick herunter löset, ergreift sie einen großen Prügel, der ungefähr an der Wand lehnte, und versetzt ihm hinterwärts einen solchen Streich auf den Kopf, daß er zu Boden gefallen. Da er aber wieder aufzustehen sich bemühete, wiederholt sie die erste Kuraschi, und gibt ihm also mit solchem dreidoppelten hölzernen Willkomm den Rest. Den Körper läßt sie selbige Nacht, bei dem Esel liegen, damit er einen gleichen Kompagno hätte, und dankt mit aufgehenkten Händen dem allmächtigen Gott, daß er sie in dieser Noth nit verlassen. – Aber dieser glorreiche Sieg verursachet nit wenige Aengsten in dem Herzen dieser Judith, in Erwägung, daß man ihr bei der hohen Obrigkeit keinen Glauben werde erstatten, aus Mangel der Zeugen und Zeugnuß, und also mehr für eine Mörderinn, als Obsiegerinn erkennt werden. Doch nit verzagt, gedacht sie, ich verlaß mich auf Gott, Gott wird mich nit verlassen! Gehet den anderen Tag ganz beherzet zu dem Magistrat, eröffnet demselben mit allen Umständen fein redlich und offenherzig die Begebenheit, wodurch es in der ganzen Stadt gar bald lautmaulig worden, und nicht eine geringe Anzahl zu diesem lebendigen und todten Esel sich verfüget. War doch niemand, der diesen Bösewicht erkannte, bis endlich einige hervor kommen, welche mit augenscheinlichem Beweisthum dargethan, daß dieser jene verruchte Gesell und Mörder sey, auf dessen Kopf vor wenig Jahren die Stadt Rom 300 Dukaten geschlagen. Und weilen solches sowohl schriftlich als mündlich bezeugt worden, [477] also hat man diesem Weib die dreihundert Ducaten ausgezahlt, um weilen sie diesen Bösewicht aus dem Wege geraumt: mit welchem Geld das preiswürdigste Weib ihren Mann auf freien Fuß gestellt, und nachmalens ihrer ehrlichen Lebens-Unterhaltung gepflogen. O wunderbarliche Vorsichtigkeit Gottes!

Die Poeten phantasiren viel von einem mit NamenArgus, daß er habe hundert Augen gehabt, welcher ein Hirt und Hüter war der Jo. Das heißt geflogen ohne F. Aber von Gott ist es die Wahrheit, daß er ein pures Aug sey, welches unaufhörlich wacht über alle Geschöpfe der Welt, forderist über den Menschen. Weßwegen die Apostel einen Verweis verdient, als sie Christum in dem Schiffel wegen Ungestümme des Meers haben aufgewedet, modicae fidei. Denn ob er schon Menschheit halber sanft geschlafen, so hat er aber Gottheit halber nit geschlafen. Zu was dienen denn, ô Vigilanti deine Mucken? warum verweißen dann deine Haar die Sorgen, o Sorgiane? weßwegen beladen dein Herz so viel Aengsten, o Simplici? indem du weißt, du hörst und glaubst, daß Gott der himmlische Vater über dich wache und sorge! Nisi efficiamini, sicut parvuli etc.: »mache es lieber wie die kleinen Kinder,« die scherzen auf der Gasse, reiten auf einem hölzernen Klepper bauen Dilli Dalli Häusl, führen eine Prozession von einer papiernen Fahne, halten ein Schießen mit Holder-Büchsen, richten eine Festung von einem Scheerhaufen; mit einem Wort: sie leben ohne Sorgen, und wann sie ein Hunger angreift,[478] so laufen sie zum Vater, Papn, Papn, Papn, wissen wohl, daß der Vater über sie Sorg trägt und sie väterlich ernähret. Ne solliciti sitis animae vestrae, quid manducetis, nequè corpori vestro, quid induamini: »Sorget nit für euer Leben, was ihr essen werdet, noch für eueren Leib, womit ihr euch bekleiden, sollt.«

Wann dem also, sagt mancher, so schieb ich die Händ' in Sack, hänge meinen Werkzeug an den Nagel, wirf die Hacke in einen Winkel, lege mich auf einen Strohsack, und erwarte, wie mich Gott wunderbarlicher Weis' werde erhalten, weilen ich mich nit sorgen darf um die Unterhaltung. Gemach, gemach, mein Christ! derjenige Fluch währet noch, welchen Gott dem Adam auf den Rücken geladen: In dem Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brod essen! Der hl. Paulus auch in seinem Apostolat hat sein Brod gewonnen mit Arbeit, und hat einen Zeltschneider abgeben, der hl. Joseph hat sich und sein armes Haus mit der Zimmer-Arbeit ausgehalten. Indem dann Christus der Heiland die Sorgfältigkeit verboten, wird hierdurch nicht alles Sorgen ausgeschlossen, sondern nur allein die übermäßigen Mucken, die gar zu ängstliche Kummernuß, die gar zu forchtsame Kleinmüthigkeit werden verworfen, wann jemand nemlich trachtet und wachet nach nichts anderm, als wie er sich und die Seinigen soll erhalten, und sogar der göttlichen Providenz nichts überläßt. Ein jeder soll zu Morgens, wann es Zeit und Gelegenheit zulassen, eine hl. Meß hören, in Abgang derer wenigst sich durch ein hl. Gebet dem allmächtigen Gott befehlen; nachmals gehe der Tischler zu seinem Hobel, der Kirschner zu seinem Zobel, der Schuster zu seinem Leder, der Schreiber [479] zu seiner Feder, der Schneider zu seiner Scheer, der Kramer zu seiner Waar', der Fleischhacker zu seinem Beil, der Schlosser zu seiner Feil, der Lederer zu seinen Garben, der Maler zu seinen Farben, der Buchbinder zu seinen Büchern, der Gwölb-Diener zu seinen Tüchern, der Maurer zu seiner Kehlen, der Weißgerber zu seinen Fellen etc. Ein jeder gehe zu seiner Arbeit, treibe sein Gewerbe, thue keinem Unrecht, lasse nichts ermanglen an seinem Fleiß; im übrigen mach er sich weiter keine Mucken, sondern laß es alles über seinem himmlischen Vater und seiner göttlichen Vorsichtigkeit, lache und singe, hupfe und springe. Juhu! sey allzeit guten Muths! Solchergestalten wird dich Gott zeitlich und ewig segnen. Aber ein Judas-Bruder, ein sorgfältiger Phantast, der stets hinter den Ohren kratzt, und sogar das Vater unser, und in dem Vater unser das Gib uns heut unser tägliches Brod vergißt, sondern nur auf Menschen-Fleiß, auf Menschen-Hilf, auf Menschen-Witz, auf Menschen-Vortheil traut und baut, der ist nit werth, daß er solle Gott seinen Vater nennen, auf dessen Obsorg er sich so wenig verläßt!

[480]

Zweiter Band

Judas Iscarioth war Anfangs ein stiller Dieb
[5]Judas Iscarioth war Anfangs ein stiller, aber ein subtiler Dieb, mit der Zeit aber ist er ein Haupt-Dieb worden.

Nachdem Judas Iscarioth von Christo dem Herrn als Pagator und Zahlmeister der apostolischen Kassa, wie auch Procurator des heiligen Collegii erwählt worden, hat er sich Anfangs gar wohl und ruhmwürdig verhalten, mit jedermann bescheiden und bescheid umgangen, beinebens als ein exemplarischer Mann mit gutem Exempel bei den Leuten eine große Auferbaulichkeit verursachet; weßwegen er in solches Ansehen kommen, daß die jüdischen Knaben und hebräischen Mägdlein auf der Gasse allerseits zu ihm geloffen, ihm Hand und Rock küßt und für einen hl. Mann gehalten. Ja wenn forchtsame Leut' bisweilen etwas wollten von Christo dem Herrn auswirken, so nahmen sie ihre Zuflucht bei dem Juda, bittend, er wolle doch mit seiner Vermögenheit sie bei dem Herrn recommandiren. Es ist aber eine kleine Zeit angestanden, so ist aus diesem Gras ein Heu worden, so ist dieser Baum wurmstichig worden, so ist dieser Bach trüb worden, so ist Judas ein Dieb worden etc. Aber anfangs ein kleiner, subtiler, forchtsamer, scrupuloser[5] Dieb; dann er erstlich nur einen Groschen gemaust, was wollt' das seyn! nachmalens zwei Groschen gefischt, das ist ein Bagatell! nach und nach drei Groschen gezogen, das gehet hin! mit der Weil vier Groschen ertappet, folgends mehr und mehr, bis er endlich allemal von zehen Gulden einen gestohlen, von hundert Gulden zehen entfremdet, auf die Letzt gar um das Geld Jesum das höchste Gut verkauft! – Wer also kleine Mängel nit achtet, der wird bald in große Laster fallen.

Ich weiß eine Sau, die hat keine Augen, keinen Rüßel, keinen Kopf, keinen Fuß, und ist doch eine Sau, das ist wunderlich! ich weiß eine Sau, die hat keine Haut, keine Borsten, kein Fleisch, keinen Speck; ist doch eine Sau, das ist seltsam! Ich weiß eine Sau, die lebt nit und frißt doch mehr, als eine ganze Heerde Säu, das ist artig! Ganges ist ein vornehmer Fluß in India, Partolus ein vornehmer Fluß in Lydia, Jordanus ein vornehmer Fluß in Palästina, Nilus ein vornehmer Fluß in Aegypten, Coaspes ein vornehmer Fluß in Persien, Euphrates ein vornehmer Fluß in Armenia, Mosel ein vornehmer Fluß in Niederland, Donau ein vornehmer Fluß in Deutschland, Moldau ein vornehmer Fluß in Böheim, Savus auf deutsch die Sau, ein vornehmer Fluß in Sclavonien. Diese Sau hat kein Maul, lebt nit, und frißt doch viel: da beißt sie ein Stuck Acker hinweg, dort eine Reihe Wiesen, anderwärts eine große Gstädte, an einem andern Ort ein halbes Dorf, unterhalb eine ganze Au! Ei, du grobe Sau! Wo diese Sau entspringt, ist sie so klein, daß ein [6] jähriges Kind darinn ohne Forcht eines Schiffbruchs tändlen kann und scherzen, wie in einem Badwandel, etlich Spannen breit, ein halbe Spann tief; und dannoch – wann sie eine Weile rinnt und lauft, wird aus einem so kleinen Wässerl ein so großer Fluß, aus einer kleinen Sau mit der Weile eine großmächtige Sau!

Die Menschen, und forderist die lasterhaften Menschen seynd mehrestentheil gesittet und gesinnt, wie dieser Fluß Savus, die Sau. Keiner – ist gewiß – keiner – glaub du mir – keiner – du wirst es nit läugnen – keiner wird auf einmal eine grobe Sau, eine unzüchtige Sau, ein wilder Saumagen, sondern er fängt an erstlich von kleinen Fehlern, und so man die kleinen Unvollkommenheiten nicht achtet, so wird man sich mit der Zeit unfehlbar in große und abscheuliche Laster stürzen: »Qui modica spernit, paulatim decidet.« Den Judas um Bericht: Adam auf dem damascenischen Acker aus einer rothen Erde, wie die mehrsten Scribenten davor halten, von den Händen des Allmächtigen erschaffen, war in das Paradies gesetzet worden, als ein König: massen ihm Alles den Gehorsam mußte leisten und unter seiner Botmäßigkeit leben. Ihm Adam hat allweg dieser folgender Titul gebühret: Adamus der erste dieses Namens, mächtigster König des ganzen Erdbodens, durchlauchtigster Erz- Herzog des Paradies, Herzog des damascenischen Gebiets, Graf zu Freudenthal, Herr zu Allegro etc. Adam stund dazumalen in solcher [7] Glückseligkeit, daß, wann er nit Adam heißte, hätte er billig sich Felix, Faustus oder Fortunatus nennen können. Ihm manglete nichts an Reichthum, nichts an der Gesundheit, nichts an der Schönheit, nichts an der Ehr' und Reputation. Er hatte einen ansehnlichen Hofstaat, der ihn nach allem Wunsch bediente. Seine Kammer-Herren waren die vier Elemente, seine Kammer-Diener waren die vier edlen Complexiones, seine Lakeien waren die Löwen, Tieger, Hirsche etc., so alle ihm aufs Beste aufgewartet; seine Hof-Musikanten waren die Vögel der Luft: der Rab war sein Bassist, die Amsel war der Tenorist, der Fink war der Altist, die Nachtigal war der Discantist, der Gimpel spielte auf der Viol de Gamba, die Elster auf dem hölzernen Gelächter, der Baumhäckel auf dem Hackbrettel etc.; seine Licht-Kammer war die Sonn, sein Hof-Tapezier war der mit Blumen gestickte, gespickte Erdboden. Ueber alles dieses hat ihn Gott mit einer solchen Prinzessinn verheirathet, welche da nit schöner konnte mit dem Pinsel des Apelles entworfen werden, nicht anderst, als wär' sie von der Schönheit selbst, als einer Mutter geboren, nicht anderst, als wär' sie von der Holdseligkeit selbst als einer Amme gesäuget worden, nicht anderst, [8] als wär sie von der Freundlichkeit selbst als einer Kindswärterinn erzogen worden. Er und sie, sie und er, beede stunden in größter Glückseligkeit. – Aber gedenke! diese zwei glückseligen Kreaturen seynd bald hernach ins größte Elend gerathen, aus dem Paradies verbandisirt worden, und ihnen anstatt des Scepters nachmalen der Krampen eingehändigt worden: das ist ein Unstern! wie ist es hergangen? also und nicht anderst: Sie haben von kleinen Fehlern angefangen, nachmals also spöttlich gefallen. Die Eva hat vorwitziger Weis' zum Paradies hinaus geschaut, das war ein kleiner Fehler; die Eva hat ein unnütz Gespräch gehabt mit der Schlange, mehr eine kleine Unvollkommenheit; die Eva hat den Apfel abgebrochen, wieder eine kleine Sünd; der Adam hat ihr derentwegen keinen Verweis geben: es war auch das nit Recht; endlich seynd alle beede so spöttlich gefallen in das größte Verderben, um weilen sie kleine Mängel nit geacht. – Wer keine Funken nit achtet, der hat zu förchten eine große Brunst; wer die kleinen Dachtropfen nit achtet, der hat mit der Zeit zu förchten den Untergang des Hauses; wer ein kleines Löchel nit achtet in dem Schiff, der hat zu förchten, daß er nach und nach das Schiff versenke; der ein kleines Sandkörnlein nit achtet in einem Pulver-Stampf, der hat zu förchten, auf daß nit Alles in dem Rauch aufgehe: wer auch die kleinen Mängel [9] nit achtet, der hat zu förchten, daß er nicht bald in große Laster falle. Dann vom kleinen fängt man an.

Des egyptischen Joseph seine Brüder seynd alle von dem Haushalter für Aufraumer, für Bankfischer, fär Tischleerer, für Dieb' gehalten worden; als hätten sie Ihro Hochfürstlichen Gnaden dem Joseph einen Becher entfremdet: Quem furati esti. Aber, aber, aber – es ist dem Ruben Unrecht geschehen; der Simeon war kein Dieb; der Levi war ein redlicher Kerl; dem Juda geschieht hierinfalls eine Injuri; der Nephtali hat solche Schmach wohl zu empfinden; der Isaschar hat sein Lebtag nit also krumme Finger gemacht; der Gad gibt keinen Mauser ab; der Dan, ob er schon nit der beste ist, so ist er doch dießfalls unschuldig; der Zabulon thät sich schämen, wenn er einmal nur einer Nadelgroß hätte gestohlen; der Aser eben deßgleichen; von dem ehrlichen und wohlerzognen Benjamin ist gar klein Argwohn zu schöpfen. O mein lieber alter Tätl Jacob, so soll es dir in deinem väterlichen Herzen also Wehe thun, wann du hören sollst, daß man deine Söhne Dieb nennet! Pfuy! Dieb? Herr Haushalter, gemach mit der Braut, halt das Maul! was meint ihr, soll der fromme Vater Jacob lauter Dieb an seinen Kindern erzogen haben? das nit, das gar nit, nichts weniger als dieß!

Aber leider! wie viel werden Eltern angetroffen, welche an ihren Kindern die Schand' erleben, da sie solche am hell-lichten Galgen sehen hängen? Es seynd [10] aber Vater und Mutter selbst die eigentliche Ursach des Untergangs ihrer Kinder; dann hätten sie solche bei Zeiten mit scharfer Ruthe gezüchtiget, wie sie die kleinen Ding' geklaubt haben, so würden nie solche Haupt-Dieb daraus erwachsen seyn. Vom Kleinen fängt man an: Qui modica spernit, paulatim decidet!

In einer vornehmen Stadt hat sich einst ein Haupt-Dieb aufgehalten, welcher unterschiedliche Diebstähl' durch seine Arglist begangen. Unter anderen ist Folgendes sehr denkwürdig gewesen: Er begab sich in bemeld'ter Stadt zu einem sehr reichen und wohlbegüterten Kaufmann, von dem er die gewisse Nachricht eingebracht, daß er innerhalb zwei Tagen werde auf einen vornehmen Jahrmarkt verreisen. Bittet demnach denselbigen Handelsmann, er wolle doch sammt seinen Waaren ihm auch eine Truhe mitnehmen, worin sehr kostbare Sachen; verspricht nit nur allein alle Reis'- und Führ-Unkosten abzustatten, sondern noch darzu eine beliebige Gratifikation zuzusetzen, sobald er in fünf oder sechs Tagen auch dahin werde abreisen. Der gute und ehrliche Kaufmann wollt ihm diese Bitt' nit abschlagen, zeigt sich in allweg ganz willfährig, mit dem Verlaut, er wolle die Truhen nur lassen herbeibringen. Das war nun dem Erz-Schalk eine gewünschte Sach': welcher sich dann bald durch ihrer Zwei gleichen Gelichters hat lassen einsperren in ein große Truhe oder Verschlag, und folgends in das Gewölb gedachten Handelsmanns tragen [11] lassen, welcher des guten Glaubens war, als seyen hierin vornehme Waaren verschlossen. Indem nun die finstere Nacht herbeikommen, und das Handels-Gewölb allerseits versperret und verrieglet war, da sucht dieser Haupt-Dieb, wie er möcht' aus diesem hölzernen Arrest heraus kommen, und den Kaufladen ausraumen. Weilen er aber, nach Gewohnheit der Handelsmänner, alle Racht pflegte einen wachsamen Hund in das Gewölb zu sperren, und solcher das Geräusch in dieser Truhe vermerkt, hat er mit ungestümmem Beißen und Bellen den Dieb verrathen. Wie dann bereits derenthalben Alle im Haus' erwacht und unverweilt in das Gewölb herunter gestiegen, da sie mit Verwunderung den Augenschein eingenommen, wie ungewöhnlich und gleichsam ganz rasend der Hund gegen diese fremde Truhen sich verhalte. Indem nun solches der Anwesenden Gedanken zu unterschiedlichen Argwohn veranlasset, hat der verschmitzte Bösewicht in dieser seiner Noth die Arglist erdenket: ganz in der Stille zwei Schlüsseln aus dem Sack gezogen, und dieselben zwölfmal auf einander geschlagen, welches allen Gegenwärtigen den gefaßten Argwohn benommen, forderist, weilen der Handelsmann der gänzlichen Meinung war, als seyen neben anderen Sachen auch kostbare Uhrwerk in dieser Truhen, wie sie dann bereits haben hören 12 schlagen. Damit nun der Hund wegen solcher Uhrwerk nit fernere Ungelegenheit mache, und allen den Uebrigen Schlaf benehme, ist solcher treue Melampus aus dem Gewölb' geschafft worden, welches dem schlimmen Gesellen [12] ein gewünschter Handel war: wie er dann bald hernach aus dieser Truhen heraus geschloffen, und um viel tausend Gulden aus dem Gewölb geraubt. Das war ja ein Haupt-Dieb, der einen besonderen Galgen verdienet. Aber glaubst du, daß er auf einmal ein so großer Dieb worden? O nein! Nemo repentè sit pessimus. Er hat, wie alle andern großen Diebe, mit kleinen Sachen angefangen. Anfangs stiehlt man einen Federkiel, vom Federkiel kommt man zum Federmesserl, vom Federmesserl kommt man zum Federbusch, vom Federbusch kommt man zum Federbett etc. allzeit weiter. Anfangs stiehlt man einen Handschuh, vom Handschuh kommt man zum Handtuch, vom Handtuch kommt man zum Handbeck, vom Handbeck kommt man zum Handpferd etc. allzeit weiter. Gleichwie man pflegt in andern Sachen zu steigen. Z.B. Anfangs ist einer ein Schüler, nachmals ein Student, nachmals ein Baccalaureus, nachmals ein Magister, nachmals ein Licentiat, nachmals ein Doctor. Erstlich ist einer ein Lehr-Jung, alsdann ein Gesell, alsdann ein Meister, alsdann ein Bürger, alsdann ein Rathsherr etc. Erstlich ist einer ein Pikenirer, mit der Weil ein Gefreiter, mit der Zeit ein Fähndrich, mit der Zeit ein Hauptmann, mit der Zeit ein Obrister. Deßgleichen steigt auch der Mensch in den Untugenden. Anfangs ist er ein kleiner Dieb, steht nit [13] lang an, so wird er ein größerer; wart' eine Weile, so wird der größte Dieb daraus! Solchergestalten ist der Mensch, wie einer, der durch einen tiefen Fluß waten will. Erstlich geht er in das Wasser bis auf die Kniee, nachgehends bis auf den Nabel, alsdann bis unter die Arme, mit der Weil gar, bis ihm das Wasser in das Maul rinnet. Auf gleiche Weis' wird sich keiner gleich in die größten Laster stürzen, sondern nach und nach. Erstlich stiehlt er eine Nadel, nach sechs Tagen stiehlt er ein Nähkissen, nach sechs Wochen stiehlt er mehr, nach sechs Monaten wird er ein rechter Dieb, nach sechs Jahren wird er gehenkt.Qui spernit modica, paulatim decidet!

Wie der Herr Jesus von dem Berg Tabor herabgestiegen, allwo er seine himmlische Glorie in etwas entworfen, hat er unter dem häufigen Volk daselbst einen jungen Menschen angetroffen, welcher von Kindheit auf vom bösen Feind besessen war. Dieses armen Tropfen leiblicher Vater war gegenwärtig und klagte mit allen Umständen den müheseligen Zustand seines Sohnes, sagte beinebens, wie tyrannisch dieser höllische Geist den armen Menschen tractire: »Frequenter eum in ignem misit:« ja der Teufel habe ihn schon zum öftern in das Feuer geworfen. Worüber sich Jesus erbarmet, der satanischen Larve ernstlich befohlen, daß sie unverzüglich von dannen weichen solle, wie es dann geschehen. Nit nur einmal einer, nicht nur zehnmal zehne, nicht nur dreißigmal dreißig, nicht nur sechzigmal sechzig, nicht nur hundertmal hundert, nicht nur tausendmal tausend, sondern mehr, viel mehr, wer wills zählen, wer kanns [14] zählen? unzählbar mehr und mehr werden auf dieser verkehrten, bethörten, versehrten Welt gefunden, die eines gleichen Zustands seynd, wie dieser arme Tropf. »Frequenter eum in ignem misit.« O wie viel er undsie, wie viel Pauli und Paulinä, wie viel Franzisci und Franziscä, wie viel Christiani und Chrstinä werden angetroffen, welche alle vom bösen Feind öfters, gar oft ins Feuer geworfen werden! Ist leicht zu erachten, was für ein Feuer: Luxuria oder Lux urens, dieUnzucht hat die Welt, die mehresten Länder in der Welt, die mehresten Oerter der Länder in der Welt spöttlich angezünd't. O wie stinkende Flammen, weit über die, so von Sodoma und Gomorrha empor gestiegen! Die Astrologi schreiben wohl, daß die sieben Planeten weit von uns entfernet seyn. Sie schreiben, daß der Mond als ein Planet fünfzehn tausend sieben hundert und fünfzig Meil von uns sey; sie schreiben, daß der Mercurius als ein Planet sieben tausend acht hundert sieben und siebenzig Meil ober dem Mond sey; sie schreiben, daß Venus als ein Planet sieben tausend acht hundert und siebenzig Meil ober dem Mercurio sey. Sie schreiben also, wir aber anderst; nemlich, daß Venus ganz nahe bei uns sey, mitten unter uns. Weßwegen recht der hl. Joannes gesprochen: Mundus in maligno (id est, in malo igno) positus est. Das [15] sehen alle Tag die Augen, das hören alle Tag die Ohren, das redet alle Tag die Zunge, das schreiben alle Tag die Händ', das denkt alle Tag das Herz bei vielen, bei dem Samson nit allein, bei dem Salomon nit allein, bei dem Sichem nit allein, bei dem Ruben nit allein, bei dem Abimelech nit allein, bei dem Ammon nit allein, bei der Rahab nit allein, bei dem David nit allein, sondern auch bei Reginas, Christinas, Sabinas, Marinas, Lidwinas etc., bei viel Fridericos, Rodericos, Ericos, Ludovicos, Emericos, Udalricos etc. Der hl. Philippus Nereus hat allemal die Nase zugehalten, wann er bei einem solchen unzüchtigen Menschen vorbei gangen. Wann er der Zeit noch lebete, so müßte er fast alleweil mit dem Tüchel die Nase verstopfen.

Was kann erschrecklicher seyn, als was Delrio erzählet? In Flandern waren drei Sauf-Brüder, welche mit Schlemmen und Schlimmem die mehreste Zeit vertrieben. Weilen aber Weinbär und Weiber nur einen Buchstaben von einander, und Bachus und Bauchus in bester Verwandtschaft und Bekanntschaft mit der cyprischen Dama; also waren gedachte Gesellen sowohl große Trinker als große Stinker – verstehe unzüchtige Böck' und geile Mistfinken. Ein jeder hatte seine Concubin und unverschämte [16] Fettl, mit welchen sie ohne Gewissen, ohne Forcht, ohne Scheu, ohne Ehr einen solchen üblen Wandel führeten. Einsmals bei erwachsener Nacht, nachdem sie satt und matt des vollbrachten Luders wollten schlafen gehen, sagte einer aus diesen: Nun, Gott sey gedankt, heut haben wir einen guten Muth verbracht! O Gimpel! widersetzet der andere, ich danke derenthalben Gott nit, sondern dem Teufel, welcher mir so stattlich an die Hand gehet. Mit dieser Spott-Red sammt beigeselltem Gelächter werfen sich diese Luder-Bursch in das Bett, und fallen unverweilt in einen tiefen Schlaf, der aber bald genommen worden. Denn gleich hernach durch grausame Gewalt der Teufel in der Gestalt eines Jägers die Thür eingesprengt und mit flammenden Augen in die Kammer hineingetreten, mit Begleitung zweier Kuchel-Jungen: »Allo! sprechend, wo ist derjenige, der mir so schön gedankt? nun bin ich gegenwärtig, mich einzustellen.« – Befiehlt alsobalden denen zweien Kuchel-Jungen, sie sollen diesen Gesellen aus dem warmen Bett heraus reißen, an einen Spieß stecken und braten; welchem Befehl sie schleunigst nachkommen und den armseligen Menschen also gebraten, daß von dem Gestank die Kammer voll, beede Mitgespänn aber mit Forcht also voll, daß sie eine geraume Weil' ohne Sinnen gelegen. Nach vollbrachtem diesem so grausamen Spectacul wendet sich der Satan zu den zween, drohend, dafern ihm von Gott die Gewalt nit wäre gebunden, so [17] wollt er sie auf gleiche Weis' empfangen. Nachdem der helle Tag angebrochen, stunden diese fast in einem Zweifel, ob es ein Traum oder Geschicht gewest, haben aber bald gesehen, daß es von dem gerechten Gott eine gebührende Straf ihres Muthwillens gewesen, indem sie ihren Mit-Kammeraden todt und über und über gebraten in dem Bett gefunden.

Wer läßt sich einfallen, wer macht sich so einfältige Gedanken, als ob dieser auf einmal ein solcher Ludersack worden? O das nit! er hat ungezweifelt vom Kleinen angefangen. Wann ein muthwilliges Kind in einen tiefen Brunnen ein Steinlein wirft, so wird man wahrnehmen, daß solches Steinle auf dem Wasser ein kleines Zirkele macht, dieses kleine Zirkele macht gleich noch ein anders und ein größers, dieses größere macht mehrmalen einen weiten runden Kreis, bis endlich von einem kleinen solchen Zirkel oder Kreis, große, größere, die größten Kreise gemacht werden. Eine fast gleiche Beschaffenheit hat es mit der Sünde: Der Satan befleißt sich, wie er möge den Menschen zu einem kleinen Fehler bringen, wohl wissend, daß ein Fehler dem andern die Schnalle in die Hand gibt. Anfangs ist man unbehutsam in den Augen, wie jener junge Mönch, der mit einem alten etliche Tag ausgereist: unterwegs haben sie ein Weibsbild angetroffen, welche der alte mit freundlichen Worten bewillkommet, und ein kurzes Gespräch mit ihr gepflogen, nachgehends sie wiederum gar höflich beurlaubet. Wie sie nun ihren Weg also fortgenommen, [18] fängt der alte an, sie über alle Massen zu loben und hervor zu streichen die Wohlgestalt und das hübsche Angesicht dieser Frau, hierdurch des Fratris sträflichen Vorwitz heraus zu locken. Sagte also der fromme Vater: O mein lieber Frater, ich habe lange Zeit hero ein so wohlgeschaffenes Weibsbild nit angetroffen; sie hat ja ein Paar Wangen, die da hangen, die da prangen wie die Rosen. Helena aus Griechenland muß sich fast verkriechen vor ihr; ei es ist immer Schad', daß sie einen Mangel in den Augen hat und einäugig ist! Was? sagt der Frater, verzeiht mirs, mein Vater, ihr habt wohl nit recht gesehen, sie ist keineswegs einäugig, sondern sie hat ein Paar Augen, wie Diamanten, ich hab es gar wohl in Acht genommen. So, sprach der Alte, so, mein junger Lector! sollst du so unbehutsam seyn in den Augen? Weißt du das nit, daß die Angen die ersten Kurrier' und Furier' seynd zum Sündigen, und dem menschlichen Willen den gebahnten Weg zeigen zu allen Lastern? »Est oculus scopulus titulo meliore vocandus.« Den David hat das vidit zum fecit gemacht; den David hat das Sehen zum Geschehen zogen; dem David hat das Gaffen viel Uebel beschaffen. Vom Sehen kommt man zum Denken, vom Denken kommt man zum Gefallen, vom [19] Gefallen kommt man zum Wollen, vom Wöllen kommt man in die Höllen. Ich bin versichert, daß jene saubere Dama des Herrn Putiphars, königlichen Ministers Frau Gemahlinn nicht gleich das erstemal den keuschen Joseph mit dem dormi mecum wird angetastet haben, sondern sie hat ungezweiflet vorhero seine schöne Gestalt betracht, sich in seine rothe Lippen vergafft, seine weißen Händ' beschnarcht, und also von einem zum andern gestiegen, bis sie letzlich gottlos, gewissenlos beschlossen, ihren Mann unter das Zeichen des Widders zu stellen.

Wann der Himmel voll mit Stern, so ist es ihm ein Lob; wann aber der Himmel sternvoll ist, so ist es eine Schand' und ein Schad: wer weiß, ob nit das Wörtlein Dolor die Lateiner vom Dolio deriviren, massen von dem Wein oft manches Weinen und Klagen entspringet. Holofernes hätte nie den Kopf verloren, wann ihm nit der Kopf vom Wein wäre um und um gangen. Heli der Hohepriester hat einst der gottseligen Annä, des Elcanä Frau Gemahlinn eine große Unbild zugefüget, indem er ihr vorgerupfet, sie sey eine Bürgerinn zu Kandelberg, und habe zu stark das Oktober-Bier eingenommen: da sie doch, die fromme Frau, ihr Lebtag kein Wein verkostet. Aber in unsern Zeiten trifft man wohl solche Weinfalter an mit langen Röcken, [20] die vom Trinken Bibianae, oder vom Saufen Potamianae könnten genennet werden. Mir ist von einer gar gewiß erzählet worden, welche auf einer Kirchfahrt unterwegs das Maul mit dem Wein gar zu stark ausgeschwemmet, daß ihr also der Tummel in Kopf und der Tremulant in die Füß kommen. Wie sie nun in eine, unweit des Wegs erbaute St. Annä Kirch eingetreten und in Mitte derselben bei dem Opfer-Stock sich niedergelassen, hat ihr der Schwindel je länger je mehr das Hirn eingenommen, also, daß sie vermeint, der Altar gehe um und um, wessenthalben sie in diese ja lächerliche Wort ausgebrochen: »O meine hl. Anna! ich bins ja nit werth, ich bins ja nit würdig, es ist ja gar zu viel: ich hab' vermeint, ich wollt um dich herum gehen, so sehe ich aber, du gehest um mich herum!« Lasse mir diese eine saubere Frau seyn! Aber die Männer werden hierinfalls mehr beschuldiget! weßwegen der Grammatist wohl konnte dem Poeten sein Carmen verändern und also setzen: Quae maribus solum tribuuntur vascula sunto. Es ist sich nit wenig zu verwundern, wie Christus der Herr so viel tausend Menschen gespeiset hat wunderbarlicher Weis' in der [21] Wüste, und nicht nur allein alle nach Contento gesättiget, sondern so gar zwölf Körb' voll Brod geübriget. Zu verwundern ist, daß nit einer aus dieser volkreichen Versammlung hat auch einen Trunk begehret. Wann wären Deutsche dabei gewest, ist wohl zu glauben, daß einer oder der andere hätte um einen Trunk Wein supplicirt; massen dieser Nation ihr übler Nachklang ist, daß sie zu viel dem Wein ergeben, als sollt' ihr Leben durch die Reben – vita per – vitem erhalten werden. Dergleichen Weinschläuch' könnten fast ohne Ziel und ohne Zahl beigebracht werden: Einer, vor dießmal ein Romaner, kommt mir unter die Händ', von dem Gumpenbergerus schreibt, welcher ein solcher unmäßiger Weinegl war, daß er mit dem reichen Prasser fast täglich sich berauschte, und zuweilen also bezecht, daß er eine Paßgeige für einen Bettler, eine schwarze Kuh für einen Kapellan, und einen Polster für eine Gans angesehen. Nachdem einmal den ganzen Nachmittag diese Sau beim weißen Lämml gesessen und sich also angetrunken, daß er in dem Heimgehen hin und her gestolpert, als wollt er mit den Füßen hebräisch schreiben, ist er endlich in eine große Kothlache gefallen, wie dann für einen solchen Kopf keine andere Lauge gebühret. Als nun dieser Kothkäfer in seinem unfläthigen Saubad also zappelte, so ist der Teufel in der Gestalt eines Weibes zu ihm kommen mit einer Latern – denn es bereits die tiefe Nacht war – und[22] nachdem sie ihn mit langen Worten, mit hartem Verweis, mit zornigem Mundstück angeblasen, hat sie den wilden und im Koth gebeziten Lümmel aufgehebt, nach Haus zu führen. Wie sie nun einen geraumen Weg fortgangen, so vermerkt dieser Schlemmer, daß er auf einem hohen Berg sey, und sehe vor seiner eine große Menge der bösen Feind, welche allesammt gleichstimmend geschrieen: Bring um, bring um! Solcher Schrecken hat alsobald den dicken Rausch vertrieben, also, daß er mit lauter Stimm' geschrieen: Sancta Maria in viâ latâ, stehe mir bei! Sobald er die Hilf der Himmels-Königinn flehentlich angerufen, seynd alle höllischen Larven verschwunden. Nachmals hat er wahrgenommen, daß nicht sein Weib, sondern der Satan ihn an selbiges Ort geführet, von welchem er ungezweiflet durch teuflische Gewalt wäre gestürzet worden. – Glaubst du anjetzo, daß dieser Weinzapf auf einmal ein solcher Sau-Magen worden? Das nicht, sondern er hat vom Kleinen angefangen: erstlich nur allemal ein Gläsel ausgetrunken, vom Gläsel ist er zum Glas, vom Glas zum Krug, vom Krug zur Kandel, und also kommen zu einem solchen versoffenen Wandel; erstlich lernen trinkenUtiliter, darnach Realiter, alsdann Mirabiliter, folgends Faciliter, mit der Weil Solenniter, auf die letztLamentabiliter. Mit drei Jahren hat er geschrieen:[23] Mamma trinken! mit vier Jahren hat er geschrieen: Mutter trinken! mit fünf Jahren hat geschrieen: Vater saufen! im sechsten Jahr hat er seinen Vater schon ins Wirthshaus begleitet; im sechszehnten Jahr ist er gangen am Sonntag zum meißen Rößl, am Montag zum blauen Kessel, am Erchtag zum guldenen Lämmel, am Mittwoch zum grünen Gämpl, am Pfingstag zur guldenen Sonn, am Freitag zum wilden Mann, am Samstag bei der grünen Linden: läßt sich also beim Saufen eine ganze Woche finden. »Qui modica spernit, paulatim decidet: nach und nach lernet man die Untugenden!«

Lucas schreibt von einem Weib, welche zehen Groschen hatte: nachdem sie aber einen aus diesen verloren, so zündet sie ein Licht an, kehrt das ganze Haus aus, sucht unten, sucht oben, sucht da, sucht dorten, sucht vorn, sucht hinten, sucht in der Mitte, sucht aus und aus, sucht ein und ein, sucht um und um, bis sie ihn findet, und wann sie ihn endlich gefunden, so erfreuet sie sich von Herzen etc. Das ist ein gutes, stattliches, häusliches Weib, welche also auf einen Groschen gehet! dergleichen gute Hauswirthinnen findet man annoch an vielen Orten, welche nicht nur allein Acht haben auf einen Groschen, sondern auch auf einen Kreuzer, auf einen Pfenning; [24] unterdessen aber ihre Männer 20, auch 30, auch 40, auch 50 Gulden mit Karten und Würsten verschwenden.

Von dem König Pharao bezeugt sattsam die hl. Schrift, daß er neben seinem Leben auch sehr großen Schatz und Lebens-Mittel im rothen Meer verloren. Eine manche arme Haut, die klagt und hat zu klagen, daß ihr Mann fast alles das Seinige nicht im rothenMeer, wohl aber im rothen Fluß verloren hat; verstehe also, daß er dem Spielen zu sehr ergeben, mit einem andern Spiellumpen Labet gekart', und als zum mehresten gestanden, hat dieser lauter Herz bekommen, das war ein Fluß, und zwar ein rother, worinnen ihr Mann einen ziemlichen Schiffbruch gelitten.

Von dem Absolon ist auch genug weltkundig, daß ein Eichbaum Ursach gewest, daß er um das Leben kommen. Daß der, daß dieser, daß jener, daß viel auch um ihr Leben, absonderlich aber und forderist um ihre Lebens-Mittel kommen, ist nit Ursach der Eichbaum, wohl aber der Eichel-Ober, den man sonst zu mehreren Ehren den Pamphilium nennet. Von Vielen weiß man, daß sie Haus und Hof verspielet, und also weit armseliger worden, als ein Schneck, den gleichwohl die Natur mit eigner Behausung versieht.

Der Samson hat mit einem dürren Bein, benanntlich mit einem Esels-Kinnbacken, denen Philistern den größten Schaden zugefügt. Ein mancher reicher Herr ist arm worden, ein mancher reicher Kaufmann ist nothleidig worden, ein mancher reicher Bürger ist ein Bettler worden, daß also der erste, der andere, der dritte [25] nichts anders sagt, als: jetzt bin ich geschlagen, ich bin geschlagen, ich bin geschlagen! Ja, ja, ja, du bist geschlagen, ihr seyd geschlagen, und zwar wie die Philister durch den Samson mit einem dürren Bein, also ihr durch ein dürres, aber vierecketes Bein, verstehe die Würfel. Das Bein des Samson hat Wasser gebracht, das Bein bei den Würflen bringt auch Wasser; aber leider! aus den Augen der Weiber, der Kinder rinnen die Zäher, um weilen die Beiner ihnen das Fleisch verspielet.

In der vornehmen Stadt Bononia, welches so viel heißt, als Bona omnia, hat sich ein gottloser Spieler befunden, welcher einmal, um weilen er selbigen Tag lauter widriges Glück im Spielen erfahren, also unsinnig ergrimmt, daß er fast rasend zu der Stadt-Mauer geeilet, worauf die Bildnuß der Mutter Gottes mit gutem Pinsel entworfen war, dieselbe nicht nur allein mit lästerlichen Worten beleidiget, sondern auch mit seinem Dolch etliche Wunden versetzet, aus welchen das häufige Blut herausgequellet. Dieser Bösewicht wurde nachmals zur billigen Straf gezogen und außer der Stadt gegen die Mauer hinüber, wo die Bildnuß war, an den lichten Galgen gehenket. Es ist aber anbei auch dieses denkwürdig geschehen, daß gedachter Galgen-Schwengel wegen des Sonnenscheins den Schatten von seinem Leib geworfen hat auf obbenennte Mauer, dergestalten, daß selber bis auf den heutigen Tag weder durch Schnee, Wind, Wasser, noch einige andere Weis' kann ausgetilgt werden.

Dieser und seines Glifters mehr ist nit auf einmal[26] ein solcher Erz-Spieler worden, sondern hat ebenmäßig von kleinen Dingen angefangen; dann der böse Feind mehrestentheils argumentirt à minori ad majus: der Erz-Schalk wendet die Leut' zu Sünden und Lastern, wie man pflegt bei uns in der Prozession zu gehen; von Anfangs wird man sehen gehen die kleinen Knaben, nach und nach alleweil größer, größer, größer: also bringt der arge Satan den unbehutsamen Menschen anfangs nur zu kleinen Verbrechen, zu läßlichen Fehlern, geringen Unvollkommenheiten; aber nach und nach alleweil größer, bis er ein lasterhafter Tropf wird; und rührt solches Uebel meistens daher, weilen er das Kleine nit geacht. Von Anfang hat man ein Wohlgefallen an der Karten: mittler Weile spielt man um eine Ruß, nachmals um einen Pfenning, alsdann um einen Groschen, nachgehends um einen Gulden, mit der Zeit um das Wammes, letztlich um die Hosen; alsdann stiehlt er, und kommt zum Profosen. Vom Kleinen kommt man zu dem Großen!

Was hat das ganze Engelland zu einem Teufel-Land gemacht? Anfangs ein einiger vorwitziger Anblick Henrici auf Annam Bolenam. Was hat das Schweizerland von dem Haus Oesterreich abgesondert? Anfangs fünf Wörter, mehr nit. Was hat die mahometische Sect [27] und ottomanische Gwalt nach Europa gebracht? Drei Wörter, mehr nicht, indem man die Saracener Hund genennet hat. – Des Königs Pharaon sein Mundbäck ist wegen eines kleinen Steinleins auf den Galgen kommen. Ist Schad'! wanns gleichwohl ein Müller wäre gewest – ein Steinlein ist ja ein kleines Wesen. Der Poet Anacreon ist an einem kleinen Weinkörn'l erstickt. Ist ja eine kleine Sach' ein Weinkörn'l! Henricus II. König in Frankreich ist an einem kleinen Splitter Holz gestorben, so ihm in das Aug' kommen. Ein Splitter ist ja ein kleines Ding. Viel, o wie viel, o nur gar zu viel seynd Erz-Dieb worden, die Anfangs nur einen Pfenning entfremdet. Ein Pfenning ist ja eine kleine Sach'! Nit wenig, gar nit wenig seynd die größten Huestentreiber worden, die erstlich nur fürwitzig in Augen gewest. Fürwitz ist ja eine kleine Sach'! Manche, freilich wohl manche seynd die größten Lügner und eidbrüchige Gesellen worden, welche Anfangs nur ein wenig gespickt. Spicken ist ja ein kleines Wesen! Und dannoch aus diesem kleinen Funken entspringt eine solche Brunst, aus diesem Blätterle wird ein solches Geschwür, aus diesem Kern wird ein solcher Baum, aus diesem Kind wird ein solcher Riese, aus dieser kleinen Sünd entspringen solche große Laster.

Kein solches Klagen, kein solches Plagen, kein solches Zwagen hat vom Anbeginn der Welt bis auf diese Zeiten ausgestanden ein König, als wie der Pharao, dieser ägyptische Monarch, von dem Mose; welcher große Mann Gottes durch seine Wunder-Ruthe –[28] von dero noch ein Theil in der Kirche St. Severini zu Kölln am Rhein aufbehalten wird – diesem hartnäckigen Fürsten zehen große Plagen auf den Rücken gebunden. Moses macht, daß alles Wasser in Egypten in lauteres Blut verkehrt worden, damit Pharao auch solle schamroth werden, um weilen er den wahren Gott nit erkennet; Moses macht, daß eine solche Menge Frösch' im ganzen Reich entstanden, daß auch die grünen Quackitzer auf allen Tafeln herum hupften, und so man nur eine Schüssel abgedecket, war alsobalden ein solcher verdrießlicher Lachendrescher darinnen; Moses macht, daß so viel große, kleine, dicke, dünne, lange, kurze, braune, grüne, weiße, schwarze Mucken im ganzen Land entstanden, daß hiervon die Leut' schier unsinnig worden – und hat der König selbst manchen Stich auf die Nasen von solchen kleinen Feinden leiden müssen; Moses macht, daß eine solche dicke Finsterniß in Egypten worden, daß einer den andern nit gesehen, der auch neben seiner gestanden – der gute Mann glaubte, Pharao soll durch diese Finsterniß erleuchtet werden; – Moses macht, daß noch viel andere große, ja größte Plagen über den Pharao kommen. Wessenthalben der König oft hinter den – Ohren gekratzt, oft von inniglichem Herzen geseufzet, oft vor andern seinen Hof-Herren und Hof-Beamten geklagt: ach, was hab' ich gethan! wie bin ich doch so unbesonnen gewest! dem Uebel hätt' ich gar wohl können vorkommen, hatte ich dazumalen dem Mosi den Hals umgerieben, wie er noch als ein kleines Kind auf der Schoß meiner Tochter Thermuth gelegen! ach, hätte ich ihm damalen den Rest geben, wie [29] er als ein Kind mein königliches Diadema von seinem Kopf herunter gerissen! es ist mir doch dazumalen schon vorgangen, der Bub werde einsmal große Unruhe verursachen. Ei! ei! hätte ich Mosen in der Kindfätschen erwürget, so wäre er nit also aufgewachsen, und thät mir folgsam nit eine Plag' über die andere auf den Rücken schicken!

Dieser Wunsch ist bei Mehrern. Seufzet nit mancher arme Tropf, der da Diebstahl halber hinausgeführet wird, und wider seinen Willen muß hoch angesehen seyn? beklagt sich nicht öfter ein solcher bei dem Pater, so ihm das Begleit gibt: o Pater, hätte ich in meiner Jugend die kleinen Diebstähl' unterlassen, so müßte ich anjetzo nit eines so schmählichen Tods sterben! O, hätt ich, sagt eine andere, auf jenes Bürschl nicht die Augen geworfen, hätt ich doch den Schnier-Riem' nicht angenommen, hätte ich nur die Händ nit druckt, so wär' ich in diesen öffentlichen Spott nit gerathen! O, hätt' ich, sagt die hunderte, die Sünd abgewöhnt, wie sie noch klein war, so hätte ich anjetzo nit einen solchen Busen voll der Laster! O hätte ich also! – – Wann man die kleinen Fehler nit austilget, so wachsen sie freilich wohl wie das kleine Senfkörnlein im Evangelio, welches zu einem großes Baum worden, daß auch die Vögel der Luft auf seinen Aesten loschiren; so wachsen sie freilich, wie Moses, der aus einem kleinen armen Pupillen, so in einem Binsen Körblein daher geschwommen, ein solcher[30] Mann worden, daß er den König Pharao sammt den Seinigen in den Untergang gestürzet hat.

Jene Statua oder Wunder-Bildnuß des Königs Nabuchodonosor hatte ein Haupt von Gold, die Brust und Arm' von Silber, den Bauch sammt den Lenden von Erz, die Schenkel von Eisen, die Füß' theils von Eisen, theils von Hafner-Erden; endlich ein kleines Steinl hat diese stattliche Statue zu Boden geworfen und zertrümmert. Dieser Statue seynd gleich unterschiedliche heilige Orden und Religionen in der katholischen Kirche: Haben nit diese allesammt ein guldenes Haupt gehabt, einen guldenen Anfang, der voller Eifer und Vollkommenheit war? aber nach und nach seynd sie schlechter worden, daß also der Prophet Jeremias folgender Gestalt über sie zu klagen hat: Wie ist das Gold verdunklet, und die allerschönste Farb verändert? wie seynd die Stein des Heiligthums zerstreuet, und liegen auf den Ecken aller Gassen! die edelsten Kinder Sion, welche mit dem allerfeinsten Gold bekleidet waren, wie seynd sie nun geacht wie erdene Geschirr, so die Hand des Hafners gemacht hat! Wie viel heilige Orden seynd dergestalten in Untergang kommen, daß sie entweders gar vom päbstlichen Stuhl ausgetilgt oder wenigst reformiret worden! Was war nit für ein heiliger und der Kirche höchst nützlicher Orden der Tempel-Herren, welcher unter dem Pabst Gelasio II. von zweien heiligmäßigen Rittern, Hugo de Paganis und Gaufredo a S. Audomaro gestift worden! Dieser schöne Orden mit dem weißen Kleid [31] und rothen Kreuz hat sich in der ganzen Welt ausgebreitet, auch hat sich der hl. Bernardus glückselig geschätzt, daß sie seine heilige Regel angenommen. Erstgedachter hl. Orden ist viel hundert Jahr' im größten Ruhm gestanden, endlich aber zu Wienn in Frankreich durch das Concilium ausgerottet worden unter dem Pabst Clemens dem Fünften, dergestalten, daß alle dessen Ordens-Genossen in einem Tag, und zwar in einer Stund' seynd umgebracht worden Anno 1311. Der Großmeister dieses Ordens zu Paris in Frankreich wurde auf öffentlichem Scheiter-Haufen verbrennet. Dieser Orden war Anfangs so herrlich und heilig, und ist dannoch mit der Weil in abscheuliche Laster, in lästerliche Abgötterei, in abgötterische Sünden gerathen, – nicht auf einmal, sondern nach und nach: Anfangs hat man kleine Mängel übersehen, diese haben nachmals größere Untugenden ausgebrütet, endlich hat man ohne Scheu und Forcht Gottes gesündiget. Der Teufel baut weit anderst, als die sauberen Adams-Kinder: diese baueten den Thurm Babel Anfangs von der Erd auf sehr dick, nachmals alleweil je höher je kleiner; aber der Fürst der Finsternuß führt sein Gebäu auf Anfangs ganz klein, von kleinen Sünden, nachgehends allezeit größer. Derenthalben gar recht der hl. Evangelist Matthäus schreibt: »Securis ad radicem arboris posita est etc. – die Hacke sey schon an die Wurzel des Baums gesetzt.« – Freilich soll man die Laster ausrotten, da sie noch in der Wurzel seynd, damit [32] sie nit erwachsen. Hätte Judas den Diebstahl eines Groschen gemeidet, so wäre er niemalen ein solcher Erz-Dieb worden.

Judas Iscarioth macht aus dem Stehlen eine Gewohnheit
Judas Iscarioth macht aus dem Stehlen eine Gewohnheit, welche er nit mehr hat lassen können.

Es war Judas schon eine geraume Zeit ein geheimer Dieb, und führte dieser Fuchs (wann er doch soll einen gleichfarbigen Bart haben gehabt) einen steten Greifen in seinem Wappen; welches dann der apostolische Beutel ziemlich erfahren, und das Almosen, so dem heiligen Collegio gutherzig mitgetheilt worden, fast einen ärgeren Wurm gelitten, als des Jonas seine Kürbis-Blätter; welches dem Herrn Jesu höchst mißfallen, daß er in seinen apostolischen Zwölfeneinen habe, der das siebente Gebot so gewissenlos übertrete. Wessenthalben der gebenedeite Heiland den Judam etlichmal ganz alleinig beiseits geführt, ihm in aller Still, damit sein guter Name im mindesten nicht angegriffen werde, mit aller Sanftmuth eine Ermahnung geben: Sieh, mein lieber Apostel Juda, ich hab' dich aus grundloser Gütigkeit zu so hohen Würden erhoben, daß du auch kraft meiner allmächtigen Mitwirkung große Wunder und Miracul zeigest, deßwegen es sich auch geziemet, daß du andern mit gutem Exempel vorgehest; nun [33] aber spüre ich das Widerspiel, indem du ohne einige Forcht Gottes zum höchsten Nachtheil deiner Seele das Gewissen mit öfterem Diebstahl überladest: gedenke doch, was genaue Rechenschaft du am jüngsten Tag mußt ablegen! Judas hörete solche mildherzige Ermahnung mit unterschlagenen Augen, und versprach jedesmal ganz guldene Berg, daß er sich mit dem Silber nit mehr will vergreifen, sondern hinfüran ein treuer Apostel, wie es sein sein heiliges Amt erforderet, beharrlich verbleiben. – Es stund aber eine kleine Zeit an, so hat er mehrmalen kleine Finger gemacht und noch kräftiger gestohlen, als zuvor; dann er hatte es schon gewohnet und konnte es nit mehr lassen.

Der Israeliten ihre Kleider haben 40 Jahr in der Wüste gedauert, und ist nicht ein Faden an ihnen versehrt worden: das waren dauerhafte Kleider! Die Kleider des hl. Apostels Bartholomäi seynd 25 Jahr also neu geblieben, als hätte er sie den ersten Tag angezogen, da er doch in allem Regen und Ungewitter selbige getragen: das waren dauerhafte Kleider! Der hl. Apollonius lebte 40 Jahr in der Wüste Thebais, und diente Gott mit größtem Eifer. In währender dieser langen Zeit tragte er ein einiges Kleid, so doch nie eraltet noch zerrissen: das waren dauerhafte Kleider! Die Kleider, welche 50 ganzer Jahr der hl. Eremit Abraham am Leib tragte, seynd nie abgeschaben, noch weniger an einem Fetzen verletzet worden: das waren dauerhafte Kleider! Die Kleider des hl. Bischof Meinuverei haben 340 Jahr in dem Grab unter der Erde also gedauret, daß sie [34] nach so vielen Jahren ganz neu seynd erfunden worden: das waren dauerhafte Kleider! Die Kleider des hl. Bischof Attonis, des hl. Königs Eduard, des hl. Martyrers Ferreoli, des hl Amandi, des hl. Bennonis, des hl. Vulstani, des hl. Cuthberti, des hl. Franzisci, des hl. Xaverii, der hl. Theresiä seynd so viel Jahr unter der Erden, auch im frischen Kalk unversehrt geblieben: das waren dauerhafte Kleider! Aber ich weiß ein Kleid, das ist zwar nit heilig, wie diese, aber noch dauerhafter als diese, es ist gar von Eisen, welches der Teufel selbst geschmied't, und wird genennt eine eiserne Pfaid.

Das hl. Evangelium bezeuget, daß die Mörder jenen armen Trvpfen, so von Jerusalem nach Jericho reiste, haben neben großen Stöß' und Wunden nit allein das Seinige hinweg genommen, was er in seinem Ranzen tragte, sondern sogar seine Kleider ausgezogen. Ob sie ihm wenigstens das Hemmet gelassen, stehet im Zweifel. Ich aber wollte wünschen, daß ich auch manchen könnte das Hemmet ausziehen welches die Deutschen an den mehristen Orten ein Pfaid nennen: verstehe hierdurch die böse Gewohnheit, so da im gemeinen Sprichwort eine eiserne Pfaid benamset wird, weilen sie nemlich gar zu lang dauert und gar selten zerrissen wird! [35] Adolescens juxta viam suam, etiam cum senuerit, non recedet ab ea.

Der mehresten Lehrer Aussag ist, daß die Höll sey in dem Centro oder Mittelpunkt der Erden, und liege ganz gerad unter der Stadt Jerusalem; massen der Psalmist sagt: Operatus est salutem in medio terra. Auch solle auf dem Berg Kalvariä linker Hand, wo der böse Schächer ist gekreuziget worden, noch ein großer Ritz oder Loch mit Blut besprengt zu sehen seyn, wodurch gedachter Mörder mit Leib und Seel sey in die Hölle gestürzt worden. Also – schreibt neben andern Brocard – aus dem solle fügsam zu schließen seyn, daß die Höll, dieser Kerker der Verdammten, unterhalb liege. Wann die Höll, dieses peinliche Folterhaus, sey erschaffen worden, stimmen die Scribenten nicht allerseits überein: massen etliche vermeinen, die Höll sey den ersten Tag, andere den dritten Tag erschaffen worden von Anbeginn der Welt. Dem sey, wie ihm woll. In der Höll ist begraben worden der reiche Prasser, welches zu Genügen aus dem hl. Evangelio abzunehmen, und sobald der unglückselige Mensch dahin kommen, hat er gleich die Zung aus seinem Rachen heraus gestrecket und ganz weheklagend zu dem Abraham, in dessen Schoß der Lazarus ruhete, um einige Erquickung aufgeschrieen wegen seines unleidentlichen Dursts. Welches ja zu [36] verwundern, daß er nichts anderst klagte, als den Durst, zudem alles an ihm gelitten. Dann es war Feur an ihm, es war Feur in ihm, es war Feur ober ihm, es war Feur unter ihm, es war Feur neben ihm, es war Feur um ihn, daß also der Kopf im Feur, der Hals im Feur, die Schultern im Feur, der Leib im Feur, die Füß im Feur, und folgsam hat er am ganzen Leib gelitten. Warum beklagt er sich dann allein wegen des Dursts? Es hat das Gesicht gelitten, um weilen er mußte anschauen die höllische Larve, welche dergstalten abscheulich, daß die hl. Gertrudis beschlossen, lieber bis auf den jüngsten Tag mit bloßen Füßen auf glühenden Kohlen zu gehen, als nur augenblicklich solcher satanischer Ungestalt ansichtig zu werden. Es hat das Gehör gelitten theils ob dem Zwitschern der höllischen Schlangen, theis ob der Verdammten unaufhörlichem Rufen: ach wehe ewig! ach wehe ewig! ewig! Es hat der Geruch gelitten wegen des aufsteigenden Schwefel-Dampfs aus dieser höllischen Pfütze; wie dann auch muthmaßlich ist, daß aller Gestank und Unflat der Erde in die Hölle rinne. Es hat die Fühlung gelitten, dann der Leib nichts als Flammen, Feuer-Funken empfunden. Dannoch ungeacht dessen beklagt sich dieser armselige Tropf nur wegen der Zunge und des Dursts. Verwundere dich dessen aber nicht zu stark, sondern gedenke, daß dieböse Gewohnheit eine eiserne Pfaid! Was [37] der Erz-Schlemmer auf der Welt hat gewohnt, das hat er sogar in der Höll nit gelassen. Epulabatur quotidiè splendidè: er war ein unmäßiger Saufer, Vormittag nit nüchtern, Nachmittag rauschig, bei der Nacht voll, er war ein lauterer Weinschwurm, ein Weinschwemmer, ein Weinschwimmer, ein Weinschweller, ein Weinschwender, und also gewohnt das Saufen, daß er auch in der Höll nur zu trinken begehrt. –

So gehts: wann man einmal ein Laster gewohnt hat, selbiges kann man so leichtlich nit abgewöhnen. In die Luft bauen ist umsonst bauen, auf Sand bauen ist umsonst bauen, ins Wasser schlagen ist umsonst schlagen, einen Mohren waschen ist umsonst waschen, einen dicken Baum biegen ist umsonst biegen, einen alten Schaden kuriren ist umsonst kuriren, eine böse Gewohnheit als eine eiserne Pfaid zerreißen ist umsonst zerreißen. Usitata culpa obligat mentem, ut nequaqum surgere possit ad poenitudinem.

Der Lamech, des alten Methusalems Sohn, hatte zwei Weiber, eine hat geheißen Ada, die andere Sella. Sella soll ein jedwedes rechtschaffenes Weib heißen; denn Sella zurück gelesen heißt alles. Nemlichalles soll ein Weib haben, was die Tugend von ihr erfordert. Dieser Lamech war also dem Hetzen und Jagen ergeben, daß er die mehreste Zeit in [38] Wäldern und grünen Auen zugebracht. Endlich ist er wegen des großen Alters ganz blind worden, so viel schier als nichts gesehen, derenthalben er einen eignen Jung gehalten, den ihn mußte führen. Auf einen Tag gingen diese zwei aus. Der Alte vermerkt hinter einer Hecke oder Gebüsch ein kleines Geräusch, fragt den Jungen, ob er auch etwas wahrnehme? Ja, antwortet der Bub, alleinig sehe er nur, daß sich das Gesträuch bewegt ohne was anders. Lamech vermuthet nit anders, als daß ein Wildstück hinter der Hecke halte. Läßt sich demnach den Bogen spannen, und selben auf gedachten Ort richten, druckt den Bogen ab und trifft – was? nit ein Wildstuck, wohl aber einen wilden Sünder, den Kain, welcher sich daselbst verborgen. Solcher unvermutheter Todschlag an seinem Vetter hat ihn also verwirrt gemacht, daß er sich halb unsinnig von aller menschlichen Gesellschaft entäußert, nur in Wildnüssen und Einöden seine Wohnung gesucht. Warum daß der alte Schaf-Kopf Lamech das Jagen nit unterwegs hat gelassen, zumalen er aller blind? Krumm seyn und einen Boten abgeben reimt sich nicht; contract seyn und einen Organisten abgeben schickt sich nicht; stumm seyn und einen Musikanten abgeben ist nit möglich; thörisch seyn und einen Beichtvater abgeben kann nit seyn; blind seyn und einen Jäger abgeben kann auch nit seyn. Weilen aber der Lamech das Jagen und das Hetzen gewohnt hat in der Jugend, die Gewohnheit aber [39] eine eiserne Pfaid: so hat es der alte Rotzer auch im Alter nit lassen können.

Wer ein schlimmer Jäger ist von Jugend auf, salva venia ein Huren-Jäger, der wird es auch im Alter nicht lassen. Glaub du mir, die Gewohnheit ist eineeiserne Pfaid! Wer viel Jahr istMagdeburger, der wird nie werden ein Reinfelder; wer viel Jahr ist der Venus ihr Candidatus, der wird mir selten werden ein Candidus; wer viel Jahr wird cyprisch leben – dann aus dieser Insel Venus gebürtig – der wird niemalen cyprianisch werden: Miteinem Wort, Lamech war ein Dendl-Jäger in der Jugend, und hats nit gelassen in dem Alter, du oder ein anderer bist ein Diendl-Jäger in der Jugend, werdest auch nit lassen im Alter! Die Gewohnheit ist eine eiserne Pfaid.

Lächerlich ist es, was ein Poet dichtet, und phantasirt von einer Katze eines Schusters. Diese Katz war schneeweiß und dem Meister Paul absonderlich gar angenehm, um weilen diese pelzene Mausfall die Mäus' und alles schädliche Ungeziefer aus dem Weg geraumet. Die Mäus' als verstohlene Mauser [40] beklagten sich dessen nicht wenig, daß sie einen so tyrannischen Feind haben, und halten mehrmalen dessenthalben eine Zusammenkunft, reiflich berathschlagend, wie doch größerem Uebel vorzukommen sey; sonst seyen sie gezwungen das Logement zu quittiren, und endlich ihre harte Nahrung auf dem Feld zu suchen. Die Sach wurde letztlich beschlossen, man solle eine Allianz eintreten mit des Meisters Paul seinem Haushund, auch zu diesem End' ein Schreiben und Missiv verfertiget worden, worinnen gedachter Coridan zur guten Verständnuß möchte gezogen werden; alsdann werde dieser tapfere Haus-Wächter ihrem Feind wohl gewachsen seyn. Unterdessen, als solches Schreiben im Werk war, so ist der Katze ein Unglück widerfahren, indem sie unvermutheter Weis' in ein Schaf gefallen, welches voll mit Schuster-Schwärze, wodurch der weiße Kader ganz kohlschwarz worden. Wie nun ein Paar Mäus' als Gesandte dem Haushund den Brief zu überbringen wirklich unterwegs waren, und aber wahrgenommen, daß die weiße Katz wider alle Hoffnung schwarz daher gehe, haben sie eilends in der Sache ihre Prinzipale bericht, unter welchen dann ein ungewöhnlicher Jubel- und Freudenschall entstanden. Denn alle Mäus', alle, alle waren der unfehlbaren Meinung, es sey die Katz in ein Kloster [41] gangen, und habe eine schwarze Kutte angelegt; wessenthalben sie ohne Zweifel jetzo nicht mehr wird dörfen Fleisch essen, sey also hierdurch den armen Mäusen das freie Passiren wiederum; wie sie dann haufenweis aus ihren Löchern heraus geschlichen. Sobald aber die Katz diese freche Bursch' ersehen, hat sie deren etliche erlegt, die übrigen aber sich bekümmerlich mit der Flucht salviret und mit größtem Schaden erfahren, daß wahr sey und wahr bleibe das gemeine Sprichwort: Die Katz läßt das Mausen nit. Es ist ihre Natur. Die böse Gewohnheit ist nit allein eineeiserne Pfaid, sondern auch eine andere Natur, welche sich nit mehr läßt verbesseren.

Wer seynd jene gewest, welche Susannam als einen lebendigen Tempel Gottes wollten räuberisch verunehren? wer seynd jene Geier gewest, welche Susannam als eine unschuldige Taube in ihre Klauen wollten bringen? wer seynd jene Wölf' gewest, welche Susannam als ein schneeweißes Lämmel wollten in Rachen ziehen? wer seynd jene Kothkäser gewest, welche Susannä als einer geschämigen Rose wollten schaden? Seynd sie etwann junge Studenten gewest, welche kaum konnten den Syllogismum in Barbara formiren, und suchten ihn schon in Susanna? sie etwann junge Kaufmanns-Diener gewest, welche [42] öfters mit Schamloth als Schamroth umgehen? seynd sie etwann junge Soldaten gewest, die nur wollten Schildwacht stehen bei der Frauen-Pastei? seynd sie etwann junge Herren-Diener oder Lakeien gewest, welche mehrmalen unter einer blauen und himmelfarbenen Livere ein höllisches Gewissen tragen? seynd sie etwann junge Kanzellisten oder Schreiber gewest, welche die Ehr der Susannä wollten in das schwarze Buch bringen? seynds etwann junge Edel-Leut gewest, welche erst aus den Ländern kommen, und diese babylonische Dame in unziemender Meinung wollten bedienen? Nein, nein, nein! nichts jung; sondern es waren zwei alte, aber nit kalte, zwei schneeweiße Dieb, eisgraue Vögel, zwei alte richtige Richter zu Babylon. O es ehrvergessene Vocativi! wer sollte von euch argwohnen einen Genitivum? wer sollte meinen, daß die Pfeil des blinden Buben Cupido auch sollten durchdringen eine solche alte, zähe Haut? wer sollte glauben, daß unter dem Schnee dieser weißen Haare ein solcher hitziger Sommer liege? Aber was ist so stark zu verwundern? Die Katz läßt das Mausen nit! Diese Gesellen waren schon in der Jugend solche Raben gewest, welche dem stinkenden Aas nachgesetzt; diese Bösewicht seynd schon in der Jugend solche Jäger gewest, die immer die Dianas[43] aufgesucht. Sie haben es gewohnt; jetzt in dem Alter können sie es nit lassen. Die Gewohnheit ist eine eiserne Pfaid, läßt sich nit zerreißen.

Es ist ein alter Reim: wann er sich schon übel reimt, so schickt er sich doch gar wohl hieher:


Daemon languebat, melior tunc esse volebat;
Postquam convaluit, mansit, ut ante fuit:

»Der Teufel war sehr übelauf

Und stund ihm schier das Leben drauf:

Drum wollt' er in die Kirche gehen

Und von der alten Art abstehen.

Nachdem er aber gnommen ein

Und wieder kommen auf die Bein,

Hat ers, als wie zuvor getrieben,

Und ist der alte Teufel blieben.«


So gehts: Ach lieber Jesu, o gütigster Gott – spricht mancher Patient in seinem Bett'l – hilf mir nur dasmal auf! heilige Mutter Gottes zu Zell, o Maria zu Alten-Oetting, hilf, hilf mir nur dießmal auf die Füß! ach, wie will ich nachmals so emsig meinem Gotr dienen, wie brav will ich mich zur ewigen Glückseligkeit ausstaffiren! o es arme Bettler, es werdet gewiß an mir einen Vater haben! ich will mich wohl nimmer unter die schlimmen Bursch mischen, nicht weniger als alle Tage drei [44] heilige Messen hören! die Bestia will ich nit mehr lassen für die Augen kommen! o Gott, wie will ich den Herrn Pamphilium und seine drei Brüder so fein in den Ofen schicken und darmit einheizen! hat sich wohl volltrinken! soll mich kein Teufel mehr zum rothen Kreuz bringen, lieber fleißig zu den Kapuzinern, zu den Augustinern, zu den Franziscanern, zu den Dominicanern, zu den Minoriten, zu den Barnabiten etc. in die Kirchen gangen. Ach der Pater Melchior redt wohl erschrecklich vom schwarzen Kasperl, wie er in der Hölle die Seelen peinige! o Gott! hilf mir nur dießmal aus dieser Krankheit, ich will einen heiligen Wandel führen! – Seynd das nit gute, gut süße, gut geschmalzene Wort? Wann er wieder aufsteht: Postquam convaluit, mansit, ut ante fuit:


»So bald er nur genommen ein

Und kommen ist auf seine Bein,

Hat ers als wie zuvor getrieben,

Und ist der alte Teufel blieben« –


ein Maul-Christ, als wie vorhero, ein Partitenmacher, als wie vorhero, ein Hu- etc. treiber, wie zuvor. Holla! ich irre mich, er ist ärger worden, dann er zuvor gewest ist! Die Katz läßt das Mausen nit; die Gelegenheit ist eine eiserne Pfaid; was man einmal gewohnt, das kann man so leicht nit abgewöhnen.

Solche Leut kommen in die Predigt; es gefällt[45] ihnen das Concept des Predigers, sie loben des Predigers apostolischen Eifer, oft denken sie: Holla! da trifft er mich wohl auch. Es ist wohl wahr, das Zeitliche hat so gar keinen Bestand, und in jener Welt ist das Ewige, ach, Ewige, Ewige! Ich muß wahrhaftig einen andern Wandel anfangen! Ach Gott! ewig! ewig! ich will mich bessern. Si, si, ja, ja, gar gewiß!Scilicet: Mansit, ut ante fuit:


»Es bleibt allzeit wie zuvor,

Es läßt sich nicht waschen dieser Mohr.«


Der wunderthätige Antonius Paduanus predigte einsmals in der Stadt Rimini die Lehr' Jesu Christi, welcher Doctrin der Ketzer Bombellus sammt den mehresten Innwohnern zuwider waren; welches dann verursachet, daß Antonius unter seiner Predigt wenig Zuhörer bekommen, ja mit der Weil nichts, als hölzerne Zuhörer, nemlich die Herren von Bankenried und Stühllingen: will sagen, nichts als Stühl und Bänk in der Kirche. Solches schmerzte Antonium, daß denen Riminesern besser schmeckte der egyptische Knoblauch des Bombelli, als das süße Manna des Wortes Gottes. Wann dann, sagt Antonius, der Same des göttlichen Worts dieser Erde mißfällt, so will ich ihn werfen in das Wasser, und weil mich die Menschen verachten, so werden mich doch die Fisch anhören. Antonius in großer Begleitschaft gehet zu dem Gestad' des Meers, fangt an zu predigen das[46] Evangelium Jesu Christ – siehe Wunder! bei dem schönen trucknen Wetter lauter nasse Zuhörer! massen alle Fisch ganz eilfertig dem Gestad' zugeschwummen, die Köpf aus dem Wusser gehebt, und der Predigt zugehöret.


Die Karpfen mit Rogen

Seynd all hieher gezogen,

Hab'n d'Mäuler aufgrissen,

Sich des Zuhörens beflissen.

Kein' Predigt niemalen

Den Karpfen so gfallen.

Spitzgoschete Hechten,

Die immerzu fechten,

Seynd eilends herg'schwommen,

Zu hören den Frommen.

Kein' Predigt niemalen

Dem Hechten so g'fallen.

Platteißl so da klein,

Wolltn die letzten nit seyn,

Antoni zu Ehren,

Sein Predigt zu hören.

Kein' Predigt niemalen

Den Fischln so gfallen.

Auch jene Phantasten,

So gmein'glich beim Fasten –

Thue Stockfisch verstehen –

Hat man auch da gsehen.

Kein' Predigt niemalen

Dem Stockfisch so gfallen.

Sardellen gut Bißln,

Wanns liegen in Schüßln,

[47]

Schwimmen emsig zum Port,

Zum göttlichen Wort.

Kein Predigt niemalen

Den Fischln so gfallen.

Gut Aalen, gut Hausen,

Vornehme gern schmausen,

Sich daher bequemen,

Die Predigt vernehmen.

Kein' Predigt niemalen

Dem Hausen so gfallen.

Die Sälbling und Aeschen,

Sonst trefflich zum Naschen,

Vor Freuden schier gsprungen,

Zu hören die Zungen.

Kein' Predigt niemalen

Dem Fisch so gefallen.

Auch Krebsen, Schild-Kroten,

Sonst langsame Boten,

Steigen eilends vom Grund,

Zu hören diesen Mund.

Kein' Predigt niemalen

Dem Krebsen so gfallen.

Fisch große, Fisch kleine,

Vornehme und gmeine

Heben in d'Höh die Köpf,

Wie verständige Geschöpf,

Auf Gottes Begehren

Antonium anhören.


Nach vollendeter Predigt des wunderthätigen Manns haben alle Fisch' die Köpf geneigt und sich bedankt der wunderschönen Lehr', nachmals wiederum [48] unter das Wasser geschwummen; – aber Fisch verblieben wie zuvor: der Stockfisch ein plumper Großkopf geblieben wie zuvor; der Hecht ein Karpfen-Dieb geblieben wie zuvor; die Schildkrot' ein Faullenzer geblieben wie zuvor; die Krepsen zurück gangen wie zuvor; die Aalen geile Gesellen geblieben wie zuvor. In Summa, die Predigt hat ihnen gefallen, aber sie seynd geblieben wie zuvor. Also gehen viel Neidige in die Predigt, hören, wie Gott so scharf gestraft den Neid des Cain, des Sauls, des Esau, der Brüder Joseph, aber bessern sich nicht; viel Hoffärtige gehen in die Predigt, hören, wie der gerechte Gott so scharf gezüchtiget die Hoffart der Babylonier, der Agar, des Lucifer, des Nabuchodonosor, des Antiochi, des Amman etc. – aber bessern sich nicht; viel Dieb gehen in die Predigt, hören, wie die göttliche Justiz ist kommen und gestraft hat den Diebstahl des Achan, des Judä, des Nabaths etc. und bessern sich nicht; viel Unzüchtige gehen in die Predigt, und vernehmen nicht ohne Schrecken, wie der Allmächtige gestraft hat den Ammon, den Herodes, den Holofernes, die Sodomiter, die Sichemiter etc. und bessern sich nicht; denn sie können es nit mehr lassen, wie die Katz das Mausen, wie der Wolf das Zausen, wie der Ochs das Röhren, wie das Schaf das Plärren: die Gewohnheit ist eine eiserne Pfaid, die Gewohnheit ist schon in der Natur, und die Natur ist in der Gewohnheit. Einen alten Baum biegen, das kann ich nit; einen alten Hund guschen [49] lehren, das kann ich nit; ein altes Mail aus einem Kleid bringen, das kann ich nit; einem eine alte Sünd abgewöhnen, das kann ich noch weniger. Sicut erat in principio ein Weinkaufer, et nunc ein Weinsaufer, et semper ein Weintaufer: Er läßt es nit.

Friederich Graf zu Cilla – welches schöne große Gebiet der Zeiten dem Herzog in Steiermark gehörig – hatte neben seiner Frau Gemahlinn, so eine vornehme Gräfinn aus Croaten war, eine eigne Concubin, Namens Veronica, aber nit Verecunda. In diesen Schleppsack war er also verliebt, daß er ihr zur Gnad die Frau Gemahlinn mit seinen Händen ermord't hat; welches seinem Herrn Vater Hermann dergestalten mißfallen, daß er allweg gesucht, diesen lasterhaften Kothsack aus dem Weg zu räumen: wie es dann eine wenige Zeit angestanden, daß er solche erwischt und in einen Fluß versenkt hat, zu löschen das stinkende Feuer, welches seinen Sohn Friederich also entzündet hat. Aber die Katz läßt das Mausen nit. Friederich gab keinen Frieden, sondern luderte noch weiter fort, und zwar noch heftiger. Dem nächsten besten nahm er durch Gewaltigkeit sein Weib hinweg, ganze Herden! und große Schaaren der jungen Töchter hat er in seinem Pallast eingeschlossen, an Hexen und Zauberern hat er ein besonders [50] Wohlgefallen, die Kirchen-Güter hat er ganz gewissenlos zu sich zogen, und einen solchen lasterhaften Wandel geführt bis in das neunzigste Jahr. In diesem hohen Alter, als ein 90 jähriger Greis, gibt er sich auf die Reis' nach Rom, allwo er gebeicht' und einen vollkommenen Vorsatz geschöpft, nicht mehr also Gott beleidigen und sein eigenes Gewissen beschweren. Nach erhaltenem heiligen Ablaß nimmt er seinen Rückweg wiederum nach Cilla; – und glaubst du, daß dieser 90 jähriger Tättl aufgehört habe vom Sündigen? Nit um ein Haar ist er besser worden: Mansit, ut ante fuit: Was er mit 20 Jahren geübet, das hat er mit 40 Jahren gewohnt, das hat er mit 80 Jahren getrieben, das hat er auch nach 90 Jahren nit gelassen. Und als man ihn ernstlich ermahnte, was ihm doch Rom habe genutzet, indem er doch wiederum in den vorigen Wust falle, hat er noch scherzweis die Antwort geben: sein Schuster, nachdem er von Rom kommen, mache auch Stiefel und Schuh wie zuvor. Das heißt ja: Fornicarius senescit, in quo libido non senescit. So stark und mächtig ist die Gewohnheit, daß man dieselbe gleichsam nit kann ablegen, als mit dem Leben.

Das Manna oder Himmel-Brod, welches Gott der Allmächtige den Israeliten so wunderbarlich geschenkt und geschickt hat, war eines so seltsamen Safts und Krafts, daß der Geschmack aller Speisen darinn und daran zu finden: Eine Schokolade aus Spanien, [51] ein Fricasse aus Frankreich, eine Stuffada aus Italien, ein Golatschen aus Böhmen, ein Schunken aus Westphalen, eine Knackwurst aus Pommern, ein Käs aus Holland, ein Züger aus Schweizerland, ein Pfannzelten aus Schwaben, Kapaunen aus Steiermark, Lerchen aus Oesterreich etc. alles und alles thät man darinn, daran, daraus empfinden; wem süß oder sauer, wem gesalzen oder geschmalzen, wem gesotten oder gebraten, wem gewürzt oder gepfeffert geschmeckt hat, das hat er gefunden und empfunden in dem Manna; ein Linsen-Koch eines Esau, ein Mehl-Koch eines Habakuks, ein Kitzel-Fleisch eines Isaacs, ein Kalb-Fleisch eines Abrahams, Wachtlen der Israeliten, einen Fisch Peters – alles was zum Essen und beim Essen schmeckt, das hat man gefunden und empfunden an dem Manna. Gott hat es den Israeliten gleichsam geküchlet, und dannoch haben diese ehrvergessene Schnarcher, diese muthwilligen Gesellen gemurrt über diese edle Speis', und gewunschen zu sitzen in Egypten bei dem Knoblauch und Kraut-Hafen. O es Sau-Magen! man sollt' euch aus Porcellan tractiren, wie den verlornen Sohn, dieß saubere Bürschl. Wie Samarien belagert gewesen, war ein solcher Hunger [52] und Theurung, daß ein Mäßl Tauben-Mist um fünf Silberling ist verkauft worden: Ein solches Bescheidessen gehört für die Israeliten, und nit das edle Manna. Aber warum, daß diesen Maulaffen die Zähn gewässert mehr nach dem groben und schlechten Tractament der Egyptier, als nach dem Brod des Himmels? Darum, darum, sie haben dieselbe Bettler-Kost gewohnt, und was man einmal gewohnt, das kann man so bald nicht lassen. Also ein alter Buhler läßt das Löfflen nicht, ein alter Geizhals läßt das Sparen nit, ein alter Dieb läßt das Stehlen nit: dann sie haben es gewohnt. Einmal, zweimal, dreimal fallen in eine Sünd, scheint eine schändliche Wasserfarb zu seyn, welche der Teufel über die Seel als ein göttliches Ebenbild streicht: Wasserfarb läßt sich noch abwaschen; aber in den Lastern eine Gewohnheit machen, das ist eine Oelfarb, die läßt sich gar nit ausbringen, ohne sondere göttliche Mitwirkung, welche der Allerhöchste selten spendiret.

Der Rab', der Galgenvogel, wie er von dem Noe ist ausgeschickt worden, er solle Avisa und gewisse Nachricht einholen, ob das Wasser abnehme oder nicht, so hat dieser schwarze Gesell unterwegs gesehen, etliche todte Aas auf dem Wasser daher schwimmen, und weilen er diese Schinder-Tafel schon gewohnt hatte, also hat ers nit können lassen, sondern seine Wampe also voll angeschoppt, daß er nachmals untüchtig worden zum Fliegen, und also ersoffen, was sonst auf den Galgen gehört. Wer das Stehlen [53] gewohnt in der Jugend, der wirds nicht lassen bis ins Grab, wie dieser Rab; wer dem stinkenden Fleisch nachstrebt in der Jugend, der wirds nicht lassen bis ins Grab, wie dieser Rab; wer dem Fraß und Füllerei nachgeht in der Jugend, der wirds nicht lassen bis ins Grab, wie dieser Rab. Cui puer assuescit, major dimittere nescit, das heißt: Jung gethan, alt gewohnt.

In der pfalzerischen Chronica wird folgendes sehr denkwürdige Galgenstückel protocolliret. Einer wollte gern reich werden ohne viel Arbeit, da doch sonst das gemeine Sprichwort laut: Wer will haben feiste Kühe, muß auch haben die Mühe. Dieser aber möcht gern ohne viel Schwitzen großen Reichthum besitzen. Fällt ihm derentwegen der Gedanke ein, daß sich niemand leichter erhalte, als die Dieb, dero Finger das Silber ziehen, wie der Magnet das Eisen. Allein schreckt ihn das Halstuch, welches gemeiniglich der Meister mit den rothen Hosen solchen Gesellen pflegt zu spendiren. Weil er aber wußte, daß keiner dießfalls von Gott ein Privilegium empfangen, also hat er den Rath in diesem Fall von dem Teufel begehret: einen Zauberer ersucht, er soll ihn doch die Kunst lehren, daß er möchte wacker stehlen, aber doch nit gedenkt werden. Worauf der schwarze Doctor [54] ihm befohlen, er solle nächsten Samstag bei der Nacht sich zu dem Galgen selbigen Orts begeben und den daselbst gehenkten Menschen also anreden: »Heus tu niger et aride Frater, descende; mihi enim hoc patibulum debetur! Hörst du, schwarzer und dürrer Bruder, herab mit dir, dann dieser Galgen gehört mir zu!« Dieser saubere Discipul vollzieht den Befehl, begrüßt zwei Samstag nach einander den Galgen und dessen Schwengl, jedoch ohne Beantwortung. Wie er aber das drittemal das hohe Gericht also complementiret, so hat ihm dieser Galgen-Gast also geantwort: Non ad hoc, sed ad Hiersaugiense patibulum pertines: Dieses Ort ist nicht für dich, sondern dir gehört der Galgen zu Hierschau! Solche Antwort hat dieser schleunig dem Zauberer vorgetragen, welcher ihm eine ziemliche Ermahnung geben, daß er bei Leib zu Hierschau sich vor dem Klauben solle hüten; im übrigen sey er von allen andern Galgen freigesprochen. Diese schöne Lection hat in allweg der diebische Lehrjung in Obacht genommen, wie er dann an allen Orten allezeit das Glück ohne Strick ertappet, und doch niemalen ertappet worden. Es war schier kein Kirchtag, allwo dieser seinen Judas-Griff nicht probiret; es war kein Jahrmarkt, wo dieser die Waaren nicht umsonst eingekramt. Er ließ sich aber sehr angelegen seyn, die Stadt Hierschau zu meiden. Es kommt gleichwohl der Herbst, wo [55] diese Gesellen zeitig werden. Nachdem er viel große, viel kleine Diebstähl' begangen, so hat sich zugetragen, daß er unweit Hierschau sich aufgehalten. Und weilen gleich damalen in besagter Stadt der Jahrmarkt gehalten wurde, so hat ihn der Vorwitz, gekitzlet, solchen Jahrmarkt zu sehen, jedoch mit kräftigem Vorsatz, sich ganz behutsam zu halten, sogar nicht den geringsten Strohhalm zu entfremden. Aber die Gewohnheit ist eine eiserne Pfaid; die Katz läßt das Mausen nicht. Kaum daß er in die Stadt kommen, wird er ansichtig eines Bauren, welcher ein neues Taschenmesser, so er um etliche Kreuzer einkauft, in der Hand hin und her probiert, nicht ohne sonders Wohlgefallen nachmals dasselbige in den Sack gestecket. Das hat den Bankfischer dahin bewogen, daß er nit allein nach diesem geschaut, sondern auch griffen; aber sehr unglückselig, massen der arge Bauer ihn erwischt, die Hand so lang in dem Sack arrestirt sammt oft wiederholtem Geschrei: Dieb! Dieb! Dieb! bis die Schergen herzu kommen, welche diesen Messer-Dieb, oder besser geredt, vermessenen Dieb in den Verhaft genommen, allwo er wegen harter Folterung alle seine Diebsstuck bekennet, und folgsam an denjenigen Galgen gerathen, so ihm lang vorhero durch einen schlechten Propheten ist vorgesagt worden.

Aus dem erhellet sattsam, daß, was man lang gewohnt, man nicht mehr lassen kann. Wie viel seynd zu Wien in Oesterreich, zu Wienn in Frankreich, wie viel seynd zu Braunau in Böhmen, zu Braunau in Bayern, wie viel seynd zu Neustadt in Oesterreich, zu Neustadt in Ungarn, wie viel seynd zu Grätz in Steyrmark, zu Königsgrätz in Böhmen etc., wie viel seynd an allen [56] Orten erhöht worden, die in der Nieder gestohlen, die es selbsten bekennt haben, erkennt haben, daß sie anderwärts schon öfter in Verhaft gelegen, mit Ruthen den Kehraus getanzet, und annoch das Stehlen nit lassen können, weilen sie nemlich die alte Gewohnheit dahin gezogen und gleichsam gezwungen!

Einer ist gewest, der zum öftern in seinen Reden diese Wort aus Gewohnheit eingemischt: Wie ihr deßgleichen. Dieser wurde auf eine Zeit von seinem Herrn zu dem Landrichter verschicket, welchem er ließ andeuten, wie daß er zwei böse Lotterbuben habe eingefangen, die er gesinnt sey, ihm als seiner gnädigen Obrigkeit zu liefern. Dahero er seine Post folgender Gestalt abgeleget: Gnädiger Herr, mein Herr läßt sich Euer Gnaden demüthigst empfehlen,wie ihr deßgleichen, und thut Euer Gnaden berichten, wie ihr deßgleichen, wie daß verwichenen Mittwochs zu Nachts um halb Eilf zwei Dieb, wie ihr deßgleichen, haben eingebrochen und gestohlen, wie ihr deßgleichen, die er nicht ohne sondere Mühe und Arbeit ertappet,wie ihr deßgleichen; läßt demnach Euer Gnaden bitten in aller Unterthänigkeit, wie ihr deßgleichen, daß ihr solche am künftigen Freitag durch sicherste Ueberlieferung, diese zwei Dieb,wie ihr deßgleichen, wollet in den Kerker schließen, und folgends solche Böswicht, wie ihr deßgleichen, verdienter Massen mögen gestraft und aufgehenkt werden, wie ihr deßgleichen. – Der Herr Landrichter vermerket wohl, daß dieser ungeschliffene Lümmel eine schändliche Gewohnheit an sich habe; sagt ihm also, er soll nur wieder nach Haus gehen und seinem Herrn andeuten, daß er [57] besagte Bösewicht mit guter Wach überliefere; jedoch zugleich laß er ihm auch sagen: er soll hinfüro keinen solchen groben Narren mehr schicken! Ja Ihr Gnaden, sagt dieser, wie ihr deßglei chen. – Was nit da eine schändliche Gewohnheit thut!

Ein anderer hatte die Giwohnheit, daß er zu allen Sachen hinzusetzte diesen Spruch: Recht also. Nun hat es sich begeben, daß ein Fuhrmann, nit weit von der großen Brücke zu Wien in Oesterreich, durch ein Unglück den Wagen mit Wein beladen umgeworfen; zu welchem Unglücksfall dieser Phantast auch kommen und ein herzliches Mitleiden gezeigt, beforderist, weil er gesehen, daß ein Faß mehr denn halben Theils ausgeronnen. Du mein Gott, sagt er zum Fuhrmann, wie seyd ihr umgangen! recht also, jetzt müßt ihr den Schaden büßen, recht also; der Herr, dem ihr diesen Wein zuführt, wird euch wohl nicht einen Pfenning nachlassen, recht also. – Der Fuhrmann war ohnedas voll von Grimm und Unwillen: Potz Stern tausend! wie wollt ich umgangen seyn, die verfluchten Leut' machen den Weg nit, und wir müssen so genaue Mauth ablegen! Recht also, sagt der andere, sie meinen, wir Fuhrleut' seynd lauter Narren; recht also, sagt er mehrmalen. Was? ist es denn recht, daß man uns arme arbeitsame Leut um alles will bringen? Recht also, mein lieber Fuhrmann. – Den unwilligen Roßstriegler hat das Recht also dergstalten verbittert, in Meinung er werde nur schimpflich hindurch gelassen, daß er [58] endlich den Geiselstiel diesem Gesellen mit vielen Flüchen um den Buckel gemessen. Unter währendem hölzernen Duell lamentirte noch der Lapp mit diesen Worten: Was ist das? was ist das für ein Manier?recht also, daß ihr mich also unverschuldeter Massen übel tractiret, recht also. Ich schenke euch das nit; der Täubl hohl mich, recht also.

Was nit eine schändliche Gewohnheit thut! – Dergleichen Geschichten wären ohne Zahl beizubringen.

Ich bin selbst einmal an einem Ort, und zwar in einem sehr schönen Marktfleck, eingeladen worden, daß ich des andern Tags, als einem sehr hochfeierlichen Festtag, sollte was Weniges von der Kanzel reden. Abend zuvor ging ich in die Kirche, zu sehen, ob nit etwas darinn sey, welches mir zu meinem Concept möchte dienen. So hab ich aber den Meßner angetroffen, welcher sehr emsig beschäftiget war in Aufrichtung des Altars. Indem ich allda eine Zeit verweilte, hab ich wahrgenommen, mit Ohren gehört, daß der in etwas unwillige Meßner wollte obenher stellen die Bildnuß unsers Herrn Auferstehung. Weilen sich aber solche nicht wollte schicken, so ist der Narr in diese Wort ausgebrochen: der Teufel ist gar zu groß daher. Es stund nit lang an, daß ein Musikant, so ihm damals Beihilf geleistet, unbehutsam umgangen und mit dem Fuß die Bildnuß des hl. Pauli umgestoßen, auf dessen Seite der hl. Petrus war; so sagt er mehrmalen: gib Acht, daß du den andern Teufel nit auch herabwirfst! – Was thut [59] nit eine spöttliche Gewohnheit, absonderlich im Fluchen und Schwören! Sagt ihr und klagt ihr nit selbsten im Beichtstuhl: o mein Pater, ich hab erschrecklich gescholten mit tausend Sacker, mit Million, und hab noch die Stern im Himmel darzu zählt! Pater, es ist mir leid, ich hab halt eine solche Gewohnheit an mir, ich kanns nit lassen! Ecce! ichkanns nit lassen. So thut gleichsam die Gewohnheit dem freien Willen einen Arrest! Heißt das nicht: die Gewohnheit ist eine eiserne Pfaid?

In der Arch Noe ist gewest der Löw, und der hat brüllet; es ist gewest der Wolf, und der hat geheult; es ist gewest der Hund, der hat gebellt; es ist gewest der Fuchs, der hat kurrt; es ist gewest das Lämmel, und das hat plärrt; es ist gewest die Geiß, und die hat gmegitzt; es ist gewest die Henn, und die hat gagitzt; es ist gewest die Katz, und die hat gemangitzet. In Summa: alle Thier waren in der Arche; aber was das Wunderbarlichste war, so hat eines das andere im mindesten nit beleidiget. Der Löw, so sonst allen Thieren die Zähn' zeigt, war dazumal ganz fromm; der Wolf, der sonsten dem Lämmel die Woll zaust, war dazumal ganz fromm; der Hund, so sonsten den Katzen ihren Pelz zertrennt, war dazumalen ganz fromm; der Fuchs, so sonsten den Hennen die Feder schneidt, war dazumalen ganz fromm: alle und jede waren fromm, so lang der Sündfluß [60] gewährt und sie in der Arche waren. Sobald sich aber diese allgemeine Straf geendet, so haben sie ihre Natur nit lassen können: Der Wolf ist wieder über das Lämmelfleisch, der Fuchs wieder über das Feder-Wildpret etc. Wann der gerechte Gott eine allgemeine Straf schickt, benanntlich Pest, Hunger, Krieg etc., so lang diese währet, so halten wir uns ein wenig innen. Wie die grassirende Sucht uns Anno 1679 und 80 als ein kleiner Sündfluß den Kopf gewaschen, da war alles fromm; da hat schier oft mancher gebetet, daß ihm die Zähn seynd roglich worden; da hat man geseufzet wie ein ganzer Wald voll Turteltauben; da hat man den Jonas ins Wasser geworfen, will sagen, alle Sünd beweint; da hat man auf die Brust geschlagen, als wollt man unserm Herrn ein Feuerwerk machen, welches von lautern solchen Schlägen und Innbrunst; da hat man in allen Händen Rosenkränz tragen, und wo vorhero so viel Knöpf waren, ist gleichsam das Land zu einem lautern Rosengarten worden; da hat man Almosen geben, und haben die Leut bekommen, wie der hl. Franziskus, alle durchbrochen; da hat sich Venus nit blicken lassen, sondern sich auf der kalten Herberg verborgen; da hat sich die Hoffart in dem tiefen Graben eingegezogen; da ist Fraß und Füllerei zum Wasser-Thor hinaus; und gleichwie im A B C auf das W gleich das X kommt: also auf solches allgemeine W in allen Gassen ist das X gefolgt; dann alle seynd zum X oder zum Kreuz geloffen, es lebten fast alle heilig. So bald aber diese große Straf vorbei und die gewünschte gesunde Luft wiederum ankommen, so hat [61] das Sanum das Sanctum vertrieben; da hat der schöne Paris die hübsche Helenam wieder besucht, der Stolze den Altum wieder gesungen, der Geizige den Gebhard wieder ins Haus genommen, und viel, viel, will nit sagen, die mehresten, wie die Hund', was sie vorhero von sich geben, nachmals ganz begierig wiederum geschlückt; dann – sie hatten es schon gewohnt.

Josue der tapfere Kriegsfürst, wie er wider die Cananiter und Hethiter und Phereziter und Gergesiter und Jebusiter und Ammoriter ausgezogen, hat er lassen die Arche oder den vergulten Bundskasten vorantragen. Als sie nun kommen seynd zu dem Fluß Jordan, siehe Wunder! da ist derselbe von freien Stucken obenher still gestanden, und hat sich das Wasser wie ein Berg aufgebäumt, und herab alles geloffen, daß also der Josue sammt den Seinigen und der Arche mit truckenen Füßen durchmarschirt. »Steterunt aquae.« Wie sie nun alle durch waren mit dem Bundskasten, so hat der Fluß Jordan wieder seinen vorigen Lauf genommen. – Eine gleiche Beschaffenheit hat es mit einem, der schon durch lange [62] Gewohnheit in einem Laster veraltet ist: Der, wann ein heiliger Tag, das Fest Portiunculä oder eine andere Solennität herbei kommt, geht in den Beichtstuhl, klagt sich an, daß er sechsmal habe das sechste Gebot übertreten; er hat Reu und Leid, ein Vorhaben von Eisen und Stahl!Ego te absolvo. Glaubst du, dieser sey heilig? dieser Rab sey weiß? Im Winter wird man bisweilen wahrnehmen, daß ein Rab auf einem Baum sitzet, ganz überschnieben, zeigt nur allein einen schwarzen Kopf – es scheint, es trage dieser Gesell einen weissen Chor-Rock an; aber du mußt wissen, daß dieser nur auswendig weiß, nicht inwendig! ist um einen Flug zu thun, so ist die weiße Livere ausgezogen. Also zeigt sich auch dieser Patient weiß, aber nur auswendig. Warte nur, bis die Arche des Bundes mit dem Manna durch den Fluß, warte nur, bis der hl. Communion-Tag vorbei: so wird der Jordan seinen alten Lauf nehmen, so wird dieser in die Mistpfütze in das vorige Saubad wieder eilen. Warum? Er hats gewohnt, er kanns nit lassen und wirds nit lassen bis in Tod, auch dort wird ers nit lassen, sondern nur verlassen werden.

Nachdem der gütigste Heiland 5000 Männer, ohne Weib und Kinder, mit fünf Broden gespeist und gesättiget, dergestalten, daß auch die übergebliebenen[63] Stückel noch mit gleichem Wunder 12 Körb angefüllt; nach dieser so wundersamen Jausen schafft der Heiland seinen Jüngern, daß sie sollen in ein Schifflein treten und unverweilend über das Meer fahren. Er aber stieg auf den Berg zu beten. Bei angehender Nacht, als das Schifflein ziemlicher Massen von den Wellen gerieben und getrieben wurde, erscheint er auf dem Meer, welchen sie zwar Anfangs nit erkennt. So bald aber Petrus ersehen, daß es Christus der Herr sey, so schreit er überlaut auf: Herr, bist du's, so schaffe, daß ich zu dir komme auf dem Wasser! Veni! so komme! sagt der Herr. Petrus steigt eilends aus dem Schiffel, und gehet auf dem Wasser. Die andere Apostlen haben sich dessen verwundert, und einer zu dem andern gesprochen: Schau, schau, unser Peter kanns Wasser treten! Was geschieht aber? – er geht eine Weil auf dem Wasser, steigt tapfer drauf; da aber ein kleiner Wind entstanden, fängt er an sich zu fürchten, und sofern der Herr seine Hand nicht hätte ausgestrecket, so wäre Petrus ersoffen (von dem Juda aber wäre es im Zweifel gestanden, denn was an Galgen gehöret, ertrinket nit). Denjenigen widerfährt es nit anderst, welche lange Jahr in böser und lasterhafter Gewohnheit leben; bisweilen, so ihnen das Gewissen durch den Beichtvater oder durch ein geistliches Buch, oder durch einen apostolischen Prediger gerühret wird, so schöpfen sie ein guldenes Vorhaben, seufzen zu Jesum ihrem [64] Heiland, ja, gehen wirklich den geraden Weg zu unserm Herrn; – aber so bald wiederum ein Wind einiger Versuchung entstehet, so sinken sie, so senken sie sich selbst wieder in das vorige Laster: die Gewohnheit ziehts zu Boden, gar selten, daß Gott der Herr solchem die Hand bietet, wie dem Petro.

Rathet doch, welches die größte Stadt in der Welt, oder wo zum mehristen Innwohner gezählt werden? Zu Schweinfurt oder Erfurt? Nein. Zu Straubing oder Lauing? Nein. Zu Vincenz oder Placenz? Nein. Zu Verona oder Ancona? Nein. Zu Freistadt oder Neustadt? Nein. Zu Freiburg oder Neuburg? Nein. Zu Prag oder Haag? Nein. Zu Passau oder Nassau? Nein; sondern zu Lauingen im Schwabenland, alldort ist eine unzählbare Menge der Innwohner. Wie ist dieß zu verstehen? Wer den Weg in das römische Reich hinauf nimmt, der kommt erstlich in die StadtDillingen, nachmals erst auf Lauingen. Alle, alle Menschen, die wollen in das Reich reisen, nemlich in das Himmelreich, die kommen auf Dillingen. Da heißt es, da halten sie es, was geschrieben steht: Diliges Dominum Deus tuum etc. »seyd ganz inbrünstig in dilectione, in der Lieb Gottes und des Nächsten.« Es steht aber eine kleine Zeit an, so kommen sie auf Lauingen, werden bald ganzlau, ja mit der Zeit ganz erkalt' in der wahren Lieb; absonderlich ist solches zu sehen bei denjenigen, welche ein Laster gewohnt haben. Es geschieht zuweilen, daß einer oder des andern ihr [65] Saufbruder des gähen Todes stirbt, oder eine andere wohlbekannte Madam an einem Steck-Katharr ohne Beicht und Communion erstickt. Holla! das ist eine scharf geschraubte Petarde an seinem Herz. O Gott! o Gott! o mein Erlöser! wer weiß, wo diese unglückseligen Leut anjetzo seynd! o mein Heiland! jetzt will ich ein anders Leben anfangen, nichts thun, als dich lieben, dir dienen! O, O, O, O, O mein Gott! lauter Nulla. Glaub mir darum, lauter Nulla seynd diese O O O O, – es ist nichts dahinter. Jetzt ist er zu Dillingen, wird wenig Tag anstehen, so kommt er auf Lauing, alsdann gleich wieder in die Alt-Stadt, will sagen, zu dem alten Stand, in die alte Gewohnheit. Bei einem solchen heißt es also: heut süß, morgen wieder sauer; heut ein Heiliger, morgen wieder ein Lauer; heut Feuer, morgen wieder ein Wasser; heut ein Züchtiger, morgen wieder ein Prasser; heut eine Kreide, morgen wieder eine Kohle; heut Almosen geben, morgen wieder stehlen; heut ein Gold, morgen wieder ein Pech; heut ein Fasttag, morgen wieder eine Zech; heut schön, morgen wieder trüb; heut fromm, morgen wieder ein [66] Dieb; heut still, morgen wieder ein Getümmel; heut ehrbar, morgen wieder ein Lümmel. So kommt man aber nit in den Himmel!

Es ist ein gewisser Edelmann gewest, dessen Herr Bruder als ein vornehmer Bischof unter anderem ein sehr stattliches Pferd hatte, welches er auch um kein Geld zu verkaufen gesinnt war. Der Kavalier suchte und versuchte auf alle Weis', wie er doch möchte diesen Klepper in seine Gewalt bringen; und weilen er solches nec prece, nec pretio, weder durch Bitten noch Bieten kunnte werkstellig machen, also hat er einen lächerlichen Vortl an die Hand genommen: Er hat mehrmalen wahrgenommen, daß der Bischof, sein Herr Bruder, jederzeit, so oft er geritten, pflegte sein Officium oder Brevier zu beten, forderist diejenigen Horas oder Tagzeiten, welche er auswendig wußte: daher er sehr genau in Acht genommen, ob der Bischof etwann im Gottes-Dienst in der Kirche sich aufgehalten; dann allemal in dessen Abwesenheit hat er sich auf gedachten stattlichen Klepper gesetzt, und selbiges Roß lateinisch gelehrt, dergestalten: Er wußte gar wohl, daß alle Priester, so oft sie das Brevier zu beten anfangen, allezeit das heilige Kreuz [67] machen, sprechend: Deus in adjutorium meum intende. Dessentwegen er dasselbige Latein auf dem Pferd öfters wiederholt, und so oft er gesagt hat: Deus in adjutorium, hat er dem Klepper einen starken Sporn geben, daß er in alle Höhe aufgestiegen. Das Roß durch öftere solche Uebung hat es also gewohnet, daß es bereits, so oft er Deus in adjutorium geschrien, sich in die Höhe gebäumt und seltsame Sprüng gemacht; denn es nach diesen Worten schon den Sporn geforchten. – Wie nun auf eine Zeit der Bischof dieses Pferd zu reiten begehrt, unterwegs aber mit seinem Kapellan die Horas wollte anfangen, und mit einer Hand das Kreuz gemacht, und zugleich Deus in adjutorium gesprochen, so hat das Pferd aus Gewohnheit den Sporn gesorgt, deßwegen einen gähen Sprung in die Höhe gethan, wovon der gute Bischof aus dem Sattel gehebt in eine wilde Lache gefallen. Das hat dem Edelmann Anlaß geben, daß er den Herrn Bischof als seinen Bruder mit beweglichen Worten dahin beredet, daß er ihm das Pferd überlasse, indem er ihm sehr rathsam vorgehalten, dieser muthwillige Klepper tauge vielmehr für einen Soldaten als einen Bischof.

Was ein Pferd gewohnt hat, das läßt es nit mehr; eine Kunst, die der Hund gewohnt hat, die läßt er nit mehr; ein Liedl, welches der Vogel gewohnt hat, das läßt er nit mehr; auch eine Untugend, die ein Mensch gewohnt hat, die läßt er ebenfalls nit mehr. Weßwegen Gott durch den Propheten Jeremiam dem Volk in Judäa, und folgsam auch denen Leuten in [68] Germania, dem Menschen in Gallia, dem Sünder in Hispania, ja allen auf dem weiten und breiten Erden-Kreis, der runden Welt selbst fein rund unter das Gesicht sagt:Wann ein Mohr seine Haut verändern kann und ein Panther-Thier seine Fleck, so könnt ihr auch Gutes thun, die ihr das Böse gelernet habt! Alsdann wird aus einem Bachant ein Pachomius werden; alsdann wird aus einem Nerone ein Nereus werden; alsdann wird aus einem Venereo ein Venantius werden; alsdann wird aus einem Mammona ein Mammantes werden; alsdann wird aus einem Malcho ein Malachias werden; alsdann wird aus einem Kain ein Kajetanus werden: Alsdann wird ein Sünder die böse Gewohnheit lassen, wann ein Mohr wird weiß werden, hast gehört? wann ein Panther-Thier wird seine natürlichen Fleck verlieren, hast vernommen?

Es ließen sich in der volkreichen Stadt Sodoma zwei Engel sehen in Gestalt schöner Jüngling', welche der Loth als ein freundlicher und gutherziger Herr mit sich in sein' Behausung gezogen, bittend, sie wollen mit einer schlechten Suppe Verlieb nehmen und mit einer großen Schüssel voll eines guten Willens. Gegen Nacht vermerkt der Loth einen großen Tumult um sein Haus herum, und sieht, daß sehr viel seiner Landsleut und Mitbürger das Haus wollen stürmen.

[69] Fragt demnach, was ihr Begehren sey? Welche ganz ungestümm verlangt haben die zwei schönen fremden Jüngling, selbige muthwillig zu mißbrauchen; denen aber der gerechte Mann eine heilige und heilsame Lehr geben: sie sollen doch Gott und ihr eignes Gwissen mit solchem Laster nicht beleidigen, welche Lehr sie nicht allein schimpflich verworfen, sondern noch darüber das Haus wollten stürmen. Derenthalben Gott ein Wunder gewirkt, daß die Narren etlich Stund um das Haus herumgangen und keiner die Thür hat können finden. Tappen hin, tappen her, tappen oben, tappen unten; Lappen hin, Lappen her, Lappen oben, Lappen unten, haben nie die Thür gefunden. Diese verruchten Leut' wollten jenes Laster begehen; weßwegen nachmals die Stadt Sodoma und Stadt Gomorrha, die Stadt Adama etc. durch das Feuer vom Himmel verzehrt und in Asche gelegt worden, daß also dieser Schwefel-Regen 100000 Schritt lang, 25000 Schritt breit dermassen alles in die Erde hinein verzehrt, daß, wo vorhero diese berühmte Stadt gestanden, anjetzo das todte Meer ist, dessen Sand am Ufer noch vom Schwefel stinkt. – Wer seynd diese lasterhaften Gesellen gewest, welche dem Loth und seinem Haus so überlästig waren? Es seynd gewest Kerl mit 16 Jahren, aber auch einige mit 60 Jahren; es seynd gewest Schelmen mit 17 Jahren, aber auch viel mit 70 Jahren; es seynd gewest Bösewicht mit 18 Jahren, aber auch etliche mit 80 Jahren: »Vallaverunt domum à puero usque ad senem.« Soll denn möglich seyn, daß unter solchem Schnee eine schnöde Lust, daß unter solchen weißen [70] Haaren der Venus ihre Waaren können verborgen seyn? Die kommen mir natürlich vor, wie eine Glas-Hütte im Winter, welche übersich auf dem Dach mit lauter Schnee bedeckt, inwendig aber voll mit Feuer und Flammen. Es alte, es ausgemerglete, es dürre, es rotzige, es bucklete, es zahnluckete, es geschimmelte, es betagte Schelmen! wann euch doch der Asmodäus in eueren jungen Jahren also belehret hat, so legt doch wenigsten a modo solches Laster-Leben hinweg, indem ihr schon mit einem Fuß im Grab, mit einer Hand schon die Schnallen der Ewigkeit in Händen habt, mit einem Aug schon in die andere Welt schaut! Umsonst, umsonst ist all meine Meinung, meine Mahnung! Was sie gewohnt haben, das lassen sie nit mehr! Dessenthalben bitt ich dich um Gotteswillen, um Jesu Christi theuersten Bluts willen, der du solches liesest, und etwann in einer Sünd haftest: eil', eil' ohne Weil! ziehe geschwind dieselbe ab, wie der David den Panzer des Sauls, damit du in keine Gewohnheit gerathest, welche böse Gewohnheit nicht einen lässet zu rechter Buß kommen, sondern er wird sterben, wie er gelebt hat! Si Deus verax est, hujusmodi hominum vix unus aptus regno Dei invenitur de millibus. So kann ich denn, sagt [71] ein Alter, mich nicht bekehren? »In quo non corrigit adolescentior viam suam, nunquid desperandus est senior?« Ja, ja, es kann ein sechzig-, ein siebzigjähriger Sünder noch fromm werden, noch heilig werden, unmöglich ist es nicht; aber aus 100000000 nit viel, vielleicht gar wenig, – denn gemeiniglich, wie man lebt, so stirbt man.

Der hl. Bernardinus erzählt von einem sehr reichen Partitenmacher und Handelsmann, den er selbst gar wohl gekennt. Dieser hatte dreißig Jahr niemalen gebeicht. Nachdem er in eine tödtliche Krankheit gefallen, hat er keine andere Sorge getragen, als daß seine Leut sollen fleißig die noch restirenden Gelder einbringen. Zu diesem End diesem und jenem Bedienten einen ernstlichen Befehl geben, daß sie ausgehen, die Schulden einzufordern. Dieses Geld-Egels leiblicher Bruder bringt einen Pater in das Haus, welcher ihn sehr beweglich zur Buß und Pönitenz ermahnte. Von diesem wollte der Mammons-Bruder gar nichts hören; sondern unter währendem geistlichen Gespräch fragt er den Priester: Pater, wie theuer ist der Zentner Pfeffer? ja, er fragte öfters, wann dann seine Waaren werden ankommen? Als er bereits wollte in die Zügen greifen, schreit ihm der Bruder sehr anmüthig zu: er wolle doch um Gotteswillen beichten! Darauf er geantwortet: Non possum: [72] »Ich kann nit, ich kann nit, ich kann nit!« Und also hat er seine unglückselige Seel aufgeben. – Das macht die böse Gewohnheit. Wie man lebt, so stirbt man.

Mors est Echo vitae. Qualis vita, finis ita.

Mir ist von einem Pater der Societät Jesu, als einem sehr werthen und gelehrten Mann, der selbst gegenwärtig war, wie und wo es geschehen, folgende Geschicht glaubwürdig erzählt worden: Ein gewisses Weibsbild noch ledigen Stands pflegte sehr große Freundschaft, und – wie mans bei diesen verkehrten Zeiten thut nennen – sehr große Vertraulichkeit mit einem jungen Gesellen, dessen Namen war Martin; und dauerte solche, wie billig, verdächtliche Lieb etlich Jahr, auch selten eins Woche, öfters auch selten ein Tag vorbei gangen, an welchem sie ihres liebsten Martins nit mußte ansichtig werden, da doch beederseits kein Ziel zu einer Verehelichung, sondern blos eine Gewohnheit scheinte. Es geschieht, daß diese saubere Putentiana erkrankt, und zwar tödtlich. Aber hört ein wunderliches End, indem sie doch nicht von Sinnen kommen, noch einige Hitz den Verstand verruckt außer der Hitz der unmäßigen Lieb: sie kunnte nichts [73] anderes reden, als alleinig ihren Martin. Wie man ihr zuletzt hat zugeschrieen: Jesu, verzeihe mir meine Sünd! sagte sie: Martin, verzeihe mir meine Sünd! O Jesu, sey mir gnädig! wiederum sie: O Martin, sey mir gnädig! Man bittet sie, sie soll doch Gott vor Augen haben und nicht einen Menschen, sie soll mit Mund oder wenigstens mit dem Herzen schreien: O Jesu, stehe mir bei in diesem meinem Streit! Sie mehrmalen: o Martin, stehe mir bei in diesem meinem Streit! Jesu, in deine Händ befehl ich meinen Geist! sie auch, ob zwar mit schwacher Stimm: o Martin, in deine Händ befehl ich meinen Geist! – Ein sauberer Tod, eine seltsame Martins-Gans! Wer diese wird gerupft und gebraten haben, ist leicht zu erachten. – Die Gewohnheit ist halt eine eiserne Pfaid, ja eine eiserne Kette, welche sogar den menschlichen Willen binden thut.

Die Todten, so der Herr Jesus zu dem Leben erwecket hat, haben nicht viel Mühe oder Ceremonien zu ihrer Auferstehung gebraucht: Der todte Jüngling zu Naim ist mit vier Wörter, mit 23 Buchstaben, mit 10 Silben, mit so geringer Weis' von den Todten auferstanden; des vornehmen Jairi Tochter ist mit 19 Buchstaben, mit 9 Silben, mit 4 Wörter von den Todten erweckt worden. Es hat nur geheißen: Adolescens, tibi dico: surge; es hat nur geheißen: Puella, tibi dico, surge. Aber wie der [74] Lazarus ist erwecket worden, da war viel Mühe vonnöthen: es hebte der Herr Jesus seine Augen gegen den Himmel, er weinte bitterlich mit vermischten Seufzern, er bat seinen himmlischen Vater, er ließ den großen Stein hinweg wälzen, er ruft mit lauter Stimm: Lazare, veni foras! »Lazarus,komm heraus!« Warum geht es bei dieser Erweckung so hart her und bei den andern nit? Höre und vernimm die Antwort, so dir gibt mein hl. Vater Augustinus, mit Augustino Ambrosius, mit Ambrosio Hieronymus, mit Hieronymo Gregorius, mit Gregorio Chrysostomus: Der junge Sohn der Wittib, die junge Tochter des Obristen der Synagoge waren alle beede erst gestorben: diese haben bedeut' solche Sünder, die erst gesündiget, das erstemal gefallen, – die können noch wohl und leicht wiederum zu einem bessern und heiligen Wandel auferstehen. Aber Lazarus, der schon vier Tag' im Grab gelegen, und schon abscheulich gestunken, hat bedeut' einen solchen Menschen, der in dem Sündigen schon eine böse Gewohnheit gemacht, – der ist hart und über alle Massen hart zu erwecken, hart und unaussprechlich hart ihm die alte Gewohnheit abzuziehen. Der allmächtige Gott, wie er den ersten Menschen den Adam erschaffen, hat er ihm mit einem einzigen Blaser das Leben geben: dann der Leim war ganz neu und frisch, aus dem er zusammen gefügt worden; jene harten Todten-Beiner aber, welche der Prophet Ezechiel auf dem Feld angetroffen, mußten gar von vier Winden angeblasen werden, damit sie das Leben bekamen, denn es waren schon alte, erharte und erdorrte Beiner. Also [75] auch, der aus Gebrechlichkeit erst anfängt zu sündigen, der ist noch wohl zum Leben zu bringen, er ist noch frisch; welcher aber schon darinnen verhärtet und bereits eine lange Gewohnheit angezogen, der ist hart, sag's, hundert und hundertmal hart ist er zu bekehren. Dann die Gewohnheit ist eine eiserne Pfaid.

Petrus ist mit einem einzigen Augenblicker, welchen der Herr Jesus auf ihn geworfen, zur Buß bekehrt worden, daß er bitterlich angefangen zu weinen und seine Sünd zu bereuen; aber der Adam ist gar hart zur Erkenntniß seiner Missethat gelangt, ja er hat sich gar versteckt, daß ihm Gott laut zugeschrieen:Adam ubi es? Die Ursach solches Unterschieds war diese: Petrus hat in der Früh gesündiget in gallicinio, wie der Hahn hat gekrähet, wie der Tag hat angefangen: solche, die erst angefangen zu sündigen, die können noch wohl und leicht zur Buß geleitet werden; Adam hat Nachmittag gesündiget: solche, die schon spät in Jahren eine üble Gewohnheit haben, die seynd gar hart darzu zu bewegen.

Nit bald an einem Ort werden bessere Spitäler angetroffen, als zu Rom in dieser Haupt-Stadt. Allda ist zu sehen das Spital beim hl. Geist, welches in den jährlichen Renten und Einkommen über die 70000 Kronen zählt; item das Spital bei St. Salvator, das Spital bei St. Antonio, das Spital St. Mariä de Consolatione, das Spital bei der hl. Dreifaltigkeit, welches eines so großen Vermögens, daß es [76] alle arme Pilgram aufnimmt; und hat es schon etlichmal, meistentheils zur Zeit des Jubiläi, in einem Tag über 5000 Menschen ausgehalten, und dieses zwar in schönster Ordnung etc. Unter anderen ist ein Spital zu Rom, welches genennt wird S. Giacomo delli incurabili nel corso. In dieses Spital werden nur diejenigen aufgenommen, die gar alte Schäden und Zuständ haben, auch nit mehr können kuriret oder geheilt werden. Eines solchen Zustands war jene arme Tröpfinn in dem Evangelio, welche zwölf Jahr den Blutgang gelitten, ihre Armuthei völlig denen Doctoribus angehängt; und keine Excellenz war so excellent, daß er sie kunnte kuriren: »Nec ab ullo potuit curari,« bis sie endlich den Saum der Kleider Christi angerühret und durch solches Kleid ihr Leid vertrieben. In das Spital delli incurabili gehen alle diejenigen, welche am alten Zustand leiden, welche viel Jahr' in böser Gewohnheit leben: solche seynd nit mehr zu kuriren, dann was sie gewohnt, das können sie nit lassen, die Gewohnheit ist ein alter Zustand, welcher nit mehr geheilet wird, außer Gott durch ein sonders Wunderwerk hilft ihnen, wie er geholfen, der guten Frauen.

[77] Judas hat gestohlen, hat das Stehlen gewohnt, hat die Gewohnheit nit mehr lassen können. Judas hat Viele seines Gleichen. Ein solcher war jener in dem köllnischen Gebiet, von dem Cäsarius registriret, welcher so vieler verübten Diebstähl halber aufgehängt worden. Weilen nun gleich dazumalen ein Diener eines vornehmen Domherrn zu Kölln vorbei geritten und vermerkt, daß dieser arme Sünder sich noch ein wenig rühre, hat er alsobalden aus Mitleiden den Strick mit dem Degen abgehauet, mit seinem Hut aus dem nächst vorbei rinnenden Bach ein Wasser eilends herbei gebracht, wormit er den elenden Tropfen erquicket, welcher nachmals noch mit ihm in das entlegene Dorf gangen, aber noch nit lassen können das Stehlen, auch nachdem er den Strick schon gekost. Denn eben in diesem Dorf wollt' er diesem seinem Gutthäter, der ihn vom Tod errettet hat, diesem seinem Erlöser wollt er das Pferd stehlen. Weilen er aber ertappet und überzügen worden, hat er an demselbigen Galgen, wo er kurz vorhero ein Fruhstuck genossen, eine solche Jause müssen verkosten, woran er erstickt. Das heißt ja: Rarò funesto fur sine fune perit. Der Hund läßt das Bellen nicht, der Dieb läßt das Stehlen nicht, wann ers gewohnt hat; der Dachs läßt das Graben nicht, der Geizige läßt das Schaben nicht, wann ers gewohnt hat; die Sau läßt das Wühlen nicht, der Löffler läßt das Buhlen nicht, wann ers [78] gewohnt hat; das Kalb läßt das Plärren nicht, der Flucher läßt das Schwören nicht, wann ers gewohnt hat; der Hirsch läßt das Laufen nit, der Schlemmer läßt das Saufen nit, wann ers gewohnt hat. Holofernes hat das Schlemmen gewohnt, und hats nit gelassen; Senacherib hat das Gotteslästern gewohnt, und hats nit gelassen; Herodes hat das Buhlen gewohnt, und hats nit gelassen; Annanias hat den Geiz gewohnt, und hat ihn nit gelassen; Judas hat das Stehlen gewohnt, und hats nit gelassen.

Wie unser lieber Herr auf einem Esel triumphirlich nach Jerusalem eingeritten, da haben ihm die Herrn von Jerusalem, meistens aber der gemeine Pöbel, sehr große Ehr erwiesen; unter anderen haben sie auch ihre Kleider ausgezogen, und auf den Weg gelegt. Du, der solches liesest, ist es, daß du schon einen Habitum hast oder solche eiserne Pfaid, so bitte deinen Jesum, daß er dir die sondere Gnad gebe; verstehe mich recht, die sondere Gnad, daß du solches ausziehest, und zu seinen Füßen legest! Amen.

Judas war gestern ein Dieb, heut ein Dieb, und morgen wieder
[79] Judas war gestern ein Dieb, heut ein Dieb, und morgen wieder ein Dieb, hatte immerzu gestohlen, in der Meinung, es sehe ihn niemand.

Weder Petrus, weder Joannes, weder Jakobus, weder Matthäus, weder andere Apostel haben gewußt, daß Judas ein Dieb sey; dann sofern sie solches in eine Erfahrenheit hätten gebracht, ist wohl zu vermuthen, daß sie ihm zuweilen hätten eine gute Predigt gemacht und jenem Samaritan nachgefolget, welcher dem armen beschädigten Tropfen Oel und Wein in die Wunden gossen: also hätten sie gleichförmig mit linden und scharfen Worten ihm seine Frechheit verwiesen. Der Prophet Elisäus hat zwar den Giezi geschickt, daß er mit seinem Stab den todten Knaben solle zum Leben erwecken, hat aber nichts ausgericht; sobald aber Elisäus selbst zu ihm und seinen Mund auf den Mund des Knaben gelegt, alsdann ist der Todte auferstanden. Aus welchem zu lernen, daß man mit guten Worten und sanfter Manier zuweilen ehender einen zurecht bringe, als mit hartem und grobem Verweis. Es ist aber glaublich von Joanne und Jakobo, wann sie gewußt hätten, daß der Iscarioth ein solcher Mauser, sie hätten ihn grob ausgescholten und mit hartem Filz empfangen; dann weilen sie dazumalen schon also ergrimmt waren über die Samariter, um weilen dieselbe dem Herrn Jesu die Herberg versagt,[80] daß sie überlaut aufgeschrieen: Herr, willst du, daß wir sagen, daß das Feuer vom Himmel falle und sie verzehre? also ist wohl zu vermuthen, sie hätten Christo dem Herrn gesagt, er soll den Judam als einen unverschämten Dieb zum griechischen Buchstaben P, welcher also geschrieben wird Π, promoviren und hängen lassen. Indem aber nichts dergleichen im hl. Evangelio registrirt wird, also ist wohl und gar gewiß zu glauben, daß kein Apostel habe um sein Diebstuck gewußt, aus Ursachen: er hatte allezeit gestohlen, wann keiner bei ihm war. Dazumalen hat er sich allzeit gedacht, jetzt sieht mich niemand. O du verruchter Mensch! sieht dich denn Gott nit?

Gleichwie nur acht Personen in der Arch Noe seynd errettet worden, die übrigen alle, alle, alle in dem allgemeinen Sündfluß zu Grund gangen, also werden auch viel mehr verdammt, als selig. Wer ist Ursach? Niemand.

Gleichwie Moses ein Führer des Volks Israel sechsmal hundert tausend streitbare Männer aus Egypten geführt, ungezählt der Weiber und Kinder, und aus allen diesen nur zwei in das gelobte Land kommen, die übrigen alle, alle, alle draußen geblieben; also wird weit größer seyn die Anzahl der Verdammten, dann der Seligen. Wer ist Ursach? Niemand.

[81] Gleichwie die schöne Stadt Jericho von dem tapfern Kriegsfürsten Josue ist erobert und in Asche gelegt worden, ist das einige Haus der Rahab unbeschädigt verblieben, die andern alle, alle, alle in Brand gesteckt worden; also werden wenig zur Seligkeit gelangen, viel aber in den höllischen Ofen geworfen werden. Wer ist Ursach? Niemand.

Gleichwie aus zwei und dreißigtausend Soldaten nur 300 bei dem Josue verblieben, die andern alle, alle, alle abgedankt worden; also werden weit mehr von Gott als zu Gott kommen. Wer ist Ursach? Niemand.

Gleichwie aus dem mit Schwefel vermischten Feuer-Regen zu Sodoma und Gomorrha nur vier Personen, benanntlich der Loth, sein Weib und die zwei Töchter seynd salvirt worden, die andern alle, alle, alle durch solche stinkende Flammen zu Grund gangen; also werden viel mehr in die höllische Pein und Qual als in die ewige Freud kommen. Wer ist Ursach? Niemand.

Gleichwie nur ein Theil des guten Samens des evangelischen Ackermanns hat Frucht gebracht, die andern drei Theile alle, alle verdorben; also wird auch nit der halbe Theil der Menschen selig werden. Wer ist Ursach? Niemand.

Der Kardinal Baronius schreibt, daß dem hl. Einsiedler Simeon sey von Gott geoffenbaret worden, daß zu seinen Zeiten aus 10000 Seelen kaum eine selig worden. Ab solchem stehen einem die Haar' gen Berg. Wer ist aber Ursach? Niemand.

[82] Wer ist Ursach, daß die Gebot' Gottes, die Gebot' der Kirche, die Gebot' der Natur so oft, so stark, so schändlich übertreten worden? Wer ist Ursach? Niemand.

Wer ist Ursach, daß der allmächtige Gott, daß Gottes auserwählte Heiligen, daß Gottes heilige Kirche so mannigfaltig, so schwer, so gewissenlos beleidiget werden? Wer ist Ursach? Niemand.

Wer ist Ursach alles Uebels, aller Gottlosigkeit, aller Laster, aller Unthaten, aller Sünden, aller Verbrechen, alles Muthwillens, aller Unzucht, aller Missethaten? Niemand, ja Niemand! O verfluchter Niemand! der Niemand, der Nemo, der verursacht alles Uebel! wann nemlich der bethörte Sünder sagt: Niemand sieht's, Niemand hört's, Niemand weiß es! –

Daß kohlschwarze Raben nach stinkendem Aas trachten, ist kein Wunder; daß schwarze Kothkäfer im Mist und Unflath herum wühlen, ist kein Wunder; aber von weißen Tauben wundert's mich. Zwei alte Richter zu Babylon, schon weiß wie eine Taube, haben noch ungebührende Augen geworfen in die Weibsbilder. Auf solche Weis' heißt es: unter der grauen Asche findet man oft eine Glut, unter den grauen Haaren findet man oft Kitzel und Muth; auf solche Weis' ist es wahr: unter dem weißen Schnee findet man oft einen Misthaufen, unter den weißen Haaren thut oft Cupido schnaufen. Solche alte Krausköpf und Mausköpf seynd natürlich, wie die Blätter des [83] Eschenbaums, welche auf einer Seite ganz weiß, auf der andern ganz grün: also waren diese alten Richter richtige Gesellen, unter deren weißen Haaren noch ein großer Muthwille grünte. Diese zwei alten Vögel seynd fast gewest, wie der Berg Aetna, welcher zur Winterszeit übersich mit Schnee bedeckt und doch innwendig mit lauter Feuer gefüttert; diese zwei alten Lümmel seynd gewest wie der Kalch, welcher zwar weiß, jedoch voller Hitz. Diese zwei haben die Augen geworfen auf eins: sie haben nemlich öfters wahrgenommen, daß eines vornehmen Herrn seine Frau Gemahlinn, Namens Susanna, in ihrem Garten spaziere, welche vom Angesicht und Leibsgestalt überaus schön war, wessenthalben denen alten Möchaberis dieser rothe Apfel die Zähn' wässerig gemacht, denen alten Stockfischen diese mit so schöner Menschen-Haut verköderte Angel so wohl gefallen, daß sie allen Fleiß angewendet, dieses Wildpret in das Netz zu jagen. Wie nun auf eine Zeit gedachte schöne und tugendliche Frau in den Garten getreten, daselbst in einer kühlen Abend-Luft in etwas sich zu ergötzen, also haben sich diese schlimmen, alten Gesellen unter einem dicken Gesträuch und schattenreichen Busch verborgen. In dem Dornbusch, welchen Moses gesehen, hat ein göttliches Feuer gebrunnen; aber in diesem Busch thät sich ein teuflisches Feuer sehen lassen. Wie diese unverschämten Vögel die schöne Susannam erblicket haben, wünschten sie nichts anders, als daß sie möchten Kothkäfer seyn bei dieser schönen Rose. Ihr übels Beginnen wurde noch heftiger entzündet, wie sie vermerkt, daß wegen allzuscharfer Sonnenhitz die [84] edle Susanna ihren alabasternen Hals in etwas entblößt, ja endlich gar, nachdem sie die Kammer-Menscher von sich geschafft, in einer wasserreichen Grotte, allwo ein krystallener Brunnquell mit annehmlichem Getöß der geißfüßige Wald-Gott häufig spendirte, nach abgelegten Kleidern sich angefangen zu baden. Worauf gleich diese alten zwei Böck, von den unsinnigen Begierden ganz entzündet, hervor gesprungen und sie also angeredet: Wir seynd in dich verliebt, die Thür des Gartens ist verschlossen, et Nemo nos videt, und Niemand sieht uns. O du verruchter Nemo, Niemand! stift' doch niemand mehr Uebels, als der Niemand, Nemo!

Es ist nit wahr, ihr unverschämten Bösewicht', es sieht euch ja der allmächtige Gott, heißt das Niemand? Es ist nichts also verborgen, nichts also verhüllt, nichts also verschlossen, nichts also versperrt, nichts also vermantelt, verdeckt, vergraben, versenkt, verdunkelt, vertieft, vertuscht, das Gott nit siehet: es sey groß, es sey klein, es sey weit, es sey nahe, es sey tief, es sey seicht, es sey dick, es sey dünn, es sey finster, es sey licht, es sey was es wolle, so sieht doch alles Gott. Kein Gedanke, keine Umständ' der Gedanken, kein Werk, keine Umständ' des Werks, kein[85] Wort, keine Umständ' eines Worts seynd, welche Gott nit siehet. Was auswendig, was innwendig, was oben, was unten, was auf der Seite, was um und um, alles dieses sieht das göttliche Aug. Was und wann und wie und wo dein Verstand verstehet; was und wann und wie und wo dein Gedächtnuß gedenket; was und wann und wie und wo dein Will begehrt; was und wann und wie und wo deine Augen sehen; was und wann und wie und wo deine Ohren hören; was und wann und wie und wo deine Zunge redet; was und wann und wie und wo deine Händ' greifen; was und wann und wie und wo deine Füß gehen: alles dieses siehet Gott. Gott siehts, der dich erschaffen, Gott siehts, der dich erlöset hat, Gott siehts, der dich richten wird, und sollst du dich vor Gott nicht schämen?

Sapatta, ein vornehmer spanischer Fürst, war ein bevollmächtigter Legat und Gesandter bei den Friedens-Tractaten zu Münster, welcher Friede bald wurmstichig worden. Dieser ansehnliche Herr war neben anderen höchst rühmlichen Tugenden forderist der Andacht und dem eifrigen Gebet sehr ergeben, und alle Tag, so viel als seine hohen Geschäfte zugelassen, etliche heilige Messen mit sonderbarer Auferbauung gehört. Es wollte aber auch der fromme und gottselige Fürst, daß seine Edel-Leut', Aufwärter und andere Bediente mit gleichem Eifer ihre Andacht sollen verrichten. Aber das Widerspiel zeigte sich zum öftern; denn wenn sie hinter ihrem Herren in der Kirche waren, so haben sie geschwätzt, geschmutzt, gelacht, die Nase mit dem Hut verschanzt, und weiß [86] nit was für einen Augenpfeil, Augenwinker, Augenschuß, Augenstrahl, Augenwurf, Augengruß auf eine oder andere Bürgers-Tochter geworfen, und also mehr Verdacht als Andacht spüren lassen. Der Fürst, welcher niemalen in der Kirchen pflegte umzuschauen, so bald er mit den Seinigen nach Haus kommen, hat gleich unter der Porte des Pallasts einem und dem andern einen scharfen Verweis geben, mit der Bedrohung, daß, wofern ihr und ihr, du und du noch einmal werdet dergleichen Muthwillen in dem Gotteshaus erzeigen, so sollt ihr meinen Dienst meiden! Diese konnten ihnen das nicht einbilden, wie doch der Fürst alles so genau wisse, einem sein Verbrechen ganz umständig beschreibe, da sie doch wohl in Acht genommen, daß er niemals habe umgeschauet, auch noch mit niemand geredet, der ihm solches hätte können zutragen. Einen anderen Tag, als er mehrmalen etliche hl. Messen hörete, ist einer und der andere ganz still zum Tempel hinaus geschlichen, und nach eingebrachtem kurzen Fruhstuck bald wieder zurück kommen. Der Fürst hat nit umgesehen, noch hat kein einiger Mensch etwas entdeckt; gleichwohl, sobald er aus der Kirche getreten, hat er diesen und jenen scharf angefahren: wißt ihr was, Ferdinand, hört ihr, Ludwig, wo seyd ihr gewest? wo habt ihr das gelernet, daß man das schmutzige Maul erst in der Kirche abwische? Die Bedienten konnten sich dessen nit sattsam verwundern, und glaubten schier, ihr Fürst habe Augen in dem Rucken, daß er alles und alles so umständig sehe und doch niemalen umschaue. Endlich ist ihm einer über sein Betbuch gerathen, worinnen [87] er denjenigen erhascht, welcher alles dem Fürsten zugetragen. Der Einbund dieses Betbuchs hatte einwendig bederseits einen Spiegel, und wann der Fürst also aus besagtem Buch gebetet, hat er zugleich wahrgenommen, wie sich seine Bedienten hinter ihm verhalten.

Diese Leut' seynd in den Argwohn kommen, als hätte ihr Herr Augen auf dem Rucken, dem aber nicht also war; – aber Gott wohl, der hat Augen vornher, der hat Augen auf dem Rucken, der hat Augen auf der Seite, der ist ein pures Aug, welches selbst alles sieht, alles was gewesen, alles was noch ist, alles was seyn wird. Nicht jedermann ist Ihro Heiligkeit, sondern nur der Pabst allein; nicht jedermann ist Ihro Majestät, sondern nur der Kaiser, der König allein; nicht jeder mann ist Ihro Eminenz, sondern nur der Kardinal allein; nicht jedermann ist Ihro Gnaden, sondern die mehresten Edel-Leut' allein; nicht jedermann ist Ihr Gestreng, sondern nur der Bürgermeister, der Stadtrichter, der Secretarius etc.; nicht jedermann ist Ihr Hochwürden, sondern nur der Dechant, der Probst, der Domherr etc.; nicht jedermann ist Ihr Ehrwürden, sondern nur der Priester, der Pater. Aber jedermann ist Ihr Durchlaucht, alle Menschen auf Erden seynd Ihr Durchlaucht; denn Gott als eine göttliche Sonne leucht durch und durch. Nit ein Mensch, in dem Menschen nit ein Herz, in dem Herzen nit ein Oertel, in dem Oertel nit ein Gedanke, in dem Gedanken nit ein Umstand, den diese göttliche Sonn' nit durch und durch leucht und alles siehet. Die Menschen kann man leicht hinter das [88] Licht führen. Das hat erfahren Jakob: wie seine ungerathenen Kinder den frommen Bruder Joseph verkauft, haben sie seinen Rock in ein Bockblut eingedunkt, dem guten alten Vater Jakob zugeschickt mit der traurigen Zeitung, als sey Joseph von einem wilden Thier zerrissen worden. Der gute und schier bis in den Tod bestürzte Vater küßt und bußt den blutigen Rock: Ach, du guldenes Kind, seufzte er, so hab ich das erlebt, daß ich dein Blut also in meinen Händen muß sehen! Der gute Alte hat Bock-Blut für Menschen-Blut gehalten; das heißt ja hinter das Licht führen! Die Menschen kann man leicht hinter das Licht führen, das hat erfahren der Laban, ein Vater der schönen Rachel: Wie Jakob mit dieser insgeheim und in der Stille darvon gezogen, und dem Laban seine guldenen Götzen-Bilder entfremdet, ist er ganz schleunig nachgereist. Wie solches die Rachel wahrgenommen, hat sie gedachte guldenen Götzen-Bilder unter das Stroh verstecket und nachmals darauf gesessen, und als sie der Laban angetast, wo sie seine guldenen Götzen habe – mein Vater, sagte sie, ich weiß weder guldene, weder silberne, weder eisene Götzen, ich habs wohl nicht. Stehe auf, widersetzt er, laß mich suchen! Ach mein Vater, stellte sie sich, ich bin so krank, du glaubst nit; wann du mir sollst Buttenweis [89] guldene Götzen schenken, so könnt' ich dir nit aufstehen! Laus, fraus muliebria sunto. Das war eine Weiber-List, das heißt hinter das Licht führen.

Die Menschen kann man hinter das Licht führen, das haben erfahren die Soldaten des Königs Saul. Diese waren beordert von dem König, daß sie sollen den David zu ihm führen, er wolle ihm selbst den Rest geben. Die Michal aber, als des Davids Frau Gemahlinn, nachdem sie ihn in der Stille über das Fenster hinunter gelassen, hat ein Bild mit des Davids Kleider angezogen und also auf das Bett gelegt, das Gesicht mit einem rauhen Geiß-Häutl bedecket. Wie nun die Trabanten mit allem Ernst in die Behausung kommen, David gefangen dem König zu überbringen, siehe, da hat sich die Frau Michal gestellt, als wäre sie ganz melancholisch. Vielleicht, wer weiß, hat sie die Augen mit Zwiebel-Saft bestrichen und geseufzet als die eine Henne, die den Zipf hat; sich sehr beklagt, daß ihr lieber Herr Gemahl stark und gefährlich krank sey, zeigt ihnen von fern, wie er dort im Bett liege der arme Schlucker; also werde er Ihro Majestät dem König solchergestalten gewiß nicht darvon laufen; sie sollen dieses nur also dem Saul in Unterthänigkeit vortragen. Die [90] Phantasten haben es kräftiglich glaubt, als liege David auf dem Bett, da es doch ein hölzernes Bild war. Das heißt ja hinter das Licht führen!

Die Menschen kann man hinter das Licht führen; aber Gott nicht, der selbst das Licht ist, so alles durchleucht'. Er sieht nit allein das Auswendige, sondern auch das Inwendige; er sieht nicht allein das Offene, sondern auch das Verborgene; er sieht nicht allein das Bestandene, sondern auch das Verschwiegene; er sieht nit allein das Ertappte, sondern auch das Vertuschte; er sieht nit allein das Wahre und Bloße, sondern auch das Verblümlete; er sieht Alles. Raub, klaub, back in Sack, stiehl viel in der Mühl, es siehts niemand, es siehts aber Gott.

Wie unser gebenedeiter Herr und Heiland einmal aus dem Schiff gestiegen, so folgeten ihm überaus viel Leut nach; unter anderen war ein Weib, die 12 Jahr aneinander einen sehr üblen Zustand hatte, welche alles das Ihrige denen Aerzten und Medicis angehängt, und haben ihr solche dergestalten viel Recept vorgeschrieben, daß sie endlich den Geldbeutel ganz auspurgirt; gleichwohl kunnten sie die arme Haut nit kuriren. Wie nun diese unterschiedlich vernommen, daß Jesus von Nazareth so große Wunder wirke und alles Volk nach sich ziehe, so wollt sie auch ihr Heil bei diesem suchen; drängt sich und zwingt sich dessenthalben mit allem Gewalt durch das Volk, ungeacht daß da und dort einer mit dem Ellenbogen zurück getrieben, ungeacht, daß dieser und jener Jud auf die[91] Füß' getreten; sie reibt sich und' treibt sich durch, bis sie ganz nahe zu Jesu kommen und ihm mit großem Glauben den Saum seiner Kleider angerühret, wordurch sie wunderbarlich gesund worden. Diese fromme Tröpfinn hat sich gar nit getraut, Christo dem Herrn unter das Gesicht zu treten, sondern suchte nur, wie sie von hinten zu auf dem Rucken seine Kleidung möchte anrühren: »venit in turba retrò.« Aber sie hat nit ohne sondern Trost erfahren, daß sie unser Heiland auch ruckwärts gesehen. Dann, ob er schon Menschheit halber nur zwei Augen in seiner Stirn tragte, so war er doch Gottheit halber allerseits voller Augen, ja ein pures Aug, so Alles siehet: »Dico, quod Deus totus oculus est.« David war ganz allein bei Bethsabe, wie er den Ehebruch begangen, niemand hat ihn gesehen. Es ist nit wahr, es hat ihn Gott gesehen, ist das ein Niemand? Der Prinz Ammon war ganz alleinig, wie er mit seiner Schwester Thamar die Blutschand begangen, niemand hat ihn gesehen. Es ist nit wahr, Gott hat ihn gesehen, ist das Niemand?. Der Achan war ganz allein, wie er in der Stadt Jericho gestohlen, niemand hat ihn gesehen. Es ist nicht wahr, Gott hat ihn gesehen, ist das Niemand? Kain war ganz allein, wie er seinen Bruder Abel auf dem Feld ermordet hat, niemand hat ihn gesehen. Es ist nit wahr, Gott hat ihn gesehen, ist das Niemand?

Anno 1585, just vor hundert Jahren, ist auf einen Tag bei einbrechender Morgenröthe ein Edelmann ausgeritten auf die Jagd unweit der vornehmen Stadt Wien. Wie er nun in den dicken Wald und [92] großes Gesträuß hinein gerathen, vermerkt er ein ungewöhnliches Bellen und Scharren eines Hunds, welcher mit seinen Bratzen dergestalten die Erde ausgraben, bis er endlich zwei ganz weiße Beiner heraus gezogen, die der Edelmann auf keine Weis' für Menschen-Beiner angesehen, ja noch dem Lakei einen Befehl geben, wie daß er solche dürre Beiner soll mit sich tragen, er sey gesinnet, aus diesen für seinen Hirschfänger eine gute Handheb machen zu lassen; wie er dann noch selben Abend dem Schwertfeger diese Beiner eingehändiget mit dem Begehren, er soll ihm um baare Bezahlung erstgedachte Handheb verfertigen. Siehe Wunder! kaum daß solche der Meister in seine Händ' gebracht, haben sie alsobald das helle Blut geschwitzet, so daß ein Tropfen den andern geschlagen, welches alle Beiwesende in große Verwunderung gezogen. Forderist aber war dieser Schwertfeger dem Tod gleicher, als einem Menschen. Dieser, wie er sich in etwas wiederum erhohlt, den Kavalier demüthigst gebeten, er wolle ihm doch entdecken, wo er diese dürren und weißen Beiner genommen? worüber ihm der gnädige Herr das Ort mit allen Umständen, den Wald, das Gesträuß beschrieben, und wie einer aus seinen besten Jagdhunden allda besagte Beiner habe ausgraben. Ach, seufzte dieser sprechend, ich hab' vermeint, ich sey ganz allein gewest, es hab mich niemand gesehen, jetzt spür ich aber, daß mir Gott habe zugeschaut! Vor 20 Jahren, da ich noch ein Handwerksgesell war, hab ich einem meiner Kameraden, der dazumal in die Wander gereist, daß Gleit geben, und weilen ich gewisse Nachricht erhalten, daß [93] er wohl mit Geld versehen, also hab ich ihn in demselbigen Wald ermordet und eben an gedachtem Ort begraben. Nun merke ich, daß mich gar kein Mensch gesehen, aber Gott wohl, der mich derentwegen richten wird. – So sieht dann der allmächtige, allwissende, allgewaltige Gott alles, alles was auch in der Finster geschieht, alles was in der Wildnuß geschieht, alles was in einem Winkel geschieht. Die Rahab hat die Auskundschafter Josue dergestalten verborgen, daß kein Mensch gesehen; der David hat sich dergestalten in die Spelunken verborgen, daß ihn Saul auch nit gesehen; die zwei Richter zu Babylon haben sich hinter ein Gesträuß verborgen, daß sie kein Mensch gesehen; die Priester zu Zeiten der Machabäer haben das Feuer verborgen, daß kein Mensch aus denen hat können finden: Vor dem Menschen läßt sich oft was verbergen, daß niemand find't noch ergründ't; aber vor deinem Gott, o Mensch läßt sich nichts verbergen!

Von dem Joseph ist die Geschicht' allbekannt, wie er den Mantel hinten gelassen, wormit die saubere Frau des Putiphars ihre Frechheit ihre wollte verdecken. Diese ist dem unschuldigen Jüngling lange Zeit nachgangen, nichts als zuckersüße Wort gegen ihn gebraucht: Gute Nacht, mein schöner Joseph! hat's geheißen, schlaf fein wohl mein Engel! – und seufzte darneben. Wann diese Seufzer mit Schellen wären behängt gewest, wie der Ober-Steyrer ihre Roß, so hätte man hören können, wo sie hingangen. Bona dies! guten Morgen, mein lieber Joseph! hat dir nichts getraumet? mir hat's von dir getraumt, will dirs schon einmal sagen und in der Geheim [94] erzählen! An einem Tag war ein großes Fest gefallen, an welchem nach Gebrauch auch alle Weiber mußten erscheinen in dem Tempel. Das war ein schöner Vortheil für diese Dama: alle gingen zu der Andacht außer dem Joseph, welcher das Haus mußte hüten. Die gnädige Frau verbindt den Kopf, stellt sich krank, als wäre ihr ein starker Fluß gefallen, der ihr unglaubliche Schmerzen und Zahnweh verursacht. Auweh, sagte sie, was leide ich! (glaubs) ach wie brennt's! (im Herzen, Schelmen-Vieh!) Mein Schatz, redet sie zu ihrem Herrn, er gehe nur mit allen Bedienten in Tempel, ich traue mir nit in die Luft, ich will schon meine Andacht zu Haus verrichten! Auweh, auweh, auweh, das seynd, das seynd Schmerzen! Der Joseph kann schon zu Haus verbleiben, daß ich gleichwohl nit allein bin, es möcht bald etwas auskommen. Nachdem nun Alles aus dem Haus, so fängt die Mausköpfinn den Joseph anzulachen. Gelt Joseph, sagt sie, ich kann meinen Mann stattlich betrügen! schau, mein guldenes Maul, jetzt ist alles aus: es ist kein Mensch sonst im ganzen Haus! mein Mann ist nicht da. Mein, stelle dich nicht so fremd, wie abgeschmach! es sieht uns niemand. Niemand? ich frag dich noch einmal:Niemand? O Unverschämte, es sieht dich ja Gott! Schämst du dich vor den Augen des Menschen, und schämst du dich nicht vor den Augen Gottes? Höre, was der keusche Jüngling dir unter das Gesicht sagt:Wie kann ich dieses thun, und vor Gottes Augen sündigen?

Wir schelten, wir verwerfen, wir verdammen, wir vermaledeien jene Unthat der Hebräer, indem ihnen[95] Pilatus der damahlige Landpfleger zu freier Wahl gestellt, sie sollen aus dem Gefängnuß begehren entweders Jesum oder Barabbam – dieser war ein Mörder; so haben sie dannoch einhellig aufgeschrieen, man solle Jesum kreuzigen, den Barabbam aber frei und los lassen. O ihr höllischen Gemüther! so gilt denn bei euch mehr ein Sünder und großer Sünder, und ein mörderischer Bösewicht, als Gottes Sohn? Aber sag her, bethörter, verkehrter, beschwerter Mensch, indem du dich schämen thust vor den Augen der Menschen, nicht aber vor den Augen Gottes; so gilt denn auch mehr bei dir ein Mensch, als Gott selbsten?

Es war ein Student, welcher zur Faßnachts-Zeit, da man mit Schellen in die Schul leutet, auch nicht wollte bescheid seyn. Er wollte es auch erfahren, ob ihm die Lappen-Kappe möchte wohl anstehen; bittet demnach seinen Kostherrn, der ein guter Maler war, er woll das Gsicht mit Farben ihm also überstreichen, daß es einer Larve gleich sey. Der Kostherr zeigt sich hierinfalls gar willfährig: befiehlt ihm, er soll sich unterdessen mit einem Narren-Kleid ausstaffiren, bis er seine Farben mische. Der lateinische Gispel hatte schon alles im Vorrath, weßwegen er gleich die Narren-Schuh, die Narren-Strümpf, die Narren-Hosen, das Narren-Wammes, endlich das große Narren-Krös angezogen, und sich auf den Stuhl mit närrischer Reputation oder reputirlicher Narrheit niedergesetzet. Jetzt, sagt er, Herr malt mich halt frei närrisch! Der Kostherr war ein arger Schalk, [96] und gedachte, nunmehr habe er eine erwünschte Gelegenheit, diesem Studioso curioso oder furioso einen lächerlichen Possen zu reißen; schafft demnach, er soll die Augen wohl zudrucken, theils damit ihm die abrinnenden Farben nicht schaden, theils auch, damit er desto bequemer seine Farben möchte auftragen. Das Malen nimmt nun seinen Anfang: der Kostherr konnte das Lachen nicht verhalten. Um solches zu beschönen, sagt er dem g'studierten Narrn, es wird ihn kein Teufel kennen wegen der vielfärbigen Züg und Strich und Tüpfel. Unterdessen aber hat er nur allezeit den Pinsel in das pur klare Wasser gedunkt und niemalen in Farb, welches der mit verschlossenen Augen nagelneue Narr nicht konnte wahrnehmen. Nachdem nun der verschmitzte Maler ziemlich das Gesicht überstrichen, jedoch nur mit klarem Wasser, legt er endlich den Pinsel auf die Seite, sprechend: Herr, Herr Ferdinand, ich wollt' einen halben Gulden darum geben, wann mein Weib zu Haus wäre, damit sie den Spiegel möcht' geben, worinnen sich der Herr kunnt ersehen: das ist ein Gesicht! das ist eine Larve! das heißt figurirt! in der ganzen Stadt wird kein größerer Narr seyn, als der Herr. Dieser, ganz begierig, sich auch sehen zu lassen, eilet mit seiner Wurst und ledernem Scepter auf die Gasse, von der Gasse auf den Markt, macht seine Narren Gebehrden bestermassen; er aber wurde allerseits ausgelacht. Herr Ferdinand, sagt einer, was ist der Herr für ein seltsamer Narr! Holla! gedacht er, der Kerl kennt mich. [97] Er geht kaum zwei Schritt weiter, da grüßt ihn eine ganze Bursch Studenten. Herr Ferdinand, domine condiscipule, quare ita solet stultescere? Schau, schau, der Narr ist des Malers sein Kostgeher, der ist ein sauberer Narr, er gibt sich fein zu erkennen! Um Gotteswillen, seufzt er bei sich selbsten, so kennt mich ja jedermann; wie muß mich dann mein Herr gemalen haben! Springt derentwegen in ein bekanntes Haus, bittet um einen Spiegel. Sobald er in solchen geschaut, hat wenig gemanglet, daß er nicht in eine Ohnmacht gefallen, indem er gefunden, daß nit ein Tüpfel von einer Farb in dem Gesicht, sondern solches mit bloßem klarem Wasser überstrichen, wessenthalben ihn männiglich leicht erkennen konnte. O wie hat er sich geschamet! viel Geld hätte er gspendiret, wann das nicht geschehen wäre. Niemalen hätt' ich das Ding gethan, so ich gewußt hätte, daß mich jemand soll kennen! Narras benè narrata.

O wie viel verruckte und verruchte Adams-Kinder seynd anzutreffen, welche auch ein thörichtes Werk um das andere thun, in der Meinung, es sehe sie niemand, es kenne sie niemand. In dem Evangelio [98] steht geschrieben: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist! bei manchen heißt es: Stehlt's dem Kaiser, was des Kaisers ist; aber stiehl, daß niemand sieht! In dem hl. Evangelio stehts geschrieben, daß die drei frommen Frauen haben kostbare Salben eingekauft; aber etliche nehmen ungerechte Schmiralia umsonst ein; aber still, daß niemand merkt. In dem Evangelio steht geschrieben, daß ein Weib wegen Verlust eines Groschen das ganze Haus auskehrt, bis sie ihn gefunden; manche Dieb gibts, die Kisten und Kästen aussuchen, bis sie Geld finden; aber still, daß niemand sieht! In dem Evangelio steht geschrieben, daß sich einer dessentwegen entschuldigte, er könne bei der Mahlzeit nicht erscheinen, dann er habe fünf Joch Ochsen erkauft; ein mancher Dieb stiehlt Ochsen und Kühe; aber still bei der Nacht, daß niemand sieht! In dem Evangelio steht geschrieben, es kann niemand zwei Herren dienen; aber mancher dient wohl zwei Frauen; aber still, daß niemand merkt. In dem Evangelio steht geschrieben, daß unser Herr am Samstag einen Wassersüchtigen kurirt habe; aber mancher Wirth hängt schier alle Tag dem Wein die Wassersucht an; aber still, daß niemand im Haus sieht. In dem Evangelio steht geschrieben, daß Martha mit dem Koch-Löffel sehr sey beschäftigt gewesen; aber eine manche hat ein weit anders Löfflen mit diesem oder jenem; aber still, daß niemand sieht. O elende Adams-Kinder! hört mich auch an, was in dem Evangelio steht: In demselben steht geschrieben, daß Joannes der Täufer denen Juden, welche ihn gefragt, ob er Christus sey, geantwortet: Medius vestrum stetit, quod vos nescitis: »Er steht mitten unter euch, den ihr nit [99] kennet.« Ihr Menschen glaubt, es sehe euch niemand, weilen es finster ist, niemand, weilen es verschlossen ist, niemand, weilen es ein Winkel ist, weilen es hinter der Mauer ist, niemand, weilen kein Mensch vorhanden ist, niemand: glaubt aber auch, daß Gott mitten unter euch, bei euch, an euch, um euch, neben euch, ja in euch stehe, quem vos nescitis! O wie weit haben geirret jene frechen Lotters-Knecht, welche neben andern Schmach und Spott auch dem gebenedeiten Jesu seine Augen verbunden, nachmals die stinkenden Speichel in das allerheiligste Angesicht geworfen, selbiges mit hartem Backenstreich verunehret, und also vermeinet, er sehe sie nicht, er solle rathen, wer diesen oder jenen Streich versetzet habe! Weit ist das gefehlt, ihr verdammte Satans-Brut, Gott läßt sich die Augen nicht verbinden, er sieht nicht allein durch diesen wilden Hader und unreinen Lumpen, den ihr ihm um das Gesicht gewunden und gebunden, sondern er siehet auch durch die Mauer, soll auch selbe dicker seyn, als der ganze Erdboden. Nicht allein die Juden haben diesen lasterhaften Muthwillen an dem Heiland Jesu verübet, sondern es gibt auch ihres Gleichen unter den Christen, die nit weniger sich gottvergessen stellen.

Aber o Thorheit! Adam hat auch vermeint, er wolle sich hinter die Stauden, verbergen; aber umsonst, Gott sieht alles. Jonas hat auch vermeint, er wolle sich aus den Augen des Herrn schraufen, wie er nach Joppe gereist; aber umsonst, Gott sieht Alles. Von etlichen Heiligen ist bekannt, daß sie auf einmal in zwei Oertern seynd gesehen worden: Also war der hl. Abt Bernardus zugleich zu Rom und zu Claravall; also war der hl. Adalbertus zugleich zu Rom und zu Prag in Böheim; also [100] war der hl. Antonius Paduanus zugleich auf der Kanzel und bei dem Altar. Aber Gott ist nicht nur an zwei Oertern zugleich, sondern an allen Orten. Er sieht dich allenthalben, er hört dich allenthalben, er greift dich allenthalben, und sollst du dich nicht schamen, vor den göttlichen Augen zu sündigen?

Als einst der Herr und Heiland in dem Tempel vor einer großen Menge des Volks lehrete, brachten die Pharisäer und Schriftgelehrten ein Weibsbild in die Kirche, machten ein groß Geschrei und Tumult, und klagten sie öffentlich an, daß sie in flagranti in dem Ehebruch sey ertappet worden; und weilen das Gesetz Mosis solche zu steinigen befehle, also fragen sie dießfalls, ob man dem Gesatz solle nachkommen? Wie solches der Heiland vernommen, so neigte er sich zu der Erde und schrieb mit den Fingern auf dieselbe. Rathe aber, was er geschrieben, indem solche Schrift den großen Hansen und gelehrten Gesellen dergestalten mißfallen, daß sie alle schamroth seynd darüber worden, und einer nach dem andern zum Tempel hinaus marschirt? Er hat dero Schelmenstücke und Diebstückl ganz umständig entworfen, die sie doch für verborgen und geheim gehalten haben; das hat sie veranlasset, daß sie mit langer Nase, mit unterschlagenen Augen ihren Weg weiter genommen. Wie, sagt einer bei sich selbsten, wie muß er das Ding wissen? hat mich doch niemand gesehen! Das weis ich, dacht ein anderer, daß ich ganz bin allein gewest, wie ich dasjenige hab gestiftet, wie muß dieser Nazarener darhinter seyn kommen? er kann ja nicht durch die Mauren schauen? [101] er hat es ja nit gesehen? Ja, ja, ja, meine Hebräer, er hat es gesehen, wie, wann, wo es geschehen; denn seinen göttlichen Augen kann es nicht entgehen. Wir seynd in diesem Fall wie die Kinder, aber nicht so unschuldig wie die Kinder. Diese pflegen zuweilen durch ihr kindliches Scherzen die Augen mit ihren Händlen zuzuhalten, oder stecken ihren Kopf in den Schoß ihrer Mutter, und meinen also, man sehe sie nicht. Wir üben die mehrste Frechheit und Uebelthaten in der Stille, in verborgenen Winklen, bei finsterer Nacht, verrieglet, versperret, vermauret, und meinen, uns sehe niemand, da doch unterdessen Gott, welcher den Himmel für die Frommen, die Höll aber für die Bösen erschaffen, Gott, welcher die Tugend ewig belohnt, die Unthaten ewig strafet, Gott, welcher barmherzig gegen den Guten, gerecht gegen den Sünder ist, Gott, welcher richten wird die Lebendigen und die Todten, Gott, welchen verehren alle heiligen Engel, und förchten alle Teufel, Gott welcher dreifach in denen Personen, und einfach in der Gottheit – dieser Gott sieht dich und schauet dir zu! –

Zu Wittenberg in Sachsen ist einmal eine schädliche Brunst entstanden, und hatte man einen allgemeinen Argwohn, daß solches Feuer durch einen lasterhaften und bösen Menschen sey gelegt worden. Weilen aber der Menschen Urtheil gar oft auf Stelzen geht, also ist auch dazumalen ein unschuldiger Tropf in Verhaft kommen, welcher sogar bei dem Gericht seine Unschuld durch ein Wunderwerk verfecht: massen er ein ganz glühendes Pflugeisen in die Hand genommen, und solches einen langen Weg durch die Stadt [102] ohne einige Verletzung zum Beweisthum seiner Unschuld getragen. Mitten aber auf dem Platz, in Gegenwart einer großen Menge Volks, hat er dieses glühende Eisen hinweggeworfen, welches dann augenblicklich verschwunden, und kunnte es auch nach viel angewendtem Fleiß kein einziger Mensch finden. Was geschieht aber? Ein ganzes Jahr nach diesem mußten etliche den Platz mit Kieselstein pflastern, worunter einer aus dem Sand daselbst das noch glühende Pflugeisen heraus gezogen, an welchem er neben ungeheurem Geschrei die Hand erschrecklich verbrennt. Die Sach wird alsobald lautbar. Man konnt' sich nit gnugsam verwunderen, daß vor einem Jahr das Eisen verschwunden, und anjetzo, ein ganzes Jahr hernach, von diesem Menschen noch ganz glühend gefunden worden. Wessenthalben dieser Gesell in die strenge Frag gezogen worden, worinnen er bald bekennt, daß er der Thäter sey jener vor einem Jahr erweckten Brunst, darüber er hernach durch billiges und gerechtes Urtheil lebendig ist gerädert worden.

Dieser armselige Mensch hat auch vermeint, es sehe ihn niemand – es war bei der finsteren Nacht, da jedermänniglich in dem tiefen Schlaf war versenket, kein Mensch hat sich auf der Gassen nicht gefunden, er war ganz alleinig – niemand sehe ihn, keinem hat er solches entdecket. Hat er nach einem ganzen Jahr müssen erfahren, daß ihn wahrhaftig Gott gesehen habe.

Der Prophet Jeremias hat auf eine Zeit etwas Wunderbarliches gesehen, nemlich eine Ruthe mit einem Aug: Virgam oculatam. Partitenmacher [103] in deinem Amt, Dieb bei der Nacht, unzüchtiger Buhler in der Kammer, Laster-Mensch in dem Winkel, Mörder in dem dicken und finstern Wald, sündiger und boshafter Mensch in der Stille, sage nit mehr: Nemo videt, niemand sieht mich; es ist nit wahr, es sieht dich die strenge Ruthe von oben her mit dem allmächtigen göttlichen Aug! und was diese siehet, das wird sie urthlen, und was sie wird urthlen, das wird sie auch nach dem Verdienst strafen.

Es hat der allmächtige Gott dem Kriegs-Fürsten Josue einen ernstlichen Befehl geben: Wann er werde mittelst seiner göttlichen Beihilf die Stadt Jericho erobern, so solle bei Meidung höchster Straf und Ungnade keiner eines Fadens groß, eines Heller Werths rauben oder Beut' machen! Das war ein hartes Gesatz: Venire di guerra, et no haverubato? »aus dem Krieg zurückkommen ohne Diebsstuck?« das gehört unter die Raritäten. Gleichwohl haben sich die wackeren Soldaten also scrupulos gehalten, unter Geld und Gut nach Eroberung der Stadt nit einen Pfenning eingeschoben, ausgenommen einer mit Namen Achan, der hat einen rothen Mantel und etwas von Silber und Gold gestohlen, aber ganz behutsam, mäusestill; sogar hat er das Silber unter die Erde gegraben. Dann wie er gesehen, daß ihm niemand zuschaue, weder der Obrist, weder der Wachtmeister, weder der Rittmeister, weder der Profos etc., o, gedachte er, jetzt heißt es: Herr mein Fisch, der [104] Mantel taugt mir stattlich ins Regenwetter, in Winterszeit ist er mir viel lieber, als ein alter Kotzen, der mausen thut, oder eine Matratze, die durchsichtig; das Silber und Gold aber taugt mir zu meiner nothwendigen Wirtschaft. Kann ich doch alles vertuschen; ist nicht nothwendig, daß ichs einem an die Nase bind'; der Charmi mein Vater, muß ebenfalls nichts darum wissen. – Ei du plumper Mantel-Dieb, sieht dich niemand? Niemand sieht mich. Halt's Maul, auf eine solche Lug gehört eine Maultasche! es ist ja der allerhöchste Gott, welcher deinem Kriegsfürsten Josue das Gebot gesetzt: es soll keiner was aus der verruchten Stadt Jericho mit sich nehmen. Es ist nicht lang angestanden, so hat der gerechte Gott diesen ungerechten Beutelmacher entdecket; weßwegen er von dem gesammten Volk versteiniget worden, und der vorhero mit Silber und Gold umgangen, mußte anjetzo wider Willen mit Steinen handlen.

Was hat nit schon der Niemand gestift? DerNiemand stiehlt zum mehristen. Augustinns der große Erzvater, da er noch ein muthwilliger Bub war, ist mehrmalen denen Leuten in die Obstgärten gestiegen, aber allzeit in Obacht genommen, ob ihn niemand sehe. Wann er vermerket, daß der Herr zum Fenster hinaus geschaut, so hat ers wohl seyn lassen. Der Mensch wird nit eine Spinnnadel entfremden, der Bub wird nit einen Pfenning verrucken, der Diener wird nit eine halbe Elle taffete Bändl [105] einschieben, wann sie wahrnehmen, daß es ihr Herr siehet. Ich hab noch nie gehöret, daß auch der frecheste Dieb hat auf einem Jahrmarkt krumme Finger gemacht, wann ihm der Stadt-Richter hat zugeschauet. Wie kannst du dann so frei ohne Scheu und ohne Reu begehen so manche Schelmerei, indem du vergwißt bist, daß dir obere Herr zuschaue, respiciens per fenestras, welcher dir solches in dem Thal Josaphat vor dem gesammten menschlichen Geschlecht wird vorhalten und vorrupfen?

Der gebenedeite Heiland sagt selbsten bei dem Evangelisten Joan. K. 8: Ego sum Lux Mundi, Ich bin ein Licht der Welt! Man mag das Wörtlein Lux lateinisch oder deutsch verstehen, so schickt sich doch beedes auf unsern Herrn, massen er ein Licht, so alles durchleucht, und ein Luchs, so alles durchsieht, zumalen wegen Schärfe der Augen von diesem Thier gesagt wird, es könne durch eine Mauer sehen.

Das Wörtlein Lux hat jener Fuchs erst in seinem hohen Alter erfahren, daß Gott habe gesehen, was er gestift in jungen Jahren: In Oesterreich hat ein Schneider-Bürschl seinem Meister 50 fl. entfremd't. Mit solcher Beut hat er das Haus gemeid't und in andere Länder gewandert, bis er auch ist Meister worden, welcher zwar schon zuvor meisterlich zu stehlen wußte. Nachdem 50 Jahr von diesem begangenen Diebstahl verflossen, so hat Gott auch wollen die 50 fl. wunderbarlich offenbaren. Dann als [106] einmal erstgedachter Meister, ein bereits alter Greis, auf dem Markt spazieren gangen, allwo die unruhigen Gassen- Buben mit Kreiden unterschiedliche Tändlerei verübten an einem Fenster-Laden; so hat sich dieser alte Geck auch unter die Kinder gemischt und ebenfalls mit der Kreide wollen schreiben. Wie es aber Gott so wunderlich geschickt! Dieser hatte sein Lebenlang niemalens schreiben noch lesen gelernet. Indem er dann vermeint, mit der Kreide nur krumme und grade Strich zu machen, ist er aber ganz deutlich diese Wort auf das Brett verzeichnet: Ich bin ein Dieb. Wie solches die ohnedas muthwilligen Buben gelesen, fangen sie alsbald an mit lauter Stimm diesen saubern Titel zu reintoniren: Der ist ein Dieb, der ist ein Dieb! Die Sach gelangt vor den Magistrat, welcher diesen alten Schneider hierüber zur strengen Frag gezogen, und endlich aus ihm gepreßt daß er ein Dieb sey, und habe vor fünfzig Jahren jenem Meister N. 50 fl. entfremdet. Nach welcher Erkanntnuß der zwar weiße Tättl denen schwarzen Raben einen Mitgespann müssen abgeben, und einen solchen Seiltanzer abgeben, daß er am Strick ist hangen blieben.

Sag jetzo mehr, es sehe dich niemand, indem Gott die verborgensten und geheimsten Ding schon so oft auf der Welt an das Tagslicht ganz wunderbarlich gebracht, auf daß der unbehutsame Mensch [107] greiflich spüren solle, daß er denen göttlichen Augen keineswegs entgehen möge. Wann wir den allmächtigen Gott stets vor Augen hätten und wohl zu Gemüth führeten, daß derjenige uns zusehe, welcher uns kann augenblicklich in die Höll' abstürzen, so würden wir ungezweiflet mit Lastern nit also beladen seyn. Was hat unter den Kaisern Henricum, unter den Königen Kasimirum, unter den Fürsten einen Hemenegildum, unter den Grafen einen Elzearium, unter den Freiherren einen Rochum, unter den Bürgern einen Homobonum, unter den Bauren einen Isidorum, unter den Bettlern einen Servulum zu solcher Vollkommenheit und Heiligkeit gebracht, als eben daß sie stets Gott vor Augen gehabt? Was hat den Soldaten Mauritium, den Rathsherrn Appollonium, den Arzt Pantaleonem, den Edelmann Sebastianum, den Fürsten Abdon, den König Olaum zurück gehalten, daß sie nicht die Götzen verehrt und angebetet, sondern heroisch gekämpfet und ihr Blut vergossen? Nichts anderst, als daß sie den wahren Gott allzeit vor Augen hatten. Was hat Benedictum mit so vielen Benedictinern, Augustinum mit so vielen Augustinern, Dominicum mit so vielen Dominicanern, Franziscum mit so vielen Franziscanern, Bernardum mit so vielen Bernardinern etc. zu so bekanntem Tugend-Wandel gezogen, als das Einige, daß sie stets Gott vor Augen hatten? Von Boleslao dem Dritten, wackern und sehr berühmten König in Polen, wird geschrieben, daß er stets die Bildnuß seines Herrn Vaters selig habe am Hals getragen, damit er in dessen Angesicht und Gegenwart nichts Sträfliches oder Unrühmliches [108] begehe. Von Alexandro dem Sechsten, römischen Pabsten, vermerket Carriocciolus, daß er habe das höchste Altar-Geheimnuß in Gold gefaßt an den Hals gehenket, auf daß er immer und immer gedenke, daß Gott all seinen Werken und Gedanken zusehe. – Ich auch, sprichst du, der du solches liesest, will hinfüro nimmer der göttlichen Augen vergessen, sondern ein und allemal meinen Gott, der mich aus nichts erschaffen, meinen Gott, der mich so theuer erkauft und erlöst hat, meinen Gott, der mich noch durch seine grundlose Gütigkeit erhält und ernähret, meinen Gott, von dem ich forderist ein glückseliges Sterbstündlein bitte, meinen Gott, an dem ich einen barmherzigen Richter erwarte, meinen Gott, von dem ich eine trostreiche Auferstehung hoffe: diesen meinen Gott will ich hinfüro allezeit vor Augen haben, damit ich ihn nachmals in jener Welt auf ewig möge anschauen etc.

Judas Iscarioth war ein unverschamter Lügner
Judas Iscarioth war ein unverschamter Lügner in Worten und Werken.

Nach Laut des gemeinen Sprichworts heißt's: das Letzte das Beste: wie dann in der Wahrheit auf der Hochzeit zu Cana der letzte Trunk, den man auf die Tafel gebracht, der allerbeste war, um [109] halben Theil besser als der erste. Aber in der Wahl und Aufnehmung der Apostel geschieht das Widerspiel; massen in dem apostolischen Collegio Thaddäus der eilfte war; nach diesem ist erst Judas Iscarioth als der zwölfte und letzte berufen worden. Dieser letzte ist gewest der letzte, indem er seinem heiligen Beruf nicht gemäß gelebet hat, sondern mit lasterhaftem Diebstahl sein heiliges Amt spöttlich entunehret. Weilen aber gemeiniglich eine Sünd der andern die Thür aufsperret, und gar selten eine ganz allein ist, sondern mehrestentheil eine Begleitschaft vieler andern mit sich führt – wie dann jene Mörder dem armen Tropfen, welcher von Jerusalem nach Jericho gereist, nit nur eine, sondern gar viel Wunden versetzet; also war die Seel des Judä nicht nur mit einer Sünd, sondern mit mehrern durch die höllische Mörder verwundet, und ist gar glaublich, daß er ein unverschamter Lügner zum öftern sey gewesen, massen das Lügen und Stehlen also nahe be freund't seyn, wie Jakob dem Esau, und stehet denen diebischen Händen niemand besser an die Hand, als die verlogene Zung. – Wann gutwillige Leut etwann ein heiliges Almosen Christo dem Herrn vorgestrecket, hat er jedesmal solches Geld ungezählt dem Judä eingehändiget. So ihn nachmals der Petrus oder Joannes oder ein anderer Apostel befraget, wie viel dieser oder jener Herr hab gespendirt, da hat mehrestentheil der saubere Judas weniger angesaget, und also im Lügen gar nicht schamroth worden. Auch hat dieser verstohlene Kassier gar oft Geld in das Haus gebracht, und da ihn Christus sein Meister gefraget, wo er sey gewesen, hat er gleich eine [110] batzete Lug aus dem Aermel geschütt', sprechend, er habe einen Kranken besucht. Mann er allzeit hätte eine Maultasche (nach dem deutschen Sprichwort) müssen aushalten, so oft er gelogen, ich halt davor, der Dieb wär selten ohne geschwollene Backen gewest.

Viel schöne Musik in vielen Orten, von vielen Leuten, an vielen Freuden-Festen, mit vielen Instrumenten seynd gehalten worden im alten Testament, also bezeugt es die hl. Schrift selbsten. 2 Kön. 6, 1 Chron. 13 u. 14, 16. u. 25.; 2 Chron. 5 u. 29.; Judith. 16. Bei dieser erschallenden Musik hat man hören lassen die Trommel, aber nie eine Pfeife, die Posaune, aber nie eine Pfeife, die Leier, aber nie eine Pfeife, die Zinken, aber nie eine Pfeife, die Zithern, aber nie eine Pfeife, die Zimbaln, aber nie eine Pfeife etc., außer ein einigsmal, wie der stolze und übermüthige Nabuchodonosor ein guldenes Bild hat aufgericht, und bei dieser Solennität seine Vasallen mußten erscheinen und diesen guldenen Götzen anbeten mit gebogenen Knieen. Dazumalen hat man neben andern musikalischen Instrumenten auch die Pfeife genommen, sonsten nie. Aber gar recht damals die Pfeifen; denn es war gar eine hässige Lug und unverschamte Lug, daß dieser guldene Trampl ein Gott [111] sey; deswegen ist gar recht beschehen, daß man darzu pfiffen hat.

Wann einer der Zeiten zu einer jeden Lug pfeifen sollte, so müßte einer jederzeit ein gespitztes Maul machen; denn kein Land, kein Stand, keine Wand, wo man nit der Wahrheit eine Schmitze gibt. Es seynd der gered'ten Lugen, der geschriebenen Lugen, der gemalten Lugen, der druckten Lugen, der gstochnen Lugen, der gschnitzleten Lugen, der gsungen Lugen, der deutschen Lugen, der lateinischen Lugen, der spanischen Lugen, der französischen Lugen, der polnischen Lugen, der ungarischen Lugen, der großen Lugen, der kleinen Lugen, der mittelmäßigen Lugen, der höflichen Lugen, der groben Lugen, der verschmitzten Lugen, der plumpen Lugen, der gemeinen Lugen, der neuen Lugen, der alten Lugen, der frischen Lugen, der wochentlichen Lugen, der täglichen Lugen, der stündlichen Lugen, der geschwinden Lugen, der langsamen Lugen, der Stadt-Lugen, der Markt-Lugen, der Dörfer-Lugen, der Schloß-Lugen, der Haus-Lugen, der Zimmer-Lugen, der Tisch-Lugen, der Nacht-Lugen, der Tag-Lugen, der Gassen-Lugen, der Winkel-Lugen, der Männer-Lugen, der Weiber-Lugen, der Kinder-Lugen, der Herren-Lugen, der Frauen-Lugen, der Diener-Lugen, der Menscher-Lugen so viel, so viel, daß, wann man von einer nur[112] einen Pfenning Mauth sollt' ablegen, in kurzer Zeit ein so häufiges Geld gesammlet würde, als der weltkundige Krösus in seinem ganzen Reichthum gehabt; ja sogar redet der Psalmist David: Omnis homo mendax: »daß alle Menschen Lügner seyn.« Etwann will der gekrönte Prophet sagen, daß kein Stand ohne Lug?

Reden die Edel-Leut allzeit die Wahrheit? Nicht allezeit. Es ist zwar kein Laster, an welchem ein edles Gemüth einen größern Abscheu trägt, als an der Unwahrheit. Josue schickt in die Stadt Jericho zwei Ausspäher oder Kundschafter, welche ihre Einkehr genommen bei einem gemeinen Weib. Es ist dieß schon ein alter Soldaten-Brauch. Wie das dem König dieser Stadt zu Ohren kommen, schickt er alsobald einige Quardia, welche diese zwei Israeliten sollen gefänglich einziehen. Wie nun diese vor das Haus kommen und das Weib Rahab anstrengten, sie soll sagen und zeigen, was sie für saubere Gäst habe – die Rahab hatte vorhero diese zwei Männer ganz unter dem Dach verborgen und sie mit vielen Stopplen und Flachs zugedeckt – sagte also des Königs Leuten: ja ich bekenne es, sie seynd zu mir kommen, aber ich wußt nicht, von wannen sie waren. Num. 1 Lug. Und da man in der Finster das Thor gesperret, gingen sie auch hinaus. Num. 2 Lug; dann sie waren unter dem Dach. Ich weiß aber nit, wohin sie gangen [113] seynd. Num. 3 Lugen; dann sie wußt's nur gar zu wohl. Jagt ihnen eilends nach, so werdet ihrs ergreifen! Num. 4 Lugen; dann sie sahe es wohl, daß sie sie nicht würden ertappen. – Dieses Weib hat haupt lügen können, gar nicht angestoßen mit der Zung, noch weniger roth worden; denn sie war ohnedas ziemlich unverschamt.

Es ereignete sich fast eine gleiche Begebenheit mit dem Loth. Bei ihm haben gleichmäßig zwei Gäst einkehret. Die muthwilligen Sodomiter wollten kurzum die zwei heraus haben, oder sie stürmen ihm das Haus. Was thut der ehrliebende Herr Loth? etwann hat er auf gleiche Weis aufgeschnitten und die Gäst verläugnet? sey es um eine Lug hin oder her, es wird deßwegen das Zahnfleisch nicht geschwellen; es ist ja besser geläugnet, wann man auch sollt dem Teufel ein Ohr abschwören, setze er gleichwohl hernach eine Perücke auf: wann mans sollte bestehen, daß diese also wohlgestalten Jüngling' noch im Haus seyn, was Schad und Schand und Schindthaten würden entstehen? Nicht dergleichen hat der gewissenhafte Loth hören lassen, sondern er hats redlich bekennt: Ja, ja, meine lieben Brüder, ich läugne es nicht, ja, ja, sie seynd bei mir, aber ich bitt euch um Gottes willen, thut das Ding nicht! Warum hat denn jenes Weib gelogen und geläugnet, geläugnet und gelogen untereinander, nacheinander, übereinander; der Loth aber blieb bei der Wahrheit auch in höchster Gefahr? Darum, merken's Euer Gnaden Ihr Herren [114] Edel-Leut etc., die Rahab war ein schlechtes Rabenvieh, ein gemeines Weib, deßwegen schamt sie sich nicht des Lügens; aber Loth war ein Edelmann von großem Geblüt, von stattlicher Casada, darum wollt er auf keine Weis' mit Lugen umgehen! Pfui! Mendacium est vitium servile, spricht Sophocles.

Es ist wahr, vor diesem hats geheißen: ein Mann, ein Mann, ein Wort, ein Wort; was man dazumalen versprochen, ist unveränderlich gehalten worden; zur selben Zeit hat eine Parole mehr Glauben gehabt, als anjetzo pergamentne Brief, woran die Siegel hangen, wie Bandelier an einem Soldaten. Bei etlichen Edel-Leuten, nit bei allen, ist die Parola eine Parabola worden, und ist zuweilen sogar nit ein papierenes Häusel, welches die Knaben auf das Krippel setzen, darauf zu bauen. Parola Pater, ich will mich einstellen! Parola Meister, die andere Woche sollt ihr das Geld haben! Parola Kaufmann, in vierzehn Tagen soll alles pr. Haller, pr. Pfenning bezahlt [115] werden! Der Kaufmann verläßt sich darauf so fest, gleichsam als auf die 14 Nothhelfer; der Meister hofft darauf mehr, als die Israeliten auf das guldene Kalb; der Pater wartet darauf, wie Moses auf das gelobte Land; aber der erste, der andere, der dritte werden bisweilen zugericht, als wie des alten Tobiä seine Augen von den Schwalben (vulgo beschmissen). Es geschieht zuweilen, daß ein Weib einen Knäul Seide abwind't und find't inwendig ein Papierl, worauf die Seide gewunden worden, eröffnet solches aus angenaturtem Fürwitz, schaut, liest, find't, daß es ein altes Auszügel von einem Kaufmann: also in der Wahrheit stecket bisweilen unter sammeten und seidenen Kleidern auch ein Auszügel, daß man solchen noch schuldig ist, welche sich so fest auf die Parola verlassen. Weßwegen ich für gewiß gehört, daß der Kredit sey mit Tod abgangen, und allem Sagen nach, so habe ihm Parola mit Gift vergeben. Die Rubricä des Missals setzen alle Sonntag in der heil. Meß ein Credo: aber bei dem jetzigen Welt-Lauf findet man weder am Sonntag, weder am Werktag einCredo, und hört man fast täglich: dieser und jener hat keinen Kredit mehr bei mir, denn er hat mit seinen Worten nit zugehalten.

Reden die gelehrten Leut allzeit die Wahrheit? Nit allzeit. Es soll zwar nichts wenigers als eine Lug einem gelehrten Mann auf die Zung kommen.Jonas der Prophet bekommt von dem [116] allmächtigen Gott einen scharfen Befehl, er soll unverweilt sich in die Stadt Ninive begeben, daselbst mit allem Ernst predigen, daß nach verflossenen 40 Tagen die Stadt wegen allzugroßen Lastern werde zu Grund gehen. Nachdem nun der Prophet wegen seines Ungehorsams in das Meer gestürzt worden und alsdann nach ausgestandenem Arrest in dem Wallfisch wieder ganz wunderlich auf das Land kommen, also hat er ganz eilfertig den göttlichen Befehl vollzogen, auf allen Gassen der Stadt Ninive ihren erbärmlichen Untergang nach 40 Tagen verkündiget. Weilen aber der König sammt dem Adel und Bürgerschaft zur Buß geschritten, und also der erzürnte Gott hierdurch wieder versöhnet worden, also ist aus der bedrohten Straf und Untergang nichts worden, welches dem Propheten Jonä dergestalten zu Herzen gangen, daß er ganz traurig herum gangen, ja endlich ganz unwillig wider Gott selbsten gemurret. Herr, sagt er, auf solche Weis' will ich lieber todt als lebendig seyn. Gemach, mein grändiger Jonas, sonst wird man von dir sagen, du seyest im Wallfisch ein anderer Fisch worden, den man insgemein den größten Fisch nennet, dann sein Kopf in Holland, und sein Leib bei uns heraus! gemach, mein Prophet, du sollst dich lieber erfreuen, als trauren, daß der schönen Stadt die göttliche Justiz verschont hat! – Ihr habt gut reden, spricht er, ich will halt noch einmal lieber todt als lebendig seyn: anjetzo werden mich die Leut' einen Lügner heißen; die Kinder auf der Gasse werden mich [117] einen Maulmachee nennen; die Menscher bei dem Brunnen werden meiner spotten, daß ich ein falscher Prophet sey; die Burger vom Fenster herab werden mich einen Aufschneider tituliren, wer weiß, ob nicht gar einen verlogenen etc. die Weiber mich schelten werden! Lieber, lieber – sags noch einmal, lieber will ich todt seyn, als daß man mich für einen Lügner sollte halten und ausschreien! mich, der ich ein Prophet bin, mich, der ich allzeit einen guten Namen gehabt, mich einen Lügner? Pfui! Melior est mihi mors, quam vita.

Es stehet freylich wohl nicht rühmlich bey einem gelehrten Mann, so er mit Unwahrheit umgehet, massen der Prophet David im 5ten Psalm den Rachen eines Lügners einem offnen Grab vergleicht; denn gleichwie solches abscheulich mufft und stinkt, also stinkt nit weniger eine Lug aus einem Menschen; darum man insgemein pflegt zu sagen: Es ist erstunken und erlogen. Nichts desto weniger seynd deren viele anzutreffen, welche oft sowohl mündlich, als schriftlich mehr Lugen zusammenbinden, als der Samson vor diesem Fuchs-Schweif' auf denen philistäischen Feldern, deren gleichwohl dreihundert waren. Absonderlich spürt man solches in denen neuen Zeitungen. Wann ich so viel Ziegelstein hätte, als Lugen nur in diesem Kriegs-Lauf seynd aufgebracht worden, so getraute ich mir einen babylonischen Thurm aufzubauen, und um ein Garn höher, als derselbige war, so von denen Nemrodianeren ist aufgericht worden, welcher gleichwohl 4000 Schritt, [118] das ist, eine ganze deutsche Meile hoch war. Jener ungerechte Haushalter, von dem der h. Evangelist Lukas am 16ten meldet, hat denen Schuldnern seines Herrn befohlen: einer solle statt hundert Tonnen Waizen 50 schreiben, ein anderer anstatt hundert Malter Waizen soll 80 setzen; das waren s.v. geschriebene Lugen. Bey der Zeit ist man noch weniger scrupulos im Zeitungschreiben; dann man gar oft anstatt 100 pflegt 1000 zu setzen, oder anstatt 1000 nur 100. Man hat es sehr genau zusammen gezogen aus den Zeitungen, daß durch diese zwei Türken-Krieg über die neunmal hundert tausend Türken sollen geblieben seyn. Wie viel seynd da O oder Nulla zu viel? das heißt ja in dem Vocativo ô Mendacia! Wenig fürwahr, ja wohl gar kein Isaias ist der Zeit mehr zu finden, der also heilig und heiklicht mit der Wahrheit ist umgangen, daß er dem bösen, höllischen Feind, so in dem Kerker ihn zu einer Lug angereizt, ganz beherzt geantwortet, daß er tausendmal lieber wölle sterben, als eine einzige Unwahrheit reden.

Reden die Kaufleut' allzeit die Wahrheit? Gar selten. Der h. Salvianus schreibt Buch 4. de Provid. etwas lateinisch von den Kaufleuten, welches ich mir nit getraue in das Deutsche zu übersetzen: Quid aliud est vita Negotiatorum omnium, nisi meditatio doli et tritura mendacii? das ist: »Die Kaufleut handeln mit vielen Waaren, aber mit desto weniger Wahrheit.« Der Teufel als ein Vater der [119] Lugen, wie er das verbotne Confect im Paradies feil boten, hat schon in diesem Handlen zwei große Lugen eingemischt, indem er die Waar gar zu stark gelobt, sprechend und versprechend, der Apfel werde sie zu Götter machen: das war eine große Lug. Wann sie ihn sollen essen, so werden sie nicht, wie ihnen Gott gesagt, sterben: das war eine größere Lug nequaquam moriemini! Ey du Nequam mit deinem nequaquam! Ohne Lügen werden die Kaufleut' gar selten ihre Waar' anwehren. Wie die sauberen Brüder ihren Joseph verkauft, da hat's viel Lügen und Betrügen abgesetzt. Zu Vermäntlung ihrer Missethat haben sie den Rock des Josephs in ein Bock-Blut eingetunkt, und solchergestalten dem alten Vater nach Haus geschickt mit trauriger Erinnerung, daß ihr Bruder von wilden Thieren zerrissen worden und gefressen. Das war eine plumpe Lug, die hat man können mit Händen greifen; denn der Rock war ganz, und diese schlimmen Gesellen geben vor, ein wildes Thier habe ihn zerrissen und gefressen, das brauchte des Pfeifens. Wie kann ein wildes Thier einen Menschen zerreißen und aufzehren, wann das Kleid ganz verbleibt? Die Kaufleut' können weit besser und verschmitzter lügen, ihre Lugen sehen der Wahrheit so gleich, wie die Wölfinn dem Wolfen; ihre Lugen messen sie nach der Elle aus, ihre Lugen wägen sie mit der Wag' aus. Wann ich so viel Bretter hätt, als Lugen geschehen auf einem Jahrmarkt in einer vornehmen Stadt, ich [120] getrauete mir einen Zaun von lauter Brettern um ganz Brittanien zu führen.

Es ist Petrus nicht allein, der ganz gewissenlos hat aufgeschnitten, er kenne Jesum von Nazareth nicht, und da man ihm dießfalls keinen Glauben wollte setzen, hat er es mit einem Schwur bekräftiget; sondern es seynd gar viel Handels-Leut' wie Petrus und Judas, mit dem Unterschied, daß Petrus nur einmal die Unwahrheit mit einem Schwur versieglet, aber bei etlichen Handels-Leuten ist es ganz gemein. »Der Teufel hol' mich, wann mich die Waar nicht selbsten mehr kostet! ich begehr nit selig zu werden, wann nicht die Waar ganz frisch ist! Gott weiß es, es ist erst einer da gewest, der hat mir um etliche Groschen wollen mehr geben! der Teufel führ mich hin, wann ichs nit zu Haus um den Werth kann versilbern etc.!« – Damit man nur theuer verkaufe, so seynd die Lugen spottwohlfeil.

Weit anderst war gesinnet und gesitt' die hl. Lidwina, von welcher folgends Wunder geschrieben wird: Zwei Männer zankten dergestalten miteinander in der Stadt, daß endlich die Sach' so weit kommen, daß einer aus diesen den Degen gezucket, in Willens, den andern zu ermorden, und weilen solcher sich mit der Flucht wollt erretten, also hat ihm derselbige mit großem Grimme nachgesetzet und gar getrieben in das Haus der hl. Lidwinä, woselbst er die Hausfrau, Namens Petronillam, als eine Mutter Lidwinä, befragt, ob dieser nit im Haus sey? Welche zu Erretung des andern Heils mit nein geantwortet. Der blutgierige Mensch dringt gar in das Kämmerl hinein, [121] allwo die hl. Lidwina krank gelegen, fragt sie, ob der Gesell nit da sey, er woll' ihm den Rest geben. Und als die hl. Jungfrau bekennt: ja, er sey da, so hat ihr die Frau einen harten Backenstreich versetzt, um weilen sie solches bestanden. Die hl. Lidwina sagte aber, sie wollte derentwegen nit lügen, dieweil sie der Hoffnung gewest sey, ihn mehr mit der Wahrheit, als mit der Lug zu schützen; wie es dann nit anderst geschehen, allermassen der Mensch ihm, der ihn gesucht, alleweil vor Augen gestanden, aber durch sonderbare göttliche Gnad unsichtbar gewest.

Reden die gemeinen Leut' allzeit die Wahrheit? Das gar nit; sondern auch bei denen gemeinen Leuten seynd die Lugen gemein. – Vor Zeiten haben sich die Bäume wunderlich gebogen: also zeigt man noch einen Baum bei Cairo, welcher sich bis auf die Erden niedergeneigt, wovon die Mutter Gottes etliche Früchte darvon abgebrocket, da sie in Egypten geflohen; derentwegen die verstockten Heiden diesen Baum umgehauen, so aber den andern Tag wunderlich wiederum ergänzter gestanden. Kurz vor ihrem gebenedeiten Hinscheiden ist die übergebenedeite Jungfrau Maria auf den Oelberg gestiegen, allda ihr eifriges Gebet zu verrichten, allwo sich das große Wunder ereignet, daß alle Bäum' desselben Orts sich bis auf die Erde haben gebogen und eine solche Reverenz ihr erwiesen, indem doch oft mancher grober Block kaum ein halbes Knie in der Kirche bieget. Wie das heilige Haus durch englische Händ in das recanatische [122] Gebiet, welches dazumalen einer edlen Frauen Namens Lauretta gehörig war, mit größtem Wunder getragen worden, da hat sich ein ganzer Wald gegen das heilige Gebäu geneiget, und nachmals also gebogner verharrt. Wie man dann noch vor dreißig Jahren dergleichen höfliche Bäume angetroffen: Die selige Rosa, aus dem Orden des heiligen Dominici, pflegte täglich in aller Frühe in den Garten zu gehen, daselbst ihren Gott zu loben. So hat man aber mehrmalen beobachtet, daß, wann sie mit inbrünstigem Eifer folgenden Versicul aus dem Psalm gesprochen: Benedicite universa germinantia in terra Domino etc., sich also balden die Bäume angefangen zu bewegen und bis auf die Erd' sich zu bucken. Es haben sich also vor diesem die Bäume durch ein Wunderwerk gebogen; aber jetziger Zeit lügt man also, daß sich die Bäume durch ein Wunderwerk möchten biegen.

Man hat es jenen Kundschaftern, welche Josue in das gelobte Land geschickt, sehr für übel gehabt, daß sie also grob aufgeschnitten, indem sie spöttlich vorgeben, daß sie in gedachtem Land haben Leut' und Männer angetroffen, welche einer so ungeheuren Größe waren, daß sie gegen ihnen wie die Heuschrecken anzusehen. Pfeif! das heißt aufgeschnitten. – Aber jetzo trifft man nit wenig unverschamte Gesellen an, welche noch häufiger und heftiger lügen, und nit allein große und grobe Lugen in 4to, sondern in Folis auftragen.

[123] Pfui! Einer erzählte, wie daß er vor etlichen Jahren, da er in die Länder gereist, habe er in Indien eine Krautstaude gesehen, welche so groß war, daß gar füglich darunter 300 Mann stehen konnten. Einer aus den Zuhörern konnt sich nicht genug über diesen Transchirer verwundern; sagt also, er habe in Brittanien gesehen einen Kupfer-Kessel machen, woran zweihundert Gesellen gearbeitet, und ist doch einer von dem andern so weit gestanden, daß er ihn gar nit klopfen gehört; das war ein großer Kessel! Je, je, sprach der andere, zu was brauchte man diesen großen Kessel? Dieselbe große Krautstaude, die er in Indien gesehen, darinn zu kochen, und verweist ihm also sein unverschamtes Aufschneiden.

Ein anderer gab für eine gewisse Wahrheit aus, daß er in Westphalen habe einst in einem Wirthshaus einkehret, in der Nacht-Herberg, worinnen auch andere nasse Bursch sich aufgehalten. Unter andern waren auch daselbst zwei Fleischhacker, welche bei der Nacht also geschnarcht, daß einer mit dem Schnarchen die Kammer-Thür habe aufgemacht, der andere mit seinem Schnaufen dieselbe Thür wieder zugezogen, und dergestalten die Thür die ganze Nacht auf-und zugangen. Pfeif! Das heißt aufgeschnitten.

Ein anderer hat ausgeben, daß er Anno 1632 auf dem Meer habe ein Unglück ausgestanden, indem das überladene Schiff von denen ungestümmen Winden gescheitert und folgsam Alles zu Grund gangen; er[124] aber, als des Schwimmens wohl erfahren, sey fünf welche Meil' unter dem Wasser geschwommen und beinebens drei Pfeifen Taback unter dem Wasser ausgetrunken; also behutsam mit der glühenden Kohle umgangen, daß sie ihm nicht erlöscht! Pfeif! Das heißt aufgeschnitten. Pfui!

Ein anderer sagte, es habe ihm einmal ein Wildschwein im böhmischen Wald also nachgestellt, daß er endlich gezwungen worden, sich hinter einen Baum zu fliehen; das Wildschwein aber sey also stark an den Baum angeloffen, daß es mit den Zähnen, oder auf weidmännisch zu reden, mit den Waffen durch und durch gedrungen. Dazumal habe er einen Bohrer bei sich gehabt, mit welchem er unverweilet durch die Waffen gebohret, und solchergestalten den Bohrer stecken lassen, daß sie also nit mehr konnte zuruck ziehen, sonsten wäre er seines Lebens nicht sicher gewest. Ein andersmal sey er über das hohe Gebirg Bononiä gereist zu höchster Sommerszeit, und habe daselbst auf höchstem felsigen Gebirg einen Fehltritt gethan, worvon er eine gute deutsche Meil' hinab gefallen, sich 2413 mal umkehret – dann er habs wohl gezählet – und doch nicht ein einziges venetianisch Glas gebrochen, deren er 36 in seinem Ranzen getragen. Der linke Fuß aber sey ihm etwas wenigs aufgeschwollen durch diesen Fall, welche Geschwulst er noch denselben Tag geendet mit einer Salbe, die er noch zu Bugiapoli in dem Chineser Reich um ein Spott-Geld habe erkauft. Di! so schneide!

Was kann doch zuchtloser und fruchtloser, was[125] kann doch lasterhafter und preßhafter, was kann doch ehrvergessener und lehrvergessener seyn, als ein solcher unverschamter Aufschneider! Wann der Mensch auch wegen eines einzigen unnützen Worts wird von der göttlichen Justiz gestraft werden, wie wird dann ein solcher Spott-Gesell und Zungendrescher bestehen? Wann der gebenedeite Jesus deßwegen eine so harte Maultasche und schmerzlichen Backenstreich vom Malcho empfangen, um weilen Adam im Paradies eine Lug gethan – dann auf eine Lug gehört eine Maultasche, also wollt der Heiland selbst solche für den Adam aushalten – so ist hieraus leicht abzunehmen, wie ein Lugenschmied die göttliche Majestät beleidige.

Reden die Burgers-Leut allzeit die Wahrheit? Hat sich wohl. Es seynd viel aus ihnen, welche nit also scrupulos seynd, wie der Samson gewest: Es möchten die Philistäer gern wissen, in wem doch die Stärke des Samsons hafte. Zu solchem End' haben sie die Dalilam, welche bei dem Samson sehr viel golten, mit Verheißung eines guten Beutel voll mit Dukaten ersucht, daß sie aus ihm obbenenntes Geheimnuß heraus forschen solle. Diese in Ansehung dieser stattlichen Rekognition liebkoset ihren Schatz also stark, daß er ihrs doch möchte vertrauen! welcher allzeit dreimal nacheinander ihr die Wahrheit gesagt. Endlich meine saubere Madame bekommt einen Verschmach, [126] fängt an zu pfnotten, wirft ihm vor, daß er so gar keine Manier brauche, das Frauenzimmer zu bedienen. Er stellt sich so ungereimt, er soll sich lieber in Finger beißen, als die mindeste Offensa einer Dama zufügen! Kurz von der Sach zu reden, er sey halt ein Lügner und ein lauterer Maulmacher. Holla!per tres vices mentitus es mihi! Das heißt das Lebendige getroffen. Diese Lob-Predigt will dem Samson nit gefallen, und gedachte also bei ihm selbsten: Entdecke ich ihr das Geheimnuß, so wird sie es unfehlbar denen Philistäern zutragen, und folgsam ist es um mein Leben geschehen; offenbare ich ihr es nicht, so muß ich es stets auf dem Teller haben, daß ich ein Lügner sey. Wie ist dann der Sach zu thun? ey so sey es, so will ich ehender lieber sterben und ihr die Wahrheit bekennen, als daß ich solle ein Maulmacher genennt werden!

Eines solchen ehrlichen Sinns seynd nicht alle Burger, zumalen viel wegen eines wenigen Gewinns sich nicht scheuen, eine Lug um die andere zu fesseln, wie eine Kette: Ich bestelle mir bei einem Maler die Bildnuß des hl. Pauli, welcher ein Haupt und Patron aller Prediger. Dieser Maler verspricht die nächst eingehende Woche das Bild zu verfertigen. Ich komm' die andere Woche, find' die erste Lug, indem die Leinwand noch nicht aufgezogen. Er entschuldigt sich mit diesem oder jenem, verheißt beinebens, so wahr er ein ehrlicher Mann sey, die andere Woche [127] soll ichs haben. Nun, me commendo. Ich erschein' die andere Woche und will meinen heiligen Paulum haben, find' aber den Faulum und keinen Paulum. Der Maler wendet wieder eine Entschuldigung vor: er hab schon angefangen, und weilen er entschlossen, einen großen Fleiß anzuwenden, also könne man auch die Sach' nit gleich blasen. Blasen! dacht ich, lieber pfeifen als blasen zu solchen häufigen Lugen. Auf St. Peters Tag die andere Woche gewiß, unfehlbar, Parola! kann mich darauf verlassen; ist nit vonnöthen, daß ich darum schicke, er will es selber bringen. Auf solche gegebene Verheißung verlaß ich mich, daß ich auf St. Peters Tag werde den heil. Paulum haben; dann diese zwei seynd ohnedas gern beisammen. In der Vigil des hl. Petri schicke ich spat Abends um meinen Paulum, so bekomm ich die Antwort: er sey schon gemalen, aber es gehe ihm das Schwert ab. Und dir, gedachte ich, geht das große Messer nit ab, du unverschamter Aufschneider! Mich daurete nichts mehreres, als daß der hl. Paulus, welcher allerseits die heilige und liebe Wahrheit geprediget, jetzt bei diesem Maler muß mit Lugen bestehen. Pfui, wie stark hat schon das Lügen eingerissen! Der hl. Paulus hat vor Zeiten die Kretenser Lügner geheißen: »Cretenses semper mendaces;« wann er der Zeiten noch bei uns lebte, so könnt' er manchem Bürger solche Laudes singen.

Reden die Bauersleut allzeit die Wahrheit?

[128] Nit allzeit. Der allererste Bauer in der Welt war der Kain; also bezeugt die hl. Schrift: Der Abel war ein Schafhirt, der Kain ein Ackersmann; aber kein wackerer Mann, indem er seinen Bruder aus Neid ermordet. Nach dieser vollbrachten Missethat erscheint ihm Gott der Allmächtige, fragend, wo sein Bruder Abel sey? Nescio, ich weiß nit, sagt und lügt der unverschamte Ackersmann. Seins Gleichen findet der Kain noch viel Brüder. Wann Verwalter und Pfleger sollten von einer jeden Bauern-Lug nur eine Arbes einnehmen, so würde ihre Kuchel an dieser Speis keinen Mangel leiden. Wie der hl. Julianus mit seinen Brüdern eine Kirch aufbaute, hat er vom Kaiser einen Befehl ausgewirkt, daß alle Vorbeireisenden ihm sollen helfen. Auf eine Zeit mußten etliche Bauren mit ihren Ochsen-Wägen denselben Weg nehmen: damit aber das grobe Gsindel nicht soll helfen, haben sie einen auf den Wagen gelegt, mit Kotzen überhüllt und ihm ernstlich befohlen, er soll sich todt stellen. Wie sie nun allbereits bei demselben Ort angelangt, hat sie alsobald der hl. Julianus gar höflich und freundlich ersucht, sie wollen ihm doch eine Stund schenken und etzliche Stein herzuführen. Diese Bauren, wohl rechte Lauren, entschuldigen sich, wie daß sie sich nicht können aufhalten, weilen sie einen Todten auf dem Wagen. Das ist eine schändliche Lug, sagt Julianus; pfui, schamt euch, Gott wird zulassen, was ihr vorgebt! Als nun diese schon ziemlich weit von dem hl. Juliano gefahren, so [129] zupfen sie den Gesellen, er soll aufstehen. Auf! auf! gelt wir haben den Pfaffen betrogen? auf du Narr von der Todten-Bahr! Dieser aber wollte keinen Gehorsam leisten wie der Lazarus zu Bethania, sondern zu einer Straf der unverschamten Lug ist er wahrhaftig todt gefunden worden.

Die Bauren werden ungezweifelt das Concept von denen Säuen verstehen: Es ist ja wunderlich, daß unser lieber Herr auf der Teufel ihre Supplication einmal einen so guten und hurtigen Bescheid geben, indem er sie angehalten, in die Schwein zu fahren. Ite! So hat ers ihnen alsobald erlaubet, aus Ursachen: sie haben kurz vorhero die Wahrheit geredet, daß nemlich Christus der Herr sey der wahre Sohn Gottes des Allmächtigen. Aus welchem dann die Bauren leicht können abnehmen, wie angenehm Gott dem Herrn die Wahrheit und wie abscheulich ihm die Lugen seyn.

Reden die Wahrheit auch die Weiber allzeit? O nit allzeit! Diese spicken mehr und öfter als andere; ich glaube, aus lauter Rachgierigkeit. Dann es ist auf eine Zeit in der Ante-Camera des Königs Darii diese Frag vorgetragen worden: welches doch das stärkste Ding in der Welt sey? Etliche sagten, der König Euer Majestät seyn der Stärkeste; andere vermeinten, der Wein sey das Stärkeste; die mehristen ließen sich verlauten, als sey das Weib das Stärkeste: welches ihr nicht ein wenig wohlgefallen, ja deßwegen einen hohen Geist [130] bekommen. Aber die Wahrheit hat ihr gleich die Federn gestutzet; dann durch endliche Gutheißung des Königs selbsten ist die Wahrheit für das Stärkste erkennt worden: Forte est vinum, fortior est rex, fortiores sunt muliebres, super omnia autem vicit veritas. Das hat dem Weib so verschmacht, indem ihr die Wahrheit vorgezogen worden, daß sie auf den heutigen Tag der Wahrheit Spinnenfeind ist. Sara war eine fromme, heilige, vollkommene Dama, welche bei Allen, von Allen, in Allem ist gepriesen worden; dennoch weiß man von ihr, wie sie einst hinter der Thür gelacht hat. Da ihr die Engel die fröhliche Zeitung gebracht, daß sie werde einen männlichen Erben in ihrem hohen Alter bekommen, hat sie das Schmutzeln geläugnet: Non risi, ich hab nit gelacht. Jener freche Schleppsack hat sich sogar getrauet in Gegenwart Salomonis spöttlich zu lügen, wie sie ihr Kind im Bett bei der Nacht erdrücket hat. Des Putiphars seine saubere Frau hat den Mantel des keuschen Josephs mit lauter Lugen gefüttert. Die Hebammen in Egypten haben meisterliche Lugen auf die Bahn gebracht, wormit sie den kleinen Moses bei dem Leben erhalten. Frau und Fraus vergleichen sich gar wohl, und ist oft kein Tag, kein halber Tag, keine Stund, keine halbe Stund, wo nicht manches Weib mit der Zunge also [131] stolpert, daß, was sie redet, für gut leonisch kann gehalten werden. Was Markt-Lugen, was Zimmer-Lugen, was Kuchel-Lugen, was Zecker-Lugen, was Kinderlugen etc. findet man bei manchem Weib, absonderlich bei denen Wittiben! Das erste Wort nach dem Tod ihres Mannes ist mehrmalen nit wahr; dann fast eine jede läßt sich verlauten, sie wolle nit mehr heirathen; unterdessen ist sie eine Wittib auf hebräisch, Almanach, oder besser geredet: allen Mannen nach.

Reden die Bettel-Leut' allzeit die Wahrheit? Diese gar selten. Jener Bettler auf dem Weg, welcher von dem gebenedeiten Heiland das Gesicht wunderbarlich erhalten, war in der Wahrheit ein recht blinder Tropf. Aber man trifft zuweilen lose Gesellen an, welche sich blind, krumm, lahm, stumm etc. nur stellen, als wie derselbe, der sich etliche Jahr ganz stumm gestellt, und stunde seine beste Beredenheit in dem Glöckl. Als er einsmal von einem Herrn befragt worden, wie lang er schon stumm sey, so hat er sich vergessen und folgsam deutlich geantwortet: Herr, es seynd schon 6 Jahr. Von dem hl. Einsiedler Isaak wird geschrieben, daß einmal etliche schlimme Gesellen ihre guten Kleider ausgezogen, dieselbe in einen hohlen Baum versteckt, nachmals ganz zerrissen und zerlumpt dem hl. Mann zugetreten, ihn mit weinenden Augen und aufgehobenen Händen wehmüthig gebeten, er wolle sich ihrer erbarmen und etwann mit einem Kleid verhilflich seyn, damit sie [132] gleichwohl den bloßen Leib in etwas verhüllen und zudecken möchten! Ja, ja, sagt der alte Tättl, gar gern, ihr seyd gar arme Tropfen, es hat sogar der Haderlumpen bei euch nichts zu finden. Ja, ja, ich will euch schon versehen. Schafft demnach seinem jungen Einsiedler und sagt ihm in die Ohren, er soll hingehen (dann der hl. Mann war von Gott schon erleuchtet) an dasselbige Ort, in einem hohlen Baum werde er Kleider finden, diese soll er fein schleunig herbei bringen! Der fromme Discipul vollzieht den Befehl seines heiligen Vaters, gehet, find't, trägt, bringt die besten Kleider, und waren just dieselbigen, so diese losen Leut verborgen, welche dann der hl. Isaak mit sondern Freuden ihnen gspendiret; sie aber nicht ohne Schamröthe haben ihre eigne Kleidung angenommen und jedweder wiederum in seine vorigen Hosen geschloffen. – Solches Glifters schlimme Bursch findt man allenthalben, welche sich arm und armselig stellen und mit lauter Lugen das hl. Almosen erpressen. Vor wenig Jahren ist bei einer berühmten Wahlfahrt in Unter-Oesterreich ein Bettler gestorben, welcher viel hundert Gulden baares Geld hinterlassen. Dieser hat kurz vor seinem Tod in Gegenwart eines Kapellans vielmal aufgeschrieen: O wie brennt's, o wie brennt's, o wie brennt mir das Herz ab! Als er deßwegen befragt wurde, gab er die Antwort: Es brennt, es brennt mich das Almosen, welches ich ohne Noth gesammlet und mich gar leicht mit der Hand-Arbeit hätt' erhalten können. Dieses Almosen brennt mir das Herz ab. O wie brennt's! Es ist nit ohne, daß viel arme, nothleidende, presthafte [133] Lazari auf der Gasse und Straße angetroffen werden, deren sich ein Christen- Gemüth erbarmen soll, aber viel in Müssiggang erzogenes Lotter-Gesind lügt und betrügt die Welt. Der hl. Petrus hat einmal einen lahmen und elenden Menschen bei der Porte des Tempels zu Jerusalem in dem Namen Jesu gesund gemacht, und gerad jetziger Zeit machen sich die krummen Bettler oft selbst ohne Miracul, dann bei dem Tag kriechen sie zuweilen auf allen Vieren, hüpfen mit Stelzen, hinken mit Krücken, tappen mit Stecken, und wann sie zu Nachts in die Herberg kommen bei einer guten Bettler-Zech, seynd sie gesund und grad: ist also zwischen mendacium und mendicum ein kleiner Unterschied.

Omnis homo mendax: »Es ist halt kein Stand ohne Lügen.« Die allererste Sünd der Kinder ist das Lügen. Sogar der geistliche Stand, der doch mit aller Vollkommenheit prangen soll, ist nie gar frei von den Aufschneideren. Der heilige Evangelist Joannes als ein Geistlicher ist so genau auf die Wahrheit gangen, da er die Stund beschrieben, in welcher der Heiland mit dem samaritanischen Weibel bei dem Brunnen geredet: Indem dazumalen der Uhrzeiger schon auf dem ersten Strichel gestanden, hat er ihm nicht getrauet zu schreiben: Es war die 6te Stund, sondern,Erat hora quasi sexta: »Es war um die 6te Stund.« So scrupulos war Joannes gewest, damit er die Wahrheit im mindesten nicht beleidige. Seines Gleichen findet man dießfalls gar wenig. [134] Derselbe war es wohl nit, welcher dem englischen Doctor Thomä von Aquin vorgelogen, daß dort droben ein Ochs in der Höhe fliege, und weilen Thomas derentwegen seine Augen in die Höhe gewend't, also hat ihn der andere ausgehöhnet, sich beinebens verwundert, daß er als ein so berühmter Lehrer möge so einfältig seyn und glauben, daß ein Ochs fliege. Pfui! Thomas der Apostel hat so langsam geglaubt, und ihr Thomas von Aquin glaubt so geschwind, ein Ochs soll fliegen! Ja, sagt der heilige Mann, ich hab ehender geglaubt, daß ein Ochs soll fliegen, als ein Geistlicher lügen.

So ist dann allerseits die liebe und guldene Wahrheit noch ganz frisch, ganz neu, als wäre sie erst von denen Händen Gottes verfertiget worden. Darum aber ganz neu, denn man braucht sie selten; welches mit blutigen Zähern soll beweint werden, massen hieraus sattsam erhellet, daß unser lieber Herr wenig bei uns gilt, indem er selbsten die Wahrheit ist. Ego sum veritas. Wessenhalben er auch nackend und bloß am Kreuz wollen sterben, dardurch uns zu lehren, die Wahrheit muß nicht verdecket, vermantlet, verhüllt, verblümlet seyn, sondern bloß. Es hat die Martha eine heiklige Nase gezeiget, wie unser Herr hat ihren Bruder wollen von dem Tod auferwecken, indem sie gesprochen: Domine, Herr, jam foetet, er stinkt schon! Schöpfen wir Adams-Kinder einen Grausen an allen demjenigen, was da stinket; pfui! und ein lauteres Pfui ist eine Lug. Was ist doch [135] Wilderes, als wann man sagt, es sey erstunken und erlogen? ja pflegt doch ein jedweder bescheider Mensch jedesmal das Salva venia, das Reverenter hinzu zu setzen, so oft er das Wortl Lug nur ausspricht. Warum solle es uns nit absonderlich darob grausen? Liebster Leser, ich sag die Wahrheit und lüge nit: du werdest sehen, wie scharf der gerechte Gott in jener Welt die einige Lug strafen wird; ist also besser, anjetzo im Lügen feiren, als dort im Feuer liegen!

Judas Iscarioth ist allweg auch ein sonderer Lügner gewest in seinen Werken, zumalen er äußerlich ganz heilig scheinte, und hat ihn das Volk so vollkommen, so heilig geschätzet, als etwann einen Petrum oder Joannem; ja er konnte also meisterlich seine geheimen Laster verhüllen, daß unter den hl. Apostlen nit einer gewest, so nur einen üblen Argwohn hätte von ihm geschöpfet; sogar auf die Letzt, da der gebenedeite Herr bei dem hl. Abendmahl ziemlich deutlich geredet hat von einem Verräther, wollte es noch keinem Apostel einfallen, daß Judas dieser verwegene Bösewicht sollte seyn. Deßwegen Petrus gefragt, Herr bin ichs? Joannes gefragt, Herr bin ichs? Jacobus ingleichem, Herr bin ichs? Einer nach dem anderen ehender geforchten von seiner eignen Person, als von Juda Iscarioth.

So ist dann nit alles Gold, was glänzet. Es heißt öfters: ficta nòn facta: auswendig süß, einwendig Spieß; auswendig Hui, einwendig Pfui; [136] auswendig ein Kuß, einwendig ein Verdruß; auswendig Hönig, einwendig höhnisch; auswendig Ave Rabbi, einwendigAve Rabenvieh; auswendig mein Schatz, einwendig daß dich der Teufel kratz; auswendig lieb, einwendig ein Dieb; auswendig ein Frater, einwendig ein Verräther; auswendig ein Lamm, einwendig ein Abfaum; auswendig Reverenz, einwendig reverenter etc.; auswendig andächtig, einwendig verdächtig; auswendig ein Christ, einwendig ein Atheist; auswendig Religios, einwendig Vitios; auswendig ein Pastor, einwendig ein Impostor; auswendig eine Fackel, einwendig eine Makel; auswendig sein, einwendig ein Schwein; auswendig geziert, einwendig beschmiert; auswendig ein Engel, einwendig ein Bengel. Ficta non facta.

Die Babylonier hatten vor diesem einen Abgott mit Namen Bel, von welchem die Götzen-Pfaffen ausgeben, daß er alle Tag 12 Malter Semmel, 40 Schaf und 6 Krüg Wein verzehrt. Daß ihms der Teufel gseng! Der von Gott erleuchte Prophet Daniel hat endlich dem König den Betrug entdecket, wie [137] daß diese Kost nicht sey für diesen falschen Gott, sondern für die Götzen-Priester, welche durch einen heimlichen Eingang bei nächtlicher Weil' in den Tempel einschleichen und nachmals mit vollem Magen und schmutzigem Maul in der Still hinweg gehen. Sagte beinebens der hl. Jüngling dem König: Ne erres Rex: Euer Majestät lassen sich doch nit verführen und also bethören; »dieser Gott ist einwendig von Leim und auswendig von Erz.« Solchem Abgott ist ein Gleißner nie unähnlich, zumalen er auch auswendig besser scheint, als er einwendig ist. Die Pharisäer und Schriftgelehrten waren über solchen Leist geschlagen. Diese Gesellen stellten sich, als wären sie heilig, über und über heilig. In dem Tempel haben sie öfters etliche Stund nacheinander gebetet, dem Schein nach so innbrünstig und eifrig, daß sie mit ihrer Innbrunst ein Stroh-Dach gar leicht hätten angezündt. Sie haben untenher an dem Saum der Kleider stechende Dörner eingemacht, welche sie nit wenig verwund'ten. Auweh! hats geheißen bei den Juden, der, der ist ein heiliger Mann! Ein mancher ist mit untergeschlagenen Augen daher getreten, daß ihm dießfalls die Schwalben des alten Tobiä keinen Schaden hätten können zufügen. Schaut, schaut, der ist gar ein Engel! Jener hebte immerzu die Augen in die Höhe und stellte sich, als wäre seine Seel in der Audienz bei Gott. O mein Gott! dieser ist wohl ein großer Heiliger! Haben also das gemeine Volk dergestalten bethört, daß es der gänzlichen Meinung worden, diese Leut' seynd alle heilig; derentwegen viel Gut und Geld ihnen angehängt. Ja etliche fromme [138] Wittiben, die weder Freund noch Kinder hatten, thäten öfters ihre ganze Habschaft ihnen überlassen in dem Testament. Unterdessen waren diese die allergrößten Schelmen, welche mit lauter Schmeichlerei und solcher Gleißnerei die armen Leut betrogen. Diesem bösen Gesind, schlimmen und falschen Vöglen war der Herr Jesus also feind und mißgünstig, daß er ihnen öfters ihre Heuchlerei und Gleißnerei vorgerupfet, und kein Laster also gehasset, gleichwie dieses. Dann der hl. Evangelist Matthäus in dem 23sten Kapitel registrirt, daß der Herr diesen Gleißnern allemal öffentlich mit dem Vae vobis, Wehe euch! gedrohet.

In dem alten Testament hat der allmächtige Gott etliche Thier für unrein erkennt. Unter anderen war auch der Schwan; dessen sich wohl zu verwundern. Denn ja ein großer Unterschied zwischen Schwanen und Schweinen, massen das Schwein in Koth- und Mist-Lachen sich herum wälzet und sich mit Speisen füllet, woran alle Thier ein Grausen schöpfen; aber ein Schwan trotzet Farb halber mit dem Schnee, hat seinen Aufenthalt in dem klaren Wasser, hasset alle garstige Art, und soll gleichwohl unter die unreinen Thier gezählt werden? Ein Schwan spendiret seine Federn, mit welchen die höchsten und vornehmsten Monarchen zu schreiben pflegen – und er soll gleichwohl in so geringer Aestimation seyn? ein Schwan wird kurz vor seinem Tod, indem er die ganze Zeit seines Lebens das Silentium gehalten, [139] ganz annehmlich und süß anfangen zu singen, und also ein Sinnbild des frommen Menschen, welcher mit Freuden von hinnen scheidet und soll dieser schönste Vogel dannoch unter die unreinen Thier gezählet werden? So ist ja ein Schwan säuberer als ein Schwein, und ein Schwein weit garstiger als ein Schwan, und dannoch soll ein Schwan sowohl als ein Schwein für unrein gehalten werden? Ja, ja, nit anderst, bei Gott gilt der Schwan nichts, und zwar der Ursach halber: dieser Vogel ist Federn halber schneeweiß, aber einwendig ganz schwarz im Fleisch, und also eine Abbildung eines Gleißners, welcher sich auswendig in seinen Gebehrden ganz heilig stellt, und beinebens in dem Herzen ganz heillos ist. Vae vobis Hyppocritae!

Wehe dem, so sich auswendig stellt wie ein Joannes und einwendig wie ein Herodes, nicht ungleich einem Grab, welches äußerlich mit einem aus schönem Marmel und Alabaster polirten Stein pranget, entgegen einwendig einen stinkenden Todten-Körper oder etliche dürre Beiner hat! Wehe dem, der sich auswendig stellt wie ein Abel, einwendig aber ist wie ein Kain, nit ungleich denen Apotheker-Pillulen, so auswendig vergult, einwendig aber bitter und gräuslich! Wehe dem, der sich äußerlich stellt wie ein Jakob, und aber in dem Herzen ist ein Esau, nicht ungleich dem faulen eichenen Holz, welches nächtlicher Weil in einem Winkel scheint wie ein Feuer, und ist beinebens nur ein zermodertes, faules, wurmstichiges[140] Hölzlein! Wehe dem, der sich äußerlich zeigt wie ein Elias, aber im Gemüth ist ein Achab, nit ungleich einem Misthaufen im Winter, welcher auswendig auch mit einem weißen Kleid überzogen, doch einwendig voller Unflat! Wehe dem, der sich äußerlich zeigt wie ein Mardochäus, und aber in dem Herzen ist ein Amman, nicht ungleich denen sodomitischen Aepfeln, welche von außen schön roth, aber einwendig nichts als eine stinkende Asche! Wehe dem, welcher sich äußerlich zeigt wie ein Abraham, und doch im Gemüth ist ein Abimelech, nit ungleich dem vermaledeiten Feigenbaum, so auswendig mit bloßen Blättern prangte, und beinebens ohne Frucht! Wehe dem, der sich äußerlich zeigt wie ein Moses, und aber in dem Herzen ist ein Pharao, nicht ungleich einem Buch, das auswendig hat einen schönen Einbund mit einem vergulten Schnitt, einwendig aber die Lehr' eines Machiavelli. Wehe dem, der sich äußerlich zeigt wie eine Esther, und doch im Gemüth ist eine Vasthi, nit ungleich einer Apotheker-Büchse, auf dero bisweilen auswendig mit schönen guldenen Buchstaben gezeichnet und geschrieben Alkermes, entgegen einwendig [141] zu Zeiten nichts, als ein Spinnengeweb! Wehe dem, der sich auswendig stellt gottselig, aber einwendig ist gottlos! Wehe denen, welche sich auswendig für Geistliche ausgeben, einwendig aber Garstige sind! Wehe denen, welche sich äußerlich erzeigen wie ein Lämmel, innerlich wie ein Wolf, äußerlich ein Tauber, innerlich ein Rab'! Wehe allen Gleißneren!Vae vobis Hyppocritae!

Gleichwie die schöne Rahel ihres Vaters Laban Götzen-Bilder unter dem Stroh verborgen, also geschieht auch, daß unter einer schlechten Mönchs-Kappe ein gottlos Gemüth kann verborgen seyn. Der hl. Gregorius schreibt, daß zu seiner Zeit ein Geistlicher in großem Ruhm der Heiligkeit habe gelebet, und seynd die Leut' der unfehlbaren Meinung gewest, es werde die Welt erhalten durch das eifrige Gebet dieses Manns; derjenige schätzte sich glückselig, der ihm hat dörfen die Händ' oder den Habit kussen; jedermann hat sich befohlen in sein eifriges Gebet; ja in dem Kloster selbst wurde er von seinen Mit-Religiosen vor einen heiligen Mann gehalten. Wie dieser nun zu seinem Sterbstündlein kommen, hat er lassen alle Geistliche zu sich rufen, welche dann hurtig und schleunig erschienen der gänzlichen Hoffnung, sie werden von diesem hl. Vater gar eine schöne Lehr und forderist den heiligen Segen zu guter Letzt empfangen; aber die Sach hat sich weit anderst befunden: indem dieser nit mit heiligen Gebehrden, wie sie vermeinten, sondern mit entsetzlichem Angesicht und verzweifelter Gestalt folgendermassen sie angeredet: Wißt ihr was? nicht selig, sondern ewig unglückselig bin ich, weilen mein bishero [142] geführter Wandel nur eine gleißnerische Heiligkeit in sich hatte, wessenthalben der höllische Drach seinen vergiften Schweif um mich gewunden, seinen Kopf aber in meinen Rachen stecket, woraus er gleich meine verdammte Seel ziehen wird! So ist denn nicht alles Gold was glänzet, nicht alles unschuldig, was weiß ist, nicht alles selig, was heilig scheint!

Die Kinder der Propheten waren der Meinung, als brockten sie das beste Kraut; unterdessen waren's lauter bittere Koloquinten. Der Jakob war der Meinung, als genieße er der schönen Rachel ihre Gegenwart, unterdessen war es nur die garstige Lia. Der Urias war der Meinung, als trüge er ein Recommandations-Brifel, oder auf das wenigst eine Ordre von dem David im Sack; unterdessen war es ein Befehl, daß man ihn soll an die Spitz stellen. Wir Menschen seynd auch oft der Meinung, dieser oder jener sey fromm und gottesförchtig, indem es der äusserliche Wandel nit anders zeiget; unterdessen ist er ein Wolf in einem Lämmelfell und ein Schelm in einem heiligen Futteral.

Das Kriegsherr des Sennacherib hatte einst eine sehr große Niederlag gelitten, und zwar durch die Hand eines Engels, als der in einer Nacht hundert und achtzig tausend der Assyrier erleget hat, und ist es der Rabbiner Aussag, daß diese häufige Anzahl auf der Erde gelegen, als wären sie noch lebendig, gar schön [143] roth und wohlgestalt, ohne Verletzung noch eines Härleins, noch eines Fadens; inwendig aber war nichts, als eine lautere Asche. Das heißt: auswendig roth, einwendig todt; daß heißt auswendig gut, inwendig Glut. Auf gleiche Weis' seynd die Gleißner beschaffen: sie verkaufen sich äusserlich für fromm und gewissenhaft, aber hinter dem Fürhang steckt ein Judas; es ist ein schöner sammeter Beutel, aber einwendig schlechte Dantes. Es geschieht wohl, daß oft manche einen ganzen Sack voll Bücher läßt in die Kirche tragen; sie legt ihr Waar aus, wie ein Kalender-Krämer; wie oft küßt sie das Buch, daß dessen Blätter schon so schmutzig, wie das Wammes eines Metzgers; sie läßt drei heilige Messen lesen, den sie mit gebognen Knien beiwohnet; sie verwendet die Augen, sie rührt das Maul, sie erhebt die Händ', sie schlägt die Brust, sie erweckt die Seufzer, sie neigt den Leib: o was ist das für eine gottselige Frau! geht ihr doch nichts ab, als die Canonisation, es mangelt ihr nichts, als der Schein. Unterdessen ein blinder Bub spat und fruh läßt ihr keine Ruhe, der alleweil mit seinem Pfeil in der Eil loschirt im Herzen, und hat sie eine heimliche Bulschaft, von der kein Mensch nichts weiß. O wie wird es einmal am jüngsten Tag, wo alles an das Licht kommt, viel Verwunderung absetzen! da wird es heißen: wer hätt' sich das von ihm eingebildet? wer hätt dieß von ihr vergemeint? wer hätt solches hinter [144] dem gesucht? wer hätte geargwohnet, daß er dieses im Schild führe? Vae vobis Hypocritae!

Der König Saul hat eine alte Hex ersuchet, sie solle ihm den Samuel mit ihrer Cribas Crabes auferwecken. In der ganzen Gegend war diese Gabelfahrerinn nur allein. Dermalen findet man weit eine größere Anzahl der bösen Leut': wie man denn in Steyrmark etliche Jahr nacheinander sehr viel dem Vulkano aufgeopfert, und war zu wünschen, dieses so schädliche Unkraut würde einst ganz und gar ausgerottet. Viel unter diesen seynd gewest, von denen niemalen ein böser Argwohn ist geschöpfet worden; dann sie gar andächtige Wallfahrten verrichtet, mit großer Auferbaulichkeit die hl. Sacramente empfangen, der Predigt samt dem heiligen Meß-Opfer beigewohnt, absonderlich ganz inbrünstig und andächtig ihr Gebet in der Kirche verrichtet; aber blos aus Gleißnerei. Ja mir ist gesagt worden von einem, welcher dero Bekanntnuß selbsten angehört, daß sie unter anderen bestanden haben; ihr Gebet sey kein anders gewest, als dieses: Veigel und Rosen, Wammes und Hosen, Kessel und Pfannen, Schäfer und Wannen, Hammer und Nägel, Donner und Hagel, Rettig und Ruben, Mädel und Buben, Pfeifen und Tanzen bey Binkel und Ranzen, Schunken und Hammen schicken sich zusammen, Amen. Gehören also diese gottlose Leut forderist unter die Gleißner, denen auch beigesellet wird ein Absalon, ein Simon Magus, eine Saphyra, ein Pilatus, ein Herodes, ein [145] Pharisäer und Hoherpriester, ein Antonius Picentinus, und viel andere mehr, die wir in dem Thal Josaphat werden erkennen. – Unter diese seynd auch zu zählen diejenigen, welche sich fromm und heilig verhalten nur um eitler Ehr willen. Solche seynd weit anderst gesinnet, als jener Blinde am Weg, welcher nur verlangt hat, daß er schon möchte. Domine, ut videam! aber solche Gleißner begehren und wünschen, ut videantur. In Oesterreich, absonderlich bey schöner Herbstzeit, pflegt man die Lerchen in großer Menge zu fangen. Diese Vögerle werden insgemein auf Latein genannt Alaudae, das ist so viel als Lob-Vögerle. Die Gleißner und Augen-Heilige trachten Sommer und Winter, Herbst und Frühling nur nach solchen Alaudas oder Lob-Vögerl; denn ihr einiger Wunsch ist gelobt zu werden. Den Esau haltet man für einen unverständigen Lümmel, um weilen er sein Majorat verhandelt um ein Linsen-Koch. Ist das nit ein Linsen-Narr, weit größer als ein Haber-Narr! giebt um eine so geringe schlechte Bauern-Speis' diese so stattliche Prärogativ. Wann es Mandel-Koch wäre gewest, wär es ihm kein so großer Spott; aber um etliche Löffel voll Linsen eine solche Würdigkeit zu verkaufen, scheint die größte Thorheit. Ist wohl wahr, wann man die Kinder und die Narren gen Markt schicket, so lösen die Kramer Geld. Nicht weniger Spott verdienen alle diejenigen, welche eitlen Ruhms und Glorie [146] halber viel gute und heilige Werk üben. Dahero Christus der Herr diese Lehr geben: Sehet zu, daß ihr eure Gerechtigkeit nit thut vor den Menschen, damit ihr von ihnen gesehen werdet, sonst werdet ihr keine einige Belohnung haben bey eurem Vater, der im Himmel ist! Derentwegen, wann du Almosen gibst, so sollst die Posaunen vor dir nit blasen lassen, wie die Heuchler auf der Gasse thun, damit sie gepriesen werden. Wahrlich, sage ich euch, sie haben ihren Lohn schon empfangen. Wann du aber Almosen gibst, so laß deine linke Hand nit wissen, was deine rechte Hand thut, damit dein Almosen in Verborgenheit bleibe, und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird dirs vergelten. Und wann ihr betet, alsdann sollt ihr nicht seyn, wie die Heuchler, welche gern in den Synagogen und Ecken der Stadt stehen, wann sie beten, damit sie von den Menschen gesehen werden. Wahrlich sage ich euch, sie haben ihren Lohn schon empfangen. Du aber, wann du betest, so gehe in deine Schlaf-Kammer, und schließ die Thür zu, und bete zu deinem Vater im Verborgenen, und dein Vater, der im Verborgenen siehet, wird dirs vergelten.

Der Elisäus hat seinen hl. Vater Elia gar herzlich gebeten, wann er soll von hinnen weichen, daß er ihm doch seinen doppelten Geist hinterlasse! Elias hat ihm seine Bitt' nicht abgeschlagen. Wie nun die feurige Karosse erschienen, in welcher Elias in die Höhe verzucket worden, da hat Elisäus überlaut aufgeschrien, ihn seines Versprechens erinnert; über welches Elias den Mantel heruntergeworfen, und ihm zugleich auch den doppelten Geist ertheilt, welcher doppelte Geist bestunde [147] in der Heiligkeit und Wunderwirkung. Es möchte aber ein frommer Fürwitz nachforschen, warum doch der Mantel habe müssen bei diesen zweien Gnaden seyn? Sey es ein langer Mantel, ein kurzer Mantel; sey es ein Sommer- oder Winter-Mantel; sey es ein neuer oder ein alter Mantel: so schickt sich dannoch nicht solcher zu den Gnaden der Seel. Wessenthalben denn der hl. Elias die Gnaden nit geben ohne Mantel, das war die Ursach, merke es wohl, mein lieber Leser: Der hl. Mann wollte etwann hierdurch andeuten, daß, wer große Gnaden und Heiligkeit an ihm hat, brauche zugleich den Mantel, damit zu vermanteln, zu verdecken, zu verbergen, so viel es möglich ist, und nit alle seine gute Werk offen trage, welche die eitle Ehr verzehrt. Verrichst du alle Tag gewisse Gebet und Andachten, so entdecke nit gleich solche einem jeden: ich geb das, ich hab geben das, ich will geben das etc., sondern vermantl's; sonst kommt dir die eitle Ehr als ein schlimmer Vogel darüber und frißt dir diesen guten Samen auf!

Ein rechtschaffener Christ soll der Mutter des Moses nachfolgen. Wie diese das kleine Kind geboren, und gesehen, daß es ein so herziges Büberl sey, gelbe Härl wie die schönsten Goldfaden, ein Paar Aengel wie zwei Sternl, Wängl wie Rosen, ein Mäulerl wie die Korallen, das ganze Leibl, als wäre es von Wachs possirt, in allem wie ein Engerl, was hat sie angefangen? hat sie vielleicht dieß guldene Kind auf den Arm als eine lebendige Wiege genommen, und hin und her in der Nachbarschaft getragen? O nein.Abscondit, »sie hats verborgen,« damits nit vermög' des königlichen Decrets soll ins Wasser geworfen werden: das Verbergen [148] hats beim Leben erhalten. Also, mein eifriger Christ, hast ein gutes Werk gethan, welches gleichsam eine holdselige Geburt ist, so verberge auch dasselbige, das es niemand weiß; ist genug, daß es der Obere gesehen! wirst du's Vielen offenbaren, so kommen dir die Egyptier darüber, die eitle Ehr, ertappts, und verlierst also, was du mit Schmerzen geboren! Mach es wie die hl. drey König, welche dem kleinen Jesulo kostbare Schankungen aus Orient gebracht, aber dieselben niemand gezeigt, so gar dem Herodi nit, sondern erst ihre Truhen und Kisten in dem Stall, in dem Angesicht des gebornen Messiä eröffnet. Zeige deßgleichen auch niemand, sags niemand, vertraue es niemand, was du deinem Gott, und um seinetwillen dem Nächsten gibest; es ist schon genug, wann dein Jesus darum weiß, welcher dich dessenthalben in jener Welt belohnen wird!

Ein Ackersmann, wann er will, daß der Same soll Frucht bringen, so läßt er ihn nit heraus liegen, sondern verdecket ihn mit der Erde. Der hl. Nicolaus, Bischof zu Bari, hat nächtlicher Weile drei armen Töchtern ein Heirath-Gut eingelegt in der Stille, daß es niemand gesehen, fein verdeckt, daß keiner gewußt. Der hl. Erz-Bischof Thomas hat unter dem sammeten Rock ein stechendes Cilicium getragen; niemand wußte darum. Der hl. Carolus Borromäus hat mehrmalen etliche Schüßlen auf seiner Tafel zugedeckt gehabt, und war doch nichts darinnen, damit nur die Leut sollen vermeinen, er tractire sich wohl, und also [149] seine strengen Fasten verborgen bleibe. Warum haben Paulus, Hilarion, Antonius, Benedictus, Romualdus, Bruno, Norbertus ihre Wohnungen genommen in der Wüste und Wildniß, als allein darum, damit ihre Heiligkeit von denen Leuten nicht gesehen werde, und also die eitle Ehr dero Verdienste abnagt? Ja es hat der Heiland selbst uns zu einer Lehr und Nachfolg öfters seine Wort in der Geheim gehalten. Wie er den Aussätzigen gereiniget, hat er geboten, er soll es niemand sagen: »Vide, nemini dixeris!« Auch die 40 Tag in der Wüste die strengen Fasten verricht ohne Gegenwart eines Menschen, uns zu einer Unterrichtung, damit wir unsere guten Werk vor den Augen der Menschen möglichst verbergen sollen, wollen wir anderst, daß die eitle Ehr selbige als eine subtile Diebinn nit entfremde.

Der heilige Philippus Nereus hat sich närrisch gestellt, deßgleichen der selige Jacoponus, deßgleichen der heilige Simon Sales, deßgleichen die heilige Isidora, die heilige Berengaria etc. Willst du aber ein frisches Exempel: siehe der heiligmäßige Mann Hieronymus a St. Bernardo, ein Priester meines heiligen Ordens, ist erst vor 8 Jahren den 25. October, seines Alters 27 Jahr, zu Panormi in Italien gestorben, bey dessen Tod sich große Wunder ereignet haben; jedermann ist häufig zugeloffen, und keiner kunnte die Ursach dessen geben, sondern alle bekannten, daß sie durch übernatürliche Gewalt hierzugezogen worden, Blinde seynd sehend worden, Stumme haben angefangen zu reden, und so man den Leichnam mit vielen Soldaten nicht hätte verwacht, wäre er ungezweifelt von dem Volk zerrissen worden. Es scheinten also auf allen Seiten sattsame [150] Anzeigungen seiner Heiligkeit. Aber willst du wissen seinen Wandel, den er in diesem Orden geführet hat? Sieh', 47 Jahr aneinander hat er sich närrisch und einfältig gestellet, damit er also seine Vollkommenheit und Heiligkeit verbergen möge! Also seynd die heiligen und tugendsamen Leut beschaffen, daß sie ihre Vollkommenheit wollen vertuschen und ihre Fehler offenbaren, damit sie solchergestalten von der eitlen Ehr nicht besudelt werden. Entgegen die Gleißner, die Judas Brüder, die Pharisäer beten darum, fasten dessenthalben, geben Almosen derentwegen, damit sie die Leut lieben, loben und laben, damit sie mit Finger gepriesen und gewiesen werden. O Narren!

Judas Iscarrioth zeiget sich bei Zeiten undankbar
Judas Iscarrioth zeiget sich bei Zeiten undankbar gegen den Heiland Jesum.

Der Herr aus seinem Fenster, der Bauer auf dem Acker, der Hirt in dem Feld, der Jäger in der grünen Aue thun etwas wahrnehmen, daß die schöne Sonn einen Dunst oder dicke Feuchtigkeit von der Erde in die Höhe ziehet, welcher aber wegen dieser Erhebung und Promotion also undankbar, daß er zum Dank dir Gott die liebste Sonn, die ihn also empor gebracht, spöttlich verfinsteret und trüb machet. Eine Sonn der göttlichen Gerechtigkeit wird vielfältig in heiliger Schrift unser Herr und Heiland benamset. [151] Die göttliche Sonn hat Judam als einen schlechten Erdendampf, einen geringen irdischen Menschen dergestalten erhebt, daß er ein Apostel, ein Jünger Christi, ein Mitgespann so vieler heiliger Leut' ist erkiesen worden; ja er ist so hoch kommen, daß er durch sondere und niemalens verdiente göttliche Gnad große Wunder gewirket, die Teufel aus den Besessenen ausgetrieben, die Aussätzigen gereiniget, krumme, lahme und elende Krüppel zu geraden Gliedern und gewünschter Gesundheit gebracht. Neben allem diesen hat Christus vorhero des Judä seinen Vater von dem Aussatz erlöset, und seine liebste Mutter nachmalen von einer gefährlichen Krankheit kurirt. Um alle diese so überhäufigen und großen Gnaden und Gutthaten ist dieser Erz-Bösewicht also undankbar gewest, daß er das Gute mit dem Bösen bezahlet, durch seine heimlichen Diebstähl und wiederholten Partitereien Christum die göttliche Sonn also betrübet, daß solche nimmermehr ein klares Gesicht gezeiget, der allzeit trüb und betrübt; bis endlich der schlimme Mensch das apostolische Kollegium verlassen, nachmals ist diese Sonn wieder klar worden; denn es hat geheißen: Nunc clarificatus est filius hominis, et Deus clarificatus est in eo, et Deus clarificabit illum in semetipso, et continuò clarificabit eum. Was kann doch Verruchteres seyn auf dem ganzen Erdboden, als eine solche Undankbarkeit gegen Gott?

[152] Wer bist du Mensch? Ein Garten voller Distlen. Ist nit gnug das. Ein Rosen voller Dörner. Ist noch nicht gnug. Ein Himmel voller Finsternuß. Ist noch nicht gnug. Eine Kuchel voller Rauch. Ist noch nicht gnug. Ein Haus voller Winkel. Ist noch nicht gnug. Ein Buch voller Fehler. Ist noch nicht genug. Ein Kalender voller trübes Wetter. Ist noch nicht genug. Ein Baum voller faulen Früchten. Ist noch nicht gnug. Ein Wein voller Gläger. Ist noch nicht gnug. Ein Meer voller Schiffbruch. Ist noch nicht gnug. Ein Fleisch voller Würm. Ist noch nicht gnug. Ein Licht voller Butzen. Ist noch nicht gnug. Ein Geschirr voller Schmutz. Ist noch nicht gnug. Ein Mensch voller Schulden. Das wohl. Ein Mensch voller Schulden bist du. Hast du nie gehört, daß Christus der Herr habe samt seiner heiligen Bildnuß dem König Abagarus nach Edessa einen Brief geschrieben? Eben dieser schickt dir auch ein schriftliches Auszügel, wie folgsam zu vernehmen:


[153] Auszügl.


Hans Adam Erdschrollen , sündiger Mensch auf der Welt, hat von mir Endesunterschriebenem Gnaden empfangen, wie folgt: (Hoffe, daß solche mit Dank werden bezahlt werden.)


Anno

Gnaden.


1640. Vom 7ten August an, am Tag des hl. Bonifacii, im Mutter-Leib, das erste Monat

6000
Item, das andere und dritte Monat
14000

Item, das vierte Monat, in welchem die Mutter sehr unpäßlich sich befunden und in ein gefährliches Fieber gerathen

18000
Item, das fünfte und sechste Monat, als benanntlich im Dezember und Januario
12000
Item, das siebente Monat, in welchem die Natur sich sehr widerspenstig erzeigt
13000
Item, das achte und neunte Monat
17000

Item, in der Geburt und bis du getauft bist worden, hast du in allem der großen und kleinen Gnaden empfangen

1100

Summa 81000

Loco Sigilli †.
Jesus dein Erschöpfer.

[154] Die christliche katholische Kirch' pflegt den hl. Petrum allzeit zu dem hl. Paulum, und den hl. Paulum allzeit zu dem hl. Petrum zu stellen; dergstalten, wann sie eines dieses heiligen Apostels Festtag feierlich begehet, allezeit des andern ein Gedächtnuß geschieht: bleiben also Petrus und Paulus allzeit bei einander. Gleichwie diese zwei heiligen Apostel zusamm' gestellt seynd, also find ich auch zween heilige Bischöf, die niemalen sollen von einander kommen: einer war Bischof zu Mainz, der andere zu Carthago; einer hat geheißen Bonifacius, der andere hat geheißen Deogratias. Wo nun Bonifacius ist, da solle allemal auch seyn Deogratias. Mein Mensch, wer ist dir ein größerer Bonifacius oder Gutthäter, als dein Gott, welcher dich erschaffen? welcher dich, nit wie einen Daniel aus der Löwengrube, nit wie einen Joseph aus der Cistern, nit wie einen Lazarum aus dem Grab, sondern dich aus dem puren Nichts erschaffen? Er hätt' dich gar leicht können erschaffen zu einem Stein, da hättest du einen harten Kopf gehabt; er hätt' dich erschaffen können zu einem Hund, welcher um geringen Lohn, etwann um ein hartes Bein, muß das Haus verwachten; er hätt' dich können erschaffen zu einem Raben, der seine Frei-Tafel bei einem Roß-Brätl findt; er hätt' dich erschaffen können zu einem Frosch, der in seiner nassen Herberg das stete Qua, qua, qua, sub aqua singt; [155] er hätt' dich können erschaffen zu einem Wurm, welcher fast das verächtlichste Thier auf Erden. So hat er dich aber gemacht zu einem König aller Geschöpf, zur Glorie seiner Allmacht, zu einem Wunderwerk der Erden; er hat dir gespendiret einen Leib, so eine kleine Welt genennet wird. Die Naturkundigen bestättigen, daß in dem menschlichen Leib just so viel Glieder, als Tag im Jahr gezählt werden: In dem menschlichen Leib seynd 224 Beiner mit solcher Kunst zusammen gefüget, daß ein jedweders Bein 40 unterschiedliche Wirkungen hat; dahero die Beiner insgesammt mit denen Artikuln auf die 8000 Dienst können verrichten. In dem menschlichen Leib seynd die Mäusel, die Drüsen, die Adern, als die Stirn-Adern, Schlaf-Adern, Haupt-Adern, Brand-Adern, Rosen-Adern, Gicht-Adern, Blut-Adern, Senn-Adern, Hohl-Adern, Luft-Adern, Trossel-Adern, Flechs-Adern, Spann-Adern etc. so künstlich mit einander, bei einander, neben einander, über einander, um einander gestellt und gesellt, daß er billig kann und soll und muß ein Wunderwerk genennt werden. Alle vier Elemente müssen contribuiren zu dem menschlichen Leib: das Feuer gibt die Hitz, das Wasser gibt die Feuchtigkeit, die Erd' gibt das Fleisch, die Luft gibt den Athem. Was für ein Kunst-Stuck ist ein Aug, indem dieses kleine Kügerle ganze große, weite, lange, breite Felder und Wälder kann fassen! was für eine Kunst ist im Hirn, [156] indem diese kaum eine Händevoll Portion so große Wissenschaft in sich hält! was für eine Kunst in allen menschlichen Gliedmassen, welche von dem obern Gestirn, Planeten und Himmelszeichen beherrschet werden! Saturnus hat am Menschen innen die Milz und das linke Ohr; Jupiter die Leber und Rippen; Mars die Gall; die Sonn das Gesicht und Herz; Venus und Mercurius die Nieren und Zungen; der Mond das Haupt; der Widder das Angesicht, die Zähn'; der Stier den Hals, Kehl und Genick; der Zwilling die Arm, Schultern und Händ'; der Krebs die Lunge und ganze Brust, der Löw das Herz, Magen und Rücken; die Jungfrau das Eingeweid und den Leib; die Wag hat innen den Nabel etc.; der Scorpion hat innen die Nieren und Aster; der Schütz die Dieg und Bein; der Steinbock die Kniee und Schienbein; der Wassermann die Flechsen; der Fisch die Füß. Einen solchen köstlichen und künstlichen Leib hat dir der allmächtige Gott geben. Lauter Gnaden. Wie vielen Gefahren aber bist du schon im Mutterleib unterworfen gewest, aus welchen allen dich der gütige Gott errettet hat! Wie manches Kind ist in Mutterleib gestorben, und also eine lebendige Todtenbahr an seiner Mutter gehabt! Wie oft ist eine Mutter Schrecken halber um die Frucht kommen, und also der Baum geschüttlet worden, ehe das Obst gezeitiget! wie oft ist eine ungestalte Mißgeburt in Mutterleib formirt worden! Anno 998 ist Roberto dem König [157] in Frankreich seine Frau Gemahl niederkommen, und einen Sohn auf die Welt gebracht mit einem Gans-Kopf und Kragen. Anno 1595 hat ein Weib zu Bacherach ein Kind auf die Welt gebracht, welches an dem obern Theil des Leibs einem Menschen gleichete, der untere Theil aber wie eine Schlange ausgesehen. Anno 1313 hat ein Weib zu Waiblingen in Schwabenland ein Kind geboren wie einen Löwen. In Friaul zu Perdonon Anno 1625 hat eine edle Frau, um weilen sie ein armes Bettelweib der Kinder halber ausgescholten, ein Knäblein mit sieben Köpfen geboren. Zu Paderborn ist aus einer ketzerischen Frau, indem sie die katholischen Geistlichen ausgespöttlet, ein Kind geboren mit einem Barett oder Quadrat auf dem Kopf, wie es pflegen die Pfarrherrn zu tragen. Anno 1573 ist in dem orientalischen Indien, in dem Marktflecken St. Lorenz, ein Kind geboren worden mit zwei großen Hörnern auf dem Kopf. Zu Mainz haben einst zwei Weiber mit einander auf der Gasse geredet, deren eine großen Leibs war, und als ein frecher Gesell ihnen die Köpf hat zusammen gestossen, ist bald hernach diese niederkommen, und zwei Töchterl auf die Welt gebracht, die aber mit der Stirn bis auf die Nasen aneinander gewachsen gewest, und also zehen Jahre gelebt. Des Papsten Nicolai Tertii seine Frau Base, weilen sie öfters ihr Stamm-Wappen, so ein Bär war, angeschauet, hat ein Kind geboren ganz rauh wie ein Bär, hatte auch anstatt der Finger rechte Bären-Klauen. Alles dieses hätt auch dir begegnen können. Daß du aber von dergleichen Ungestalten und Leibs-Mängel frei bist, mußt [158] du es für lauter Gnaden des mildherzigsten Gottes aufschreiben. Dahero zu einem solchen Bonifacium gehört der Deogratias.

Daß du bist zu der hl. Tauf gelangt, ist eine Gnad über alle Gnaden. Wie viel tausend und tausend seynd ohne diesem hl. Sakrament gestorben! Der König Pharao hat allerseits das Volk Israel verfolgt. Wie nun Moses das Meer von einander zertheilet, daß es beederseits wie die Mauren gestanden, und solchergestalten mit seinem Volk durchpassirt, da wollte Pharao auch mit den Seinigen den Durchweg nehmen; aber da er in der Mitte war, hat ihn dasselbige mit allen den Seinigen zugedecket, ertränkt, und also vom Wasser den graben Weg zum Feuer genommen, und das Fleisch vorhero im Wasser eingewässert, ehender es an den Bratspieß angestecket worden. Sobald der Pharao im Meer ersoffen, hat der Moses gleich ein Dank-Lied angefangen zu singen sammt seinem Volk, auf allen Zungen war das Deo gratias.

Was ist die Erbsünd anderst, als ein Pharao, welcher das ganze menschliche Geschlecht verfolgt? Daß dieser im Wasser ersoffen, und durch das Wasser der hl. Tauf' zu Grund gangen, da bist du unendlich verpflicht deinem Gott, solche große Gnad mit Dank zu bezahlen! Wie viel Tausend' in Asia, wie viel Tausend in Afrika, wie viel Tausend in Amerika, wie viel Tausend in Europa haben diese Gnad' nicht gehabt, welche dir Gott unverdienter, ohne Schuld hat geben! Schau in den Himmel, schau in die Luft, schau auf die Erd', schau in das Wasser; so wirst du allenthalben[159] Geschöpf antreffen, welche dankbar seynd: Im Wasser jener Fisch des hl. Franzisci, welchen ihm ein Fischer aus Gutherzigkeit geschenket; weilen sich aber der hl. Mann dessen erbarmet, und ihn wieder in das Wasser geworfen, so ist er dessenthalben also dankbar gewest, daß er dem hl. Vater auf dem Wasser stets nachgeschwummen und sich nit wollen von ihm scheiden, bis ihm endlich der hl. Mann den hl. Segen ertheilt. Auf der Erd' hat sich der Löw dankbar erzeigt, welcher dem hl. Andirodo Alters halber in der Wildnuß ein Wildpret zugetragen zur Dankbarkeit, daß ihm dieser einmal einen großen und scharfen Dorn aus dem Fuß gezogen. In der Luft hat sich dankbar erwiesen jener Adler, welcher ein Geschirr, worinnen ein vergiftes Wasser gewesen, mit allem Fleiß umgeworfen einem Schnitter auf dem Feld, um weilen dieser den Adler kurz vorhero von dem Tod erlöset hat. Ja die Himmel selbsten seynd dankbar, massen der hl. Ambrosius sammt anderen darvor hält, daß die Himmel durch ihre steten Bewegungen und Umwälzung einen solchen lieblichen Ton und Musik machen, daß, wann es die Menschen sollten hören, würde niemand mehr arbeiten, sondern immerzu dieser lieblichsten Harmonie zuhören, mit welchen sie Gott ihren Erschaffer loben und preisen. Wann dann die Himmel, die Geschöpf in der Luft, die Geschöpf auf der Erde, die Geschöpf im Wasser, die Geschöpf allenthalben dankbar seynd, wie viel mehr bist du schuldig, deinem Gott Dank zu sagen, der dich also erschaffen und zur hl. Tauf' gebracht! Ich glaube selbst, der Esel hat kein solcher Esels-Kopf seyn wollen, daß er der Gutthaten hätt' vergessen; dann in dem Stall zu Bethlehem [160] hat sich dieser Langohr über alle Massen höflich gestellt, und weit mehr als eselische Complimenten abgelegt, indem er zu frostiger Winterszeit das göttliche Kind mit seinem Anhauchen samt dem Ochsen erwärmet. Der Ochs wollte dankbar seyn, weilen ihn Gott im alten Testament allzeit zum Opfer erkiesen; der Esel wollt' dankbar seyn, um weilen Gott sich seines Geschlechts angenommen, und eine seiner weitschichtigen Befreundinn defendirt hat, wie der zornige Prophet Balaam sie wider alle Manier so hart mit Streichen tractiret. Auf solche Weis' wirst du dich Mensch nicht überwinden lassen von Ochsen-und Esels-Köpfen in der Dankbarkeit! Gehe, schaue, probiers, schrei in einen dicken Wald hinein, in welchem so viel grobe, dicke, knoperte Stöck und Blöck seynd, grüß ihn freundlich den grünen Wald, Willkomm Bruder! versichere dich, er wird dir wiederum danken, und durch den Wiederhall dich ebenfalls also salutiren: willkomm Bruder! Solchergestalten sollst du dich ja schamen in das Herz hinein, mein Mensch, wann Stöck und Blöck dankbarer seyn, als du!

Zu Jerusalem war ein wunderlicher Schwemm-Teich, allwo sich eine große Menge der kranken und presthaften Leute befunden; dann so oft der Engel diesen Teich beweget hat, so ist der erste, der sich hinein gelassen, frisch und gesund worden. Unter andern elenden Krüppeln war auch daselbst ein armer Tropf, welcher achtunddreißig Jahr alldorten unter der Schupfe [161] gelegen, und nicht hat können zur Gesundheit gelangen aus Mangel eines Menschen, der ihm hätte hinein geholfen. Wie nun der gebenedeite Heiland diesen armseligen und von männiglich verlassenen Menschen ersehen, hat er sich seiner erbarmet, und ihn mit einem kleinen Wörtl: Surge, stehe auf! vollkommentlich gesund gemacht. O mein Jesus! es ist halt noch wahr und bleibt wahr, so jemand von jedermann verlassen ist – hominem non habeo – so kann er seine sicherste Zuversicht zu dir nehmen, du wirst ihn nicht verlassen! Aber es ist in diesem und bei diesem Wunderwerk wohl zu erwägen: sobald Christus den Menschen zur Gesundheit und graben Gliedern gebracht, hat er ihm befohlen: er soll fortgehen und den Stroh-Sack mit sich tragen. Mein Herr, wegen des Stroh-Sacks fällt mir kein strohenes Conzept ein. Weilen der Mensch acht und dreißig Jahr alldorten gelegen, und unter währender so langer Zeit keinen Menschen hatte, der ihm hätte in den heilsamen Teich hinein geholfen, so ist es ein Kennzeichen, daß er ein Bettler muß gewesen seyn. Ist er ein solcher armer Schlucker gewest, so ist wohl zu glauben, sein zerrissener halb verfaulter Stroh- Sack oder Unterbett sey nicht einen Groschen werth gewesen. Warum dann, mein Herr, schaffest du ihm, er soll den Stroh-Sack mit sich tragen? Ich laß' andere [162] hierinfalls schöne Conzepten ausführen; mich dunket, es habe sich dessenthalben sehr wohl geschicket, daß er den Stroh-Sack getragen, weilen ihn auch der Stroh-Sack so viel Jahr getragen; dann wann man einem eine Gutthat erweiset, so ist es ja billig, daß man dieselbe dankbar vergelte; hat dich der Stroh-Sack getragen, tolle grabatum, so trag ihn wieder; thut dir dein Nächster etwas Guts, so thue es wiederum; erzeigt dir dein Gott alle Tag, alle Stund, alle Augenblick häufige Gnaden von Oben herab – ich sprich alle Augenblick, dann soll er dich auf einen Augenblick verlassen, so müssest du zu nichts werden! weilen du aber seine göttlichen Gnaden nit kannst erwiederen mit anderen Gnaden, so zahl aufs wenigist dieselben mit einem öftern Deo gratias.

Zehen aussätzige und schäbige Männer hat Christus auf freier Straße gesund gemacht, aus welchen aber nur einer zu dem Herrn kommen, und sich bei seinen heiligen Füßen niedergeworfen, und ihm um solche große Gutthat gedanket; die andern seynd ihres Weges fort gangen, und keiner an das Vergelt dirs Gott! gedacht. Solche Undankbarkeit hat nicht ein wenig das göttliche Herz beleidiget; wessenthalben er gleichsam mit Verwunderung hat gefraget, wo dann die neune seyen geblieben? als wollte er sprechen: es sollen auf so große empfangenen Gnaden alle 10 erscheinen. Merks, mein Mensch, wann dir Gott eine Gutthat erweist, derer unzählbar viele seynd, so schicke fein fleißig alle Zehen zu ihm; ich verstehe aber 10 Buchstaben: der erste ist ein D, der andere ein E, der dritte ein O, der vierte ein G, der fünfte ein R, [163] der sechste ein A, der siebente ein T, der achte ein I, der neunte ein A, der zehente ein S. Das heißt hernachDeo Gratias.

Du hast das Auszügl nun genugsam übersehen, und bilde dir nur ein, es seien viel wenigere, als mehrer Gnaden aufgeschrieben, welche dir Gott gspendiret in Mutter-Leib, und bei der hl. Tauf, in Summa wie er dich erschaffen. Anjetzo folgt ein anders, wie er dich bishero erhalten:


Auszügl.


Hans Adam Erdschrollen, sündiger Mensch auf der Welt, hat von mir Endesunterschriebenem die hierin verzeichneten Gnaden empfangen: Hoffe, daß solche mit Dank wer den bezahlt werden etc.


Von Anno

Gnaden.


1641. Den 13. Mai am Tag des heiligen Servatii gleich nach dem hl. Taufwasser in Beiseyn des Gevatters und der Gevatterinn, denselben halben Tag

300.


Item, nachmals bis in das siebente Jahr, sowohl in dem Haus, als auf der Gasse, im Bett und bei der Tafel, wie auch anderwärts bei Sommer- und Winters-Zeit

2000000.


Item, von dem siebenten Jahr an bis in das siebzehende hin und her in allen Schulen, in allen Spielen, zu allen Zeiten

4563000.


[164] Item, von dem siebenzehenten Jahr an bis an das sieben und zwanzigste bei unterschiedenen Gesellschaften, bei vielen Gespässen und Lustbarkeiten, wie auch in dieser und jener Krankheit, auf der Reis, bei Feinden und Freunden

800006910.


Item, von dem 27sten Jahr bis an das 37ste Jahr wegen unterschiedlichen Amts-Verrichtungen, wegen Habschaft und Wirthschaft, wegen Weib und Kindern, zu Friedenszeiten und Kriegszeiten

90087301.


Item, von dem 37sten bis in das 47ste in unterschiedlichen Gefahren zu Wasser und zu Land, zu Pferd und zu Fuß, in Hitz und Kälte, bey Tag und bey Nacht

50009387.

Summa 946667098.

Loco Sigilli †

Jesus dein Erlöser.

Die heilige und göttliche Schrift meldet von dem hl. David und von dem Jonatha, daß sie beide so große und innigliche Freundschaft untereinander gehabt, das so gar einer ohne den andern mit wollte seyn. Die hl. katholische Kirch zählt ebenfalls zween heilige Bischöf', deren einer ohne den andern nicht soll seyn; einer [165] wird genennt Servatius, Episcopus Trajectensis, der andere wird genennt Deo-Gratias Episcopus Carthaginensis. Servatius und Deo-Gratias allzeit mit einander und bei einander. Mein lieber Mensch, wer ist bishero dein Servatius gewest, wer hat dich bisher erhalten, dich erschaffen? Dein Gott, dem du derenthalben viel 1000 Deo gratias schuldig bist!

Du hast ungezweifelt öfter vernommen, daß unser lieber Herr habe einmal die bösen Feind aus einer besessenen Person ausgetrieben bei den Gerasenern. Ehe und bevor aber diese höllischen Larven ihr Logement verlassen, haben sie eine Supplication aufgesetzt, und Christo dem Herrn überreicht dieses Inhalts, daß sie nemlich um Erlaubniß anhalten, in die nächste Herd' Schwein zu fahren, welches ihnen auch von dem Heiland vergünstet worden. Aber warum haben diese verfluchten Geister begehret zu fahren in die Säu? Pfui, es Sau-Narren! Wie daß sie nicht verlangt haben zu fahren in ein Kaufmanns-Gewölb, worinnen man öfters höret: der Teufel hohl mich? warum nicht in einen engen Weg, in welchem öfter ein Fuhrmann dem andern wünscht, weilen er nicht bei Zeiten ausweicht, daß ihn der Teufel hohle? warum nit in die Werkstatt eines Webers, der fast allemal, so oft die Gespunst oder Faden zerreißt, pflegt zu schelten: hohl der Teufel die alte Her, die das Garn gespunnen? warum nicht [166] in ein schönes Schloß, und daselbst in die Wohnung des Herrn Pflegers Ihr Gestreng etc.; dann wie oft heißt es bei den Bauern: wann nur einmal der Teufel den Pfleger hinführte? warum nit in ein Wirthshaus, allwo gemeiniglich der Gast dem Wirth wünschet, daß ihm des Teufel soll den Hals brechen, weilen er ihn also unchristlich barbirt? warum gleich in die Schwein? Viel heilige Lehrer geben die Ursach: wie daß ein Schwein ein eigentlicher Entwurf eines undankbaren Menschen sey; dann, wann das Schwein unter einem Eichelbaum ist, jemand aber hinauf steigt und die Eicheln herunter schüttlet; so wird diese naschen und fressen, bis der Saumagen voll ist, aber nit ein einiges Mal in die Höhe schauen, von wannen etwann das Confect herkommet. Deßwegen hat der Herr und Heiland zugelassen, daß die Teufel in die Schwein gefahren; dann in dem göttlichen Aug nichts Abscheulichers, als die Undankbarkeit.

Das Getreid auf dem Kasten, der Wein in dem Keller, die Kleider in der Truhe, das Geld in dem Beutel, die Speis' in der Schüssel, die Federn in dem Bett, das Holz in dem Ofen, die Kuh in dem Stall, die Henne in dem Hof, die Fisch in dem Teich, die Lämmer auf dem Feld, mit welchen du dich bishero erhalten hast, kommt alles von oben herab, von dem allergütigsten Gott. Das Samson Honig bekommen, daß Sisara Milch bekommen, daß Daniel ein Koch bekommen, daß Abraham ein Kalb-Feisch bekommen, daß Isak ein Kitzel bekommen, daß Esau Linsen bekommen, das die Wittib zu Sarepta Oel bekommen, daß Elias Brod bekommen, daß die Israeliten Wachteln bekommen, daß Noe [167] Wein bekommen, daß du bishero Lebens-Mittel bekommen, ist niemand anderer Ursach, als derjenige gütige Herr ober uns. Wie ist es dann möglich, daß du nicht öfters deine Augen in die Höhe hebest, und derenthalben ihm unendliche Deo gratias ablegest? Der Vögel ihr Singen, der Hirschen ihr Springen, der Schafe ihr Plärren, der Ochsen ihr Röhren, des Feuers sein Brennen, des Wassers sein Rinnen, der Aecker ihr Segen, der Wolken ihr Regen, der Sonne ihr Leuchten, des Thaues sein Feuchten, der Stern ihr Glimmern, des Goldes sein Schimmern, der Bäume ihr Schatten, der Wiesen ihre Matten, der Hund ihr Hüten, der Hennen ihr Brüten: In Summa, alle Geschöpf und dero Wirkungen hat Gott wegen deiner erschaffen, mein Mensch, wegen deiner!

Die schöne strahlende Sonne ist 160 mal größer, als der ganze Erdboden, die Sonn ist 40 mal hundert tausend Meil von dem Erdboden entfernet; sie lauft in einer Stund 10 mal hundert tausend hundert und 20000 Meil: Alles wegen des Menschen. Der Mond ist zwar kleiner als alle Stern, außer dem Mercurio; in dem er aber weit größer scheint als die Stern, ist es die Ursach, weilen er viel näher bei uns ist. Gleichwohl ist der Mund neun und dreißigmal größer, als der ganze Erdboden, und ist von Gott als ein Nacht-Licht angezündet worden: Alles wegen des Menschen. Die Stern hat die göttliche Allmacht als lauter strahlende Facklen an den Himmel [168] geheftet, damit sie auch bei der Nacht leuchten. Der größern Stern werden 17 gezählt, deren ein jeder 107 mal größer als der Erd-Boden. Der Stern Alnacha, der Stern Albkain, der Stern Alcorreia, der Stern Aldabaran, der Stern Almusin, der Stern Alkaia, der Stern Altra, der Stern Albiatra, der Stern Alcarph, der Stern Algebla, der Stern Alkraten, der Stern Alserta, der Stern Algane, der Stern Alchimech, der Stern Algaphar, der Stern Alsibinin, der Stern Alactil, der Stern Alcabin, der Stern Alsebra, der Stern Alneda etc., seynd auch etlich 70 mal größer als die Erde. Alles wegen des Menschen. In Margiana schreibt Strabo, sollen so große Weinstöck wachsen, daß einen Stock allein zwei starke Männer mit beeden Armen nicht können umfangen. Alles wegen der Menschen. In Egypten ist ein gewisses Thier, welches alle Stund just das Wasser von sich läßt, brauchen es also die Inwohner anstatt der Uhr. Polidorus Virgilius de invent. rerum l. 2. Alles wegen der Menschen. In Trabrobana werden Meer-Schild-Kröten gefunden, welche einer so ungeheuern Größe seynd, das sie sie anstatt der Dächer brauchen, und kann eine Schale ein ganzes Haus bedecken. Aelianus l. 6. c. 12. Alles wegen der Menschen. In Aethiopia seynd die Schwein noch einmal größer, als in unsern Ländern, und haben dieselben alle Hörner auf dem Kopf. Idem lib. 17. cap. 10. Alles wegen der Menschen. Zu Pervano in den neuen Welt seynd die Schaf so groß, wie bei uns die Ochsen. Joseph [169] Jesuit. An 1560. Alles wegen der Menschen. In dem Gorgonier Land ist ein sehr weiter und breiter Teich mit Namen Geluchalak, worbei ein Kloster St. Leonhardi. In diesem Wasser ist ein ganzes Jahr kein Fisch, außer in der Fasten. So bald aber der Oster-Sonntag herzu kommt, so verlieren sich alle Fisch. Marc. Pol. l. 1. c. 5. Alles wegen der Menschen. In Ober-Ungarn fließt ein Wasser, welches diese sondere Kraft hat, daß, wann man ein Eisen hinein wirft, selbiges innerhalb etlich Stund in das beste Kupfer verwandelt. Surius in Comment. Anno 1541. Alles wegen der Menschen. Im Schwarzwald werden Vögel angetroffen, welche bei der Nacht wie die Lichter glänzen, und also den Reisenden den Weg zeigen. Isidor. l. 12. c. 7. Alles wegen der Menschen. In der neuen Welt unweit der Insul Carthagena ist ein Fluß, mit Namen Zeneo: dieser hat mehr Gold, als Fisch, und wird man öfters mit den Netzen etlich 20 Stuck Gold herausfangen, deren ein jedes so groß, als ein Hennen-Ei. Petrus Hispan. p. 5. c. 12. Alles wegen der Menschen. In der Insul Hispaniola wächst das liebe Getreid also groß, daß eine einzige Korn-Aehre die Dicke hat eines Menschen-Arms; und was dieses Wunder vermehret, das Treib, so man im Februario säet, kann zu End des Merzens schon geschnitten werden. Idem ibidem c. 17. In der neuen Welt Brasilea wachsen die Bäume dergestalten groß, daß sie dieselbigen pflegen auszuhöhlen, und anstatt der Schiff gebrauchen, und können öfters 50 Personen in einem Schiff fahren. Anton. Pige. l. 1. c. 10. Alles wegen der Menschen. Alle Geschöpf, wo sie seynd, wann sie seynd, die seynd [170] erschaffen wegen den Menschen, und die haben dir bishero gedient, mit denen hast du dich seithero beim Leben erhalten: So danke dann, danke hundertmal, danke tausendmal, danke ohne End deinem Gott um die Nahrung!

Der hl. Paulus erzählte denen Corinthern einmal, was unterschiedliche Gefahren er ausgestanden: Gefahren zu Wasser, Gefahren zu Land, Gefahren in der Stadt, Gefahren auf den Strassen, Gefahren unter den falschen Brüdern. Sag her, mein Hanns Adam Erdschrollen, in wie viel Gefahren bist du schon gewest dein Lebenlang, aus welchen dich allemal der göttliche Schirmer errettet hat? und diese alle sollst du mit Dank bezahlen. Mache es bey Leib nicht wie der Rab; sonst thät man dich mit gutem Fug einen Galgen-Vogel nennen. In dem alten Testament hat der allmächtige Gott absonderlich verboten, man solle ihm nur keine Raben aufopfern; Spatzen wohl, aber kein' Raben; Zeiserl wohl, aber keine Raben, Gimpel wohl, aber keine Raben. Wie ist dann der schwarze arme Tropf bei Gott also in Ungnaden kommen? Bei der Zeit gelten die Raben viel mehr, sonderlich auf denen Ducaten, welche insgemein die Räbler genennt werden, – und haben diese ihren Ursprung von dem ungarischen König Matthia Corvino, dem einst ein Rab einen guldnen Ring sammt einem sehr kostbaren Smaragd gestohlen und schnell davon geflogen, welchem aber der König so lang nachgesetzet, bis er ihn von dem höchsten Gipfel eines Baums herunter geschossen, und folgsam den Ring samt dem theuren Kleinod wieder erhalten. Worüber er nachgehends die Bildnuß des Rabens samt [171] dem Ring auf die guldene Münz hat prägen lassen. Diese Raben gelten annoch sehr viel, und singen der Zeit weit lieblicher, als eine Nachtigall. Aber in dem alten Testament war der Rab in einem so üblen Concept, daß ihn Gott ausdrücklich verworfen von seinem Opfer: Omne Corvini generis vitandum est vobis. Es geschah ihm aber gar recht dem undankbaren Gesellen; denn Noe hatte im Befehl, daß er von einer jeden Gattung oder Geschlecht der Vögl soll 7 in die Arche nehmen: 7 Adler, 7 Storchen, 7 Tauben, Alstern, 7 Gimpel, 7 Wiedehöpf etc., auch 7 Raben. Warum aber siebene? dann die Thier seynd derenthalben in die Arche salvirt worden, damit sie sich nachmals vermehrten: wann dann dem also, wessenthalben hat Gott befohlen siebene? hatte doch das siebente keinen Gespann, mit dem es sein Geschlecht konnte vermehren. Es hat darum der Allmächtige wollen, daß aus allen Gattungen der Vögel siebene in die Arche sollten gebracht werden, damit die drei Paar hernach sich wieder möchten propagiren, das siebente aber solle geschlachtet werden zu einem Opfer, um weilen sie der gütigste Erschöpfer in so äußersten Gefahren beim Leben erhalten. Haben demnach alle Vögel das schuldige Deo Gratias abgeleget, außer den Raben; dann weilen der siebente Rab Botenweis' ausgeschicket worden aus der Arche und nicht mehr zurück kommen, also hat' dieses schwarze Raben-Geschlecht [172] kein Dank-Opfer verricht, welche Undankbarkeit Gott dem Allmächtigen dergestalten mißfallen, daß er sie nachgehends nit hat mögen, im Tempel zu opfern, anschauen.

Aus wie viel Gefahren – besinn' dich wohl – hat dich der gütigste Gott errettet? Des Job seine sieben Söhn und drei Töchter seynd von dem Haus, welches durch Ungestümme der Wind' zu Boden gefallen, jämmerlich zerschmettert worden. Job. K. 1. – das hätte auch dir geschehen können. Der WeltweiseDiogenes ist von der Schlaf-Kammer, welche unverhofft eingegefallen, erschrecklich zerquetschet worden: Apollonid. 1. Gräco. – das hätte auch dir geschehen können. Joannes XXII., dieß Namens römischer Pabst, ist von einem neuen Zimmer, welches auf ihn gefallen, also verwundet worden, daß er den siebenten Tag hernach Tods verblichen zu Viterbii: Fulg. 9. 12. – das hätt auch dir geschehen können. Valentianus, römischer Kaiser, ist bei der Tafel an einem Stuck Fleisch ersticket: Sextus Aurelius l. 4. – das hätt auch dir geschehen können. Henrikus Niger, römischer Kaiser, ist an einem Stuck Brod ersticket: Culpini – das hätt auch dir geschehen können: Tarquinius Priscus ist an einer Fischgräte ersticket: Hagiograph. Guid. – das hätt auch dir geschehen können. Sophocles ist an einem Weinbeerl erstickt: Valer Max – das hätt auch dir geschehen können. Adrianus der [173] Vierte, römischer Papst, ist an einer Mucken, welche er samt dem Wasser hinein getrunken, erstickt: Naucler. – das hätt auch dir geschehen können. Constantinus der Kaiser ist eines gähen Tods gestorben: Palatina – das hätt dir auch geschehen können. Amurathes der türkische Kaiser ist des gähen Tods gestorben: Chalcocon. l. 7 – das hätt auch dir geschehen können.Attila der König in Ungarn ist des gähen Tods gestorben: Sigebert. in Chron. – das hätt auch dir geschehen können. Aristulphus, König in Longobardien, ist des gähen Tods gestorben: Culpini. – das hätt auch dir geschehen können. Joannes Albertus, König. in Polen, ist des gähen Tods gestorben: Crom. l. 3 – das hätt auch dir geschehen können. Ferdinandus I, König zu Neapel, ist des gähen Tods gestorben: Guicci. l. 1 – das hätt auch dir geschehen können. Joannes IV, König in Aragonien, ist des gähen Tods gestorben: Marinäus Buch 11 – das hätt auch dir geschehen können. Kaiser Henricus VI ist an dem Durchbruch gestorben: Aemil. 7 – das hätt auch dir geschehen können. Kaiser Albertus I ist eben an dieser Krankheit gestorben: Aen. Sylvi. K. 56 – das hätt auch dir geschehen können. KaiserFriederich der Dritte ist an dieser Krankheit gestorben: Cuspini. – das hätt auch dir geschehen können. Kaiser Maximilianus der Andere ist an dieser Krankheit gestorben: Cuspini. – das hätt auch dir geschehen können etc. Henricus der Erste, König in Engeland, ist ertrunken An. 1120: Matth. Paris. – das hätte auch dir geschehen können. Fergusius, der Albanier König, ist ertrunken. Boet. 9;Donnaldus, König in Schottland, ist ertrunken.[174] Boet. 9; Valdemarus ist ertrunken, ein König in Dänemark. Saxo. 15; Hartmannus der Andere, ein Bruder des Kaisers Rudolphi, ist ertrunken. Cuspini; Erivis, König in Dänemark ist ertrunken: Cranz. l. 6. Swez. – das hätte auch dir geschehen können. Tullius Hostilius, der Römer König, ist vom Donner erschlagen worden. Plutarch; Anastasius, der Kaiser, ist vom Donner erschlagen worden. Zonar. 3. Thl.; Carus, der Kaiser, ist vom Donner erschlagen worden. Sabell. l. 8; Zoroastres, König der Britanier, ist vom Donner erschlagen worden. Volteran; Hatto, Erz-Bischof zu Mainz, ist durch den Donner erschlagen umkommen: Sigebert. – das hätt auch dir begegnen können.Henricus der Erste, König in Spanien, ist durch einen Ziegel, der ihm auf den Kopf gefallen, um das Leben kommen; Ritius l. 3. – das hätt dir auch geschehen können. – Wie viel Tausend und 100000, welche du nit gekennt, wie viel, welche du gar wohl gekennt, seynd durch das Feuer, Wasser, Gift, Schwert etc. zu Grund gangen, wie viel des gähen und unversehenen Tods gestorben! das hätt auch dir widerfahren können. Weilen du aber allen diesen Ueblen entgangen, mußt es niemand andern zuschreiben, als Gott allein, der dich aus so viel unzählbaren Gefahren errettet hat; welche überhäufige Gnaden du ja schuldig bist, mit Dank zu bezahlen.

Allhier hab ich für gut angesehen, eine kleine Dank-Predigt beyzusetzen, welche ich Anno 1685 in der Haupt-Stadt Grätz in Steyermark, in Gegenwart einer großen Menge Volks und häufigen Adels, in der Stadt-Pfarr-Kirche vorgetragen, damit hierdurch ein jeder lerne, [175] wie dankbar er sich gegen seinen Gott soll einstellen, der ihn aus Pest, Krieg, Hunger und anderen Röthen salviret:


Thema.


In tribulatione invocasti me, et liberavi te.


Du hast mich in Trübsal angerufen, und ich hab dich errettet. Psalm. 80.


Von Grund meines Herzens wünsche ich, das heut die vornehme und hoffentlich Gott dem Herrn angenehme Stadt Grätz möchte die Natur und Eigenschaft der Sonne an sich nehmen. Die Sonne postirt mit ihren Feuer flammenden Pferden von einem Himmelszeichen zu dem andern: die Sonn' geht in dem Monat Januario in das Zeichen des Wassermanns, die Sonn' geht in dem Monat Februario in das Zeichen des Fisches, die Sonn' geht in dem Monat Martio in das Zeichen des Widders, die Sonn' geht in dem Monat April in das Zeichen des Stiers, die Sonn' geht in dem Monat Majo in das Zeichen des Zwillings, die Sonn' geht ein in diesem Monat, benanntlich im Junio, in das Zeichen des Krebses: Von Grund meines Herzens wünsche ich, daß heut die edle Stadt Grätz auch möchte die Eigenschaft der Sonne an sich nehmen, ebenfalls gehen in das Zeichen des Krebses. Zuruck, zuruck, mein Grätz, zuruck, denk zuruck, wie Anno 1680 dich der gerechte Gott mit einer scharfen Ruthe gezüchtiget hat! denke zuruck! daß gleichsam von lauter Ach, ach, ach, ach dasachtzigiste Jahr seinen Namen geschöpft hab.

[176] Zu Zeiten Elisäi des Propheten haben die Bären viel kleine Knaben zerrissen; Anno 1680 hat der grimmige Tod nit allein viel kleine, sondern auch große Leut allhier erwürget, denke zuruck!

Zur Zeit Mosis hat die Erd' ihrer zwei verschluckt, nemlich den Dathan und Abiron. Anno 1680 hat die Erd' nit nur 1000 allhier verschlickt, und hat mancher sein Grab gefunden unter einem verdorrten Baum, der noch in blühender Jugend war. Denke zuruck! Zur Zeit des berühmten Kriegsfürsten Josue hat der freche Dieb Achan einen guldenen Schatz entfremdet und unter die Erd' vergraben; Anno 1680 hat der zaundürre Dieb der Tod viel guldene Leut, einem manchen Mann sein Weib als einen guldenen Schatz, einem manchen Weib ihren Mann als ein guldenes Herz entfremdet und unter die Erde gebracht. Denke zuruck!

Zur Zeit des Propheten Ezechiel seynd die Felder voller Todtenbeiner gelegen; Anno 1680 hat man allhier um Grätz herum auf den Feldern, Wiesen und Aeckern hin und her viel Todte und Todtengräber angetroffen. Denke zuruck!

Zu Zeiten Jephte mußte dieser wackere Kriegs-Herr seine leibliche Tochter opferen; Anno 1680 haben manche Eltern ihre liebsten Söhn' und Töchter müssen aufopferen. Denke zuruck!

Denke zuruck, mein Grätz, und erwäge beinebens wohl, wer deine andere und annoch übrigen Innwohner von dem stark-tobenden Tod errettet hat! Wer? wer? Der ewige Gott im Himmel, so da dreifach in Personen, die allerheiligste Dreifaltigkeit hat dir Anno [177] 1680 das fernere Ach, Ach, Ach abgewendt. Dann Anno 16 und Achtzig hat Grätz Achtzig erfahren, was der gekrönte Prophet David in dem 80sten Psalm singt: In tribulatione invocasti me, et liberavi te. Du Grätz hast mich göttliches Drei in Trübsal angerufen und ich hab dich errettet. Deßwegen halt dein Wort, was du mir versprochen hast und so eifrig verheißen, nemlich eine schöne Ehren-Saul auf öffentlichem Platz und eine jährliche Danksagung!

Unser gebenedeiter Heiland hat einst drei seiner liebsten Apostel mit sich auf den hohen Berg Thabor geführet, ihnen daselbst gezeiget einen kleinen Abriß seiner himmlischen Glorie, ja er hat ein solches schönes, scheinendes, schimmerndes Angesicht gewiesen, daß sich Petrus gänzlich darin und daran verliebt, und also kurzum daselbst seine Wohnung aufschlagen wollte: So freundlich war das Angesicht Christi. Ein andersmal, wie der Stricks-Dieb Judas diesen seinen Herrn meineidig verrathen, und die hebräischen Lotters-Knecht Jesum von Nazareth mit großer Ungestümm wollten fangen, da hat er diese Lumpen-Bursch nur angeschaut: quem quaeritis? und mit diesem einzigen Blitzer, so aus seinen Augen geschossen, alle diese frechen Leut zu Boden geworfen, daß sie die Füß in die Höhe gehebt. So erschrecklich war das Angesicht Christi. Auf solche Weis' kann unser lieber Herr zweierlei Gesichter machen, süß und saur schauen? Ja, ja, ja. Diejenigen, welche im Leben ihn lieben, ihn loben, die schaut er ganz freundlich [178] und süß an; gegen dieselbigen aber, die ihn beleidigen, macht er ein sauers Gesicht. Etlich und 30 Jahr nacheinander hat Christus der Herr unsere Stadt Grätz ganz freundlich angeschaut, man ist allhier allezeit im Lust und Gust gesessen, fast ohne Plag, ohne Klag lebte man auch alle Tag, und immer in bester Ruhe, allezeit in Glückseligkeit: ein so freundliches Gesicht hat uns der allmächtige Gott gezeiget. Weilen wir aber die göttliche Güte mißgebraucht, mit öfterem Sündigen den Allmächtigen beleidiget, so hat er uns Anno 1680 auch ein sauers Gesicht gezeigt, welches so viel und viel Menschen nicht allein zu Boden geworfen, sondern gar unter die Erde gebracht. In der Stadt, bei der Stadt, um die Stadt war nichts als W, W, W allenthalben. Wissen sie aber, was für ein Buchstaben in demA B C nach dem W folget? S.T.V.W. X; auf das W folget das X; dieses schreibt man wie ein Kreuz. Gar recht; wie uns der gerechte Gott zu grassirender Pestzeit das W geschickt hat, so seynd wir freilich zum X, zum Kreuz krochen, haben die Händ in die Höhe gehebt mit dem Mose, haben an die Brust geschlagen mit dem offenem Sünder, haben ein Gelübd gethan mit dem Jephte, haben die allerheiligste Dreifaltigkeit verehret und inbrünstig angerufen. Und diese, diese, kein Galenus oder Leonicenus; diese, diese, und kein Hermogenes oder Aristogenes; diese, diese, und kein Welt-Arzt, sondern [179] die allerheiligste Dreifaltigkeit hat uns erlöst. In tribulatione invocasti me, et liberavi te.

Fünf ehrsame, sittsame, gehorsame, tugendsame, friedsame Jungfrauen, nachdem sie gar höfliche Ladschreiben von dem himmlischen Bräutigam empfangen, kommen mit brennenden Ampeln vor die Himmels-Thür, und werden daselbst mit aller Willfährigkeit eingelassen. Willkomm, willkomm, herein, herein, da sollt ihr lustig und fröhlich seyn! Fünf andere wohl geschmierte, wohl polirte wohl armirte Jungfrauen kommen gleichmäßig für die Himmels-Thür, jedoch mit leeren Ampeln; diesen hat man die Thür vor der Nase zugeschlagen. Ueber das ist sich zwar nit so hoch zu verwundern, dann sie tragten leere Ampeln, in welchen kein Oel, kein Dacht, und folgsam kein Andacht war; aber das ist ja wunderlich, daß diese arme Tröpfinnen haben noch überlaut geschrieen: Domine, domine, aperi nobis! Herr, Herr, mach uns auf! Heraus, hat es geheißen Herr, Herr, und darinnen war kein Gehör. Jonas in seiner nassen Herberg ist erhört worden, diese nicht; Daniel in seiner tiefen Herberg ist erhört worden, diese nicht; Anna in ihrer heiligen Herberg ist erhört worden, diese nicht; die drei Knaben zu Babylon in ihrer heißen Herberg seynd erhört worden, diese nicht: Warum? Darum, sie seynd Närrinnen gewest, fatuae; sie haben nit recht geschrieen, nur zweimal Domine, Domine, Herr, Herr, geschrieen! Die Grätzer seynd Anno 1680 um ein guts verständiger gewest und die Sachen viel weiser angriffen zur leidigen Pestzeit; dann dazumalen haben sie bei dem Himmel angeklopfet, Hilf begehrt,[180] und einhellig, nit allein zweimal, sondern dreimal aufgeschrieen: Domine, Domine, Domine, Herr, Herr, Herr! Die närrischen Menscher haben eine göttliche Person ausgelassen; aber die Grätzer haben ganz inbrünstig alle drei angerufen, Gott den Vater, Gott den Sohn, Gott den hl. Geist, diese allerhöchste Dreifaltigkeit, und die hat sie erhöret, und die hat ihnen geholfen.

Anno 1599 hat die Pest in Hispanien dergestalten grassirt, daß sie forderist die Stadt Segobriga schier ganz öd gemacht; so bald man aber ein Gelübd gethan, den Tag des hl. Rochi feierlich zu begehen, da hat sich diese Sterbsucht geendt und gewendt. Rocho hatten sie darum zu danken, dem, dem. – Anno 1680 hat die Pest grassirt durch ganz Italien, bis endlich der hl. Christophorus in der Stadt Brixen erschienen und an die Hausthüren den heilsamsten Namen Jesus geschrieben, worüber alsobald dieses Uebel aufgehöret. Christophoro, dem hatten sie darum zu danken, dem, dem. Anno 1503 war die Pest in der Stadt Papia, wo der Leib liegt meines hl. Vaters Augustini. Nachdem sich aber der Magistrat verlobet hat, jährlich 22 weiße Fackeln auf den Altar des hl. Vaters zu opfern, alsdann hat sich augenblicklich das Uebel geendt. Augustino, dem hatten sie zu danken, dem, dem. Anno 1625 ist eine sehr große und grassirende Pest gewest durch ganz Sicilien, welche nachmals gewendt hat die Vorbitt' der hl. Rosaliä. Rosaliä, der hatten sie zu danken, der, der. Anno 1680, nachdem die Pest den österreicherischen Boden ziemlich durchgraset und grassiret, und der grimmige [181] Tod seine Pfeil auch in Steiermark abgedruckt, nicht eine geringe Niederlag in und bei der Stadt Grätz verursachet. Solches Uebel hat gewendt wer? Die allerheiligste Dreifaltigkeit; dieser zu Dank soll alles singen und klingen; dieser zu Dank soll alles laufen und schnaufen; dieser zu Dank soll alles leben und schweben. Dann wegen des achtzigsten Jahrs ermahnt uns der 80ste Psalm, im 80sten Psalm der achte Vers wegen des Ach, Ach, Ach. In tribulatione invocasti me, et liberavi te; Du hast mich in Trübsal angerufen, und ich hab dich errettet. Anjetzo zahl', was du Ihr schuldig bist!

Petrus soll auf eine Zeit Geld erlegen; er hatte aber keines; dann das Geld und die Kassa führte der saubere Prokurator Judas, so dazumal nit gegenwärtig; weesenthalben der Herr dem Petro befohlen, er soll hingehen, den Angel in das Meer werfen, dem nächsten besten Fisch, den er werde heraus ziehen, in das Maul greifen, und Geld darin suchen. Petrus geht, fischt, fangt, zieht, sucht, greift, findt und bezahlt. Schuldig seynd wir, das wird kein verständiger Mensch widersprechen; schuldig seynd wir, denn warum erscheinen wir heut frühe und in so volkreicher Versammlung auf dem Platz, als eben aus Schuldigkeit? schuldig seynd wir, Gott zu danken: solche Schuld zu bezahlen, suche ein jeder das Geld in seinem Maul, auf seiner Zungen! Was der Fisch Petri im Maul habe gehabt, ob es ein halber Gulden oder ein Fünfzehner gewest, das weiß ich nit; aber was wir im Maul, auf der Zunge für ein Geld haben, das weiß ich wohl: es ist ein ungarisch Geld, ein Dreierl; versteh [182] den Dank, den wir dem göttlichen Drei, der unzertrennten allerheiligsten Dreifaltigkeit ablegen, und danken Gott dem Vater als unserm Erschöpfer, Gott dem Sohn als unserm Erlöser, Gott dem hl. Geiste als unserm Tröster, dem einigen Gott, als unserm Erretter zur Pestzeit.

Die Stadt Augsburg hat den Namen von Kaiser Augusto, welcher allda seine Burg hatte, und also Augsburg so viel heißt als Augusti Burg. Die Stadt München hat den Namen von einem Münichs-Kloster, welches daselbst gestanden, und derenthalben noch einen Münich im Wappen führet. Die Stadt Salzburg wurde zuvor Juvavium oder Helfenburg genennet; nachdem aber der hl. Rupertus alldorten das Salz erfunden – wie er denn allezeit mit einer Salz-Scheiben abgebildet wird – alsdann ist sie Salzburg gekauft worden. Die Stadt Wien hat den Namen vom kleinen Wasser, so daselbst, vorbei rinnt. Die Stadt Grätz hatte bei den Römerzeiten den Namen Floriana, nach gehends wurde sie genennt Savanna; wie sie aber von Attila, dem hunnischen Tyrannen, von Grund aus zerstört worden, und 600 Jahr hernach die Herren von Bernegg ihre Wohnung daselbst aufgerichtet, haben sie es in wendischer Sprach Grätz genennet, welches so viel als eine Burg oder eine Stadt heißt. Dieser soll der eigentliche Ursprung seyn des Namens Grätz. Solchem rede ich gar nit zuwider; aber wie wär' es, wann ich der Stadt Grätz thäte rathen, weilen sie ohnedas den Namen öfters verändert, sie soll hinfüro nit mehr Grätz, sondern Gratias heißen? Das versteht bereits ein Ackersmann: Deo [183] Gratias, mein Grätz, thue heut, thue allemal der allerheiligsten Dreifaltigkeit bezahlen um die große Gnad, welche sie dir Anno 1680 ertheilt! Grätz, Deo Gratias!

Matthäi am 8. Kap. wird eine Haupt-That registriret von einem Hauptmann. Dieser Hauptmann wohnte zu Capharnaum, und hatte einen Bedienten, welcher über alle Massen elend und krank war. Der wackere Soldat und rechtschaffene Offizier trägt ein innigliches Mitleiden mit dem armen Tropfen, bittet deßwegen in eigener Person Christum den Herrn, er wolle doch vermög seiner großen Gewalt den armseligen Krüppel gesund machen. Ja, ja, antwortet unser lieber Herr, curabo eum, ich will zu ihm hinunter gehen und gänzlich gesund machen, ja, ja. Nein, nein, sagt der Hauptmann, die Gnad wär gar zu groß, ich bins nit werth, daß du sollst eingehen unter mein Dach, sondern sprich nur ein Wort, so wird er schon gesund!Fiat, sicut credidisti. Auf solches Memorial hat der gütige Heiland alsobalden das Fiat geschrieen: Et sanatus est puer in illa hora, und in derselben Stund ist der Mensch gesund worden. Was muß doch dieß für eine Stund seyn gewesen? Die mehresten Lehrer und Scribenten sprechen, es sey gewest Hora tertia, um 3 Uhr. Wie der Zeiger auf drei gestanden, da ist der Mensch kurirt worden. Ein Zeiger auf einer Uhr ist vornher [184] geformt als wie ein Herz, dessen Spitz auf die Ziffer oder Zahl deutet. Mit Grätz hat es Anno 1680 fast eine gleiche Beschaffenheit gehabt: malè torquebatur, sie hat sich damalens in einem üblen Zustand befunden; sie war nit ungleich einem Schwemmteich zu Jerusalem, ubi erat multitudo languentium, allwo. eine große Menge der Kranken war; sie war nit ungleich dem Topf Elisäi, mors in olla, wo der bittere Tod scheinte; sie war nit ungleich dem bedrängten Egypten zu Pharaonis Zeiten, wo kein Haus war, da nit ein Todter gelegen; sie war nit ungleich jenem Reisenden von Jerusalem nach Jericho, welcher unter die Mörder gefallen und halb zu todt geschlagen: halb todt war schier damals die ganze Grätz-Stadt: malè torquebatur. Sobald aber das Herz der hochlöblichsten geheimen Stell, das Herz der hochlöblichen Regierung, das Herz des löblichen Magistrats, mit der gesammten Burgerschaft, das Herz des hochwürdigen Kleri auf drei gezeigt, nemlich auf die allerheiligste Dreifaltigkeit: sanata est civitas, »so hat man von Stund an Hilf erfahren.« Deßwegen heut auf allen Zungen soll und muß und wird erschallen bei allen das Deo Gratias.

Der hl. Joannes als eine geheimer Secretarius des göttlichen Consistorii hat auf eine Zeit gesehen den grimmigen Tod auf einem falben Pferd hin und her auf dem Erdboden reiten und große Niederlag verursachen. Anno 1680 ist der wüthende Tod zu Grätz auf seinem falben Pferd durch alle Gassen gesprengt, bis er endlich in eine Grube gefallen und den Hals gebrochen.

[185] Er ist kommen in die Sporn-Gassen, da hat es geheißen:


Meinem Pferd geb ich die Sporn,
Ich will euch wohl ertappen,
Ihr seyd gleich hoch oder nieder geborn,
Ich nehm euch bei der Kappen.

Er ist kommen in die Muhr-Gassen, da hat es geheißen:

Auch bei der Muhr führ ich meine Kur,
Ich will euch wohl kuriren:
Fort, fort, allo! bereit' euch nur,
Ihr müst von dann marschieren!

Er ist kommen in die Schmid-Gassen, da hat es geheißen:

Schlagt wacker mit dem Hammer zu,
Mein Pferd braucht auch Hufeisen:
Im Grab werd't ihr bald haben Ruh,
Das will ich euch wohl weisen.

Er ist kommen in die Stämpfer-Gassen, da hat es geheißen:

Widersetzen werd't ihr euch nit,
Trutz Sapermost, ihr Stämpfer,
Ihr ghört zugleich in meinen Schnitt,
Ich bin der beste Kämpfer.

Er ist kommen in die Herren-Gassen, da hat es geheißen:

Ihr hoch- und wohlgeborne Leut,
Seyd gnädig allzusammen;
Doch laß ich euch auch nicht unkeit,
Ihr Gestreng, das ist mein Namen.

[186] Er ist kommen in die Hof-Gassen, da hat es geheißen:

Ein' Hofmann geb ich gar nit ab,
Bin gar ein grober Schlegel,
Ich werf den Herrn und Knecht ins Grab,
Treff' König und auch Kegel.

Er ist kommen in das kälberne Viertel, da hat es geheißen:

Das kälberne Fleisch ist nit mein Speis',
Ich bin der Menschenfresser,
Um ein' Fasttag ich gar nit weiß,
Ich machs euch auch nit besser.

Er ist um die Stadt herum geritten, zu dem Sack-Thor herein, und als er in den dritten und andern Sack kommen, da hat es geheißen:


Ich bin der rechte Greif in Sack,
Stehlen ist schon lang mein Brauch:
Ich nehm' das Leben, laß Sack und Pack,
Bald erfahren werd't ihrs auch.

Ecce equus pallidus, et qui sedebat super eum, nomen illi mors! Wie nun der grimmige Tod in den ersten Sack kommen, gleich nahend auf den Platz, da ist er samt seinem falben Pferd in eine Grube gefallen, sich den Hals gebrochen, so bald man daselbst hat angefangen zu graben, eine Grube [187] zu machen, worinn nachmalens die Ehren-Saulen der allerheiligsten Dreifaltigkeit gestellet worden: dort in dieser Gruben hat der Tod den Rest bekommen. Ich will sagen: sobald man die Bildnuß der allerheiligsten Dreifaltigkeit aufgerichtet, so bald die Leut ihre Augen, und mit denen Augen ihre Stimm', und mit der Stimm ihre Händ, und mit denen Händen ihre Gemüther zu der allerheiligsten Dreifaltigkeit erhebt haben, alsobalden ist die grassirende Pest verschwunden. Darum laßt uns heut an allen Orten, mit lauten Worten singen und sagen:Deo Gratias!

Vor etlich Jahren war in einer vornehmen Stadt in Italia ein Priester, welcher seinem Stand gemäß fromm und gottesfürchtig lebte – wie es dann einem solchen geziemt geistreich zu seyn; dann nit umsonst der Minister bei dem Altar, so oft der Priester Dominus vobiscum spricht, allzeit diese Antwort gibt: et cum spiritu tuo, und mit deinem Geist. Also soll ein Priester nichts als geistreich seyn. Weil nun die Tugend ein Licht, so ist es nichts neues mehr, daß sich Nacht-Eulen finden, welche dieses Licht hassen. Es ist zwar ein kleines Städtl in Schwabenland, welches Neidingen genennt wird; aber so man die Wahrheit will bestehen, könnt' schier eine jede Stadt diesen Namen haben. Das mußte neben andern auch erfahren obgedachter frommer Priester, dem aus Neid einer ganz gewissenlos nach dem Leben [188] getrachtet. Es hatte aber dieser gottesfürchtige Mann unter andern löblichen Tugenden auch forderist diese, daß er nemlich sein Brevier oder hl. Tagzeiten mit sonderm Eifer gebetet, und weilen ein jeder Psalm an dem End mit dem Titul der allerheiligsten Dreifaltigkeit versieglet ist, als nemlich Gloria Patri, et Filio, et Spiritui sancto: Ehre und Glorie sey dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist; also hat dieser gute Priester die schöne Gewohnheit gehabt, daß er sich allemal zu diesem v. Gloria etc. ganz tief geneiget hat. Nun hat es sich einsmals zugetragen, da dieser mit gewöhnlichem Eifer das Officium gebetet ohne einige Sorg einziger Gefahr, daß sein Feind mit einem scharf beladenen Rohr durch das Fenster auf ihn gezielt, dasselbige abgedruckt. Siehe aber Wunder! das Rohr ist nit losgangen, nach Bekanntnuß des Bösewichts selbsten, bis sich der Geistliche zu seinem Gloria Patri etc. Ehr sey dem Vater und dem Sohn und dem hl. Geist! ganz tief gebucket: dazumal ist die Kugel aus dem Rohr geprellt, aber weit über den Priester geflogen. Wann sich also dieser gottselige Priester zu Ehren der allerheiligsten Dreifaltigkeit nit gebucket hätte, so wär er unfehlbar erschossen worden. Der grimmige Tod mit seinem Pfeil thut nach dem Leben zielen, er schießt seinen Bogen ab in Eil, und läßt mit sich nit spielen: das erfährt man täglich und stündlich; absonderlich hat man es gesehen vor 5 Jahren, bei welcher Zeit der wüthende Tod allerseits bei uns ganz ungestümm seine giftigen Pfeil hat abgedrucket. Wie kommt es aber, meine Grätzer, daß er so viel Tausend aus [189] euch nicht getroffen, indem er doch der beste und erfahrenste Schütz ist? Ich merke wohl, ihr wollt mir also antworten: Wie der Tod seine Pfeil abgedrucket und auf uns geschossen, da haben wir uns insgesamt gebucket und geneiget zu der allerheiligsten Dreifaltigkeit: Gloria Patri, et Filio, et spiritui sancto etc., bei ihr Hilf gesucht mit gebogenen Knieen; unterdessen seynd die Pfeil über uns geflogen, und also wir ohne Schaden verblieben. Solche große Gnad' schreiben wir niemand anderst zu, als der allerheiligsten Dreifaltigkeit.

Anselmus Minorita in Descript. Terrae S. Pagat. de admirandis Orbis Christiani schreibet: daß in dem hl. Land bei dem Fluß Ebron der Berg Mambre sey. Nit weit von diesem Berg sehe man ein altes Gemäuer, welches schon vor 3000 Jahren eine Wohnung war des großen Patriarchen Abrahams; nächst diesem alten Gemäuer stehet von 3000 Jahren her noch ein Eichbaum ganz grün zu allen Zeiten, welchen die Türken und Sarazener über Massen hoch verehren, auch selbigen mit allerlei von Gold und Silber gestickten Tüchern behängen, seynd auch des kräftigen Glaubens, daß, wann jemand frecher Weis' etwas von diesem Baum brechen sollte, er solches Jahr müsse sterben. Dieser Baum, wie man schreibt, soll noch stehen, und jederzeit grünen. Die Ursach ist diese: Mehr als vor 3000 Jahren ist die allerhöchste Dreifaltigkeit unter diesem Baum [190] dem großen Patriarchen Abraham erschienen in Gestalt dreier Männer: tres vidit, et unum adoravit: »als er diese drei gesehen, hat er einen angebetet.« Das ist die Ursach warum der Baum noch grünt und florirt, als könne auch nit anderst als floriren Land und Stand, wo man die allerheiligste Dreifaltigkeit verehret: das müssen wir merken. Nach diesem seynd erstgedachte drei Personen in Gestalt schöner Engel in das Haus des Abrahams eingetreten, ihm allda die glückselige Zeitung gebracht, daß er werde einen männlichen Erben bekommen, – wie es dann nachher geschehen, und ist solcher Isaak genennet worden, welches Wort auf deutsch ein Gelächter heißt. Risum fecit mihi Dominus, sagt Abraham, die hl. Dreifaltigkeit hat mir ein Lachen oder ein Gelächter in das Haus gebracht.

Dieß haben wir auch vor 5 Jahren in und um die Stadt Grätz erfahren. Vor 5 Jahren hat man allhier in der Wahrheit wenig Gelächter gespüret, wohl aber Weinen und Trauern allenthalben: Weinen und Trauern unter den Eltern, wann sie haben sehen müssen, daß der unbescheidene Tod ihnen die schönsten Blumen abgebrocket, ihre Kinder in blühender Jugend hinweg gezucket. Weinen und Trauern unter den Kindern, da sie Vater und Mutter verloren, um dero Hals sie oft, wie ein Wintergrün um einen Baum, sich umgewickelt; Weinen und Trauern unter den Eheleuten, wann sie haben sehen müssen, daß aus eins ist zwei worden, da sie nemlich in der Lieb vereiniget, durch den Tod seynd entzweit worden; Weinen und Trauern allenthalben. Sobald aber Grätz die allerheiligste[191] Dreifaltigkeit verehret hat, da hat es gleich geheißen:Risum fecit mihi Dominus. Da sich die Pest hat gewend't, da hat man wieder auf der Gassen gehört: Willkomm Bruder, da hat ein Freund den andern wiederum freundlich angelacht. Zu Kana in Galiläa ist das Wasser in besten Wein verwandelt worden; vor 5 Jahren ist Traurigkeit in Fröhlichkeit verändert worden. Zu Elisäi Zeiten ist das bittere Wasser in ein süßes verwandelt worden; vor 5 Jahren ist Leid in Freud verkehret worden. Zu Mosis Zeiten ist eine giftige Schlang in eine Ruthe verwandelt worden; vor 5 Jahren ist Trübsal in Freudenschall verkehret worden: Risum fecit mihi Dominus. Und das haben wir alles zu danken der allerheiligsten Dreifaltigkeit. In tribulatione invocasti me, et liberavi te.

Uns ist es weit besser gerathen, als denen Bäumen, von welchen die hl. Schrift registriret: daß nemlich die Herren Bäume, in Erwägung, daß alle Geschöpf' ihren König haben, die Vögel den Adler für ihren König, die gehenden Thier den Löwen für ihren König, die Fisch in dem Wasser den Wallfisch für ihren König, die Gestirn am Himmel die Sonne, die Steiner auf Erden den Diamant, die Blumen die Rose etc., als wollten auch die Bäume als nit mindere Geschöpf gleichermassen ihnen einen König erwählen. Der Reichstag wird ordentlich ausgeschrieben: alle Bäume kommen zusammen, geben ihre Stimm, und ersuchen ihrer drei nacheinander, haben aber von allen dreien einen Korb [192] erhalten. Bitten erstlich den Feigenbaum, er wolle die Kron annehmen und als ein bevollmächtiger Herr über sie herrschen: Impera nobis. Mein, es kann nit seyn! das war der erste Korb. Sie bitten nachmals den Weinstock, er wolle diese Würde antreten. Nein, es kann nit seyn! das war der andere Korb. Nach solchem tragen sie diese königliche Würde dem Oelbaum an, welcher sich gleichmäßig entschuldiget. Nein, es kann nit seyn! das war der dritte Korb. Das soll denen Bäumen wohl haben in die Nasen geraucht, absonderlich dem Cederbaum, dann dieser ist gar ein hochmüthiger Gesell, auch dem Eichbaum, dann dieser ohnedas ein grober Knispl, wohl auch dem Holzapfel-Baum, dann dieser fast all zeit ein sauers Gesicht macht. Sie mögen es empfunden haben oder nicht, so haben sie doch drei Körb bekommen. Denen Grätzern ist es weit glücklicher abgangen. Video homines velut arbores, wie dann jener Blinde nit übel von der Farb geredet, indem er die Menschen für Bäume angesehen: Vor 5 Jahren waren wir allhier zu Grätz solche Bäume, welchen der grimmige Tod seine Tyrannei stark an Tag geben; denn er ja nit wenig umgehaut. Solches war eine sattsame Ursach, daß sie auch einen König gesucht, der sie in Schutz und Protection möchte aufnehmen. Haben erstlich ersucht den Feigenbaum: Impera nobis, er woll [193] ihr König seyn. Durch den Feigenbaum wird verstanden Gott der Vater, welcher die süßeste Frucht getragen, nemlich das göttliche Wort, seinen eingebornen Sohn. Sie haben ersucht den Weinstock. Verstehe hierdurch die andere Person, welche in dem Evangelio spricht: Ego sum vitis vera! ich bin der wahre Weinstock. Sie haben gebeten den Oelbaum:Impera nobis, er woll ihr König und Protector seyn! Der Oelbaum ist eine Figur des hl. Geistes: massen die Tauben in die Arche Noe einen Oelzweig in dem Schnabel getragen. Zu diesen Dreien, nemlich zu der allerheiligsten Dreifaltigkeit, seynd die Grätzer kommen und sich völliglich dero Schutz und Schirm unterworfen, auch versprochen, verlobt, ihr ewig unterthänig zu seyn, alle Jahr auf öffentlichen Platz den schuldigsten Dank abzulegen, und dero hl. Bildnuß auf eine schöne Ehren-Saulen zu stellen. Und siehe, da hat es halb geheißen: In tribulatione invocasti me, et liberavi te: »Du hast mich in Trübsal angerufen, und ich hab' dich errettet.« Du denkest ja noch wohl daran, ich hab dich errettet.

Im Buch der Richter stehet geschrieben von dem Abimelech, daß er 70 seiner Brüder blutgierig erwürgt und allerseits eine unersättliche Tyrannei erzeiget habe. Er hat die Vestung Sichem belagert, gestürmt und in Asche geleget. Nach solchem hat dieser Blut-Egel die Stadt Thebes angriffen, auch selbige durch große Gewalt erobert. Mitten aber in dieser Stadt war ein Thurm, worauf sich Innwohner reterirten und sich tapfer zur Gegenwehr stellten. Solchen Thurm wollte auch Abimelech mit Feuer bezwingen, ist aber von einem Weib mit einem steinernen Willkomm also empfangen [194] worden, daß ihm hierdurch der Kopf zerspalten. Weilen nun Abimelech der Tyrann vermerket, daß er wegen solchen Stein müsse den Kehraus tanzen, als hat er seinem Waffenträger befohlen, er solle ihm das Leben gar nehmen, damit er nit den üblen Nachklang leide, ein Weib habe ihm den Rest geben. Es blieb aber dennoch wahr, daß ein Weib diesen hochmüthigen Gesellen mit einem Stein habe verwundet. Pfui! Dem blutgierigen Tyrann Abimelech ist zu vergleichen der Tod bei verwichener Pestzeit. Hat nit dieser grimmige Feind alles um Grätz um und um gestürmet? wie viel Menschen hat er erleget? wie viel aus denen Zuhörern müssen bekennen, daß dieser tyrannische Feind manche ihrer Bekannten und Verwandten hab' hingerissen und tyrannisch damit verfahren, bis endlich ein Weib ist kommen, die ihm mit einem Stein den Rest hat geben! Durch dieses Weib verstehe ich die Andacht der hochlöblichsten geheimen Stell, die Andacht der hochlöblichen Regierung, die Andacht des löblichen Magistrats etc. Sobald diese Andacht zu der allerheiligsten Dreifaltigkeit sich hat gewendet, ihr Versprechen, eine schöne steinerne Säule ihr zu Ehren aufzurichten, so ist alsobalden dieser Abimelech, der Tod, mit solchem Stein getroffen worden und den Rest bekommen.

Grätz, in diesem Fall die Haupt-Stadt in Steiermark, folget nach dem berühmten Kriegsfürsten Josue. Als dieser einst mit dem vergulten Bundes-Kasten in Begleitung der Kinder Israel zu dem Fluß Jordan kommen, da ist dieser Fluß durch göttlichen Befehl so höflich gewest, daß er oberhalb still gestanden und sich aufgebaumt, wie ein krystalliner Berg, unterhalb aber [195] abgeronnen; dahero die Leviten samt der Arche und dem ganzen Volk mit trucknen Füßen durchkommen, und weil ihnen die Arche des Herrn so wunderlich hat durchgeholfen, also hat der Kriegsfürst Josue zu einer Dankbarkeit und ewigen Gedächtnuß 12 große Stein lassen aufrichten, allen Nachkömmlingen zu einem immerwährenden Gedenkzeichen, daß ihnen der gütigste Gott so wunderlich hat hindurch geholfen. Diese Stein siehet man noch auf dem heutigen Tag; und wie der hl. Joannes Baptista bei dem Fluß Jordan geprediget, hat er auf diese Stein gezeiget und gesagt: Potens est Deus, ex lapidibus istis suscitare filios Abrahae: »Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams erwecken.« Dieser vergulte Bunds-Kasten war eine Figur der allerheiligsten Dreifaltigkeit; denn es war darinnen die Ruthe Mosis als ein Zeichen eines Gewalts: »die hat bedeutet Gott den Vater; es war darinnen die Tafel der Gesetz: diese hat bedeutet Jesum Christum, den göttlichen Sohn, welcher uns ein neues Gesatz gebracht; es war darinnen das süße Manna: dieses hat bedeutet den hl. Geist,dulcis hospes animae, der ein süßer Tröster der Seelen ist.« Hat ihnen also die allerheiligste Dreifaltigkeit in einer Figur durchgeholfen, weßwegen sie zu ewigem Dank und Denkzeichen die Steiner aufgericht.

Was Anno 2494 nach Erschaffung der Welt geschehen, was 1477 Jahr vor Christi Geburt geschehen, das ist auch Anno 1680 nach Christi Geburt geschehen. Ich will sagen, was mit dem Josue und den Israeliten geschehen: das ist auch mit uns [196] Grätzern geschehen. Wie seynd doch so Viel – deren nit Wenige gegenwärtig – wie seynd doch so viel bei der stark grassirenden Pest durchkommen? wie viel? wer? Honori, Matthias, Gregori, Jeremias, wer hat euch durchgeholfen? Athanasi, Ferdinande, Anastasi, Amande? wer hat euch durchgeholfen? Regina, Polixena, Rosina, Magdalena, wer hat euch durchgeholfen? Klara, Susanna, Sara, Joanna, wer hat euch durchgeholfen? wer? wer? Ich höre, ich höre: die allerheiligste Dreifaltigkeit, Gott Vater, Gott Sohn, Gott hl. Geist, der ein einiger Gott und drei göttliche Personen, die haben uns durchgeholfen, derentwegen wir auch zur ewigen Gedächtnuß und unsterblichen Angedenken eine steinerne Saulen wollen aufrichten.

Der hl. Joannes hat vor diesem in einer Entzuckung wunderbarliche Geheimnussen gesehen. Unter anderen hat er einmal vier Thier gesehen, welche man der Zeiten denen hl. Evangelisten zumalet: er sah einen Löwen, ein Kalb, ein Thier, das hatte ein Gesicht, wie ein Mensch, und einen Adler. Diese Thier hatten Tag und Nacht keine Ruhe, sondern lobten stets die allerheiligste Dreifaltigkeit. Sanctus, Sanctus, Sanctus, Heilig, Heilig, Heilig! Er, Joannes, hatte einen Löwen gesehen, ein Kalb gesehen etc., welche das Lob der allerheiligsten Dreifaltigkeit abgeleget. Aber ich sehe heut ein Panther-Thier, mit welchem das Herzogthum Steiermark pranget, dieses sehe ich heut, und hör ich heut das göttliche Drei loben und preisen! Heilig, Heilig, Heilig! Heilig Gott Vater, heilig Gott Sohn, heilig Gott der hl. Geist! [197] gebenedeit Gott der Vater, gebenedeit Gott der Sohn, gebenedeit Gott der heilige Geist! Gedanket sey Gott dem Vater, gedanket sey Gott dem Sohn, gedanket sey Gott dem hl. Geist! Ja, ich glaub, daß alle unsere Herzen werden beschaffen seyn, wie das Herz meines hl. Vaters Augustini, welches viel Jahre nach seinem Tod ein Engel dem hl. Sigeberto als eine besondere Reliquie eingehändiget, bei dem sich dann dieß große Wunder zugetragen: Wann man das Herz des hl. Vaters in ein krystallenes Geschirr auf den Altar gestellt, so oft der Priester in der hl. Meß die allerheiligste Dreifaltigkeit genennt, so oft hat sich das Herz bewegt und in die Höhe aufgewallet; auch so oft man das Buch, welches er von der allerheiligsten Dreifaltigkeit geschrieben, zu dem Herz gesetzet hat, so oft hat es sich in Gegenwart des Volks gerühret, und gleichsam in die Höhe gehupfet: also verliebt war was Herz meines hl. Vaters Augustini in die allerheiligste Dreifaltigkeit. Gleichmäßig glaube ich auch, daß alle Herzen der gegenwärtigen eifrigen Christen, und aller Grätzer insgesammt, seynd ganz und gar verliebet in dieses göttliche Drei, von dem sie vor fünf Jahren so große und überhäufige Gnaden empfangen, auch ferner hoffen durch diese allerheiligste Dreifaltigkeit von allen Uebeln befreit zu seyn. Es hat vermeint der Joseph, er habe dem Benjamin den besten Schatz in den Sack gelegt, indem er die Säck anderer seiner Brüder mit Treib hat lassen anfüllen, und obenher ihr Geld verborgen; dem Benjamin aber seinen silbernen Becher, wormit er pflegte zu weissagen, in Sack gestecket. Wir in Grätz haben weit einen [198] größern Schatz im Sack, N.B. und zwar im ersten Sack allhier, wo nemlich die allerheiligste Dreifaltigkeit, wodurch ich etwann so gut als Joseph mit seinem silbernen Becher kann wahrsagen. Wahrsagen will ich, daß wir hinfüran unter dem Schutz der allerheiligsten Dreifaltigkeit werden von der Pest befreiet seyn; wahrsagen will ich, daß wir mit Hilf der allerheiligsten Dreifaltigkeit werden Sieg und Victori wider unsere Feind erhalten: allermassen Gedeon, der tapfere Kriegsfürst, die Madianiter mittels der allerheiligsten Dreifaltigkeit überwunden; dann er nahm wider einen so starken Feind nit mehr als 300 Mann zu Ehren der allerheiligsten Dreifaltigkeit, die 300 mußten ebenfalls drei Stuck mit sich haben, nemlich eine Trompete, ein irdenes Geschirr, welches sie mußten zerbrechen, und eine Fackel: mit diesen dreien Stucken seynd viel 1000 Madianiter erleget worden. Durch die Trompeten wurde verstanden der himmlische Vater, welcher mit dem Schall eines einzigen Worts Himmel und Erde erschaffen; durch das irdene Geschirr wurde verstanden die andere Person in der allerheiligsten Dreifaltigkeit, als welcher die irdische Menschheit angenommen, und nachmals durch die hebräischen Mißgönner zerbrochen worden, wie man denn noch 5 große Riß oder Ritzer siehet; durch die Fackel wurde verstanden der hl. Geist, der in Gestalt feuriger Zungen über die Apostel erschienen. Gleichwie nun Gedeon den großen Feind, wie da die abgöttischen Madianiter waren, sieghaft überwunden durch die allerheiligste Dreifaltigkeit; also hoffen wir alle insgesamt durch sonderbare Beihilf und Gnaden der allerheiligsten Dreifaltigkeit: [199] durch die Macht des himmlischen Vaters, durch die Verdiensten des Sohns Gottes, durch die Gnad und Erleuchtung des hl. Geists unsern Erb-Feind, den ottomanischen Tyrannen zu überwinden. Wohlan denn, ihr tapfere Soldaten und Kriegsleut, marschirt wider euere Feind in dem Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, sprechend mit Mund und Herzen:


Allerheiligste Dreifaltigkeit, hilf uns den Krieg fortführen,

Hilf uns allzeit in unserm Streit, daß wir victorisiren.


Hilf, daß wir heuer recht obsiegen

Und unsere Feinde jagen,

Alsdann wir dir bei Füßen liegen,

Und ewigen Dank sagen!


Aus dieser schlechten und geringen Predigt kann man gleichwohl lernen, wie man dem gütigsten Gott seine Gnaden, wormit er uns so oft vom großem Uebel erlöst, mit Dank solle bezahlen. Wie Christus der Herr den Lazarum von den Todten auferwecket, hat er nit befohlen, daß man ihm soll die Grabtücher, mit denen er an Händen und Füßen gebunden war, hinwegnehmen oder auflösen, sondern Lazarus mußte also gebunden aufstehen: »ligatus manus et pedes« – uns hierdurch eine schöne Lehr zu geben: Wann [200] Gott jemand eine große Gnad erweiset, oder aus einem großen Elend errettet, wie den Lazarum von dem Tod, so sey er gebunden und verbunden, ligatus, verobligirt, ihm dessenthalben zu danken. Siehe, mein Mensch, es ist noch ein anderes Auszügl vorhanden, woran du Schuldenmacher ziemlich zu zahlen hast, allermassen dich Gott der Herr nit allein erschaffen, nit allein erhalten, sondern auch erlöset hat. Wer Gott dem Herrn nit danket, spricht mein hl. Vater Augustinus, um die Erschaffung, der verdient die Höll, und wer Gott nicht dankt um die Erlösung, der verdient, daß eine neue Höll für ihn werde.

Im Nachfolgenden wird gar nit specifizirt dasjenige, was Gott von der Krippe an zu Bethlehem deinetwegen ausgestanden; sondern nur wird dasselbige aufgezeichnet, was dein Jesus ausgestanden von der Zeit und Stund an, da er im Garten gefangen worden:


Auszügl.


Hans Adam Erdschrollen, sündiger Mensch auf der Welt, hat von mir Endesunterschriebenem die hiebei verzeichneten Gnaden empfangen. Hoffe, daß er solche mit Dank be zahlen werde.


Anno 3074 nach dem Absterben des ersten Menschen.

Gnaden:


Erstlich: Von der Stund an, da mich mein treuloser und meineidiger Apostel Judas mit einem falschen Kuß verrathen, bin [201] ich deinetwegen von einem Gericht zu dem anderen bis endlich an das Ort meiner bitteren Kreuzigung geschleppt worden, Schritt

6304


Mehr: In mein Angesicht habe ich von denen jüdischen Scherganten und andern zusammen gerotten Gsind harte Backenstreich empfangen

100


Mehr: Habe ich theils von den Soldaten, theils auch von den hebräischen Lottersknechten harte Stöß und Schläg an meinem Hals empfangen

120


Mehr: Hab ich deinetwegen 380 Schläg auf den Rucken, 43 auf die Brust, 85 auf das Haupt, 38 auf die Seiten, 62 auf die Schultern, 40 auf die Arm, 32 auf die Schienbein, in Summa empfangen harte Schläg und Stöß

410


Mehr: Seynd mir von dem übermüthigen Pöbel und unerzogenen Buben zu Jerusalem in mein Angesicht stinkende und unflätige Speichel neben unerhörtem Spott und Aushöhnung geworfen worden

32


Mehr: Bin ich wie ein veracht'er Erdwurm deinethalben zu Boden gestoßen und mit Füßen getreten worden, nit nur einmal, sondern

183


Mehr: Bin ich bei den Haaren und Bart mit unglaubigen Schmerzen von denen Soldaten und andern Gassen-Raupen gezogen worden

358


Mehr: Ist mir eine dörnerne Kron auf das Haupt gesetzt, und dieselbe also unmenschlich [202] eingedrucket, daß mir hierdurch Wunden seynd gemacht worden

1000
Mehr: Hab ich in meiner Geißlung Wunden empfangen
6666
Mehr: Hab ich in dieser Zerfleischung Bluts-Tropfen vergossen
730005

Mehr: Habe ich meine Arm an dem Kreuzbaum ausgespannt, und seynd mir eiserne Nägel deinetwegen durch Händ' und Füß geschlagen worden mit Hammer-Streichen

62
Mehr: Bin ich für dich gestorben. Die Summa Summarum meiner Schmerzen kannst du in kein
10000000
bringen

Loco Sigilli †.
Jesus dein Erlöser.

Soll es möglich seyn, daß der Mensch in Ablesung dieses Auszügels nicht an Händ und Füßen zittere? Siehest du anjetzo, was du deinem Erschöpfer und deinem Erlöser schuldig bist? Seynd dann dir deine Augen denen harten Kiesel-Steinen befreund't, und in Erwägung, daß für dich dein Heiland Jesus 63000 heiße Zäher vergossen, du gleichwohl mit keinem Tropfen Augenwasser versehen bist? Erwäge doch bei dir, daß zwischen einem Kothkäfer und Goldkäfer, zwischen Tausendgulden-Kraut und Brennnessel, zwischen einem Ziegelstein und Edelgstein, zwischen einem Lampel und einem Trampel nicht ein großer Unterschied sey, als zwischen dem Menschen und dem Engel, und [203] dannoch, wie der Mensch gesündiget, hat ihn Gott erlöst, und wie der Engel gesündiget, hat ihn Gott nit erlöst! Ein mancher Federhans und Prahler will weiß nit was für Bäume ausreißen, als wie der Xerxes, welcher mit 700000 Mann das Griechenland überfallen; aber du Xerxes mit allen deinen bewaffneten Soldaten, wann auch 100000 Philistäer Eisenfresser dabei wären, bist eine lautere Lettfeigen gegen einen Engel, welcher in dem Kriegs-Heer Senacherib hundert und fünf und achtzig Tausend erleget. Ein mancher Kothfink und polirte Mistbutte bildet sich ein, sie sey über alle Massen schön, und setzet bisweilen ein Paar schwarz-taffete Mucken auf die Wangen, damit nur das weiße Pergament desto sichtbarer heraus scheine, ja es muß gar oft auch der Anstrich diese leonische Waar für gut versilberen. Putz dich, schmuck dich, mein mit Ziegel bedeckter Saustahl, du kommst mir eben vor in deiner schönen Tracht, wie eine gezierte schöne Pastete, worinnen ein muffendes Brätl von einem alten verreckten Schimmel, du werdest halb nach deinem Tod alle Glutpfannen und Rauchwerk beschäftigen, und inner etlich Tagen ärger schmecken, als des Teufels sein Balsam-Büchsel. Pfui! siehe aber, wie schön ein Engel! Die hl. Theresia, diese seraphische Mutter und Jungfrau, ist von dem Himmel berichtet worden, daß, wann der Mensch nur mit einem Aug den alleruntersten Engel erblicken sollte, so müßte ihm das Herz über des Engels Schönheit vor lauter Süßigkeit in tausend Stucken zerspringen, also schön [204] ist ein einziger Engel. Wie schön werden dann tausend, hundert tausend, tausendmal tausend Engel seyn? Und dannoch – N.B. merkts wohl – und dannoch hat Gott die Engel nit erlöst, sondern den Menschen, den so geringen von Erdreich zusammen gepappten und zerbrechlichen Tropfen!

Ei du undankbarer Mensch, o du in Abgrund der Erden verfluchter Mensch, wann du die Lieb deines Herrn, die Treu deines Erschaffers, die Erbarmnuß deines Heilands nit tief zu Herzen fassest! Sieh hinab in die höllische Feuergruben, schau, da liegt in dem Pech und Schwebelteich der dritte Theil der Engel, eine so große Anzahl derselben, daß, wann allein diejenigen, welche in der Luft herum schweben, leibhaft und körperlich über uns schweben sollten, so müßte nach Meinung vieler hl. Lehrer die Sonne ihre Strahlen zurück ziehen und die Nacht stets in der Welt seyn, weilen unmöglich durch eine so große Menge und Dicke der korporirten Geister in der Luft der Sonnen mit ihren Strahlen durchzubrechen. Schau hinab, sprich ich, in den feurigen Schmelz-Ofen, schau, da liegt das edle Kleinod, welches Gott selber auf seiner Brust getragen, Lucifer der allerschönste Engel! Ach Lucifer, wie tief bist du hinab gefallen. Bist du dann nicht der schöne Stern, der früh Morgens also aufging, daß Sonn und Mond über deine Schönheit sich verwunderten? Freilich wohl bin ichs. Wie bist du dann so tief hinab gefallen? Non habui sublevantem me, »es hat mir niemand geholfen,« sagt er. 6000 Jahr lieg ich schon in diesem feurigen Schmelz-Ofen, und Jesus der Sohn Gottes hat mich noch nie mit einem guten Aug angeschaut; [205] 6000 Jahr werde ich noch darinnen schwitzen, und nach sechstausendmal tausend Jahr wird er mich noch mit keinem Aug anschauen, und also muß ich ohne einigen Augentrost von Ewigkeit das ewige Elend schmelzen, an ewigen Ketten und feurigen Banden angeschmiedet verbleiben – ich, der die schönste Creatur nach Gott war, mit so viel Millionen andern so edlen Geschöpfen bin und bleibe, ach, bleib und bin ewig verloren! und ein räudiges Schaf, ein stinkendes Aas, einen nichtigen Erdwurm, einen Sack voller Koth, eine Haut voller Elend sucht der Sohn Gottes 33 Jahr, geht und steht, lauft und schnauft, streit' und leid't 33 Jahr, nemlich für den Menschen; für mich aber hat er nicht einen Fuß aufgehebet, und wird auch ewig keinen aufheben! Ein Kleinod läßt Gott im Koth liegen, einen rußigen Bleischrollen hebt er auf; den Menschen erlöst er, die Engel läßt er im ewigen Verderben liegen!

O mein Christ, um die Barmherzigkeit Gottes, um das vergossene Blut des Sohns Gottes, um die blutrinnenden Wunden deines Heilands Jesu Christi, gehe doch einmal in dein Gewissen, frag dein Herz, ob du dessenthalben deinem Erlöser bist dankbar gewest? ob du nit diese unergründlichen Gutthaten mit Uebelthaten vergolten? O mein Jesu, eine Höll, tausend Höllen, hunderttausend Höllen seynd ja zu wenig für einen solchen Menschen, welcher dir um diese Lieb undankbar ist!

Weltbekannt seynd die heroischen Thaten, welcheGeorgius Gisera aus Böhem für den König Ladislao in Ungarn gethan hat. Ladislaus war noch[206] ein Kind, welches Kaiser Friedrich der Dritte bei seiner Hofstadt als sein Gerhab auferzogen. Die Ungarn hatten bereits wider diesen Ladislao rebelliret. Wladislaus, König in Polen, ist ebenfalls mit großer Macht in Ungarn eingefallen. Der einige tapfere Georgius Gistra oder Gisera mußte allen diesen anstatt des jungen Herrls Ladislai Widerstand thun, welches er dergestalten erwiesen, daß er den Feind nit nur einmal in die Flucht geschlagen, die Rebelien öfters mit ritterlicher Tapferkeit erleget, und allerseits große Glorie und Victori erhalten. Wie dieser Georgius einmal nach Neustadt kommen, und bei Ihro Majestät dem Kaiser Audienz begehrt, so hat er auch unterthänigist gebeten, man wollte ihn auch vor seinen jungen König kommen lassen, damit er demselben möchte die Händ küßen. Als er nun Ladislaum ersehen, empfangt er ihn mit diesen Worten: Nun sehe ich dich, mein König, einmal, und erfreue mich, daß ich so glückselig bin, deine königliche Würde zu sehen! o wann du wissen sollest, was ich deinetwegen hab ausgestanden, was Mühe und Arbeit, was Gefahr und Streit, wie manche Wunden! siehe die Wundmall, diese seynd ja kräftige Zeichen, daß ich deinem Herrn Vatern und dir bin getreu verblieben, und noch ist kein Unglücks-Fall, kein Tod, den ich deinetwegen nit erbietig bin auszustehen; aber du als ein Kind verstehest solches nit! und setzte nachmals mit lächletem Mund diese Wort' hinzu: Mein König, wirst du mirs aber vergelten? oder was Dank werde ich von dir darvon tragen? Ladislaus, ein Hrrrl im sechsten Jahr, nachdem obbemeld'ter Gisera hat ausgeredet, wendete [207] er seine Augen hin und her im Zimmer, ersiehet endlich den Almusen-Beutel seines Kammer-Dieners, nimmt denselben in der Geheim zu sich, und gibt dem Gisera, diesem tapferen Kriegs-Herrn, sechs Groschen; dann mehrer dazumalen nicht darinnen gewest. Vielen Anwesenden seynd deßwegen die Augen übergangen. Dem Georgio hat solches dergestalten wohlgefallen, daß er diese sechs Groschen hat lassen in Gold einfassen, und nachmals an dem Hals getragen als ein Kennzeichen der königlichen Dankbarkeit.

Was hab ich deinetwegen, o mein Mensch, nicht ausgestanden! sagt auch der Heiland Jesus, und zeigt uns noch seine offenen Wunden als purpurfarbene Zeugen und Zeugnuß seiner Lieb gegen uns; ja was wollen noch so viel Wunder, die er in der Welt mit seinen hl. Passions-Instrumenten wirket, anders andeuten, als seine unendliche Lieb, die er uns durch sein Leiden erwiesen!

Zu Placenz in der schönen Kirche des großen Spitals wird ein hl. Dorn von der Kron Christi aufbehalten, welcher schon zum öftern am Charfreitag just um 9 Uhr hat angefangen zu blühen. – In dem Marktfleck St. Quirici, zwischen Acsium und Fabrian, wird auch ein heil. Dorn gezeiget, welcher da alle Jahr durch ein ewiges Wunderwerk in der hl. Charwoche zu blühen pfleget. – In der Capelle des maltheserischen Großmeisters wird auch ein hl. Dorn gezeiget, an dem mehrmalen alle Jahr vermerket, daß er am hl. Charfreitag fängt an zu grünen und zu blühen. Joan. Bosius in Hist. Relig. S. Joan. Hier. p. 2. l. 7. In Umbria ist ein Ort mit Namen [208] Montone, allwo ein Dorn aus der hl. Kron des Herrn verehret wird, und mit höchster Verwunderung alle Jahr am Charfteitag von sechs Uhr bis auf neune grünet und schöne Blüthe bringen thut. Petr. Sanct. c. 16. – Zu Neapel in dem Kloster St. Patritiä ist ein Nagel, wormit der gebenedeite Jesus ist gekreuziget worden; in diesem siehet man etliche ganze bleiche Bluts-Tropfen. Wann aber die hl. Charwoche herbei nahet, werden diese ganz roth; am Charfreitag aber zeigt sich das frische Blut, welches schon gar oft mit größtem Wunder betrachtet worden. – Zu Venedig in St. Klara Kirchen ist auch ein hl. Nagel zu sehen, mit welchem die Füß unsers Herrn seynd angeheft worden. Auf diesem seynd auch etliche bleiche Mail von Blut, welche ebenfalls augenscheinlich alle Jahr am Charfreitag ganz lebhaft werden. – Zu Typhernar in der Domkirche daselbst ist ein hl. Dorn aus der Kron unsers Herrn, und siehet man an dem Spitz des Dorns ein subtiles Härl mit Blut angepicket. Alle Jahr am Charfreitag in derselben Stund, in welcher die dörnerne Kron auf das allerheiligste Haupt ist gedruckt worden, pflegt dieser ausgedorrte Bluts-Tropfen so frisch zu werden, als wär er erst aus einem lebendigen Leib gezogen worden. Und dieses Wunder sieht männiglich alle Jahr, außer denjenigen, welche in großen Sünden und Lastern verharret seyn. Thieopolus de Pass. Dom. tract. 13. c. 2. – Zu Donauwörth in Bayern haben die Patres Benedictiner auch einen hl. Dorn aus der Kron Christi, an welchem man alle [209] Jahr am Charfreitag spüret, daß kleine Tröpflein auf- und absteigen. August. Mang. Select. Hist. c. 166. – Der hl. Dorn zu Firmi in der Kirche des hl. Vaters Augustini, der hl. Dorn zu Brixen in dem Gottes-Haus St. Juliä, der hl. Dorn zu Barii, der hl. Dorn zu Policastri pflegen durch immerwährendes Wunder alle Jahr am Charfreitag Blut zu schwitzen. – In dem Marktfleck St. Maximi nächst bei Massilia werden in einem schönen, kostbaren krystallinen Geschirr aufbehalten etliche Bröckel Erden mit Blut vermischet, welche die hl. Maria Magdalena unter dem Kreutz genommen. Diese zeigen alle Jahr ein unerhörtes Wunder; denn alle Jahr am Charfreitag, wann man in der Passion diese Worte singet: Unus militum lancea latus ejus aperuit, et continuo exivit sanguis et aqua: Einer von denen Kriegs-Leuten eröffnete seine Seite mit dem Speer, und alsbald gieng Blut und Wasser heraus – zu diesen Worten thut sich das mit der Erde vermischte Blut alsobalden bewegen und über sich quellen, und währet solches Wunder bis zu dem End der Passion. Thieopol. de Pass. Dom. tract. 13. c. 2,

Zu was Ziel und End glaubst du, daß solche Wunder Gott alle Jahr wirken thue? was meinst du, der du solches liesest und solches weißt, was hierdurch der allmächtige Welt-Heiland wolle andeuten? Er, glaub du mir, er will durch solches in deinen Augen, forderist aber in deinem Herzen erneuren die Gedächtnuß seines bittern Leidens; er will dir, sofern du es schon vergessen hättest, noch anzeigen, was er deinetwegen, deiner Seelen wegen, deiner Sünden wegen, deines[210] Heils wegen habe gelitten, und verlange also eine Dankbarkeit von dir! Was kann ihn doch mehr schmerzen, als die Undankbarkeit!

Nichts hat mehr geschmerzet den gebenedeiten Heiland in seinem Leiden, als die Undankbarkeit des Malchi; indem dieser ihm einen so harten Backenstreich mit einer Eisen-Faust in sein Angesicht versetzet, welchem er kurz zuvor wunderbarlich das abgehaute Ohr wieder hat angeheilt. Für solche große Gutthat ist dieß der Dank. O verfluchte Schand! Gleichwie diejenigen Juden aus dem Geschlecht Ruben, welche Christum den Herrn im Garten gefangen und gebunden, drei ewige Flüch' über sich bekommen, und alle aus diesem Geschlecht müssen es noch entgelten, wo sie immer in der Welt seynd, als nemlich: was sie Grünes anrühren, dasselbe verwelkt den dritten Tag; was sie säen in die Erd, dasselbe geht niemalen auf; wo sie begraben werden, alldort wächst nit ein Gräsl. Item diejenigen Juden, dergleichen man vor diesem in Portugal angetroffen, welche aus dem Geschlecht seynd derselben, so Christo dem Herrn in das Gesicht gespiben, auf den heutigen Tag, so oft sie einen Speichel auswerfen, so springt ihnen solcher wieder in das Gesicht. Auch dieselben Juden, dergleichen in Polen und Moscau noch zu finden, welche aus dem Geschlecht derjenigen seyn, so unsern Erlöser gegeißlet, werden alle Jahr am Charfreitag 6666 blutige Mail am Leib bekommen, und werfen den ganzen Tag Blut aus; und schreibt Antonius [211] Caraffa, daß er einen solchen Rabbiner mit Namen Eleazar habe selbsten gesehen den ganzen Charfreitag so häufiges Blut auswerfen, daß er denselbigen Tag acht Fatzinetl verbraucht. Also auch alle diejenigen Juden, deren so viel zu Constantinopel aus dem Geschlecht Aser auf den heutigen Tag den rechten Arm um eine halbe Spann kürzer haben, als den linken, und eines jeden aus diesem Geschlecht rechte Hand wird von Mutter-Leib krumm seyn, zu einem ewigen Fluch, weilen nemlich aus diesem Geschlecht Aser der verruchte Malchus gewest, welcher unsern Herrn einen so harten Backenstreich in dem Haus Annä gegeben. O vermaledeiter Streich! Bist du ein Mensch? Nein, du bist über alle unvernünftige Thier! ein Tiger und Panther haben mehr Erbarmnuß als du! Du sollst denjenigen verwunden, der erst deine Wunden geheilet? Aber, mein Jesus, weit undankbarer bin ich, weit übersteige ich diesen Bösewicht in der Undankbarkeit. 547500 Tropfen Blut hast du wegen meiner vergossen, ein Tropfen ist so theuer, daß Maria Gottes Mutter mit allen Heiligen im Himmel, mit allen Engeln im Himmel, mit allen Menschen auf Erden immer und ewig nit kann bezahlen; und ich thue wegen so vieler tausend Bluts-Tropfen nicht allein dir nit danken, sondern veracht' dich, verspott dich, verwirf dich, marter' dich, kreuzige dich, tödte dich noch darüber, so oft ich eine Tod-Sünd' begehe! O unendliche Gütigkeit Gottes, [212] wie viel mal hätte ich schon sollen von allen Teufeln in den Abgrund der Hölle gestürzet werden, und du hast mich gleichwohl noch allzeit mit denen jenigen Armen, die ich ans Kreuz hab angenagelt, so väterlich umfangen! Wann ich dir schon danke 100000000000 mal, so ist noch nicht ein Tüpfl bezahlet an dem Auszügl, welches ich von dir empfangen! Es ist zwar die Undankbarkeit eines Menschen gegen den andern Menschen auch sehr verdammlich, und hat man dergleichen tägliche und stündliche Exempel und Beispiel in der Welt: es hat des Königs Pharao sein Mundschenk dem Joseph in der Keiche ganz guldene Berg versprochen, um weilen er ihm den Traum so gut und glücklich ausgeleget, es ist gleichwohl nachgehends solches Versprechen mit Pfui versiegelt gewest.

Es geschieht wohl öfters heutigen Tags, was vor diesem einmal geschehen zwischen dem Elia und Elisäo: Elisäus hat bei seinem Vater Elia um Gnad angehalten, und inständig gebeten, er woll ihm doch, dafern ihn Gott werde zu sich rufen, seinen doppelten Geist spendiren. Wie nun der feurige Wagen mit feurigen Pferden erschienen und den Eliam in die Höhe geführet, da hat Elisäus mit lauter Stimm angefangen zu schreien, und seinen heiligen Vater gelobt und gepriesen: Pater mi, Pater mi, Currus Israel et Auriga ejus! Sobald aber Elias seinen Mantel heruntergeworfen, welcher da gefüttert war mit einem doppelten Geist, non video eum amplius, »da hat ihn der Elisäus nit mehr gesehen.« Nit mehr? Ja nit mehr. Gesetzt,[213] er habe ihn nicht mehr können sehen, warum fahrt er nicht in seinen Lob-Sprüchen fort? Mein, mein, wie fragst du so seltsam? der Elisäus hat schon in den Händen, was er begehrt und verhoffet! deßwegen ist kein Wunder, daß er ihn nachmals nit mehr gesehen. Nit mehr? Ja, ja, nit mehr. Die Noth ist eine Mutter, die hat sehr viel Kinder: Complimenten, Reverenz, Basalaman, Ceremoni, Bitten, Versprechen etc., seynd lauter Kinder der Noth; aber die Kinder sterben mehresten Theil mit der Mutter. Wann keine Noth mehr, so seynd die Kinder auch nicht mehr. Ich heiß zwar nit Elias, hab aber gleichwohl einen Namen aus dem alten Testament. Es kommt einer zu mir, er macht Klafterlange Complimenten, er bucket sich wie ein Taschen-Messer: Pater mi, Pater mi! Sie könnten mir wohl helfen; da und dort und dort vermögen Sie etwas; Sie thun ein gutes Werk; der Teufel hohl mich, ich will dieses mein Lebtag in keine Vergessenheit stellen, ich will die Zeit meines Lebens mich emsig befleißen, diese Gutthat zu erwiedern und dankbar zu seyn. Wann dieser geschworen hätte: der Teufel hohl, so hätte er weit besser geredet; dann er und seine Wort seynd hohl, und werden hohl seyn, leer und nichts darinnen, darunter etc. Sobald er dasjenige erlangt, was er vorhero so inständig verlangt, so macht ers wie der Elisäus, nachdem er den Elianischen Mantel samt dem doppelten Geist erhalten: »Non videt me amplius, er siehet mich nit mehr,« er schaut mich nicht mehr an, er [214] kennt mich nit mehr, das Deo Gratias ist ausgeflogen, er macht nit mehr so große Reverenz, er neigt nur den Hals, als wie die Gäns', wann sie unter einem Steg durchschwimmen. Das ist fast eine tägliche Erfahrnuß bei mir, bei dir, bei uns, bei euch, bei diesen etc. Ein solcher Gesell kommt mir vor, wie ein Reisender bei heißer Sommerszeit: wann dieser einen Brunnen sieht, o wie erfreut er sich! er eilet hinzu, legt den Hut auf die Seite, er buckt sich; nachdem er aber den Durst gelöschet und nach Genügen getrunken, da ist die Ceremonie aus, er setzet den Hut auf, er zeigt dem Brunnen den Rucken, er schaut ihn nicht mehr an. Also gehet, und kommet, und bittet, und sucht, und tracht, und schaut, und zielet mancher, wie er doch dieß und das, weiß nit was, möcht erhalten, er macht Con – – – – stan – – – – ti – – – – no – – – – po – – – – li – – – – ta – – – – ni – – – – sche Ceremonien; so bald er aber glücklich erreicht, wohin er gezielet, so bald er bekommen, nach dem es ihn gedurstet hat, da ist der Kirchtag aus, seine Complementen singen das Completorium, sein Aufwarten citirt den Curtium, seine Anerbietungen floriren wie Feigenbaum am Weg, den Christus excommunicirt; ja oft zeigt er die Feigen gar, absonderlich wann die Blätter der Versprechungen abfallen, und werden oft die Gutthaten mit Uebelthaten vergolten. O Judas-Brüder!

Ein Bauer wollte einest etwas in die nächst entlegene Stadt tragen zu verkaufen; unterwegs aber,[215] wegen der schweren Last thät er bei einem Felsen rasten, in welchem Felsen eine große Schlange versperrt gelegen. Wie diese den Bauren wahrgenommen, so fanget sie an inständig zu bitten, er wolle sich doch ihrer erbarmen: Ich bitte dich um Gotteswillen, welcher dem Mosi in dem alten Testament von dem Erz und Glocken-Speis' auf eine hohe Saule mich zu setzen befohlen; ich bitt, ich bitt und bitt dich tausend und tausendmal, hilf mir doch aus diesem Loch, dann ich wegen des schweren Steins nicht kann heraus kriechen! Wie wirst du mich aber belohnen? fragte der Bauer. O mein herzallerliebster Mann, ich will dir der Dank geben, mit welchem die Menschen die größten Gutthaten pflegen zu bezahlen! So seys dann! der Bauer wälzet den großen Stein hinweg, daß also die Schlange in die freie Luft kommen, und des langen Arrests entlediget worden. Wie sie sich in der Freiheit befunden, so will sie mit großem Gewalt den Bauern umbringen! Holla! schreit der Baur, was ist das? soll das meine Belohnung seyn um die große Gutthat? ist das der Welt Dank? Ja, spricht die Schlange, die Menschen pflegen in der Welt das Gute mit dem Bösen zu vergelten, und solchen Welt-Dank hab' ich dir versprochen. Weißt du was, meine Schlange, entschuldiget sich der Baur, ich bin ein einfältiger Mann, und nit schriftgelehrt, ich will mich mit dir ohne gelehrte Zeugen in keine Disputation einlassen, sondern wir wollen andere suchen, welche hierinfalls verständig urthlen werden. Ist es Sach, [216] daß ich Unrecht habe, so will ich gern sterben. Begeben sich demnach beede, der Baur und die Schlange, auf den Weg, und treffen bald an einen alten Schimmel, welcher nichts als Haut und Bein tragte. Dieser hatte seine Weid auf einem dürren Feld, und war allbereits schon dem Schindophilo übergeben. Willkomm, Herr Schimmel, wie, daß ihr euch ganz alleinig auf diesem öden Feld aufhaltet? aus was Ursachen ist der Herr nit zu Haus im Stall bei einer guten Haberkost? Ach, meine Herrn, antwort' der Schimmel, ihr dürft euch deßwegen so stark nicht verwundern, es ist schon allbereits der Welt ihr Brauch: Ich bin 30 Jahr bei einem Edelmann gewest, dem dieses Geschloß vor euren Augen zugehörig, habe ihm gedienet, wie es einem redlichen Pferd zustehet; ich weiß mich wohl zu erinnern, daß ich ihn in dem vorigen Türkenkrieg bei Komoren etlichmal hab vom Tod errettet; jetzt daß ich alt, schäbig und ganz kraftlos bin, so hat er mich dem Schinder übergeben. – Siehest du es, Bauer, hast es vernommen, wie die Welt das Gute mit dem Bösen belohnet? Allo! jetzt bring ich dich um, sagt die Schlange. Gemach, bittet der Bauer, gemach, die Sach muß durch einen allein nicht geschlichtet werden! wann mehrere dieses Urthls werden seyn, alsdann will ich mich ganz urbietig ergeben. Gut! Die zwei beurlauben sich von dem Schimmel, und nehmen ferners ihren Weg fort. Bald aber trafen sie einen Hund an, welcher an einem alten Strick an einen Zaun angebunden. Willkomm, Herr Melampus, wie so melancholisch? Ihr müßt eine schlechte Kost haben, weilen ihr so beindrechslerisch ausschauet! wie kommt [217] es, daß Euer Hundheit also bei diesem Zaun sich befindet? Ach, seufzet der Hund, das ist mein Lohn, daß ich meinem Herrn so getreu gedient hab! was Strapaza habe ich in mancher Jagd und Hetz ausgestanden! wie viel Hasen hab ich meinem Herrn gefangen, und ihm also mit eignen Zähnen manches Schnapbissel erhäschet! will geschweigen, daß ich Schelmen und Dieb mit meinem Wachen und Bellen nächtlicher Weil hab abgetrieben; anjetzo, da ich alt, matt, müd und verdrossen bin, hat er mich an den Zaun binden lassen, und wird bald einer kommen, der mich erschießen wird! Allo! sagt die Schlang, Bauer halt her, dein Handel ist nun verloren, zwei haben dich schon überstritten. Ei nit so gäh, meine Schlang! dafern der dritte auch solcher Meinung wird seyn, so will ich mich nachmalens keineswegs weigern. In währendem Zank läßt sich ein Fuchs sehen, welcher sich selbst freimüthig für einen Richter bei diesen streitenden Parteien aufgeworfen; ruft dahero den Bauern ein wenig beiseits und fragt denselben, ob er mit Hennen versehen sey, und wie viel er ihm wolle spendiren, wann er ihn aus dieser äußersten Lebensgefahr salvire. Ich schenke dir alle Hennen, mein guldener Fuchs, sagt der Bauer. Ueber solches fängt der Fuchs mit besonderer Wohlredenheit die Sach vorzutragen, alle Umstände reiflich zu erwägen. Damit aber hierinfalls keinem ein Unbild oder Unrecht geschehe, sagt der Fuchs, also ist nothwendig, den Augenschein einzunehmen, wie sich der Handel hat zugetragen. Begeben sich dahero alle drei zu dem Felsen. Der Fuchs schüttlet den Kopf und läßt sich verlauten, als komme es ihm unmöglich vor, [218] daß die große Schlang in diesem Loch sey gestecket. Mein, Schlange gehe her, und zeig mirs, wie bist du darinnen gewest? Die schlieft hinein; der Bauer mußte den Stein fürwälzen; alsdann fragt mehrmalen der Fuchs: meine Schlang, ist es also gewest? Ja, ja, ganz natürlich ist es also gewest! Nun, nun, antwortet der arge Fuchs, ist es also gewest, so solle es also verbleiben. Dergestalten war der Bauer aus seiner Gefahr errettet, und voller Freuden dem Fuchsen versprochen, er solle früh Morgens um 7 Uhr im Haus auf eine gute Hennensuppe erscheinen. Der Bauer kommt etwas spät nach Haus, wessenthalben das Weib das Gestirn schon mit trotzigen Runzlen ausgespalirt und den armen Mann mit rauhen Worten bewillkommt. O mein Weib, sagt der Bauer, wann du sollt wissen, wie es mir ergangen, du würdest weit anderst reden! meine guldene Urschel, du hättest bei einem Haar deinen Mann verloren! Gedenke, was mir für ein Unstern begegnet: in augenscheinlicher Lebensgefahr bin ich gewest! und erzählet ihrs mit allen Umständen; doch hat der Himmel einen ehrlichen Fuchsen zu mir geschicket, der hat mich durch seinen Witz wunderbarlich erlediget: dessentwegen ich ihm aus schuldigster Dankbarkeit all unsere Hennen versprochen, und Morgen – wills Gott – in der Früh um 7 Uhr wird er dieselbigen abhohlen. Was? hohlen? sagt sie – Hennen hohlen? meine Hennen hohlen? hohl dich der Teu! was hast du mit meinem Gflüglwerk zu schaffen, du Schmarotzer? wer wird dir nachmals die Eier legen? du Bengel, du Büffel! komm mir nur der Fuchs, ich will ihm schon einen hölzernen Vergelts Gott zu [219] verkosten geben! Der arme Fuchs wußte um all diese Bosheit nichts; dahero ist er in der Früh in guter Sicherheit und Vertrauen in das Haus kommen, hoffte denselbigen Tag eine absonderliche Mahlzeit. Kaum aber, daß er einen guten Morgen abgelegt, hat ihn die Bäurinn mit einem Scheit Holz den Rückgrab eingeschlagen, daß also der arme Fuchs in diesen seinen Todesnöthen nichts mehrers lamentirt, als die Undankbarkeit der Welt, wie solche das Gute mit dem Bösen so vielfältig vergelte und bezahle.

Was kann besser die Wahrheit an den Tag geben als dieses Gedicht? und seynd fürwahr die Poeten nicht allezeit Phantasten, wann sie eine dergleichen lehrreiche Fabel phantasiren, in welcher ganz natürlich entworfen ist der jetzige Welt-Dank. Wie oft sehen wir, hören wir, greifen wir dergleichen Undankbarkeiten! und ist nit vonnöthen, alte Bücher und Geschichten zu citiren, welche dergleichen Laster häufig vortragen, sondern man hat ganz frische und nagelneue solche Begebenheiten. Es hat nit allein Moses von seinen Israeliten, nit allein David von seinem Saul, nit allein Agrippina von ihrem Nero, nit allein Amalsinthia von ihrem Theodato, nit allein Cicero von Augusto, nit allein Menelaus von dem Paris einen solchen üblen Lohn darvon getragen; sondern auch ich, und du, und ihr – besinn dich wohl – haben viel Uebelthaten für Gutthaten, Gift für Honig, [220] Goschen für Groschen, Spieß für süß darvon getragen. O Judas-Brüder!

Aber doch wäre die Undankbarkeit des Menschen gegen den andern noch zu verschmerzen, und verdient diese nur eine Höll; aber die Undankbarkeit gegen Gott verdienet mehr Höllen. Nit so grausam – ist gewiß – ist das Pantherthier in Libia; nit so erschrecklich – es ist wahr – ist das Tiegerthier in Hircania; nit so wild – es ist nit anderst – ist das Krokodil in Egypten, wie da ist die Undankbarkeit gegen Gott. Wessenthalben sein göttliches Herz nichts mehr schmerzet, als solcher Undank. Dahero gedenk nur, daß dir dein Kruzifix in der Stube auf deinem Altärl also zurede:


Siehe Mensch, wohin ich kommen bin, Was Pein ich übertrage, Ich stirb für dich und geh dahin, Hör', was z'letzt ich noch klage! Siehe an die Wunden, so für dich Dermalen ich empfangen, Siehe an die Nägel, an welchen ich Am Kreuz für dich gehangen; Und ob schon groß all Schmerzen seyn, Die ich bisher empfunden, Ist dieses doch mein' größte Pein Ueber alle Stich und Wunden, Daß, da ich all mein Blut hergab, So viel ausstund der Schmerzen, So schlechten Dank empfangen hab, Das schmerzet mich von Herzen.

Judas war auch in dem apostolischen Kollegio dem Faulenzen ergeben
[221] Judas Iscarioth, weilen er sein Leb-Tag, absonderlich bei Hof, die Arbeit wenig gewohnt, so war er auch in dem apostolischen Kollegio dem Faulenzen ergeben.

Nachdem der berauschte Herodes Antipas an seinem Geburts-Tag Johanni das Haupt hat lassen abschlagen, hat sich der Herr Jesus mit seinen Apostlen in die Wüste begeben; dem aber eine große Menge der Leut nachgefolget, etliche aus Andacht, weilen sie in sein göttliches Wort ganz verliebt waren; andere eignen Nutzens halber, weilen sie suchten von dieser oder jener Krankheit durch ihn kurirt zu werden; etliche wohl aus Bosheit halber – dann sie, forderist die Pharisäer, ganz genau beobachteten, ob sie möchten in ihm einen Tadel vermerken. Wie nun das Volk sich ziemlich verweilt, und die Zeit des Essens vorhanden, hat der Herr Jesus den Philippum gefragt: Mein Philipp, unde ememus panes, wo werden wir Brod kaufen für so viel Leut? Und als man ihm 5 Brod und 2 Fisch beigetragen, hat er gleich den göttlichen Segen über dieselben gegeben, und nachmals denen Apostlen befohlen, sie sollten es unter das Volk austheilen. Maldonatus und Cornelius in Matth 14. seynd der Aussag, als habe ein jeder Apostel von dem Volk einen Korb zu leihen [222] genommen, in welchen Christus der Herr ein Brod geworfen, welches gleich dergestalten gewachsen, und darmit 5000 Männer ohne Weib und Kinder seynd ersättiget worden, und noch derer Stücklen so viel übergeblieben, daß darmit 12 Körb voll angefüllt worden; dahero nach solcher ansehnlichen Frei-Tafel ein jeder Apostel mit einem Korb voll Brod auf dem Rucken zu unserm Herrn kommen. Eine oder die andere Frag ereignet sich hierinfalls: warum nemlich der Heiland den Philipp gefraget, unde ememus? wo werden wir Brod kaufen? Warum hat der HerrJudam nicht gefraget, indem doch dieser Procurator war? er führte die Kassa, dieser hatte in solchen Begebenheiten die beste Erfahrnuß, er wußte, wo das schwarze Brod, das weiße Brod, die Semmel, die Kipfel, das altbackene, das neubackene Brod verkauft wird; er kennt die mehresten Bäcker und Bäcker-Gesellen, die mehresten Wirth und Sudl-Köch. Darum ist Philipp gefragt worden und nit Judas; dann dieser war dazumalen schon ein Schelm, und unser lieber Herr hat schon gewußt, daß er nicht gern etwas umsonst gebe, weilen er in Geheim sogar denen Armen das Almosen gestohlen. Aus was Ursachen aber hat der rothbartete Partitenmacher auch einen Korb müssen auf dem Buckel tragen? Da antwortet der hl. Basilius, daß unser lieber Herr die Arbeit gar gern sehe, und hasse über alle Massen den Müssiggang, welchem Judas Iscarioth sehr ergeben war, und viel Zeit durch Faulenzen und unnützes Gespräch mit denen Juden und hebräischen Handels-Leuten, auch mit denen Pharisäern verzehret. In diesem hat Judas viel Brüder.

[223] In dem Bauern-Kalender am St. Galli Tag ist ein Bär abgemalt, welcher ein Holz oder einen Block über die Achseln trägt. Die Ursach dessen aber ist diese: der hl. Gallus, welcher ein sonderbarer Patron in Schweizerland, hatte einsmals etliche Fischlein in der Einöde mit dem Diacon Gildeboddo wollen braten, und zu diesem End ein Feuer angemacht. Unterdessen springt mit großem Gewalt ein wilder Bär hinzu, ob welchem Hildeboddus der Diacon sich sehr entrüstet; der hl. Gallus aber hat dem Bären befohlen, er soll kein fauler Bärenhäuter seyn, sondern lieber Holz herzu tragen; welchem Befehl der Bär alsobalden nachkommen, und Holz, Prügel nach Nothdurft zugetragen.

Der hl. Corbinianus, Bischof zu Freysing reiste auf eine Zeit nach Rom; unterwegs aber bei einem dicken Wald hat ein wilder Bär sein Pferd angefallen und selbiges zerrissen. Wer will anjetzo unsere Ranzen und Pinkel tragen, sagt Ansericus, der Diener, zu dem hl. Bischof, das Pferd ist hin. Anserice, sprach der hl. Corbinianus, laß dir derenthalben keine grauen Haar wachsen, gehe hin, leg alle unsere Wander-Pinkel auf den Bären, schaffe ihm, er soll anstatt des Pferds dieselbigen nach Rom tragen. Welches auch also geschehen; und mußte der Bär anstatt des Schimmels alle Last, wie ein zahmes Pferd, bis nach Rom auf dem Buckel tragen.

Der hl. Marinus lebte in der Wüste unweit [224] Arimini. Als er aber einsmals zu Rom gewisse Geschäfte verrichtet, und in der Rückkehr, großen Alters halber, auf einem Esel mußte reiten, so ist ein Bär so wild gewest, daß er dem hl. Mann seinen Esel zerrissen, worüber Marinus geschwind den Esels-Zaum dem Bären angehenket, den schlechten Esels-Sattel auf de Bären gelegt, und nachmals er selbst auf dem Bären bis in die Wüste geritten.

Deßgleichen haben dem hl. Humberto, dem hl.Romedio, dem hl. Florentio, dem hl.Magno und vielen anderen Heiligen mehr die Bären müssen arbeiten. Ich wollte wünschen, ich könnte gleichförmig bringen und zwingen nit zwar die Bären, wohl aber diejenigen Faulenzer, welche eine ganze Zeit auf der Bären-Haut liegen, und die edle Zeit in dem Müssiggang verschwenden: allermassen dem Menschen nichts schädlichers ist, als der Müssiggang. Dann fürwar ein großer Unterschied ist zwischen den Holz-Aepfeln und dem Menschen: die Holz-Aepfel werden im Liegen gut, die Menschen aber im Liegen werden schlimm. Eine andere Beschaffenheit hat es mir der Bruthenn' und dem Menschen: eine Bruthenn' mit Sitzen brüt' gute Hühnl aus, ein Faulenzer mit Sitzen brütet böse Händel aus. Es ist gar keine Gleichheit zwischen einem faulen Holz und zwischen einem faulen Menschen; denn ein faules Holz, absonderlich ein eichenes, glänzet in der Finster, aber ein fauler Mensch, der ranzt sich in der Finster.

In der Arch Noe seynd aus allen unreinen Thieren zwei, aus den reinen aber siebene durch die Engel geführet worden, wie es mein hl. Vater darvor hält; [225] und dieß ist geschehen in dem Monat Liar, welches bei uns ist der Majus: just in einem solchen Monat, wo Freud und Ergötzlichkeit allerseits gefunden und empfunden wird. Nun entsteht eine Frag, ob auch Mäus', Krotten, Frösch und dergleichen in dieses Schiff seynd eingeführt worden. Pererius mit Andern ist der Aussag, daß dergleichen Thier nit seynd in der Arche gewest, aus Ursachen, weilen ihr Geschlecht nicht vonnöthen hatte, in der Arche erhalten zu werden; dann sie nach dem Sündfluß durch so faule Aas und andere faule Materi seynd gewachsen. Ja die öftere Erfahrenheit gibst, daß dergleichen Thier aus faulen Aasen und unflätigen Materien ihr Herkommen haben; ist also auf keine Weis' zu sagen, daß eine Mucke oder ein Floh sey in der Arche gewest, außer es hätte aus denen 8 Personen dergleichen Käferl bei sich gehabt. So wachsen denn Mäus' und Krotten aus fauler Materi? Ja, was dann? und das wissen Alle. So glaub du mir auch, daß die größten Mausköpf, die leichtfertigen Krotten aus der Faulheit und von der Faulheit herstammen. Wo kommen her so viel Geld-Dieb und Zelt-Dieb? so viel Tücher-Dieb und Bücher-Dieb? so viel Wein-Dieb? so viel Brein-Dieb? so viel Eisen-Dieb? so viel Speisen-Dieb? so viel Schnier-Dieb? so viel Geschirr-Dieb? so viel Kandel-Dieb? so viel Bandel-Dieb? so viel Beutel-Dieb? so viel Kräutel-Dieb? so viel Geigen-Dieb? so viel Feigen-Dieb? so viel Better-Dieb? so viel Bretter-Dieb? so viel Hauben-Dieb? so viel Tauben-Dieb? so viel Lämmel-Dieb? so viel Kämpel-Dieb? so viel Fässer-Dieb? so viel Messer-Dieb? wo kommen die mehresten Dieb her, als eben [226] von dem Müssigang? die mehresten Mauser von der Faulheit? denn es heißt bei ihnen: Fodere non valeo, mendicare erubesco, »graben und arbeiten mag ich nit, das Bettlen schame ich mich,« so muß ich nothwendig stehlen. Wo kommen her eine Dalila und Rahab, eine Rhodope und Lamia, eine Thais, eine Lais, eine Flora etc. und viel tausend andere leichtfertige Krotten, als eben von der Faulheit? In dem ABC folgt auf das O gleich das P. Wann der böse Feind einen des O erinnert, O halt still! O hör auf, O rast eine Weil! O arbeit nit mehr! auf dieses O folgt unfehlbar das P, Peccatum die Sünd. Fleiß und Fleisch können sich miteinander gar nit vertragen, sondern sie seynd wie die zwei Amper in dem Brunnen: wann einer oben ist, so muß nothwendig der andere hinunter; wann der Fleiß, verstehe die Arbeit, die Oberhand hat, so wird dasFleisch und dessen Ueppigkeit unterdrucket; wann aber das Fleisch herrschet, so nimmt der Fleiß das Valet: dann sich allein arbeitsam und ehrsam miteinander vergleichen.

Der König David hat einmal der Lenz gestochen; deßwegen er Nachmittag Langweil halber sich niedergelegt und den Polster gedruckt; nachmals nach vielen Ranzen und Gaimetzen auf seiner Altana hin und her spazieren gangen, und also seinen Augen freien Paß vergonnt, welcher dann bald ein gewünschtes Wildpret ergafft, indem er gegenüber aus seiner königlichen Burg hat wahrgenommen, daß sich ein überaus schönes Frauenzimmer gebadet, welche ihm auf alle Weis dergestalten wohlgefallen, daß er gleich einige Bediente dahin abgesandt, daß sie ihm die schöne Madam sollen nach [227] Hof führen. Solchem seynd diese Gesellen emsig nachkommen, und gibt leider dergleichen Bediente mehr bei diesen unseren Zeiten, welche ihres Herrn seine Buhlschaft wissen zu vermantlen, und ihn mit dergleichen Geflügelwerk bestermassen versehen; auch so manche Dienstmagd die stillen Löffels-Posten und verdächtige Briefel nit hin und her thäte tragen ihrer gestrengen Frauen, so würde mancher armer Mann nit in das Zeichen des Widders kommen. Solche gewissenlose Bedienten seynd nit um ein Haar besser, als jener vermaledeite Diener Malchus – dessen Latern nit weit von Paris in Frankreich in der Kirche des hl. Dionysii aufbehalten – massen dieser Bös'wicht auch dem gebenedeiten Heiland einen so harten Backenstreich versetzet hat, nur darum, damit er seinem Herrn dem Hohen-Priester ein Wohlgefallen verursache. Also pflegen dergleichen Lakeien und Dienst-Menscher in aller Bosheit der Herrschaft an die Hand zu gehen, damit sie nur in dero Huld und Gnaden verharren, und zuweilen mit einem Recompens bezahlet werden. Dergleichen schlimme Vögel hatte der David zu Hof. Sobald solche vermerkt, daß sie dem König ein Wohlgefallen machten, haben sie auf solche Weis' die schöne Bersabea überredet, daß solche mit ihnen nach Hof gangen: in Summa, der David begeht den Ehebruch, welchen er nachgehends mit so vielen heißen Zähren beweinen, und den Psalm Miserere so vielfältig intoniren müssen. An allen diesen ist die Ursach [228] der Müssigang. Wär' David dazumalen, wie es dann hätte sollen seyn, in das Feld gangen und den Degen geführt, so hätte ihn der blinde Bub nit also verwundet. Piger und Niger gehen gemeiniglich miteinander, wie die 2 Jünger nach Emmaus, jedoch mit dem Unterschied, daß unser Herr nit mit ihnen wandert; dann wo derPiger, dort ist der Niger; wo der Müssiggang, dort ist des Teufels Anhang.

Jener Hausvater, welcher drei unterschiedliche Mal auf den Platz gangen, und allemal etliche Faulenzer angetroffen, weßwegen er sie mit diesen Worten angefahren: quid statis tota die otiosi? »was stehet ihr den ganzen Tag müssig?« o mein lieber Hausvater, wann du bei diesen Zeiten sollst auf den Platz kommen in dieser oder jener Stadt, du würdest weit mehr antreffen, welche da müssig stehen! Ecce, dort stehen etliche bei einander mit Mänteln, ni fallor, sunt Studiosi. Si, si, es seynd Studenten; man kennt sie aus dem linken Arm, dann sie pflegen gemeiniglich den Ellbogen heraus zu spitzen aus Gewohnheit, weilen sie unter demselben Arm so viel Jahr die Bücher getragen. Diese stehen schon anderthalb Stund müssig! O nein, mein lieber Hausvater, sie stehen nit müssig; sie arbeiten gar emsig, sie hechlen, das ist ihre Arbeit, verstehe mich aber recht, sie ziehen die Leut durch die Hechel. Geht eine ehrliche Frau vorbei, die etwa Rosen auf den Wangen tragt: Ecce! sagen diese Knöpf, die ist gewiß bei [229] einer Kindstauf gewest; es seynd etliche Seidl Wein gemartert worden, weilen das Gesicht roth ausgespalirt ist. Geht ein ehrliches Mädl übern Platz, Ecce, haec est serva bona et fidelis, das Mensch ist gut vertreulich, sie ist wohl nit wie dasselbe Kraut in Brasilia, von welchem man diese wunderbarliche Natur und Eigenschaft ausgibt: wann jemand solches Kraut will anrühren, so pauscht es sich ganz zusammen, als habe es eine natürliche Schamhaftigkeit! sobald aber der Mensch von diesem Kraut wieder abweichet, alsdann breitet es sich wieder auseinander. Dergleichen Reden Führen die Müssiggänger. Vidit alios stantes otiosos in foro. An demselbigen Eck des Platzes gehen Etliche mit unterschiedlichen Kleidungen. Einer zieht roth auf, der andere blau, der dritte gelb, der vierte grün, der fünfte braun, der sechste geschecket, allerley Farben, wie eine Taube am Hals; aber Tauben seynd diese nit, andere Vögel wohl; ich glaub und halt' sie für Herren-Diener. Diese stehen auch schon eine geraume Zeit müssig? Nein, mein lieber Hausvater, sie stehen nit müssig, sie leuten, Leuten ist ihre Arbeit. Das wissen diejenigen wohl, welche die große Glocke zu Erfurt leuten, welche etliche hundert Centner schwer, und deßwegen 24 starke Gesellen dieselbige zu leuten erfordert werden, dero Klang auf drei deutsche [230] Meil' gehört wird. Aber verstehe mich wohl mein, Hausvater, diese leuten nur die Sau-Glocke, s.v. diese seynd fast wie die Wiedhöpf', nit zwar derenthalben, weilen sie auch immerzu einen Federbusch tragen, wie dieser Vogel, sondern darum, weil dieser Vogel sich mehresten aufhaltet an wilden und stinkenden Orten, und seinen Schnabel immerzu stecket in Koth, Mist und Unflat. Vidit alios stantes in foro otioso. Unterhalb des Platzes stehen mehrmalen einige, allem Ansehen nach seynd diese Burgersleut; solche seynd auch müssig? Nein, mein lieber Hausvater, sie stehen nit müssig, sie schneiden, Schneiden ist ihre Arbeit. Es ist ja Schneiden eine Arbeit, Holz schneiden, Kraut schneiden; zwar sie thun nur aufschneiden, bringen allerlei Zeitung auf die Bahn, lügen so sehr, daß sich der Thurm zu Kölln möcht auf die andere Seite biegen. Das Messer, mit dem der hl. Apostel Bartholomäus ist geschunden worden, wird in der churfürstlichen Haupt-Stadt Mainz aufbehalten, und in der Haupt-Kirche gezeiget. Dieses Messer ist nit gar zu klein; aber das Messer, mit welchem diese Leut also unerhört aufschneiden, ist um viel größer und schärfer.Vidit alios stantes otiosos. Zu End des Platzes stehen auch zwei ganz müssig. Es seynd aber nur Weiber, die seynd bei der Fruhmeß gewest, und stehen schon bis um 9 Uhr bei einander; sie seynd ja auch müssig? Das gar nit, mein lieber Hausvater, sie lesen alle beede, Lesen ist ja nicht müssig gehen! aber sie lesen nur ihren Männern die Planeten. Wie geht es dir, mein Baberl? Wie wollts gehen, es hat halt einer ein großes Kreuz! die hl. Barbara malt man mit einem Thurm ab, mich könnt man wohl malen [231] mit einer Keiche, ich darf eine ganze Zeit nicht ausgehen; mein Mann ist gar ein eifersüchtiger Narr! Aber meine Margareth, ich bilde mir wohl ein, ihr habt auch kein Paradeiß. Ich mein wohl, sagt diese, es sey niemand also geplaget, wie ich; wohl recht hat man mich Margareth getauft, ich hab' freilich wohl einen Lindwurm, der immerzu voller Gift und Zorn; wann ich eine Wirthinn wär, so müßt mein Wirthshaus heißen bei dem wilden Mann. Gedenke, wie er gestern nach Haus kommen mit einem Rausch, weilen das Essen nit gleich ist auf dem Tisch gestanden, so hat er mich zweimal in das Gesicht geschlagen, daß mir das Feuer zu den Augen heraus gangen! Der Ochs sagt freilich wohl, er schlagt mich nur mit dem Rosenkranz: dank dir's der Henker! er hat keinen andern Rosenkranz, als die Faust, denn er bet' seine Sach alles an Händen. So oft er einen Spitz nach Haus bringt, so ist er ein solcher grober Knopf. – Viel andere mehr stehen auf Gassen und Strassen müssig, verschwenden die Edle Zeit; unterdessen solcher Müssiggang brütet nichts anders aus, als alles Uebel! Eine Wurzel, aus der alles Uebel wachset, ein Brunn, aus dem alle Bosheit rinnet, eine Mutter, die alle Laster gebähret, ein Präceptor, der alle Leichtfertigkeiten lehret, ein Haus, wo alle Schelmereien loschiren, ein Meister, der alle Untugenden schnitzlet, ein Amboß, wo alle Sünden geschmiedet werden, ist der Müssigang. Eine Uhr, die da stehet und nicht gehet, ist nicht nutz, ein Wasser, das da stehet und nicht gehet, ist nicht nutz, ein Schiffel, das da immerzu auf dem trucken' Land stehet und nicht gebet, ist nichts nutz, ein Faulenzer, der immerzu müssig stehet und [232] nicht gehet, ist auch nichts nutz. Salomon, mit dem Salomon Absalon, mit dem Absalon Ammon, mit dem Ammon Samson, mit dem Samson Junge und Alte zu Sodoma, Große und Kleine unter den Israeliten wären nit so grob gefallen, wann sie nit wären müssig gangen.

Etlichen Weibern gefällt der weise Salomon nit, indem er ein rechtschaffenes Weib ganz weitschichtig beschreibt. Unter andern sagt er, was einer solchen wohl anständig gewesen: Sie hat Woll und Flachs gesucht, und hat gearbeitet nach dem Rath ihrer Hände, sie hat ihre Händ zu starken Dingen ausgestrecket, und ihre Finger haben die Spindel ergriffen, sie hat schöne Leinwand gemacht und verkauft, und hat den Kananitern ein Quintel geliefert; sie hat die Weg ihres Hauses in Acht genommen, und hat ihr Brod in Müssiggang nit geessen. Dieses gefallt manchem Frauenzimmer nit. Was, sagt eine, soll ich arbeiten? für wem seynd die Menscher? ich muß meiner Andacht abwarten! zu Morgens stehe ich um halbe 10 Uhr auf (Holla! das ist eine neue Modi! Magdlena samt den zwei anderen ist um ein gutes früher aufgestanden, wie sie zum hl. Grab ist gangen); wie ich sag, um halb 10 Uhr ist meine Ordinari Stund, nachmalens hab ich meine ausgezeichnete Kirche; darinn verbleib ich bis es Zeit zum Essen – dann bei uns Weibern steht gar wohl die Andacht, muß doch sonsten der Weihbrunn umsonsten in der Kirche austrucknen, so wir nicht wären. Nach der Tafel foppe ich mich mit dem Pamphilio, und wirf [233] zuweilen ein lächerliches Wort unter die Karten; nach diesem so eile ich wiederum zu der Litanei. Gräfinn, gehe daher in meinen Stuhl! Auweh, wie seynd halt die gemeinen Leut so grob! sie thun einem mit harter Mühe weichen. Meine Gräfinn, wie gehts dir? oder wie stehe ich bei dir in Gnaden? was schreibt dir dein Herr? du hast gewiß schon innen worden, daß die französischen Waaren verboten! Es ist wohl ungereimt, mit der Weil wird man uns aus einem alten Fürhang ein Manto anmessen. Ich achte es nit so viel, wann nur das gemeine Geschmeiß nit also thät aufziehen. Schau, meine Gräfinn, an diese Secretari-Frau auf der andern Seite im dritten Stuhl, was sie für einen schönen Brocat traget; das lateinisch Ziefer will uns in allem gleich seyn. Je, schau, die Lateininn fanget schon an! ach Gott sey mir gnädig, ach – –! o heil. N. stehe mir in allem bei, o mein hl. Schutz-Engel, o – – –! Meine Gräfinn hätte bald vergessen, wo ist die Gesellschaft? ich werde dich ja auch darbei antreffen? Es ist mir die Weil so lang zu Haus. Mein Herr hat heut eine Kommission, so hat er auch die Post noch nit abgefertiget etc. Nach der Gesellschaft fahre ich wiederum nach Haus, da thut man anrichten, und stehen wir vor 11 Uhr nit auf, nachmals hab ich noch etwas wenigs zu beten und mit dem gehe ich in das Bett. Solchergestalten, Gott Lob, bring ich meine Zeit [234] gar ordentlich zu. Uebermorgen hab ich wieder einen Beicht-Tag.

Ihr Gnaden, mit Erlaubnuß, daß ich so streng reden thue, das heißt ordentlich gefaulenzet. Sie verstehen ungezweifelt auch ein wenig Lateinisch. Schauen Sie,orare und arare müssen beisammen seyn! es muß bei dem Beten das Arbeiten, und bei dem Arbeiten das Beten seyn. Beten und Arbeiten seynd zwei Riegel, welche dem bösen Feind die Thür verschließen; Arbeiten und Beten seynd zwei Flügel, mit welchen der Mensch von Sünden flieget; Beten und Arbeiten seynd zwei Ziegel, mit denen des Menschen Sinnlichkeiten gezaumet werden:


Arbeiten ohne Beten
Ist eine Nuß ohne Kern,
Ist ein Himmel ohne Stern.
Arbeiten ohne Beten
Ist ein Faß ohne Wein,
Ist ein Gold ohne Schein.
Arbeiten ohne Beten
Ist ein Teich ohne Fisch,
Ist eine Stube ohne Tisch.

Herz und Zunge hat Gott dem Menschen gegeben zu dem Gebet; Händ und Füß hat Gott gegeben dem Menschen zu der Arbeit. Es hat unser lieber Herr nicht allezeit gebetet, sondern auch vielfältige Arbeit verrichtet; der gebenedeiten Mutter selbst das Wasser nach Haus getragen, dem liebsten Nähr-Vater Joseph[235] ein manches Brett helfen abhoblen. Es hat Maria nit allezeit gebetet; in aller Fruhe zwar ist sie etliche Stund in dem Gebet eiferigst verharret; nachmals aber hat sie auch Hand-Arbeit verrichtet, gespunnen oder genähet; nachmals hat sie durch Lesung der hl. Schrift und Betrachtung göttlicher Geheimnuß die übrige Zeit zugebracht; und diesen Wandel führte sie dazumal, als sie noch mit anderen im Tempel war. Also bezeuget Sabellius und Carthagena. Nachdem sie auch wunderbarlicher Weis' den Sohn Gottes geboren, hat sie zu ihrem allerheiligsten Gebet auch die Hand-Arbeit gesellet. Denjenigen Unter-Rock Christi, welchen die Juden unter dem Kreuz unzertrennt gelassen, und welcher mit Christo von Kindheit auf solle gewachsen seyn, haben gemacht die Händ' der allerseligsten Jungfrauen Mariä; dasjenige Tisch-Tuch, worauf das letzte Abendmahl gehalten worden, hat Maria mit schönsten Lilien ausgenähet, ja man hat annoch an unterschiedlichen Oertern Gespunst und Knäul-Garn von der Arbeit Himmels-Königinn Mariä, welche außer der Zeit ihres heiligsten Gebets nit einen Augenblick wollte feiren oder müßig gehen.

Nachdem der hl. Paulus aus einem Saulo ein Paulus, aus einem Verfolger ein Nachfolger Christi, aus einem Verkehrer ein Lehrer worden, hat er 35 Jahr durch Arabiam, Syriam, Cilicium, Pamphiliam, Lycaoniam, Phöniciam, Samariam Mysiam, Phrygiam, Galatiam, Bithyniam, Samotraciam, Macedoniam, Thessalonicam, Cäsaream, Antiochiam, Galliam, Italiam, Hispaniam geprediget; aber das nit allein, Wunderwerk gewirket; aber das nicht allein, gebetet [236] auf das eifrigste; aber das nicht allein, sondern auch seine Lebens-Nahrung und Leibs-Unterhaltung gesucht durch die Arbeit seiner Händ.

Petrus, Thomas, Jakobus, Joannes, nachdem sie auch in das apostolische Collegium kommen seynd, und diese hohe heilige Würde angetreten, haben dannoch noch auf dem Befehl Christi selbst zum öftern durch die Arbeit und durch das Fischen sich unterhalten müssen, und hat unser lieber Herr nit allezeit wollen, daß Iscarioth seine Victualien einkaufen, sondern sie haben müssen bisweilen durch die harte Arbeit das Brod gewinnen.

Der Evangelist Lucas war ein sehr hl. Mann, welcher allerseits die Ehr und Lehr Christi mit größtem Eifer ausgebreitet, und stets mit himmlischen Betrachtungen sein Herz gespeist; gleichwohl aber wollt er nit einen Augenblick feiren; sondern den Pinsel in die Hand genommen und seine Maler-Kunst getrieben: wie dann die Bildnuß Christi des Herrn zu Rom, die Bildnuß der seligsten Mutter Gottes daselbst bei Maria major, die Bildnuß unser lieben Frauen zu Regensburg, welche der hl. Kaiser Henricus dahin gebracht, von dem hl. Luca seynd gemalt worden. Zu Biel in Welschland ist ein geschnitztes Maria-Bild aus Cederholz, zu welchem eine unbeschreibliche Andacht und Zulauf ist; und erscheinen an diesem Ort am Fest unser lieben Frauen Himmelfahrt gegen 50,000 Personen; auch ist erst vor 24 Jahren allda dieses Wunder geschehen, daß einer Namens Joannes Sa acht ganzer Jahr keine Zunge gehabt, welche ihm von denen Mördern ab- und ausgeschnitten worden, und doch dieselbige Anno 1661 durch Hilf der wunderbarlichen [237] Mutter Gottes an diesem Ort wieder erhalten. Diese hl. Bildnuß hat auch mit eignen Händen geschnitzlet der hl. Lukas, daß er also nie müssig gangen.

Antonius, ein Heiliger, außer den Betstunden hat Körbe gemacht. Serapion, ein Heiliger, hat öfters auf dem Acker die Bauern-Arbeit verricht. Stephanus, ein Heiliger, hat nit allezeit betracht, sondern zu gewissen Stunden auch Strick gewirket.Ulmarus, ein Heiliger, hat sich nit stets im Chor aufgehalten, sondern zu gewissen Zeiten Holz gehacket. Pachomius, ein Heiliger, hat nit allzeit psalirt, sondern gar oft im Garten gearbeitet, damit sie nur keinen Augenblick müssig gehen; dann sie wußten wohl, daß von Feiren das Feuer herkomme, und der Müssiggang eine Vigil sey des Untergangs, und die Trägheit eine Furierinn sey der Geilheit.

Der berühmte Kriegsfürst Josue führte einst seine tapferen Soldaten wider 5 Könige der Amorrhiter, nemlich wider den König zu Jerusalem, wider den König zu Hebron, wider den König zu Jerimoth, wider den König Lachis, wider den König zu Eglon, und hat nit allein durch sonder göttliche Hilf dero ganze große und volkreiche Armee erlegt, sondern auch gedachte 5 König an 5 hohe Bäume aufgehängt. Dazumalen konnten die Bäumer schier stolzieren, daß sie solche vornehme Frucht getragen. Bei der blutigen Niederlag dieser Amorrhiter hat sich neben anderen auch dieses Wunder zugetragen, daß Josue der Feld-Herr, weilen ihm der Tag nit erklecket, der Sonnen befohlen, sie soll stillstehen und ihren Lauf inne halten, damit er desto füglicher und bequemer den Feind möge [238] verfolgen. Worüber dann alsobalden die Sonne gehorsamet und noch 24 Stund länger am Himmel geleuchtet, daß also vorhin und hernach kein Tag so lang gewähret. Dieses Wunder ist geschehen Anno 2500 von Anfang der Welt, 1471 Jahr vor Christi Geburt. Unsere Zeiten und die Leut zu unseren Zeiten seynd weit anderst beschaffen als Josue. Warum? Frag' eine Weil, darum, darum: dem Josue ist der Tag zu kurz gewest, daher er denselben Tag durch ein Wunderwerk verlängert; aber uns ist mehrmalen der Tag viel zu lang, und deßwegen wir selben durch ein Plunderwerk verkürzen. Hört man nit öfters: Bruder, wir wollen heut Nachmittag für die Langweil eins spazieren, oder für die Langweil trapuliren, oder für die Langweil galanisiren? Warum sagst nit auch, du willst für die Langweil zum Teufel fahren? So ist dann dir Faulenzer, dir Polsterdrucker, dir Müssiggänger die Zeit zu lang? O elender Tropf! weißt du so gar nit, was die Zeit ist?

Wahr ist es. Armuth wehe thut, Bethlehem und Leiden liegen nit unweit von einander. Ebenholz ist ein hartes Holz, Eichenholz ist ein hartes Holz, Buchenholz ist ein hartes Holz; aber kein härters Holz ist, als am Bettelstab. Der Arme tragt freilich wohl zerrissene Kleider, aber beinebens wohl ein gutes Göller von Elend-Leder; dann allerseits der Arme am Elend reich ist. Ein bitteres Kraut um eine arme Haut! Wie bei den Juden der Speck, wie bei den [239] Hennen der Fuchs, wie bei den Tauben der Geier, wie bei den Schafen der Wolf, wie bei den Fröschen der Storch, wie bei den Hasen der Hund, wie bei den Bauern der Schauer, wie bei den Pelzen die Schaben, wie bei dem Jahrmarkt die Dieb, wie bei dem Spielmann der Quatember, wie bei dem Wasser die Glut: so ist bei den armen Leuten die Armuth, das ist – verfeind't. Dann die Reichthumen nehmen das Prämium, die Armuth wird nachgelesen; die Reichthumen thun jubeliren, die Armuth thut lamentiren; mit einem Wort: der Reiche reit', der Arme leid't. Aber sag her, wer ist arm? Der Bettler, sagst du; dann dero ganzes Hausen besteht im Hausiren, und suchen das Brod in der Noth. Wer ist arm? Die Bauern: sagst du; dann diese seynd wie die Lemoni, welche man so lang pflegt zu drucken, wie lang ein Saft darinnen ist. Wer ist arm? Die Wittiben und Waisen, sagst du; dann die Wittwen seynd wie ein Ofen: wie lang der Ofen warm ist, so lang thut man ihm gar schön, wann er aber kühl ist, so zeigt man ihm den Rucken: also wie lang eine Wittib einen Mann hat, der sie reichlich unterhält, da gibts Freund genug; wann es aber nach dem Tod des Manns kühl hergeht, so fliegen sie ab, wie die Mucken von einer kalten Kuchel. Wer ist arm? Die Soldaten und Kriegsknecht, sagst du: dann sie fechten oft mehr wider den Hunger als wider den Ungar. Alle diese seynd arm, sagst du; aber ich sage es nicht, sondern alle Men schen seynd reich, das ist mein Ausspruch. Wir Menschen, so lang wir leben, seynd reich genug, haben das Gold in dem Ueberfluß, Gold genug: haben wir denn nit die guldene Zeit, [240] welche ein Schatz ist über alle Reichthumen, und sollst du diese guldene Zeit mit Faulenzen verschwenden?

Bekannt ist die Nachlässigkeit jener zwei Hof-Bedienten bei dem König Pharao, wessenthalben sie durch königlichen Befehl in die Keichen seynd geworfen worden. Diese zwei seynd gewest der Mundschenk und der Mundbäck, welche sich in ihrem Amt und Verrichtungen nit verhalten, wie es die Schuldigkeit erfordert. In diesem Kerker war schon auch der unschuldige Joseph. Als dieser seine Mit-Kammeraden in etwas melancholisch vermerket, fragte er, warum sie also traurig seyen? Mein Joseph, sagt einer, wann es dir also schwer getraumet hätte, wie mir, so würde dir ingleichen das Lachen gewiß vergehen! Es hat mir, sagt der Mundbäck, getraumet, ich trag drei Körb' auf meinem Kopf, und aus dem obern Korb fressen mir die Vögel die Semmeln heraus. Ho – – – ho – – antwortet der fromme Joseph, ich will dir bald aus deinem Traum helfen: Tria canistra adhuc tres dies sunt, »die drei Körb' seynd die drei Täg; nach solchen wirst du aufgehenkt werden.« Warum? Um den Hals herum! Ist auch also geschehen. – Mein lieber keuscher Joseph, so nennst du die drei Täg drei Körb? so seynd bei dir die Täg wie ein Korb? tria canistra tres dies. Gut, gut; jetzt nimm ich dich Menschen in das Examen, und frage dich, wie alt bist du? 40 Jahr. Gut! 40 Jahr haben 480 Monat, 480 Monat haben 2080 Wochen, 2080 Wochen haben 14600 Täg; hast es gemerket? Wann du nun heut sollest sterben, so mußt du vor Gottes Angesicht bringen 14600 Körb. Du hast es ja gemerket, daß Joseph die Täg mit denen [241] Körben verglichen: jetzt möchte ich gern sehen, was in einem jedwedern Korb wird seyn. O wie viel leere Körb werden aus diesen 14600 seyn; dann wie viel Tag hast du mit Faulenzen zugebracht, und an denselbigen nichts Guts gethan! Da möchte ich gern darbei seyn, wann man einen jedwedern Korb wird eröffnen; wie mancher Korb wird voll seyn mit lauter Trapulier- und Labet-Karten! denn wie viel Tag hast du mit Spielen zugebracht! wie viel Körb aus diesen vierzehn tausend sechs hundert werden seyn, worinnen lauter Kandl, Pitschen, Krüg, Gläser, Angster etc., dann wie viel Täg hast du mit Saufen und Schlemmen anworden! wie viel Körb werden darunter seyn, welche mit lauter Löffel angefüllt zu sehen, weilen du so viel Täg mit Löfflen und Galanisiren und Scherzen zugebracht! wie viel Körb werden allda aufgemacht werden, worinnen lauter Kämpl, Bürsten, Kraus-Eisen, Spiegel, Bändel, Musch, Mäsch, Misch etc., seyn, weilen du so manche Zeit mit Krausen und Aufzausen hast verschwendt! Was wirst du für eine Rechenschaft geben dem gerechten Gott, welcher dir so viel guldene Zeit gespendiret pur und nur zu seinen Diensten und deiner Seligkeit, welche du aber ganz unnutz, ganz fruchtlos verschleudert!

Es seynd etliche Berg in der Welt, welche immer [242] an einander Feuer auswerfen, als wie der Berg Aetna in Sicilien, der Berg Vesuvius in Campanien, der Berg Chimera in Licia; diese Berg werfen unaufhörlich Feuer aus, also zwar, daß sie zuweilen angränzende Felder und Wälder, Wohnungen und Dorfschaften in Asche legen. Mein hl. Vater Augustinus ist der Aussag', daß diese feurigen Berg rechte Rauchfäng der Hölle seynd, und begründet solche Meinung die öftere Erfahrenheit, daß, wann ein Reicher und Lasterhafter in der Gegend daselbst, oder anderwärts ein bekannter Tyrann stirbt, so pflegt der Berg Vesuvius und Aetna häufige Flammen auszuwerfen; wie dann solches auch beobachtet worden bei dem Tod Henrici des Achten, Königs in England. Wann nun mir Gott zuließ, daß ich unverlezt könnte durch einen solchen Feuer-braßlenden Rauchfang hinunterschreien in die Höll, und alldorten fragen 32 römische Kaiser – dann sie waren alle Heiden und Abgötter – dort fragen 32 König der Persier, fragen 41 König der Syrier, fragen 29 König der Medier, fragen 32 König der Babylonier, fragen etlich und 20 ottomannische Monarchen; wann ich dort sollte fragen vielleicht einen oder den andern, den ich selbst gekennt, mit dem ich geessen und trunken, mit dem ich conversirt: was wolltst du und du und du, ihr und ihr und ihr um eine einige Stund geben, um wieder auf die Welt zu kommen, Reu und Leid zu erwecken über alle unsere Sünden? O, o, o! schreien alle zugleich, o, um eine einige solche Stund wollten wir gern hundert tausend Jahr leiden in der Höll; aber [243] umsonst, eine solche Stund ist uns auf ewig, ach auf ewig versaget! Und wir verschleudern, verschwenden, vertäntlen solche guldene Zeit so liederlich, da wir doch nit wissen, ob nit diese und diese Stund meine letzte Stund, und nach derselben auf ewig keine mehr!

Das Weib im Evangelio hat einen Groschen verloren, derenthalben ein Licht angezündet, über und über gesucht, bis sie ihn wieder gefunden, deßwegen Ursach gehabt sich höchstens zu erfreuen. Wir könnten uns auch erfreuen, ja nit ein wenig erfreuen, wann wir unsere verlorene Zeit wieder konnten finden; aber umsonst. Wo seynd die Jahr, Monat, Wochen, Tag, Stund unserer Kindheit? Verloren. Wo seynd die Jahr, Monat, Wochen, Stund und Tag unserer Jugend? Verloren. Wo seynd die Wochen, Monat, Tag und Stund unsers Lebens? Verloren. Die können wir nimmer finden. Zu Zeit des kranken Königs Ezechiä ist die Sonne zuruck gangen; aber unsere verwichenen Jahr, Monat, Wochen, Tag und Stund können nicht mehr zurück gehen. Ich habe also keine Zeit, als eben diesen Augenblick, da ich solches schrieb, dieser Augenblick Jetzt gehört mir zu. Wer weiß, ob ich nit hierüber des gähen Tods stirb, wie es schon mehrern begegnet? Wie ist es denn möglich, daß ich nit einen Augenblick solle hoch schätzen? O mein Jesu, wie kann denn ein Mensch sagen, die Weil, die Zeit sey ihm zu lang, in dem an solcher Zeit seine Seligkeit oder ewige Unglückseligkeit hanget!

Von einem gottseligen Religiosen wird geschrieben: Wie er gestorben, ihm der Teufel einen ganzen Sack voll kleiner Brösel Brod vor dem göttlichen Richter habe gezeiget, und diesen saumseligen Geistlichen daselbst [244] anklagt, wie daß er viel Jahr das Refectorium des Klosters in Verwaltung gehabt, und bisweilen saumselig etliche kleine Brösel Brod auf die Erde fallen lassen, und solche nit aufgehebt. O Gott, o Herr! hat solcher Rechenschaft müssen geben wegen etlicher kaum sichtbaren Bröslen, die er verwahrlost, wie wird dann einer müssen Rechenschaft geben von so viel 1000 Täg und Stunden der guldnen Zeit, welche er unnützlich verschwendet, saumselig zugebracht! Wann ich jetzt, welches doch der barmherzigste Gott verhüte, soll sterben, so muß ich meinem Gott als dem gerechten Richter ganz genau Rechenschaft geben von sechsmal tausend tausendmal tausend, achtmal hundert tausend, vierzehen hundert und sechs und sechzig Augenblick oder Minuten wie würde ich bestehen!?

Der hohe Priester trägt in dem alten Testament aus Befehl Gottes ein wunderseltsames Kleid; neben andern thäten an dem untern Bräm dieses priesterlichen Kleids 366 guldene Schellen oder Glöcklein hangen, und zwischen einem jeden ein Granat-Apfel. Diese 366 Glöcklein haben die Jahrszeit bedeutet, denn im Jahr 366 Täg gezählet werden; die Granat-Früchten entzwischen haben bedeutet, daß kein einiger Tag im Jahr ohne Frucht soll vorbei gehen. Jetzt setze dich nieder, anatomir deine verwichene Lebens-Zeit, ob du alle Tag habest fruchtbar zugebracht. O wie viel Täg[245] wirst du finden, welche durch lauter Müssiggang unnutzlich seynd verschwendet worden, indem du doch in einer jeden Viertel Stund hättest können eine absonderliche Kron' im Himmel erwerben! ist wohl Schad um die guldene Zeit! Wie der gebenedeite Herr von Jericho ausgangen, da ist ihm eine große Menge Volk nachgefolget. Mitten auf dem Weg befanden sich zwei Blinde, welche dann gleich, wie bald sie erfahren, daß Jesus vorbeigehe, angefangen zu schreien, er soll sich doch ihrer erbarmen: Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich unser! Das Volk hat diese zwei grob angefahren, »turba increpabat eos.« Ihr grobe Gesellen, sollt ihr schreien? halt das Maul! at illi magis clamabant, »aber diese zwei Blinde, ungeachtet daß ihnen die Leut so grob über das Maul gefahren, haben noch ärger angefangen, zu schreien.« Warum aber daß sie noch heftiger geschrien? Darum, sie haben geförchtet, es möchte der Herr Jesus vorbei gehen, und möchte sich darauf eine solche Gelegenheit nicht mehr ereignen. Deßgleichen sollen wir auch keinen einzigen Tag, noch Stund lassen vorbei gehen, in denen wir nit etwas Gutes gethan, unsere Sünden bereuet, uns mit Gott versöhnet; dann es möchte seyn, daß keine solche Zeit und Gelegenheit sich mehr thät ereignen, es möcht seyn, daß diese Stund, dieser Tag der letzte wär, massen der gähe Tod gar nichts Neues mehr.

In der Höll ist Brinnen und Brennen und [246] Braten; in der Höll ist Sitzen, Hitzen und Schwitzen; in der Höll ist Zausen und Grausen und Pfnausen; aber alles dieses ist noch nicht die größte Pein. Der unmenschlichen, tiegerartigen, blutgierigen, hartmüthigen Tyrannen Diocletiani, Juliani, Maximiani, Vespasiani, Gratiani Torturen, Qualen, Folterung, Schwerter, Galgen, Räder, Geißel und alle erdenkliche Pein, mit welchen sie die Christen gemartert, seynd Kinderspiel, Schatten, Abschnitzel, Affen-Possen gegen die geringste Pein in der Hölle; – aber rathe, welche Pein daselbst die allergrößte? Es schreibt Humbertus de 7 don., daß ein heiliger Ordens-Mann habe einsmals eine weheklagende und erschreckliche Stimm gehöret. Als er gefragt, wer also lamentire, so war die Antwort, wie daß sie eine Seel aus denen Verdammten sey, und schmerze sie und alle Verdammten (merke dieß wohl), nichts mehrers, als allein der Verlust und Verschwendung der guldenen Zeit, indem sie so viel taufend Stunden haben lassen dahin schleichen, in dero jedwedern sie hätten können den Himmel gewinnen. O Verlurst! Jetzt haben sie keine Zeit mehr, die Thür ist verschlossen, die Sentenz ist ergangen, der Markt hat ein End, der Gnaden-Brunn ist ausgetrucknet, die Sonn der Barmherzigkeit ist untergangen, ihr habt auf ewig, ewig, ewig, ewig keinen Augenblick mehr zur Buß, da ihr vorhero mit so viel guldener Zeit seyd versehen gewest!

Wann aus uns einer soll einen schlimmen Lottersbuben ertappen, welcher aus lauterem Muthwillen in dem [247] Keller die Pippen aus dem Faß zöge, und den besten Wein unnützlich ließe ausrinnen; er könnte sich nicht enthalten, daß er sich nit erzürnete über diesen losen Schelm, um weilen er eine so kostbare Sache so unnutzlich verschwendet. Aber was wollt das mit lauter Muscat- und Reifel-Wein angefüllte Faß zu Heidelberg seyn gegen eine einige Viertelstund? Das, was ein Linsenkoch eines Esau gegen das Manna der Israeliten, das, was ein alter Fischer-Stiefel eines Petri gegen allen Reichthum Salomonis, das, was ein kleiner Bach Cedron gegen das große Meer Tiberiadis! Und dannoch – wie viel kostbarere Zeit wird verschwendt durch Müssiggang, absonderlich in dem Spielen. Allhier kann ich nit umgehen, die liederlichen Spiel-Lumpen, welche nit allein die Ehr verlieren, das Geld verlieren, sondern forderist die guldene Zeit verlieren:

Wer spielt, der verliert. Er verliert erstlich Ehr und Reputation. Von einem liederlichen Bürschel, dessen Meldung thut der hl. Evangelist Lucas, ist bekannt, daß er das Erbgut seines Vaters dergestalten durchgebracht, daß er endlich zerrissen und zerfetzt hat müssen einen Sauhirten abgeben: der vorhero in Kleidern so stattlich aufgezogen, hat nachmals eine so elende Tracht müssen annehmen, daß er nachmalens seinen Leib kaum mit Zwilch konnte bedecken, und die feuchte [248] Nase am Aermel mußte wischen. Die schöne Summa Geld, welche er von seinem Herrn Vater empfangen, hat er in kurzer Zeit mit Schlemmen und Demmen angebracht »vivendo luxuriosè.« Vinum und Venus haben ihm das Elend geschmiedet, Andl und Kandl haben ihm gemacht einen so üblen Handel. Man liest aber nicht von ihm, daß er einmal durch Würfel und Karten auch sein Geld verspielt. Ich glaub, nur derentwegen habe er sich vom Spielen enthalten, weilen er ein Praenobilis war, von einem edlen Haus; dann durch Spielen zu gewinnen, und dardurch sich zu erhalten eigentlich nur denen schlechten und raupischen Lumpen-Gesind anhängig.

Jene 4 Spieler, welche um das Kleid Christi unter dem Kreuz mit Wirflen gespielet, seynd keine rechtschaffene und ehrliche Leut gewest, sondern Schörganten und Henkersknecht, als welche Jesum an das Kreuz genaglet haben. Dann Christus der Herr hatte dreierlei Kleidung, einen Mantel, einen Ober-Rock und einen Unter-Rock oder ein Unter-Hemmet, wie man in Palästina pflegte zu tragen. Den Mantel haben sie ihm in dem Garten Gethsemane genommen, da sie ihn gefangen, den Ober-Rock haben diese liederliche Bursch [249] in 4 Theil zerschnitten, und weilen die Theil gar gleich nit konnten werden, massen einer größer dann der andere war, also haben diese Henkersknecht mit Wirflen gespielt, was für ein Theil einem jedwedern zukomme; nachmalens haben sie auch gewirflet um den Unter-Rock, den sie auf keine Weis' wollten zertrennen, weil er ohne Naht gewirkt war; und diesen hat einer aus den Schelmen erhalten, von dem nachmals Longinus ihm solchen durch gewisses Geld erkauft, und also mit der Zeit ist solcher nach Trier gebracht worden, allwo er so viel 100 Jahr mit höchster Reverenz aufbehalten wird. Warum aber diese muthwilligen Gesellen den Ober-Rock in 4 Theil zerschnitten, ist die Ursach, weil ein jeder etwas von diesem Kleid haben wollte; dann sie wußten, daß dieser Nazarener große Wunder gewirkt mit diesem Rock, massen ein Weib, so nur dessen Saum angerührt, gesund worden; beinebens aber glaubten sie, daß dieser Gekreuzigte mit Zauberei und Teufelskünsten umgangen: also hat ein jeder einen Theil von diesem Kleid begehrt, in der Hoffnung, er wolle ebenfalls Teufelskünsten darmit treiben; dahero ein jedwederer seinen Theil dem gekreuzigten Jesu schimpfweis gezeigt und neben Spottreden getrutzt, er wolle die Sach weit besser anstellen als er. Mit diesem Kleid, sagt einer, will ich mich fest machen, daß mich kein Teufel kann verwunden; mit diesem, sagt der andere, will ich machen, daß mich jene Tochter des Samuels muß lieben; mit diesem Trumm, sagt der dritte, will ich machen, daß ich allzeit im Spielen gewinne. Mit dergleichen Spott und aushöhnischen Reden beleidigten diese Spieler nit [250] ein wenig den beschmerzten Jesum am Kreuz. Seynd also die Spieler keine andere Leut gewest, als Luder-Gesind, Henkersknecht, Troßbuben, Galgen-Kramer etc., woraus sattsam zu vernehmen, daß das Spielen einem ehrlichen Menschen nicht gebühre. O Pater, Kartenspielen ist ein ehrliches Spiel, sagt einer. Ich frag' aber einen solchen, ob ein ehrlicher Mensch sich solle aufhalten, wo es säuisch hergeht? So seynd ja in der Karten 4 Säu, und weilen die Säu mehr gelten, als die König, so ist ja dieses ein säuisch Spiel. Es seynd zwar zu Christi Zeiten nur einmal die Teufel in die Säu gefahren; ich glaub aber, der Teufel reit' eine jede Sau im Kartenspiel. Nicht allein verliert der Spieler die Ehr, sondern auch das Gewissen. Nachdem der Prophet Jonas zu Ninive geprediget, hat er sich hinaus begeben auf eine Höhe gegen den Aufgang der Sonn, allda sich in etwas zu erquicken, und Gott der Herr im Augenblick einen großen Kürbes lassen wachsen, welcher mit seinen Blättern dem Propheten einen angenehmen Schatten ertheilt, wessenthalben der Jonas sich nicht ein wenig erfreute. Aber Glück und Gras wie bald verdorrt das! Nit lang hernach aus Befehl Gottes thut ein Wurm diesen Kürbes abnagen; worüber die Blätter alsbald verdorrt, daß hernach die hitzigen Sonnenstrahlen dem Jonä dergestalten zugesetzt, daß er fast vor Aengsten nit gewußt, was er solle anfangen; ja er hat sich dermassen erzürnet, weilen er die Kürbes-Blätter verloren, daß er ihm lieber den Tod als das Leben gewunschen. Schau, schau, ich hätte nit vermeint, daß die Prediger so kitzlich sollten seyn, verdrießt dich denn so sehr, mein Jona, [251] daß du die Blätter verloren? was dann?Meliùs est mihi mori, quam vivere. »Es ist mir besser, daß ich sterbe, als daß ich lebe.« Es ist aber nit das erste Mal, daß der Verlust der Blätter so großen Zorn verursachet, das geschieht wohl öfter, sonderlich bei den Spielern. Es sitzen vier beisammen, die um das Geld trapuliren. In diesem Spiel seynd 36 Blätter – ist ungewiß, ob der Kürbes Jonä so viel Blätter habe gehabt – da hat einer aus diesen 9 gute Blätter, als da seynd König, Kaball etc.; auf solche Blätter erfreut er sich mehr als der Jonas über seine Kürbes-Blätter. Was geschieht aber? es kommt ein Gespann als ein gar arger und übler Spielwurm, der sticht ihm alle Blätter, daß ihm also nit ein einiges bleibt; da entsteht alsobald ein unmäßiger Zorn wegen Verlurst dieser Blätter, daß er alle Teufel zur Assistenz bittet, und mehrmalen Gott und seine Heilige lästert. Dergleichen Geschichten konnten in der Menge beigebracht werden.

In dem köllnischen Gebiet war ein Erz-Spieler mit Namen Tiemus, welcher fast jedermann zum Spielen heraus gefordert, weilen er fast allezeit gewunnen. Einmal bei nächtlicher Weil kommt zu ihm der Satan in Gestalt eines Kaufmanns, welcher einen ziemlichen Sack voll Geld auf den Tisch gelegt, mit dem Verlaut, wie daß er Lust hätte, absonderlich mit ihm zu spielen. Gar gern, antwortet der Tiemus. Spielen also beede bis über die mitte Nacht, jedoch war der Verlust auf des Tiemi seiner Seiten; der andere hat [252] glücklich allezeit eingezogen: worüber dann Tiemus ganz ergrimmt, daß ihn dießmal das Glück so spöttlich verlassen, indem es ihm sonsten jederzeit willfährig gewesen. Sagt dahero aus Zorn: Ich glaub, du bist der Teufel! Nunmehr ist es Zeit, antwortet der vermaskirte Teufel, daß wir gehen, massen es schon über Mitternacht. Ergreift also diesen unglückseligen Spieler, führt ihn mit solcher Ungestümm zum Dach hinaus, daß dessen Inngeweid an den Zieglen behangen, und von derselben Zeit an nichts mehr von ihm gesehen worden.

Anno 1242, als Massatius Vigonzonius zu Mailand nit allein sein Geld durch das Kartenspiel verloren, sondern sogar die Kleider am Leib, hat er sich hierüber also heftig erzürnet, deß er ganz rasend und tobend der Kirche zugeeilt, daselbst an der Mauer des Kirchenhofs ein gemaltes Bildnuß Christi angetroffen, welches er mit vielen Lästerworten erstlich angefahren, nachmals mit einem Dolch in den Hals dieses Bilds gestochen, aus welcher Wunde gleich das helle und häufige Blut heraus gespritzet.

Zu Genezan, unter dem Papsten Paulo dem Dritten, hat ein unsinniger Soldat, weilen ihn alles Glück im Spielen verlassen, in der Kirche ein Krucifix-Bild auf dem Altar am Kopf, Brust, Händen und Füßen mit einem scharfen Degen also verwundet, daß auch allerseits das häufige Blut heraus geronnen. Der Degen aber dieses gottlosen Menschen hat sich durch ein Wunderwerk ganz gebogen, und wird noch auf heutigen Tag gezeiget.

Anno 1383 zu Mainz an dem Rheinstrom, [253] Anno 1558 zu Luca in Italien seynd gleichermassen die gemalten und geschnitzleten Bilder von den Spielern also tractirt worden, daß sie häufiges Blut vergossen. Dergleichen wunderthätige Bilder siehet man zu Rom, Maria de Pace genannt, zu Neapel Maria de Misericordia, und an vielen Oertern mehr.

Anno 1522 haben zu Neapel etliche Kirchenräuber unterschiedliches Silber, welches sie aus dem Gotteshaus entfremdet, unter einander getheilt. Nachmals, wie's solche gottlose Bursch in dem Brauch haben, die Karten in die Händ genommen, in welchem Spiel einer aus besagten Bösewichtern seine Portion völlig verloren; worüber er dermassen ergrimmet worden, daß er mit einem Dolch die Bildnuß in der Kirche,Ecce homo genannt, scharf verwundet; aus welcher Wunde nit allein viel Blut gequellet, sondern die Bildnuß Ecce Homo, welche vorhero an beeden Armen gebunden war, hat gleich eine Hand frei und los gemacht, und darmit die offene Seiten-Wunde zugedecket. Dieses ist noch heutiges Tags zu sehen. Aus welchem gnugsam und fugsam zu lernen, daß ein Spieler nit allein die Ehr, sondern auch das Gewissen verliere im Spiel. Gleichwie nun dir gebenedeite Heiland die Blätter des Feigenbaums verflucht, also seynd ebnermassen zu verfluchen die Karten-Blätter.

Der Spiel-Lump verliert auch die Lebens-Mittel. Daß der David einen Ehebruch begangen, ist allbekannt.

[254] Es war ihm aber nit genug, dem tapfern Soldaten Uriä seine Frau Gemahlinn, die Bersabeam, also zum Fall zu bringen; sondern diese seine Unthat zu verhüllen, suchte er in allweg, wie er konnte dem Uria in der Stille den Rest geben; dahero er einen Brief verfertiget zu dem Joab, und denselben Uriä eingehändiget, mit dem Befehl, daß er solchen dem Joab soll überbringen. Der gute und ehrliche Urias nimmt mit größten Freuden den Brief von des Königs Händ und glaubt, es werde dessen Innhalt zu seinem Interesse ausschlagen; und unterdessen hat der arme Mann seinen gewissen Tod in diesem Brief getragen, allermassen der schriftliche Befehl darinn gestanden, man solle diesen Uriam an die Spitze der Armee und an das gefährlichste Ort stellen, damit er seinen Rest bekomme. – Die Spiel-Karten pflegen die Mehresten nur Brief zu nennen. Herr Hans Paul, gib Karten aus, mir auch noch zwei Brief! Meister Egidi, gib die Karten aus, mir geht noch ein Brief ab! Bruder Ferdinand, ich glaub, du hast um einen Brief zu wenig etc.! Diese Brief gedunken mir zu seyn, wie der Brief Uriä: der hat vermeint, es stecke was Gutes hinter diesen Briefen; es war aber das Widerspiel, ja der Tod selbsten darinnen verpetschirt gewest. Vielen Spielern lacht schon das Herz, wann sie eine Karte sehen, sie erfreuen sich, wann sie eine Karte hören rauschen. O wann sie den Pamphilium, holla, hab mich geirret, hätte sollen sagen, den Herrn Pamphilium erblicken, da hängt der Himmel voller Geigen, glauben kräftig, es sey für sich ein Glück darinnen; unterdessen aber bringen manchen solche Brief, wo nicht um das Leben, wenigst um die Lebens-Mittel! [255] Wie manches Weib Lucia hat das Augen-Weh; dann sie sieht schier nichts mehr Uebriges im Haus! wie manches Weib Apollonia hat das Zahn-Wehe; dann sie hat fast nit mehr so viel, daß sie es konnt in einen hohlen Zahn verbergen! wie manches Weib Agatha hat das Brust-Weh; dann sie bekümmert sich schier das Herz ab, daß so gar keine Lebens-Mittel mehr vorhanden! wie manches Weib Magdalena hat nit die Alabaster-Büchsen, sondern die Spar-Büchse zerbrochen; dann was sie bishero durch ihre Klugheit ersparet, ist schon alles aufgangen! wie manches Weib Dorothea hat einen leeren Korb, und weiß bald nicht mehr, ob sie ihre Kinder mit Mandel oder Mangel speise! wie manches Weib Ursula hat 11000 Sorgen und Kümmernussen wegen ihrer so armen Wirthschaft, weilen nemlich ihr Mann Tag und Nacht beim Spiel-Brett ihr und ihren Kindern alle Lebens-Mittel verschwendet. So steckt ja in diesen Briefen Nichtsnutz.

Dahero ist einer gewest, welcher sehr stattliche Mittel, forderist eine große Baarschaft im Geld von seinem Vatern ererbet, wessenthalben er nit hat dörfen zu Fuß gehen, wie der Jacob mit seinem Stab; er hat nit dörfen Linsen essen, wie der Esau; er hat nicht dörfen Wasser trinken, wie der Samson aus des Esels Kinnbacken; er hat nit dörfen einen rupfenen Kittel anlegen, wie der David; er hat nit dörfen auf [256] der Erd' liegen, wie der Jacob; sondern er konnte reiten, fahren, essen, trinken, kleiden, liegen, wie ein reicher guter Edelmann. Gleichwohl ist dieser durch das übermäßige Spielen in solche äußerste Armuth gerathen, daß er endlich mußte in zerlumpten Kleidern bettlen gehen. Als ihn nun einer oder der andere Bekannte gefragt, wie er doch sey an den Bettelstab gerathen, indem er zuvor bei so guten Mittlen gewesen, gab er allemal die Antwort, wie daß er gar oft sey gestochen worden, und das Kuriren habe ihn so viel gekost. Er wollte aber hierdurch zu verstehen geben, daß er im Kartenspiel gar zu oft sey gestochen worden, und derenthalben all das Seinige verloren.

Absonderlich aber verliert der Spieler die guldene Zeit, da doch nichts Kostbarers auf dem Erden-Kreis, als die Zeit. Jener Knecht hat einen Schelmen in den Busen bekommen und einen kräftigen Nequam darvon getragen, dem sein Herr ein Pfund Geld hat geben, auf daß er darmit eine Wirthschaft treibe, welches er aber in das Schweiß-Tuch eingewicklet und liegen lassen, und also gefaulenzet. Dahero ihn der Herr also angefahren: serve nequam, »du schalkhafter und fauler Knecht!« Er hätt es nit sollen in das Schweiß-Tuch einstecken, sondern in den Schweiß, das ist: er hätt sich sollen befleißen und bearbeiten, mit diesem Geld etwas zu gewinnen, aber er war zu faul. Gott der Allmächtige hat dir ein Geld eingehändiget, und zwar lauter Goldstuck, nemlich die guldene Zeit, auf [257] daß du mit derselben sollest wirthschaften, einen Gewinn suchen, die Seligkeit gewinnen. So hast du aber von diesem Gold zwar nichts in das Schweiß-Tuch gestecket, wohl aber viel in Polster, viel unter die Schüssel, und das mehreste in die Spielkarten versteckt! O serve nequam! 40 Jahr hast du gelebt, in diesen Jahren hast du genossen 350,400 Stund. Sag her, wie hast du diese Zeit zugebracht? weißt du, wer dich am jüngsten Tag wird zum heftigsten anklagen? Ein alter Mann mit einem eisgrauen Bart, der tragt auf dem Kopf eine Sand- oder Reis-Uhr, in der linken Hand eine Sense, in der rechten Hand den Himmels-Cirkul Zodiacum genannt. Dieser wird eine scharfe Klag wider dich führen, kennst du diesen? Er ist die Zeit. Vocavit adversum me tempus: »die guldene Zeit wird dich überweisen,« daß du aus denen 8000 sieben hundert und 60 Stunden des Jahrs die mehresten dem Schlaf, die mehresten dem Essen, die mehresten dem Faulenzen, die mehresten dem Spielen, die mehresten dem Teufel geschenket hast; deinem Gott aber, deinem Erschöpfer, deinem Erlöser, deinem Richter kaum etliche, und diese nicht recht. Serve nequam, heißt das gewirthschaftet?

Alle drei Apostel hat der Heiland schlafend gefunden in dem Garten, und dannoch hat er dem Peter allein einen Verweis geben; dieser mußte das Kapitel allein ausstehen: Non potuisti una hora vigilare mecum? Dem Jacob sagt er nichts, dem Joanni sagt er nichts, der Peter, so vorhero Simon geheißen, [258] mußte allein das Bad austrinken. Hast du dann nicht eine Stund mit mir können wachen? Die Ursach war diese: Er wollt dem Peter zu verstehen geben, er soll sich selbst erinnern, daß er ihm habe geklagt, daß er die ganze lange Nacht habe gefischet und nichts gefangen: schau mein Peter, die ganze Nacht hast du können fischen und arbeiten und das Zeitliche suchen, aber wegen meiner nit eine Stund wachen oder beten? Siehe Spieler, wie viel ganze Nächt, wie viel guldene Zeit, wie viel edle Täg hast du zugebracht mit Spielen und Karten, mit Kegel, mit Wirfel etc. und mir kannst nit eine Stund schenken des Tags, ja zuweilen die ganze Woche kaum eine Stund! Serve nequam.

Ist demnach der Müssigang eine Mutter des Spielens, des Zankens, des Stehlens, des Murrens, des Schlemmens, ja aller Laster! Mich wundert nichts mehreres, als wegen der 5 thörichten Jungfrauen, welche von dem himmlischen Bräutigam haben einen Korb bekommen, und also mit der langen Nasen müssen abziehen. Wie diese Jungfrauen haben geheißen, schreibet der hl. Evangelist Matthäus nit, außer daß er von ihnen den üblen Nachklang setzet: dormitaverunt omnes, et dormierunt, »sie seynd schläferige Menscher gewest.« Ich mein, die erste hat geheißenSchlafofta, die andere Schlenziana, die dritte Faulberga, die vierte Thuenixa, die fünfte Ranzinbeta. Gewiß ist es, daß sie faule, schläferige Menscher gewest. Aber das wundert mich, daß sie noch Jungfrauen seynd gewest; dann sonst der Müssigang und das Faulenzen gemeiniglich die Ehr abfressen. Dahero sagt der Poet: Ovid. 2.

[259] Cedit amor rebus, res age, tutus eris.

Der sich entschütten will der Lieb,

Der muß Faulenzen meiden;

Dann dieser ist ein Ehren-Dieb,

Und macht oft Kohln aus Kreiden.


Es schadet der Müssigang nicht allein der Seele, sondern auch dem Leib. Dann wer schnitzlet den Bettelstab, als eben der Müssigang? dahero spricht der weise Salomon: Wer dem Müssigang nachgehet, der wird mit Armuth erfüllet. Wie der Herr und Heiland nach Bethania kommen ist, da seynd ihm entgegen gangen die zwei Schwestern Magdalena und Martha, beede in tiefen Klag-Kleidern, und wischten immerzu ihre nassen Augen ab mit dem Tüchel. Dazumalen war Sonnenschein und Regenwetter beieinander. Denn es war der Herr Jesus die Sonn der göttlichen Gerechtigkeit zugegen; der Regen aber war das häufige Weinen dieser zwo Schwestern. Weilen nemlich ihr Herr Bruder der Lazarus mit Tod abgangen, hat aber sie der gebenedeite Herr bestermassen getröstet, auch begehrt, man solle ihm nur das Grab zeigen. Wie solches die Martha vernommen, platzet sie eilends mit ihren Reden darein. Jam faetet: »Ei Herr, er stinket schon,« dann er liegt bereits schon 4 Täg im Grab. Meine Martha, du hast halt eine heikliche Weiber-Nase! kanns der Herr schmecken, warum du nicht? schau, schau, es ist aber kein so großes Wunder, daß er schon stinket, weilen er schon so lang in dem Grab liegt, stinken doch auch die Leut bei Lebens-Zeiten, wann sie lang liegen: das ist, sie seynd stinkfaul, und dahero solche[260] gemeiniglich lauter Lazari seynd; verstehet mich aber recht, lauter Laceri, das ist zerrissene, zerlumpte und lausige Gesellen, haben kaum ein Hemmet anzulegen, gehen baarfüß, wie die Gäns, weilen sie nemlich stinkfaul und nit arbeiten mögen.

Wie die Kinder Israel von Mose aus Egypten geführet worden, und sich so viel Jahr in der Wüste aufgehalten, da haben sie angefangen viel Schmach- und Spott-Wort über Mosen auszugießen, daß er sie wie ein anderer etc. habe aus einem guten Land in eine solche unbewohnte Wüste gebracht; sie wünscheten von Herzen, daß sie noch in Egypten konnten bei dem Zwiebel ihren Aufenthalt haben. Nachdem sie nun lang und breit, hin und wieder gemurret und geschmählt haben, so ist ihnen der allmächtige Gott noch so gütig gewest, und hat ihnen gegen Abendzeit eine solche Menge der Wachteln geschicket, daß hierdurch das ganze Lager bedecket worden, und konnte diese Vögel ein jeder mit Händen fangen. Dieses war nun ein großes Wunder; jedoch liest man nit, daß diese Vögel schon seynd gebraten gewest, und also denen Israeliten ins Maul geflogen, das wird keiner in der hl. Schrift registrirt finden, sondern sie haben auch ihre Arbeit müssen darzugesellen, die Vögel ropfen, das Feuer aufmachen, dieselben braten etc.: also will Gott gar nit, daß einem die gebratenen Vögel sollen ins Maul fliegen, sondern er hat ihm derenthalben Händ und Füß und andere Leibs-Kräften ertheilet, mittels deren er soll ein Brod gewinnen; will er aber die Händ in Sack schieben, dem Müssiggang nachleben, so wird er mit Armuth erfüllet werden.

[261] Einer hat sich einmal wehemüthig beklagt, wie daß seine Hauswirthschaft so gar den Krebsgang nehme. Er spüret von Tag zu Tag die Schwindsucht in denen Mittlen, die Aecker und Felder seynd ihm nit so willfährig wie anderen Leuten, ja er vermerkte, daß bereits die Frau Armuth, auf welche der hl. Franciscus so viel gehalten, bei seiner Haus-Thür anklopfe; sucht demnach bei einer alten Frauen, welche er für eineGabalierinn gehalten, einen guten Rath, daß er möchte zu Mittlen kommen. Diese war eine ehrliche und gewissenhafte Matron, welche gar wohl erkannte die Ursachen, derenthalben zu Tag und Tag dieser in der Wirthschaft abnehme, gibt ihm also ein kleines hölzernes Schächtlein oder Büchsel, welches gar genau allerseits verpetschiret war, befiehlt ihm, er soll dieses alle Tag wenigist einmal in die Kuchel, in Keller, in Stall, auf den Treid-Kasten, in Summa, in allen ihm zugehörigen Orten herumtragen. Sie verspricht, ja schwört ihm, daß er in einem halben Jahr werde merklich sein Aufkommen verspüren. Dieser folgt, und tragt obbenanntes Schächterl an alle besagte Ort. Wie er in die Kuchel kommt, so ertappet er die Köchinn, daß sie dem Knecht ein gutes Fruhstuck angericht. So siehe ich wohl, sagt er, heißt das gehaust? erwische ich euch [262] noch einmal, so jage ich euch beede zum Teufel! Er tragt das Schächterl in den Keller, da trifft er seinen Sohn an, welcher mit einem großen Krug Wein ihm entgegen kam, worüber der Bub also erschrocken, daß er gar nit reden konnte, sondern mit der Hand auf das Maul gedeut', als wollt er sagen: Vater zum Trinken! Wie er mit dem Schächterl in Stall kommen, so find't er, daß aus Unachtsamkeit der Dienstmagd eine Kuh das Kalb zertreten. Nachdem er nun alle Tag das verpetschirte Schächterl an alle Ort getragen, so seynd die Dienstboten so emsig und getreu in ihren Verrichtungen worden, daß in einem halben Jahr augenscheinlich die Wirthschaft zugenommen. Der Gesell vermerket, daß er ziemlich wieder aufnehme, und erkennet sich sehr verbunden dieser Frauen, wird aber beinebens durch den Vorwitz angetrieben zu sehen, was doch in dem verpetschirten Schächterl müsse verborgen seyn, kraft dessen seine Wirthschaft wieder ins Aufnehmen komme; eröffnet dahero gedachtes Büchsel, findet aber nichts darinnen, als ein geringes Zetterle, worauf diese wenigen Wort geschrieben stunden;


Willst du dir ein Nutzen machen,

So schau auf deine Sachen!


Aus diesem hat der faule Phantast wohl vermerket, daß nit dieses Schächterl eine Ursach sey seines Aufnehmens, sondern der Fleiß und Wachtsamkeit, welche er dieß halbe Jahr hindurch gehabt; auch habe vorhero seine Wirthschaft den Krebsgang genommen, weilen er stets dem Müssiggang ergeben und als ein nachlässiger Schleicher auf das Seinige keine Acht,[263] keine Wacht genommen. Dann fürwahr der Müssiggang machet den Beutel eitel, der Müssiggang kommt mir vor, wie jene Thorwärtlinn, Ancilla Ostiaria, welche dem Peter die Thür aufgesperrt: also eröffnet einem der Müssiggang zu der Armuth die Porten.

In Palästina seynd zwei Städt' nah bei einander: eine heißt Bethel, die andere Galgala, von welchen Meldung geschieht in der hl. Schrift. Ein Müssiggeher, wann er schon nit diesen Weg reist, so kommt er doch meistentheils auf Bettel, nachmalens auch gemeiniglich auf Galgala. Möcht' mich schier wundern, daß der Jakob erschrocken ist, wie er die Leiter gegen den Himmel gesehen. Terribilis est locus iste. Ein Schlenzer wird gemeiniglich mit der Zeit eine Leiter sehen, die ihn fügsamer soll erschrecken; dann Müssiggang ist alles Unglücks Anfang.

Wie der große Patriarch Abraham aus göttlichem Befehl seinen Sohn und einigen Erben sollte aufopfern auf dem hohen Berg Moria, also hat er sich unverzüglich auf die Reis' gemacht, und zwar bei nächtlicher Weil, ohne Vorwissen der Sara, seiner Frau Gemahl; mit sich hat er genommen seinen Sohn, zwei Diener und einen Esel. Wie er nun den dritten Tag zu dem Berg kommen, so schafft er den zwei Dienern: Exspectate hic cum asino, »wartet [264] allhier mit dem Esel!« Mein hl. Patriarch und Patron Abraham, warum nimmst nicht mit dir den Esel auf den hohen Berg, damit er das Holz trage zum Opfer? dem Isaak, als einem so schwachen und klebern Herrl ist dieß viel zu schwer! »Wartet allhier mit dem Esel!« Der Esel hat auf keine Weis' auf den hohen Berg dörfen steigen; vielleicht derenthalben, weilen derselbige Berg heilig war und eine Figur einer Kirche, allwo das höchste Gut aufgeopfert wird? da sollt wohl auch kein fauler Esel sich einfinden, der sich nur auf den Kirchen-Stuhl leinet, schlafet und schnarchet. Es gibt noch andere Ursachen mehr, warum dieser Langohr nit ist auf den hohen Berg gelassen worden. Es hat halt geheißen bei dem Abraham: Esel bleib unten! Gar recht, es heißt wohl öfter, und soll allezeit heißen: Esel bleib unten! Ein Fleißiger, ein Emsiger, ein Arbeitsamer gehöret in die Höhe, dieser thut fortkommen, der wird promoviret.

Catamelata, eines Bauern Sohn, aus dem Dorf Narni gebürtig, soll im Wald Holz hacken, verliert aber durch ein Unglück die Hacke, wessenthalben er sich nit mehr nach Haus getraut, aus Forcht, der Vater möchte ihm wegen der Hacke den Stiel zeigen. Lauft dahero mit denen Soldaten darvon, hält sich aber so wohl und fleißig und emsig, daß er mit der Zeit ein Kriegsfürst worden, und ihm seiner heroischen Thaten halber eine schöne Ehren-Saule ist aufgerichtet [265] worden. Recht also, fleißige Leut gehören hinauf; aberEsel bleiben unten!

Mutius Attendulus, ein Bauernbub, ist mit denen Marketendern und Sudlköch ins Feld gezogen, anfänglich die Schüßlen abgespült und den Brater umgetrieben, hat schon den Braten von weitem geschmeckt, wann er werd fleißig seyn, daß er werde übersich kommen. Hat sich demnach also wohl und emsig verhalten, daß er ein Fürst worden. Ist gar wohl geschehen: die Arbeitsamen gehören hinfür, aber die Esel bleiben unten.

Villegrisus, eines Wagners Sohn von Sioningen aus Sachsen, ist so fleißig und unverdrossen gewest, daß er seine Studia mit sonderem Lob absolvirt. Nachmalens ist er aus einem Studenten ein Kapellan worden, aus einem Kapellan ein Domherr, aus einem Domherrn ein Erz-Bischof, aus einem Erz-Bischof ein Churfürst, welcher aber aus angeborner Demuth ein Rad jederzeit in dem Wappen geführt, – ob er zwar nit gewest ist, wie das fünfte Rad im Wagen, sondern dem römischen Reich sehr wohl anständig. Ist sehr heilig geschehen, daß man ihn also erhöhet hat; aberEsel bleiben unten!

Gabrielletus war Anfangs ein Hunds-Bub bei dem Kardinal Ascanio Sforzia (eine saubere Schansche); nachmalens ist er ein Kuchel-Bub worden (eine hübsche Promotion); mit der Weil wegen seines Fleißes und Wohlverhaltens ist er gar so weit kommen, daß er Erz-Bischof zu Barri, indianischer [266] Patriarch, und letztlich vom Papst Klemens dem Siebenten zu einem Kardinal erwählt worden. Und ist solches gar weislich geschehen: denen fleißigeren und emsigeren Leuten muß man hinauf helfen; aber Esel bleiben unten!

Nicolaus V., römischer Papst, hatte eine Mutter, die war eine Vorkäuflerinn, ein sehr armes Weib, welche auf dem Markt Eier und Hennen feil hatte. Ob sie zwar Federn genug zu Haus gehabt, so thät sie sichs doch nie einbilden, daß ihr Sohn sollte einmal so hoch fliegen; ist gleichwohl geschehen, weilen er so fleißig im Studiren ist gewest, daß er mit der Zeit ein Kardinal, und letztlich auch gar römischer Papst und Statthalter Christi auf Erden worden. O wie lobreich ist dieses geschehen! dann fleißige und fromme Leut gehören in die Höhe; aber Esel bleib unten!

So ist es geschehen mit dem David, mit demSaul, mit dem Jeroboam, mit dem Gedeon und mit viel anderen mehr, welche als fleißige und emsige Leut Gott der Allmächtige zu so hohen Ehren gezogen. Aber faule Müssiggänger, träge Schlank-Loden, schläferige Polster-Hund, gähnmaulige Ranzer und stinkfaule Esel bleiben herunten. Die Rachel ist auf dem Stroh gesessen, wie der Laban ihr Vater die Götzen-Bilder gesucht: so viel verdient das [267] Stroh, daß man so gar darauf sitzen thut. Faule Strohköpf verdienen auch nicht viel größere Ehr.

Gedeon aus Befehl Gottes mustert seine Soldaten bei dem Fluß, mit dem Geding, daß er soll wohl in Obacht nehmen, wie diese Männer werden trinken. Welche mit der Hand werden das Wasser schöpfen und also trinken, die soll er auf die Seite stellen; diejenigen aber, so gar nieder knieen, sich auf die Wampe legen, und also aus dem Fluß saufen, die soll er abdanken. Dieser Männer seynd gewest 9700; blieben ihm also nicht mehr als dreihundert, welche aus der Hand gesürflet. Diesen 9700 Gesellen ist gar recht geschehen, daß sie nicht seynd appliciret worden, gar recht, daß sie haben müssen mit der langen Nase abziehen, gar recht, daß sie zu einer solchen glorreichen Action nicht seynd gelangt, weilen sie so faule Gesellen gewest, – aus Schlampen, die nur versorgten ihre Wampen. Faulenzer, welche nur ihre Ruhe und Bequemlichkeit suchen, die werden nie zu einem ehrlichen Dienst oder gutem Stückel Brod gelangen, sondern bleibt allezeit wahr, [268] was Salomon ausgesprochen: Der dem Müssiggang nachgehet, der wird mit Armuth überfüllet.

Wie der alte, betagte, und bereits schier ganz erblind'te Isaak einen so wunderlichen Appetit gehabt zu dem Wildpret, daß er dessenthalben seinen älteren Sohn den Esau ersucht, er woll ihm doch um ein Wildpret umsehen, nachmals soll er seinen väterlichen Segen empfangen: unterdessen, daß der Esau um einen Hasen ausgangen, ist ein großer Fuchs in das Haus kommen, nämlich die arglistige Rebecca, welche geschwind dem Jakob junge und rauhe Bocks-Fell um die Arm gebunden, und ihn also mit einem guten Brätl zu dem Vater Isaak gesandt. So bald der alte Tättl die rauhe Händ des Jakob gefühlt, gut, gut, sagt er, ob ich schon nit sehe, so greife ich doch die rauhe Hand des Esau. So sey es denn, so gebe ich dir und ertheile hiemit meinen reichfließigen, väterlichen Segen. Hat also mittels der rauhen Hände der Jakob des Vaters Segen erhalten, welcher bestund inFettigkeit der Erde, in Fülle des Korns und Weins etc.

Du Schlenzer und Faulenzer, du wirst ja nit so faul seyn, daß du nit sollest etliche Tritt und Schritt können gehen! du wirst hoffentlich nit verwandt seyn jenen dreien Faulenzern, deren der erste so faul, daß, wann man ihm soll das Essen auf den Tisch setzen, so wollte er vor lauter Faulheit nicht essen; der andere sprach: wann man mir das Essen in das Maul steckete, und thät man mirs zugleich käuen, so möcht' ich es vor lauter Faulheit nit hinunter schlucken; der dritte [269] wollte vor lauter Faulheit kaum das Maul aufthun und sagte: ach, wie möcht' ihr reden! Wann du dann nit gar so faul wie diese drei, so heb dich doch ein wenig auf, gehe durch ein Dorf, durch einen Markt, durch eine Stadt, frag ein und den anderen Bauersmann, frag diesen und jenen Handwerksmann, wie er doch zu so großen Mittlen, zu so schöner Wirthschaft und Habschaft gelangt, wie ihn doch Gott der himmlische Vater so reichlich gesegnet hat, so wird er dir, wie der Jakob, die rauhen Händ zeigen, und wird dir die rauhe Arbeit citiren, vermittels dero er ein so gutes Stückel Brod erworben. Aber der dem Müssiggang nachgehet, der wird mit Armuth erfüllet!

Belluacensis schreibt von einem, der fast an den Bettelstab gerathen, dahero auf seinem Tisch fast alte Tag Quatember war, in seiner Kuchel schier allzeit Dezember; dann es ist gar kühl hergangen, und hatte der arme Tropf nichts zu essen, nichts zu nagen, außer etliche harte Brocken, die er über Willen mußte schlicken, und dieses war sein tägliches Confect von seinem Weib. Er war nicht viel ungleich gewest jenem armen Schlucker, welcher vorhero bei stattlichen Mittlen war, und dannoch bei der Nacht noch allezeit wächsene Kerzen brennte, über welches sich ein anderer sehr verwunderte; dem aber der verdorbene Gesell geantwortet: Mein lieber Bruder, du darfst dich derenthalben so stark nit verwundern, daß ich noch in meiner Armuth wächsene Kerzen brenne, du mußt aber wissen, [270] daß ich celebrire und begehe die Exequien oder Leich-Begängnuß meiner verstorbenen Güter. Ein solcher armer Tropf ist gleichmäßig der obere gewest, wessenthalben er sich allerseits sehr beklaget, sonderlich aber bei einem alten Weib, von dero er den üblen Argwohn geschöpfet, daß sie eine freie Künstlerinn sey, und wisse alle Geheimnussen, welche der Belzebub in seiner Kanzlei verborgen. Diese aber gab ihm unverweilt den Rathschlag, weilen sie von seiner stinkenden Faulheit schon bericht war, er solle früh Morgens bei angehender Morgenröth aufstehen, und wohl Achtung geben, was ihm die Schwalben sagen werden; deßgleichen soll er auch vernehmen, was ihm die Vögel spät Abends werden rathen, wann sie schlafen gehen. Den dritten fragt dieses alte Mütterle den gedachten faulen Lümmel, was ihm dann die Schwalben gesagt? Ich, antwortet er, bin zwar in aller Fruh aufgestanden, und gar spat in das Bett gangen, habe das Disdi dasdi kiri miri dieser Vögel nit verstanden. Du, sagt sie, hättest sollen wenigst dero Exempel, wo nit die Sprach verstehen, sie haben dir gesagt:


Stehe fruh auf, leg dich spat nieder,

So bekommst dein Reichthum all'n wieder!


Siehe diese Vögerl von früh Morgens befleißen sich hin und her, immer mehr, allzusehr, wie sie ihre Nahrung bekommen. Deßgleichen sollst du auch thun, so wird dir nie etwas manglen; aber wann du dem[271] Müssiggang nachgehest, so wirst du mit Armuth überfüllet! Weißt du dann nicht, was der Job auf dem Misthaufen dir Mist-Finken hat vorgesungen? Homo nascitur ad laborem, »der Mensch wird geboren zu der Arbeit.« Hast du nie gehöret, was Paulus dir Faulo gesagt hat? Qui non vult operari, non manducet, »so jemand nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen

Dahero sollen dergleichen starke, gesunde Bettler und Landlaufer nicht gestattet, sondern zu der Arbeit angetrieben werden. Dann man von keinem in göttlicher Schrift lieset, der eines geraden und gesunden Leibs gewest, daß er hätte gebettlet. Lukas registrirt von einem Bettler, mit Namen Lazaro, der war aber voller Geschwür und Schäden; Markus schreibt von einem, der auf dem Weg hat gebettlet, aber dieser war blind; die Geschichten der Apostlen melden von einem Bettler, welcher so inständig bei der Porten des Tempels Petrum und Joannem um ein Almosen ersucht, aber dieser war von Mutter-Leib krumm und lahm. Man hat vor diesem nur diejenigen bettlen lassen, welche wegen Krankheiten der Arbeit nit konnten obliegen; aber bei diesen und in allen verkehrten Zeiten trifft man allerlei starke, junge, frische, gesunde Bettler an, welche nur dem Müssiggang nachgehen, und bisweilen zur Vermantlung ihrer Faulheit ein Paar Meer-Muschlen am ledernen Kragen tragen, und mit etlichen bleiernen Zeichen ihre Hüt' behängen, daß man's für Bet-Schwestern oder Bet-Brüder soll halten, da sie unter diesem mehr von Bett als von Bet den Namen haben. Es dunkt mich nit unebens, da [272] beizufügen eine große Frechheit eines Polacken, welcher sich für Christo den Herrn ausgeben, Zweifels ohne, damit er sich solcher gestalten durch Müssiggang möge erhalten.

Jakobus Melstinski, gebürtig von Brezin aus Polen, hat sich für den Heiland der Welt, für den wahren Messias und Christo den Herrn ausgeben, und Petrum Zatorski von Krakau neben anderen elfen für seine Apostel erkiesen, auch einem jeden den Namen eines Apostels geben; mit welchem frechen Bubenstuck sie alle Dörfer durchgangen, und hin und her, dem Schein nach, große Wunder gewirket, etliche durch Geld und Schankungen bestochen, daß sie sich vor todt gestellt, welche nachmals der Herr Christus auf das Anersuchen seiner Apostel zum Leben erwecket hat. Wurde also das einfältige Bauern-Volk hierdurch nicht ein wenig bethöret, forderist, weilen sie so große Miracul bei diesen Leuten sahen. Christus begehrte einmals von dem Dorf-Richter etliche Fisch, wessenthalben der Richter samt seinen Geschwornen sich höflich entschuldiget, daß bei ihnen aus Abgang und Mangel des Wassers keine Fisch zu finden; worauf Christus dem Peter befohlen, er soll mit dem Jakobo hingehen in seinem Namen, und in dieser Lache Fisch fangen, in welcher unmöglich war, daß ein Fisch sich konnte aufhalten. Diese in Gegenwart vieles Volks gehen fischen, fangen die schönsten Fisch in dem Namen Christi, worüber die gemeinen Leut die Händ vor Wunder zusammen geschlagen, und dieses nit anderst, als für ein großes Wunder ausgeschrien, unwissend, daß vorhero diesen schlimmen Schelm die Fisch haben hinein geworfen. Ein anders Mal [273] begehrte der Herr Christus drei weiße und neugebackene Leib Brod von einer Bäuerinn, dessen sie sich auch entschuldiget, meldend, wie daß sie nit mehr, als zwei schwarze, und noch darzu altbackene Leib im ganzen Haus habe, und so ihm diese beliebig, so wölle sie ganz willfährig dieselben herbei bringen. Gehe hin, sagt Christus, zu dem Philipp, such in meinem Namen drei weiße Leib Brod in diesem Bach-Ofen, und bring sie her! Philippus vollzieht unverweilt den Willen seines Herrn Christi, und zieht mit höchster Verwunderung dieser Bäuerinn samt etlichen Nachbarn die schönsten drei Leib Brod aus dem Ofen, dergleichen im ganzen Dorf nicht anzutreffen. Es wußten die einfältigen Tropfen aber nit, daß einer aus diesen Betrügern solche ihnen unvermerkt in dem Ofen verborgen hatten. Auf eine Zeit hat sich dieser Christus mit seinen Apostlen nach Cästochov begeben, allwo eine weitberühmte Wallfahrt wegen des wunderthätigen Unser lieben Frauen-Bilds daselbst. Diese führten einen Schelm mit sich, der sich meisterlich konnte in die Possen schicken, als wäre er von vielen Teufeln besessen, dahero hin und her in die Wirthshäuser und Garkuchlen geloffen, das Fleisch aus den Häfen, das Brätl von dem Spieß gerissen, und Christo wie auch seinen Apostlen auf den Buckel geworfen, welche aber das hl. Kreuz-Zeichen darüber gemacht, und im Namen Christi dasselbige mit Gustu verzehrt. Als dazumalen eine vornehme Festivität zu Cästochov begangen wurde, worbei eine unglaubige Menge Volk erschienen, welche zur Zeugnuß ihrer Andacht gegen die Mutter Gottes sehr viel Geld auf den Altar geopfert, haben die Apostel diesen besessenen Menschen zu dem Altar geführet, [274] zum Schein, als wollte der Herr Christus daselbst die Teufel austreiben; da hat sich aber der Bösewicht mit allem Gewalt aus denen Händen der Aposteln gerissen, und nachmals alles Geld und häufiges Opfer gewaltthätig von dem Altar geraubet. Auch hat sich der listige Schalk gestellt, als schiebe er solches Geld in Busen; unterdessen aber hat er dieses in das Unterfutter des Rocks gestecket, welches mit allem Fleiß zu diesem Schelmenstuck also gemacht worden, einwendig aber in dem Hemmet des Busens hatte er zuvor um und um sehr viel kleine Steinl geschoben. Wie nun die Geistlichen dieses von dem Chor herab wahrgenommen, daß dieser Besessene alles Geld in Busen gestecket, also seynd sie eilfertig zugeloffen, und diesem Gesellen die Gürtel, welche er um die Lend hatte, ganz beherzet aufgelöst, der unfehlbaren Meinung, daß nachgehends das eingeschobene Geld sollte durchfallen. Sobald sie aber die Gürtel los und frei gemachet, siehe, da seynd mit großem Getöß und Raßlen lauter kleine Steinl herab gefallen, welches die guten Religiosen also bethört, daß sie beständig glaubten, die Teufel haben das Geld in Stein verkehrt. Unterdessen ist dieser schlimme Gast wieder entwichen, und bald darauf mit so guter Beut mit Christo und seinen Aposteln von dem Ort sich hinweg begeben, und ihre fernere Reis' genommen in die Dörfer. Wie sie dann bald zu einer Müllnerinn gelangt, von derselben in Abwesenheit ihres Manns eine saubere Leinwath begehrt, auf welcher der Herr Christus könnte celebriren. Solche hat sie auch gar treuherzig beigebracht. Weilen aber die schlimmen Gäst ein ganzes Stuck Leinwath in der Truhe wahrgenommen, also [275] haben sie, wohl unverschämte Apostel, auch diese begehrt, so aber die Müllnerinn abgeschlagen aus Forcht ihres Manns. Worüber der Herr Christus in etwas sich erzürnet und ihr gedrohet, es werde bald dessenthalben eine gebührende Straf über sie vom Himmel kommen. Unterdessen haben die Apostel einen brennenden Lunden samt einem Zunder ihr unvermerkt in die Truhe gestecket, worvon innerhalb etlichen Stunden eine schädliche Brunst entstanden. Als nun der Müller nach Haus kommen, ist ihm sein Weib mit weinenden Augen und zusammengeschlagenen Händen entgegen geloffen: O mein Mann, sagte sie, was siehst du nit für ein Unglück, ich bin halt also vom Himmel gestrafet worden, um weilen ich dem Herrn Christo mit seinen Aposteln, welche gestern bei mir die Einkehr genommen, habe das Stückel Leinwath abgeschlagen! o mein Gott! Was? sagt der Müllner, soll Christus bei dir seyn gewest? sollen die Apostel bei dir haben einkehrt? Er muß ein rechter Schelm seyn! Und hat alsobald die ganze Nachbarschaft versammelt, welche mit gesamter Hand und groben Prüglen diesem Christo und seinen Aposteln nachgeeilt, auch selbige in einem Bauern-Haus angetroffen. Sobald solches der Herr Christus wahrgenommen, so wend't er sich zu dem Petro, sprechend: Mein Peter, die Zeit meines Leidens nahet herzu, ich werde bald den bittern Kelch meiner Passion müssen trinken. Ja Herr, antwortet Petrus, so viel ich sehe, so wird es mir auch nit ausbleiben. Mein Peter, ich glaube, es sey zum allerrathsamsten, daß ich mich zu diesem Fenster hinaus reterire. Ja, mein Herr Christus, sequar te, quocumque ieris, »Ich will dir nachfolgen, wo [276] du immer hingehest.« Wie nun der Herr Christus mit seinen Apostlen aus gedachtem Fenster entrunnen, haben sie gleichwohl die schlauen Bauern noch ertappet, dieselben jämmerlich mit Prüglen empfangen, und den falschen Christum schier halben Theils zu todt geschlagen, auch noch diese höhnischen Wort hinzu gesetzet: Christe, prophezeie uns, in welchem Wald ist dieser Prügel gewachsen! Für solche Landlaufer, Müssiggeher und Faulenzer war diese ungebrennte Asche gericht', und soll man jetziger Zeiten nicht glimpflicher umgehen mit dergleichen Gesellen, welche allerlei Ränk und Schalkheiten ersinnen, damit sie nur der Arbeit nit in die Händ gerathen. Dergleichen Lumpen-Gesind auch die Zigeuner seynd, welche nicht ohne großen Schaden und Diebstahl alle Länder ausreisen mit dem gedichten Vorwand, als kommen sie aus Egypten, und müssen 7 Jahr lang hin und her wandern zu einer Buß, weilen sie der seligsten Jungfrauen Mariä mit ihrem göttlichen Kind, als sie in Egypten geflohen, einmal die Herberg geweigert haben. Es ist aber solches ein lauteres Gedicht und bloße Schalkheit; dann diese Leut haben das Egpytenland ihr Lebenlang nie gesehen, sondern ist ein solches zusamm gerottes Lottersgesind von allerlei müssigen Leuten, welche denen armen Bauers-Leuten mehresten Theils sehr überlästig, mit Klauben und Rauben ihren Unterhalt suchen, und mit ihrem Wahrsagen den einfältigen Pöbel bethören. Wessenthalben gar wohl die Satzungen Kaisers Caroli V. zu Augsburg auf dem Reichstag Anno 1549 geboten, daß man dergleichen Müssiggeher in Deutschland auf keine Weis' gedulden solle. Diese und alle Müssiggeher ins gemein seynd des [277] Judä Iscarioths des Erz-Schelm nahe Brüder und Anverwandte.

Judas Iscarioth der Erz-Schelm ist die eigentliche Ursach
Judas Iscarioth der Erz-Schelm ist die eigentliche Ursach, daß die lieben Apostel von den tobenden und wüthenden Sturm-Winden also getrieben worden, daß sie samt dem Schiff in dem tiefen Meer waren zu Grund gangen, wofern sie nit Jesus salviret hätte.

Nachdem der Herr und Heiland mit 5 Broden 2 Fischen ganz wunderbarlich 5000 Männer ohne die Weiber und Kinder gespeist und ersättiget hat, schaffte er einen Apostel um den andern in das Schiffel hinein: also mußte auch folgsam der verstohlene Judas mit ihnen fahren. Es war ihnen zwar bei so spatem Abend nit gar wohl gelegen, dem wilden Meer sich zu vertrauen; weilen es aber der ernsthafte Befehl ist gewest ihres Herrn, so wollten sie demselben keineswegs widerhandlen. Kaum daß sie eine Weil fortgefahren, da erhub sich eine gefährliche Ungestümme mit erschrecklichem Saufen und Brausen der Süd- und mitternächtigen Winde, daß also die Apostel vor Schrecken ganz erbleicht, und nach Möglichkeit mit den arbeitsamen Rudern suchten denen tobenden Wellen zu widerstehen, welches aber samt aller dero Arbeit wenig gefruchtet, sondern scheinte vielmehr das ergrimmte Meer noch heftiger zu wüthen, und droheten also augenblicklich [278] die empor steigenden Wellen dem armen Schiffel den Untergang, bis ihnen endlich der liebste Heiland trostreich erschienen, und durch seine heiligste Gegenwart denen rasenden Winden einen Biß eingelegt. Der hl. Kirchenlehrer Ambrosius samt anderen mehr ist der Aussag, daß solche Ungestümme des Meers und ungeheure Wüthen der Wind sey entstanden wegen des Judas Iscarioth, welcher dazumalen bei diesen heiligen Aposteln auch zugegen war. Dann ob er schon derselbigen Zeit noch keinen Willen hatte, seinen Herrn meineidig zu verrathen, so war er doch schon ein geheimer Dieb und lasterhafter Partitenmacher. Dahero wegen der Sünd des Judä dieser Unstern im Meer ihnen widerfahren, dardurch zu lernen, daß das menschliche Drangsal mehresten Theils herrühre von der Sünd.

Unterschiedliche Oerter der Welt, Königreiche der Welt, Provinzen der Welt, Städte der Welt liegen unter unterschiedlichen Zeichen des Himmels. Ein Land liegt unter der Wag'

, ein anderes unter der Venus

, ein anders unter dem Scorpion

, ein anders unter dem Krebs

, ein anders unter dem Stier

, ein anders unter dem Mars

, ein anders unter dem Fisch

, ein anders unter dem Wassermann

etc. Aber mich dunket, die ganze Welt liegt der Zeiten unter dem

, da man allerseits nichts anders antrifft, als lauter Stöß und Widerwärtigkeiten. [279] Allerseits ein doppelter W Widder. Das ist Wehe über Wehe.

Anno 746 seynd unterschiedliche Kreuz erschienen in dem Königreich Ungarn auf denen Kleidern der Leut, absonderlich aber auf denen Meßgewändern in der Kirche. Anno 541 unter dem Papst Vigilio seynd in ganz Lombardia und Liguria auf allen Häusern, Porten, Geschirren und Kleidern nit ohne höchste Verwunderung allerlei Kreuz-Zeichen gesehen worden, welche man auf keine Weis' konnte abwaschen oder auslöschen. Anno 778 unter dem Papst Hadriano I. und Kaiser Konstantino VII. hat man auf den Kleidern ganz blutige Kreuz wahrgenommen, und nit lang hernach hat es das helle Blut geregnet. Anno 975 seynd in der Stadt Rom auf Mann- und Weibs-Kleidern ganz rothe Kreuz gespüret worden, welches männiglich den größten Schrecken eingejaget. Anno 963 unter dem Papst Joanne dem Zwölften, und bei Regierung des Kaisers Otto seynd neben anderen wunderbarlichen Begebenheiten auch häufige Kreuz erschienen auf den Kleidern, welches Wunder ein trauriger Vorbot war vieler hernach entstandenen Unheil in der Christenheit. Anno 1295, als zu Toledo in Spanien die Hebräer oder Juden nach ihrem Gesatz eine große Solennität begangen, seynd augenblicklich eine große Menge der Kreuz erschienen auf ihren Häusern, auf ihren Kästen und Truhen, auf ihren Kleidungen, auch auf der Leinwath in ihren Gewölbern. Anno 1500 hat man in ganz Deutschland auf allen Kleidern, forderist auf den Kleidern und Schleiern der Weibsbilder Kreuz gesehen mit unterschiedlichen Farben; und als[280] eine Frau mit 22 Jahren sich dessenthalben schamte, hat sie in einem Tag 12 neue Schleier aufgesetzet, und dannoch allemal ein blutrothes Kreuz darauf erschienen. Anno 1503 seynd zu Nürnberg, Regensburg, Landshut, und auch anderen Oertern des deutschen Lands sehr viel Kreuz gespüret worden auf den Kleidern, forderist auf den Röcken der Weibsbilder, welches man dazumalen der übermäßigen Hoffart hat zugemessen. Anno 1505 haben die Fischer zu Prag in Böheim eine große Anzahl der Kreuz in den Fluß Elb fallen gesehen. Anno 1591 den 25. und 28. Mai hat man in ganz Frankreich, absonderlich aber zu Paris, wunderbarliche Kreuz in großer Menge gesehen auf allen Altar-Tüchern, Meß-Gewändern, Kelch-Tüchlen, Chor-Röck und Kirchen-Mäuren.

Der Zeit siehet man zwar dergleichen Wunder-Kreuz nit; wohl aber andere Kreuz durch die ganze Welt. Es ist der Krieg ein Kreuz, die Pest ein Kreuz, der Hunger ein Kreuz, die Krankheit ein Kreuz, Verfolgung ein Kreuz, Armuth ein Kreuz, und diese Kreuz seynd allerseits in der ganzen Welt anzutreffen. Kleine Kreuz, große Kreuz, leichte Kreuz, schwere Kreuz, kurze Kreuz, lange Kreuz, einfache Kreuz, doppelte Kreuz seynd da und dort auf einem jeden Ort zu finden. Widerwärtigkeiten allenthalben, Elend allenthalben, Drangsalen über und über, Noth allerseits, Betrübnussen um und um, Jammer genugsam müssen die Leut ausstehen, daß ich also beharrlich glaube, das Wort Leut komme von dem Leiden her.

Von dem stolzen Absalon sagt die hl. Schrift, daß er sich das ganze Jahr nur einmal habe die Haar[281] lassen abscheeren: »semel in anno tondebatur.« Aber der Zeiten werden wir Leut auf der bedrängten Welt wohl öfter geschoren, öfter als des Laban seine Schaf; denn man uns so gar keine Woll mehr läßt. Es geht dem König nit mehr wohl, dem Edelmann nit mehr wohl, dem Bauern nit mehr wohl; es gehet nit mehr wohl her im Land, nit mehr wohl in der Stadt, nit mehr wohl im Dorf, nit mehr wohl im Haus, ja schier nirgends wohl. Woher aber kommt doch alles dieses? Fragt nit lang, sonst antwort' David kurz und gut:Propter iniquitatem corripuisti hominem, »Du züchtigest den Menschen um der Sünden willen

Weilen der Prophet Jonas Gott dem Allmächtigen einen sträflichen Ungehorsam erzeigt – indem er hätte sollen nach Ninive reisen, ist er in ein Schiff gestiegen, in Willens, anderwärtig hinzuseglen, aber den Augen Gottes zu entweichen ist nicht möglich – dahero Gott alsobald einen Befehl geben den Winden, daß sie unverzüglich mit ihrem ungestümmen Gewalt und Brausen das Schiff, worinnen Jonas war, sollen anfallen, welches dann unverweilt von diesen aufgeblasenen, großbacketen Gesellen ist vollzogen worden, massen die tobenden Sturmwind Anfangs die Wolken zusammen gejagt, daß sie mit ihrer Dicke den schönen gesternten Himmel traurig überzogen. Nachgehends seynd die Meer-Wellen mit solcher Ungestümme erwecket worden, daß es fast scheinte, Neptunus sey nicht mehr Herr in seinem Reich. Das arme Schiff wurde dergestalten [282] von denen wüthenden Wellen gerieben und getrieben, daß alle Schifffahrenden den gegenwärtigen Tod vor Augen sahen. Meisten Theils hatten alle derentwegen keine Hoffnung mehr auszukommen, weilen sie die schweresten Truhen und Fässer und andere Sachen in das Meer geworfen, und dannoch hierdurch das Schiff nicht geringert worden, bis sie endlich in die Erfahrenheit gebracht, daß der sündige Jonas an allem diesen schuldig sey, wessenthalben sie auf sein eignes Begehren ihn in das Meer geworfen. Es waren aber die Schiffleut, schreibt Arias Montanus, sehr liebe und gutherzige Männer, und dahero auf alle Weis' gesucht, wie sie dem armen Tropfen möchten helfen. Deßwegen sie dem Jonä einen Strick um die Mitte gebunden, und solchergestalten hinaus geworfen. So bald sie vermerket, daß die Ungestümme hat aufgehört, haben sie geschwind mit dem Strick den Jonas in das Schiff gezogen. Wie bald er aber wieder in das Schiff kommen, so haben gleich augenblicklich die Sturmwind wieder angefangen zu toben, daß sie mehrmalen den Jonam hinaus geworfen, und wieder hinein gezogen, bis sie endlich augenscheinlich wahrgenommen, daß solches Uebel nit könne gewend't werden, es sey denn, sie thun diesen Sünder denen Wellen überliefern, welches letztlich auch geschehen. Haben also diese in äußerster Noth bedrängte Menschen erfahren müssen, daß dieses Unheil von der Sünd' hergerühret. Die Sünd des Jonä war Ursach dieses so ungestümmen Wetters: die Sünd hat den Himmel trüb und das Meer trüb gemacht, und zwar dieses nit allein, sondern die Sünd macht alle Betrübnuß, und alle Trübsal in der [283] Welt. Die guten redlichen alten Deutschen, welche Anfangs der Uebelthat haben den Namen geben Sind, haben in der Wahrheit ein wenig geirret; dann sie hätten es nit Sind, sondern Schind sollen nennen, weilen nichts so fast die ganze Welt, und in der Welt die Menschen schind' und plagt und peiniget, als die Sünd.

Von der Sünd rühret alles Uebel her. Denen dreien heiligen Königen aus Orient, dem Kaspar, dem Melchior, dem Balthasar hat dreizehn Tag ein schöner, glänzender Stern den Weg gezeigt; wie sie aber zu Jerusalem angelangt, da ist der Stern verschwunden; so bald sie aber wieder Jerusalem verlassen, alsdann ist dieser strahlende Wegweiser mehrmalen vor ihnen geschwebet. Anjetzo entsteht nur die Frag, warum der schöne Stern, der auch mit dem Sonnen-Glanz konnte trutzen, sie zu Jerusalem verlassen? Dessen geben die heiligen Lehrer unterschiedliche Ursachen. Mir ist schon das genug, daß der Stern verschwunden bei der sündigen Stadt zu Jerusalem, allwo der König mit denen Untergebenen in großen Lastern lebeten. Wo die Sünden waren, wollte der Stern nit scheinen, Sünd und Stern finden sich nicht beisammen. Ich, sagt einer, hab kein Glück, keinen Stern im Heirathen gehabt. Ich, sagt ein anderer, hab kein Glück, keinen Stern mit meinen Kindern. Ich, sagte der dritte, hab kein Glück, keinen Stern mit meiner Handelschaft. Ich, sagt der vierte, hab kein Glück, keinen Stern mit meinen Treid-Aeckern und Wein-Gebäu, mit meinen Reisen. Ich glaub dirs, ich glaub ihms, ich glaubs jenen, ich glaubs allen, daß ihr keinen Stern habt.[284] Aber wißt ihr, oder wollt ihr wissen dessen Ursach? Wo Sünden seynd, da läßt sich kein Stern nicht blicken. Euere eigene Missethaten seynd eine Ursach des Unsterns: Propter iniquitatem corripuisti hominem.

Der Josue hatte keinen Stern, kein Glück gehabt bei dem kleinen Städtl Hai; sondern dort zu Hai von Federn auf das Stroh kommen, und dieses hat verursachet die Sünd des Achan. Der Pharao hat kein Glück, keinen Stern gehabt in seiner Regierung, sondern mit Krieg, Hunger und Pest geplaget worden; solches aber hat verursachet sein lasterhafter und sündiger Wandel. Der Kain hat kein Glück und Stern gehabt, weilen ihn der Lamech für ein Wildstuck angesehen, und also mit einem Pfeil durchschossen. Das aber hat verursacht die Sünd.

Wann die Sünd nit gewest wäre, so hätt' den Menschen kein einziges Geschöpf beleidiget; wir hätten uns im Feuer und Flammen können herum wälzen, wie auf denen linden Pflaumen-Federn, ohne einigen Schaden; wir hätten nit dörfen sagen husch, husch, husch, dann es hätte uns nie gefroren; wir hätten nit vonnöthen gehabt den Schuh, dann wir die Zehen niemalen hätten angestoßen noch in einen Dorn getreten, dann dazumalen waren keine Dörner. Der Mensch hätte niemalen dörfen einen Rauch machen mit Mastix oder Weihrauch, dann es hätte sich niemalen ein wilder Gestank ereignet; auch alles, was bei und von den Menschen gewest, hätte nie einen widerwärtigen Geruch gegeben; die Erde wäre ohne Distel, die Schlangen ohne Gift, der Himmel ohne Wetter, der Leib [285] ohne Krankheit, die Thier ohne Schaden, das Feuer ohne Hitz, der Schnee ohne Kälte, der Acker ohne Unfruchtbarkeit, die ganze Welt ohne Schaden gewest. Daß aber dermalen Alles wider uns ist, hat die Sünd verursachet.

Was ist der Hund für ein treues Thier! Das hat erfahren Tobias. Der Hund wird seinem Herrn stets als eine treue Schildwacht auf der Seite stehen, der Hund guscht auf den Befehl seines Herrn, er bellt nach seinem Willen, er faßt und hohlet nach seinem Begehren, er wacht für ihn, er schmeichlet ihn, er liebt ihn, und so ihm auch der ganze Taglohn mit einem harten Bein bezahlet wird, so ersparet er doch keinen Sprung seinem Herrn zu Diensten. Er bedient seinen Herrn, er schützet seinen Herrn, er begleit seinen Herrn, er grüßet seinen Herrn, er ehret seinen Herrn auf alle Möglichkeit. Es geschieht aber, daß sein Herr zur Faßnachts-Zeit will einen Herrn mit einem großen N. abgeben. Er legt ein Narren-Gewand an mit Schellen voll gebrämt, nimmt eine Larve um mit einer sechspfündigen Nase, ein großes Kres mit lauter Starnitzeln, daß er fast alle Pfeffer-Kramer konnte darmit versehen, und läßt sich solchergestalten vor dem Hund sehen. Dieser Melampus oder Coridon kennt ihn nicht mehr, sondern bellt, wüthet und tobet wider diesen, den er zuvor also liebkoset, und beißt ihm zwei Löcher in den Fuß.

Wie lang der Mensch hat angehabt und gepranget mit dem Kleid der Unschuld, und anbei gezeiget das unbeleidigte Ebenbild Gottes, so lang haben ihm alle Creaturen und Geschöpf' gedienet, geliebet, und gehorsamet; [286] nachdem er aber durch die Sünd eine höllische Larve umgenommen, so hat ihn kein Geschöpf mehr gekennt, sondern Alles angefangen, ihn zu verfolgen. Die Luft und was in der Luft, die Erde und was auf Erden, das Wasser und was im Wasser, das Feuer und was im Feuer, Alles, Alles wider ihn.

Siehe vor deiner eine schöne wohlgezierte Dama, welche ein Kleid von kostbarem Purpur, die schönesten Haar mit lauter hoch-neckerfarben Bändeln eingeflochten, ein Paar edle Wangen, wie rothe Rosen! diese trägt auf ihren alabasteren Händen, gegen welche der Schnee schier in der Klag gehet, den bekannten Vogel Phönix, kennst du solchen nicht? Es ist eine absonderliche gute Freundinn eines frommen und gerechten Menschen, und eine Ertz-Feindinn des Sünders. Diese ist das Element des Feuers.

Sidrach, Misach und Abdenago waren edle Jünglinge zu Babylon. Weilen sie aber dem abgötterischen Befehl nicht wollten nachkommen, sondern den wahren allmächtigen Gott angebetet, seynd sie durch des Königs Befehl in einen ganz feurigen Ofen geworfen worden, worinnen aber die Flammen so höflich, daß sie ihnen nicht ein Härl verletzet haben. – Der mörderische Kaiser Aurelius hat den heiligen Savium in den abscheulichen Kerker geworfen. Weilen er aber auch daselbst die Soldaten, so ihn verwachet, zum Glauben Christi bekehrt hat, also ist der heilige Mann an Händen und Füssen gebunden auf öffentlichen Markt [287] geführet worden, allwo man ihm ein glühendes Kaskett oder Beckelhaube aufgesetzt, und nachmals in einen angezünd'ten Scheiterhaufen geworfen worden. So hat ihm aber in allweg das Feuer nit geschadet. – Richarda, eine römische Kaiserinn und Ottos des III. Frau Gemahlinn, weilen sie falsch eines Ehebruchs beschuldiget worden, also hat sie zur Bestätigung ihrer Unschuld ein glühendes Eisen lang in denen Händen gehalten ohne den geringsten Schaden. Deßgleichen thät auch die Kaiserinn Cunegundis. Der heilige Guilelmus, vorhero ein mächtiger Herzog in Aquitania, nachmalens ein Religios meines hl. Ordens, hat von seiner Obrigkeit Befehl gehabt, Brod zu backen; wessenthalben er ganz schleunig ein großes Feuer in den Ofen gemacht, und weilen er nicht gleich die Krucken, wormit man die Glut pflegt heraus zu ziehen, bei Handen gehabt, ist er selbst in den feurigen Ofen hinein geschloffen, die Glut mit seinem Habit zusammen gekehret, und also unverletzt wieder aus dem Ofen heraus krochen. – Der hl. Pantaleon, der hl. Firmus, der hl. Rusticus, die hl. Prisca, die hl.Agnes, die hl. Glyceria, der hl. Speusippus, der hl. Elesippus, der hl. Meleusippus, der hl. Faustus, der hl. Jovita, der hl.Eulampius, die hl. Eulampia, der hl. Achatius, der hl. Bassus, der hl. Pontius, der hl. Mammas, der hl. Viktor, die hl. Christina, der hl. Andochius, der hl. Leontius,[288] der hl. Theodorus, der hl. Polycarpus, der hl. Eupropius, die hl. Agona, die hl. Lucia, die hl. Chionia, der hl. Vitus, der hl. Modestus, die hl. Euphemia, der hl. Cucufales, der hl. Julianus, der hl. Celsus, der hl. Philoterus, der hl. Helconides, der hl. Hermias, der hl. Thespesius, der hl. Lycarius, der hl. Zosimus, der hl. Justus, und viel tausend Andere mehr seynd in das Feuer geworfen worden, darinnen viel Stund, viel Täg, viel Zeit ohne einige Verletzung verharret. So manierlich ist dieses Element gegen den Frommen.

Aber erschrecklich ist dieses Element erzürnet über die Sünder; dann gleichwie es der unschuldigen Knaben verschont in dem babylonischen Ofen, also desto grimmiger hat es getobt in jene tyrannische Henkersknecht, und solche gar in die Asche gelegt, welche diese 3 Jüngling in den Ofen geworfen.

In dem Leben des hl. Patritii wird registrirt, daß sich ein frecher Mensch und Zauberer zugleich hab unterstanden, das Meßkleid dieses Heiligen anzulegen, sey aber gleich von dem Feuer, welches von dem Himmel gestiegen, ganz grimmig angefallen und in Asche gelegt worden, jedoch ohne Verletzung des Meßgewands. – Als Anno 1285 der hl. Philippus Benitius zwischen Bononien und Mutina wegen allzuscharfer Sonnen-Hitz sich unter einem schattenreichen Baum ein wenig ergötzte, daselbst aber etliche gottlose Gesellen angetroffen, welche viel gotteslästerliche Wort und Fluch ausgegossen, hat er alsobalden diesen gewissenlosen Leuten die Straf vom Himmel angekündet; worüber zwar diese muthwilligen Gesellen nur gespottet, aber bald hernach [289] den Zorn des gerechten Gottes erfahren, indem eine große Flamme von der Höhe herunter gestiegen, und diese elenden Menschen zu Staub verbrennet. – DieJuden durch Zulassung des abtrünnigen Kaisers Juliani wollten den zerstörten Tempel zu Jerusalem wieder aufbauen. Da ist eine große Flamme aus denen Fundamenten und ausgegrabenen Grund empor gestiegen und sehr viel Arbeiter samt allem Werkzeug gänzlich verbrennet. – Zu Paris in Frankreich hat sich ein gottloser Mensch freventlich unterfangen, in der Kirche bei Unser lieben Frauen Meß zu lesen, welcher niemalen von dem Bischof die priesterliche Weih empfangen hat. Sobald dieser zu dem Altar gangen, ist in Gegenwart eines großen Volks ein Feuer von oben herunter gestiegen, welches ihm seine kecken und unreinen Händ gänzlich verbrennet. Petrus de Natalibus schreibt, und nimmt zu einem Zeugen den hl. Kirchenlehrer Hieronymum, daß in derselbigen Nacht, in dero Christus Jesus geboren worden, seynd alle diejenigen, welche mit einer sodomitischen Sünd bemailiget waren, durch die ganze Welt von dem Feuer verzehrt worden. Nachdem die hl. Barbaram ihr Vater mit eigenen Händen enthauptet hat, und nach solcher Unthat von dem Berg herunter gestiegen, ist alsobald ein großes Feuer vom Himmel gefallen, ihn dergestalten verzehrt, daß so gar nicht eine Asche übergeblieben. – Dacianus der unmenschliche Tyrann hatte sein einiges Wohlgefallen in dem Metzgen und Schlachten der Menschen. Nachdem er nun den heiligen und tapferen Helden Georgium [290] mit dem Schwert hat hinrichten lassen, und bereits seine Rückkehr in den Pallast nehmen wollte, da ist unversehens ein Feuer vom Himmel gefallen, und ihn samt allen seinen Bedienten völlig verzehrt.

Dergleichen konnten ohne Zahl und Ziel beigebracht werden, wo allemal das Feuer seinen Grimm und Rachgierigkeit gesucht hat wider den Sünder, und also ernstlich Gott des Allmächtigen seines Erschöpfers angethane Unbild gerächet: Du Sodoma, duGomorha, du Adama, du Geboin, du Segar, ihr schönen, großen, reichen und wohlbewohnten Städt, habt alle den Zorn erfahren dieses Elements, indem es euch allesamt samt allen den Eurigen in die Asche gelegt. Wie man dann noch daselbst vermerket, daß das Wasser siede, auch Obst und Weintrauben allda die schönste Gestalt haben; sobald man sie aber anrühret, zerfällt alles zu warmer Asche. – Du Jerusalem, große und weltberühmte Stadt, allwo zu Zeiten Salomonis mehr Silber und Gold als Steiner anzutreffen waren, hast den 8 August Anno Christi 69 den Grimm und Zorn erfahren dieses Elements, indem es dich gänzlich verzehret, ob man zwar dazumalen ehender hätte die Brunst mit Blut löschen können, als mit Wasser. – Du schöne Stadt Baderborn hast Anno 847, zur Zeit und Regierung des Kaisers Letharii, den Zorn gesehen dieses Elements, indem erstlich um die Sonne ein wunderlicher runder Cirkel von männiglich ist beobachtet worden; sobald aber dieser verschwunden, ist die ganze Stadt in dem Feuer gestanden. – Du große und schöne Stadt Mainz hast Anno 1112 den Zorn und Wüthen erfahren dieses Elements, indem du schier ganz von denen freßgierigen[291] Flammen bist verzehret worden! Auch seynd in solcher Brunst über 2000 Personnen zu Grund gangen. – Du weltkündige Stadt Rom unter dem Kaiser Vespasiano, unter dem Kaiser Antonio, unter dem Kaiser Commodo hast den Zorn erfahren dieses Elements! Auch du schöne Stadt Venedig Anno 1109 und Anno 1514, du Stadt Lübeck Anno 1209, du Stadt Costanz Anno 1314, du Stadt Crakau 1125, du Stadt Basel Anno 1253, du Stadt Worms Anno 873, du Stadt Wien Anno 1518, und vor wenig Jahren du Stadt Paßau etc., ihr alle habt den Grimm und Zorn erfahren dieses Elements! Aber sagt her, warum hat der feurige Wagen dem Eliä nit ein Härl verletzet, und warum hat euch das Feuer so großen Schaden zugefügt? Sagt keine andere Ursach als diese: Elias war heilig, darum ist dieses Element so höflich gegen ihm; aber wir hatten viel große Sünden, deßwegen wüthet dieses Element also gegen uns. Non est malum, quod non fecit Dominus in Civitate. Dann dieses Feuer hat die Söhn und Kinder des Hohen-Priesters Aaron auch verzehret, um weilen sie im göttlichen Opfer gefehlet haben; dieses Feuer hat diejenigen verzehret, welche den Propheten Eliam wollten fangen; dieses Feuer hat die Israeliten durch ganz glühende Schlangen geplagt, um weilen sie wider den Mosen gemurret haben; und dieses Feuer ist noch auf den heutigen Tag alle Augenblick bereit, die Sünder zu strafen. Schreibt also die [292] gefährlichen Brunsten, die schädlichen Brunsten die einfältigen Brunsten keiner andern Ursach zu, als der Sünd': diese verursacht solchen Unstern.

Nicht ohne Geheimnuß und sondere Bedeutung ist der ganze Berg Sinai voller Rauch und Feuer erschienen, wie der allmächtige Gott dem Mosi darauf die 10 Gebot eingehändiget, vielleicht dadurch zu zeigen: wer diese Gebot übertrete, dem solle dieses feurige Element zu einer Straf seyn!

Es läßt sich allhier eine andere Dama sehen, welche mit sehr stattlichen Kleidern pranget. Diese ist angelegt mit einem himmelblauen Rock, läßt ihre goldfarben Haarlocken ganz frei fliegen, ihr Manto ist so vielfärbig gestreift, wie ein Regenbogen, sie hat ein Paar aufgeblasene Wangen, als hätte sie das Zahnweh. Andere stolze Helenä tragen zum besseren Schein ihrer glatten, weißen Haut schwarze Fleckel, welche in Hirsch- und Hasen- und Füchs-Gestalt geschnitten; aber diese prangt mit lauter Vögerl in dem Angesicht, und so mich recht dunket, so sehe ich, daß ihr ein solcher taffeter Gimpel auf der Nase sitzet. Kennst du aber dieses Frauenzimmer? Sie ist eine absonderliche Freundinn und Gutthäterinn der frommen Leute, aber eine Erz-Verfolgerinn der Sünder. Diese ist das Element der Luft.

[293] Die Luft ist dem h. perusischen Abt Petro gar wohl geneigt gewest; dann als auf eine Zeit eine große marmelsteinerne Saul in die Höhe zu dem Kirchen-Gebäu gezogen worden, der Strick aber wegen Schwere der Last gebrochen, so ist auf den Befehl des h. Manns die große Saul in der Luft hängen blieben. Die Luft hat sie zu Vermeidung großen Schadens nit fallen lassen. – Zu Aretii am Fest Unser lieben Frauen Himmelfahrt hat der selige Servit Joachimus zu dem Altar gedienet. Unter währender h. Meß ist der fromme Diener Gottes durch einen gähen Zustand auf die Erd krank niedergesunken; die Kerze aber, welche der h. Mann in der Hand gehalten, ist in der Luft hangend geblieben, und hat sie die Luft nicht fallen lassen. – Nachdem der h. Erz-Bischof Dunstanus das Amt der h. Meß vollbracht, und das Meßgewand auf die Seite geben, der gänzlichen Meinung, es nehme solches sein Diener von ihm, welcher aber samt Anderem schon entwichen, siehe, da ist das Meßgewand etlich Stund in der Luft hangend geblieben, und hat es die Luft nit fallen lassen! – Der h.Evermodus, Erz-Bischof zu Ratzenburg, hat seine Handschuh in die Luft gehängt, der h. Petrus Cälestinus seine Kappe, die h. Jungfrau und Martyrinn Uviborada ihren Kämpl, Carolus Magnus den Mantel etc., und ist diesen und anderen Heiligen Gottes die Luft also wohl gewogen gewest, daß sie nichts dergleichen hat fallen lassen, sondern an statt eines Dieners die Sachen getragen. – Die Luft ist dem h. Francisco Xaverio, dem gottseligen Francisco Olympio, dem heiligmäßigen [294] Francisco a Puero Jesu, dem seligenFrancisco Borgia, dem gottseligen Francisco Fabriano, dem seligmäßigen Francisco Ximenio, dem seligen Francisco Ticinensi, dem seligen Francisco de Briones, dem heiligmäßigen Francisco Gonzaga und vielen anderen unzählbaren also geneigt und willfährig gewest, daß sie sie öfters in die Höhe gezogen von der Erde, und solche öfters viel Stund lang in der Höhe gehalten, und sie nachmals mit aller Manier wieder in die Nieder gelassen. – Auf den Befehl des h. Bernardi Senensis, des seligen Joannis Capistrani, des h. Ugonis, des h. Theodori, des h. Columbani, des h.Gregorii Turonensis, des h. Petri de Alcantara, des h. Gamelberti, Pfarrherrn in Bayren, des h. Pauli Eremitä, des gottseligenJoseph Anchietä hat die Luft die finsteren Wolken, das trübe Wetter gewend't und den hellen Sonnenscheinsehen lassen.

Es ist die Luft nicht allein gnädig gewest dem Fell des tapferen Gedeonis, indem sie über die ganze Erde einen Himmelthau geschütt und geschicket, über das Fell nit ein Tropfen fallen lassen; sondern es ist auch dieses Element also gewogen gewest, daß der h.Bernardus, der h. Odo, der h. Luthbertus, der h. Asidius, der h. Marius, der h. Antgarius, der selige Sanktus a Cora meines h. Ordens und viel andere mehr seynd von der Luft also geschirmet worden, daß sie in den größten Platzregen von keinem Tropfen seynd berühret worden.

Es hat nit allein die Luft das Himmel-Brod oder das Manna gespendiret vor alten Zeiten den Kinder[295] Israel in der Wüste, sondern auch der seligen Ag neti Politianä, dem h. Martyrer Desiderio und Festo und vielen anderen heiligen Einsiedlern in Egypten. In Summa: ganz gnädig ist dieses Element den frommen und gerechten Leuten, aber ein Erz-Feind der Sünder.

Zu Zeiten des halsstärrigen Königs Pharao, weilen er samt den Seinigen an den wahren Gott nit wollte glauben, hat die erzürnete Luft einen solchen harten und häufigen Schauer geworfen unweit Dempsta, daß ein Stein einem großen Kindskopf gleichete, und seynd die mehresten also geformt gewest, als hätten sie rechte Zähn. Fürwahr dazumalen hat die Luft diesem Ort die Zähn können zeigen. – Zu Zeiten des Propheten Eliä ist die Luft also halsstärrig gewest gegen die Israeliten, weilen dieselben Gott dem Allmächtigen den Rücken gewend't und den falschen Baal angebetet, daß er 3 Jahr und 6 Monat niemalen einen Regen gespendirt. – Zu Zeiten des h. BischofenLeucii zu Brundus, allwo der ungläubigen Heiden noch eine große Menge wohnte, hat es 2 ganzer Jahr nie geregnet. – Zu Zeiten des h. Bischofen Wilfridi, ehe und bevor er in Engelland kommen, ist daselbst 3 ganzer Jahr kein Tropfen Wasser gespüret worden, aus welchem dann das größte Elend erwachsen. – Zu Zeiten des h. Vinzentii Ferrerii hat in etlichen Orten in Frankreich, sonderlich bei Carcasona von dem Monat Julio an bis in den Januarium hinaus niemalen ein Regen den Erdboden ergötzet. – In der Insel Chio ist 2 Jahr nacheinander die Luft also trucken gewest, daß nie ein [296] Tropfen von dannen auf den Erdboden kommen, welches die Türken daselbst in die äußerste Noth gestürzet. – Anno 565 inLiguria, Anno 544 in Orient, Anno 1348 inOccident, Anno 170 zu Rom, Anno 746 zuConstantinopel, ist die Luft giftherb gewest, das ist ganz giftig, wessenthalben viel hundert tausend Menschen zu Grund gangen und an der abscheulichen Pest gestorben.

Wer, meinst du, hat dieses Element also in Harnisch gestecket, daß es einen solchen Groll und Widerwillen hat merken lassen gegen den Menschen? wer, glaubst du, ist Ursach daran, daß uns die Luft von oben herab nit mehr ein Manna, sondernmancherlei Elend, nit mehr ein Brod wie den Israeliten, sondern eine Noth immerzu spendiret, und stets mit Donner, Hagel, Schauer, Reif, Platzregen, Pest und Ungesundheit wüthet und tobet? Alles dieses Uebels ist Ursach das Uebel, verstehe die Sünd! Elementa mundi, terra, aqua, aër, ignis conspirarunt in impios Deo vindice: »Die Elemente der Welt, die Erd, das Wasser, die Luft, das Feuer haben zusamm geschworen wider den Sünder. Sie können ihm auf keine Weise hold oder geneigt seyn, weilen sie ihren Erschöpfer also beleidigen.« Sie schamen sich auf alle Weis' dem Menschen zu dienen; dann gleichwie ein Edelmann sich schamen thut, einem Henker – s.v. – oder einem Schinder einen Diener abzugeben, ihm in allweg aufzuwarten, pfui! also weigern auch die Elemente als edle Geschöpf, dem Menschen zu dienen, der auf henkerische Manier jedesmal durch eine Tod-Sünd den Heiland Jesum auf das Creuz naglet. Wann dann [297] die Luft mit schädlichem Schauer, mit bissigem Reif, mit hartem Ungewitter, mit großer Trückne die Treid-Felder und Weingärten verderbt und ausdorret, so müssen wir es unsern Sünden zueignen.

Wie der Patriarch Jakob seine Söhn in Egypten geschicket, damit sie alldorten sollten um das baare Geld Treid einkaufen, seynd diese ungefähr – also zu reden – zu dem Joseph als damaligen Gubernator im Reich gelangt, welcher diese seine sauberen Brüder gekennt, diese aber ihn nit; dahero er sie mit rauhen Worten angefahren, so gar für Ausspäher und Schelmen gehalten, und ob schon sie sich bestermassen entschuldigten, so hat er sich gleichwohl zornig gestellt, und neben ziemlichen Filz, den sie gar nit vonnöthen hatten, dann sie tragten lauter Kappen, auch einen ernstlichen Befehl geben, daß man sie an Ketten und Banden als verdächtige Leut soll anschmieden und in die Gefängnuß führen. Denen armen Tropfen ist so Angst gewesen, wie einem Floh zwischen zween Daumen. Nach verflossenem dreitägigen Verhaft läßt er sie frei nach Haus reisen, doch mit dem Geding, daß einer anstatt aller in dem Arrest verbleibe, und ist das Loos gefallen über den Simeon. Wie nun diese Brüder in so unverhofftes Unglück gerathen, und mit Noth und Drangsalen überhäufet worden, da hat einer den anderen mit weinenden Augen angeschaut, da haben alle mit oft-erhohlten Seufzern bekennet: Merito haec patimur, »das Elend ist billig über uns kommen.« Gelt der gerechte Gott hat uns sauber können finden, das haben wir alles verschuldet, weilen wir uns versündiget [298] haben an unserem Bruder Joseph! hab' ich euch nit gewarnet, sagt Ruben, ihr sollt solche Bosheit nit begehen? ihr habt mich für einen Maulaffen gehalten, jetzt sehet ihr, wie uns Gott alle strafet. Meritò haec patimur.

Wann uns der Reif oder die übermäßige Kälte die Treid-Felder zuricht, wie die samsonischen Füchs bei denen Philistäern; wann uns der Schauer Alles erschlägt, wie es geschehen bei Mosis Zeiten in Egypten; wann uns die Trückne den Weinstock kraft- und saftlos macht, wie zu Eliä Zeiten; wann uns die vergifte Luft mit einer starken Pest überfällt, wie der David zu seiner Zeit erfahren: so laßt uns weiter die Planeten nicht durch die Hechel ziehen, oder dem Teufel alle Schuld auf den Buckel laden, oder denen Hexen alle Ursach auf die Gabel binden, sondern mit denen Brüdern Josephs sprechen: meritò haec patimur, »dieses und das haben wir verschuldet, denn wir haben uns versündiget.« Grandines pro suppliciis Dei agnoscendae sunt. Cum igitur videmus grandinem in regione nostra, revocemus nobis in memoriam et peccata, propter quae Aegyptus grandine afflicta est, et sentiamus, si idem supplicium patimur, quia eadem etiam peccata inter nos grassantur.

Es läßt sich mehrmalen ein anderes Frauenzimmer[299] sehen. Diese ist mit lauter gewässertem Taffet bekleidet, trägt die schönsten Corallen um ihren weißen Hals, ist überall mit meergrünen Mäschen und Bändlen gezieret, und was mich wundert, ist, daß diese trage, was sonsten bei dem adelichen Frauenzimmer ungewöhnlich, eine schöne Schiffhaube auf dem Kopf. Du kennst ja diese? Ich glaub wohl. Diese ist eine große Freundinn der frommen Leute, aber eine Erz-Verfolgerinn des Sünders. Es ist das Element das Wasser.

In Welschland ist ein großer Fluß, mit Namen Padus. Dieser ist so freigebig gewest gegen den heil. Gebhardum, daß er sich mitten von einander wie das rothe Meer zertheilet, und dem heiligen Mann samt den Seinigen einen freien truckenen Paß gespendiret. – In Böhmen ist ein großer Fluß, mit NamenMoldau. Dieser hat sich ganz ehrerbietig erwiesen gegen den seligen Joannes, dazumalen der Königinn Beichtvater; denn als diesen der tyrannische Wenzel ermordet und in die Moldau werfen lassen, ist daselbst von freien Stucken augenblicklich der Fluß ausgedorret, bis man den Leib von dannen genommen und mit einer bessern Begräbnuß verehret hat.

In dem römischen Reich ist ein bekannter Fluß, benanntlich der Rhein-Strom. Solcher ist so manierlich gewest gegen ein Weib, welche unschuldig eines Ehebruchs beklagt, und derentwegen mit einem Mühlstein an den Hals gebunden in den Rheinstrom versenket worden; welcher sie aber samt dem Stein, wie das Pinsen-Körbel Mosis an das Gestad getrieben. [300] – In Schwabenland entspringt ein berühmter Fluß, dieDonau. Dieser hat sich so dienstbar gestellt gegen den h. Gotthard, Bischofen zu Hildesheim, daß er, als er noch ein Knab, öfter auf gedachtem Fluß wie auf einem glatten Boden daher gangen. – In Sachsen ist ein großer Fluß, die Elb genannt. Ueber diesen ist der h. Benno mit trucknen Füssen gangen. Hist. Bavar. lib. 19. num. 14.

Wie gnädig das Wasser sey, wissen die Patres Benediktiner wohl, indem der h. Maurus ihres Ordens mit trucknen Füssen auf dem Fluß gangen, und dem h. Placido zu Hilf kommen. – Wie gnädig das Wasser sey, wissen die Patres Bernardiner wohl, weilen der selige Bruder Hilarius ihres Ordens auf seinem Mantel wie in einem Schiffel über einen großen Fluß gefahren. In Menolog Cisterc. 4. Junii. – Wie gnädig das Wasser sey, wissen die Patres Carmeliter wohl, indem der h. Angelus ihres Ordens den großen Fluß Jordan mitten von einander zertheilt, und nachmals mit den Seinigen unverhindert hindurch gangen.Menolog. Carmel. in vita. – Wie gnädig das Wasser sey, wissen die Patres Dominicaner wohl, weilen der h. Hyacinthus ihres Ordens seinen Mantel auf das Wasser gebreit, und solchergestalten als auf einem Schiffel mit 3 anderen unweit Vissegrad über den Fluß gefahren. Odori. in Ann. 1257. – Wie gnädig das Wasser sey, wissen die Patres Jesuiter wohl, indem der heiligmäßige Joseph Anchieta ihrer Societät in Mitte der Meerwellen wie auf einem sanften Polster ohne Berührung eines einzigen Tropfen Wassers gesessen. Sebast. Beretar. in Vit. l. 4 [301] – Wie gnädig das Wasser sey, wissen die Patres Franziskaner, weilen der h. Bernardinus Senensis ihres Ordens bei der Stadt Mantua auf seinem Mantel mit seinem Gespann über das große Wasser geseglet, so gar, daß auch der ganze Mantel von keinem Tropfen ist benetztet worden. In Vita. – Wie gnädig das Wasser sey, wissen die Patres Paulaner wohl, indem der h. Stifter Franciscus de Paula über das ganze Meer in Sicilien auf seinem Mantel in Begleitschaft zweier seiner Gespänn ohne mindester Gefahr so gar auch durch die gefährlichsten Oerte Scylla und Charybdis genannt, glücklich geseglet. In Vita. – Wie gnädig das Wasser sey, wissen die Patres Capuciner wohl, weilen ihr wunderthätiger Mann Matthäus a Bascio öfters über den Fluß Padum, auch einmal über das Meer bis gegen Venedig auf seinem Mantel gefahren. – Wie gnädig das Wasser sey, wissen die Patres Augustiner wohl, indem der seligeHieronymus Racanatensis, damit er die Burger zu Firmi und Asculi möchte vereinigen, ist er auf seinem Mantel über einen starken und großen Fluß gefahren. In Chron. SS. PP. – Wie das Wasser gnädig sey gegen alle frommen Diener Gottes, wissen alle diejenigen, welche gehört haben vom Moses bei dem rothen Meer, vom Josue bei dem Fluß Jordan, vom Elisäo wegen den schimmernden Eisen, vom Petro, wie er das Wasser getreten.

Aber was das Wasser für ein Gesicht macht gegen den Gottlosen, wie das Wasser einen feurigen Zorn zeige gegen die Sünder, beschreibet der weise Salomon in dem Buch der Weisheit: Er wird die [302] Geschöpf waffnen, sich an seinen Feinden zu rächen. Das Wasser im Meer wird gegen sie ergrimmen, und die Ström' werden hart über sie zusamm schlagen, etc.

Was Zorn hat uns nit dieses Element erwiesen 1657 Jahr von Erschaffung der Welt, 2315 Jahr vor Christi Geburt, als der alte gerechte Tättl Noe 600 Jahr alt war? Denn dazumalen durch einen allgemeinen Sündfluß alle Menschen des Erdbodens seynd zu Grund gangen, außer 8 Personen, welche sich in die göttliche Arche salvirt haben. – Nicht weniger hat dieses Element seinen Grimm dazumalen spüren lassen, wie der halsstärrige Pharao mit einer großen Anzahl des Volks, wie auch mit 600 Wägen zu Grund gangen in dem rothen Meer. Von dem Menschen gibt es die öftere Erfahrenheit, daß einer pflegt öfter vor Zorn ganz roth zu werden. In Egypten ist einsmal das Wasser über den Pharao, um weilen er den wahren Gott nit wollte anbeten, also ergrimmt, daß es vor Zorn ganz blutroth worden. – Anno Christi 587 hat sich zu Rom der Fluß Tiber also ergossen, daß die vornehmsten und herrlichsten Gebäu seynd von dem Wasser zu Grund gericht' worden. Unter anderen hat man gesehen einen Drachen in der Größe eines dicken Baums mitten durch die Stadt schwimmen, dem eine große Menge der Attern und Schlangen gefolget, welche nachmals auf das Gestad getrieben worden und wegen ihrer Fäule eine große Pest verursachet. Anno 717 unter Gregorio dem Anderten römischen Papsten hat sich mehrmalen zu Rom eine so große Ueberschwemmung des Flußes Tibers 7 [303] ganzer Tag gezeiget, massen das Wasser gar über eines Manns Höhe also geschwellet, daß man in niedern Schiffen bis in St. Peters Kirche fahren können. Derowegen dann die Leut der gänzlichen Forcht waren, daß wiederum ein allgemeiner Sündfluß den ganzen Erdboden werde überschwemmen. – Die schöne Stadt Bertha in Schottland ist einst von denen 2 Flüssen Tai und Almund dergestalten überschwemmet worden, daß die mehresten Häuser und Menschen zu Grund gangen. Der König Guilelmus hat sich kaum mit seiner Frau Gemahlinn salviret, dem gleich sein Prinz Joannes als ein kleines Herrl mit 12 adelichen Frauen und 20 Hof-Bedienten armselig ertrunken. – Anno 1120 ist König Henrich der Erste dieß Namens in Engelland einen Frieden eingangen mit dem König in Frankreich, nachmals ist er samt denen Seinigen wieder nach Haus gerucket, seine 2 Prinzen Guilelm und Henrich und die einige Prinzessinn Sibilla seynd in einem besonders schönen Schiff in Begleitschaft vieler Edel-Leut gefahren; bei bestem Ruhestand aber der Wind, ohne einige Ungestümme des Meers ist diese königliche Familia mit allen ins gesamt zu Grund gangen. Und will man solches Elend niemand anderem zuschreiben, als der damaligen engelländischen viehischen Unzucht.

So weichherzig das Wasser immer gewest ist, so zeiget es sich gleichwohl hart gegen die Sünder, und ist nit allein dasjenige Wasser bitter gewest in der Wüste, welches nachgehends Moses mit einem Holz versüßet hat, sondern es zeigt sich wohl öfter das Element erbittert gegen den Menschen, überfließt, übergießt ihm [304] die Felder und Wälder, versenkt ihm, ertränkt ihm Wiesen und Aecker, fügt ihm da und dort einen Schaden zu, weil es rächen will die Schmach, so der Mensch seinem Erschöpfer anthut; dann es erinnert sich, in was großen Gnaden und Aestima es gleich von Anbeginn der Erschaffung bei Gott dem Allmächtigen gestanden, indem der Geist Gottes schwebete ober dem Wasser. In Erwägung dessen siehet dieses Element in allweg, wie es die Ehr Gottes möge verfechten und den Sünder möglichster massen ausrotten.

Was meinst du, was des Loths seine Frau Gemahlinn gestiftet habe, weilen sie so scharf von Gott dem Allmächtigen ist gestraft worden? Indem der gute Herr vermeint, sein Weib fliehe mit ihm von Sodoma, so war sie schon zu Salzburg. Was Unthat dann hat sie begangen? etwann hat sie Abgötterei getrieben? vielleicht hat sie den Loth mit Cornucopiä versehen? oder hat sie ihre eigenen Kinder ermordet? Nichts dergleichen, sondern sie alleinig hat wider des Engels Befehl und Willen umgeschaut, welche Uebertretung nur war eine läßliche Sünd. Joan. Chrysost. de parv. peccato. Wann dann dieses Weib derenthalben in eine Salz-Säule ist verkehrt worden, um weilen sie Gott den Herrn mit einer so geringen Sünd beleidiget, so verwundere dich gar nicht, wann es dir zuweilen auch Gott versalzen thut, und dir dieses und jenes Uebel von Wassergüß und Wasser-Schaden [305] den über den Hals schicket, weilen nur gar zu wahr bleibet, was mein h. Erz-Vater Augustinus ausgesprochen:Propter peccata veniunt delicta:


»Wegen der Sünden

Thut Glück verschwinden.«


Allda stellet sich wiederum ein anders Frauenzimmer vor Augen, welche ihres Gesichts halber sehr wohl beschaffen; sie pranget mit einem schönen Aufzug von geblümten Brocat, es stehen ihr die grüne Mäschen und Bänder stattlich wohl an, sie traget ein kleines Hündl auf dem Arm, solches wird hart einen deutschen Namen haben, etwann heißt es Belleveder, Zukerello oder Pazerello etc.; sie tragt ein schönes wohlriechendes Büschel in der Hand, darmit nicht allein die Augen sich weiden, sondern auch die Nase versehen ist. Diese ist eine ausbündige gute Freundinn der frommen Leute, aber entgegen eine geschworne Erz-Verfolgerinn der sündigen Menschen. Du werdest sie ja ungezweifelt kennen? Es ist das Element die Erde. Die Erde liebt und lobt den Gerechten, wüth und tobt wider den Ungerechten.

Was großes Mitleiden hat nicht die liebe Erde dazumalen spüren lassen, wie der Heiland Jesus eines so bitteren Tods gestorben, so hat sie an ihrem ganzen Leib gezittert, und an mehreren Oertern sich eröffnet, als wollte sie zeigen, daß ihr gleichsam das Herz im Leib vor Mitleiden zerspringe. Wie man dann dergleichen Schlund und Ritzen noch auf heutigen Tag zu Gaeta offen siehet, auch zu Galarita und anderen Orten. Pagat. p. 1. 53.

[306] Adam unser erster Vater, wie die Mehresten darvor halten, soll auf dem damascenischen Acker aus einer rothen Erde erschaffen seyn. Solche Erde ist über alle Massen schön lind und fast tractabel, wie ein Wachs, welche die Saracener als eine kostbare Sach stets in Egypten verkaufen, und zeigt sich diese Erd noch so gutherzig durch ein stetes Wunderwerk, daß, je mehr man Erd hinweg nimmt, je weniger spüret man, daß eine soll davon seyn genommen worden. Borchard. p. 1. c. 7. §. 66.

Um die dreißig Silberling, um welche das wahre Lamm Gottes von Judas ist verkauft worden, haben die Hebräer einen Acker gekauft zu einer Begräbnuß der Fremden. Von dieser Erde hat die Kaiserinn Helena 270 Schiff voll mit dieser Erd nach Rom abführen und bei dem Berg Vaticani ableeren lassen, welcher Ort derenthalben noch von denen Innwohnern Campo Santo, das hl. Feld, genennet wird. Diese Erd hat noch auf den heutigen Tag diese wunderbarliche Eigenschaft, daß sie keinen Romaner leiden kann, sondern nur alleinig die Fremden, gegen welche sie also barmherzig ist, daß sie dero Leiber innerhalb 24 Stund gänzlich verzehrt, damit die Würm den Körper nit lang plagen.

Der h. Antonius Paduanus mußte in dem Kloster zu Messano einmal aus Befehl seines Quardians in Mitte des Refectorii sich eines Fehlers schuldig begeben, den er doch niemalen begangen; weßwegen ihm die Obrigkeit einen ziemlichen Verweis geben. Es hat sich aber die Erde seiner Unschuld erbarmet; dann alsobald der Ziegel, auf dem er kniete, hat angefangen [307] zu wacklen, und von selber Zeit an hat man nie durch Arbeit und Fleiß denselben Ziegel fest machen können, dahero vonnöthen gewest, ein eisenes Gätterl darüber zu ziehen, welches annoch nit ohne Wunder zu sehen. Pagat. 154. p. 1.

Wie der heil. Beichtiger David einer großen Menge Volks auf freiem Feld mit apostolischem Eifer geprediget, er aber in der Nieder gestanden, daß ihn jedermann nicht sehen konnte; also hat sich die Erde so höflich gegen diesen Diener Gottes erzeiget und sich selbst in die Höhe aufgebaumt, daß also der h. Mann auf diesem hohen Bühel und Buckel der Erde von Allen ist gesehen worden.

Der päpstliche Abgesandte kam einsmal zu dem hl. Sabinum, Bischofen zu Placenz, gewisse heilige Geschäfte mit ihm zu verrichten. Unterdessen befragt den hl. Mann der Koch, was er heut zurichten soll? Ruben, mein lieber Koch, antwortet er, ein wenig Ruben, weiter nichts. Der Koch schüttlet hierüber den Kopf, in Betrachtung, daß erst den vorigen Tag zuvor der Rübensam' in die Erde ist gesäet worden; gehet aber gleichwohl, aus Befehl des hl. Bischofs, in den Garten, und find't alldar, daß die Erde schon innerhalb 24 Stund die besten Ruben hervor gebracht.

Als der hl. Fursäus samt seinem MitgespannLactano den Acker seines Klosters mit eignen Händen [308] umgehaut, und das Korn ausgesäet, hat sich die Erd gegen diesen eifrigen und frommen Mann also gütig und mildherzig erwiesen, daß erstgenanntes Korn innerhalb 3 Tagen aufgewachsen und gezeitiget.

Der hl. Gregorius, mit dem Zunamen Thaumaturgus, hat einem hohen Berg ernstlich befohlen, weilen er dem Kirchen-Gebäu sehr verhinderlich war, daß er sich anderwärts soll hinbegeben. Diesem Willen hat der Berg schleunigst gehorsamet, und alsobald dasselbe Ort verlassen. Die Erde von dem Grab des hl. Gregorii, des hl. Genesii, des hl. Guigneri, des hl. Raymundi, des hl. Martyr Petri, des hl. Rigoberti, der hl. Haberillä, der hl. Rosä und anderer mehrer thut zu größerer Ehr dieser frommen und heiligen Leute viel Krankheiten wenden. In allem ist dieses Element der Erde denen frommen Menschen wohl gewogen; entgegen tragts eine Haupt-Feindschaft gegen die Sünder. Man hat es dazumal sattsam erfahren: wie der Dathan und Abiron einen sehr schädlichen Aufruhr unter dem Volk Israel erwecket, hat die Erde solche lasterhafte Gesellen nicht mehr wollen ertragen, sondern ganz grimmig ihren Schlund aufgesperrt und solche Teufels-Brocken lebendig verschlicket.

In der Stadt Lucca in der Augustiner-Kirche zeigt man ein großes Loch, allwo ein gottloser Spieler von der Erde lebendig verschlungen worden. – Reis' mit mir durch Tyrol, da werden wir kommen nach Seefeld, da will ich dir mit Fingern weisen das Ort, wo im Jahr 1384 die Erde einen Edelmann bis an die Knie geschlucket, weilen solcher freventlich sich unterstanden hat, eine große Hostie, wie der Priester zu österlicher [309] Zeit, zu genießen. Vom Seefeld wollen wir unsere Reis' anstellen in das römische Reich; alldort wird zu Pastel ein jeder dir und mir den Platz weisen, allwo die Erde einen lebendig verschlucket, weilen er sich dem bösen Feind verschrieben. Von dannen wenden wir uns in das Königreich Böhmen, woselbst ich dir mit Zeugnuß aller 3 Städt zeige unweit dem schönen Geschloß dasjenige Ort, allwo die gottlose Drahomira, durch dero verruchte Anschläg der hl. Wenceslaus umgebracht worden, samt Roß und Wagen von der Erde verschlucket worden, und also mit Reputation auf einem Wagen in die Höll gefahren, da sonsten ein anderer armer Teufel muß zu Fuß dahin gehen. Bist du aber schon in etwas abgemattet, und nit mehr Lust hast ferner zu reisen, so setze dich nach deinem Wohlgefallen nieder, und liese zu einer ersprießlichen Zeitvertreibung etliche Bücher, worinnen du werdest mit Verwunderung sehen, wasgestalten die Erde, dieses sonsten geduldige Element, welches sich von Menschen und Thieren läßt mit Füssen treten, ihren Zorn habe gegen die Sünder ausgegossen.

Anno 117 ist die große und volkreiche Stadt Antiochia von denen starken Erdbiden dergestalten zerschüttet worden, daß unter den eingefallenen Gemäuer über die 60,000 Menschen todt gefunden worden. Dieses starken und ungewöhnlichen Erdbidens war eine einzige Ursach die Verfolgung des hl. Bischofs daselbst.

Anno 1169 in Sicilien, absonderlich zu Catana, Anno 136 zu Constantinopel, An. 1200 in Polen, An. 1117 in Italia, Anno 1356 in Schweizerland, [310] bei Regierung des Kaisers Adriani in Bithynia, unter dem Kaiser Trajano in Asia, zu Zeiten des Kaisers Gordiani, des Kaisers Diocletiani, des Kaisers Valentis, des Kaisers Justiniani, des Kaisers Constantis, des Kaisers Henrici des Dritten, Friderici des Anderten seynd durch starke Erdbewegung viel Städt und Schlösser zu Grund gangen.

Anno 1618 in diesem unsern Säculo stund das schöne Städtl Blursch wegen aller erwünschlicher Ergötzlichkeiten fast zu Trutz dem irdischen Paradeys. Es waren allda zu sehen die schönsten und mit größtem Unkosten erbauten Gärten um und um, daß also die Leut in einem purlauteren Rosengarten gesessen. Es scheinte für gewiß, als hätten die Innwohner zu Blursch von der Flora die Gärten, von der Ceres die Treid-Felder, von dem Baccho die Weingebirg, von dem Neptuno die rauschenden Wasserquellen, und von dem Jupiter allen Lust und Gust erblich erhalten. Ihre Gebäu waren voller Herrlichkeit, ihre Keller voller Wein, ihre Kästen voller Treid, ihre Kuchel voller Speisen, ihre Handelschaften voller Gewinn, ihre Gegend voller Gespäß, ihre Bäume voller Früchten, ihre Wässer voller Fisch, ihre Beutel voller Geld, ihre Wirthschaften [311] voller Begnügen, ihr Leben voller Freunden; aber die Leut nit voller Tugend. In einem jeden Haus alldort hat der Herr Gaudentius geheißen und die Frau Hilaria, der Sohn Faustus, die Tochter Felicitas, der Knecht Fortùnatus, der BubProsper, die Diern Faustina; aber niemand wurdeProbus oder Pius genannt. Aber gemeiniglich, wann das Schwein am besten gemäst' ist, so hat es den Metzger zu förchten. Der gerechte Gott gab den benachbarten Oertern durch unterschiedliche Begebenheiten zu verstehen, daß er dieses Ort samt allen der Wohllust ergebenen Innwohnern wolle züchtigen. Die Erde konnte es nit mehr ertragen, daß diese um so häufige Gnaden und Ueberfluß dem allmächtigen Erschöpfer noch den Undank erwiesen. Die Benachbarten haben mehrmalen die Innwohner desselben Orts ermahnet, wie daß sie vermerket ein großes Zittern der Erde, ein ungewöhnliches Heulen bei der Nacht, abscheuliche Gespenster, Abentheuer; seye demnach dieses ein unvermuthlicher Vorbot eines großen bevorstehenden Uebels. Alles dieses verursachte nur bei den Blurschianern ein Gelächter, als welche dergleichen Propheten nur für Fabelhansen aushöhnten. Endlich hat der klägliche Ausgang diese Wahrheit bestättiget. Nachdem die strahlende Sonn durch ihren Untergang sich beurlaubt, nachdem der Mond als eine schöne Nachtfackel den Himmel angefangen zu erleuchten zu einer solchen annehmlichen Abendzeit, da die Mehresten noch in ihren Lusthäusern mit Kurzweil [312] die Zeit vertrieben, entschüttet sich augenblicklich die Erde mit einem unbeschreiblichen Knallen und Krachen, und wirft den nächstentlegenen Berg Conton über das ganze Städtl Blursch, daß also dieses halbe Paradeis mit allen Innwohnern auf einmal mit diesem Grabstein zugedecket worden. Man hat nachmals mit sonderem Fleiß wollen die Körper, forderist aber den großen Schatz und Reichthum ausgraben, so seynd aber gar wenig gefunden worden. Unter andern hat man angetroffen eine todte Dienstmagd, welche ein Stückel Brod im Maul und eine geputzte Henne in der Hand gehalten. Die öfteren Gespenster aber und der unleidentliche Gestank thät ferners alles Graben verbieten. Es soll auch allda ein Stein mit einer hebräischen Schrift seyn gefunden worden, mit dieser Auslegung: Seynd meine Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der die Felsen zerschmettert!

Nicht allein zeigt die Erde ihren Zorn und Grimm durch dergleichen Erdbebungen, sondern sie straft den Sünder oftermalen mit Unfruchtbarkeit: wie dann Gott denen Hebräern gedrohet, dafern sie seine Gebot nicht werden halten: Du wirst viel Samens in die Erde werfen, und wenig einsammlen, den Weinberg wirst du pflanzen und graben, und wirst keinen Wein trinken, auch nichts daraus sammeln, dann er soll von denen Würmen verwüstet werden. Du wirst Oelbäum haben in allen deinen Gränzen, und wirst dich mit Oel nicht salben, dann sie werden abgehen und verderben.

[313] Woher ist kommen der siebenjährige Hunger in Egypten unter dem König Pharao? woher ist kommen die äußerste Hungers-Noth in Samaria, allwo ein Esels-Kopf um 80 Silberling ist verkauft worden? – 4. König. 6. – woher ist kommen die große Theurung in Judäa unter dem König Herode? woher ist kommen der Hunger unter dem Kaiser Claudio? woher ist kommen der große Hunger Anno 313 um Rom herum? woher ist kommen der Hunger in Italien Anno 539, in dem dazumalen der Menschen viel hundert tausend aus Hunger gestorben, und hat man an einem Ort zwei Weiber angetroffen, welche siebenzehn Männer erwürget, kocht, und aufgezehrt haben? woher ist kommen der Hunger Anno 538 in Italien, weilen zur selbiger Zeit einer den andern ermordet, damit er sich mit menschlichen Fleisch möge erhalten? woher ist kommen der Hunger in Deutschland bei dem Rheinstrom im Jahr 850? woher der Hunger in Schottland Anno 1098? Anno 1315 in Polen, Anno 1429 in Thüringen, Anno 1586 in Hungarn, Anno 1590 in Frankreich, Anno 1587 in Niederland, Anno 1315 durch die ganze Welt, bei welcher Zeit der dritte Theil der Menschen zu Grund gangen? woher ist diese bedrängte Hungers-Noth kommen, als eben von Unfruchtbarkeit der Erde? woher aber die Unfruchtbarkeit der Erde, als von der Sünd? Merks wohl! Woher kommt es, daß alles theurer als vorhero? die Erde viel karger, als vorhero? das Brod viel kleiner, als zuvor? der Weinstock viel gesparsamer, als zuvor? Daher, weilen auch die Menschen viel ärger und boshafter als zuvor. Was der Prophet Aggäus vor diesem anstatt Gottes dem [314] sündigen Volk vorgeworfen, dasselbe ist öfters einem Königreich, einem Land, einer Stadt, einem Dorf vor zurupfen. Um der Sünden willen ist dem Himmel verboten, den Thau zu geben (merks wohl!) und der Erde ist verboten, ihr Gewächs hervor zu bringen, (vergiß das nicht!) und ich habe eine Dürre berufen über das Land und über die Berg und über das Korn und über den Wein und über das Oel und über alles was die Erde hervor bringet. (NB).

Ex offensione non solum iram Dei promeruimus, sed etiam totam creaturam adversum nos excitavimus. S. Anselm. de Simi. c. 101. Semper irato Deo simul etiam ad iram serva Creatura exacuitur. S. Cyrill. l. 2. Isa. 13. In Summa, ich rede es gut deutsch, ich schreib's gut deutsch: alle Geschöpf', sonderlich aber die Elemente, seynd die größten Feind des Sünders. Daß das Feuer dir verbrennt die Scheuer, daß die Luft dir ist eine giftige Gruft, daß das Wasser dir ist ein schädlicher Prasser, daß die Erd nicht viel werth, dieß Alles macht die Sünd. Palamedes hat das Kartenspiel erfunden und die Wirfel, die Lydier haben das Geld erfunden, Paulinus [315] hat die Glocken erfunden, Gyges in Egypten hat die Malerei erfunden, Nemrod hat die Bildhauerei erfunden, Boetius hat die Uhren erfunden, Anacharsis hat die erdenen Geschirr erfunden, Dädalus hat das Zimmer-Handwerk erfunden, Castor undPollux haben die Bögen erfunden, Moses hat die Kriegs-Waffen erfunden, Neptunus hat die Schiff erfunden, Joannes Faustus und Petrus Schäffer, beede Deutsche, haben die Buchdruckerei erfunden etc., der Teufel hat die Sünden erfunden, und die Sünd hat alles Elend in der Welt erfunden. Anjetzo weißt du, wo Noth und Tod, wo Drangsal, wo Trübsal herrühren.

Absalon, ein wohlgeschaffener und wohlgestalter Herr, welcher nicht allein guldene Haar auf dem Kopf, sondern auch einen guldenen Verstand in dem Kopf, erzeugte drei Söhn' und eine Tochter; nichts destoweniger hat er sich bei Lebens-Zeiten eine schöne Säule aufrichten lassen von dem besten Marmor, worauf er gestellt hat sein Bildnuß zu einer ewigen Gedächtnuß. Dann er sprach: ich hab keinen Sohn, und das soll ein Gedenkmal seyn meines Namens. Es hat ja dieser schöne Prinz drei Söhne, wie daß er sich darum beklaget, er habe keinen männlichen Erben? Absalon sahe schon vorher, daß keiner aus seinen Söhnen werde zu der Kron gelangen, dann es waren ungestalte plumpe Prinzen und halbe Lappen; also schreibt Lyranus: drei ungeschickte Phantasten. Einer war so gescheid, wie jener Gispel, der unweit Krems in die Donau gefallen; nachdem er aber durch gute Leut kaum heraus gezogen worden, hat er sich so [316] hoch verschworen, er wolle keinen Tropfen Wasser mehr anrühren, ehe und bevor er lerne schwimmen. Der andere Sohn war so witzig, wie derselbige Didltapp, so da einen großen Krug Wein verpetschiret, damit solchen keiner aus seinen Mitkammeraden möchte credenziren. Ein anderer aber war so schlau, und bohrte unterhalb in das Geschirr ein Loch hinein, woraus er ein gutes Viertel gezogen; nachmals hat er das Loch mit Wachs verrennt. Als nun der obere sein unverletztes Petschier weggerissen und den Krug nur halbvoll mit Wein angetroffen, konnt er sich über dieses Wunder nit genugsam vergaffen, wie daß ohne Verletzung des verpetschirten Deckels habe können der Wein heraus kommen. Da ihm aber einer den guten Rathschlag gegeben, er soll den Krug unterhalb wohl betrachten, ob nit etwann ein Bösewicht daselbst seinen Vortheil gesucht; dem gab dieser Trampus die Antwort, wie daß nur oberhalb der Wein abgehe, und nit untenher. Der dritte Sohn des Absalons war so verständig wie jener, der sich über den Wolfganger-See in Ober-Oesterreich führen lassen in einem Schiff, weilen er aber ein Pferd bei sich hatte, also ist er stets auf demselben Schimmel sitzend verblieben. Als man ihn aber dessenthalben ermahnt und befragt, warum er nicht herab steige? nein, sagt er, das thu ich nit, dann ich muß eilen, ich wollt heut noch gern zu Salzburg seyn. Dergleichen drei plumpe, ungeschickte und unverständige Söhn hatte Absalon, derentwegen er unschwer konnte abnehmen, daß aus ihnen keiner tüchtig sey zu der Regierung. Aber, um Gotteswillen, wie [317] hat ein so schöner Herr, witziger und wohlgeschaffener Herr samt seiner Frau Gemahlinn, die auch eine Dama war von großen Qualitäten, solche Phantasten erzeugt? wer ist, was ist die Ursach? Ich glaub' keine andere sey es, als seine Sünden, sein lasterhaftes Leben, sein gottloser Wandel, seine kindliche Untreu gegen seinen Herrn Vatern. Ja er hat sich kräftig selbst eingebildet, diese drei männlichen Erben wegen seiner Sünden werden nicht lang leben, wie es bezeugt der hl. Hieronymus: Non habes filium, quia putabit filios suos ob peccatum suum, quod in Patrem gesserat, non solum regno, sed etiam praesenti vita indignos esse. Und was Gott vor dreitausend zweihundert und zwei Jahren auf dem Berg Sinai geredet hat, das redet er noch, das thut er noch: Ich bin der Herr dein Gott, ein starker und eifriger Gott, der ich die Missethaten der Väter an denen Kindern heimsuche in das dritte und vierte Geschlecht deren, die mich hassen.

Roboam, der König der Juden, hat 88 Kinder erzeuget; (Joseph. Buch 8. K. 10). Achab, ein König der Israeliten, hat 70 Söhn' erzeuget; Thispis, eines Königs Sohn, 50 Töchter; Artaxerxes, ein König in Persien, 121 Kinder; Herotimus, ein König der Arabier, hat 600 Söhn' erzeugt;Attila, König in Ungarn, 60; Graf Babo von Abensperg 32 Söhn; unter dem Kaiser Zeno hat ein Weib auf einmal 7 Kinder geboren; zu Altaich in Unter-Bayern [318] ein Weib auf einmal 5 Kinder; eine Gräfinn von Querfurt 9 Kinder; Gräfinn Margarita von Holstein auf einmal 36 Kinder; Irmentridis, eine Gräfinn von Altdorf, auf einmal 12 Söhn'; Eleonora Salviata, eines Burgers Frau zu Florenz, hat 50 Kinder geboren, und auf einmal nie weniger als drei. Alle diese seynd fruchtbar genug gewest; aber die Sünd ist noch fruchtbarer, massen aus ihr über 1000,000,000 etc. Uebel, Drangsal, Elend, Krankheiten, Schmerzen, Pest, Krieg, Hunger, Armuth, Verfolgung und Unstern geboren werden.

Der Geduld schönste Prob mit allem Lob war derJob, allermassen er fast unbeschreibliche Drangsalen und Schmerzen ausgestanden. Erstlich war er aussätzig am ganzen Leib, und war kein Theil an seinem elenden Körper, wo nit ein eitriges Geschwür aufgefahren; zum anderten ist sehr vermuthlich, daß er vom Podagra sey geplaget worden, indem er selbsten gesprochen: Es hat mich mein Schmerz unterdrucket, und alle meine Glieder seynd zerschlagen. Item hatte er über und über die Läus'-Krankheit; dann solche Thierl aus seinem halbverfaulten Leib in der Menge gewachsen, welche ihn Tag und Nacht plagten, sintemalen er selbst bekennet mit folgenden Worten: Des Nachts wird mein Gebein mit Schmerzen durchbohret, und die mich fressen, die schlafen nit, durch ihre Menge wird mein Kleid verzehrt, und sie haben mich, gleichwie mit dem Kragen meines Rocks, [319] umgürtet. Mehr hat der Job die schmerzliche Dissemteria oder Durchbruch gelitten, wie er solches mit diesen Worten will zu verstehen geben: Er hat meine Lenden verwundet und meiner nichts geschont, meine Eingeweid hat er ausgeschüttet auf die Erde. Auch soll der gute Job bei nächtlicher Weil von denen Druden oder Schrättel seyn geplaget und gepeiniget worden, welches folgsame Wort genugsam bestättigen: Wann ich sag: mein Bettlein soll mich trösten, und wann ich bei mir selbst rede auf meinem Lager, daß es mich soll erleuchten, so schreckest du mich mit Träumen, und machest mir ein Grausen mit Gesichtern. Item so war auch der Job dörrsichtig, welches die Medici Febrin hecticam nennen. Diese Krankheit hat ihn also verzehret, daß er zu letzt nichts, als Haut und Bein übrig hatte, welches aus dem abzunehmen: Meine Haut hangt um mein Gebein, weilen das Fleisch verzehret ist, und die Lefzen um meine Zähn seynd alleinig übergeblieben. Vatabulus und Cyprianus mit vielen Beweisthumen sagen auch, daß auch der Job [320] durch Beiwirkung des bösen Feinds habe jene schändliche Krankheit gehabt, die man nennt Mal Francois. Es war mit einem Wort dieser Job der elendeste Mensch auf dem ganzen Erdboden, und hat er alles dieses Uebel niemand andern zugeschrieben, als alleinig seinen Sünden. Ja es schreibt der hl. Policromius, der heilige Apollinaris, welche della Nuza citiret, daß Job sey mitten in der Asche gesessen, welches bei alten Zeiten ein Zeichen war der Pönitenz und Buß. Mein heil. Vater Augustinus ist der Meinung, daß wahrhaft dieses Elend über den Job sey kommen wegen etlicher seiner läßlichen Sünden. Dann ob er schon den Preis-Namen und den besten Ruf von Gott selbsten hatte, daß er ein gerechter und frommer Mann sey gewest, so ist er doch nit ohne etliche kleine Sünden gefunden worden, wessenthalben er diese überhäufigen Drangsalen ausstehen mußte.

Edelmann, Bettelmann, frag nicht mehr warum? Handelsmann, Wandersmann, frag nicht mehr warum? Hauer und Bauer, frag nicht mehr, warum dieses und jenes Uebel dich überfallen, sondern schreib es deinen Sünden zu! – Es hat einmal einer viel Jahr mit größter Treuheit und Frommheit seinem Herrn gedienet, und war beinebens ein gottseliger Mensch und aller Gottsforcht ergeben. Diesem aber hat einst der Herr aus übermäßigem Zorn einen Fuß abgehaut in einem Wald und also elend lassen liegen, bis endlich durch sein großes Geschrei und Weheklagen ein heiliger Eremit, welcher in derselben Einöde wohnte, zu ihm kommen, [321] und bestermassen dem armen Tropfen in seinem Hüttel gewartet. Es konnt sich aber der gottselige Einsiedler nicht genugsam verwundern, daß Gott über diesen so hl. Menschen ein so großes Elend verhänget habe, und wollte schier im Zweifel stehen, als ob Gott hierinfalls ungerecht wäre. Gott der Allmächtige aber hat ihn bald durch einen Engel unterrichtet, daß solches Uebel diesem Menschen gar recht sey widerfahren; dann ob er schon dermalen fromm und heilig gelebt, so habe er dannoch vor vielen Jahren einmal auf dem Weg mit diesem Fuß seine Mutter vom Wagen herab gestoßen. Derenthalben sey ihm anjetzo dieses Elend widerfahren. Aus welchem dann sattsam erhellet, daß unsers Elends einzige Mutter sey die Sünd, unsers Unsterns einzige Wurzel sey die Sünd. Etliche edelste Provinzen und Landschaften seynd in diesen 600 Jahren durch große Kriegs-Empörungen aus Länderen Elender worden, und liegen anjetzo in der Asche, und sieht man nichts als einen Ascher-Mittwoch. Aber glaub du mir, daß sie dermalen einen so traurigen Ascher-Mittwoch celebriren, ist die Ursach, weilen sie zuvor eine gar zu lustige und übermüthige Faßnacht begangen.

Warum Christus den Judam nit mit habe genommen auf den Thabor
[322] Warum Christus der Herr den Judam Iscarioth nit mit sich habe genommen auf den Berg Thabor, allwo er in Beiseyn dreier Aposteln Petri, Jakobi und Joannis seine himmlische Glorie in einem kleinen Abriß gezeiget hat?

In Mitte der galiläischen Felder stehet ein Berg, mit Namen Thabor, unweit Capharnaum, allwo der Herr Jesus sehr oft geprediget. Dieser Berg liegt 3000 Schritt von Genesareth in einer sehr annehmlichen Gegend, und ist solcher nit von rauhen Steinklippen oder harten Felsen, sondern eines fruchtbaren Grunds, voll mit dem besten Gras und wilden Blumen-Gewächs. Auf diesen hohen Berg hat der Herr Jesus obbenennte 3 Apostel mit sich geführet, und nach langem, eifrigen Gebet daselbst bei nächtlicher Weil seine göttliche Glorie gezeiget. Das Angesicht des Herrn glänzete wie die Sonn, seine Kleider, welche zuvor blau und roth, scheinten wie der Schnee, welche Farb eine eigentliche Liveree der himmlischen Glorie. Es erscheinten auch allda Moses und Elias mit glorreichen Leibern, welche zwar die Apostel Gesicht halber nicht gekennt, so haben sie dannoch durch göttliche Offenbarungen erfahren, daß diese 2 glorreiche Männer Moses und Elias seynd. Darum aber seynd diese zu der Erklärung der himmlischen Glorie genommen worden, damit man solle glauben, daß man in einem jeden Stand könne [323] selig werden: weilen nemlich Moses verheirath' war, Elias aber in unversehrter Jungfrauschaft als ein Religios und Geistlicher lebte. In solche überschwengliche Glorie hat sich Petrus also vertiefet, daß er überlaut aufgeschrien: Faciamus hic tria tabernacula! »Lasset uns hier drei Tabernacul aufrichten!« Anjetzo entstehet allein die Frag, warum der gebenedeite Heiland nicht alle Apostel, und folgsam auch den Judam zu dieser Verklärung gezogen? Der hl. Damascenus beantwortet diese Frag, wie daß die anderen Apostel gleichmässig würdig waren, die Glorie des Herrn zu sehen, außer dem Judas; dann dieser wegen seines Diebstahls und Neid nicht werth war, solches Mysterium zu sehen. Es seynd aber der Ursach halber auch die andern Apostel ausgeschlossen worden, damit der Judas noch bei seinem ehrlichen Namen verbleibe, weilen ihn die Leut' noch allemal für einen rechtschaffnen Apostel gehalten. Sofern aber der Herr Judam nur allein hätte beiseits gesetzet, die anderen aber alle zu dieser herrlichen Verklärung gerufen, so wäre er Zweifels ohne in einen Verdacht kommen, und hätten die Hebräer von ihm den Argwohn geschöpfet, er müsse ein nichtsnutziger Mensch seyn: wollte also der Heiland die Missethat Judä noch verborgener halten, und solchen nit in ein böses Geschrei bringen, und beinebens auch verhüten ihr freches Urthlen, welches ganz gemein in der Welt.

Wer bist du Mensch? Du bist ein Kürbesblatt des Propheten Jonä, welches bald verwelket; du bist ein Maul-Esel des Prinzen Absalon, welcher bald durchgehet; [324] du bist der Topf der Propheten-Kinder, welcher voll mit Bitterkeit; du bist das Manna der Israeliten, welches über Nacht wurmstichig wird; du bist die Ruthe Aarons, welche in eine Schlang sich verkehrt; du bist der Fluß Tiphon, so zwar aus dem Paradeis den Ursprung nimmt, aber sich bald wiederum in die Erde verschließet. Wer bist du Mensch? Du bist ein Sack, aber kein solcher Sack, in welchem der Joseph seinen Brüdern das Geld geleget, sondern du bist ein Kohlsack; du bist eine Speis', aber keine solche Speis' wie der Habakuk dem Daniel gebracht, sondern du bist eine Speis' der Würmer; du bist eine Grube, aber keine solche Grube, in welche der diebische Achan Gold und Schätz vergraben, sondern du bist eine stinkende Sumpfgrube; du bist eine Blum, aber keine solche Blum, welche da riechet, wie die Rosen zu Jericho, sondern du bist eine Saublum; du bist ein Kraut, aber kein solches Kraut, wie gewachsen in dem Paradeis, sondern du bist ein Unkraut; du bist ein Vogel, aber kein solcher, der in das Lager der Israeliten geflogen, sondern ein Fink, und zwar ein Mistfink; du bist eine nichtige Erde und irdisches Nichts, und willst dannoch ein Gott seyn? du ein Gott? pfui! ist ein Spott.

Gott allein ist derjenige, dem die innersten verborgensten, geheimsten Herzen, Gedanken und Regungen bekannt seyen; dieser weiß, wie der Mensch beschaffen, und nit du, elender Erdschrolle! Gleichwohl ist fast täglich bei dir das Richten und Urtheilen über deinen Neben-Menschen, indem doch dein Gott dir so ernstlich verbietet: Nolite judicare secundum faciem: Richtet nicht nach dem Ansehen. Dann welcher [325] urtheilet nach dem äußerlichen Schein, fehlt und irret oft. Wessenthalben der Argwohn billig ein Narrgwohn soll genennet werden.

Einer geht auf den Markt, der Meinung, um sein baares Geld etwas einzukaufen; kommt ungefähr zu einem Laden, allwo durch künstliche Pinsel gemalte Bilder heraus hangen. Dort hängt das Bildnuß des h. Josephs, welches der berühmte Maler Joseph Werner gemalt, da hängt die Bildnuß des h. Joannis, welche der berühmte Maler Joannes Herbst von Straßburg verfertiget, da ist zu sehen die Bildnuß des h. Francisci, welches ein Werk ist des berühmten Malers Francisci Salviati, dort ist zu sehen die Bildnuß des h. Erz-Engels St. Michael mit der Wag, ist von der Hand des weltberühmten Malers Michael Angeli; neben diesen liegen noch andere zusamm gerollte Bilder von guten Händen, eines Albrecht Dürers, eines Peters von Perus, eines Raphael von Urin, eines Montega, eines Mellotii von Friaul, etc. Der vorwitzige Herr lösete ein zusamm gerolltes Bild auf, und siehet gleich von Anfang einen entblößten Degen. Holla, sagt er, der ist gewiß der Schelm, welcher meine Patroninn die h. Barbaram enthaupt hat! Nachdem er aber das ganze Bild von einander eröffnet, so findet er, daß Argwohn Narrgwohn ist, er find't daß er eine gute Sach für etwas Böses geurtheilet: er find't den h. Martinum, welcher mit dem bloßen Degen ein Trumm von dem Mantel schneidet, den armen nackenden Bettler damit zu bekleiden. Ich weiß selbsten einen, welcher wegen des blöden Gesichts 2 Geistliche für einen Galgen angesehen, ja er [326] hat noch um etwas Namhaftes gewettet, alldort auf dem Feld sey das hohe Gericht mit 2 Säulen; nachdem er aber besser hinzu genahet, hat er wahrgenommen, daß es 2 Geistliche gewesen, welche gar andächtig mit einander das Brevier gebetet. O wie oft geschieht es, daß man etwas Gutes für Böses haltet!

Wie der h. Geist in Gestalt feuriger Zungen über die Apostel kommen, so seynd diese von diesem göttlichen Sprachmeister also wunderlich unterwiesen worden, daß sie alsobalden alle Sprachen der Welt geredet: daß der Thomas wie ein Asianer, wie ein Afrikaner, wie ein Italianer geredet; daß der Joannes wie ein Arabier, wie ein Persianer, wie ein Griech geredet etc.; daß der Mathias wie ein Polack, wie ein Böhm, wie ein Deutscher geredet etc.; daß der Bartholomäus wie ein Franzos, wie ein Engelländer, wie ein Ungar geredet etc.; es ist ihnen spanisch vorkommen, daß der Andreas lateinisch geredt, chaldäisch geredt, slavonisch geredt etc. Weilen dann dazumalen allerlei Nationen der Juden aus der ganzen Welt in der h. Stadt waren, konnten sich diese nit sattsam verwundern, daß die Apostel allerlei Sprachen redeten. Wessenthalben an demselbigen Tag in die 3000 den wahren Glauben angenommen. Die inländischen Juden lachten die Jünger immer aus. Was? sagten sie, als wann man den Simon und seinen Brudern Andream nicht, kennete? sie sollten französisch reden? spanisch reden? deutsch reden? das ist gut deutsch erlogen. Sie wissen kaum ihre eigene Muttersprach, sie seynd ihr Leben lang aus Galiläa nie kommen.Musto [327] pleni sunt: »sie seynd sternvoll;« der Bachus ist ihr Sprachmeister gewest, der Wein regiert ihre Zungen.

Quandò bibo vinum, loquitur mea lingua latinum.

Nit Gott, sondern der Geseng-Gott hat sie also erleuchtet! – O ihr hebräischen Schelme, wie urthlet ihr so übel! o Argwohn Narrgwohn! Diese seynd nicht voll des Weins, sondern des h. Geists, welcher sie mit seiner göttlichen Gnad erfüllt hat! diese haben empfangen denjenigen Geist, welchen Christus der Herr ihnen versprochen hat zu senden! vermöge dieses Geistes wird Petrus predigen und lehren in Ponto, Galatia, Cappadocia, Bithynia und Asia, Andreas in Scythia, Joannes in Asia, Philippus in Phrygia, Bartholomäus in Armenia und India, Matthäus in Aethiopia, Thomas in Parthia und Deutschland, Jakobus Alphäi in Jerusalem, Judas Thaddäus in Samaria, Galiläa, Mesopotamia etc. Paulus in der ganzen Welt. So richtet dann nit nach dem Ansehen!

Abraham, ein h. Eremit, lebte viel Jahr in höchster Vollkommenheit in der Wüste; er hatte in der Wüste das reineste Gewissen; er lebte unter den verwildten Bäumen, wie ein hoher Cederbaum in Betrachtung der göttlichen Geheimnussen; er lebte unter den rauhen Steinklippen wie ein Felsen Mosis, aus denen anstatt des Brunnen-Wassers die tägliche Bußzäher geronnen; er lebte unter den Wald-Vögelein, wie eine Lerche, so Tag und Nacht das Lob Gottes[328] psallirte; er lebte unter den wilden Dornhecken, wie eine schöne Rose der entzünd'ten Liebe gegen Gott, ja wie eine Perl in einer rauhen Muschel, wie ein Licht in einer finstern Latern, wie ein süßer Kern in einer knoperten Schale: also war der Abraham in der Wüste. Seinen Leib thät er stets mit harten Geißelstreichen kasteien, und gar recht; dann von Kasteien rühret Castitas her, und ist der Leib beschaffen wie die Brennessel: so man diese heiklich und zart anrühret, so brennen sie; wann mans aber hart streicht, so thun sie nit schaden. Seine ganze Lebens-Nahrung bestund in etlichen Bissen Brod und Brunnen-Wasser, und gar recht; dann die Himmelsthür ist gar zu eng, und folgsam die dicken und feisten Wampen und Schlampanpen nit hinein können. Eiferigst beten thät er immerdar, und gar recht; dann gleichwie der David den Teufel von dem Saul getrieben durch und mit der Harfe, ebenfalls nichts bessers den Satan in die Flucht jaget, als diese Maultrommel, verstehe das Gebet. Dieser Abraham lebte viel Jahr solchergestalten in der wilden Einöde, fast wie ein irdischer Engel. Nach solcher langen Zeit zog er ab sein rauhes Cilicium und härenes Kleid, und hat sich angelegt wie ein Soldat und vornehmer Offizier, einen schönen Federbuschen auf dem Hut, einen Degen an der Seite, in allem ein Galant Homo, gehet, reist, kommt in ein Wirthshaus, allwo er bald gefunden, was er gesucht, nemlich ein schönes junges Mädel, [329] welche zugleich war ein öffentlicher Schlepsack. Wein her! Essen her! Spielleut her! Menscher her! Ja Herr, soll Alles geschehen! Manche gewissenlose Wirth achten es nicht, wann sie nur den Gewinn haben. Dieser Abraham nun Kleider halber mehr ein Soldat, nachdem er geessen und gesessen, nachdem er gezecht und gelacht, gesungen und gesprungen, gehet er mit diesem jungen Weibsbild bei nächtlicher Weil in die Schlaf-Kammer, er mit ihr, sonsten niemand, sie mit ihm, sonsten niemand. Wann du wärest auch dazumal in dem Wirthshaus gewest, sag her, bekenne es frei, was hättest du für Gedanken gehabt? gewiß keine anderen, als diese: Der ist ein schlimmer Gesell, ein leichtfertiger Vocativus, ein gottloser Susanna-Bruder, ein verruchtes Venus-Kind! so seynd die Soldaten, sie haben lieber die Sabinl, als den Säbl; so seynd die Kriegsleut, sie liegen lieber bei Magdeburg, als in Fünf-Kirchen in Ungarn; so seynd die Offizier, sie nehmen lieber ihr Quartier zu Frauheim, als zuMannersheim; ei das ist ein Schelm, schon alt und doch nit kalt! Solche Gedanken hättest du. Aber siehe, wie Argwohn ein Narrgwohn ist! Dieser Abraham ist in der Kammer auf seine Knie niedergefallen, und mit nassen Augen, mit aufgehebten Händen ihr den elenden Stand, in welchem sie sich befindet, ernstlich vorgetragen; denn es war seine entführte Maim Maria. Solche hat er mit seinem [330] heftigen Bitten in der Kammer wiederum zu dem Bußstand gezogen, daß sie nachmals heilig gelebet und heilig gestorben. O wie ist dann der Menschen Urthl so betrüglich! Die Apostel haben nächtlicher Weil ihren Meister gesehen und doch nicht gekennet, sondern vermeinet, es sey ein Gespenst, der Wauwau. Magdalena hat bei dem Grab den Herrn Jesum nit gekennt, sondern vermeint, es sey ein Gärtner, weilen er eine Schaufel über die Achsel getragen, hat geglaubet, es sey der Meister Samuel etc. Die Jünger haben ihren Meister auf dem Weg nach Emmaus nit gekennt, sondern vermeint, es sey ein Fremdling. Also sehen wir, hören wir, und greifen wir manchesmal etwas, welches uns bös vorkommet, da es doch in sich selbst gut und heilig ist.

Holofernes der Kriegsfürst belagert Bethuliam, allwo gar keine Hoffnung war eines Entsatzes. Unterdessen macht sich eine schöne Wittib und noch junge Dama hervor, die bekleidet sich mit einem köstlichen Aufzug, alles schimmerte von Gold und Silber – o wie stattlich! sie trägt ein Paar Wangen, wie die edelsten Paradeis-Aepfel – o wie edel! sie verpulvert ihre krausten Haarlocken – o wie galant! sie ziert die Ohren mit kostbaren Behäng und Kleinodien – o wie herrlich! sie behängt den glatten Hals mit kostbaren Perlen – o wie hübsch! sie glanzet wie eine Göttinn – o wie schön! Diese schöne von Natur wohlgeschaffene Dama mit solchem prächtigen Aufzug gehet durch das ganze Kriegs-Lager, macht höfliche Referenz gegen alle hohen Offiziere, welche sich nit gnugsam vergaffen konnten an diesem schönen Frauenzimmer. [331] Etliche lauften eilends zu dem Holofernes, und brachten ihm mit aufgesperrtem Maul die Zeitung, daß eine überaus schöne hebräische Dama Audienz begehre. Kaum als solche unter die Augen Holofernis getreten, hat sich dieser ohnedas verbuhlter Kriegsfürst gleich in sie verliebet. Diese wird zu seiner Tafel geladen, allwo der Tisch voller Speisen, die Speisen voller Geschmachen, die Credenz voller Gläser, die Gläser voller Wein, die Gezelt voller Aufwärter, voller Freuden, daß sie eine solche edle Dama konnten zu sehen bekommen. Judith stellt sich freundlich, isset, trinket, redet, lachet, schmutzet. Man trinket in Gesundheit ihrer: Judith buckt sich, neigt sich, bedankt sich. Holofernes bekommt einen gut fidimirten Rausch, gehet in seine Schlaf-Kammer, die schöne, junge Judith mit ihm, etc. Was haben sich alle die anderen eingebildet? Ihre kräftige Meinung war, daß Holofernes nit allein schlafe; ihr Urthl war: diese hebräische Dama müsse heut ihre Ehr in die Schanz schlagen, ja der Vagao, als ein sauberer Kuppler, wettet mit einem 1000 Gulden, die Judith werde nit mehr so unschuldig aus der Kammer heraus gehen, wie sie hinein kommen. O Menschen-Urthl, wann du auch 4 Füß hättest, so thätest du gleichwohl hinken! OArgwohn Narrgwohn! In der Schlafkammer hat sich dieses junge Blut nicht in das Bett, sondern in das Gebet begeben; Judith hat daselbst [332] nit Gott beleidiget, sondern Gott angerufen; dieses Frauenzimmer hat nicht gesündiget, wie du vermeint hast, sondern den Sünder, nemlich Holofernem, aus dem Weg geraumet, und ihm als einem Haupt-Schelmen sie als eine Haupt-Heldinn das Haupt genommen. Jo Victoria! das ist ein anders.

Nicht alles, was lange Messer trägt, ist ein Koch, nicht alles, was grün daher gehet, ist ein Jäger, nicht alles, was eine Kappe trägt, ist ein Narr, nicht alles, was pfeift, ist ein Vogel, nicht alles, was bös scheinet, ist bös. Der Berg im Wasser kommt uns vor, als stehe er auf der Spitze. Hat sich wohl Spitz! Die Sonne kommt uns vor, als sey sie nit größer, als ein Faß-Boden. Hat sich wohl Faß-Boden! Sie ist weit, weit größer, als der ganze Erdboden! Das faule Holz in der Finster kommt uns vor wie ein Licht. Hat sich wohl Licht! Dem Lamech ist der Kain vorkommen, wie ein Wildstuck. Hat sich wohl Wildstuck! Dem König Hanon seynd die davidischen Gesandten wie Spionen und Ausspäher vorkommen. Hat sich wohl Spion! Der Michal ist der David vorkommen, als treibe er Narren-Possen vor der Arche! Hat sich wohl Narren-Possen! Uns kommt gar oft etwas vor, als sey es bös' und sündig. Hat sich wohl sündig! Unser Urthl ist mehrentheils freventlich; dann wann wir es auch mit Augen sehen und mit Händen greifen, so können wir noch betrogen werden.

Denkwürdig ist es, was sich mit dem hl. Juliano, mit dem Zunamen Hospes oder Gastgeb, hat zugetragen. Dieser setzte einest einem schönen großen [333] Hirschen nach. Als er ihn aber bereits fällen woll te, da kehret sich dieses Thier um, und redet mit menschlicher Stimm, wie vorhin die Eselinn des Balaams, und drohet Juliano, er werd' ins künftig seine eigenen Eltern um das Leben bringen und ermorden. Ueber solche unerhörte Prophezeiung hat sich Julianus nicht ein wenig entrüst', und damit er alle Gelegenheiten, solche Unthat zu begehen, meide, hat er sich in aller Geheim von der väterlichen Behausung in ein anders Land begeben, woselbst er wegen seiner in vielen Jahren geleisten Kriegs-Diensten zu großen Reichthumen gelangt, mit der Weil aber zu mehrerm Ruhestand sich von dem Hof abgeschrauft, und mit einer edlen Dama sich verheirathet, mit dero er in einem sehr stattlichen Schloß selbigen Lands in allem Begnügen gelebet. Unter solcher Zeit ist denen lieben Eltern zu Ohren kommen, daß ihr liebster Sohn Julianus noch bei dem Leben. Deßwegen haben sie sich auch in dem erwachsenen Alter auf die Reis' gemacht, allerseits emsigist nachgefraget, bis sie endlich nicht ohne sondere Mühe und viele ausgestandenen Ungelegenheiten zum besagten Schloß ihres liebsten Sohns Juliani gelangt, allwo sie in Abwesenheit ihres Juliani von der Frau Schnur höflichst und mit höchsten Freuden empfangen worden. Nach eingenommenem Abendmahl hat sie diese von der Reis abgematte Gäst zu Erzeigung einer sondern Lieb in ihr eignes Bett geleget, Morgens fruh aber bei Zeiten zu dem Gottes dienst geeilet, damit sie nachmals ihre liebsten Gäst desto besser bedienen möchte. Unterdessen kommt Julianus nach Haus, und war sein erster Weg in die Kammer, in [334] Willens, seiner Frau, Gemahlinn einen guten Morgen zu wünschen. Wie er aber wahrgenommen, daß ihrer zwei im Bett liegen – dann die liebsten Eltern wegen ihrer Mattigkeit desto länger und sanfter geschlafen – hat er unverzüglich das Urthel geschöpfet, seine Gemahlinn sey ihm untreu, – ist wohl vermuthlich, daß er vorhero von dem Argwohn eingenommen gewest, – derowegen in größtem Grimm den Degen gezucket und beede jämmerlich ermordet. OArgwohn Narrgwohn! du bist Ursach, daß dieser Julianus seine Händ gewaschen in dem Blut seiner lieben Eltern, und denenselben das Leben genommen, von welchen er das Leben bekommen! Nach solchem begangenen Eltern-Mord, den ihm längst vorhero der Hirsch prophezeiet, ist Julianus mit seiner Frau Gemahlinn zur Buß geschritten, alle ihre Güter unter die Arme ausgetheilet, bei dem Fluß Nilum eine kleine Hütte aufgerichtet, allwo sie mit größter Lieb die armen Fremdling über das Wasser geführt und sie nach Möglichkeit beherberget, bis endlich beede mit großer Heiligkeit gestorben.

O Argwohn Narrgwohn! Wann wir auch eine Sache sehen, so kanns seyn, daß wir es auch nicht recht sehen. Der König Assuerus hat gesehen den Aman bei dem Bett Esther und darüber einen bösen Argwohn geschöpfet; hat aber nit recht gesehen: Aman leinte sich auf das Bett mit weinenden Augen, und hat die Esther für eine Vorsprecherinn angerufen. Wann wir auch eine Sach' hören, so kanns seyn, daß wir es nit recht hören. Die Juden haben auf dem Berg Calvariä gehört, daß der Herr Jesus »Eli, Eli, [335] lama sabachtsani« geschrien, seynd des Glaubens gewest, als rufe er den Eliam an; haben aber nit recht gehöret. Dann »Eli« war hebräisch, und heißt so viel als: Mein Gott, »lama sabachtsani« seynd zwei syrische Wort, heißen so viel: warum hast du mich verlassen? Wann wir auch eine Sach greifen, so kann es seyn, daß wirs nit recht greifen. Dann Isaac hat die Händ des Jacobs griffen, und hat vermeint, es seyen des Esau seine rauhen Arm, hat auch also im Greifen und Fühlen gefehlt. Was machest du für Gedanken, wann du hörest, der David sey bei einem jungen Mädel von 18 Jahren, mit Namen Abisag gelegen? was Grillen schöpfest du hierüber? Und doch, deinArgwohn ist ein Narrgwohn, massen beede in aller Unschuld verblieben. So richte dann nit so geschwind nach dem Ansehen, weilen der äußerliche Schein so oft betrüget, und da du auch in Allem die Gewißheit einholest, so urthle noch nit, weilen dir die Intention und das Herz verborgen; sondern das Richten gehöret Gott alleinig zu! Quod si dedicisti, vidisti et examinasti, noli judiciare. Christi munus est.

Des starken Samsons Mutter war viel Jahr unfruchtbar, weilen sie aber dessenthalben mit steten Seufzen und Beten zu Gott gerufen, also hat ihr nächtlicher [336] Weil ein Engel angekündt, wie daß sie einen Sohn werde empfangen, welcher mit seiner wunderbarlichen Särke das Volk Israel von dem philistäischen Joch erlösen werde. Wie sie nun zu ihrem Mann kommen, sagt sie alsobald: o mein Schatz, weißt du was Neues? was ich dir nur sagen muß: Vir venit ad me habens vultum angelicum, terribilis nimis: Es ist ein Mann Gottes zu mir kommen mit einem englischen Angesicht, der fast erschrecklich, welcher mir hat angedeutet, daß ich einen Sohn werde bekommen, der ein gesegneter des Herrn wird seyn! – Hierin ist wohl zu beobachten, was das für eine verständige Frau muß gewesen seyn, weilen sie mit so wunderbarlichen Worten solche Erscheinung ihrem Ehegemahl vorgetragen, als sey zu ihr kommen ein Mann mit einem englischen Angesicht, und fast erschrecklich. Dann englisch seyn und erschrecklich seyn wie kommt das zusammen? schön seyn und erschrecklich, wie reimt sich dieses aufeinander? Diese bescheidene Frau hat es mit allem Fleiß gesagt, spricht Cajetanus in Jud., damit sie dem Mann den bösen Argwohn nehme. Dann hätte sie erzählt, wie daß bei ihr gewest ein Mann mit englischer Gestalt und holdseligstem Angesicht; hätte etwann der Mann andere Gedanken gemacht, und vielleicht gesagt: hohl' der Henker den Engel! es mag wohl ein Bengel und nit ein Engel seyn gewest! Wer weiß, ob es nit ein Forastier oder ein [337] anderer Kerl gewest, welcher fremde Lieb gesuchet. Dessenthalben hat die wackere Frau das Wort erschrecklich hinzu gesetzet, damit sie dem Mann allen Argwohn benehme; dann in keinem Stand ist der Argwohn ein größerer Narrgwohn, als in dem Ehestand: da ist ein jeder Funken eine Flamme, da ist ein jeder Splitter ein Rießbaum, da ist ein jeder Zwergl ein Goliath, da macht der Argwohn aus manchem Schauen einen Schauer und grobes Wetter, aus manchem Reden ein Rädern, aus manchem Gang einen Untergang. Der Argwohn macht in allem das Widerspiel, was unser Herr gethan: Christus der Herr hat die Blinden sehend gemacht, der Argwohn macht die Sehenden blind, dann er schafft ihr, sie soll keinen anschauen; Christus der Herr hat die Stummen redend gemacht, der Argwohn macht die Redenden stimm, dann er gebiet ihr, sie soll mit keinem reden; Christus der Herr hat die Krummen und Lahmen grad gemacht, der Argwohn macht die Geraden lahm und krumm, dann er befiehlt ihr, sie soll niergends hingehen, sondern zu Haus verbleiben. O Argwohn Narrgwohn!

Die hl. Ida hat auf eine Zeit, weiß nit was Ursach halber, den guldnen Ring von dem Finger gezogen, und selben auf das Fenster geleget, welchen der Rab, als ein gemeiner Dieb, unvermerkt hinweg getragen, und unterwegs aber wieder verloren. Solchen hat nachmals der Stallmeister, der hl. Idä, als die eine vornehme Dama war, unverhofft gefunden, und weilen ihm ganz unbewußt, wem solcher zugehörig gewesen, also hatte er ohne ferneren Verdacht den guldenen Ring an seinen Finger gestecket. Aber solcher Ring ist [338] ihm nit gering ankommen; dann, sobald dessen der hl. Idä Gemahl ansichtig worden, hat er ohne weiteres Nachforschen gleich das freventliche Urtheil geschöpfet: seine Ita sey Non treu, seine Gemahlinn habe lieber den Stallmeister als den Saalmeister. OArgwohn Narrgwohn! Dieser vor Zorn verblendete Mensch läßt gleich den Stallmeister, ohngeachtet seiner wohlgegründeten Entschuldigungen, einem Pferd an dem Schweif binden, und also jämmerlich zu todt schleppen; die unschuldige Frau Gemahlinn aber von dem Schloß Dockenburg, so auf einem sehr hohen Felsen gebauet, wider alle Bitt und Vorbitt herunter stürzen, welche er ungezweifelt ganz zertrümmert zu seyn vermeinte. Diese aber ist von denen Händen der Engel aufgefangen, und in die Einöde durch Vorleuchtung eines Hirsches geführet worden, allwo sie einen sehr hl. Wandl geführet. Ihren Ehegemahl aber hat die spate Reu getroffen, daß er einen so freventlichen Argwohn ohne ferneres Beweisthum geschöpfet habe.

O Argwohn Narrgwohn! Wie oft folgt das gar zu späte Putavi »ich hab gemeint,« da doch mehrestentheils das Meinen mit dem Fehlen verwandt ist, wie Jakob mit dem Esau. – Judas Iscarioth hat vermeint, die Salbung der hl. Magdalena sey eine Verschwendung, hat aber gefehlt; der Hohepriester Heli hat vermeint, die Anna hab' zu tief in die Kandl geschaut, [339] hat aber gefehlt; die Melitenser haben vermeint, Paulus sey ein Todtschläger, haben aber gefehlt. So, so seynd wir Menschen, wie diejenigen, welche einen üblen, verschleimten und mit Gall verderbten Magen haben. Diesen gedunken auch die süßesten Speisen bitter zu seyn. Also kommen uns oft heilige Werk für heillose Werk vor; und so eine in die Kirche eilet, vermeinen wir, sie gehet zu lieb ihrem Galan dahin. O Argwohn Narrgwohn!

So, so seynd wir, wie diejenigen, welche durch rothe Brillen schauen. Diesen gedunket Alles roth zu seyn, und glauben, ein jeder Müllner trage einen Cardinal-Hut. Also glauben wir auch öfters, Andere seyn wie wir beschaffen: Ein Säufer, so oft er sieht eine rothwälsche Nase, so vermeint er, er sey ein Biberius Mero und kein Tiberius Nero. Ein Verbulter, so oft er ein Paar erblicket miteinander freundlich reden, so vermeint er, sie seyen incorporirt bei der Handelschaft zu Leibzig. O Argwohn Narrgwohn!

So, so seynd wir, wie diejenigen Perspectiv, welche von denen Opticis also formiret seyn, daß sie Alles umgekehrt vorstellen, und wann jemand durchschauet, der vermeint, daß die Leut auf denen Köpfen gehen: Also pflegen wir mehrmalen eine Sach umzukehren, und so [340] wir sehen ein Paar Geistliche in ein Gewürz-Gewölb eintreten, so vermeinen wir, die Pfaffen werden gewiß welschen Wein saufen, da unterdessen die guten Patres ein Oel für die Kirchen-Ampeln abhohlen. O Argwohn Narrwohn!

So seynd wir beschaffen, wie diejenigen, welche zu viel October-Saft eingenommen. Weilen ihnen der Kopf um und um gehet, so vermeinen sie, die Häuser und Thüren gehen gleichmäßig um und um. Also die da mehr ist Helena, als eine Lucretia, mehr eine Putana, als eine Pudentia, eine solche vermeint auch, das ehrlichste Mägdlein sey ihres Glifters. O Argwohn Narrgwohn!

So, so seynd diejenigen, die eine gewisse Sach für anderst ansehen. Es ist eine schwarze Kuh hinter einem dicken Gesträuch gewest, an welcher man fast nichts gesehen, als die Ohren wegen der dicken Hecken. Einer sieht, daß sich das schwarze Ohr immerzu beweget, vermeinet also gänzlich, es sey eine Amsel, zielt, schießt, trifft, und find't, daß er eine schwarze Kuh für einen Vogel geschossen. Ein anderer hat kurz vorhero falsch geschworen, der Teufel soll ihn hohlen, wann es nicht wahr sey; bald siehet er, daß ein rußiger Pfannen- und Kessel-Flicker, welcher eine Stund lang geschlafen, hinter einer grünen Staude hervor kriecht: also hat er festiglich vermeint, es sey der Teufel, deßwegen sich eilends in die Flucht begeben.

[341] Ein anderer hat von weitem etliche Bauern wahrgenommen, und ungezweifelt darvor gehalten, man trage eine todte Leich zur Begräbnuß; wie er aber nähender hinzu kommen, hat er gefunden, daß mitten unter ihnen ein Pferd, und zwar ein Rapp, geführet werde, auf welchem ein Sack voll Mehl geladen, welchen er für eine Todten-Truhe angesehen.

Gleichwie man nun gar zu oft eine Sach für etwas anders, ja, ja, einen Menschen für einen andern anzusehen pflegt, also geschieht nit minder, daß wir oft etwas Gutes für etwas Böses ansehen, und eine Tugend für ein Laster halten, wie dann die boshaften Hebräer dem gebenedeiten Jesu alle seine guten Thaten anderst ausgelegt, und ihn bald für einen Vollsaufer, für einen Samaritan, für einen Teufelskünstler, für einen Aufrührer, für einen Gotteslästerer, für einen albernen und närrischen Menschen gehalten, absonderlich wie ihn Pilatus mit einem weißen Kleid zu Herode geschicket. O Argwohn Narrgwohn!

Nachdem der David die schöne, junge Abigail geheirathet, hat ihm solche das erste Mal einen Prinzen geboren, welcher aber wegen ungeformter Leibsgestalt und groben Gebärden nit an einer Ader dem David gleichte. Er hatte einen großen Schädel, wie ein Sau-Kürbes; er hatte ein Paar Augen, wie ein abgestochener Bock; eine Nase, wie eine Meerkatz; das Maul war so groß, daß der Kopf selbst in der Forcht gestanden, er möchte heraus fallen; der andere Leib war ebenfalls krumm und plump: daß also die [342] Hof-Herren und Bedienten diesen großmauligen Prinzen für einen adelichen Lümmel gehalten. Ja der Argwohn bei Hof war bereits schon gemein, weilen dieser Sohn dem David so gar nit gleich scheinete, als habe dem König ein Roßstriegler eine cornelische Parocke aufgesetzet, oder welches vermuthlicher: der Abigail voriger Mann, der ohnedas ein grober Rülpes war, sey Vater gewest dieses Prinzen etc. Dem frommen David verursachte solcher öffentlicher Argwohn sehr melancholische Gedanken. Nachdem er nun solches eiferigst seinem Gott überlassen und anbefohlen, hat er auf einen Tag den gesamten Hofstaat in einem großen Saal zu erscheinen befohlen, nachmalens mit diesem ungestalteten Prinzen Daniel in die Mitte getreten, voll der Zuversicht zu dem allmächtigen Gott in diese Wort ausgebrochen: Ostendat Deus per evidens signum, cujus iste puer est filius! »Gott wolle es durch ein scheinbares Zeichen offenbaren, wessen Vaters dieser, Sohn sey!« Hierüber ist alsobalden ein sonderer schöner, lichter Glanz von oben herab in das Angesicht dieses Prinzen gefallen, welcher dessen Angesicht also wohlgestaltet gemacht hat, daß ein jeder vermeinte wegen der großen Gleichheit, er sey von seinem Herrn Vatern dem David herunter geschnitten. Sie aber alle mußten bekennen, daß sie dießfalls grob haben aufgeschnitten, und ihr Argwohn einNarrgwohn worden.

Dergleichen Affen- und Aftergedanken und Spottreden [343] seynd öfters anzutreffen, und glauben etliche eifersüchtige Gipfel, es müsse allemal ihr Weib auf einem andern Markt eingekramt haben, so oft ein Kind ihnen nicht gleichet. Der Argwohn bildet ihnen vor, diese Copei gehöre ihnen nicht zu, weilen sie dem väterlichen Original nicht gleich scheine. Dessentwegen hat auch der gebenedeite Jesus ein ganz ähnliches und gleiches Gesicht angenommen, wie sein Nähr-Vater Joseph, damit nur die seligste Jungfrau bei den Hebräern in keinen Verdacht komme.

Ein gewisser Herr zu Wien hatte seine Frau in großem Verdacht, und glaubte kräftig, er sey nicht Vater zu dem Kind, welches die unschuldige Frau geboren. Solchen bösen Argwohn stärkten ihm etliche bösen Leut, welche mit vielen Beweisthumen die Frau für schuldig erkenneten. Derentwegen der Herr seine Klag beigebracht in dem wienerischen Consistorio vor dem Offizial und geistlichen Obrigkeit, welche aber in einer so zweifelhaftigen Sach nit ein gähes und unbesonnenes Urthl wollten fällen, sondern haben in den Rathschlag gezogen den h. Mann Capistranum welcher dazumalen in Wien sich aufgehalten. Wie nun dieser erleuchte Mann samt dem Herrn, seiner Frauen und etlich Wochen alten Kind erschienen, hat er durch sondere göttliche Eingebung die gethane Klag weiter [344] nit wollen anhören, sondern gleich das unmündige Kind befraget, wer sein Vater sey? Dem mit höchstem Wunder aller Umstehenden das etliche Wochen alte Kind geantwortet: Dieser ist mein rechter Vater, welcher meine Mutter in einen Verdacht gesetzet.

O Argwohn Narrgwohn, wie oft bist du schon angeloffen? Gott hat dem Mosi anbefohlen, er soll keinen zum Priester und Kirchen-Dienst nehmen, der eine große Nase hat. O wie mancher ist schon durch den geschöpften üblen Argwohn mit einer großen Nase gestanden! Der König Saul hat vermeint, den David mit der Lanze wohl zu treffen, – hat aber gefehlt. Ein mancher vermeint, er treffe es gar wohl durch seinen Argwohn und Urthel, – befind't doch letztlichen, daß er weit fehle. Putiphar hat gar zu leichten Glauben gegeben seinem saubern Weib, und aus dem Mantel geargwohnet, der Joseph sey ein freches Bürschel, – hat dannoch grob gefehlt. Wann du wärest gegenwärtig gewest, wie der Moses noch ein junger Mensch die schöne Tochter des Jethro beschützet, und ihrenthalben herum gebalgt mit denen groben Hirten, welche dem sauberen Weibsbild viel Ungelegenheit gemacht, was hättest du gleich für einen Argwohn geschöpfet? Holla, der Kerl ist mit diesem Geflügelwerk interessiret! Ein Wälscher, der vor andern in dergleichen Sachen argwöhnisch, der hätte gedacht: Senza fallo, si Sarà incapricciato [345] di Lei. O Argwohn Narrgwohn! Er hat das gethan aus göttlicher Eingebung.

Joseph hat fast ein lächerliches Spiel mit seinen Brüdern, die ihn nit erkannten, angestellt. Wie diese Gesellen kommen, um ihr baares Geld Treid einzukaufen, hat er, Joseph, den Befehl geben, daß man dero Säck mit verlangten Früchten anfülle; in aller Geheim aber hat er geschafft, daß man seinen silbernen Becher in den Sack des Benjamin, als des allerjüngsten, verstecke, dem auch also die Bedienten nachkommen. Als sich nun diese Söhn' des Jacobs beurlaubet, und ihren Weg anheim genommen, haben einige hierzu verordnete Hof-Bedienten ihnen auf das schleunigste nachgejaget. So bald sie deren seynd ansichtig worden, Holla, hat es geheißen, haltet still! seyd ihr ein solches liederliches Gesindel, wie habt ihr euch freventlich dörfen unterstehen, unserm gnädigsten Herrn seinen silbernen Becher zu entfremden? haltet still! machet die Säck auf! bei welchem Dieb – laßt sehen – werden wir den Becher finden? Die armen Tropfen haben gezittert, als wie der Schweif einer Bachstelze. O – o – mei – mei – meine He – He – Herren ve – ve – verzeiht uns, es geschieht uns dießfalls wohl O – O – Ohnrecht; unser Vater hat redliche Kinder erzeuget, wir wollten ihm in diesem seinen so großen Alter keinen Spott nit anthun! Es ist schon genug, daß ein Galgen-Vogel unter uns gewest ist, nemlich der Joseph (habt euch wohl befirneißt). Nachdem [346] nun alle Säck fleißig durchsuchet worden, ist endlich der silberne Becher gefunden worden in dem Sack des Benjamin. Da soll einer gesehen haben, wie dieser fromme Joseph-Bruder bis in das Maul hinein erbleicht ist, massen er auch keine rechte Entschuldigung konnte vorbringen. Diese werden hierüber in Verhaft genommen, und vor den Vize-König, den Joseph, gestellet.

Unterwegs waren sie ganz rasend und tobend wider den Benjamin; ja so sie gedörfet, hätten sie diesen jüngern Bruder lieber mit Zähnen zerreißen mögen. O henkermäßiger Dieb! sagten sie, du, du, du, verruchter Bösewicht, was hast du uns dermalen für einen Handel zugerichtet? du thuest uns diesen Spott und Schand an? du bist wohl ein rechtes Mutter-Kind; dann deine Mutter die Rachel hat auch ihrem Vater Laban die guldenen Götzenbilder gestohlen, in diesem artest du ihr ganz nach. Dergleichen Wort gebrauchten sie wider den Benjamin. Aber was ist endlich für ein Ausgang erfolget? Alle seine Brüder haben ihn für einen Formal Becher-Dieb gehalten: Dieb, Dieb, Dieb! hat es alleweil geheißen. Aber es ist ihm gleichwohl Unrecht geschehen, er war allerseits ganz unschuldig. Denn Joseph selbst hat in der Still befohlen, solchen Becher in des Benjamin Sack zu stecken. Seynd also die Urthel der andern Brüder betrogen gewest. Wann wir also die Sach zuweilen so gewiß glauben, daß wir darauf zu sterben gesinnet wären, so können wir dannoch noch irren, wie [347] diese Brüder. So lang können wir fehlen, wie lang wir das Herz und seine Beschaffenheit nicht kennen. Dieses aber ist alleinig Gott dem Herrn vorbehalten, und nit dir, oder mir elenden Erdschrollen. Er, er wird kommen zu richten die Lebendigen und Todten, und nit du. Nolite judicare!

Es ist nit allzeit wahr, daß die Bauren seyn böse Lauren, so lang sie dauren; massen auch heilige Bauersleut, und deren nit wenig angetroffen werden.Fortunatus ein heil. Ackersmann, Isidorus ein heil. Ackersmann, Oelbertus ein heil. Ackersmann, Lambertus, Leontius, Hilarius, Theodulphus, Spiridon, Miro, Theodosius etc. lauter h. Bauren, dergleichen auch einer in dem gelobten und geliebten Land Bayren zu finden. Zwischen Ingolstadt und Neustadt liegt jenseits der Donau ein Marktfleck, Namens Voburg. Eine halbe Meil von dannen wohnte ein Bauer in einer Einöde, wohl versehen mit Aecker, Gründ und Wiesen, forderist aber mit einem frommen Weib, welches unter dem Glück nicht das wenigste, denn man öfters bei dergleichen Leuten das 2 als das 1 zählet; dahero kommt es, daß die mehresten Weiber gebenedeiet seyn. Dann ist der Feigenbaum auf dem Weg deßwegen vermaledeiet worden, um weilen er keine Feigen getragen, so seynd die mehresten Weiber gebeneidet, weilen sie immerzu Feigen tragen, aber nurOhrfeigen. Dergleichen Zwiespalt war niemals bei gedachtem Ehevolk, sondern sie lebten in größter Einigkeit und Heiligkeit, hielten auch eine so wachtsame Zucht unter ihren Kindern, daß solcher Baurenhof einem wohlbestellten Kloster gleich [348] sah, und könnte dieser Bauer besser Caelicola als Agricola genennet werden. Weßwegen er zu Voburg ganz bekannt, und bereits den Namen hatte der fromme Baur. Weilen aber Gott gemeiniglich die Seinigen mit dem Kreuz X bezeichnet, und Jesus nit viel anderst macht, als die Jesuiter, welche mehrerntheils diejenigen Knaben beschenken, so da ihr Argument nit allein activè machen, sondern auch passivè: also seynd bei Jesu forderist diejenigen wohl daran, welche nit allein activè in vielen guten Werken sich üben, sondern auch passivè viel Drangsal mit beharrlicher Geduld ausstehen. Auf gleichen Schlag hat Gott dem frommen Bauren lauter trübe Wetter zugeschicket, und ihm erstlich seine liebe Ehewirthinn durch einen unverhofften Tod hinweg genommen, nicht lang hernach auch seine frommen und wohlerzogenen Kinder. Aber alles dieses war dem frommen Bauren ein mehrerer Anlaß zu größerer Vollkommenheit: wie er dann kurz hernach seinen Baurenhof samt denen darzu gehörigen Gründen verkaufet, das Geld unter die armen und nothleidenden Menschen und Bettler ausgetheilt, sich aber nichts anders vorbehalten, als eine kleine enge Hütte, worinnen er wie ein Einsiedler gelebet, dem Gottes-Dienst zu Voburg allemal eifrigst beigewohnt, und durch freiwillige Armuth das tägliche Brod von Haus zu Haus gesammlet – wie dann die[349] Burger allda sich absonderlich glückselig schätzten, so sie diesen h. Mann mit Brod, Eier, Butter, und dergleichen konnten versehen. In Summa, der Bauer hatte in der Nachbarschaft den Ruhm und den Namen eines Heiligen. An einem Sonntag haben die Innwohner besagten Marktflecks wahrgenommen, daß ihr lieber alter Tättl nit in der Kirche; welches bei ihnen sorgfältige Gedanken veranlasset, als ob er vielleicht mit einer gähen Krankheit wäre überfallen worden. Schickten demnach einige hin, die Gewißheit einzunehmen und den Kranken mit besseren Speisen zu bedienen. Weilen aber solche die Antwort zuruck gebracht, wie daß des Alten seine Hütte stark wäre verrieglet, also ist männiglichen der fromme Gedanke eingefallen, ob wäre der h. Mann anderwärts hin, Andacht halber, Kirchfahrten gangen. Indem man aber weder den folgenden Tag, noch auch über 14 Tagen den Alten nit mehr in der Pfarrkirche zu Voburg wahrgenommen, auch von keiner Wiederkehr höreten, also ist durch gemeinen Rathschlag beschlossen worden, die Hütte mit Gewalt zu eröffnen, sorgend, der liebe und alte Tättl möchte von gähem Tod seyn überfallen worden. Bishero ist dieser Bauer allezeit fromm, gottselig, vollkommen, tugendsam, eifrig, demüthig und heilig gehalten worden. Aber Geduld eine kleine Weil, du wirst bald einen andern Nachkirchtag erleben! So bald man die Hütte mit sonderem Gewalt aufgesprengt: Auweh! da hangte dieser Alte an einem Traim oder Balken, schon halbentheils verfault, mit [350] einem so traurigen Spektakul, daß die Augen und die Nasen hierüber ein Grausen gefaßt. Ho, Ho! anjetzo kommts heraus, sagen die Umstehenden; es ist wohl nichts so klein gespunnen, es kommt an die Sonnen. Jetzt siehet man den Betrug des alten Diebs, da erfahren wir seine Heiligkeit, ist das nit ein schönes Miracul? hat man doch andere Heilige auch öfters von der Erde verzuckt gesehen! Ei daß man ihm nicht den Schein auf den Kopf mache! Er hat das Almosen gesammlet nit aus freiwilliger Armuth, sondern aus Faulheit und Müssiggang. Jetzt hat sich der alte Schelm selbst, wie ein Judas erhenket. Ja, sagt manche Burgerinn zu Voburg, dem alten Dieb hab ich wochentlich Butter und Eier gegeben, daß ihms der Henker geseng! – Diese Sach wird dem Magistrat angedeutet, welcher dann ohne ferneren Verzug dem Scharf-Richter Befehl geben, er soll dieses Aas unter den Galgen und Hochgericht begraben, welches auch geschehen. O wie ist des Menschen Urthl so geschwind und blind! wie oft betrügt uns das äußerliche Ansehen! Nach einer geraumen Zeit war der gewöhnliche Jahrmarkt in diesem Voburg, worzu absonderlich die Bettler eilten. Unter anderen war ein blinder und in dem Markt gar wohlbekannter Bettler, welcher im Vorbeigehen des Hochgerichts, weilen daselbst die gemeine Straße, augenblicklich ist sehend worden. Und als man ihn befragte, wann, wie, wo er das Gesicht wieder bekommen, gab er die Antwort: bei dem Galgen. Ein anderer, an beeden Füssen krummer und elender Tropf, so bald er neben dem Gericht kommen, ist er ebenfalls augenblicklich gerad [351] worden, und mit gleichen Füssen in den Markt gerennet. Als man ihn auch derenthalben befragt, wo er seine geraden Glieder wieder bekommen, antwortet er: beim Galgen. Es läßt sich der dritte Bettler, der zuvor am ganzen Leib presthaft war, auch frisch und gesund sehen; sagte gleichfalls nicht anderst, als daß er auch sey gesund worden bei dem Galgen. Diese alle werden hernach aus Befehl des Magistrats ermahnt, sie sollen es eidlich aussagen, und den Ort weisen, wo sie dergleichen Gutthaten durch ein Wunderwerk erhalten. Und hat man in aller Wahrheit befunden, daß eben jener Ort es sey, wo der erhenkte Bauer begraben worden; welches dann wiederum den guten Namen des des alten Tättls erneueret, und hat man bei währender Marktzeit nichts als das Lob dieses gottseligen Manns gepriesen, auch nit mehr den Argwohn gehabt, als hätte er sich selbst aus Verzweiflung erhenket, sondern die Sach müsse sich weit anderst verhalten, welches Gott zu seiner Zeit eröffnen wird.

Unterdessen waren auf diesem Markt zwei Bösewicht, welche mit fünf Finger anstatt fünf Groschen wollten einkaufen, gefänglich eingezogen, welche ohne weiteren Zwang aus lauterm Antrieb des nagenden Gewissens nit allein viel Diebstahl bekennt, sondern auch die Mordthat dieses unschuldigen alten Tättls, in der Meinung, einiges Geld bei ihm zu finden. Diese wunderliche Geschicht wird mit allen gehörigen Umständen zu dem Bischof nach Regensburg bericht, welcher dann mit der ganzen Klerisei bald hernach, den unschuldigen Leichnam von diesem schimpflichen Ort genommen, und selbigen zu Voburg in der Spital-Kirche [352] mit großem Gepräng und Zulauf des Volks andächtig beigesetzet, allwo durch die Verdienst dieses h. Mannes Gott bishero viel Wunder gezeiget.

O Argwohn Narrgwohn! Aus dieser Geschicht erhellet so klar, daß des Menschen Urthl mehrentheils auf Stelzen gehe. Wir seynd nicht um ein Haar besser, als jener Blinde, dem der Herr Jesus mit so wunderlichen Ceremonien das Gesicht wiederum erstattet. Dann als solcher Anfangs von dem Heiland befraget worden, was er sehe? gab er die Antwort, wie daß ihm die Leut wie die Bäume vorkommen. »Video homines velut arbores ambulantes.« Wie oft geschieht es, wann wir einen sehen wohlbekleid't daher gehen, daß er uns vorkommt, wie ein Oel-Baum, und urthlen gleich, der Gesell bereiche sich mit lauterSmiralien! wie oft kommt es, so wir einen wahrnehmen, daß er etwann roth im Angesicht, daß er uns vorkommet, wie ein Birken-Baum, und urthlen stracks, der Kerl hab das Weinfaß so lieb, wie die Birken, welche immerzu mit ihren Reisen das Weinfaß umarmet. Wie oft weiß man, da uns einer begegnet in einem schlechten Aufzug, daß er uns vorkommt, wie ein Nespel-Baum, und urthlen geschwind, dieser Mensch hab derenthalben nicht viel zum besten, weilen er wie die Nespel sich auf die Faulheit begiebet. Wie manchesmal trägt es sich zu, wann wir sehen einen mit einer jungen Frauen reden, daß [353] er uns vorkommet wie ein Buchs-Baum, und urthlen gleich, er handle mit Löfflen. Wie oft geschieht es, daß wir einen sehen in einem schönen taffeten Kleid, daß er uns vorkommt wie ein Maulbeer-Baum, und urthlen bald, dieser Gispel thut zu Haus nur schnarmaulen, und henke sein Sach alles auf die Seite. Wie oft weiß man, so uns ein Edelmann unter das Gesicht geräth, daß er uns vorkommt, wie ein Holder-Baum, und urthlen alsobald, er purgier seine Bauren, daß nit ein Heller bei ihnen bleibe.Video homines velut arbores. Aber wie oft, wie oft ist solches unser Urthl falsch und sündhaft!

Zu dem h. Petrum Dominicaner Ordens seynd nächtlicher Weil 3 schöne Frauenzimmer in die Zelle kommen, und mit ihm ein freundliches Gespräch gehalten. Das hat einer und der andere wahrgenommen, und solches vor die Obrigkeit gebracht. P. Prior, sagten sie, wir haben einen saubern Peter im Kloster: zu dem h. Apostel Petro malet man gemeiniglich einen Hahn, zu unserem Peter aber soll man eine Henne malen; er hat bei der Nacht Weibsbilder bei sich. Was? Weiber? Si – si – fort mit ihm, auf solche Weis' ist Petersil ein Unkraut! Ach Menschen-Urthl, wie seyd ihr halt so wurmstichig! Dieser h. Mann war die Unschuld selbsten, und diejenigen, so ihm die Visita gegeben, seynd nicht gewest verdächtige Frauen, sondern heilige und glorreiche Jungfrauen aus dem Himmel!

[354] Die Kloster-Jungfrauen haben Magdalena de Pazzis wirklich ertappet, wie sie in Abwesenheit der Köchinn eine ziemliche Portion Fleisch aus dem Hafen gefischet, welche sich doch immerzu stellte, als faste sie im Wasser und Brod. Aber auch ihre Urthl waren dießfalls nit recht, ob sie es schon mit Augen gesehen; dann der böse Feind hat die Gestalt dieser Heiligen an sich genommen, und hierdurch sie vermeint in ein übles Geschrei zu bringen. Der h. KaiserHenrich hat mehrmalen beobachtet, daß wackere Soldaten-Offizier aus der Schlaf-Kammer seiner Frau Gemahlinn Kunegundis heraus gangen, welches ihm Anlaß gegeben zu einem üblen Verdacht und Argwohn; hat aber dannoch geirret, massen dieses auch der Lucifer gewesen, welcher die löblichste Einigkeit dieser zwei kaiserlichen Ehe-Consorten wollte und suchte zu zertrennen.

Zur Zeit der h. Lidwinä hat eine kranke und schon fast in Zügen liegende Person das Crucifix, so man ihr immer vorgehalten, immerzu mit zornigem Angesicht angespiben, woraus jedermann geurthlet, daß dieser verzweifelte Brocken in die Höll gehöre. Aber weit gefehlt der Menschen Meinungen! Nachdem diese durch das vielvermögende Gebet der h. Lidwinä wieder zur Sprach und Besserung kommen, hat sie bekennet, wie daß der leidige Satan sich immerzu habe vor das Crucifix-Bild gestellet, und alleweil gesucht, daß er anstatt Christi möchte geküßt werden. Dergleichen [355] öftere Geschichten verbieten uns ja gnugsam, daß wir nit freventlich urthlen sollen von unsern Nächsten.

Achilles Statius Lusitanus schreibet, daß Anno 1579 sey ein Geistlicher gewest, welcher mehr lebte saumselig als gottselig; er war öfter in Foro als inChoro lieber in Refectorio als in Oratorio, viel geschwinder zum Vinum als zum Matutinum etc. Nachdem solcher tödtlich erkranket und bereits in das Sterb-Stündlein kommen, hat er sich gar nit viel entrüstet wegen des Tods, sondern immerzu gelacht. Der Obere spricht ihm ernsthaft zu, er wolle doch um Gottes Willen das Heil seiner armen Seele besser in Obacht nehmen, und sich erinnern, was er für einen saumseligen Wandel habe geführet. Dieser schmutzet nur immerzu, in welches sich die umstehenden Mönich gar nicht konnten schicken. Hat auch wohl einer oder der andere gedacht, mit dem Pfaffen werde der Teufel wohl haben zu schaffen. Endlich fängt dieser an zu reden: Wahr ist es, sprach er, daß ich bishero in dem Dienst Gottes und geistlichen Verrichtungen ziemlich saumselig mich verhalten, wessenthalben mir kurz vorhero die Engel ein großes Buch vorgetragen, worinnen alle meine begangenen Sünden und Unvollkommenheiten verzeichnet waren, die ich von Anfang meiner Profession gethan habe. Nachdem ich aber denen Englen beigewendt, wie daß ich niemalen,[356] so lang ich im Kloster war, habe einigen Menschen übel geurthlet, und mich also auf die Parola und Wort unsers Herrn verlassen, er werde hoffentlich sein Versprechen halten, indem er gesagt: Nolite judicare, et non judicabimi: »Richtet nit, so werdet ihr nicht gerichtet werden!« sobald ich solches dem Engel vorgetragen, haben sie darauf das ganze Register meiner Sünden zerrissen, und also fahr ich in größter Sicherheit und Zuversicht zu meinem Jesu. Starb also selig. Willst du diesem nachfolgen? Viel Glück auf den Weg! am jüngsten Tag werden wir mit Verwunderung sehen, wie der MenschenArgwohn ein Narrgwohn gewesen sey!

Judas Iscarioth war ein gewissenloser Beschnarcher
Judas Iscarioth war ein gewissenloser Beschnarcher, großmauliger Schmähler und unverschambter Ehrabschneider etc.

Wie der Herr Jesus mit dem Ehrabschneider nach Bethania kommen ist, hat ihn allda ein reicher Herr und guter vom Adel mit Namen Simeon, zur Dankbarkeit, weilen er durch ihn von dem Aussatz gereiniget worden, mit einem sehr stattlichen Nachtmahl empfangen. Allwo auch unter andern Gästen sich persönlich hat eingefunden der Lazarus, welchen vorhero der gütigste Heiland von Todten erwecket. Der Zulauf der Hebräer war über alle Massen groß zu dieser Behausung, also, [357] daß man kaum und nit ohne besondere Beschwernuß die Speisen kunnte auftragen; dann die Juden kunnten sich nit gnugsam vergaffen an dem Lazaro. Ob schon die mehresten aus ihnen gegenwärtig waren, wie der Herr Jesus den Lazarum aus dem Grab berufen, in welchem er schon 4 Tag gelegen, so urtheilen gleichwohl viel Bösewicht aus ihnen solche Erweckung nur für eine Blenderei. Dahero sie so stark gemaulasset bei solchem Nachtmahl, in dem sie sahen, daß Lazarus so wacker in die Schüssel greife, der unlängst selbst schon eine Speis' der Würmer war. Dieses Nachtmahl ist wegen Menge der Richten und Kostbarkeit der Speisen sehr prächtig und herrlich gewest, worbei auch Martha ihren Fleiß nicht gesparet, als welche in allem eine so ordentliche Anstalt sowohl in dem Keller, als in der Kuchl gemacht. Dann obwohlen sie schon als eine nächste Anverwandte zu der Tafel eingeladen worden, so hat sie dannoch auf keine Weis' wollen niedersitzen, sondern aus Dienstwilligkeit und innerlicher Lieb Jesu zu Tisch dienen. Unterdessen hat auch Magdalena, als eine leibliche Schwester der Marthä, ihre größte Affection gegen dem Herrn Jesum wollen erzeigen, indem sie ein Pfund sehr köstlicher Salben von Narden aus einer alabasternen Büchse über sein Haupt gegossen. Dann es war dazumalen ein gewöhnlicher Brauch in Judenland, daß man zu mehrerem Pracht einer Mahlzeit den vornehmen Gästen einige kostbare Salben oder Oel auf den Kopf gieße, welche nachmals über die Kleider herunter gerunnen, und einen sehr reichen und angenehmen [358] Geruch von sich gegeben. Diesem Land-Brauch wollte Magdalena nachkommen. Weilen sie aber aus inbrünstiger Liebe zu dem Herrn eine gar theuere Salbe eingekauft, und dieselbe über das Haupt Christi geschüttet, so hat sich der verruchte Geizhals Judas das erste Mal als einen nichtsnutzigen zu erkennen gegeben, indem er über dieses so löbliche Werk gar spöttlich gemurret, ja solches für eine Verschwendung ausgeleget, und wäre weit rühmlicher gewest, sagt er, wann man die Salben hätte zu Geld gemacht, und solches nachgehends unter die Armen ausgetheilt. Auch schreibt Cajetanus in Kap. 28. Matth., Jansenius in Concord. 128., Suraz. Thl. 2. disp. 34. Sect. 1, daß Judas Christo dem Herrn wegen solcher Salbung spöttlich habe nachgeredet, und ihn auf alle Weis' bei den Juden verkleinert, wie daß sich dieser Zimmermanns-Sohn von einer so öffentlichen Madama lasse bedienen; er habe ihn bishero für einen heiligen und vollkommenen Mann angesehen, anjetzo aber kommt er unter die Schlich, und find't, daß er die Weiber auch nit ungern sehe. Dergleichen noch mehr Schand-Reden hat der Judas ausgossen, daß sich auch der Evangelist geschamet hat, solche mit der Feder zu entwerfen. O schelmischer Ehrabschneider!

Der hl. Paulus ist in den Himmel verzucket worden; ich aber in die Höll Gedanken halber. Vidi mirabilia, »dort habe ich wunderseltsame Dinge gesehen:«


Wann ich ohne Ziel schon noch so viel

Der Mäuler haben sollte,

Zungen ohne Zahl, ein' Stimm wie Stahl,

Alles erzahlen wollte,

[359]

Wie viel der Pein der Höllen seyn:

Würd' ich doch ganz erstummen,

Bekennen rund, daß auf kein' Grund

Der Pein und Straf zu kommen.


Erschrecklich, erschrecklich! Ob zwar der hl. Job ausgibt, daß in der Höll keine Ordnung sey, so hab ich gleichwohl-daselbst, so viel man wegen des aufsteigenden Rauch hat sehen können, eine ordentliche Austheilung der Gassen wahrgenommen. Erstlich binich geführt worden in eine sehr große Gasse, und hab' hören müssen, daß diese die Herren-Gasse genennet werde; da waren lauter vornehme Heeren anzutreffen, und ist mir recht, so hab ich etlich und 30 Kaiser allda gezählet, worunter ich den Vespasianum, den Diocletianum, den Aurelianum gekennt habe. Bei diesen waren auch viel König: der König Henricus der Achte saß fast mitten unter ihnen. Der anderen Fürsten und Edel-Leut war eine unaussprechliche Zahl. Mehr bin ich geführt worden in eine andere sehr breite Gasse, welche meinem Gedunken nach fast eine Viertel Meil in die Länge sich erstreckte. Diese hat geheißen die Frauen-Gasse; wie ich dann sehr viel alte und junge alldort hab angetroffen: eine hat engelländisch geredet, und hab ich mir [360] gleich eingebildet, es sey die Elisabetha; eine andere hat böhmisch geredet, so hab ich gedacht, es sey die Drahomira; eine hat griechisch lamentiret, diese ist mir vorkommen, es sey die Helena; eine war aber eine alte Vestia, und ist mir gesagt worden, es sey diejenige Hex, welche auf Ansuchen des Königs Saul den Samuel erwecket hat. Weiter habe ich wegen des unglaubigen Geschreis daselbst nit wollen verbleiben. Bin also in die dritte Gasse kommen, mit dem Namen die Schinder-Gasse. Muß bekennen, solches ist mir was fremd vorkommen, daß die schlechten Leut sollten eine eigene Gasse haben; bin aber bald anderst berichtet worden: wie daß diese lauter Bauernschinder, Soldatenschinder, Burgerschinder, armer Leut-Schinder und Weiberschinder seynd. Nachdem so bin ich in eine enge Gasse kommen, allwo ich mit Verdruß hab vernehmen müssen, daß sie diese die Pfaffen-Gasse nennen. Hab aber beinebens gedacht: etwann seynd es lauter Götzen-Pfaffen? Weilen ich aber alldorten aus unterschiedlichen Kappen hab können abnehmen, daß auch Mönich alldorten seynd, wie nicht weniger etlich Bischöf, und zwar in Specie ein [361] Erz-Bischof zu Magdeburg, mit Namen Udo; so hat mich ein solcher Schrecken überfallen, daß ich mich schier nit verwußt hab. So bald ich mich aber in etwas wieder erhohlet, alsdann hab ich meinen Weg wieder weiter genommen, und kommen in die Gemein-Strasse, welche unerhört breit und lang war. An diesem Ort war eine unzählbare Menge der Verdammten bei einander: da war zu sehen ein neidiger Kain, ein großkopfeter Goliath, ein rothnasender Prasser, ein verbuhlter Vagao etc. und viel Millionen anderer mehr. Ueber dieses so bin ich geführt worden in eine sehr große Gasse, und solche hatte den Namen die Schneider-Gasse, worüber ich mich, wie billig, nit ein wenig entsetzet: theils weilen diese eine aus den größten Gassen, anderer seits, daß lauter Schneider sollten allda seyn. Es ist mir zwar nachgehends eingefallen, wie daß der Schneider Anzahl sehr groß, als nemlich Kleiderschneider, Strohschneider, Steinschneider, Glassschneider, s.v. Sauschneider, Aufschneider auch gar viel. Es ist mir vortragen worden, daß an diesem Ort, in dieser langen, weiten, breiten, tiefen Gasse lauter – was? – lauter Ehrabschneider im Verhaft liegen. Es ist alles dieses keine Parabel, auch keine Fabel, sondern lauter Gedanken, welche mir vorbilden, daß eine unglaubige Anzahl der unbehutsamen Adams-Kinder in das ewige Verderben gerathen wegen der Ehrabschneidung, massen bei dieser Welt solches Laster ganz gemein, wohl täglich, ja stündlich in allen Orten anzutreffen.

Tobias wurde einst matt und müd wegen der schweren Arbeit, so er in Begrabung der Todten ausgestanden, weßwegen er sich vor seiner Haus-Thür ein wenig niedergeleget [362] auf die Bank, und bald in einen süßen Schlaf gefallen. Unterdessen war ober seiner unter dem Dach ein Schwalben-Nest, aus welchem diese Vögel ihren Koth auf den Tobiam herunter geworfen auf seine Augen, worvon, er ganz stockblind worden. Solches unvermuthes Unglück hat er mit größter Geduld übertragen, nit viel ungleich dem weltweisen Asclepiadi, welcher ebenfalls durch einen unglücklichen Zufall das Gesicht verloren, gleichwohl darbei pflegte zu schreien: er halte sich dermalen viel heroischer als zuvor, dann damals gieng er allzeit nur allein, jetzt aber selbst anderter. In gleiches Elend ist gerathen Tobias Nephtalensis, ein hl. Mann, welcher durch die Schwalb das Gesicht verloren. Die Schwalben haben den Tobias um das Sehen gebracht, das war zu bedauern; aber die Schwalben bringen manchen um das Ansehen, will sagen, um Ehr und guten Namen, das ist weit schmerzlicher; dann die mehresten Ehrabschneider seynd lauter Schwalben, dann sie schwätzen, sie schwalbelen und besudlen den Menschen.

Das Geld ist ein Vice-Gott auf der Erde; das Geld ist eine Angel der Dignitäten; das Geld ist ein Kuppler der Feindschaft; das Geld ist ein Schlüssel der Gemüther. Dahero sagt der Reiche: das Geld ist mir lieb, wer mirs stiehlt, ist ein Dieb. – Die Bücher seynd ein Spiegel, in welchem sich einer kann ersehen; die Bücher seynd Gleitsmänner, welche die Irrenden weisen; eine Bibliothek ist eine Apothek, aus dero die bewertheste Medizin genommen wird; die Bücher seynd Brunnenstuben der Wissenschaften. Dahero spricht der Gelehrte: die Bücher seynd mir lieb, der mirs stiehlt [363] ist ein Dieb. – Perl und Edelgestein seynd eine Zier des menschlichen Leibs, seynd eine Recommendation des Frauenzimmers, seynd eine Beihilf der menschlichen Gestalt, seynd ein Schatz und Schutz der Weiber. Darum sagt eine jede Dama: die Kleinodien seynd mir lieb, der mirs stiehlt ist ein Dieb. – Kaufmanns-Waaren seynd Mittel der menschlichen Unterhaltung, seynd Beförderungen des gemeinen Nutzens, seynd eine Ergötzung und Ergänzung der menschlichen Nothwendigkeit. Dahero sagt der Kaufmann: die Waaren seynd mir lieb, und wer mirs stiehlt, ist ein Dieb. – Dergleichen Dieb gibt es viel: der Achan hat zu Jericho einen Mantel gestohlen. Es gibt noch größere Dieb: die Philistäer haben Ochsen und Kameel gestohlen. Es giebt noch größere Dieb: die Rachel hat ihrem Vatern, dem Laban, die guldenen Götzenbilder gestohlen. Es giebt noch größere Dieb: die Ehrendieb, diese seynd die größten Dieb. Alle Erbschaften, und mit den Erbschaften alle Gewerbschaften, und mit den Gewerbschaften alle Wirthschaften, und mit den Wirthschaften alle Herrschaften, und mit den Herrschaften alle Habschaften seynd nit zu vergleichen einem ehrlichen Namen. Also bezeugt es der hl. Geist: Melius est bonum nomen, quam divitiae mutae: Es ist besser ein guter Name, als viel Reichthumen.

Nachdem der David ohne Erwägung der göttlichen Gebot und seiner königlichen Hohheit den Ehebruch begangen, ist alsobald der Prophet Nathan zu ihm getreten und ihm solche Unthat in folgender Gleichnuß [364] vorgetragen: Es waren zwei Männer in einer Stadt, der eine war reich, der andere arm. Der Reiche hatte sehr viel Schaf und Rinder, aber der Arme hatte nit mehr als ein einziges Schäfel, welches er gekaufet und auferzogen, das auch bei ihm, seinen Kindern erwachsen war. Dieses Lämmel hat von seinem Brod geessen und aus seinem Becher getrunken, und in seinem Schos geschlafen, und war wie seine Tochter. Nun ist ein Gast zu dem Reichen kommen: solchen zu tractiren, ist der reiche Vogel da, verschont alle seine Schafe, und nimmt dem armen Mann sein einziges allerliebstes Schäfel hinweg, schlägt und metzget solches, und speiset also seinen Gast darmit. – Wie dieses der König David vernommen, gedachte er weiter nicht, daß solche Gleichnuß auf seinen Busen deute, sondern erwäget mehr die große Unbild, weilen einer dem Armen sein einiges und allerliebstes Schäfel entfremdet. Sicut Deus vivit etc. »So wahr als Gott lebet, der Kerl muß des Todes seyn!« sagt David. Holla! tu es ille vir! gab der Prophet darauf zur Antwort – »du bist derselbige Mann

Wir alle sind arme Schlucker, übernehm sich nur keiner! haben wir etwas, so ist dasselbige ein fremdes Gut. Dann so die Erd ihr Geld, die Schaf ihre Woll, der Wurm seine Seide, der Ochs sein Leder, der Acker seinen Flachs oder Haar sollt' zu sich fordern, alsdann würden wir da stehen, wie die armen Tropfen. Jedoch ein einiges Schäfel hat einer, welches von der Kindheit an mit ihm auferwachsen, dieses isset mit ihm über Tafel, schlafet in seinem Schos, und ist ihm über alles lieb; und dieses ist die Ehr, der ehrliche [365] Name, der gehöret ihm alleinig zu. Unterdessen kommt jemand, und stiehlt ihm dieses Schäfel, nimmt ihm die Ehr. O, soll es einem nit schmerzen? indem mir der Wiederhall in dem Wald selbsten zuspricht, ich soll den guten Namen eiferigst in Obacht nehmen! Fama! Echo: Ama, »den guten Namen!« Echo: Amen! Das beste Kleinod, so mich zieret, der beste Geleitsmann, so mich führet, der beste Platz, den ich erhalte, die beste Lust, die mich erfreuet, der beste Segen, so mir gedeihet, ist meine Ehr, mein ehrlicher Name. Der ist mir der liebste gewest an meinen Eltern, der liebste in Mutterleib, der liebste in meiner Kindheit, der liebste in meiner Jugend, der liebste in meiner Mannheit, der liebste in meinem Alter, der liebste in meinem Leben, und der liebste auch nach dem Tod; und diesen, und dieses, und diese entfremdet mir, nimmt mir, schmählert mir, verschwätzet mir eine üble und vergifte Zunge! O Diebstahl über alle Diebstahl!

Wie der gebenedeite Heiland von denen Hebräern als von reißenden Wölfen ist angefallen worden, hat alsobalden der tapfere Petrus vom Leder gezogen, und mit seinem Säbel, welcher noch zu Paris in Frank reich gezeiget wird, dem Malcho, als einem Diener des Hohenpriesters, so mit der Latern voran gangen, das rechte Ohr abgehaut, und wann solcher Lottersknecht den Kopf nit hätte auf die linke Seite gezucket, hätte unfehlbar der Peter solchen zerspalten, Ucho no! [366] ucho no! Auweh! auweh! schrie Malchus. Was ist dir? fragen die anderen, Auweh! auweh! ich hab mein Ohr verloren, und zwar das rechte Ohr, auweh! auweh! O du Lümmel! das läßt sich noch wohl verschmerzen, das rechte Ohr verlieren; aber, aber, aber die rechte Ehr verlieren, das ist hart und überhart zu gedulden!

Das Wörtel Frau, wann es noch mit einem einzigen Buchstaben bereichert wird, nemlich mit einem S, alsdann hat es die rechte Ausdeutung, das heißtFraus. Dann Fraus und Frau wohnen in einer Au. Der betrogenen Weiber giebts so viel, daß sie einer ohne Betrug nit zählen konnte. Jezabel eine solche 3 Kön. K. 18, des Loths zwei Töchter solche – 1. Mosis K. 19, die Rachel eine solche – 1. Mosis 31, die Hebammen in Egypten solche – 2 Mos. 1, der Moabiter ihre Weiber solche – 4 Mos. 21, die Rahab zu Jericho eine solche – Josue K. 2, die Jahel eine solche – Jud. 4, die Michol eine solche – 1 Kön. 19, des Jeroboam seine Frau eine solche – 3. Kön. 11. K. Diese seynd aber nur aus dem alten Testament. Bei diesen unsern Zeiten ist der betrogenen Weiber Zahl unzählbar. Der gute Samson hat eine solche gehabt mit Namen Dalila, in dero Lieb er sich also verhaspelt, verwickelt, daß er ihrer Gemeinschaft nit konnte müssig gehen. Aber gemeiniglich, wie man aus denen Rosen Wasser brennet, also bringt auch oft [367] manchem seine Rosina oder Rosimunda ein Wasser, und macht, daß ihm die Augen übergehen. Das hat der starke Samson erfahren, indem ihm seine Dalila die Haar abgeschnitten, und mit den Haaren seine Stärke. Dieses einzige Schneiden hat gemacht, daß er, Samson, bei dem philistäischen Volk zu Schand und Spott worden. – O verruchte Scheer, welche dem wackeren Nazarener so viel abgeschnitten! Aber noch verfluchter ist die Zunge, welche einem die Ehr abschneidet. Die Lehr verlieren ist viel verlieren; das Gehör verlieren ist viel verlieren; den Schmerz verlieren ist viel verlieren; aber die Ehr verlieren ist Alles verlieren. Wann ich schon kein gutes Haus hab, aber einen guten Namen, so bin ich wohl bewohnt; wann ich schon kein gutes Kleid hab, aber einen guten Namen, so bin ich wohl bedecket; wann ich schon keine gute Tafel hab, aber einen guten Namen, so bin ich wohl gespeist. Ehrenpreis ist weit ein anderes Gewächs, als Tausend-Guldenkraut; dahero ist mir die Ehr lieb, und wer mir's stiehlt, ist ein Dieb.

Job ein Exempel der Geduld, ein Exemplar der Geduld; Job eine Orgel, wann man sie schlägt, so gibt sie einen guten Klang und pfeifet darzu. Wie Gott den Job hart geschlagen, hart getroffen, »manus Domini tetigit me,« so hat er noch hierüber einen [368] schönen Klang gegeben: der Name des Herrn sey gebenedeiet! Job wie ein Delphin: dieser Fisch hat eine so wunderliche Art an sich, daß er zur selben Zeit, wann es wittert, donnert und haglet, zum lustigsten ist. Wie alles mit dem Job, mit seinen Kindern, mit seinem Haus, mit seinen Kameelen, mit seinen Schafen über und über gangen, da hat er noch ein freundliches Angesicht gemacht. Job wie eine Saite, je mehr man solche spannt, je schöner, je heller klinget sie und singt sie: Also auch der Job; dann, wann dieser nit ist angespannt worden, so weiß ich nicht, – gleichwohl hat er gesungen: Sit Nomen Domini benedictum. Job wie eine gute Degen-Klinge, welche ihre werthe Probe zeigt im Biegen: also war auch der Job von Gott hin und her gebogen und gezogen. Job wie eine Imme, welche das süßeste Honig aus den bittersten Kräutern sauget, also auch Job: so bitter als es ihm ergangen, hat er doch nie sauer ausgeschauet, und alles mit Geduld übertragen, alles, außer ein Ding nit. Als seine Freund, und forderist sein sauberes Weib, ihm vorgeworfen, wie alles dieses über ihn komme aus göttlicher Straf, er sey halt ein lasterhafter Gesell, vielleicht, wer weiß, ein Ehebrecher oder ein Dieb oder ein Hexenmeister, oder sonsten ein nichtsnutziger etc., weilen ihn Gott also heimgesuchet; ja, ja, was dann? Diese seynd die Hütten der Gottlosen, sagte sie, und dieses ist die Stadt desjenigen, der Gott nit kennet! Dieses hat dem Job also in das Herz griffen, da man ihm die Ehr abgeschnitten, daß [369] er von freien Stucken aufgeschrien und sich beklagt: Wie lang plagt ihr meine Seel, und zermalmt mich mit Worten? als spreche gleichsam der Job zu seinem Gott: O mein Gott, plag mich und schlag mich, wie du willst, mir ist es schon Recht; ruck mich und drucke mich, wie du willst, mir ist es schon Recht; mindere und plündere mir das Meinige, wie du willst, mir ists schon Recht; rupf mich und zupf mich, wie du willst auf allen Seiten, mir ists schon Recht; aber meine Ehr und meinen ehrlichen Namen, diesen lasse mir!

Seines Gleichen ist auch gewest Henricus Suso aus dem Orden des h. Dominici. Indem solcher für einen Wachs- und Kerzen-Dieb ist ausgeschrien und gehalten worden, weilen ein sechsjähriges Mägdlein bekennt, wie daß sie diesen Wachsrauber im wirklichen Diebstahl ertappet habe, das hat den h. Mann also verwirrt gemacht, daß er sich zu Gott gewendet und wehemüthig sein Elend beklaget. O mein liebster Jesu, Alles, Alles will ich gern und erbietig wegen deiner ausstehen, bin willig, alle Kreuz und Drangsal deines heiligsten Namens wegen zu leiden; allein, o mein Gott, verhäng' nur solche Sachen nit über mich, quae meam exstinguunt famam, »die mich um meinen guten Namen bringen!«

Dann in aller Wahrheit nichts Kostbarers, als ein guter Name. Auch ein baarfüßiger Geistlicher, welcher in einem rauhen Sack stecket, und mitten in der evangelischen Armuth sitzet, der schätzet sich gleichwohl reich, wann einer einen guten Namen hat. Dahero kein größerer Dieb, als welcher einem die Ehr stiehlt.

Weilen der David ein friedliebender König war,[370] also hat er zu dem neuen König Hanon seine Abgesandten geschicket, damit solche anstatt seiner die Trauer-Complementen wegen des Todes seines Herrn Vaters ablegten, und beinebens ein neues Friedens-Verbündnuß möchten eingehen. Wie nun besagte Legaten bei dem moabitischen Hof ankommen, so haben die Herren Ministri über solche Gesandtschaft verdächtige Gedanken geschöpfet, und in den Argwohn gerathen, als sehen solche heimliche Ausspäher. Dahero den König so beweglich dahin beredet, daß er gedachten Gesandten den Schimpf angethan, massen er ihnen ihre langen Röck, worunter sie nach Landesbrauch keine Hosen tragen, hat lassen abschneiden bis auf die Backen: das war ein überaus großer Schimpf. Die armen Herren haben sich dessen schier zu todt geschamt; sie hätten von Herzen gern Schurzfell' getragen, wie die Berg-Knappen, so es ihnen nur wär erlaubt gewest. Ueberdas hat noch der muthwillige König einem jeden aus ihnen den Bart halben Theils lassen abscheeren, und also verschimpft wieder zurück geschickt. Wie nun der David gesehen, daß ihnen die Schwindsucht auf einer Seite in den Bart kommen, daß sie halb Haar, halb gar, halb Bark, halb schwart, halb butzet, halb gestutzet; so hat er ihnen alsobalden geboten, sie sollen so lang und so viel zu Jericho verbleiben, bis ihnen der Bart wieder wachse. »Manete in Jericho, donec crescat vobis barba.« Unterdessen sammlet er in aller Eil eine namhafte Armee zusammen und zieht wider die Ammoniter, den angethanen Schimpf seiner Gesandten zu rächen. Aber laß dir sagen, mein König David, es scheint sehr rathsam, daß du diese [371] Männer auch mit dir in das Feld nehmest; dann sie werden vor allen anderen ritterlich streiten, ihren angefügten Spott zu rächen, sie werden streiten wie die Löwen, sie werden kämpfen als wie Tieger, sie werden fechten als wie die Martes, streiten ohne Aufhören, kämpfen ohne Unterlaß, fechten ohne Zagheit, bis auf den letzten Bluts-Tropfen werden sie kämpfen, bis zur Erhaltung der Victori werden sie streiten, bis zum Untergang des Feindes werden sie fechten: lasse sie also mit dir ins Feld, zu streiten, kämpfen und zu fechten. Nein, nein! sagt David; ich will nit, ich mag nit, sagt David, sondern bleibt's zu Jericho, bis euch der Bart wachset. Und wird derenthalben keine andere Ursach beigefüget, als diese: damit nemlich besagte wackere Herren bei ihrem ehrlichen Namen und Reputation verbleibten. Dann es ist gewiß, wann sie also mit halbeter Maul-Parocka an etlichen Orten wären durchmarschiert, so hätten die ehrabschneiderischen Leut unfehlbar allerlei Spottreden ausgossen. Schau, schau! hätten sie gesagt, diese haben gewiß etwas gestift, seynd gewiß Kriegs-Offizier, und haben denen armen Soldaten das Ihrige abgestohlen, oder sie haben bei dem Feind einen Hasen gehetzet, oder haben mit dem Feind einige Correspondenz geführet. Damit sie dann nit in ein so übles Geschrei geratheten, hat sie David in der Stadt Jericho zu verbleiben beordert. O ehrlicher Mann!

Schön seyn wie Rachel, und nicht ehrlich seyn, [372] ist nichts seyn; weis' seyn wie Salomon, und nicht ehrlich seyn, ist nichts seyn; stark seyn wie Samson, und nicht ehrlich seyn, ist nichts seyn; reich seyn wie Nabuchodonosor, und nit ehrlich seyn, ist nichts seyn; mächtig seyn wie Pharao, und nit ehrlich seyn, ist nichts seyn; aber arm seyn, und ehrlich seyn, ist über Alles seyn. – Der Zibeth von Zeilon schmecket nicht so wohl, die Nägerle von Molucca reichen nit so wohl, die Ambra von Mosuch riechet nit so wohl, der Bisam von Pegu riechet nit so wohl, der Spicanard von Cambria riechet nit so wohl, der Cassia von Calecutt riechet nit so wohl, der Weihrauch von Arabia riechet nit so wohl etc., als da riecht ein guter Name. – Die Glocke zu Moscau mit 336 Centner hat einen schönen Klang, die Glocke zu Lugdun mit 250 Centner hat ein lieblichen Klang, die Glocke zu Tolosa mit 500 Centner hat einen herrlichen Klang, die Glocke zu Rotomagi in Frankreich mit 36000 Pfund hat einen annehmlichen Klang; aber ein ehrlicher Nam' hat weit einen schöneren, lieblichern, herrlicheren und annehmlicheren Klang und Nachklang. Derentwegen ein guter Nam' einem jeden ist lieb; der solchen stiehlt, der ist ein Dieb.

Pasquinus, oder wie Etliche schreiben, Pasquillus, war ein Schneider zu Rom, und zwar ein Hofschneider selbsten. Dieser ist ein solcher Schmähler und unverschämter Ehrabschneider gewest, daß er fast männiglich übel nachgeredet; die Hof-Herren nit,[373] die Cardinäle nit, sogar die Papsten selber nit verschont, worvon es kommen ist das gemeine Sprichwort, so oft eine ehrenrührische Schrift ohne Autor gefunden worden, so hat's geheißen; der Pasquillus hats gethan. Nach dem Tod des sauberen Schneiders hat man ungefähr eine steinene Bildnuß, welche einen Fechter vorstellte, bei seinem Haus ausgegraben und an gedachtem Ort aufgericht. Diese Statue hat der Pöbel durch gemeinen Scherz den Pasquill genennet; und weilen solcher Gesell bei Lebens-Zeiten jedermann übel nachgeredet, also hat er auch solches nach dem Tod nicht gelassen, massen, allerlei Schimpf-Schriften, Spott-Büchel, ehrabschneiderische Epigrammata daselbst angeheftet worden, und noch auf den heutigen Tag läßt dieser Ehrenstutzer sein Schmähen nit.

O wie viel hat dieser Pasquillus Brüder Schwestern! Bei jetziger Zeit, wann ich mich könnt unsichtbar machen, wie durch göttliche Beihilf sich unsichtbar gemacht haben die h. Ida, der h. Mart. Lucianus, der h. Abt Columbanus, der h. Franciscus de Paula, der h. Gregorius Thaumaturgus, der h. Vincentius Ferrerius etc., und viel andere mehr, so wollte ich einen Schreibzeug zu leihen nehmen von jenem weißbekleid'ten Mann, welchen der Prophet hat wahrgenommen, und mich also zu dieser und jener Mahlzeit begeben, allda Alles, was wider die Ehr des Nächsten ausgossen wird, gar emsig aufzeichnen: ich würde in der Wahrheit finden, daß dermalige [374] Mahlzeiten Schmalzeiten, und jetzige Convivia Convicia sollten genennet werden.

Unter anderen Plagen, welche der gerechte Gott über den Pharao ergehen lassen, war nit die mindeste die große Menge der Frösch, welche nit allein auf der Gasse, sondern in der Stube, in der Kammer, bei der Tafel die größten Ungelegenheiten verursacheten. Kaum daß man eine Schüssel hat abgedecket – pätsch, da war schon ein solcher grünhoseter hinein gesprungen! Pfui, der Schinder freß solche Brocken! Auf allen Tellern hupfeten diese großmauligen Quacketzer herum. Das Frauenzimmer ist dazumal wohl nit nackend um den Hals gangen; dann diese kalten Lachentrescher auf allen Achseln ohne Spielleut herum getanzet. Unter währender Mahlzeit war nichts zu hören, als das verdrießliche Qua, Qua, Qua. O liebster Gott! wo, wie, wann ist dermalen eine Mahlzeit, allwo nit allein Freßgoschen – die giengen noch hin – sondern auch Fröschgoschen gefunden werden, welche immerzu über andere Leut quacketzen und ihnen die Ehr abschneiden! Bei der Mahlzeit des Königs Herodis war nit genug, daß man Gesottenes, Gebratenes, Gebackenes, Geröstes, Gebeiztes, Gespicktes, Geküchletes, Gesulztes, Gesalztes, Geschmalztes hat aufgesetzet, sondern man mußte auch auftragen in einer Schüssel das Haupt Joannis Baptistä. Diesem mörderischen Tieger seynd wir öfters nicht ungleich, weilen nemlich unsere Lust und Gust nicht vergnüget ist mit [375] sauren, mit süßen, mit warmen, mit kalten Speisen; sondern es muß mehrmalen ein Haupt darbei seyn, ja die größten Häupter der Welt, Papst und Kaiser, und zählt man diese nicht unter die Richten, so müssen sie doch gehören zu dem Ausrichten. Mit einem solchen schmutzigen Maul hatte Herzog Otto von Brandenburg, wie er von dem Bischof Ludolpho excommunicirt worden, nit allein gedachten h. Mann, sondern auch den päpstlichen Stuhl angriffen, auch scherzweis' dem Hund ein Stuck Fleisch vorgeworfen, mit Vermeldung, er habe gehöret, daß auch die Hund kein Stuck Brod oder Fleisch von einem Excommunicirten annehmen; welches auch in aller Wahrheit geschehen, massen der Hund bei der Tafel das vorgeworfene Fleisch nit allein geweigert, sondern auch nach dreitägigen Fasten von diesem Otto keine Speis' wollte annehmen. Wie oft muß der römische, Kaiser, unser allergnädigster Herr, Herr und Landsfürst, welcher doch ein Gesalbter des Herrn ist, unter solche üble Zungen gerathen, welche weit freventlicher, als der David dem Saul, seinen königlichen Purpur stutzen und beschneiden.

Joannes Eusebius schreibt, daß in Spanien, in der Stadt S. Dominici Calciatensis durch Beihilf des h. Jacobi zu Beweisthum der Unschuld eines Jünglings ein gebratener Hahn und Henn' sey zu dem Leben erwecket worden, welche man nachgehends in die Kirche daselbst gesperret. Diese lebeten nit länger als 7 Jahr. Nach verflossener solcher Zeit [376] haben sie ein Hänl und Hienl ihrer Farb hinterlassen, und diese nach 7 Jahren wieder andere, und verharret dieses Wunder noch bis auf den heutigen Tag; dahero alle Kirchfährter, deren viel Tausend und Tausend, pflegen von diesen eine Feder zu einer Gedächtnuß auszuropfen, und gleichwohl manglen ihnen nie die Federn durch ein ewiges Wunderwerk. Diese müssen viel leiden wegen ihres öfteren Ropfens; aber ich versichere einen, daß der römische Adler noch mehr geropfet wird, und will anjetzo zuweilen eine schlechte geschmierbte Goschen bei der Mahlzeit eine Schmählzeit begehen. Wann ich Kaiser wäre, heißt es, Ofen wäre mir nichts, gleich so viel, als wann man einen Bettelbuben in die Höll wirft: innerhalb 2 Monat soll Constantinopel mein seyn. Man greift die Sach an, wie der Aff' die gebratenen Kösten etc. Ei du gewaltiger Zungen-Schmid, wann du Constantinopel so geschwind sollst erobern, wär nachmals billig und recht, daß man solcher großen Stadt Constantinopel den Namen sollt verändern, und anstatt Constantinopel deinetwegen Stultinopel nennen. Ein anderer sagt: was? hätt' ich die kaiserliche Armee, Griechischweißenburg müßt sich verkriechen, Essek müßt heißen Gehweck, Wardein müßt heißen Wieder mein; ich wollt' den Türken bis nach Babylon treiben, und alldort, wo alle Sprachen herkommen, ihn gewiß lehren [377] deutsch reden. Unsere Rathschläg gehen wie der Meister Limax über die Brucken. Ei du gewaltiger Philosophus; Cato und Plato ist deines Gleichen nit, wohl aber Matto. Wann eine ehrabschneiderische Zunge ein Degen wär', so wollt ich selbst darmit, wo nit die Stadt Lugdun, wenigstens die Vestung Lugenburg einnehmen. Wann du so gut bauen könntest, als du schneiden kannst, sodann würdest du mit der Zeit berühmter werden, als der tapfere Scanderberg. Dergleichen Haus-Hund und Schmaus-Hund ihr Bellen verschonet auch eines Löwen nicht, dessen Großmüthigkeit aber solche weniger achtet als des Samsons seinen Mundschenk; dieser war ein Esels-Kinnbacken.

Die Tafel meines heil. Vaters Augustini finde ich in keinem Saal, in keiner Tafelstube mehr. Auf derselben waren folgende Worte verzeichnet:


Quisquis amat dictis absentum rodere vitam,
Hanc mensam vetitam noverit esse sibi.

»Wann du, o Nasenwitz,

Willst übel einen bschreiben:

[378]

So hast du da kein' Sitz,

Und kannst du wohl ausbleiben.«


Dergleichen Wort find' ich an wenigen Ort'. Bei der Tafel des reichen Prassers waren die Hund unter dem Tisch und nagten die Beiner, nachmalens haben sie dem armen Lazaro vor der Hausthür das Geschwür abgelecket: o wohl gute Hunds-Zungen! Vieler, vieler Menschen Zungen seynd weit anderst beschaffen bei der Tafel und Essens-Zeit, welche nit allein ihren Nächsten die Geschwür einer oder der andern Unvollkommenheit nicht heilen, sondern dem ehrlichen Namen noch neue Wunden versetzen. Die schöne Bildnuß des Königs Nabuchodonosoris hat ein kleines Steinl also getroffen, daß, ungeacht das Haupt vom besten Gold, die Brust vom schönsten Silber, der Leib von Metall etc., gleichwohl Alles zu Trümmern gangen. Bei einer Tafel und Mahlzeit thut sich öfters ein kleines Wörtel hervor, welches auch, wie besagtes Steinl, die Bildnuß eines ehrlichen Namens, dessen Haupt von Gold, verstehe ein Haupt-Lob, gänzlich und spöttlich zertrümmert. Ein solches ist dasAber, ein solches ist das Wann, ein solches ist das Gar.


Aber, wann und gar

Ist des Teufels Waar'.


Dieser Herr ist nichts als gelehrt, so gehet die Red, er hat fast die Wissenschaft eines Salomons, ja ich glaube, wann man die Abschnitt von seinen [379] Näglen sollte säen, es würden Baccalaurei daraus wachsen; er hat in allen Sachen die beste Erfahrenheit, und weiß so manierlich seinen Kram nach einer jeden Elle zu messen; bei allem diesen ist er nit stolz; ein anderer thät und wollt dessentwegen allzeit oben schwimmen, wie das Pantoffel-Holz, aber diesem schaut die Demuth aus den Augen: ich vermein wahrhaftiger habe von seiner Amme nichts als lauter Honig gesogen; wohl ein braver Herr, das ist wahr! Aber, aber, wie ein Teufel auf die Seel, so geht er auf das Geld. So krumme Finger als er hat wegen des Podagra, so schlägt und spielt er dannoch gern auf dem Regal, will sagen: Regaliren und Geld gelten viel bei ihm.

Die Fräule, oder die Jungfrau, die ist wohl ein herziges Kind; o wie schon ist sie! sie hat wohl nit Ursach wider ihre Natur zu klagen; auf mein Gewissen, in Indien thäte man's für eine Göttinn anbeten; zwar es manglen bei uns auch noch nit solche Abgötter etc. Sie ist darneben eine stattliche Wirthinn: Bruder, glaub mir darum, sie siehts der Kuh in den Augen an, wie viel sie Milch gibt; sie ist achtsam und wachtsam auf Alles; ich wollt nit schwören, ob sie nicht auch mit offenen Augen schlafe, wie die Hasen: ihres Gleichens seynd in der Wahrheit wenig zu finden.Wann, wann – sie nur nit so teuflisch bös wäre. Bekommt sie einmal einen Mann, so wird sie mit ihm umgehen, wie die Bauren mit [380] dem Felberbaum; sie singt den Discant, daß einem die Augen übergehen.Wann sie nur das nit hätte. Ich höre – da geredt – sie sey schon zweimal in die Fraiß vor lauter Zorn gefallen.

Diese Frau könnt nit besser seyn, sie thut fürwahr keinen Hund beleidigen, will geschweigen einen Men schen, sie bet' bald mehr, als der König David, ich hab mein Lebenlang kein ungeduldiges Wort von ihr gehöret, sie hätten's auf mein Wort wohl sollen Agnes taufen. Ich glaube, sie hab keine Gall wie die Tauben, ein Schelm bin ich, wann sie sollt einen ganzen Korb Holz-Aepfel essen, sie könnt kein sauers Gesicht machen! Sie ist nur gar, gar zu gut! Es ist gleich, ihre Tochter thue buhlen oder spulen, so sagt sie ihr nichts, – gar zu gut! Die mittere Tochter, die Sabinl, lauft in alle Wirthshäuser wie ein Kramerhündl, und sie sagt ihr nichts; ich wollt ein solches Zoberl und saubers Früchtl besser finden; aber sie thut ihr nit so viel, sie ist gar, gar, gar – du verfluchtesGar, du teuflisches Wann, du vermaledeitesAber, wie manche Ehren-Statue hast du schon zu Boden geworfen! O wie recht dann jener gesaget:


Aber, wann und gar

Ist des Teufels Waar.


[381] Ihr arme Geistliche, absonderlich ihr Prediger, ihr habt gar nit Ursach euch zu beklagen wegen der strengen Fasten, welche euch die hl. Regul und Ordens-Satzungen aufbinden: ihr seyd Sonntags und Feiertags, ja so oft ihr prediget, bei den Mahlzeiten, öfters aber nit gespeist, sondern ihr müßt andere speisen, indem ihr oft manchen auf die Zunge kommet. – Die Kinder der Propheten zu Zeiten Elisäi haben anstatt der guten Kräuter wilde Coloquinten gesammlet, und dieselben nachmalens in einem wilden Topf gekochet. Wie nun diese heißhungrigen Tropfen mit den Löfflen darein gefahren, und aber vermerket, daß selbige Speis' wie lauter Gall so bitter, haben sie hierüber krumme Mäuler gemacht: Mors in olla! Wie mancher macht ein krummes Maul über eine Predigt: es schmeckt ihm solche nit.

Der Patriarch Abraham hat dem allmächtigen Gott eine dreijährige Kuh aufgeopfert in dem Tempel, dieselbe geschlacht' und von einander getheilt. Nach solchem seynd die Vögel mit allem Gewalt auf dieses Fleisch und Opfer geflogen. Et abigebat eas Abraham: »Abraham vertrieb aber dieselbigen Vögel«. O mein liebster Patriarch, so hast du eine so große Plag gehabt wegen der Vögel! Ich kenne einen Prediger, der tragt, ob zwar unwürdig, deinen Namen: Dieser hat öfters seine Predigt als ein Opfer Gott dem Herrn in dem Tempel aufgeopfert; aber es seynd ihm auch gar oft die Vögel darüber kommen! Was für Vögel? etwann Nachtigallen? O nein, nein! viel ehender Nachteulen, [382] die alles Licht blendet. Was für Vögel? etwann Buchfinken? O nein, nein! viel ehender Misifinken! Was für Vögel? etwann Falken? O nein, nein! ehender Schalken! Was für Vögel? etwann Staaren? O nein, nein! ehender Narren! Was für Vögel? etwann Raben? O nein, nein! ehender Rabenvieh! Was für Vögel? Ich will offenherzig bekennen: In dem Herzogthum Steiermark gibt es eine gewisse Art der Vögel, die nennt man die Schnell-Vögel, seynd fast in der Größe eines Finken. Schnell – sollt ich sagen Schmähl-Vögel, Spott-Vögel, Erz-Vögel und ehrabschneiderische Zungen, diese seynd öfters über die Predigt kommen, dieselbe elender zugerichtet, als die Mörder jenen armen Tropfen, welcher von Jerusalem nach Jericho gereist ist. Sie haben nit allein die Predigt, sondern auch den Prediger schwärzer gemacht, als da gewest ist des Mosis sein Weib, die Sephora. Grausam ist gewest, wie die Bären so viel böse Buben zerrissen in Gegenwart des Propheten Eliä; aber fast grausamer scheint, wann einen nit die Bären, sondern die Bärenhäuter und Ehrenstutzer also tractiren und transchiren etc.

Die Hebräer haben dem Herrn in allen Winklen übel nachgeredet, wie auch seinen Apostlen. Denen seynd nicht ungleich alle diejenigen, welche ehrenrührische Wort und Reden ausgießen über die Geistlichen und Diener Gottes. Man hat dem hl. Athanasio, einem so vollkommenen Bischofen, übel nachgeredet, und von ihm aufgebracht, als habe er den Bischof Arsenium umgebracht. Man hat dem hl. Aetherio die Ehr abgeschnitten, daß er mit einem öffentlichen Schlepsack habe gesündiget. Man hat dem hl. Carmeliter Angelo [383] ganz lugenhaft aufgebracht, daß er ein lauterer Gleißner und Hauptlügner sey. Man hat dem hl. Arnulpho, Bischofen zu Metz, spöttlich nachgeredet, daß er verbotene Buhlschaft treibe mit der Königinn. Man hat öffentlich ausgesagt: der hl. Dionysius von Alexandria sey ein Erz-Schelm. Man hat von dem hl. Daniel Stylita unverschamt gelogen, als habe er Batianam zu einem Beischlaf angefordert. Man hat dem hl. Papsten Cornelio aufgebracht, daß er mit denen Abgöttern halte. Man hat den hl. Diaconum Cäsareum für einen Hexenmeister und Zauberer allenthalben ausgerufen. Man hat dem hl. Alexandrinischen Macharo übel nachgeredet, als habe er ein junges Mägdl verführt. Man hat dem hl. Papsten Sylverio die Ehr abgeschnitten, daß er durch Geld-Mittel die Schlüssel Petri erkaufet. Man hat so vielen Tausenden so viel tausendfache Spottreden erdicht und angehänget, der Geistlichen Wandel übel verkleinert, verleumdet, verschwärzet, und noch ist kein Ordens-Stand sicher von dergleichen Spottreden.

Der heil. Hieronymus war Leib halber ein lauteres Beinhaus, war Seelen halber ein lauteres Gotteshaus, war Verstand halber ein lauteres Rath-Haus, der hl. Hieronymus hatte keine andere Buhlschaft, als die Buß, diese war seine Liebste; er hatte keine andere Liegerstätt, als den harten Felsen; er hatte keine andere Tafel, als etliche harte und geschimmelte Bissen Brod; er hatte kein anderes Kleid, als einen härenen Sack; und gleichwohl hat man ihm übel nachgeredet, als habe er zu große Freundlichkeit mit der Paula, welche doch ein uraltes Weib war, dero [384] Angesicht voll mit Falten und Spalten. O verfluchte Läster-Zunge! so scheuest dich auch nicht, dein Gift auf den Schein der Heiligen auszuschütten?

Von der heil. Liobe, einer Aebtissinn, wird Folgendes sehr denkwürdig geschrieben: Eine unbarmherzige Mutter hat ihre eigene Leibesfrucht in ein Wasserbächlein geworfen, welches aus dem Kloster dieser Aebtissinn heraus lief. Wie nun der todte Leichnam dieses Kindes gefunden worden, waren gleich einige Spott-Vögel vorhanden, welche diese fromme Nonne nit nur allein in gewissen Argwohn gezogen, sondern gar mit unbefugten Spottreden dieselbige durchgelassen, wie daß diese Nonne sich hätte vergnügen sollen lassen, das Amt einer Mutter zu vertreten, und das arme Jungfrau-Kindl in einem so grausamen Bad nit hätte sollen ertränken: die Schwester Barbara hätte nicht sollen so barbarisch seyn, die Schwester Martha hätte nit sollen so marterisch seyn, die Schwester Christina hätte nit so unchristlich sollen seyn, und das arme Tröpflein mit so viel tausend Tropfen ertränken! Es sey schon das genug, daß das Kloster so fruchtbar, und eine aus ihnen eine ehrwürdige Amme worden; hätten also nit so unmenschlich sollen mit einer Geistlichen umgehen! O Schelm schneide! Solches Geschrei kommet, wie zu geschehen pflegt, von einer argwöhnischen Zung zu der andern, und folgsam von einem Ohr zu dem andern, wie dann dergleichen Schimpf-Reden erst den besten Nachdruck geben in den Gemüthern der Zuhörenden, daß es auch endlich der Aebtissinn schmerzlich zu Herzen gieng, welche dann, ihre unschuldigen Töchter zu trösten, an einen Ort zusamm berufen, allwo sie alle mit kreuzweis' [385] ausgespannten Armen vor einem Crucifix-Bild auf die Kniee niedergefallen und ihrer lieben Mutter den Psalter nachgebetet, welche zum öftern jene des Davids klagende Wort' wiederhohlet: Psalm 108: »Herr mein Gott, siehe die Läster-Zungen derjenigen, so dich verunehren, seynd über deine Dienerinn ergangen!« Diese Klag wegen des geschändeten ehrlichen Namens hat Gott den Herrn dahin bewegt, daß er alsobald verhängt, daß der böse Geist die Mörderinn des Kinds so lang gepeiniget, bis sie öffentlich ihre Missethat bekennt, und die arme Nonne in ihren vorigen Ruhen den guten Namen wieder bekommen.


Sonsten pflegt man nur zur österlichen Zeit geweihte Speisen zu essen; aber der Zeit ist es schon so weit kommen, daß man das ganze Jahr hindurch geweihte Bissel unter die Zähn' bringt, und diese seynd die Geistlichen und in Gott geweihte Personen, welchen fast ein jedes Klappermaul will einen Schandfleck anhängen. – Gegen den frommen Diener Gottes Tobiam den jüngern hat ein Fisch, welcher zum Gestad hinzu geschwummen, das Maul erschrecklich aufgerissen, daß hierüber Tobias solchergestalten erschrocken, daß er an Händ und Füß gezittert, und nit anderst vermeint, als wolle er ihn verschlicken. Wie viel dermalen gibt es solche Fisch, ich will sie nit nennen Stockfisch, welche da immerzu ihre Mäuler aufreißen wider die Geistlichen; aber der gerechte Gott wird sie billig strafen: dann seynd so grausam gezüchtiget worden jene unerzogenen Buben, welche Elisäum nur einen Kahlkopf gescholten, wie viel mehr wird er diejenigen zur Straf ziehen, welche nit [386] allein spottende, sondern auch ehrenrührische Reden denen Geistlichen anhängen.

Zur Zeit des kranken Königs Ezechiä ist die Sonnen-Uhr des Achaz zurück gangen. Das war ein großmächtiges Wunder, daß diese Uhr zuruck gangen; aber glaub du mir, es ist nit weniger ein großes Wunder, wann (mit Ehren zu melden und zu vermänteln) eine Uhr zuruck gehet und sich bessert. Dergleichen Wunder haben sich gleichwohl durch sondere göttliche Hilf schon etlichmal begeben, absonderlich mit der Samaritaninn; dann wie Christus nach Samaria kommen zu der Stadt Sichar, und außerhalb derselben bei einem Brunnen wegen Mattigkeit sich niedergesetzet, da ist ein Weib aus gedachter Stadt heraus gangen, von solchem Brunnen das Wasser zu schöpfen. Unterdessen aber hat der Heiland alle seine Jünger und Apostel in die Stadt geschicket, nothwendige Lebens-Mittel einzukaufen. In dero Abwesenheit hat er mit obbemeld'ter Samaritaninn einen Discurs, und zwar unter andern hat er ihr offenbaret die allerheimesten Sünden, wie daß sie eine lautere Et caetera sey; durch welche Entdeckung ihrer Missethaten sie an Christum geglaubt, und nachgehends eine Heilige aus einer Heillosen worden. – Aber mein Jesu, warum schickest du alle Apostel in die Stadt hinein? ich glaubte, es wäre ja einer genug; man thut bei der apostolischen Tafel nit so wohl tractiren: der Judas, als Ordinari-Procurator, hätte den Zecker schon allein können tragen! Deßwegen, spricht der gelehrte Sylvaria, hat unser Herr alle Apostel von sich [387] geschafft, dieweilen er in Willens gewest, diesem Weib ihre heimlichen Laster zu offenbaren, – aber ganz in der Still, damit solches nit lautmaulig werde, und sie also bei den Leuten in kein übles Geschrei möchte kommen: derentwegen sollen es die Jünger des Herrn nit hören. O gütigster Jesu, du willst so gar nit, daß man von dem Nächsten solle was Böses reden, welches auch wahr ist, aber noch in der Geheim! was sagst du denn zu demjenigen, so in aller Unwahrheit einem etwas aufbringen, und was übels von ihm dichten? O verfluchte Zungen! Hirschzunge ist ein gewisses Kraut, auf lateinisch Splenium genannt, diese Hirschzunge thut über alle Massen heilen. Aber Menschen-Zunge thut das Widerspiel, weilen diese über alle Massen verwundet, absonderlich die Geistlichen.

Zu Jerusalem war ein Schwemm-Teich, auf hebräisch Bethsaida genannt. Um diesen Teich waren 5 Schupfen gebauet, worunter eine große Anzahl der kranken und presthaften Leute gelegen, welche alle mit sonderer Wachsamkeit gewart' haben, bis der Engel gedachtes Wasser beweget hat: alsdann ist der erste, so hinein gestiegen, von allen Krankheiten, Schäden und üblen Zuständen erlöset worden. Allem Vermuthen nach ist dieser Engel der Raphael gewest. Nun entstehet die einzige Frag, warum der Engel solchen Schwemm-Teich ganz trüb habe gemacht? Damit man nicht habe können sehen, – meldet der h. Joannes Chrysostomus, Nissen. Abbas Buch 7 – die elenden Geschwür, offenen Schäden, grauslichen Wunden, wilden Tipel, abscheuliche Krätzen und garstige Zuständ dieser armen Tropfen; dann durch das trübe Wasser [388] wurde alles dieß, wie mit einem Mantel bedecket. – Von diesem Engel sollen wir lernen unsers Nächsten seine Mängel und Unvollkommenheiten zu verdecken, vertuschen, verhüllen, verbergen; ja wir seynd schuldig, die Wunden zu verbinden, wie jener fromme Samaritan gethan an dem armen Tropfen, der unter die Mörder gerathen; wir sollen des Nächsten Schand nach Möglichkeit zudecken, wie gethan die 2 wohlgerathenen Söhn an ihrem Vater Noe, nemlich Sem und Japhet; wir sollen des Nächsten Mängel vergraben, wie gethan hat der alte Tobias an dem Todten; – aber schau du mir die jetzige verkehrte Welt, welche nicht allein des Nächsten Fehler nit verberget, sondern auch die verborgenen mit allem Ernst eröffnet! Die Leut seynd dermalen wie der Gockelhahn: wann dieser etwann einen halben Tag im Mist grablet und kratzet, und endlich ein einiges Körnl findet, da gehet das Ga, Ga, Ga an, da schreit dieser Schnabel-Hans und stolze Federhans, daß das ganze Haus muß hören. Etliche grablen und grüblen so lang nach, bis sie an ihren Neben-Menschen einen Mangel finden: alsdann muß diese Waar öffentlich ausgelegt werden; man schreit's aus, man schreibts aus, man lieferts, man trifterts, und die Red wächst wie der Schnee, den die bösen Buben auf der Gasse zusamm rollen, welcher alleweil größer und größer wird. Die Leut seynd jetziger Zeit wie die Egel, welche aus dem Menschen nur das üble und unreine Blut heraus sutzlen und saugen: also seynd gar viel anzutreffen, die nur auf die Fehler des Menschen Acht geben, und mit seine Tugenden erwägen. Die Leut seynd anjetzo [389] wie die Dornhecken, welche keinen lassen vorbei gehen, den sie nit ropfen.

Dem h. Udalrico, Bischofen zu Augsburg, pflegt man einen Fisch beizumalen, und zwar folgender Ursach halber: weilen ihn auf eine Zeit ein anderer h. Bischof heimgesucht, also hat er ihn aus obliegender Schuldigkeit mit einem guten Nachtmahl empfangen, und war es an einem Donnerstag. Indem sie aber beede wegen des geistreichen Gesprächs also vertieft waren, daß sie bis fruhe Morgens am Freitag bei der Tafel gesessen, und ohne einziger Berührung der Speisen sich allein sättigten mit himmlischen Worten; unterdessen aber ist ein Bot' ankommen von dem Herzog, in Bayren mit Briefen zu dem h. Udalrico, welchen der h. Mann alsobalden lassen vorkommen, und nach etlichen Fragen ihm ein ziemliches Stuck vom Gebratenen dargereicht, unvermerket daß es schon der Freitag wäre. Besagter Bot schiebt solches gebratene Trinkgeld in den Sack, und eilet schleunigst wieder nach Haus zu dem Herzogen. Er konnte aber das Maul nit gnug aufreißen wider die heiligen Bischöf. Was? – sagt er, – Durchleuchtigister Herzog, ihr glaubet, der Bischof Udalricus sey heilig? ja wohl heilig, es müßt ihn nur ein Wirth oder ein Koch canonisiren; ja wohl heilig, seines Gleichen find't man auf einem jeden Bauren-Kirchtag! ja wohl heilig, wann Fressen und Saufen heilig machet, so frimme ich mir morgen einen Schein an [390] bei dem Goldschmid. Ist das eine Heiligkeit, am Freitag Fleisch essen? denn ich kann hierinfalls einen Eid ablegen, daß ich gedachten Bischofen Ulrich samt noch einem andern ertappet habe. Was mehr, ich habe noch von seinen eigenen Händen eine gute Portion Gebratenes empfangen. Greift also in den Sack, und will es zu größerem Beweisthum und Augenschein dem Herzog zeigen; zieht aber durch göttliches Wunder aus dem Sack nicht ein Stuck Fleisch, sondern einen Fisch. Worüber er schamroth worden, dem h. Mann es mit gebogenen Knien abgebeten, und eine sondere Reu erzeigt, daß er denen heiligen Leuten die Ehr also abgeschnitten.

O Maul, o Maul, wie wirst du doch einmal, büßen deine Sünd! Des Loths seinem Weib ist das, Zuruckschauen schädlich gewest; aber dir ist das Zurucksehen nützlich. Schau und beschau deinen NamenMaul zuruck, so wirst du in der Wahrheit finden, daß es Luam heißt, welches der Lateiner gar wohl verstehet. Büßen wirst du es, wann du mit dem reichen Prasser in der Hölle die feurige Zunge heraus strecken wirst! büßen wirst du es, wann du mit dem Schwefel und Pech wirst ausgewaschen werden! Es ist solche Zung nit allein eine Verletzung des guten Namens; es ist solche Zung nit allein eine Verkürzung der Ehr; es ist solche Zung nit allein eine Besitzung oder Besatzung des Satans; es ist solche Zung nit allein eine Verschwärzung der Reputation, sondern [391] es ist forderist eine solche Zung eineStürzung in die Verdammnuß. Jesu Christi, deines Heilands, Bekleidung war auf dem Berg Thabor wie der Schnee, sicut nix. Dazumalen hat er seine himmlische Glorie gezeigt, als er wie ein Schnee bekleidet war. Also hast du keine Hoffnung zur himmlischen Glorie, du seyest dann wie der Schnee. Dieser hat die gute Eigenschaft und Natur, daß er auch alles Garstige zudecket und weiß bekleidet, auch (mit Ehren zu melden) einen Misthaufen verhüllet er. Deßgleichen mußt du alle wilden und schändlichen Fehler deines Nächsten, wann sie noch nicht offenbar seynd, verdecken. Aber wo geschieht solches? wann geschieht solches? in den Gesellschaften? Da gar nit; da gehet man mit des Nächsten Namen um, wie der Samson mit denen philistäischen Feldern; da gehet man mit der Ehr des Nächsten um, wie Moses mit den Tafeln der 10 Gebot', welche er zertrümmert; da gehet man mit der Reputation des Nächsten um, wie die Magdalena mit der Alabaster-Büchse, welche sie zerbrochen; da gehet man mit des Nächsten Ruhm und Glorie um, wie der Teufel mit dem Job, welchen er über und über verwundet; da gehet man mit des Nächsten Tugenden und Sitten um, wie der Gedeon mit dem Treid, welches er in der Scheuer ausgedroschen; da gehet man mit dem Wandel des Nächsten um, wie das evangelische Weibel mit dem Haus, welches sie mit dem Besen über und über ausgekehret; da gehet man mit dem Namen des Nächsten um, wie der Jakob mit der Ruthe, welche er halb geschält hat; in solcher Gesellschaft seynd die Wörter Schwerter, die Erzählung eine Verstellung, [392] das Parlare ein Burlare, der Diskurs ein Disgust, das Schwätzen ein Schwärzen, das Schmutzen ein Stutzen, das Lachen ein Verlachen, und gar oft eine solche Zusammenkunft ist des Teufels Zunft.

O unbehutsamer Mensch mit deiner Zung! gehe hin, verklienere deinen Nächsten, wisse aber, daß solche Verklienerung eine Vergrößerung sey des göttlichen Zorns! gehe hin, und verschwärze den guten Namen deines Nächsten; wisse aber, daß du derenthalben werdest verzeichnet werden in das schwarze Buch der Verdammten! gehe hin, und schneide deinem Nächsten die Ehr ab; wisse aber, daß du dir die Hoffnung zur Seligkeit abschneidest! gehe hin, und gieße böse Wort aus über andere; wisse aber, daß du am jüngsten Tag keine anderen Wort von dem göttlichen Richter wirst hören, als diese: Ite maledicti in ignem aeternum, »Gehet hin in das ewige Feuer!« gehe hin, und bringe deinen Nächsten in ein übles Geschrei; wisse aber, daß du derenthalben wirst müssen das ewige Heulen und Zähneklappern ausstehen.

Judas der Erz-Schelm redet übel von Magdalena
[393] Judas der Erz-Schelm redet übel von Magdalena, welche doch dazumalen von Christo dem Herrn schon gelobet worden.

Wie Judas wahrgenommen, daß Magdalena eine so kostbare Salbe ausgossen, welche gar wohl um 300 Pfenning hätte können verkauft werden, wie er selbsten dafür gehalten, hat solches diesem Partitenmacher über alle Massen verdrossen, ja nach Meinung meines h. Vaters Augustini, hat er auch die anderen Apostel und anwesenden Jünger dahin beweget, daß sie auch haben angefangen zu murren; keiner aber mehr als Judas, welcher in allen Winklen des Hauses Simeonis, bei der Köchinn und Kuchelmenschern, bei Kammer- und Stubenmenschern gar spöttlich geredt über die Magdalena, was sie für eine saubere Madama sey; durch solche Salbung, wer weiß, was sie suche; es wundere ihn nur, daß der Herr Jesu möge eine solche beschreite Person zu sich lassen; ja, es komme ihm noch seltsamer vor, daß sein Meister dieses saubere Frauenzimmer habe gelobt! – O verfluchte Zung! Jesus lobte dazumalen schon Magdalena, deßgleichen ich auch.

Adam, was bedeut' der Schweiß auf dem Angesicht, die Hacken in den Händen, der Schaf-Pelz auf dem Leib, der Hunger im Magen, die Thränen in den Augen, die Seufzer auf dem Herzen, die Sorgen auf dem Rucken? was bedeut' diese deine Melancholei[394] oder Maulhenkolei? hab ich doch vermeint, du seyest ein Edelmann, jetzt sehe ich wohl, du bist ein Knödelmann! Ach Gott, sagt Adam, ein Weib, und zwar die meinige hat mir eine solche Wäsch zugericht!

Schöner Jüngling Joseph, was thust du im Stockhaus? du gehörest von Rechtswegen ins Rath-Haus! warum bist du gebunden mit eisenen Ketten, da du doch ganz guldene Sitten an dir hast? warum hast du keinen Mantel an, der du doch das Kleid der Unschuld noch tragest? warum wohnest bei unordentlichen Personen? Mein Gott, sagt Joseph, des Putiphars sein Weib hat mir ein solche Wäsch zugericht!

Starker Samson, vorhero habe ich dich gekennt, daß du ein starker Ries' bist gewesen, jetzt sehe ich wohl, bist du zerrissen; vorhero bist du deinen Feinden ein Spieß in den Augen gewest, anjetzo seynd dir die Augen ausgestochen; vorhero hast du mit einem Esels-Kinnbacken tausend Philistäer erschlagen, anjetzo schlagen die philistäischen Eselsköpf deine Backen selbsten mit manchem Backenstreich; vorhero hast du große steinene Säulen getragen, anjetzo bist du an eine Saulen gebunden. Wie kommt dieß? – Ach Gott! sagt Samson, ein Weib, mit Namen Dalila, hat mir eine solche Wäsch zugericht!

David, du bist ein lauteres Glücks-Kind gewest,[395] du hast die Bären erschlagen, die Haut darvon tragen, hast eine Joppen daraus gemacht, hast die Kälte ausgemacht. David hat den Goliath überwunden; du, und kein anderer. Wer hat die königliche Prinzessinn Michol bekommen? Du, und kein anderer! Wer hat die Arche des Herrn wieder glücklich zuruck gebracht? Du, und kein anderer! Wer hat allerseits lauter Victorie, Sieg und Glorie gehabt? Du, und kein anderer! Wie kommts dann, daß es dir anjetzo so übel gehet, daß der Urias todt, daß der Gewissens-Wurm dich immerzu nagt und plagt, daß dir die Augen voller Wasser stehen, daß jedermann über dich schmäht, und Gott selbsten dir ein finsters Gesicht zeiget? Ach Gott, sagt David, ein Weib mit Namen Bersabea hat mir eine solche Wäsch zugericht!

Salomon, du bist ja derjenige, so von Gott dem Allmächtigen eine große, ja eine größere denn andere, ja die größte Weisheit empfangen! alle Naturen und Eigenschaften der Vögel in der Luft, alle Natur und Eigenschaften der Fisch in dem Wasser, alle Naturen und Eigenschaften der Thier auf der Erde, alle Naturen und Eigenschaften der Kräuter hast du gewußt. Du bist gewest der beste Theologus, auch gewest der beste Philosophus, auch gewest der beste Jurist, auch gewest der beste Medicus; anjetzo aber bist du ganz närrisch und also bethört, daß du steinene, hölzerne und guldene Bilder anbetest! Ach – sagt Salomon, die Weiber, die Weiber haben mich in ein solche Wäsch gebracht!

Henricus Octa, König in Engelland, sagt und klagt auch dieses. Aber laß sagen, laß klagen![396] was diese spottweis' von den Weibern ausgeben, das sag ich zu größerer Ehr und Ruhm der h. Mariä Magdalenä: diese, diese hat eine saubere Wäsch zugericht, indem sie die Füß Jesu mit Thränen gewaschen; das ist eine solche saubere Wäsch, dergleichen die ganze Welt nie gesehen!

Es hat sich zugetragen, daß unser lieber Herr zu der Stadt Nain gleich dazumalen kommen, wie man zu dem Thor einen Todten heraus getragen, und es war dieser einer reichen Wittib einiger Sohn, dahero diese Leich eine große Menge Volks begleitet hat. Wanns ein armer Schlucker wäre gewesen, so wären über 3 oder 4 alte Weiber nit mitgangen. Es weinte die Frau Mutter dieses verstorbenen Jünglings über die Massen bitterlich, welches dann den Herrn Jesum dahin beweget, daß er alsobalden zu ihr getreten, sprechend: Noli flere! »Mein Weib, weine nit!« Hierüber rührt er den Todten-Sarg an, schafft dem Jüngling: Adolescens, tibi dico, surge: »Jüngling, ich sag' dir, stehe auf!« worüber alsobald der todte Jüngling aufgestanden und angefangen zu reden. Ob schon die Mutter dieses Sohns sehr alt war, so brauchte sie dannoch keine Brillen, weilen sie immer zu durch die Finger geschaut, und ihm also Alles nachgesehen. Diese reiche Frau war sehr gesparsam, bei ihr hat es geheißen, spir und spar! Spir heißt so viel als: suchet nach. Der Sohn hat diese 2 Wörter zuruck gelesen, da hat es nachmalens geheißen:Rips, Raps. Weilen dieser die Freiheit hatte, so hat auch folgsam nicht gemanglet die Frechheit, massen diese zwei Schwestern gar selten sich voneinander [397] scheiden. Albertus Magnus und Victor Antiochen schreiben, wie daß dieser Jüngling sey gewest ein Galan – und zwar sehr galant – des frechen Weibsbild Magdalenä, welche nur eine halbe Stund von der Stadt Nain ein Schloß gehabt, mit Namen Magdal. Gar vermuthlich ist es nur, daß erstgemeld'tes Frauenzimmer auch mit der Leich sey gangen. Indem dann der Herr Jesus diesen von den Todten auferwecket, und solcher gleich angefangen zu reden, »cocpit loqui,« also hat sie diesem Wunder samt dessen Reden beigewohnt. Die Reden aber dieses von Todten auferweckten Jünglings waren alle von der Ewigkeit.Ewig, ach ewig hätte ich sollen wegen meiner Sünden und Missethaten brinnen und brennen und braten in der Hölle, dafern mich Jesus, der wahre Messias, nicht erlöset hätte! Ewig, ach ewig hätte ich müssen beraubt seyn des göttlichen Angesichts, um weilen ich die Werk der Finsternuß geliebet hab, wann mich dieser wahre Gott und Mensch durch seine grundlose Güte nicht erwecket hätte!Ewig, ach ewig! – Dergleichen Reden haben das Herz Magdalenä durchdrungen, welches ohnedas durch das Predigen Jesu schon verwundet war, gänzlich umgekehret. O Ewigkeit, sagte Magdalena, du bist ein Meer ohne Grund, du bist ein Irrgarten ohne Ausgang, du bist eine Zahl ohne Ziel, du bist ein Lauf ohne End, du bist eine Länge ohne Maß, du bist eine Arithmetika mit lauter Nullen, Nula, nullus finis, nullus finis! o Ewigkeit, soll ich Magdalena eine so kurze [398] Zeit die Rosen brocken der zeitlichen Wohllüsten, und alsdann ewig die Dörner kosten! soll ich dann Magdalena eine kurze Zeit das Honig der Wohllüsten kosten, und nachmals ewig den bittern Kelch des göttlichen Zorns trinken? soll ich dann Magdalena mich auf eine Zeit bei den Venus-Flammen erlustigen, und alsdann ewig in den brennenden Schwefel-Teich sitzen und schwitzen? soll ich dann Magdalena wegen einer so öden und schnöden Thorheit mir eine solche ewige Wäsch zurichten? Allo, ihr Augen, resolvirt euch zu einer andern Wäsch! allo, mein Herz, ziehe an die Nerven! ihr Nerven, drucket meine 2 krystallenen Kugeln in meinem Gestirn! lasset rinnen! Wasser her, es brinnt schon in meinem Herzen, es brinnt die Lieb zu meinem Jesu! Wasser her, ich will eine andere Wäsch anfangen! Magdalena schlof also in ein Bußkleid, laufet, eilet, seufzet über die Gassen, unangesehen der Leut höchster Verwunderung, ungeachtet der Aufwärter Winken und liebkosenden Gebährden: lauft in das Haus des Pharisäers, fällt auf ihre Knie nieder, und waschet die Füß Jesu mit ihren Thränen. Wunder über Wunder! Ihr Engel, was sagt ihr darzu zu dieser unerhörten Wäsch? was sagt ihr zu dieser Laugen aus den Augen? alle üppige Anschläg Magdalenä seynd ihr zu Wasser worden! Magdalena hat eine Wäsch – was meint ihr Engel, werde sie aufzuhängen haben? Sie wascht, Magdalena wascht; die verruchten Hebräer aber werden die Wäsch aufhängen. Magdalena waschet die Füß Jesu mit Thränen. So [399] lang die Welt stehet, hat nie ein Weib eine solche saubere Wäsch zugericht. Sie küßt und büßt die Füß, und macht, daß das Bussen und Büßen eines werden.

Magdalena war diejenige, aus dero Christus 7 böse Geister vertrieben, das ist die 7 Todtsünden, wie es Anselmus und Andere auslegen. Mit einem Wort: sie war ein beschreites Weibsbild. Vielen gedunket es unglaublich zu seyn, was hier folget: Einer wird höflich eingeladen zu einer Mahlzeit, worbei er auch fleißig erscheinet, gablet und schnablet wacker darauf: es frißt dieser Trampel ein gebratenes ganzes Lamm, es schmaust dieser Schlegel ein ganz Duzend Vögel, es verzehrt dieser Tropf einen ganzen Kalbs-Kopf, einer jeden Pastete schlägt er das Dach ein, eine jede Torte thut er torquiren, von einer jeden Schüssel klaubt er die besten Bissel, er schoppt und schiebt den Leib an, wie einen Wanders-Pinkel, er schmauset wie eine Mäst-Sau, er schlampet wie ein Tatzbär. Nachdem er also den Hunger gestillt, den Magen gefüllt, die Speisen trillt, nach denen er gezielt; so wird er viel leichter seyn, als wie er nüchtern gewesen. Man kann es probieren an einer Katze, dieselbe vor und nach dem Essen wägen, so wird man unfehlbar wahrnehmen, daß die Katz, nachdem [400] dem sie 2 Pfund Fleisch verzehret, viel geringer und leichter wird seyn, als zuvor, da sie nichts geessen. Die Philosophi, mit Lactantio Firmiano, geben die Ursach, daß nemlich ein wohlgesättigter Mensch mehr Spiritus und Geister habe, als ein nüchterer, massen das Essen die natürliche Hitz, und folgsam die Spiritus die Geister vermehret, welche Geister nachmals den menschlichen Leib geringer und leichter machen. In Summa: die Weltweisen haben es allezeit gesagt, und sagen es noch, und werden es allzeit sagen, daß ein wohlgespeister Leib viel leichter sey, als ein nüchterer. Aber was sprechen die Theologi? diese halten fest darfür, daß ein angefüllter Leib viel leichter sey, als ein nüchterer. Ja, ja, vielleichter, aber auch viel leichtfertiger! Das hat erfahren Magdalena, als sie noch eine Sünderinn war: Es ist bald keine Mahlzeit gewest, worbei diese wegen ihrer frechen Sitten nit erschienen; und weilen ein Gastmahl und ein garstiges Mahl gemeiniglich beisammen, und der wampete Bacchus der cyprischen Göttinn Venus gar nit abhold, und wann die Flora den Baum schüttlet, so klaubt gemeiniglich der blinde Bub die Birn auf: also war auch das Essen undVermessen bei Magdalena so vielfältig, daß sie also ins gemein Peccatrix, die Sünderinn, genennet worden. Nachdem sie aber erkennt hat, was sie sich durch dieses freie, frische, freche Leben für eine Wäsch' in jener Welt zuricht, »ut cognovit;« nachdem sie durch göttliche Erleuchtung erwäget hat die Sünd, die Größe der Sünd; Ach peccavi! da [401] hats geheißen: o Gott, o Gott, dein schönstes Controfee, welches du mir hast angehängt, hab ich in den Koth geworfen! aus den Augen, welche du mir hast geben, damit ich aus denselben gläsernen Fenstern solle mit dem Noe keusche Tauben ausschicken, hab ich darfür fleischgierige Raben ausgesandt! o Gott, den Mund hast du mir geben, damit ich dich solle in dieser Instrument-Stube loben und preisen; ich aber habe denselben gemacht zu einer Schmide, worinnen Cupido seine Pfeil gespitzet! o Gott, du hast mir den Leib geben, damit ich denselben zu einem untergebenen Leibeignen der Seele mache; ich aber habe die Seel dem Leib dienstbar unterworfen! o Gott, was hab ich mir für eine Wäsch zugerichtet! Allo ihr Augen, richtet euch zu einer anderen Wäsch, gebt Wasser, laßt rinnen, netzet die Füß Christi, den ich Sünden halber so oft mit Füßen getreten! waschet die Füß Jesu, damit er mir am jüngsten Tag nit den Kopf wasche! waschet die Füß meines Heilandes mit diesem Fußbad, damit ich in jener Welt nicht darf das Bad austrinken! O was für eine herrliche Wäsch hat dieses Weib zugericht!

Von der stolzen Jezabel sagt die hl. Schrift, daß sie sich aus lauter Hoffart angestrichen. Was sie für einen Anstrich gebraucht, ist mir unbekannt, massen der weibliche Vorwitz in Zierung, Polirung und Schmierung der Gesichter fast täglich neue Mittel erdenket. Jakobus Mekerus, Medicus Colmariensis, beschreibt ein vortreffliches Wasser, das Angesicht damit zu waschen:

[402] R. Nimm Spießglas, stoß es zu Pulver, wirf solches in einen Hafen, und lege nachmals gegen 20 Schnecken darein; vermache aber den Hafen wohl, damit sie nit heraus kriechen. In Mangel einer anderen Speis' essen die Schnecken dasselbe Spießglas, und verdauen es. Nachdem sie das Spießglas verzehrt haben, so zerstoß sie samt den Häuseln, und destillir sie in einem Brennkolben zu Wasser. Wasche darmit das Angesicht, es macht überaus ein schönes Fell. – Ein anders Wasser, das Angesicht schön zu machen, solches hat gebraucht Isabella Aragonia, Herzoginn zu Mailand: R. Nimm erstlich Korn- oder Weizen-Mehl 6 Hände voll, gieß eine halbe Maß Geißmilch darunter, und mache ein Brod daraus. Nachdem es wohl gebacken, so nimm es aus dem Ofen, zerreibe die Brosen ganz klein, und lege es mehrmalen 6 Stund lang in eine Geißmilch, misch darunter das Wasser von 12 Eierklar, item gestoßene Eierschälen 2 Loth, Alumen Zukevinum, weiße Korallen, jedes 4 Loth, stoße diese Ding, mische Alles untereinander, destillire es nachmalen zu Wasser, es ist ein bewährtes Mittel, das Angesicht schön zu machen. Noch ein anders schreibt Alexius Pedemontanus: R. Nimm einen jungen Raben, speis' denselben 40 Tag mit hart gekochtem Eierdotter, nachmals bring den Raben um, schneide ihn zu Stücken, nimm Myrtenlaub und lege es auf den Grund des Destillir-Kolben; alsdann lege etwas vom Raben; diesen bedecke wieder mit Myrtenblätter, zu oberst lege eine gute Hand voll Spießglas, destillir solches 5 Stund aneinander, erstlich [403] mit sanfter, nachmals mit starker Hitz, bis das Wasser alles heraus destilliret ist. Solches Wasser, so es kalt worden, ist ein stattliches für das Angesicht. – Ei, so waschet euch, ihr Zibethkatzen, ihr Küttel-Tauben, ihr Gesichter Affen, ihr Butter-Nasen, ihr Goldkäfer; waschet euch, ihr glassirten Sautrög, es wird euch auch der Beelzebub schon einmal zwagen! Wie lang dauert euer schöne Gestalt? Ein wenig länger als die Kürbesblätter Jonä. Wie lang bleibt das österreichische Wappen weiß und roth in eurem Angesicht? Nicht gar lang: nach etlichen Jahren kommt das moscovitische Wappen darein, dieses ist eine Bärenhaut: Wie lang glänzet der schöne Alabaster auf der Stirn? Nit gar lang: es stehet eine kurze Zeit an, so wird ein alter Tufstein daraus, und gleichet das Angesicht einer Grotta, in dero Mitte an statt der Wasserkunst die triefende Nase. Wie lang hangt der rothe Fürhang an den Wangen? Nicht gar lang: es stehet eine kleine Weil an, so zerreißt er wie in dem Tempel zu Jerusalem. Wie lang schimmern die silberweißen Zähn' in deinem Mund? Nit gar lang: warte nur etliche Jahr, so wird dein Maul hersehen, wie ein ödes Messergesteck! Ei du saubere Tändlbutte, du glatter Misthaufen, du schöner Misthammel, wie kanns dir doch einfallen, daß du mir mit diesem deinem ledernen Ueberzug sollst prangen und stolziren? Willst du eine so schöne Gestalt machen, damit du Gott gefallest, so zeige ich dir ein bessers und weit berühmters Wasser für das Angesicht.

Dieses Wasser hat Magdalena, eine edle Dama, gebraucht in dem Haus des Pharisäers: kraft dieses Wassers ist Magdalena worden aus einem stinkenden[404] Mist ein wohlriechender Balsam, aus einem garstigen Pechschrollen ein kostbares Edelgestein, aus einer wilden Kothlache ein krystallener Brunnenquell, aus einem schwarzen Blei ein glänzendes Gold, aus einem Bild der Unzucht ein Schild der Unschuld; miteinem Wort: aus einer heillosen eine heilige Magdalena worden, wie sie ihre Wangen mit Zäher und Bußthränen gewaschen. Das ist eine herrliche Wäsch!

Raymund a Capua sagte auf eine Zeit durch eine fromme Scherz-Rede zu der hl. Catharina von Senis, sie soll ihm doch bei unserm Herrn auswirken eine Bulle eines vollkommenen Ablasses. Gar gern, mein Pater, antwortet sie; und nachdem sie ihr eifriges Gebet' zu Gott dem Herrn verrichtet, begibt sie sich zum erstgedachten Pater Raymund, und redet in seiner Gegenwart also beweglich von der Undankbarkeit des Menschen gegen seinen Gott, daß hierüber dem Pater die Augen übergangen, und bald hernach also häufig angefangen zu heulen und zu weinen, daß er in Gefahr gestanden, es möchte ihm das Herz zerspringen. Mein lieber Pater Raymund, sagt die hl. Catharina, ihr habt von mir so inständig verlangt eine Bullam eines vollkommenen Ablasses, daß ich solche möcht' bei unserem lieben Herrn auswirken: da habt ihr solche, dieser euer Thränen-Bach aus den Augen ist ein vollkommener Ablaß.

Einen solchen vollkommenen Ablaß hat Magdalena erhalten bei den Füssen Jesu. Petrus hat einsmals aus dem Wasser einen guten Zug gehabt; aber Magdalena hat aus diesem Wasser noch einen bessern. Naam Syrus ist einmal durch das Wasser des Jordans [405] von dem Aussatz gereiniget worden; aber Magdalena durch dieses Wasser weit besser. Moses hat seinen Feind den Pharao in dem Wasser des rothen Meers versenkt; aber Magdalena in diesem Wasser viel besser. Judith hat eine Wäsch gehabt in dem Garten; aber zu ihrem Unglück. Bersabea hat eine Wäsch gehabt; aber zu ihrem und des Davids Schaden. Magdalena hat eine Wäsch gehabt; aber zu ihrem unsterblichen Ruhm und Glorie, das ist eine saubere Wasch gewest.

Wer 4 Ding nit hat, der kann nit, der wird nit selig werden. Wem diese vier Ding manglen, der ist ein Feind Gottes, ein Feind des heiligen Gottes, ein Feind der Engeln Gottes, ein Feind der Kirche Gottes, ein Feind der Gebot Gottes. Wer seynd diese 4 Ding? Das erste ist ein Seufzer, das andere ist die Ehe, das dritte ist die Stimm von einem Hund, das vierte ist der Kopf vom Zachäo. Wer diese 4 Ding nit hat, der kommt in den Himmel zu spat. Seufzen, sagt ein jeder, kann ich wohl und will ich wohl; dann hat der offene Sünder geseufzet in der Kirche und in dem Tempel, so kann ichs es auch; hat Petrus geseufzet zu Hof, so kann ichs auch; hat Job geseufzet auf dem Mistbett, so kann ichs auch; hat Obulus geseufzet auf dem Weg, so kann ichs auch; hat Hieronymus geseufzet in der Wüste, so kann ichs auch; hat Magdalena geseufzet bei den Füssen Jesu, so kann ichs auch. – Was anbelangt das andere Stuck, nemlich die Ehe, da ereignet sich einige Beschwernuß. Soll man dann ohne die Ehe nit können selig werden? Wer ist gewest die h. Margaritta? Ein Margarit oder Edelgestein der Jungfrauschaft. Wer ist [406] gewest die h. Lucia? Lux oder ein Licht der Jungfrauschaft. Wer ist gewest die h. Clara? Ein klarer Krystall der Jungfrauschaft. Der h. Columbinus hat kein Weib gehabt, die h. Columba hat keinen Mann gehabt, der h. Marianus hat kein Weib gehabt, die h. Marina hat keinen Mann gehabt, der h. Joannes hat kein Weib gehabt, die h. Joanna hak keinen Mann gehabt: Seynd also folgsam diese ohne Ehe gewesen, seynd aber nit ohne Seligkeit. Ist demnach dieses andere Stuck sehr schwer zu verstehen. – Wegen des dritten ist sich noch mehr zu verwundern. Soll dann Gott, der mich zu seinem Ebenbild erschaffen, ein Belieben und Gefallen tragen an der Hunds-Stimm? Daß man dem h. Dominico einen Hund zumalt mit einer Fackel im Maul, dessen Ursach ist bekannt; daß man dem h. Rocho einen Hund zumalt mit einer Semmel oder Laibl Brod im Maul, die Ursach ist bekannt, und zweifle ich stark, ob jene barmherzigen Hundsköpf, welche dem armen Lazaro bei der Thür des reichen Prassers haben die Geschwür abgelecket, konnten die Ursach hierinnen ergründen. – Das vierte Stuck, nemlich der Kopf Zachäi ist gar unmöglich. Ochsen- und Eselsköpf, wie bei dem Krippel seynd gewest, die kann man noch haben; Lämml- und Widderköpf, wie der Jakob hat gehütet, die kann man noch haben; Wolf- und Bärenköpf, wie der David zerrissen, kann man auch noch haben; aber wo nehmen den Kopf Zachäi? ungeachtet aller dieser Einwürf bleibt dannoch gewiß, wahr, klar, daß ohne Seufzer, ohne die Ehe, ohne die Hunds-Stimm, und ohne des Zachäi Kopf keiner kann selig werden. [407] Es ist aber also zu entörteren: Durch den Seufzer verstehet man den Buchstaben H, den man ohne Seufzen oder Aspiration nicht kann aussprechen; durch dieEhe verstehet man den Buchstaben E; durch die Stimm des Hunds den Buchstaben R – dann also pflegen die Hund zu muRRen; durch den Kopf Zachäi den ersten Buchstaben, als das Haupt in dem Namen Zachäi, nemlich Z: kommet also heraus H-E-R-Z. Ohne Herz, ohne herzliche Liebe, ohne liebvolle Gedanken, Wort und Werk gegen Gott, kann man Gott nit gefallen. Dahero der Allmächtige einen Cherubim für das Paradies gestellt mit einem feuerflammenden Schwert, uns dardurch angedeutet, daß man ohne Feuer der göttlichen Lieb nit könne in das Paradies gelangen. – Sag her, wer ist Ursach gewest des Wassers bei der sauberen Wäsch Magdalenä? Nichts anderst, als das Feuer der entzünd'ten Lieb gegen Jesum. Remittuntur ei peccata multa, quoniam dilexit multum: »Ihr werden viel Sünden vergeben, dann sie hat viel geliebet.« Schau mir einer einen Brennzeug oder Diestill ir-Kolben bei dem Apotheker, was gestalten die Hitz oder das Feuer in demselben aus den Rosen und anderen Blumen-Gewächs das Wasser heraus preßt, daß also ein Tropfen an den andern schlägt. Das hat man auch gesehen in dem Haus des Pharisäers, allwo die Thränen aus denen Augen der Magdalena dergestalten geflossen, daß sie hiermit die Füß Christi [408] gewaschen. Aber dieses Wasser hat auch erpreßt das Feuer der Liebe.

»Ex oculis lacrymas elicit intus amor.«

Laß andere Magdalenam loben, daß sie sey wie ein grünes Scheit, welches auf einer Seite brennt, auf der andern aber Wasser heraus treibt: in dem Herzen hat sie gebrunnen, aus den Augen ist Wasser gerunnen; ich aber sag nix von Magdalena. Laß andere Magdalenam preisen, daß sie sey wie eine Wolke, in welcher sich Anfangs die feurigen Blitzer erheben, nachmals folgt ein heilsamer Regen: ihr Herz brennt Liebes wegen, aus ihren Augen kommt ein Regen; ich aber sag nix von Magdalena. Laß andere Magdalenam hervor streichen, daß sie sey wie eine Ente, welche sich unter das Wasser ducket, damit sie dem Feind entweiche: sie läßt aus den Augen Wasser rinnen, damit sie mög dem Feind entrinnen; ich aber sagnix von Magdalena. Es mag jemand Magdalenam vergleichen mit einer Tauben, dero Stimm nichts anderst ist, als Seufzen; ich aber sag nix von ihr. Es mag einer Magdalenam vergleichen einem Kalk, welcher mitten im Wasser brinnt; ich aber sag nix von ihr. Es vergleiche einer Magdalenam einem Regenbogen, welcher von Sonnenstrahlen und Wasser bestehet; ich aber sag nix, nix, nix von ihr. Ich verstehe es aberlateinisch: Nix heißt auf deutsch ein Schnee. Einem Schnee vergleiche ich Magdalenam. Ehe und bevor sie sich bekehret, war sie eine Schnöde, wie sie aber die Füß Jesu mit Thränen gewaschen, war sie ein Schnee. Dann Magdalena


[409]
Nix est, sol Christus radiorum ardore liquescit,
Quid mirum, ex oculis si fluat unda suis?

Die Hitz verursachet, daß der Schnee zerfließet; die hitzige Lieb in Magdalena hat gemacht, daß sie gleichsam zu lauter Wasser worden, quoniam dilexit multum, etc. Ist das nit Wasser genug, wann man sogar die Füß des Herrn darmit gewaschen? hat denn einmal ein Weib eine so saubere Wäsch zugericht, wie diese?

Es kommt einmal Ihre Excellenz ein Doctor der Medizin zu der hl. Clara. Ansehens nach war er gar ein wackerer Herr, schon ziemlich bei Jahren, in einem schwarzen sammeten Rock, mit einem hypocratischen Bart, mit einer avicenischen Red. Es war aber dieser der Teufel selbst. Solcher thäte auf alle Weis' der hl. Clarä das stete Weinen widerrathen. Meine Clara, sagt er, euer vielfältiges Weinen wird euch um das Gesicht bringen! Gott straf mich, wann es anderst ist! (o du Narr, bist ohne das schon genugsam gestrafet) meine Clara, wofür ist ein so immerwährendes Weinen? habt ihr doch niemalen Gott schwer beleidiget! Magdalena hat wohl können weinen, und bei den Füssen Jesu Ablaß abhohlen, sie hat lang [410] genug galanisiret, oder besser geredt, geilanisirt; David hat wohl können die Augen in das Bad führen, weilen er die Bersabeam in dem Bad so übel angeschauet; aber ihr Clara, führet einen unsträflichen Wandel, mein laßt doch das Weinen seyn! ich verspreche es euch bei meinem Gewissen, (o wohl ein sauberes Gewissen!) daß durch solche stete gesalzene Zäher euch der Aug-Apfel wird austrucknen und also stockblind werden. Das wird sauber heraus kommen, wann die Aebtissinn blind ist, da sonsten eine Obrigkeit solle seyn, wie jene Thier, welche der hl. Joannes gesehen, plena oculis, »voller Augen,« und ihr Clara wollt gar blind werden! Wie könnt ihr solches bei Gott verantworten? Clara, ich sage euchs ganz klar, ihr werdet blind werden, und also nicht mehr Clara, sondern Caeca heißen. Diese hl. Jungfrau durch innerliche Erleuchtung hat bald erkennet, daß dieser der böse Feind sey, dahero ihm keine andere Antwort geben, als diese: Caecus non erit, qui Deum videbit: »Der kann nit blind seyn, der Gott wird sehen.« Der Teufel verschwind hierüber nicht ohne großen Verdruß, aber Clara weinte noch heftiger und solches Weinen verursachte ihr Lieben. O Clara praeclara!

Magdalena nicht weniger als Clara, Magdalena weit mehr als Clara thäte weinen. Des Loths sein Weib ist in eine Salz-Saul verkehret worden; Magdalena [411] ist fast in lauter gesalzene Zäher verwandelt worden. Der Moses hat den Pharao im Wasser ertränket; Magdalena hat ihre Sünden in lauter Thränen versenket. Des Gedeons Schaf-Fell ist stark vom Himmel-thau benetzet worden; Magdalena ist fast ganz zu Wasser worden. Verdammter reicher Prasser, du hast um einen einzigen Tropfen Wasser bei dem Abraham supplicirt, welcher da an dem Finger des Lazari möchte hangen; schau du mir Magdalenam an, welche so wasserreich, daß sie auch mit lauter Thränen die Füß Jesu gewaschen. Das ist eine saubere Wäsch!

Die Königinn Saba hat auf eine Zeit etliche kleine Knäbl und etliche kleine Mägdlein ganz gleich bekleidet und angelegt, solche nachmals auf einen sehr großen und prächtigen Saal vor den König Salomon geführet und ihn befraget, er wolle doch vermög seiner Weisheit aussagen, welche aus diesen Mägdlein oder Knäblein seynd. Salomon läßt alsobalden einen großen silbernen Kessel herbei bringen, voll mit dem kalten Brunnen-Wasser, und befiehlt allen, daß sie sich sollen waschen. Allo, sprach er zu der Königinn, anjetzo will ich mit dem Finger auf sie deuten, und in aller Wahrheit sagen, welches Knäbel oder Mägdlein seyen. Diejenigen, welche mit beeden Händen frisch in das Wasser gefahren und sich fein stark gewaschen, diese, sagte Salomon, seynd Knaben; welche aber nur mit einer Hand gar zart und heiklich in das Wasser greifen, solche seynd die Mägdlein; wie er dann hierinnen gar nit gefehlet. Woraus erhellet, daß die Weibsbilder weit zarter und heiklicher seyen als die Männer. Wann aber Salomon hätte der hl. Magdalenä Bußwandel [412] gesehen, wär ihme fürwahr sein Urtheil nit von Statten gangen, allermassen an ihr nichts Heikliches verspüret worden.

Es ist Gott dem Mosi in einem brennenden Dornbusch erschienen. Warum aber, mein Gott, nimmst du deinen Thron in einem Dornbusch? warum nicht auf einer hohen Ceder? Nein, nein, nein, sagt Gott, dann eine Ceder wachset sehr hoch, und ist derenthalben ein Sinnbildnuß eines hochmüthigen Menschen, von dem der Poet sagt und singt: Hochmuth und Stolz wachsen auf einem Holz. Warum nicht auf einem Cypreß-Baum? Nein, nein sagt Gott; dann der Cypreß-Baum ist ein Sinnbildnuß eines Gleißners, weilen er nur mit Blättern, und nit mit Früchten pranget. Dahero spricht der Poet:


Auswendig Gold, einwendig Blei

Ist der Gleißner Schelmerei.


Warum nit auf einem Oelbaum? Nein, nein, antwortet Gott, der Oelbaum ist ein Entwurf eines gar zu linden und weichmüthigen Menschen, der gar nit strafen kann: bei mir heißt es aber also:


In einer Hand eine Kron,

In der andern aber eine Ruthen:

Diese ist der Bösen ihr Lohn,

Die andere aber der Guten.


Warum, o allmächtiger Gott, stellest du deinen Thron auf, und in einen Dornbusch? Darum, darum, darum: Ein Dornbusch trägt spissige, spießige, spitzige Dörner, welche oben und unten den Gesunden verwunden; dahero er ein Sinnbild ist eines Menschen, welcher seinen leimigen, lumpeten, limblischen Leib streng kasteiet; da, da hat Gott sein Wohn und Thron.

[413] Magdalena verdiente den Titul Ihr Gnaden Adels halber; hat aber verdient den Titul Ihr Gestreng Wandels halber: diese tragte ein Kleid nit auf sicilianische Modi, sondern auf cilicische Modi, in solchen strengen Aufzug hat sie den wahren Jesum in ganz Judäa ohne Scheu geprediget. Nachdem sie aber durch der Juden harte Verfolgung in Massilien angelangt, und daselbst durch alle Sprachen das Evangelium geprediget, auch die ganze Landschaft zu dem wahren Glauben gebracht, suchte sie in allweg, wie sie doch möchte einen strengen Lebens-Wandel führen, und ihren Leib kasteien. Zu solchem Ziel und End verfügte sie sich in eine rauhe, harte, wilde Wüste und Einöde, wohnete allda ganzer 30 Jahr.

Andere Weiber, und deren nit wenig, haben wohlriechende Rosen für die Nasen zu einer Erquickung; aber Magdalena in der Wüste erquicket sich nicht mit Rosen, sondern mit denen Dörnern, womit ihr Jesus ist gekrönt worden. Andere Weiber, und deren nit wenig, nehmen zuweilen räse Nägerl auf die Zung zu einer Stärkung; aber Magdalena in der Wüste stärket sich allein mit denen Nägeln, wormit ihr Jesus an das Kreuz ist geheftet worden. Andere Weiber, und deren nit wenig, suchen ihre Kurzweil in einem schattenreichen [414] reichen Garten; aber Magdalena in der Wüste hiel stets vor Augen den Garten Gethsemane, in welchem ihr Jesus ist gefangen worden. Andere Weiber prangen mehrest mit denen silberfarben Perlen; aber Magdalena ließ immerzu die Bußthränen, wie die Perlen über ihre Wangen herab quellen. O was hat Magdalena für eine saubere Wäsch zugericht!

Magdalena lebte 30 Jahr in der Wüste, und alle Tag war bei ihr Freitag; dann stets bei ihr war die Betrachtung des gekreuzigten Jesu. Der Prophet Elias kommt einsmal zu einer armen Wittib, fragt was sie handle und wandle? O mein Vater, antwortet sie, En colligo duo ligna, »siehe, da sammle ich zwei Hölzer zusammen,« damit ich darmit mir ein Brod bake, alsdann will ich sterben. So jemand Magdalenam bei Tag und Nacht, Fruhe und Abends in der Wüste hätte gefraget, womit sie beschäftiget sey, so hätte sie gleichmäßig nicht anderst können sagen, als: En colligo duo ligna »ich sammle mir zwei Hölzer, eines in die Höhe, das andere überzwerch, mit dem mach ich mir und back' ich mir mein tägliches Brod, bis ich sterbe«. Bis in den Tod war ihr einziges Leben der gekreuzigte Jesus.

Der hl. Anselmus schreibt, daß von demselbigen Baum, an welchem Adam im Paradies sich versündiget hat, sey durch einen Engel ein Aest'l getragen worden nach Jerusalem, allwo es gepflanzet und in einen großen Baum erwachsen, aus welchem man nachmals das Kreuz Christi gezimmert; und sey eben an demselben [415] Ort der Leib des Adams, oder wenigstens sein Kopf begraben worden, allwo auf dem Berg Calvariä das Kreuz Jesu wurde aufgericht, und weilen der andere Theil des Kreuzes in etwas zugespitzet worden, damit es desto leichter in den Berg hinein gangen, also sey der Spitz des Kreuzes Christi dem Adam in das Maul gangen, und also wunderbarlicher Weis' der Adam den Saft des Lebens von demselben Baum erhalten, von dem er vorhero den Saft des Todes genossen. O wunderbarliche göttliche Vorsichtigkeit! das Kreuz Jesu war dem Adam mit dem untern Theil im Maul, mit welchem er gesündiget. Solches Wunder sah man auch in Magdalena, bei Magdalena, an Magdalena, indem sie stets 30 ganzer Jahr das Kreuz ihres Jesu im Mund, ja gar in dem Herzen trug. Man weiß gar wohl, daß die Hebräer von denen Wunden seynd gesund worden, wie sie die aufgehenkte Schlange in der Wüste haben angeschaut; so oft aber Magdalena Jesum in der Höhe auf dem Kreuz betrachtet, non sanabatur, sed sauciabatur, »so wurde sie nit gesund, sondern verwundt,« verwundet in ihrem Herzen. Und solche Hitz trieb stets die Wasserquellen aus den Augen. Das ist eine Wäsch gewest, da sie mit Thränen ihr Angesicht, ihren ganzen Leib, den harten Stein, auf dem sie kniete, mit solchem steten Augen-Wasser gewaschen.

Maria Aegyptiaca, Anfangs eine große Sünderinn, nachmalens eine große Büßerinn, Pelagia, Anfangs eine große Sünderinn, nachmals eine große Büßerinn, Thais, Anfangs eine große Sünderinn, nachmals eine große Büßerinn, Theodora, Anfangs eine große Sünderinn, nachmals eine große Büßerinn, [416] Afra, Anfangs eine große Sünderinn, nachmals eine große Büßerinn, Margarita Cortona, Anfangs eine große Sünderinn, nachmals eine große Büßerinn, Manasses, Anfangs ein großer Sünder, nachmals ein großer Büßer, David, Anfangs ein großer Sünder, nachmals ein großer Büßer, Bonifacius und Cyprianus, Anfangs große Sünder, nachmalens große Büßer, Genesius, Anfangs ein großer Sünder, nachmals ein großer Büßer, Moses und Landelinus, Anfangs große Sünder, nachmals große Büßer, Onesius undValerianus, Anfangs große Sünder, nachmals große Büßer, Theobaldus und Bononius, Anfangs große Sünder, nachmals große Büßer, Jacobus und Theophilus, Anfangs große Sünder, nachmals große Büßer, Natalius undTheodolus, Anfangs große Sünder, nachmals große Büßer; auch Magdalena, Anfangs eine große Sünderinn, nachmals auch eine große, große Büßerinn, Magdalena 30 Jahr in der Wüste! O ihr Felsen, ich bin euch neidig darum, daß ihr seyd gewaschen worden von den kostbaren Thränen dieser Büßerinn! o wohl glückselig bist du gewest, Echo, wie du hast können und dörfen wiederhohlen die herzigen Seufzer dieser büßenden Wald-Taube! o ihr glückseligen Dornhecken, was habt ihr für eine Gnad gehabt, da ihr habt dörfen diejenigen Haarlocken, mit welchen die Füß Jesu seynd abgetrücknet worden, rupfen und zupfen! o Wüsten, nit wüst, sondern schön, indem Magdalena daselbst von denen Engeln gespeist wor den, von denen Engeln 7mal täglich in Himmel erhebet worden, von denen Engeln mit Musik-Schall erquicket [417] worden! O Gott, auf solche Weis' ist halt doch wahr, daß diejenigen Lämml, so von denen Wölfen gebissen worden, viel geschmackiger seynd, als die nie dero Zähn ausgestanden! Magdalena hat 30 Jahr an einander gewaschen, kein anders Wasser gebraucht, als was aus denen Augen gequellet. Was hat sie endlich nach einer so langwierigen Wäsch aufzuhängen gehabt? Gott hat ihr nach solcher dreißigjährigen Buß die ewige – o Trost! – die ewige – o Freud! – die ewige Glorie ertheilet; sie gestellt dergestalten hoch im Himmel, daß sie allda gebenedeit unter allen denjenigen, welche ihre Sünden gebüßt haben. Nach einem so langen Regen scheint sie alldort wie die strahlende Sonne, und welche vorhero den Namen Peccatrix hatte, die hatte anjetzo den Namen Precatrix.

Das hat erfahren Carolus, König in Sicilien, indem selbiger Anno 1279 in einem unglückseligen Krieg gefangen und in einen abscheulichen Thurm zu Barcinon geworfen worden, worinnen er den Tod erwartet. Weilen ihm aber sein Beichtvater eingerathen, daß er sich solle der h. Magdalenä, als welche in seinem Gebiet und Land ihren h. Bußwandel geführt, eifrigst befehlen; diesem heiligen und heilsamen Rath ist Carolus nachkommen, sich mit vielen Seufzern und Thränen unter den Schutz der h. Büßerinn begeben; worüber bald ihm eine mit herrlichem Glanz umgebene Matron erschienen, und ihn mit folgenden[418] Worten angeredet: Carole, dein Gebet hab ich erhöret, folge mir nach samt den Deinigen! Carolus folget, indem er erkennt, daß sie die h. Magdalena sey; wurde aber gleich befraget, wo er sey? Carolus antwortet, er sey bereits noch zu Barcinon. Bei weitem nicht, sagt sie, du bist schon in deinem Königreich zu Norbona, welches über die 70 Meil entlegen! Carolus fällt hierüber auf sein Knie nieder, bedanket sich mit aufgehebten Händen, mit nassen Augen um diese größte Gnad, und verlangt zu wissen, was er doch zu ihren Ehren solle thun. Darauf Magdalena befohlen, er solle ihren heiligen Leib verehren, welchen er werde finden an diesem Ort mit diesem Kennzeichen: Erstlich wirst du sehen, daß aus meinem Mund ein Weinstock gewachsen; du wirst finden, daß mein Haupt ganz versehrt vom Fleisch, ausgenommen dasjenige Ort an der Stirn, allwo mich der gebenedeite Jesus nach seiner glorreichen Urständ hat angerühret, wie ich ihm hab' wollen die Füß kussen; meine Haar seynd alle zu Grund gangen, außer denjenigen, welche die Füß Jesu abgetrücknet; neben meinem Haupt wird seyn ein Glas, worinnen eine Erde, so mit dem Blut Jesu unter dem Kreuz besprenget worden, und ich solches die ganze Zeit meines Bußwandels für den größten Schatz bei mir behalten. An diesem Ort sollst du mir zur Dankbarkeit ein Kloster bauen. Welches alles Carolus der Anderte dieß Namens auf das emsigste vollzogen, und die h. Büßerinn Magdalenam für eine sondere Patroninn und Vorsprecherinn gehalten bis in den Tod.

Judas der Erz-Schelm redet übel vom Tod der[419] Magdalena; ich wollt wünschen, daß ich Magdalenam mit so vielen Lobsprüchen konnte verehren, wie viel Gräsel in den Feldern, wie viel Blättel in den Wäldern, wie viel Sand in dem Meer, wie viel Stern obenher, wie viel Tröpflein in dem Brunnen, wie viel Stäubl unter der Sonnen; ja wie viel Tröpflein Blut in mir, so viel Lob sprich ich dir! O Magdalena! so bitte dann für mich armen Sünder, daß ich an Gottes Barmherzigkeit mit dem Iscariothischen Juda nit verzweifle, sondern durch wahre Reu meine Sünden abwasche, und also deiner heiligen Vorbitt genieße jetzt und in der Stund meines Absterbens! Amen.

[420]

Dritter Band

Judas der Erzschelm lobet das Almosengeben
[9]Judas der Erzschelm lobet das Almosengeben, und rühmet, dem äußerlichen Schein nach, den Dativum, da er doch ein schlimmer Vocativus war etc.

Es ist erstlich sich hoch zu verwundern, daß wegen des lasterhaften Iscarioth kein Mensch mehr will den Namen Judas tragen, indem doch sattsam bekannt ist, daß viel dieses Namens heilige und vollkommene Männer gewesen: Judas, ein Sohn des Jacobs, war ein so werther Patriarch in den Augen Gottes, daß die andere Person in der Gottheit von seinem Stamm die Menschheit hat wollen annehmen, auch von diesem, als von einem Erz-Vater, alle Israeliten seynd Juden genennet worden. Judas, ein Sohn Saphiräi, war zu seiner Zeit der eifrigste Schutzherr dem mosaischen Gesetz', und zeigte sich steinhart gegen diejenigen, welche den Geboten der steinenen Tafeln zuwider lebten, wessenthalben er eine Geißel genennet [9] worden des lasterhaften Herodis. Judas, mit dem Zunamen Esäus, war ein vortrefflicher Mann, eines sehr unsträflichen Wandels, welcher nie ein Haar darnach gefragt, wie er den König Antigono die Wahrheit in Bart gerieben. Judas, mit dem Zunamen Hebräus, folgendes aber nach der h. Tauf ist er Quirianus genennt worden, führte ein sehr auferbauliches Leben, welches genugsam aus dem erhellet, da er denjenigen Ort umständig entdecket, allwo der h. Kreuzstamm begraben lag. Judas Alphäi ist gewest der vierzehente Bischof zu Jerusalem nach dem h. Jacobum, als welchen Petrus, damals schon gevollmächtigter Vicarius Christi, zum ersten Bischof geweihet. Gedachter Judas ist mit größtem Ruhm und Heiligkeit der Kirche zu Jerusalem vorgestanden. Judas Machabäus wird nit allein von den Lebendigen als ein streitbarer Heiliger gepriesen, sondern auch bei den Todten und Abgestorbenen verdiente er ein unsterbliches Lob, massen er dero Seelen auch in dem Fegfeur Hülf geleistet hat.Judas, sonst ins gemein genannt der Bruder Christi zu Jerusalem, hatte einen besondern von Gott erleuchten Verstand und allbekannten prophetischen Geist, war auch den zweien heiligen Lehrern Paulo und Barnabä wegen seiner apostolischen Doctrin sehr bekannt. Judas endlich mit dem Zunamen Thaddäus, ein Bruder Jacobi des Mindern, ist von Christo Jesu zu einem Apostel erkiesen worden, welcher nachmals mit großem Eifer durch ganz Judäa, Galiläa, Samaria, Idumäa, Arabia, Syria, Mesopotamia den christlichen Glauben ausgebreitet.

Seynd demnach viel heilige Männer, welche den[10] Namen Judas getragen. Doch ungeacht dieses seynd die wahnwitzigen Adams-Kinder und eigensinnigen Menschen bereits also beschaffen, daß sie auf keine Weis' den Namen Judas erdulden wollen; aber was können die heiligen Juden dafür, daß Judas Iscarioth ein Schelm worden?

Der h. Apostel Petrus kann es nit entgelten, daß Petrus Brabantinus ein Sch. gewest. Der h. Apostel Paulus kann es nit entgelten, daß Paulus Crau ein Sch. gewest. Der h. Apostel Andreas kann es nit entgelten, daß Andreas Seramita ein Sch. gewest. Der h. Apostel Jacobus kann es nit entgelten, daß Jacobus Grisus ein Sch. gewest. Der h. Apostel Joannes kann es nit entgelten, daß Joannes Faustus ein Sch. gewest. Der h. Apostel Thomas kann es nit entgelten, daß Thomas Münzer ein Sch. gewest. Der h. Apostel Philippus kann es nit entgelten, daß Philippus Melanchton ein Sch. gewest. Der h. Bartholomäus kann es nit entgelten, daß Bartholomäus Patavinus ein Sch. gewest. Der h. Apostel Matthäus kann es nit entgelten, daß Matthäus II. Vice Comes ein Sch. gewest. Der h. Apostel Simon kann es nit entgelten, daß Simon Magus ein Sch. gewest.

Also soll auch und kann auch es nit entgelten des hl. Judas Thaddäus oder Machabäus, daß Judas Iscarioth ein Erz-Schelm gewest. Nichts desto weniger seynd die Menschen also genaturt, daß sie den Namen Judas, ungeacht auch heilige und apostolische Männer solchen getragen, in allweg verwerfen, und ein Grausen und Ekel darob schöpfen, auch bereits die allerschlimmesten [11] Leut mit dem Juden Prädicat als mit einem sondern Schandfleck zu zeichnen pflegen.

Ist demnach dieser Iscariothische Bösewicht nie allein von dem allmächtigen Gott ewig verworfen, sondern das Unglück hat ihn wegen seiner selbst eignen Bosheit also getroffen, daß er auch bei der Welt dergestalten verhaßt, daß solche auch seinen Namen mit Unwillen anhöret, welches aber der lasterhafte Gesell nur gar zu wohl verdient hat, massen sein verrucktes Gemüth mit allem Sündenwust bekothiget. Forderist aber hatte hierin seine falsche Heiligkeit den Vorzug, welches man dazumal leichtlich konnte abnehmen, wie er das Almosen so hoch hat herfür gestrichen, als Maria Magdalena am Palm-Samstag zu Bethania in dem Haus Simonis ein ganzes Pfund der edlesten Salben über das Haupt und Füß Christi ausgossen. Der kostbare Geruch dieser Salben hat das ganze Haus erfüllt; insonderheit aber ist solcher dem saubern Judä dergestalten in die Nase gerochen, daß er hierüber spöttlich gemurrt, auch so gar der freche Lümmel in diese Wort ausgebrochen: ut quid perditio haec? »worzu dienet dieser Verlust?« dann diese Salben hätte man theuer verkaufen und den Armen geben können?

Vermuthlich ist es, daß auch andere Apostel, als dazumal nit gar vollkommene Leut, geschmählt haben, jedoch aber aus guter Meinung; denn sie gar wohl wußten, daß der Herr Jesus dergleichen wohllustbare Ergötzlichkeiten bishero nit geachtet: also hielten sie dieses Weib dermal für eine Verschwenderinn und glaubten, es wäre besser gewest, wann man mit dem Geld, [12] was diese Salben gekost, wäre den Armen beigesprungen. Dießfalls waren die Apostel noch erleidliche Murmulthier; aber der iscariothische Fuchs war eine Bestia, weil er das Almosen gelobt, und dessen so ernstliche Meldung gethan nit aus Lieb gegen die Armen, sondern damit er von demselben Geld, nach alter Diebsart, seinen Particul der Particular-Schelm möchte zwacken. Was aber dieser Galgali Orator aus falschem Herzen hervor gestrichen, dasselbige soll mit redlicher Feder folgsam gepriesen werden, benanntlich das h. Almosen, dari Pauperibus. Matth. 26.

Vor Zeiten seynd viel aus dem weiblichen Geschlecht gefunden worden, welche durch Eingebung eines göttlichen Geistes von künftigen Dingen haben geweissaget, wessenthalben ihnen der Name Sybilla geschöpft worden. Dergleichen war die Sambethe, die Herophylis, die Phemenoe, die Amalthäa, die Marpesia, die Albunäa, die Cassandra, die Xenoclea, die Helissa, die Lampusa, deren Namen sehr unterschiedlich von denen Scribenten werden angezogen. Bei unsern Zeiten gibt es gar wenig dergleichen von Gott er leuchte Matronen, wohl aber seynd einige zu finden, welchen ohne Irrthum folgende Namen können geschöpft werden, nemlich Altophila, Hexasia, Zauberillis, Liegangula, Gablreita etc.; ich will sagen: viel alte Zibethkatzen, abergläuberische Spinnweben, zahnlose Murmulthier, forderist viel zigeunerisch Lumpengesind trifft man aller Orten an, welche mit einem prophetischen [13] Geist wohl aufziehen, und meistens durch Brillen an einer wassersüchtigen Nase die Hand eines und des andern durchsuchen, durchgaffen, durchgrüblen, und folgsam kraft einer verlognen Chiromantie künftige Begebenheiten aussagen. Wann sie in dem Triangel der Hand zwei lange Linien mit etlichen Zwerchstrichlen ersehen, welches fast einer Leiter gleichet, so prophezeien sie, daß dieser Mensch ins künftig werde wegen des Ablativum nach Stricks-Burg reisen, und daselbst mit des Seilers Halstuch beschenkt werden. Wann sie etliche Sternl beobachten in der Fläche der Hand, nächst bei der Linie des Lebens, so sprechen sie mit gähnendem Maul aus: dieser werde bei den Weibern so viel gelten, wie viel ein Speck in einer Juden-Kuchel, und müsse über WillenKorbinian heißen, wann ihn schon die Leut den Veitl nennen. So diese etwann ein oder zwei Kreuz ergaffen unter dem Ohrenfinger in der mittern Linie, alsdann sagen sie ganz beherzt, daß dieser arme Schlucker bald werde auf dem Freithof das Quartier nehmen, und thue ihm der Rippen kramerische Tod schon wirklich das Ladschreiben verfertigen. Wann der Tisch der Hand bezeichnet ist mit vielen durcheinander gekrümmten Linien, welche den hebräischen Buchstaben nicht ungleich sehen, auch beinebens auf dem Berg des kleinen Fingers viel Tüpfel vermerkt werden, solches gibt ihnen Anlaß zu prophezeien, daß dieser im drei und [14] zwanzigsten Jahr werde heirathen, und bis in das drei und fünfzigste Jahr 4 Weiber überleben, worunter ihn eine mit mehr Kindern als Rindern bereichen werde. Wann eine im Mittelfinger zwischen dem andern und dritten Glied eine schwarze und tiefe Linie hat, sey es gewiß, sagen sie, daß solche keine Lucretia werde abgeben, sondern ihr Mann sey im Zeichen des Widders geboren. Wann der Tisch einer Hand (verstehe die Fläche der Hand) gar schön glatt ist, und auf dem Berg des Zeigfingers ein Zeichen wie dieser lateinische Buchstab H erblickt wird, sodann geben sie vor, als werde dieser lang leben und zu großer Würdigkeit und Ehrenstand gelangen.

Ei so lügt, ihr unverschamten Goschen, ihr lugenhafte Zungen, ihr kothige Höllschnäbel, ihr teufelsartige Mäuler, wollt ihr dann dem freyen Willen des Menschen einen Nothzaum anlegen? habt ihr dann das Protokoll der göttlichen Vorsichtigkeit gänzlich durchblättert? was für eine Wildtaube ist euch auf das Ohrwäschl gesessen? wie nennt sich der Geist, welcher euch solche Sybillenstückl eingeben? was ist das für ein Blasbalg, worvon diese eure verfluchte Propheten-Stimm erweckt wird? Für euch gehört ein hölzernes Unterbett, worauf der Vogel Phönix stirbt, ihr schändliche, schädliche, schinderische Satans-Brut!

[15] Aber ich will mit festerer Wahrheit, ohne Beleidigung göttlicher oder menschlicher Satzungen zu mehr Seelen-Heil aus den Händen wahrsagen: Wann ich nemlich eine Hand sehe, welche aus mitleidender Bewegung gegen den Armen ausgestreckt ist, und mit heiligen Almosen der Nothdurft beispringt, alsdann aus solcher Hand thue ich unfehlbar prophezeien: dieser Mensch werde Glück haben, lang leben, zu großen Ehren gelangen, ja ewig leben und die Kron der unendlichen Seligkeit erwerben.

Den Spielern sollt man gar nit hold seyn, sondern glauben, daß das Wort liederlich von dem Wortludere herrühre; gleichwohl muß ich mit euch Spiellumpen, Spieläner, Spielaffen, Spielgel, Spieligel discuriren: Sagt her, ihr sauberen Karten-Brüder, was für eine Karte bringt das mehreste Glück? etwann ein S, vulgo eine Sau? Nein; dann der verlorne Sohn mit den Säuen verspielt. Etwann ein König? Nein; dann Herodias mit ihrem buhlerischen König verloren. Etwann ein Caval? Nein; dann Pharao mit allen seinen Cavalen zu Grund gangen. Etwann ein Bub? Nein; dann jene Eltern haben gar wenig gewonnen, dero unerzogne Buben den Propheten Elisäum haben ausgehöhnt. Etwann ein Do? Das [16] wohl. Wann jemand ein Do wohl anbringt, der zieht ein. Dem Zachäo hat nichts mehr über sich geholfen als ein Do: Domine, do pauperipus; – wie er nemlich das entfremd'te Gut vierfach erstattet, und das Uebrige alles unter die Armen ausgetheilt. Dieses Do hat ihm Glück gebracht; und dieses wird auch dir, lieber Christ, nit allein ein ewiges Glück, sondern auch eine zeitliche Fortun eintragen.

Wann einer heißt Liberalis gegen die Armen, so will ich ihm aus der Hand wahrsagen, er werde Glück haben viel Jahr mit gewünschter Gesundheit im besten Ruhestand herrschen und regieren. Also hat viel Jahr mit Lob und Lieb regiert der König Eduardus in Engelland, und weil er gegen die Armen barmherizig war, und so gar auf eine Zeit, weil er dazumal kein Geld bei sich tragte, einem armen Bettler den guldenen Ring vom Finger gespendirt.

Wann ein Reicher heißt Herr Donatus gegen die Armen, so will ich ihm unfehlbar aus der Hand wahrsagen, daß ihm werde ein großes Glück zustehen, und mit seiner Freigebigkeit gegen die Armen seine zeitliche Habschaft merklich vermehren. Als hat sein Reich und Reichthum vermehrt Kaiser Tiberius, welcher einmal einen unschätzbaren Schatz aus der Erden graben, weilen er so gutherzig gegen die Armen gewest.

[17] Wann ein junger Gesell heißt Benignus gegen die Armen, so will ich ihm gar gewiß aus der Hand wahrsagen, daß ihm eine sondere Fortun werde zu Theil werden, und eine reiche Heirath erwerben. Also hat erworben jener Jüngling zu Constantinopel, welcher eines sehr reichen Herrn einige Tochter derenthalben bekommen, um weil er sein väterliches Erbgut unter die Armen ausgetheilt.

Wann einer heißt Clemens gegen die Armen, dem will ich ganz glaubwürdig aus der Hand wahrsagen, daß er werde glückselig leben, und an seiner ehrlichen Unterhaltung niemals einen Mangel leiden. Das hat erfahren jener, welcher in allem seinem Vermögen nichts mehrers hatte als einen Groschen, jedoch solchen einem Armen mitgetheilt; welches ihm Gott also reichlich erstattet, daß er bald hernach in einem Fisch einen Edelstein gefunden, wormit er sich nachgehends herrlich erhalten.

Aus solchen barmherzigen Händen gegen die Armen, wie unter den Päpsten gehabt hat Gregorius Magnus zu Rom, unter den Kaisern Henricus in Deutschland, unter den Königen Stephanus in Hungarn, unter den Herzogen Amadäus in Savoien, unter den Fürsten Ludovicus in Thüring, unter den Grafen Theophanius zu Centucell, unter den Freiherren Rochus zu Narbona, unter den Edel-Leuten Martinus zu Ambian, unter den Burgern Macharius zu Alexandria, unter den [18] Bauern Isidorus in Spanien rc, aus solchen Handen ist gar leicht wahrsagen, daß sie werden Glück haben.

Ja, wer da will, daß sein gutes Vorhaben soll gerad gehen, der erbarme sich über alle die armen Krummen; wer will, daß er in seiner Wirtschaft nichts übersehe, der erbarme sich über die armen Blinden; wer will, daß sein Geld und Gut solle ganz bleiben, der erbarme sich über die armen Zerrissenen; wer will, daß man gut von ihm rede, der erbarme sich über die armen Stummen; wer will, daß er groß werde, der erbarme sich über die armen, kleinen Waisel; wer will, daß er soll Glück haben, der erbarme sich über die armen Unglückseligen; wer will in zeitlichen Gütern fortkommen, der thue mit zeitlichen Mittlen den Armen forthelfen.

Bandera ein Hund, Hylax ein Hund, Mariolena ein Hund, Barbatilla ein Hund, Bellina ein Hund, Melissus ein Hund, Griffus ein Hund, Loderus ein Hund, Adamantilla ein Hund etc., diese seynd in so großem Werth und Ansehen gewest, daß man sie nach ihrem Tod an ehrliche Ort begraben, und nachmals gar schöne Epitaphia oder Grabschriften aufgericht. Dergleichen Hunds-Narren seyn gewest Naugerius, Auratus, Cotta etc. Bei unsern schwindsüchtigen Zeiten ist auch kein Abgang solcher Hunds-Gemüther, welche mehrmal größere Sorg tragen und Lieb schöpfen gegen die Hunde als Menschen. Man muß bisweilen nit ohne nasse Augen ansehen, daß der Hund einen sammeten Polster für ein Unterbett hat, da unterdessen dem Armen, so nach Gottes Ebenbild erschaffen, nit ein Strohsack vergunnt wird. Nicht selten trifft man an, daß dem [19] Bellerl, Wellerl seine eigene Speis wird zugericht, und entgegen dem armen Bettler die Spülsuppe versagt wird; eigne Kuchl, eigne Küchl, eigne Köchl für dergleichen Schoßaffen und Polsterstänker stehen in Bereitschaft, und wann der Arme um Gottes willen bittet, ist nichts vorhanden. Ei so gehet hin in aller Hunds-Namen zum Teufel! wird es einmal heißen am jüngsten Tag. – Esurivi »ich bin hungerig gewest,« und ihr habt mich nicht gespeist, wohl aber Hund und Hündinn. Daß mir die Hebräer den lasterhaften Barabbam haben vorzogen, ist mir sehr schmerzlich vorkommen; daß aber bei euch die Hund und vernunftloses Vieh mehr gilt als ich, kommt mir noch schwerer vor. So geht dann hin etc.; für euch gehört nicht das venite, sondern vé-ite in ignem aeternum. Ich betheuere es mit meinem Gewissen, daß ich selbst bei einer adelichen Person, so bereits mit dem Tod gerungen, in Beiseyn zweier Priester der Socität Jesu gestanden, und ganz deutlich vernommen, daß diese elende Tröpfinn unter dem kalten Todschweiß die Augen erschrecklich hin und her geworfen, und öfters mit halb gebrochnen Worten und Stimm sich hören lassen: Hund, Hund, Hund, Hund! welches allen Anwesenden nit einen geringen Schrecken eingejagt, forderist, weil fast allen gar zu wohl bekannt war die unordentliche Lieb, welche solche Person zu diesem Vieh getragen.

[20] Allhier will ich nur diejenigen beschuldigen, welche eine gar zu übermessene Lieb gegen die Hunde haben; dann nit ganz und gar zu verwerfen einiger Affect gegen diese Thier, dafern nur solcher die Schranken der Manier nit übersteiget: Der Hund ist dem gerechten Tobiä gar angenehm gewest, welcher seinem Herrn, einen so treuen Geleitsmann hat abgeben. Die Hund so dem armen Lazaro seine offenen Geschwür mit ihren heilsamen Zungen haben abgeleckt, seynd in der Wahrheit gute Hund gewest. Die Hund, welche der vernichten Jezabel die Haut abgezogen und ihre stolzen Beiner abgenagen, seynd gute Hund gewest, als welche den gerechten Willen Gottes vollzogen. Jener Hund zu Ulisipon ist wohl zu lieben gewest, welcher allemal das höchste Gut, da man es zu Kranken getragen, begleitet hat, und nur dieselbigen angebellt und gebissen, welche nit thäten niederknien. Jener Hund war lobenswerth, welcher das Brod von seines Herrn Tafel genommen, und darmit eine geraume Zeit den hl. Rochum in der Wüste gespeist. Derselbige Hund nebst seinem Kammeraden ist wohl zu lieben gewest, welcher bei der maltesichen Festung, St. Peter genannt, stete Schildwache gehalten, und durch seinen Geruch so gar die verkleidten Türken von den Christen zu unterscheiden gewußt; ja, als auf eine Zeit ein Christ wegen ankommender Saracener sich in die Flucht begeben, und in eine tiefe, jedoch ausgedörrte Cistern gesprungen, auch etlich Wochen darin verbleiben mußte, weil er durch eigne Kräfte nit [21] mächtig war heraus zu steigen: also hat gedachter Hund alle Tag seine gewöhnliche Portion Brod dem bedrängten Tropfen dahingebracht, bis endlich solches wegen Abmerglung des Hunds vermerkt worden, und man diese Treu nit genug konnte preisen. Jenes Hündl ist in aller Wahrheit zu lieben gewest, welches Margaritam de Cortona, als einen verbuhlten Schleppsack, bei dem Rock gezogen, und sie durch einen ziemlichen Weg geführt an den Ort, allwo ihr gwester Galan ermord't, und als ein stinkendes, und mit Würmern bereits überhäuftes Aas gelegen, worvon Margarita also bewegt worden, daß sie nachmals wie eine andere Magdalena in strengister Bußfertigkeit gelebt, und nunmehr in die Zahl der Seligen verzeichnet worden. Jener Hund ist zu lieben gewest, welcher, ob schon hungrig, geweigert hat, ein Stuck Fleisch aus den Händen Ottonis von Brandeburg zu nehmen, um weil solcher excomunicirt ward.

Diese und dergleichen Hund seynd lieb und lobenswerth, und so fern die Astrologi oder Sterngucker nit schon hätten einen Hund zwischen den Wassermann und Steinbock im Himmel gestellt, so hätt ich mich unterfangen, diese zu recommendiren.

Ich aber, o eifrige Christen, zeige euch weit bessere Hund, und diese Hund, ich bitte euch, liebet aus ganzem Herzen; diese Hund, ich rathe es euch, speist nach aller Müglichkeit; diese Hund, ich sags euch, verehret ihr wie Gott den Herrn selbsten: es seynd die armen Bettel-Hund! Also pflegt eine übermüthige Welt die mittellosen Leut und nothleidenden Tropfen zu nennen. Mit diesen Hunden könnt ihr mehr jagen, [22] mehr hetzen, mehr fangen, mehr gewinnen, als Nemrod, als Carolus Magnus, als Kaiser Henrich, als Maximilianus, als alle anderen berühmtisten Welt-Männer; mit diesen Hunden könnet ihr auch alles zeitliches Glück, nach welchem der Menschen Zähn meistens wässern, unfehlbar bekommen!

Ich sehe es aber euch lauen Christen an der Stirn an; daß ihr dießfalls einen kleinen Glauben gebet; dann einem Menschen, (was ist dann ein Mensch?) einem Menschen glaubet ihr und vertrauet ihm große Kapitalien, eine namhafte Summa Geld, der euch das jährliche Interesse 4 pro Cento verspricht, und sich etwann mit einem schwachen Papier oder rauschenden Pergament verpfändt, woran ein wächsernes Zeugnuß hangt; einer solchen geschabenen Schafhaut, einem solchen rothen Brocken glaubt ihr; und Gottes Sohn, der ewigen Wahrheit, Jesu Christo, glaubt ihr nit, welcher verspricht nit 5, sondern 100 pro Cento noch auf der Welt zu geben! O Christen, keine Christen, weil ihr Christo nit glaubt! Gott verspricht das allermindeste Almosen hundertfach auf der Welt zu erstatten; er verspricht es, und hat es bishero allezeit gehalten.

Frag derohalben, du kleingläubiger Tropf, frag zu Sarepta in Sidonia. Dort wird dir eine arme, beinebens aber fromme Haut, eine verlassene bedrängte Wittib sagen, daß ihr der Oelkrug, wann sie ihn alle Tag auch hundertmal hätt ausgeleeret, allzeit durch ein Wunderwerk sey wieder angefüllt worden; auch das Mehl, wann sie es stündlich bis auf den letzten Staub hätte verzehret, wieder miraculoser Weis' sey ergänzt worden; in Summa: hat ja niemal nichts gemangelt, [23] um weil sie dem hungerigen Eliä bei der theueren Zeit ein Bißl Brod hat gespendirt. Frag in Hetruria zu Castell Florentin. Allda wird dir eine arme Jungfrau, benanntlich die hl. Verdiana, ein Dienstmensch bei einem Kaufmann, sagen, daß sie eine halbe Truhe voll Arbes unter die Armen ausgetheilt, den andern Tag aber die Truhe ganz voll gefunden habe. Frag in dem Kloster Nazvol. Alldort wird dir der heil. Joan. Gualbertus sagen, daß er einmahl 6 Kühe von der Herd' getrieben, dero Fleisch unter die Armen ausgespendirt, gleichwohl sey die Zahl der ganzen Kühe-Herd nit allein nicht gemindert, sondern alle Kühe und Rindvieh merklich feister worden. Frag zu Renns den seligen Cozvinum. Dieser wird dir andeuten, daß er einen einzigen Kreuzer im Beutel gehabt, denselbigen aber mildherzig den Armen dargestreckt, welches Gott dem Herrn also gefallen, daß nachmals derselbe Beutel nie ohne Geld gewest, auch auf keine Weis' denselben konnte ganz ausleeren. Frag zu Prag. Daselbst wird dir der heiligmäßige Joannes Lohelius bekennen, daß er manchesmal, ja gar oft, einen ganzen Sack voll Reichsthaler in dem versperrten Kasten gefunden, welche Gott durch die Händ, der lieben Engel dahin gelegt, weil gedachter Lohelius so gern Almosen geben hat. Frag bei den P.P. Capucinern; so werden sie dir nach der Länge und Breite erzählen von ihrem Matthäo a Bascio, von ihrem Josepho a Colle, von ihrem Bainerio a Burgo rc, und vieler anderen mehrern, daß sie manchesmal ein halbes Stückel Leinwath von frommen Weibern ausgebettlet, und doch das ganze [24] Stückel nit um ein Viertel kürzer worden, ja manchesmal dieselbe Leinwath viel länger gewährt als andere. Frage zu Vissenach in Niederland. Alldort wird dir eine fromme Köchinn eines Pfarrherrn sagen, daß sie einmal einen Trunk Wasser vom nächsten Brunn gehohlt, unterwegs aber einem armen durstigen Fremdling darvon zu trinken geben, worvon geschehen, daß das überige Wasser in den auserlesensten Wein ist verkehrt worden. – Die hl. Brigitta von Kildarien, die hl. Jungfrau Lidwina, der hl. Nicolaus Finus aus unserm Orden, der hl. Franciscus de Paula, der hl. Abt Alferus, die hl. Ida, der hl. Abt Robertus, der hl. Odilo, der hl. Bischof Maurilius, der hl. Theodosius Cänobiarcha haben nit nur einmal, sondern allemal erfahren, je mehr sie Almosen geben, je reicher seynd sie worden.

Glaubst du es noch nicht, so stell' ich dir denselbigen Abt Henrich, Prämonstratenser-Ordens, welcher jederzeit handgreiflich vermerkt, daß sein Treidboden reicher worden, so oft er etwas darvon den Armen geschenkt: ja, das Treid hat ihm Gott etlich Wochen vor der Zeit lassen zeitigen auf dem Feld, damit er nur den Armen konnte beispringen.

Glaubst du es noch nit, so führe ich dir vor eine fromme Wittib zu Leiden, dazumal bei der Fischbrucken wohnhaft, welche sehr mitleidend gegen die Armen war, auch viel Treid den armen Leuten mitgetheilt. Indem solche auf eine Zeit bei der Tafel gesessen, und ein armes Bettelweib samt zweien Kindern sehr elend und ausgehungert bei der Hausthür angeklopft, befiehlt sie alsobald, daß man die arme Haut samt den zweien Kleinen soll zu Tisch führen [25] und selbige nach Möglichkeit speisen. Nach vollendtem Mittagmahl schafft sie noch der Dienstmagd, sie soll schleunig von der Treidkammer ein Säckl Korn vor diese arme Tröpfinn herab bringen. Das Mensch sagt, klagt, schwört und betheuert hoch, daß nicht mehr ein Körnl vorhanden, auch sey deßhalben kein Wunder, weil ihre Frau so verschwenderisch. Die gute Wittib legt dieser bereits gronenden, greinenden, grimmenden Ursel mehrmal auf, sie sollt mit dem Bartwisch Alles fleißig zusammen kehren, und das wenige Uebrige dem armen Weib bringen. Diese voller Ungeduld lauft hinauf, und siehe Wunder! die Treidkammer war dergestalt gestrotzt und angefüllt, daß sie die Thür nit konnte aufmachen, sondern das Treid ist ganz häufig gegen ihr heraus geschossen; worüber sie ein unerhörtes Geschrei erhoben, welches in dem ganzen Ort dergestalten kundbar worden, daß jedermann unläugbar bekennen muß, daß man durch das Almosen geben nit ärmer, sondern reicher werde.

Das ist auch geschehen mit dem h. Eutychio, Patriarchen zu Constantinopel, auch mit dem h. Juliano, auch mit dem h. Thoma de Villanova, auch mit dem h. Beichtiger Gerardo, auch mit dem h. Grafen Elzeario, auch mit dem h. Abt Cunano, auch mit dem h. Wonedulpho; das ist geschehen und geschieht noch auf heutigen Tag, Stund und Augenblick mit unzahlbaren Vielen, welche durch das Ausgeben mehr eingenommen, und durch die Armen seynd reicher worden.

[26] Anno 1197 hat der h. Abt Gevardus bei großer Hungersnoth große Sorg getragen über die Armen, und weil er in Forcht gestanden, es möcht mit der Zeit das Mehl nicht mehr klecken, den armen Leuten Brod zu schaffen, also hat er dem Pfistrer anbefohlen, er sollt die Laibl forthin kliener machen. Ja, sagt der Bäck, das hab ich schon lang gethan, und mach sie täglich kliener, allein das Brod wächst augenscheinlich im Ofen, und wann ich zwei Unzen einschieb, so nehm ich vier heraus. Gott läßt demnach sich nit überwinden in der Cortesi: je mehr man ihm gibt, je häufiger erstatt' er es wiederum. Die lieben Jünger setzen ihm ein Stückl Bratfisch vor, »obtulerunt ei partem piscis:« solches hat der liebste Jesus ganz reichlich vergolten, indem er denselben einen so großen Fischfang geschickt, daß so gar das Netz vor Menge der Fisch zerrissen. Je mehr du dann aus dem Kasten nimmst, je völler wird derselbe, je öfter du den Beutel ziehest, je gefüllter wird derselbe, je gütiger du gegen den Armen bist, je begüter wirst du. Deine Habschaft, deine Wirthschaft, deine Baarschaft, deine Herrschaft, deine Handelschaft, deine Kundschaft, deine Gewerbschaft, deine Bürgschaft, deine Gerhabschaft, deine Freundschaft, deine Nachbarschaft, deine Wissenschaft, deine Bekanntschaft ist alles zum besten geschafft, wann du den armen Hungerigen Brod schaffest, den Nackenden [27] Kleider schaffest, den Fremden Herberg schaffest, und den Nothleidenden Hülfe schaffest.

Zu Cana in Galliläa ist das Wasser zu Wein worden; zu Poliaster ist das Brod des hl. Thomä Aquinatis zu Rosen worden; in Hebernia ist ein Sauschunk durch den hl. Bischof Silai zu einem Fisch worden; bei dem Abt Fechino ist, salvà venià ein Butzen aus der Nasen eines Aussätzigen zu Gold worden; zu Alenques seynd die Rosen der h. arangonischen Elisabeth zu Geld worden; bei dem h. Atilano ist sein alter zerlumpter Rock zu einem kostbaren Meßgewandt worden. Diese gedunken dir freilich große Wunder zu seyn; aber gib Almosen, gib, gib, alsdann wirst du Wunder über Wunder sehen! Du wirst sehen, daß dir dein Kreuzer zu einem Thaler wird; du wirst sehen, daß dir dein Korn zu einem Weizen wird; du wirst sehen, daß dir dein Zwilch zu Sammet wird; du wirst sehen, sehen und greifen, greifen und hören, hören und empfinden, daß all dein Auskommen, Einkommen, Zukommen, Fortkommen vermehrt wird durch das Wegkommen: wann nemlich ein Almosen von dir kommt in die Schoß der Armen.

Der künstliche und köstliche, der schöne und scheinende Sitz des Königs Salomon ist gewest von dem edelsten Helfenbein. Willst du gut sitzen, mein frommer Mensch, willst du ruhig sitzen, willst du in großem Reichthum sitzen, so gib Acht, daß dein Sitz auch sey von Helfenbein; thue helfen den armen Bettlern; thue helfen der armen Katterl, die wird dir[28] Glückrad anheften; thue helfen der armen, wassersüchtigen Aperl, die wird machen, daß du und deine Erben allzeit werden genug haben zu nagen und beißen; thue helfen dem armen, krummen Peter, der wird dir die Schlüssel zum Reichthum einhändigen: thue helfen der armen, blinden Martl, die wird dir deine Kuchl spicken; thue helfen dem armen, thörischen Stephel, der wird dich steinreich machen; thue helfen dem alten, armen Jörgen, der wird dir vom Esel aufs Pferd helfen!

Diesen Rath hat geben der fromme und gottselige Capuciner Aegidius Turrianus, welcher mehrmal gar freundlich mit einem armen Weber pflegte zu reden und ihn bester Massen in seiner Armuth trösten. Unter andern gab er diesem bedrängten Tropfen folgenden Rath: wann er wolle seiner großen und harten Armuth entgehen, soll er sich keines andern Vortheil gebrauchen, als des Almosen geben. Solchem guten Rath ist dieser ohnedas gar tugendsame Weber gar emsig nachkommen, und alle Tag einen Pfenning Almosen geben (ein schönes Kapital). Nichts desto weniger tragte ihm diese winzige Summa ein stattliches Interesse; dann, nachdem er im benannten Almosengeben eine kleine Zeit verharret, hat er alsobald handgreiflich wahrgenommen, daß sein Wirthschäftl in einem merklichen Aufnehmen sey, welches ihn dann veranlasset, daß er nachgehends zwei Pfenning täglich unter die Armen ausgetheilt, worvon er dergestalten bereicht worden, daß er ein sehr reicher und vornehmer Handelsmann worden. Dazumalen war in der ganzen perusinischen Gegend und Landschaft eine sehr große [29] Hungersnoth, wessenthalben eine überaus häufige Anzahl der armen Leute bei seinem Haus täglich sich eingefunden, welchen er ohne Unterschied Brod und nöthige Lebensmittel ganz mildherzig dargereicht. Dem Teufel war solche Wohlgewogenheit und Lieb gegen die Armen sehr mißfällig; suchte demnach diese alte Schlange durch das Weib den Mann zu hintertreiben, wie dann solche bereits dem Mann stark zugeredt, er soll und woll nicht gleich obenhin das Seinige verschwenden, sondern mit mehrerm Bedacht das Almosen austheilen, und fein den Armen von den Armen unterscheiden. Der gute Handelsmann vermerkte bald, daß diese Rathschläg in des Teufels Kanzlei concipirt, dahero schafft er ihr, sprechend: mein Weib, nimm du einen Sack voll Brod, und nach deinem so reifen Verstand und stattlicher Bedachtsamkeit theile solchen unter diejenigen Armen aus, welche nach deiner Meinung die bedürftigisten seynd; ich entgegen will dergleichen Säck voll Brod aufnehmen, aber einem jeden anlangenden Bettler ohne fernere Nachforsch mittheilen; laß sehen, mein Weib, welcher Sack ehender leer wird. Der Ausgang hat es zeigt: das Weib aus angeborner Kargheit hat gar wenig Brod ausgetheilt, der Mann aber in der Menge; gleichwohl ist der Frauen Brodsack bald ausgeleert worden, des Herrn Sack aber eine lange Zeit ganz, unangesehen so viel daraus genommen worden, voll mit Brod, auch ohne Abgang eines einigen Laibs, [30] gefunden worden. O Wunder! schrie auf das karge Weib; ich aber schrei: nit Wunder ein bös Weib!

Die mehresten kargen Christen wenden vor einige Entschuldigung, und erscheinen mit diesem Einwurf: wie daß sie derenthalben nicht können Almosen geben, weil sie selbst bei kleinen Mittlen seyn, auch bei solchen Zeiten hart sey zu leben; zu dem so seyn ihre Kinder vermehrt, wie die Kinder Israel, und klagt sich niemand wegen des Zahnwehe, als eben der Laib Brod; man höret die ganze Zeit im Haus immerzu gut papstisch reden, indem eins um das ander Päpn, Päpn, Päpn schreit; über das muß gleichwohl noch etwas im Vorbehalt restiren und in die Sparbüchs gelegt werden für einen Noth-Pfenning; dann die Zeiten seynd nit mehr, bei welchen das Manna von Himmel falle, Elias von Raben gespeist, und Daniel vom Habakuk tractirt werde, oder den Israeliten die Vögel ins Maul fliegen; das »Nolite esse soliciti in crastinum« habe bereits eine andere Auslegung: laß reiche Leut Almosen geben, welche den Ueberfluß an Geld und Gut haben!

O ihr laue Christen! ich sehe wohl, ihr seyd weit eifriger im Klauben als im Glauben! eben derenthalben, merkts euch wohl, derenthalben sollt ihr Almosen geben, weil ihr bei kleinen Mitteln seyd; dann durch das Almosen wachsen die Mittel! Dives kommt her von dividendo: Mittel rühren her von Mitleiden; die Güter vermehren sich durch die[31] Gutherzigkeit; die Reichthumen nehmen zu vom Darreichen; das Geld wachset vom Vergelts Gott der Armen! Nit allein, o bethörte Adams-Kinder, gibt Gott um das Almosen den Himmel, und im Himmel die Kron, und in der Kron die Seligkeit, nit allein dieß – es wäre zwar dieß überschwenglich genug bezahlt – sondern noch darüber verspricht er, verlobt er, verheißt er, daß er es auch auf der Welt wolle hundertfach bezahlen. Cui Judaeo negares, o homo, qui in vanum accepisti Nomen Domini nostri Jesu Christi? »Wann dir ein Jud zu Prag, wann dir ein Rabbiner zu Dresden, wann dir ein Talmudist zu Nickelsburg, wann dir ein Lappadiner zu Frankfurt, wann dir ein Hebräer zu Leipzig, wann dir ein Präputiant aus Polen verspricht, das ihm geliehene Geld zehenfach zu bezahlen, dem gibst du es mit gierigem Herzen, mit lachendem Mund, mit festem Vertrauen, – und deinem Jesu willst du es nit anvertrauen, welcher es hundertfach verspricht zu erstatten?«

Was trägst du Margaritta von Mutina? fragt ihr geiziger Bruder, als sie etliche eingewicklete Stückl Brod zu den Armen getragen. Margaritta antwortet: Rosen, und siehe Wunder! die Scherzel Brod seynd wirklich in schöne Rosen verändert worden. – Was trägst du, Thomas von Aquin? fragt sein Herr Vater, als er mit etlichen verborgenen Scherzlen Semmeln zu den Armen geeilt. Thomas antwortet vor Schrecken: er trage Rosen, und siehe, die Semmeln seynd in die schönsten Rosen verwandlet worden! – Was trägst du, Petre [32] Regalate? fragen seine vorwitzigen Mitgespän, als er etliche Tag nacheinander das übergelassene Brod einer armen Wittib mit dreien Kindern zubracht. Petrus antwortet: er trage Rosen, und wahrhaftig, alle diese geübrigten Scherzl Brod seynd in die wohlriechenden Rosen verkehrt worden! – Mas tragst du, Nicolä de Tolentino? fragt sein gronender Prior, als er etliche Stückl Brod im Mantel zu der Porte für die armen Leut getragen. Nicolaus antwortet: Rosen, und siehe, die seynd in purpurfarbe Rosen verändert worden!

Diesen und vielen andern ist das Almosen durch ein Wunderwerk in Rosen verkehrt worden. Aber glaub du mir auch, o barmherziger Christ, glaub du fest, daß dein Almosen, welches du den Armen darreichest, gleichmäßig zu Rosen werde: es wird dir gewiß Rosen tragen in deiner Wirthschaft!

Dem Job hat es Rosen tragen; dann weil er ließ Woll' spinnen und daraus Kleider machen für die Armen, also hat ihm Gott geschenkt eine große und häufige Herd' Schaf. Dem lieben Mann hat das Almosen Rosen getragen, welcher den hl. Dominicum in die Herberg hat aufgenommen und ihn nach Möglichkeit tractirt; dann dazumal ein geh entstandenes Wetter mit hartem Schauer und schädlichen Rieselsteinern alle Weingebirg in selber Gegend gänzlich zu Grund gericht, der Weingarten aber des gedachten gutherzigen Manns ist nit ein Haar groß verletzt worden. Childeberto, Roberto und Ludovico, Königen in Frankreich, hat das Almosen Rosen getragen, indem sie kraft dessen ihre meisten Feind überwunden und allemal [33] siegreiche Waffen nach Haus gebracht.Rambaldo, einem Cavalier in Hibernia, hat das Almosen Rosen getragen, daß, als einst durch des bösen Feinds Anstiftung sein Pallast mit Feuer angesteckt worden, hat solches auf keine Weis' mögen gelöscht werden, bis die armen Bettler beigeloffen und das kurz zuvor von diesem Herrn gespendirte Geld und Brod in die Flammen geworfen, worvon augenblicklich alles erloschen. Dem Sem, nachmals Melchisedech genannt, hat das Almosen Rosen getragen; dann er etlich hundert Jahr alt worden, im besten Ruhestand und Wohlstand sein Leben zugebracht, keinem Unheil, keinem Unglück, keinem Unstern unterworfen, und als die Ursach dessen der große Patriarch Abraham gefragt, gab er die Antwort, wie daß er in der Arche Noe einen allgemeinen Futtermeister abgeben und alle Thier darinn gespeist, damit sie nit vor Hunger gestorben. Derenthalben habe ihn der allmächtige Gott auch auf der Welt also beglückt, Si Deus adeo beneficus est in eos, qui cum brutis animantibus misericordiam faciunt, quanto magis remunerabit eos, qui in homines sunt liberales! »Thut es der Allmächtige also reichlich vergelten auf der Welt, so man nur den wilden und unvernünftigen Thieren etwas Gutes erweiset, wie wird er erst belohnen dieselbigen, welche sich freigebig gegen den nach dem Ebenbild Gottes erschaffenen Menschen erzeigen!« Folge nach, o frommer Christ! es wird dir gewiß auch Rosen tragen, folge nach diesem Melchisedech, und speise gleichfalls die Thier wie dieser, so wirst du ebenfalls wie er auf dieser Welt glücklich leben! Aldort vor der Kirchen-Thür sitzt ein armer Blinder, der heißt Philipp Haß; [34] dort am Eck der Herrngasse leinet ein krummer Bettler, der heißt Rupert Hirsch; dort auf der Brücken hockt ein alter Bettler, der heißt Christoph Ainkhirn; dort beim Wasser-Thor liegt ein armer Wassersüchtiger, der heißt Stephan Lämpel; dort unfern dem Burger-Spital sitzt ein altes Mütterl, die heißt Anna Cammelin; hie geht ein armer Pilgram, der heißt Christian Adler; da singt vor der Thür ein bene pallidus und male palliatus Studiosus, der heißt Ferdinand Fink; da zieht dich bei dem Mantel ein armes Büberl, das heißt Benedict Zeisl etc., – diese und dergleichen Thier, mein lieber Christ, thue speisen; alsdann wird dich Gott wieder speisen, ja du und die Deinigen, du und das Deinige wird niemalen abnehmen, so lang die Armen von dir das Almosen einnehmen.

Thue dich um Gottes Willen nit entschuldigen: wann du möchtest Almosen geben, so blieb mit der Zeit der Bettel-Sack dir selbst nit aus, Hola parola, die nichts als lugenhaft. 25 Buchstaben überweisen dich, daß diese Wort mehr als 5tausendmal nit wahr seyn; 25 Buchstaben setzt der h. Geist in 5 Wort; diese 5 Wort stehen in göttlicher h. Schrift; nach diesen 5 Worten sollst du alle 5 Finger schlecken; an diesen 5 Worten sollen alle deine 5 Sinn sich begnügen lassen, benanntlich: Qui dat Pauperi non indigebit, »wer den Armen gibt, wird nie Mangel leiden.« Diese Wort seynd so wahr, als Gott nit kann die Unwahrheit reden.

[35] Ein Reicher kann wohl verderben, wie der Feigenbaum am Weg, ein Reicher kann wohl abnehmen, wie der Wein zu Cana in Galliläa, ein Reicher kann wohl um das Seinige kommen, wie der Reisende von Jerusalem nach Jericho; aber der sich der Bettler annimmt, kann nimmermehr zu einem Bettler werden: qui dat Pauperi non indigebit.

Kaiser Andronicus ist so arm worden, daß er bei kalter Winters-Zeit hat müssen neun Gulden zu leihen nehmen, wormit er einen alten Fuchs-Pelz hat kaufen können. Das kann einem Almosengeber nit begegnen: non indigebit.

Zu Anneberg wird man von einem erzählen, welcher daselbst also reich war, daß er sich mehrmal in lauter Malvasier gebadet, und so er ausgeritten, mußten seine Diener ihm allemal auf dem Weg mit Gold sehr reich gestickte Teppich aufbreiten, worüber er ganz herrlich passirt; endlich aber ist er so arm worden, daß er das Brod von Haus zu Haus mußte sammlen. Das kann einem Barmherzigen gegen die Armen nit begegnen: non indigebit.

Zu Schemnitz in Ober-Ungarn zeigt man noch eine Saul, dermal aber fast einem alten Steinbruch gleich, worinnen die Frau gewohnt, dermassen so reich an Silber und Gold, daß solches Schinnenweis bei ihr wie die Scheiter gelegen. Solche ist aber mit[36] der Zeit also erarmet, daß sie allda in dem Spital wie eine Bettlerin gestorben. Das kann einem Mitleidenden gegen die Armen nit widerfahren: non indigebit

Belisarius war ein solcher reicher und mächtiger Herr, daß man seine Bildnuß gar auf die öffentliche Münzen geprägt, und also auf einer Seite Kaiser Justinianus, auf der andern Belisarus zu sehen gewest. Er ist aber endlich so arm worden, daß er mit einem hölzernen Schüsserl auf dem Weg gesessen und bettlen müssen: date obulum Belisario.


Hie sitzt der arme Belisari,

Bitt um ein Bissel Brod;

Sein Glück ist worden Lari fari

Und steckt in größter Noth.


Dieß hat ein Freigebiger gegen die Armen nit zu förchten: non indigebit.Der sich der Armen annimmt, kann niemal erarmen. Wo seyd ihr, ihr gewinnsüchtigen Menschen, ihr geldgierigen Adams-Kinder, ihr wucherischen Weltaffen? wann ihr doch nach dem Gewinn schlecket, wie der Saul nach dem Honig, wann euch doch die Zähn wässern nach dem Interesse, wie den Israeliten nach den ägyptischen Zwiefeln, wann bei euch Knöpf doch die Goldblumen den Vorzug haben, wann ihr Büffel doch das guldene [37] Kalb mit des Aarons Pfarrkindern anbetet, wann bei euch doch das beste Recept ist das Cupio capio mit Aesculapio; so kommt her, treibt solchen Wucher, welcher euch nit allein an dem Ewigen nit schädlich, sondern noch hundertfach das Zeitliche vermehrt: nemlich durch das Almosengeben wird das Zeitliche nit verloren, sondern auserkoren, durch das Almosengeben wird das Geld nit geleert, sondern vermehrt, durch das Almosengeben wird die Wirthschaft nit geschwächt, sondern erhöcht, mit einem Wort: wer reich will werden, der nehm sich der Armen an.

Wie der gebenedeite Jesus von Nazareth zwölf Jahr alt war, hat er sich auch wegen der gewöhnlichen Solennität nach Jerusalem begeben, woselbst er von Maria und Joseph nit ohne sondere Herzes-Wehemuth verloren, nicht weniger erst am dritten Tag, nach allem möglichist angewend'ten Fleiß und emsigister Nachforsch im Tempel zu Jerusalem gefunden worden, allwo er in Mitte der hochwürdigen und hochgelehrten Herren Doctorn wurde angetroffen, als der ihnen dazumalen die tiefsinnigisten Fragstuck vorgetragen, über welches sich die hebräischen Spitzköpf und Witzköpf nit wenig verwunderten! Es haben die bedrängten Eltern ihren allerliebsten Sohn Anfangs gesucht bei den Befreund'ten und Anverwandten, der gänzlichen Meinung, als habe etwann der Herr Vetter Samuel oder die Frau Maim Rebecca den zwölfjährigen Knaben nach [38] Haus geführt, und ihm daselbst eine Ehr angethan. Es war aber dem nit also, wie man es leider noch erfahret, daß einem von landfremden Menschen mehr Guts erwiesen wird, als von eignen Freunden und Bluts-Verwandten. Als nun die sorgfältigste Mutter Maria an allen Orten und Porten nachgefragt, ob sie nicht einen fremden Knaben, der eines holdseligisten Angesichts und mehr als englischer Gestalt, hätten gesehen; da hat sie endlich so viel erforscht, daß eine sich verlauten lassen: ja es habe vorgestern ein Knab, ihres Gedunken nach mit 12 Jahr, bei ihrer Hausthür angeklopft, und um eine Nachtherberg gebeten, dem sie es wegen einer so lieben Gestalt und angenehmsten Gebehrden nicht hab können versagen; auch habe solcher ihr das Herz dergestalten eingenommen, daß sie Zeit ihres Lebens keines so fröhlichen Gemüths sey gewest, als bei diesem Gast. Da, Frau, sagt sie, hab ich ihm mit eignen Händen ein Bettl zugericht, und mit lindem Feder-Polster wohl versehen. So hat aber der guldene Knab solches auf alle Weis' geweigert, sondern er hat auf der harten Erd mit einem steinernen Hauptkiß' Vorlieb genommen. Zu Morgens bei anbrechender Morgenröth hat er sich höflichist beurlaubt, und allem Vermuthen nach in den Tempel gangen. So viel kann ich euch, meine liebe Frau, Nachricht geben. – Eine andere sagt: meine Frau, erst gestern bin ich eines solchen Knabens ansichtig worden. Da ich auf den Platz gangen, sah ich ihn bei des Burgers Zachariä Hausthür um Mittags-Zeit ein Stückl Brod bettlen; muß bekennen, so er wäre in meine Armuthei kommen, hätt ich ihm[39] nach meinem Vermögen ein Mittagsmahl zugericht, dann er ja gar ein holdseliger Knab. So viel ich von Andern vernommen, sey er heut Nacht im Spital, nit weit vom Eisenthor, geblieben, in der Frühe aber der allererst im Tempel gewesen; allwo ihn nachmalen mit unbeschreiblichem Herzens-Trost Joseph und Maria angetroffen. Also hat derjenige, so Himmel und Erden erschaffen, so alles was lebt und schwebt, ernähret, einen armen Bettler abgeben, und die drei Täg hindurch das Almosen gesucht.

Hättest du auch, lieber Christ, hättest du auch diesem bei der Thür ein Stückl Brod vergonnt, forderist, wann dich jemand hätte vergwißt, daß dieser Gottes Sohn sey? Ja, ja, tausendmal ja, unendlichmal ja, sonst ein jeder Alles und Alles hätt ihm gutwilligist, treuherzigist gespendirt. O hätte ich einmal die Gnad vom Himmel, daß Gott zu meiner Thür komme, ich wüßt nit, gar nit, was Guts ich ihm erweisen sollte; ich wollt, so es ihm beliebig wäre, mit dem Messer mir die Brust eröffnen, urbietigist das Herz heraus heben und ihm darreichen, mehr hätt ich nicht!

Mein eifriger Christ, solche erst erwünschte Gnad hast du alle Tag; dann so oft ein armer und bedrängter Tropf dich um ein Almosen ersucht, so glaube vor gewiß, daß Gottes Sohn in eigner Person dich anrede und bitte, und was du den Armen gibst, das hast du Gott selbsten geben! Dieses ist so wahr, als wahr ist, daß dich Gott erschaffen und erlöst. Ja, Gott schwört hierauf, damit du Ihm sollest glauben: Amen, amen dico vobis, quod uni ex minimis [40] meis fecistis, mihi fecistis. Glaub du sicher, daß oft dein Heiland Jesus in Gestalt eines krummen oder lahmen oder blinden oder sonst elenden Bettlers dich anspreche um ein Almosen, glaub es unfehlbar!

Der h. Ethbinus ging einst mit seinem frommen und h. Vater Uvinvaloro ins Feld spazieren, zu beederseits Trost einen geistlichen Discurs zu führen. Da sahen sie ungefähr einen armen, todtblichenen, aussätzigen Bettler, welcher voller Geschwür am ganzen Leib fast einem Job auf seinem Mistbett'l gleichte. Diese zwei gottseligen Männer umarmten alsobald den armen Tropfen, trösteten ihn nach aller Möglichkeit, und nachdem sie ihm seine rinnenden Geschwür gewaschen und gesäubert, hat sich Ethbinus also verliebt in diesen elenden Bettler, daß er so gar wollte das Eiter aus dem Geschwür und zeitigen Aisen heraus saugen, und siehe Wunder! als Ethbinus vermeinte, diesen rinnenden Wust und faule Materi schon im Maul zu haben, so fand er anstatt desselben ein kostbares Edelgestein auf seiner Zunge, erblicket beinebens ein glänzendes Kreuz auf der Stirn dieses Bettlers, und nehmen alle beede wahr, daß dieser der gebenedeite Jesus selbst gewesen, welcher in Begleitung unzählbarer englischer Geister vor ihren Augen in Himmel gefahren.

Der h. Papst Gregorius Magnus, der h. Papst Leo, der h. Joannes Columbinus, der h. Abt [41] Robertus, der h. Bischof Martinus, der h. Bischof Julianus, die h. Catharina Senensis, der selige Andreas de Galleranis, der h. Franciscus von Asis, der h. Ivo, der selige Joannes Dei etc. und viel unzählbare mehr haben Jesum Christum in Gestalt eines Bettlers gespeist, bekleid't, beherbergt und beschenkt.

Der gebenedeite Heiland saß auf eine Zeit bei einem Brunn allermüd und matt wegen der Reis' und großen Sonnenhitz. Da kommt ein samaritanisch Weib, Wasser zu schöpfen, welche der demüthigste Herr ganz freundlich bewillkommet, von ihr aber nichts anderst, als ein saures Gesicht und unhöfliches Anschnarchen erhalten; auch da er von ihr einen frischen Trunk Wasser billig verlangte, warf sie ihm noch schimpflich vor, wie daß er ein Jud sey, die Sprach samt dem Aufzug verrathe ihn, die Juden aber pflegten den Samaritanern nit viel bona dies zu geben, viel weniger, daß sie aus dero Geschirren möchten essen oder trinken. Worauf der sanftmüthigste Heiland mit diesen Worten zu ihr gesprochen: Si scires, quis est, qui dicit tibi, da mihi, forsitan dedisses: »Wann du wüßtest, wer der ist, welcher zu dir sagt, gib mir, vielleicht hättest du ihm geben.«

Du, mein lieber Herr Gebhart, es bittet dich ein armer alter Tättl so schön, daß es scheint, als trage er den Ciceronem auf der Zung und nit im Sack; er bittet dich um Gottes willen um ein [42] Almosen; du schnarchest ihn aber an, warum er in seiner Jugend nichts habe erspart, es sey ein Zeichen, daß er das Seinige durch die Gurgel gejagt, und beim blauen Hechten, allwo er immer gesoffen, hab seine Wirthschaft den Krebsgang, genommen.

Du mein lieber Meister Zacharias, vor deiner steht ein elender Tropf, welcher darum arm, weil er nur einen Arm hat, den er durch einen Schuß vor Ofen verloren, dazumalen, wie es bei Ofen kühl ist hergangen; dieser arme Gesell bedauret sehr stark, daß er nit zwei Händ hat, damit er beide könnt aufheben, dich zu bitten; du aber machest ein ursicinisch Gesicht gegen ihn, mit dem schmählichen Vorwurf: wann er etwas Guts wäre gewest, so wäre er wohl kein Soldat worden; er hätte bevor wissen sollen, daß es nirgends mehr Scherben gibt, als bei Kriegen, auch sey Fechten und Bettlen fast eines Innhalts.

Du, mein lieber und gestrenger Herr SecretariServati, siehe doch, wie dieser krumme Tropf mit seinem hölzernen Hand-Pferd dir so müheselig nachgallopirt; du kannst dir gar wohl einbilden, daß ihn auch am hölzernen Fuß der Schuh drucke, und weil der untere Stock so schlecht ist, ist gar wohl zu vermuthen, [43] der obere Stock sey mit Trübsal ausspalirt. Du aber erbarmest dich seiner nit, sondern zählest ihn noch unter die liederlichsten Zigeuner-Bursch, als sey er ein Ordinari-Landbettler und wisse gar stattlich die Leut auf der Straße, wann sie allein gehen, zu schröpfen.

Du, mein ehrenfester und wohlvornehmer HerrHartmann, schau mir diesen elenden Menschen an, welcher vor deiner die Händ aufhebet; Kleider halber soll er ja Ihr Durchleucht genennt werden; es scheint, als sey er dem Papiermacher über seine Garderobe kommen; er geht daher, als wie sonst die Frau Wahrheit soll ausziehen, das ist nackend und bloß. Dieser bittet dich in Frost und Kälte ganz inbrünstig um Hülf; du aber stellst dich, als wann du ihn nit sähest, und fällt dir nit ein, daß aus diesen Hadern und Lumpen ein Papier gemacht wird, worauf Gottes ernstliche Wort können geschrieben werden: Nudus eram, et non cooperuistis me, »ich war nackend und bloß, und ihr habt mich nit bekleidet!«

Si scires, quis est, qui dicit tibi, da mihi; o Hartmann, wann du wüßtest, wer der ist, welcher zu dir sagt, gib mir, wie gern und urbietig würdest du ihm deine mildreiche Hand darreichen; und mußt wissen und sollst wissen, daß gar oft der Welt Heiland selbst, dein Erschöpfer, dein Erlöser, dein Richter, dein Gott, die elende Gestalt eines Bettlers an sich nehme, mit Lumpen und Hadern sich bekleide, bei der Thür anklopfe, und von dir ein Almosen begehre: si scires, forsitan dedisses.

[44] Einem Fischer in Indien begegnete gar oft das Glück, daß er unverhofft anstatt des Fisches die kostbaren Edelgestein aus dem Meer ziehet. Er wurf das Netz in die nasse Herrschaft Neptuni ganz keck hin ein, der größten Zuversicht, das Meer wird ihm mehr günstig seyn, als dem Petro die ganze Nacht, da der Fisch Nihil ins Netz gangen. Nachdem er endlich das Netz aus der Tiefe ziehet, und spannet mit gierigen Augen, ob nit einiger Fischfang seine Mühe bezahle, da merkt er bald, daß er weder bei Neptuno, noch Fortuna den Kürzeren gezogen, indem er wahrnimmt, daß er anstatt der Fisch die hoch-schätzbarsten Edelgestein, anstatt eines Punin einen Rubin, anstatt der Aalen die schönsten Corallen, anstatt der Stirl die theuresten Saphirl heraushebet.

Deßgleichen widerfahrt auch viel mildherzigen Almosengebern, welche oft und mehrestentheil vermeinen, daß sie arme und nothleidende Bettler in ihre Behausung einführen, auch kräftig glauben, daß sie bedrängte und presthafte Menschen mit Speis' und Trank versehen, auch sich selbst nichts anderst einbilden, als daß sie elenden Tropfen und nothleidenden Adamskindern einen Kreuzer schenken, unterdessen aber ist geschehen und geschieht noch, daß sie anstatt der Fisch die schönsten Edelgesteiner gefangen, will sagen, anstatt eines Bettlers den Heiland Jesum selbst beherbergt, anstatt eines Menschen dem wahren Gott und Menschen diese Gutthat selbst erwiesen.

[45] Abraham hat glaubt, er tractire 3 fremde Männer, und waren unterdessen 3 hl. Engel in der Figur der allerheiligsten Dreifaltigkeit, tres vidis, et unum adoravit. Martinus hat glaubt, er gebe das Trumm von seinem Mantel einem Armen, und ware doch kein Armer, sondern ein Reicher: derjenige, welcher das Himmelreich erschaffen. Joannes Dei hat vermeint, er trage auf seinen Achslen einen elenden Bettler ins Spital, und war unterdessen Gottes Sohn. Der hl. Ivo hat darfür gehalten, er helfe den armen Wittiben und Waisen, unterdessen war gar oft unter denselben Jesus selbsten.

Also sey du auch versichert, mildherziger Christ, gutherziger Mensch, barmherziger Almosengeber, sey versichert, daß du vielleicht auch einem Armen etwas gespendirt, den du für einen elenden Tropfen gehalten, unterdessen aber ist es etwann Gott selbst gewesen. Glaube beinebens auch, daß du bisweilen einen armen Menschen bei deiner Hausthür mit rauhen und groben Worten hast angetast, welcher in Bettlers-Gestalt der Heiland selbst gewest, und also deinem Erlöser einen schnarcherischen Verweis geben. Si scires, quis est, qui dicit tibi, da mihi, forsitan dedisses.

Arnoldus in seinem Martyrologio schreibt von einer frommen Gräfinn, welche, ob schon hochgeboren, dannoch eine niederige, demüthige Dama gewesen, auch war solche nit allein wohlgeboren, sondern war auch wohlgelobt, forderist wegen der Wohlthaten, die sie den [46] armen Leuten erwiesen, daß ihr also rechtmäßig der Titul Ihr Gnaden gebührt, und sich füglich eine Gräfinn von Helfenstein hat schreiben können. Dieses adeliche Gemüth, so sehr es zu der Lieb des Nächsten geneigt, so unbarmherzig und aufblasen war ihr Herr Gemahl, als welcher nichts unwerther konnte sehen, als die Bettler, die er ins gemein nur lausige Bursch und verworfenes Lumpengesind taufte, auch so gar obbenannter seiner Frau Gemahlinn ernsthaft verboten, daß sie mit dergleichen Grindschipeln nit soll umgehen, noch weniger solche Fleck-Kramer in ihre Behausung einlassen. Als nun auf eine Zeit dieser Durandus sich mit einer Jagd nach Gewohnheit ergötzte, hat sich ein elender, aussätziger Bettler bei der Schloßthür eingefunden, welcher um Gottes willen eine Herberg gesucht. Der Frau Gräfinn war das Herz schon erweicht, als die nicht konnte sehen einen Menschen, dessen sie sich nit thäte erbarmen; allein die schützte vor das große Verbot ihres so harten Herrn. Weil aber der arme, mit Geschwüren überhäufte Bettler ganz inständig gebeten, also hat die Barmherzigkeit bei ihr vorgeschlagen, und diesen nicht allein in das Geschloß, sondern auch, wie er verlangte, so gar in ihr eigenes Bett auf eine Stund zu ruhen eingelassen. Unterdessen aber kommt unverhofft der Graf von seiner Jagd zurück, und weil er sich im Hetzen so stark bemühte, begehrt er alsobald in die Schlaf-Kammer, daselbst eine kleine Ruhe zu suchen, und den abgematten Leib mit [47] einem stündigen Schläfl zu befriedigen. Allhier erwäge jemand, wie es der Frau Gräfinn um das Herz gewesen, was Aengsten und Sorgen ihr bedrängtes Gemüth überfallen, als die so wohl ihren eignen, als auch des armen Bettlers Untergang und Tod ganz unfehlbar prophezeite. Indem nun auf sein ernstliches Begehren die Frau Gräfinn die Kammer aufzusperren etwas verweilte, stößt der ungeduldige Cavalier mit gleichen Füssen die Thür ein, welches zugleich fast ein tödtlicher Stoß war in dem Herzen der beängstigten Dama. Aber Gottes Weisheit weiß meisterlich zu spielen in allen Welt-Sachen. Wie erstgedachter Wurmius in die Kammer eingetreten, hat er einen so lieblichen Geruch empfunden, daß ihn gedunkte, als habe das irdische Paradies seinen Blumenschatz dahin gespendirt, auch wünschen konnte, daß er gar zu einer Nase möchte werden, diesen übernatürlichen Geruch sattsam zu genießen. Als unterdessen die bedrängte Gräfinn ihr den gewissen Tod vorgebildet, der Meinung, es habe der Graf den armen, presthaften Bettler daselbst im Bett angetroffen, so hat sich aber der Herr Graf bald wieder aus der Kammer begeben, mit höchster Verwunderung sich zu seiner Frauen Gemahlinn gewendet, sprechend: er habe länger nit mehr schlafen noch ruhen können, weil es ihm nicht anderst vorkommen, als sey er mitten im Paradies, so voller Lieblichkeit und Süße sey das Bett gewest. Worauf die gottselige alles umständig erzählet, wie daß sie einen armen, elenden Bettler habe darein gelegt, weil solcher sie inständig gebeten. Indem dann solcher verschwunden, sey gar glaublich zu halten, daß es nit ein Bettler, sondern in dessen Gestalt der [48] Heiland Jesus selbst gewesen; welches dann dem vorhin hartmüthigen Grafen das Herz also erweicht, daß er nachmals die übrige Lebensfrist unaussetzlich sich samt seiner frommen Frauen Gemahlinn in allen Werken der Barmherzigkeit ganz emsig geübet. Si scires, quis est, qui dicit tibi, da mihi, forsitan dedisses.

Demnach, mildherziger Christ, bild dir ein, so bei deiner Hausthür ein armer Bettler klopft, es sey derjenige, welcher in das Haus Zachäi eingetreten, und dasselbe mit seiner göttlichen Gegenwart geheiliget; bild dir ein, wann ein blinder Bettler ganz armselig dich anspricht, es sey Jesus der Sohn David, welcher dem Blinden am Weg das Gesicht erstattet; bild dir ein, so dich ein krummer und elender Tropf mit nassen Augen bittet, es sey derjenige Jesus, in dessen Namen Petrus den Lahmen bei der Porten des Tempels curirt hat; bild dir ein, wann dich ein armer Schlucker nur um einen Pfenning bittlich ersucht, es sey derjenige, welcher dem alten Mütterl wegen Opferung zweier Heller so großes Lob im Tempel nachgesprochen; mit einem Wort: so oft du eines Armen ansichtig wirst, bild dir ein, es sey Gott selbsten; dann in der Wahrheit mehrmal unser lieber Herr in Bettlers-Gestalt, in Bettlers-Kleider, in Bettlers-Lumpen, in Bettlers-Krucken, mit Bettlers-Säcken, in Städten, in Märkten, in Geschlössen, in Dörfern, in Häusern herumgehet, und das Almosen sammelt, hierdurch die Adams-Kinder zur Barmherzigkeit und Mitleiden zu lenden und wenden.

Gesetzt aber, es sey weder Christus, weder ein Engel, weder ein Heiliger, der dich mit den 6 Buchstaben »da mihi« ansingt, so ist es genug, daß es ein[49] armer und notleidender Mensch ist; und sollst du auf seiner Stirn fein lesen, so Gott mit eignen Händen auf Fractur-Art geschrieben: Was ihr einem aus meinen Mindesten gethan, das habt ihr mir gethan! Mir, merkts Cavalier; mir, merkts Monsigneur; mir, merkts Forestier; mir, merkts alle ihr; mir, sagt Gott, gebt ihr, was ihr den Armen gebt!

Es wird registrirt von einem, der wegen inständigen Anhaltens einem armen, halb nackenden Menschen ein Kleid gespendirt, weil er aber bald hierauf Nachricht erhalten, daß dieser ein schlimmer Gast sey und heilloser Bösewicht: so hat es ihn über alle Massen gereuet, daß er einen solchen nichtsnutzigen Vaganten bekleidet, welcher doch mit gutem Bärenhäuter-Zeug bedeckt war. Auf solches ist ihm der Herr Jesus leib-und lebhaft erschienen, und ihn mit diesen Worten angeredt: Laß dich gar nit reuen; dann du nit ihm, sondern mir das Kleid geschenkt hast! Mir, merks Currier; mir, merks Officier; mir, merks Mercantier!

Es war unlängst einer, welcher zwar kein anders Stamm-Haus wußte, als eine arme Bauernhütte; gleichwohl hat er klar an Tag geben, daß nit Alles Stroh im Kopf hat, was unter dem Stroh-Dach geboren: massen dieser durch die Studien so viel gezeigt, daß auch die Knöpf zu Rosen werden. Als solcher noch in den untern Schulen mit dem Häferl in eines großen Herrn Hof seine Kost suchte, und derenthalben nicht allein mit dem Hausgesind und Dienstboten in die Bekanntschaft gerathen, sondern so gar auch mit der Herrschaft selbst, welche ein sehr gnädiges[50] Wohlgefallen an der bescheiden und bescheidenen Ansprach und sehr witzigen Schnacken dieses Ollaris Scholaris hatten. Unter andern bracht er einest Ihro Gnaden die sinnreiche Frag vor: wie viel Gott der Allmächtige Ellen Tuch brauche zu einem Rock und Paar Hosen – allweil Gott unendlich und so groß, daß er Himmel und Erd einfülle? Der gnädige Herr kratzte hierüber in den Haaren, und wußte keineswegs diesen Knopf aufzulösen. Er glaube wohl, sprach er, die Hosen müssen größer seyn, als des Herrn Burgermeisters zu Lucern im Schweizerland. O nein, sagt hierauf der Scholar, mit 7 oder 8 Ellen aufs mehrest kann Gott gar wohl bekleid't werden zu Hosen, Wammes und Rock; dann Gott bei dem Evangelisten Matth. 25 Capitel spricht: Quamdiu fecistis uni ex his Fratribus meis minimis, mihi fecistis: »Was ihr einem aus meinen mindesten Brüdern habt gethan, das habt ihr mir gethan«; ich aber bin einer aus denselben mindesten: wer also mich, wie ich dann von Euer Gnaden nit anderst hoffe, wird von Fuß auf kleiden, der hat Gott selbst ein nagelneues Kleid gespendiret. Mihi, mihi, mir, merks Furier, mir, merks Cassier, mir, merks Portier, mir gibst du es, sagt Gott, was du den Armen gibst!

Recht ist Misericordia generis feminini, und sagt man nit der, sondern die Barmherzigkeit, massen solches mehr bei dem weichherzigen Weiber-Geschlecht, als bei denen Männern anzutreffen ist.

[51] Solche hat in allweg getragen gegen die Armen eine gewisse fromme Matron, die ich unterdessen Frau Benigna mit dem Zunamen Gutherzinn will nennt haben. Als diese auf eine Zeit ein armer, halbnackender Mensch um einen alten Fetzen angesprochen, darmit seinen elenden Leib zu verhüllen, schafft, sie unverweilt der Dienstmagd, daß sie ihm solle ein Hemmet aus dem Gewand-Kasten beibringen. Welche dann nichts als hurtig solchen Befehl vollzogen, und damit sie sich als eine häusliche Wirthinn zu erkennen gäbe, hat sie ein altes und in etwas zerrissenes Hemmet herab gebracht, worüber die wackere Frau sich nicht ein wenig entfärbt, und in diese löbliche Ungeduld ausgebrochen: Ei du schlimme Husten, sprechend, du karge Hex, geschwind bring ein anders und bessers herbei; es wäre mir ja eine ewige Schand, ja, pfui Teufel, die größte Schand, wann am jüngsten Tag vor allen Engeln und Heiligen Gottes und dem gesamten menschlichen Geschlecht Christus der Herr dieses zerrissene Hemmet soll zeigen und sagen: Ecce, sehet, dieses Kleid hat mir diese Frau gespendiret! Pfui, pfui, pfui!

Mihi dedisti, mihi; mir, merks Hatschier; mir, merks Sumulier; mir, merks Cavalier; mir gebt ihr, was ihr den Armen gebt, und solches will ich euch sowohl zeitlich als ewig vergelten!

Appelles Appollophanes, Appollonius, Appollodorus haben viel geschrien und geschrieben von den Kräutern, dero Eigenschaft und Wirkungen; unter [52] andern melden sie auch von einem Kräutel, welches sie Xanthium, auf deutsch insgemein Bettlerläus' nennen. Diese seynd nichts anderst als Kletten, welche meistens auf gemeiner Straße wachsen. Solche haben eine wunderliche Beschaffenheit, melden obgedachte Weltweisen, daß, wann man sie im Herbst eröffnet, so find't man darin zwei fruchtbare Körnlein: seynd es Gerstenkörnl, so bedeut's ein fruchtbares Jahr, seynd es aber Haberkörnl, so bedeut's eine Theurung aller Früchten. Ob dieß wahr sey, kann's ein jeder probiren. Im Uebrigen haben auch diese Kletten oder Bettlerläus' eine andere Kraft, daß sie nemlich mit Rhabarbara in Wein gesotten den Aussatz reinigen.

Was hierinfalls Dioscorides den Bettlerläusen zuschreibet, das schreib ich den Bettel-Leuten zu: daß nemlich solche so voller Wirkung seynd, daß sie auch dir, mein sündiger Mensch, den Aussatz deiner Seelen können heilen und reinigen. Dieses Recept hab ich von dem vornehmsten Medico, welcher sich nennt Jesus von Nazareth. Solches hat von Wort zu Wort gar genau und emsig abgeschrieben der Evangelist Lucas im 11ten Capitel: Recipe date Eleemosynam, et omnia munda sunt vobis: »Gebt Almosen, so wird Alles rein bei euch!« die Sünden werden ausgelöscht, der Aussatz wird gereiniget!

Bist du ein Ehebrecher und ein größerer als der israelitische David oder longobardische Paphaon; bist du ein Mörder, und ein größerer als der Kain oder der Caius; bist du ein Dieb, und größerer als [53] der Achan oder lydische Achäus; bist du ein Gotteslästerer, und ein größerer als der Antiochus oder bithynische Antinous: sey dessenthalben nicht verzagt, die Krankheit ist zwar groß, aber eine einige Purgation macht dich gesund: Eleemosyna à morte liberat, et ipsa est, quae purgat peccata. – Bist du gewest 10 Jahr klauberisch, 20 Jahr rauberisch, 30 Jahr verfressen, 40 Jahr vermessen, 50 Jahr unzüchtig, 60 Jahr unrichtig, 70 Jahr im Haß, 80 Jahr im Fraß, 90 Jahr verrucht, 100 Jahr verflucht: sey derenthalben noch nit verzagt, die Wunde ist zwar groß, aber ein einiges Pflaster hofft: gib Almosen, non parvum cataplasina est elecmosyna, cum valeat omnibus apponi vulneribus – Wann du ärger bist, schlimmer bist, lasterhafter bist als Holofernes von Buhlersdorf, als Esau aus Frißland, als Saul von Neidlingen, als Herodes von Frauhofen, als Nabuchodonosor von Stolzendorf, als Judas von Kaufbeuren, als der verlorne Sohn von Schweinfurt, als der Nabel von Schlegelleuten, als der Goliath von Großwardein, als der Pharao von Hartberg etc.: nichts verzagt, kannst gar leicht nach Heilbrunn kommen, gib Almosen, das Heil ist dir gewiß!

Ich sehe es dir an, deine Augen seynd Fenster, [54] wo der Teufel oft eingestiegen; deine Ohren seynd Zimmer, wo der Satan oft Audienz gehabt; dein Maul ist eine Schmide, wo der Lucifer oft Zank-Eisen geschmid't hat; deine Händ seynd Angeln, mit denen der böse Feind oft gefischt hat; dein Gewissen ist ein Kissen, worauf der Beelzebub oft geschlafen: gleichwohl sey nit verzagt! Allegro, macht Almosen! Eleemosyna kommt her von Elimino: Almosen will so viel sagen, als: Alle-müssen, das ist, alle Sünden müssen weichen dem Almosen.

Der Fluß Jordan hat den Aussatz des Naams kurirt: das thut auch das Almosen; Moses hat mit einem Holz das bittere Wasser süß gemacht: das thut auch das Almosen; der Elisäus hat das schwere Eisen ring gemacht: das thut auch das Almosen, und mehr; dann es macht schwere Gewissen ring, das ist ja mehr; es macht den verbitterten Tod süß und gütig, das ist ja mehr; es macht vergifte Herzen gesund, das ist ja mehr; es reiniget den Aussatz der Seelen, das ist ja mehr! Omnia munda sunt.

Was braucht's viel? Es sey der Sünder so groß als er immer kann seyn, wann er ein Almosengeber darneben ist, so wird er in den Sünden nit sterben, nit verderben, sondern solches wird ihm zuvor eine rechte Buß und Reu' zu wegen bringen. Dahero allen solchen zu sonderm Trost mein h. Erz, Vater [55] zuspricht: er habe viel Bücher, und in Büchern viel Schriften, und in Schriften viel Geschichten gelesen; aber niemalen hab er gefunden, daß einer wäre eines übeln Tods und unbußfertigen Ends gestorben, der sich in den Werken der Barmherzigkeit emsig geübet hat, ob er entzwischen schon mit andern Lastern behaft gewesen.

Joab war eine Generals-Person im Feld, beinebens aber auch ein General-Tyrann im Gemüth: den Absalon, diesen königlichen Prinzen, hat er wider den Willen Davids ermord't, und diesen schönsten Fürsten zu dem schändlichen Fürsten der Finsternuß, das ist, zum Teufel gejagt; dem Abner und dem Amasa hat auch gedachter Joab den Rest geben, und sie schelmerischer Weis' ermord't; Joab hat gestohlen, ich sags unverhohlen; dieser Offizier lebte in stetem Braus, ich sags rund heraus; dieser lebte wie ein Tyrann, ich sags jedermann; endlich hat ihn lassen Salomon in seinem eigenen Tabernakel unversehener Weis' erstechen. So ist er ja ohne Zweifel beim Teufel? Holla, still, das ist zu viel! kehr das Blättl um, dort wirst du etliche musikalische Noten antreffen, welche David auf der Harfe aufgemacht mit dem untergeführten Text: Beatus, qui intelligit super egenum et pauperem. Joab ist begraben worden nächst bei einer gemeinen Straße; daselbst hat er etlich Jahr vorhero von dem Geld, welches er in Kriegsdiensten erworben, ein Spital erbaut für die armen Reisenden, [56] wessenthalben ihm Gott noch vor seinem letzten End die Gnad geben, daß er sattsame Reu und Leid über seine Unthaten erweckt, und folgsam ein Kind der Seligkeit worden.

Cornelius war auch ein Soldat und Commandant zu Cäsarea, zwar eines gar ehrlichen Wandels, aber gleichwohl ein Heid und Ungläubiger; weil er aber so gern Almosen geben, hat der allmächtige Gott nit wollen zulassen, daß er solle in das ewige Verderben gerathen, sondern ihm einen Engel zugesandt mit dem Befehl, er solle unverweilt seine Reis' nach Joppen vornehmen, daselbst bei einem Lederer nächst dem Meer halt' sich der Peter auf, von ihm soll er die nothwendige Unterweisung im Glauben und die heilsame Tauf empfangen. Dictum factum.

So ist dannoch wahr, daß Xanthium oder Bettlerläus' den Aussatz des Leibs, Bettel-Leut aber durch das empfangene Almosen den Aussatz der Seelen reinigen, verstehe mit Thoma Aquinate, dispositive.

Wohlan dann, üppiger Welt-Mensch, so arm als ich bin, so schenk ich dir doch etwas: Räbler-Dukaten hab ich nit, mein Rabbi; aber einen Rappen wohl, den geb ich dir. Dieser Galgenvogel war auch mit anderm ehrlichen Geflügelwerk in der Arche Noe, und weil dieser schwarz aufgezogen, glaubte etwann der gerechte Patriarch, als gehe er in der Klag und Trauer, als werde er sich behutsamer und eingezogner halten, als andere Vögel. Schickt ihn demnach aus für einen Currier, die gewisse Avisa wegen des Sündfluß einzuhohlen, ob nit die Wassersucht [57] sich einmal in eine Schwindsucht verkehre. Dieser rußige Gesell ist ausgeflogen, aber nicht mehr zuruck geflogen, weil er etwas anderst pflogen; er ist nit mehr zuruck kommen, weil er etwas anderst überkommen, nemlich ein stinkendes Aas, welches auf dem Wasser geschwummen, zu dem er sich aus Antrieb seines luderischen Appetits begeben. Ei dieser Vogel war werth, daß ihn der Teufel rupfte! diese Scharte war groß; gleichwohl hat er solche bei Gott dem Herrn ausgeschlieffen. Als er dem Propheten Eliä in der Wüste alle Tag das Brod gebracht, da war der Rapp wieder wohl daran, und die göttliche Vorsichtigkeit gibt seinen Jungen einen so wunderlichen Contralor ab, daß sie, als verlaßne Weis'l vom Himmel gar gespeist werden: qui dat escam pulis corvorum invocantibus eum.

Ist es dann wahr, soll es dann also seyn, verhält sich die Sache dergestalten, mein unbehutsames Adams-Kind, daß du schon etlich Jahr auf Rappenart dem stinkenden Aas hast nachgehetzt und nachgesetzt; daß du so gar von der cyprischen Göttinn das Zipperl bekommen, und das verdrießliche Podagra mit sonderem Wehklagen geerbt hast? ist es dann gewiß, daß du viel Jahr hero das sechste Gebot über sechs hundertmal übertreten, und nit ungleich den übermüthigen Böcken auf allen Geißmärkten herum gemecketzet [58] vivendo luxuriose; mit dem verlornen Bürschl in dem Evangelio bei Andl und Kandl dein Leben zubracht, und öfter Schiffbruch gelitten in Donna, als in der Donau? soll es dann noch der Wahrheit gemäß seyn, daß du nit allein zu Raab, sondern auch zu Sodoma und Gomorha dein Logement als ein loser Mensch genommen? Du verstehest mich schon! Ei so ist es noch leicht möglich, dich von dieser schweren Sündenlast zu entbinden; es kann noch gar wohl seyn, daß die göttliche Gnaden-Porte, ob schon bishero so stark verrieglet – massen der Himmel ein Schafstall, und nit für solche Säu gebaut, wie du bishero gelebt – Thür- Engel- und Angel offen stehet, wann du zwar mit dem Rappen gesündiget, dich mit Wust und Luder gesättiget, anjetzo aber mit dem Rappen die Hungerigen speisest und die Werk der Barmherzigkeit gegen den Armen übest. Dann wer sein Gesicht nit abwendet von den Armen, von dem wendet auch der Allerhöchste nit ab sein göttliches Angesicht; wer seine Händ ausstrecket gegen den Armen, dem bietet auch Gott die Händ, und erhält ihn vor dem Untergang wie den Peter im Meer; wer die Durstigen tränken thut, dem wird auch Gott einen gesunden Trunk zubringen aus seinem guldenen Becher, worauf geschrieben stehet: Inebriabuntur ab ubertate domus tuae. Wer die Fremden beherberget, der wird seine Einkehr nehmen in dem Schoß Abrahä; wer die Nackenden bekleidet, dem wird derjenige das Kleid der Glorie [59] anlegen, so nackend und bloß für uns am Kreuz gestorben; mit einem Wort: wer barmherzig ist, dem wird Gott auch barmherzig seyn; und es kann nit seyn, es wird nit seyn, daß ein Barmherziger verloren werde; denn bei denen die Armen gewinnen, der kann das Heil nit verlieren, nit, nit, nit, glaub du es mir, er kann nit, nit, nit; dann mittelst des Almosen wird Gott einen solchen Sünder erleuchten, daß er ohne Reu und reuvollen Buß und bußfertiges End nit wird sterben.Date Eleemosynam, et omnia munda sunt vobis!

Wann du es schon öfter gelesen, was ich allhier beifüge, so mußt du nit gleich die Nasen darüber rümpfen, weil ich ohnedas wohl vorsehe, daß ich eine Sau werde ausheben, weil es eine Geschicht ist von einem Saudieb. Solches hat selbst mit glaubwürdiger Feder verzeichnet Petrus Damianus: daß nemlich einer gewest sey, welcher einen sehr lobwürdigen und untadelhaften Wandel führte, und männiglich mit seinem auferbaulichen Leben bestermassen vorgeleucht; insonderheit war er ganz eiferig in Werken der Barmherzigkeit, also daß sein Haus fast eine gewöhnliche Einkehr der Armen, und ins gemein die Bettel-Herberg genennt worden. Allein Leibfarb und Liebfarb schießen bald ab, und gleichwie grünes Gras zu Heu, also ist mancher Fromme auch schlimm worden. Bei unserm Almosengeber haben mit der Weil, wie auf der Geige die Saiten, also bei ihm die Sitten nachgelassen, daß er endlich seine löblichen Liebsstuck in schändliche Diebsstuck verkehrt, so gar auf eine Zeit seinem Nachbaurn eine gute gemäste Sau eutfremd't,[60] durch welche Unthat er in die göttliche Ungnad gefallen, und folgsam in die Gefahr des ewigen Verderbens. Aber Gott will nit, daß ein Barmherziger solle in Verlust gehen, weil nemlich, nach Aussag des h. Vaters Augustini, die Barmherzigkeit vor der Höll-Porten Schildwacht stehet, auch bei eines jeden Ankunft fraget: wer da? Wann sie dann die Antwort vernimmt: gut Freund! den läßt sie nie in die Höll passiren; dann welcher ein guter Freund ist gewest seinem Nächsten, absonderlich denen Armen, der ist befreit von der Hölle. Dahero wollt auch diesen unsern Sau-dieb zum Guten bringen derjenige, so das verlorne Schäfel gesucht in der Wüste. Dieser Heiland dann verkleid't sich und verstellte sich einmal in die Gestalt eines armen Bettlers, und begegnete also dem Saudieb. So bald solcher eines so armen Tropfen ansichtig worden – was wirkt nit die Gewohnheit in allem! – so tragt er alsobald ein inniges Mitleiden mit dem notleidenden Menschen, führt nach vorigem seinen Brauch diesen Bettler in seine Behausung, waschet und säubert ihn; vor allem aber waren dem armen Tropfen die Haar also verwachsen und zerrüttet, daß dem Saudieb für gut gedunkt, solche abzuschneiden. Wie er nun mit der Scheer hin und her gefahren, vermerkt er in dem Genick des Haupts ein Paar Augen, worüber er ganz erstummet und vor der Verwunderung schier sinnlos zu Boden gesunken. Nachdem er sich wieder in etwas erhohlt, hat er endlich das Herz gefaßt, ihn zu fragen: was um Gottes willen es möge bedeuten, daß er sowohl vorn als hinten am Kopf Augen habe, was das sey? Darauf ihm dieser Bettler geantwortet: Ich [61] bin Jesus, dem nichts verborgen: mit diesen Augen habe ich gesehen, wie du deinem Nachbaurn das Vieh diebisch weggetrieben; diesen Augen thust du mißfallen! worauf er verschwunden; das Herz aber dieses Menschen dergestalten erweicht, daß er seine Sünden inniglich bereuet, forthin ein heiliges Leben geführt, und also ein gar seliges End genommen.

Aus welchem dann sonnenklar erhellet, daß ein mitleidender Mensch durch das Almosen, als durch eine stattliche Seife – und eine bessere, als Susanna von ihren Frauenzimmer-Menschen im Garten verlangte – alle seine Sünd könne austilgen: welches also zu verstehen, wie schon vorhero gemeld't, daß der allmächtige Gott durch das Almosen und Lieb des Nächsten dahin bewegt werde, daß er einen solchen nit lasse in seiner Ungnad sterben, sondern gebe ihm sattsame Erleuchtung und so starken Beistand, wormit er noch vor seinem End ein Kind der Gnaden könne werden.

Was nun Christus jenem armen Tropfen bei der Synagog am Samstag gesagt, das sag ich dir, sündiger Mensch, alle Tag. Jener war, nach Aussag des h. Hieronymi, ein Maurer, und hatte einen sehr harten Zustand bekommen an der rechten Hand, wessenthalben er zum Arbeiten untüchtig, und also das Bettel-Handwerk treiben mußte; verlangte demnach nichts mehrers als die Gesundheit, welcher ihm der Heiland Jesus mit diesen Worten geben: extende manum, »strecke die Hand aus.« So bald er solche ausgestreckt, ist er völlig und vollkommen gesund worden. Willst du, o sündiger Tropf, auch gesund werden an[62] der Seel? willst du aus einem Kain ein Cajetanus werden? – dieser ist ein großer Heiliger gewest; willst du aus einem Aman ein Amandus werden? – dieser ist ein wunderthätiger Heiliger gewest; willst du aus einem Malcho ein Malachias werden? – dieser ist ein berühmter Heiliger gewest; willst du aus einem Nabl ein Nabor werden? – dieser ist ein bekannter Heiliger gewest; willst du gesund werden, und aus einem Heillosen ein Heiliger werden? Streck die Händ aus zu den Armen!

Begehrst du, daß Wasser wieder solle zu Wein werden, wie zu Christi Zeiten? begehrst du, daß eine verdorrte Ruthe wieder solle blühen, wie zu Aarons Zeiten? begehrst du, daß ein Todter wieder solle lebendig werden, wie zu Elisäi Zeiten? begehrst du, daß ein Vieh soll zu einem Menschen werden, wie zu Nabuchodonosors Zeiten? begehrst du, daß aus einem Lasterhaften ein Tugendhafter werde: Streck die Händ' aus, gib Almosen!

Hast du ein hitziges Fieber, wie der verliebte Holofernes; hast du das Chiragra in Händen, wie der verstohlene Zachäus; hast du die aufblasene Wassersucht, wie der stolze Goliath; hast du die Mundfäul', wie der verfressene Prasser; hast du das Grimmen im Leib, wie der zornige Pharao; hast du alle schlimmen und gefährlichen Zuständ: Recipe, Streck die Händ aus, leg das Almosen für ein Pflaster auf, es hilft! Probatum est, spricht Zeno, ein Kaiser; probatum est, sagt Manfredus, König zu [63] Neapel; probatum est, sagt Martha, mit Martha Martinus, mit Martino Martinianus etc. Wirst also sehen, hören, greifen, riechen, kosten, daß dir Mendicus zu einem Medicus wird.

Es ist ein Kraut, welches die Griechen Pentaphyllon, die Lateiner aber Quinquefolium heißen, bei den Deutschen nennt man es insgemein Fünffinger-Kraut. Dieses hat sehr heilsame Wirkungen wider unterschiedliche Krankheiten und Presten: unter andern soll es, nach Aussag Dioscoridis, sehr gut seyn für das Zahnweh. Ich meines Theils halt keinen Schmerzen gleich diesem Zustand, absonderlich demselben, mit welchem die Verdammten in der Höll ewig gepeiniget werden; dann, nach Laut des göttlichen Worts leiden die Verlornen daselbst neben andern unbeschreiblichen Qualen ein immerwährendes Heulen und Zahnklappern. Dieses ist in der Wahrheit ein hartes Zahnwehe; aber Gott sey höchsten Dank, daß gleichwohl noch ein Mittel vorhanden, welches diesen Zahn-Schmerz verhütet, nemlich das Fünffinger-Kraut, oder – verstehe mich besser – die ausgestreckten 5 Finger mit dem Almosen gegen die Armen. Dieses ist ein herrliches Präservativ wider das Zahnklappern in der Höll.

Anno Christi 925 hat es unweit der schönen Stadt Genua den ganzen Tag das helle Blut geregnet. Ein ganzes Jahr zuvor, ehe Sylla seine [64] feindlichen Waffen wider die Athenienser geführet, hat es an einem Montag häufige Asche geregnet. Das war kein Ascher-Mittwoch, sondern ein Ascher-Montag. Wie die Saracener ganz Frankreich verwüst und unglaublichen Schaden verursacht, hat es kurz vor, bei heißer Sommerszeit, lange Eiszapfen wie die Degen geregnet. In Schottland hat es einmal eine so große Menge Ottern und Schlangen geregnet, welches die bald hierauf erfolgte Gefangenschaft des Königs Donati bedeutet hat. In Frankreich hat es auf eins Zeit Treid und Fisch geregnet, in Brittannia kleine Vögl rc, welche alle für sondere Wunder-Regen können gehalten werden; allein keiner war wunderbarlicher, als der über die 5 Städt' Sodoma, Gomorrha, Adama, Seborin und Segor gefallen, deren letztere zwei Städt' ziemlich klein, die anderen sehr große, forderist die zwei ersten, berühmte Haupt-Städt waren. Dieser erschreckliche Regen bestund in lauter Feuerflammen und Funken, wie man dann noch auf heutigen Tag in selbiger Gegend äußerlicher Gestalt halber die schönsten Aepfel und Weintrauben antrifft, so man aber dieselbigen in etwas stark anrührt oder drucket, so sind't sich nichts als eine Asche und rauchender Dampf darin; auch alles Gras und Kräuterwerk in besagter Gegend, so bald es zur Vollkommenheit aufgewachsen, wirds gleich ganz schwarz, und zerpulvert sich selbst zu Asche. Viel Scribenten seynd der Aussag, als sey gedachter Feuer-Regen durch die göttliche Justiz aus der Höll und tiefen Abgrund in die Höhe gezogen, und nachmals über die sündigen Städt gefällt worden. – Dieses nunmehr erschreckliche Feuer [65] hat verheert, verzehrt alle Edel-Leut, Burgers-Leut, Handwerks-Leut, Bettler-Leut, alte Leut, junge Leut, auch unschuldige Leut; dann vermuthlich auch daselbst kleine unmündige Kinder, dero zartes Alter aus Mangel der Vernunft von Sünden befreit: gleichwohl alle, alle durch dieses Feuer, von diesem Feuer, in diesem Feuer elendiglich zu Grund gangen, – alleinig der Loth samt den Seinigen war befreit. Fragst du die Ursach warum? – indem doch der Loth nit allein Namens wegen, sondern auch guter Werk halber nit gar gewichtig war, welches man genugsam aus dem kann abnehmen, weil er gleich nach dem erschrecklichen Untergang der Stadt Sodoma alles Elend so bald vergessen, auch wegen seiner Frauen gesalzenen Zustand sich selber die geringsten Mucken nit gemacht, sondern noch darüber einen guten, dicken, starken, kräftigen und ziemend-haltenden Rausch angetrunken, und nachgehends, weilVinum und Venus auf einer Bank sitzen, der Ehrbarkeit eine ziemliche Schlappe angehängt; dahero man gar wenig gute Werk von dem Loth protocollirt, außer daß er cortes und freigebig gewesen gegen die Armen, absonderlich gegen die Fremdlinge, welche er mit großer Lieb beherbergt, wessenthalben ihn und die Seinigen der erschreckliche Feuerregen verschont, zumalen, nach Aussag des h. Petri Chrysostomi, das göttliche Feuer über die Barmherzigen keine Gewalt hat. Dahero ein jeder [66] ernstlich glaube: das Frei mache frei; verstehe: die Freigebigkeit gegen die armen und nothleidenden Nächsten macht frei von der Höll und höllischen Straf.

Unser lieber Herr hat seinen lieben Apostlen, da er sie zwei und zwei ausgesandt, gleich Anfangs Taschen und Säck und Proviant zu tragen verboten; gleichwohl aber hat er ihnen einen Stab zugelassen: Zweifels ohne derentwegen, damit sie mit dieser hölzernen Beihilf auf so schwere Reis' bisweilen möchten über einen Graben kommen. Keinen größern Graben noch Gruben wird man finden, als die Höll ist, massen selbige etliche deutsche Meilen breit und tief seyn soll; braucht demnach einen ziemlichen Sprung, wann jemand über solchen Abgrund sicher zu kommen verlangt.

Zu Prag wird man einem deutsch und böhmisch erzählen, auch zeigen, daß einer, Namens Hormyrius, seinem Pferd etliche Wort in das Ohr geredt, gleich darauf die Sporn angesetzt und in einem Sprung von dem Geschloß Wissegrad bis über den großen Fluß Moldau hinüber gelangt, allwo er vom Wasser sehr angespritzt überlaut aufgeschrien: Zlychow! worvon noch das Dorf jenseits der Moldau den Namen hat. Der Sprung geht hin; aber über die tiefe, breite, weite Höll zu springen braucht noch einen größern Sprung; und zwar solcher kann zum allersichersten geschehen mit einem Stab: dieser ist herentgegen kein anderer, als der Bettel-Stab. Wann du solchen an der Seite hast, wann dieser dir günstig ist, wann die armen Bettler, will ich sagen, vor dich beim göttlichen Gnaden-Thron anklopfen, so springst du trutz aller Teufel über [67] die Höll; dann ein Almosengeber und barmherziger Mensch kann nit in diese Grube fallen.

Jener Gesell und schlemmerische Weinschlauch zerreißt sein Maul umsonst in der Höll, da er überlaut dem Vater Abraham zugeschrien, er soll doch den Lazarum zu ihm schicken. Mein Phantast, dermal ist es schon zu spat, dich hat bereits schon der Bettlputz in die Höll gehohlt! gleichwohl aber ist es ein Zeichen, als sey dir der Rausch vergangen, weil du so bescheid redest; dann wahrhaftig ein Lazarus, ein Bettler ist eine Hilf und ein Mittel für die Höll; aber nit aus der Höll: noch bei Lebzeiten hättest du sollen den Bettelstab des Lazari ergreifen, bei Lebszeiten hättest du sollen den armen Tropfen zu einem Freund haben, so wärest du nachmals nit in dieses elende Ort gerathen, allwo dir auch ein Tropfen Wasser von des Lazari Finger versagt wird! Freilich errettet der Bettler einen Almosengeber von dem ewigen Tod, und mittls seiner erwirbt der Barmherzige das ewige Leben; dann der Bettler bringt bei Gott zu wegen seinem Spenditor den Buchstaben-Wechsel von seinem Bettlers-Namen, benanntlich Betler, id est, er lebt!

Jene vornehme Dama im Orient hat bereits schon sollen durch gerechtes Urthl Gottes, welcher er in dem Todbettl mit ergrimmtem Angesicht erschienen, zur ewigen Straf gezogen werden, dafern nit die Frau Barmherzigkeit sich mit zwei holdseligen Knäblein darein gelegt, vorgebend, daß diese Dama mit rechtem [68] Fug nit könne von der göttlichen Justiz verstoßen werden, um weil sie aus Mitleiden diese zwei kleine Kinder als arme Waisel habe auferzogen: worüber Gott sich also besänftigen lassen, daß sie noch die Gnad, wahre Reu und Leid zu erwecken, erhalten, und folgsam auf keine andere Weis', als mit dem Bettelstab, über die Höll gesprungen.

Jene zwei Bettler haben nicht Unrecht geredt – wer weiß es, ob sie nit Engel gewest? – als sie von einer Frauen, die gleich damalen in die Kirche gangen, ganz inständig ein Almosen suchten, die aber dazumalen mit nichts versehen; weil aber die armen Tropfen gar zu heftig angehalten, also hat die gottselige Frau einen silbernen Gürtel vom Leib gezogen, und ihnen dargereicht, worauf diese zwei in folgende Wort ausgebrochen: Frau, seyd versichert, am jüngsten Tag, Frau, wollen wir euch mit diesem Gürtel von der linken Seite auf die rechte ziehen!

Jener lasterhafte Edelmann wurde schon von einer unzahlbaren Menge der höllischen Geister umgeben, die ihn wegen seines sündhaften Wandels wollten in die unglückselige Ewigkeit stürzen, wofern der hl. Erz-Engel Michael nicht etliche Büschel Stroh, so er kurz vorhero mit eignen Händen zweien Ordens-Männern aus dem Orden St. Francisci untergebettet, auf die Wagschale gelegt hätte, auch darmit alle großen Sünden überwogen, und folgsam solcher der Verdammnuß noch entgangen.

Gleichwie nun dem hl. Propheten Jeremiä die alten Fetzen und halb verfaulten Lumpen in Vorhof des Königs Sedeciä großes Glück gebracht, massen er[69] mittels dieser alten Hadern aus der tiefen Grube gezogen und dergestalt dem Tod entgangen: also seynd öfters die armen zerrissenen Leut, die mit Lumpen und Hadern halb bedeckten Bettler, Ursach, daß mancher Reiche noch dem ewigen Unheil entgehet; wann schon Gottes Wort dem reichen und wohlbegüterten Menschen drohen, daß sie in den Himmel werden eingehen wie ein Kameel durch ein Nadel-Loch, so müssen sie derenthalben gleichwohl nit in einige kleinmüthige Gedanken fallen, als sie ihnen alle Hoffnung zur Seligkeit benehmen, sondern ich versprich ihnen, und nimm den Himmel selbst zum Zeugen, ich versprich ihnen das ewige Leben, wann sie werden seyn wie die Kameel, aber wie jene Kameel, welche mit Schankungen und Gaben samt den drei hl. orientalischen Monarchen seynd nach Bethlehem kommen. Mit einem Wort: wann sie der armen Bettler nit werden vergessen, so wird ihrer Gott auch nit vergessen!

Allegro von Herzen, meine Almosengeber! kratzt nicht hinter den Ohren, wie ein flohiger Melampus; macht kein runzeltes Gesicht, wie ein Hackbrettl in der Kuchel; schaut nicht sauer aus, als hättet ihr Holzäpfel-Most getrunken; seufzet nit immerdar, wie ein ungeschmierter Schubkarn; züglet nicht graue Haar, als hättet ihr einen Müllnersack für eine Schlafhauben; macht kein finsteres Gesicht, wie ein angehauchter Spiegel; allegro, seyd lustig und guter Ding! Melancholia ist des Teufels seine Saugammel, Allegrezza ist Gott [70] des Herrn seine Haushalterinn! Wohlan, mein Freigebiger gegen die Menschen, laß dein Herz in Freuden schweben, und nur allzeit fröhlich leben, kommst gewiß in Himmel und nicht darneben! David, der hl. Harfenist, macht selbst in seinem, 111ten Psalm ein Lied auf, dich zur Fröhlichkeit, aufzumuntern, da er spricht: Jucundus homo, qui miseretur etc., »Lustig und ganz wohlauf derjenige, der ein Mitleiden tragt!« Diese deine Fröhlichkeit zu befördern, führ ich dich zu einem Tanz. Allo! wohlauf!

Erstlich, zu einem Tanz gehört ein gutes Paar Schuh, – das sollst du haben, und zwar von einem braven Schuster, von welchem der heilige und große Papst Gregorius also schreibt, wie daß ihm einmal der allmächtige Gott ein Gebäu eines sehr stattlichen und über alle Massen prächtigen Pallasts im Himmel gezeigt, beinebens aber vermerkt, daß an besagter königlicher Burg lauter krumme, lahme, zerrissene und zerlumpte Bettler, arme Wittib und verlassene Waislen gebaut, und zwar nur allezeit am Samstag; welches dann den h. Vater noch zu größerer Verwunderung bewegt, also, daß er Gott den Herrn demüthigist ersucht, er wolle ihm doch offenbaren, für wen solche herrliche Behausung werde aufgericht. Worauf Gott der Herr einen Engel gesandt, welcher dem h. Gregorio angedeut', wie daß dieser königliche Hof werde zugericht für einen seiner Nachbaurn, der sei nes Handwerks ein Schuster, welcher aber dergestalten gutherzig war gegen die Armen, daß er allen seinen Wochen-Gewinn, außer der Haus-Nothdurft, am Samstag unter die Armen austheilte, die dann bereits ihm den so [71] ansehnlichen Pallast im Himmel bauen. Das war ein gebenedeiter Schuster, der ungezweiflet in der ewigen Glorie bei jenem joppischen Lederer sitzen wird, welcher auch so gutherzig den h. Petrum beherbergt hat. Ob schon die göttliche Schrift dem Pech wenig Lob nachsagt, gestalten der Ecclesiasticus sich hören lasset: Daß, wer Pech wird anrühren, werde darmit besudelt: so ist gleichwohl zu glauben, daß diesen so treu- und mildherzigen Handwerker sein Schusterpech nit wenig geziert habe, mit welchem er sich die ewige Kron und Glorie erworben. Wohl recht an keinem Ort hat der Patriarch Jacob einen so großen Segen und Benediction erhalten, als zu Bethel, welches eine Stadt war in Mesopotamia, allwo er die Leiter gen Himmel gesehen. Willst du auch, daß dir der Segen Jacobs, das Glück Jacobs, die Leiter Jacobs gen Himmel begegne, so gehe nach Bethel, das ist: der Bettelmann, die Bettel-Leut, das Bettel-Volk wird dir wegen des Almosen ganz schnurgerade Stafflen und ganz sichere Leiter in Himmel machen!

Zu einem Tanz wird absonderlich, und zwar meistens, ein guter Spielmann erfordert; dann gar gewiß bei dem Tanz der üppigen Herodiadis, allwo der Kehraus auf Ioannem gesprungen, gute Geiger und anders wohlgestimmtes Saitenspiel sich haben eingefunden. Damit dann der liebliche Musikschall, welcher auch den groben Bauernstieflen die Noten vorschreibt, diesseits nicht mangle, [72] also macht dir ein Hüpfendes auf ein überaus guter Pfeifer, von welchem schreibt Palladius folgender Gestalten: Der heil. Pachomius lebte viel Jahr in der Wüste gleich einem schönen Perl in einer rauhen Muschel oder Schale, war mehr bekannt dem Himmel, als der Erde, auch scheinte er ein vollkommener Abriß und ganz ähnliches Ebenbild eines Engels zu seyn, außer daß ihn der sterbliche Leib als ein zerlumpter Vorhang verhüllte. Nachdem er nun eine geraume Zeit in diesem strengen Wandel verharrt, hat ihn endlich der fromme Vorwitz gekitzlet, zu wissen, wie weit er schon in den Verdiensten bei Gott dem Herrn möchte kommen seyn? welches dann ihm bald hernach ein Engel durch göttlichen Befehl angedeut, wie daß er gleich sey einem Sackpfeifer in nächster Stadt. Ein Sackpfeifer mir gleich? er beim Tanz, ich beim Rosenkranz; ich beim Singen, er beim Springen; bei ihm laetare, bei mirmiserere bei ihm Choreae, bei mir Chorus; er mir gleich? soll dann pfaffisch und pfeifisch gleich seyn? o Gott, den Pfeifer muß ich sehen! hören mag ich ihn nit; dann weil er so gut ist, möcht er auch meinen Ere miten-Füssen eine hupfernde Gewalt anthun! Gehet demnach der alt-erlebte h. Klausner [73] Paphnutius in die Stadt, sagt, fragt, wo ein Pfeifer wohne. Vielen hat solche Frag einen wunderlichen Argwohn erweckt, als welche hierüber nit wenig gestutzt, und sich fast geärgert, daß dieser Wald-Bruder um Spielleut umfrage; es stunde rühmlicher, daß er an den letzten Posannen-Schall, und nit an die Sackpfeifen gedenke. Endlich und endlich hat er den guten Spielmann erfragt, und gleich Anfangs ernstlich ausgeforscht, wer er sey, wie sein Wandel, was sein Thun und Lassen? Dieser gab immerdar keine andere Antwort, als: er sey ein armer Teufel, und zwar vor diesem ein Schelm in der Haut, ein Mörder, ein Ehebrecher, ein Strassenräuber, ein Bandit, ein Dieb, ein Assassin, ein nichtsnutziger Galgen-Vogel; anjetzo aber hab er sich in etwas gebessert, und gebe einen Spielmann ab. Dem h. Paphnutio kam solche Litanei spanisch vor; fragt demnach ferners ganz ernstlich, was er denn dermal für einen Wandel führe? Ich, mein h. Vater, damit ich dir nichts verberge, ich gib einen Spielmann, einen Sackpfeifer ab; ein anders Gewerb weiß ich nit zu treiben; auch gib ich nach meinem Vermögen Almosen. Vom Guten weiß ich nit viel, weil ich erst neulich von meinem lasterhaften Leben abgestanden, außer [74] eines, so ich offenherzig bekenne: Mir begegnete einsmals eine junge und wohlgestalte Frau, welche bitterlich weinend die Händ ober dem Kopf zusammen geschlagen, aus Ursachen, weilen ihr Mann und einiger Sohn wegen großer Schuldenlast in die Gefängnuß gelegt worden. Dieser hab ich mich alsobald erbarmet, selbige in die Stadt begleitet, und aus herzlichem Mitleiden ihr zu Erlösung ihres Manns und Sohns 600 Gulden gespendirt, welches die Summa war meiner ganzen Habschaft. Sobald solches der h. Vater Paphnutius vernommen, ist er mit nassen Augen in diese Wort ausgebrochen: Ecce! ecce! ecce! das Almosengeben hat dich also bei Gott dem Herrn angenehm gemacht, daß du dermalen mir in den Verdiensten gleichest!

Lobens und Liebens werth ist dieser Pfeifer; und solcher pfeift dir, mein Reicher, ein Liedl auf, darnach sollst du tanzen. Die Prediger lassen oft von der Höhe herunter etliche Liedl hören; aber die vermöglichen Batzenhofer will das Tanzen so gar nit ankommen. Deren seynd meistens achte: das erste gehet in Tripel, und heißt: Selig seynd die Armen! Dieß Liedl ist den Reichen zuwider, als denen lieber ist das guldene Kalb Aaronis, als der Ochs des Krippels. Das andere geht etwas traurig, und heißt: Selig seynd, die da weinen und Leid tragen! Dieß ist gar kein Tanz vor die Reichen; dann wo die guldene Sonn' scheinet, ist keine Zeit eines Regenwetters. Das dritte gehet und lautet ganz sanft:Selig seynd die [75] Sanftmüthigen! Diese Sarabanda schmecket den Reichen gar nit; dann wo lange Geldsäck, dort ist man kurz angebunden. Das vierte heißt: Selig seynd die Hungerigen! Dieß ist für die Reichen auch kein Weg; dann wer gut Ungari hat, kann den Hunger leicht vertreiben. Das fünfte heißt: Selig, die eines reinen Herzens seynd! Viel Geld in Händen macht schwarze Finger, und viel Rheinisch macht wenig rein. Das sechste heißt: Selig seynd die Friedsamen! Die mehresten Rechtshändel führen die Reichen; dann sie haben dran zu setzen. Das siebente heißt: Selig, die Verfolgung leiden! Das schickt sich wohl nicht für die Reichen; dann Gold macht hold, und haben diese die mehresten Freund. – Weil euch dann, Reiche, kein Liedl aus diesen gefällt, so pfeift euch mein frommer Sackpfeifer das achte, benanntlich: Selig seynd die Barmherzigen! Das gehört für euch. Allo, bequemt euch zu tanzen; tanzt, daß es Fetzen gibt, so haben die Armen etwas zu einer Kleidung; tanzt, daß euch Säck und Beutel zerreißen, so haben die Armen etwas aufzuklauben!

Zu einem Tanz gehört auch eigenthümlich und meistens ein lustiger Ort; dann in einer niedern Rauchstube oder auf einer kothigen und sumpfigen Gasse ist gar wenig Freud beim Tanzen. Dahero die jungen Töchter und [76] hebräischen Mägdlein nach dem Untergang des Königs Pharaonis im rothen Meer auf einem annehmlichen ebnen und grünen Wasen ganz fröhlich herum getanzt. Damit du dann auch dießfalls dein Begnügen habest, so führ ich dich gar an ein schönes Ort, allwo man noch die Fußstapfen siehet unsers Herrn und Heilands selbsten, allwo er einen ziemlichen Sprung gethan. Dieser ist der schöne Oelberg unweit Bethania, woselbst der Herr Jesus, in Gegenwart Mariä seiner werthesten Mutter, Magdalenä, Marthä, Lazari und der zwölf Apostel, in Himmel gefahren, auch allda dergestalten seine heilige Fußstapfen eingedruckt, daß solche noch auf heutigen Tag zu sehen; und kann weder die Bosheit der Türken, weder die Andacht der christlichen Wallfahrter mit Schaben und Kratzen solche Fußstapfen nit auslöschen, auch hat man dieselbigen auf keine Weis' mit Silber, Gold oder Marmor können bedecken; und als die gottselige Kaiserinn Helena daselbst eine Kirche auferbaut hat, das Dach an dem Ort, wo der Heiland hinauf gefahren, durch keinen menschlichen Fleiß noch Kunst können zugeschlossen werden.

Wohlan Reicher, dieser Berg ist ein schöner und lustiger Ort zu einem braven Sprung! Dann willst du rechtmäßig wissen, warum der Heiland eben auf diesem Berg in seine himmlische Glorie aufgefahren, so hör mich: Er hat dir wollen den Weg zeigen; dann kein besserer Weg, keine sichere Bahn, keine gewissere Strasse ist nicht in den Himmel, als vom Oelberg. Du verstehst mich schon: das Oel ist noch allemal ein Sinnbild der Barmherzigkeit gewesen; also ist gewesen, ist noch, und wird allezeit [77] bleiben die Barmherzigkeit ein schnurgerader Weg gen Himmel.

Allegro dann! beim Tanzen muß man auch juitzen; also juitz ich dir vor A, E, I, O, U: in Himmel kommst du, wann du wirst seyn, wie A – Alexander der Fünfte, römische Papst, der fast all sein Einkommen unter die Armen ausgetheilt; dahero er öfter aus frommem Herzen pflegte zu reden: er sey ein reicher Bischof gewest, nachmals ein armer Cardinal worden, nunmehr sey er ein bettlerischer Papst; – wann du wirst seyn, wie E – Eduardus, König in Engelland, der in damaligem Mangel des Gelds einen guldenen Ring vom Finger gezogen und den Armen gespendirt; – wann du wirst seyn, wie I – Joannes, Patriarch zu Alexandria, welcher also freigebig war gegen die Armen, daß er sich hören lassen: wann die ganze Welt ein Spital wäre, so wollt er's erhalten; – wann du wirst seyn, wie O – Oswaldus der König, welcher bei der Tafel einen silbernen Becher zu Trümmern zerschnitten, und solchen stuckweis den Armen ausgetheilt; – U – wann du wirst seyn, wieUbaldus, der auch das Bissel Brod wieder aus dem Maul genommen und den Armen geben.

A, E, I, O, U – in Himmel kommst du, wann du wirst seyn, wie A – Amadäus in Sabaudia, E – Elisabeth in Hungarn, I – Joannes Dei in Italia, O – Odila in Sicilia, U – Udalricus in Schwaben, lauter heilige Almosengeber.

Bei dieser nur gar zu üppigen Welt wird fast niemalen ein Tanz vorbei gehen, allwo nicht Weiber [78] und Jungfrauen sich einfinden. Damit auch dergestalten du keinen Unwillen fassest, so führ ich dir eine Jungfrau und ein Weib zu.

Nachdem Gott der Allmächtige den Adam erschaffen, und wahrgenommen, daß dieser Mensch möchte melancholisch werden, aus Ursachen, weil niemand beihanden war, mit dem er konnte Gesellschaft, Gespannschaft und Freundschaft pflegen, also hat er in seinem göttlichen Rath beschlossen, ihm eine Mit-Consortinn beizuschaffen, benanntlich die Eva. Adamus aber mußte hierbei ein freigebiger Spenditor seyn; dann zu Formirung dieser so edlen Jungfrauen hat er eine Rippe von seinem Leib hergeben. Damit aber der allmächtige Gott zeige, daß man ihm nichts gebe, welches er nit überhäufig bezahle, also hat er dessen ersten Weltpfleger vor seine Rippe und krummes Bein das beste Fleisch geben, »replevit carnem pro ea:« gibt also die Formirung dieser so edlischen Jungfrau Eva sonnenklar an den Tag, wie Gott so reichlich vergelte, wann man ihm durch das Almosen etwas mittheilt. Für einen kalten Trunk Wasser belohnt er dich, für ein Stückl Brod bezahlt er dich, für etliche Löffel Suppen bereicht er dich nicht allein zeitlich, sondern auch ewg: gibst ihm das Zeitliche, so gibt er das Ewige, gibst ihm das Irdische, so gibt er das Himmlische, gibst ihm das Zergängliche, so gibt er dir das Immerwährende; – heißt das nit bezahlt? – Der Jakob bekommt für das Linsenkoch die Primogenitur oder die [79] Majorasco, das heißt die Linsen theuer anworden; Gott gibt dir für etliche Pfenning eine guldene Kron im Himmel, das heißt dein Geld noch besser anworden! – Weißt du, warum die armen Bettler gemeiniglich sich bücken, ja meistens ganz bucklet daher gehen? Siehe, die Gassen-Buben haben diese allbekannte Gewohnheit: wann sie gern ein Garten-Confect naschen wollen, der Baum aber ihnen zu hoch, so sagt einer zum andern: geh, mach mir einen Bock! kniet also einer nieder, dessen Rucken dem andern für eine Leiter dienet: Derenthalben gehen die armen Bettler gemeiniglich bucklet daher oder bucken sich vor deiner, als wollens dir einen Bock machen, damit du in den Himmel steigest!

Es hätte der allmächtige Gott gar leicht den Propheten Daniel in der Löwen-Grube durch die Raben, wie den Elias, können speisen, oder durch die Engel, oder hätte gar wohl ihm ein Manna oder Himmelbrod, wie den Israeliten, vom Himmel können schicken; hat es aber nit gethan, sondern den Habakuk lassen beim Schopf nehmen samt der Pfanne voller Koch, und lassen nach Babylon tragen, damit fein ein Mensch dem andern helfe. Also könnte der Allmächtige gar leicht machen, daß kein einiger Bettler oder armer Mensch in der Welt wäre, er könnte gar leicht allesamt reich und mächtig machen; hat aber dessentwegen Reiche und Arme erschaffen, damit der Reiche dem Armen zu Hülf komme, und damit der [80] Arme den Reichen in den Himmel helfe; dann eigenthümlich gehört der Himmel für die Almosengeber. Hast also, mein Adams-Kind, von der ersten ehrsamen Jungfrau Eva sattsam zu lernen, wie Gott so reichlich das fromme Spendiren belohnet; ist es aber Sach, daß du noch nit allerseits begnügt bist, so führ ich dir zum Tanz nit allein besagte Jungfrau, sondern auch ein Weib, aber mit Gunst gar eine Alte.

Vor etlich Jahren seglete ein großes Schiff mit gar günstigen Winden und friedsamen Flocken aus Holland über das hohe Meer nach Venedig. Als nun solches reich-beladene Schiff unweit der berühmten Stadt Venedig sich befunden, hat sich ganz unverhofft eine große Ungestümme erhoben: der Himmel machte ein finsteres Gesicht, der Wind fangt an zu brummen und sausen, das Meer erwachste dergestalten in die ungeheuren Wellen, daß es sich bald aufgebäumt wie Berg und Bühel, bald wieder in die Tiefe des Abgrunds gestiegen; es spielte der ergrimmte Neptunus mit dem Schiff als mit einem Ballen, und also stunde der entsetzliche Untergang männiglich vor Augen, welches sattsam aus den entbleichten Angesichtern und aus Forcht fast entseelten Leuten im ganzen Schiff abzunehmen war. In solcher äußerster und vor Augen schwebender Lebensgefahr ist der Schiffleut einige, ob zwar sehr windige, Hoffnung noch gestanden in Ausleerung des Schiffes. Wie dann alle und jede, ohne einige Widerred, das Ihrige in das tobende Meer hinaus geworfen, da war zu sehen, wie schleunig und unverzüglich dieser Kaufmann so viel hundert Ballen englisch Tuch, ein anderer große, schwere Faß mit [81] dem theuren Gewürz, der dritte in die 400 Zentner Toback hinaus geworfen. Unter andern war eine alte Frau, welche bereits 88 Jahr, 8 Monat, 18 Täg, 8 Stund, 28 Minuten alt gewesen, diese hat eine sehr große Truhe voll mit Silber und stattlicher Jubilier-Waar selbst eigenhändig hinaus keit. Warum dieß, meine alte, kalte, rotzige, rostige, hustige, wustige Mutter? warum thust so herrliche, stattliche, theure, schöne, köstliche, künstliche Waar hinweg werfen? Darum, mein Pater, damit ich mit dem Leben darvon komme. Wie lang hofft ihr noch, meine Mutter, zu leben? Gleichwohl, sagt sie, noch 4 oder 5 Jahr. Ei, du alter Zabulon, daß dich der – wegen 4 oder 5 müheseliger, arbeit-voller und drangseliger Jahre wirfst du so viel weg; und das ewige Leben zu gewinnen gibst nit einen Heller den Armen! daß dir der Geiz-Teufel schneuz, du geschmierter Kehraus! thust du den besten Schatz, Silber und Gold hinweg werfen, damit du noch wenig Jahr lebest, da doch solches zeitliche Leben schier kein Leben zu nennen! warum sollst du, du und er, er und mehr also karg seyn, und nicht etwas, will nicht begehren das beste, hinweg werfen in die Schoß und Hand der Armen, damit du ewig lebest, ewig lebest? o Gott! Dessen bist du vergwißt, wann du der Armen nicht vergißt! – Nun hui Alte, dreh dich wohl herum und tanz eins, wie dir der David mit der Harpfe aufspielt: Beatus, qui intelligit super egenum! [82] »selig, der sich der Armen annimmt!« Allo, hurtig, meine alte Henn', sonst lehrt dich der Fuchs tanzen!

Aus dem uralten Fuchsischen Stamm-Haus war ein Graf, welcher der Freigebigkeit also zugethan, daß er seine meiste Habschaft unter die Leut ausgetheilt. Als solcher einest von Catalonia nach Haus kehrte, ist er dergestalten unterwegs von den Leuten geplagt worden, daß er Alles, was er bei sich hatte, hinweg geben, außer dem Maulthier, auf dem der Alte hergeritten. Indem aber einer so gar auch die Sporn – weil sonst nichts mehr übrig – inständig verlangt, ist der liebste Herr alsobald da, streckt den Fuß von sich, und biet' ihm den verlangten Sporn dar, bitt' aber anbei, daß ihn einer, um richtige Bezahlung, möchte treiben bis nach seiner Herrschaft Fuchs, weil er je der Sporn Hülf mußt entbehren.

Wer klopft? Ein Bettler. Es ist nichts da! Ist nichts da? du haltest solche Mahlzeiten, worbei der Vitellius selbst konnte verlieb nehmen, von dem doch glaubwürdig ausgesprengt wird, daß er ganze Richten von Vögel-Hirn, ganze Schüßlen von indianischen Spatzen-Zungen, ganze Trachten von asiatischen Fischrogen hab lassen aufsetzen; und nachdem er gnug die Wampe wie einen Wander-Ranzen angefüllt, hab er mit dem Finger dem Magen die Wiedergab anbefohlen, und eine Staffete nach Speier geschickt, damit er nachmals wieder fressen möge. – Antonius Geta soll, wie man schreibt, alle Mahlzeit die [83] Speisen nach dem ABC lassen auftragen, benanntlich beim A – Andten, A – Austern, A – Aalen etc., und also fortan nach allen Buchstaben, worunter doch das S der beste war. Deine kostbaren Mahlzeiten bishero seynd nit viel minder gewest; dann man hält es dermalen schon für säuisch, wann man etwas Kälbernes auf die Tafel bringet, da doch der Patriarch Abraham die Engel nit anderst tractirt. Anjetzo taugt das gebratene Kitzl des großen Isaaks nur auf eine Bauern-Hochzeit; der Zeiten nennt mans nur ein saubers Tractament, wann es wild hergeht: wo nemlich allerlei Feder-Wildpret die Tafel spicken, und schnadert man nicht lieber, als bei gebratenen Hagelgänsen, Trappgänsen, Löffelgänsen, Schneegänsen, Meergänsen, Kropfgänsen etc. Gott vermeinte, er habe weiß nit wie herrlich die Israeliten gehalten, als er eine Menge der Wachtlen diesen murrerischen Galgen-Vöglen zugeschickt; aber dermalen ist deine Tafel weit darüber, und haltest du es für einen Quatember-Tisch, wann dir nit die gebratenen Distelfinken, Flachsfinken, Kirschfinken, Buchfinken ins Maul fliegen – NB. warum nit auch Mistfinken? man tragt in einer solchen Menge bei dir auf, daß auch jener türkische Kommandant Scanderbeg zu Possega, welcher alle Tag einen gebratenen Hammel oder Kastraun verzehrt, mit einer Schüssel sich könnt' betragen.

Wer klopft? Ein Bettler. Es ist nichts da! Ist nichts da? deine Kästen hangen voller Kleider, und [84] ist gleichsam des Teufels seine Garderobe. Der Samson hat seine Füchs gar genau gezählt, es ist eine große Frag, ob du deine Pelz kannst zählen; der Zwiebel hat viel Deckmäntel, aber du weit mehrere; der Krummschnabel verändert seine Federn alle Jahr zweimal, du aber schier alle Tag; und schleicht keine Woche hin, wo nicht neue Modi-Kleider und Nodi-Kleider ins Haus kommen. Da heißt es wohl: non est modus in rebus; deine Finger klecken nit für die Zahl deiner Kleider: ein Hauskleid, ein Reis'kleid, ein Sommerkleid, ein Winterkleid, ein Frühlingskleid, ein Herbstkleid, ein Kirchenkleid, ein Rathkleid, ein Hochzeitkleid, ein Gallakleid, ein Klagkleid, ein Feiertagskleid, ein Werktagkleid, ein Oberkleid, ein Unterkleid, ein Wetterkleid, eine Strapazierkleid, ein Spanierkleid, – holla, auch ein Narrnkleid für die Faßnacht etc.! Elias hat mit einem Mantel nit können in den Himmel fahren, wo wirst du mit so viel Kleidern hin? Des reichen Prassers sein Purpurkleid wird dermalen ausgelacht; dann es müssen weit mehrere und neuere Farben auf die Bahn kommen, und muß sich die Seide auf Vertumni-Art in alle Gestalten schicken. Hoch-indianisch Zorn-Leibfarb das ist eine fremde Farb, cyprianisch Tauben-Halsfarb das ist eine neue Farb, arabischer Cypressen-Rinden-Haarfarb das ist eine rare Farb, elsassische Rubenschalen halb Aurora-Farb das [85] ist eine angenehme Farb, lucernischer Hosenfalten-Dunkelfarb das ist eine theure Farb: der schöne Regenbogen selbst ist nit so vielfärbig, wie der Zeit die Kleider.

Jenes Weib im Evangelio hat ihr Heil an dem Saum der Kleider Christi gesucht und gefunden; der Zeit find't man das größte Unheil an dem Saum der Christen-Kleider, wo nemlich die theuren Spitz manchem sein Seelenheil auf eine Spitz setzen, ja gar ins ewige Verderben bringen. Glaubt mir, die Sünd hat im Paradies bei der Rose die Spitz aufgebracht; aber glaubt beinebens, der Teufel habe bei der Rosina, Rosalia, Rosimunda die Spitz erdacht! Ihr lacht mich aus, meine Weiber, und spöttlet, als hätte man diese meine Schreibfeder einem Gimpel ausgerupft; aber ich will dazumal auch nit Abraham, sondern Isaak,id est Risus, seyn, wann euch Gott wird vorrupfen die theuren Perl-Ketten um euren Hals, wormit ihr so viel arme Leut hättet können erhalten, wann euch Gott wird vorwerfen die kostbaren Geschmuck und Edelgestein, mit welchen ihr steinreiche Leut so manchem blutarmen Menschen hättet können zu Hilf kommen, wann euch Gott in das Gesicht wird sagen, daß eure Kleider in Kasten verschimmlet, verfault, wie bei dem König Sedecias, und von Schaben durchbort worden; unterdessen hab er [86] müssen auf der Gasse halb nackend daher gehen. Wie wird es euch heiklichen Creaturen ankommen, wann ihr vor der gesammten Welt müßt anhören: ite maledicti, »gehet hin in das ewige Feuer, dann ich bin nackend und bloß gewesen, und ihr habt mich nit bekleid't!?«

Wer klopft? Ein Bettler. Es ist nichts da! Ist nichts da? sagst du. Pharao ist samt den Seinigen im rothen Meer ertrunken, du thust dich alle Wochen öfter als einmal im Wein volltrinken; Noe hat nur einmal, und zwar unvorsetzlicher Weis', einen Rausch gehabt, du aber alle Tag; der Loth hat einmal, so viel man weiß, einen Haupt-Zinnober gesoffen, du weit ärger; die meisten Soldaten des Gedeon haben sich auf die Wampe gelegt, und nach Genügen Wasser getrunken, du haltest für allemal deinen Bauch für einen Bachum, dessen Unterbett ein Weinfaß: ist also, bei dir allzeit das Wörtel Sitis, welches hinter sich und für sich gleich gelesen wird. Du bist nit besser, als jener Weinschlauch, welcher sich also mit Oktober-Saft überhäuft, daß er bei nächtlicher Weil per indirectum daher gestolpert, bis er bei einem Haus, um weil das obere Gewicht zu schwer, zu Boden gefallen, und also auf dem Rucken mit gähnendem Maul liegen geblieben, wohl ein offner Sünder, und weil dazumalen die Dachtropfen in das aufgesperrte Orificium und offne Freßgewölb eingerunnen, hat der überweinte Phantast nit anderst vermeint, als schütt ihm sein Sauf-Kammerad [87] den Wein ein, wessenthalben er mit lalletzter Zung aufgeschrien: nit, nit, mein Bluder, sey kein Mnarr, ich ab schon gndug zoffen! O Bestia!

In dem Evangelio steht zwar, und mit fester Wahrheit, daß einer einen Sohn habe erzogen, welcher vom bösen Feind also mondsichtig gemacht worden, daß er bisweilen ins Feuer und öfter sich ins Wasser gestürzt: diesen hat unser Herr ex pleno curirt. O mein Gott, mancher hat weit einen gefährlichern Zustand! vom Wasser zwar hat er wenig Gefahr, aber im Wein ersauft, ersauft er gewiß und wahr; in seinem Brevier ist niemalen de Feria, und wann schon auf allen Seiten die Sonne scheint, so ist bei ihm naß Wetter. Ein kellnerischer, und nit ein köllnerischer Poet macht diesen ungereimten Reim: ede, bibe, lude, in festo Simonis et Judae; aber bei manchem trifft das Liedl nit zu, weil fast alle Tag, oder wenigist öfter in der Woche, er sein Lager zu Kandlberg aufschlägt. Wann solcher vermittlst eines höflichen Ladschreibens auch zu Cana in Galiläa als ein Gast wäre auf der Hochzeit gewest, so hätte wohl zeitlicher, als dazumalen geschehen, der Wein die Schwindsucht bekommen. Wie oft ist bei dir das Saufen, daß dir die Haar geschwellen, wie die halbjährigen Binsenstauden! wie oft ist bei dir das Saufen, daß deine Nase hersieht, als wär sie vom Zimmermann mit Röthel [88] gemessen worden! wie oft ist bei dir das Saufen, daß deine Augen gleich seynd einem Paar alten angeloffenen Brillen eines 70jährigen Nadelmachers! wie oft ist bei dir das Saufen, daß dein Gesicht eine Copei scheint eines preußischen Leders, jedoch in schlechtem Preis. Wann sollt von einem Lamml eine Sau geworfen werden, wäre es ein solches Wunder, daß man es in öffentlichen Schriften und Büchern lautbar allenthalben machen thät? unterdessen ists nichts Neues, daß du dich beim weißen Lammel also anpleperst, daß du von dannen nit anderst kommst als eine Sau, sauvoll, nit viel besser, als jener Bebrius ebrius, der wegen übermäßigen Weinsaufens im Koth gelegen, und beinebens aus dem Saumagen solches Spott Confect feil boten, daß hierzu niemand, als geriselte und geberste Kaufer sich eingefunden, und als eine dergleichen Mäst-Sau zu hart um das Maul verfahren, also ist dem Sau-Narren eingefallen, er sey unter den Händen des Barbierers, derenthalben überlaut aufgeschrien: Meister Siegmund, gemach, gemach, und machts fein sauber! O Sau-bär! Zum übermäßigen Saufen ist genug da, und für die Armen ist nichts da? Holla! du bist nit besser als der reiche Prasser, welcher auch im Saufen und Brausen des armen Lazari vergessen; dein Grab wird also seyn in der Höll, mein Gesell, ite in ignem aeternum!

Es ist nichts da! Ist nichts da? sagst du. Was kosten dich deine unverschämten und ungezähmten [89] Buhlschaften allenthalben? sag her! Der verlorne Sohn, dieses liederliche Bürschl, hat mit dergleichen Geflügelwerk das Seinige dergestalten anworden, daß er nachmals das Brod nicht mehr zu beißen hatte, um weil er dem Fleisch zu viel nachsetzte; dann post diem Veneris kommt gemeiniglich der Sabbath oder Feierabend in den Geldbeutel. Die schlimmen und gewissenlosen Brüder haben ihren Bruder Joseph in eine alte Cistern geworfen. Da ist wohl dem Alt-Vater Jacob seine Hoffnung in den Brunn gefallen. Nachgehends aber hat sie der Geldgeiz angefochten; dann sie ihren Bruder ums Geld den Ismaelitern verkauft, und zu Verblümlung ihrer Unthat haben sie des Josephs langen Rock in ein Bocksblut eingedunkt, »in sanguine hoedi,« und dem Vater also überbracht.

Der alte Hans beim untern Wasserthor hat 3 Kinder, denen er kümmerlich Brod schaffen kann; dann sein ganzes Gewerb bestehet in dem, daß er Käfich und Vogel-Häusel machet, auch die gelben Steften und hölzernen Nägel für etliche Schuhmacher spitzet, möcht seyn, daß ihm ins künftige auch das Besenbinden von hoher Obrigkeit verwilliget wurde: ist also sein Einkommens sehr klein und gering. Gleichwohl seine größere Tochter zieht daher, als wie eine halb-nobilirte Jungfrau; sie tragt einen stattlichen rothtopinen Rock, anbei ein seidenes neckerfarbes Mieder. Woher dieß, willst es wissen? Bei diesem Rock ist ein Bocksblut; [90] du, geiler Bock, bist Fundator über diese rothe, aber nit schamhafte Mistkrippe. Joseph hat seinen Mantel gelassen in den Händen einer etc., jedoch mit seinem Nutzen; du mußt dieser und dieser wohl öfter ein Kleid in die Händ werfen, aber mit deinem Schaden! Die h. Schrift sagt: das erste Weib sey aus einer Rippe, so auf lateinisch Costa heißt, formirt: das mußt du glauben; daß aber bei schamlosen Weibern auch eine Costa oder Kosten sey, das will ich auch glauben. Was kosten dich die schönen Zeug? was kosten dich die schönen kostbaren Spitz? was kosten dich die stattlichen Bänder? was kosten dich die schmeckenden Handschuh? was kosten dich die Neue Jahr? die Oster-Eier? was kosten dich die hoch- und wohl-tugendsame Sc. Kuplerinnen? Rath, raith und red'!

Das Götzenbild Dagon, welches halben Theils Fräule, halben Theils Fisch war, haben die Philistäer auf alle Massen verehrt, auf die Knie niedergefallen, die Händ aufgehebt; aber das war noch nit genug, sie haben müssen opfern auch. Diese und jene, welche nicht halben Theil eine Jungfrau, sondern mit Ehren zu melden, eine ganze H, complimentirest du wie ein Götzenbild; dein Aufwarten muß emsiger seyn, als des Jacobs um die Rachel; aber das nit allein, es muß das Opfer auch darbei seyn, dann solche Fratzen kosten Batzen, solche Zaschen leeren die Taschen, solche Goschen [91] wollen Groschen, solche Bilder kosten Silber, solche Waar will Denar, solche Kittel brauchen Mittel. Dem Salomon werden seine 700 Weiber und 300 Cocubinen was kost haben, er war aber reich; dir gehet auch ein Ziemliches auf wegen solcher Aaas, und ist nichts da für die Armen? dem Buhl-Teufel Asmodäo gibst du, deinem wahren Heiland Jesu versagst du? Ito maledicte, gehe hin, du Verdammter!

Es ist nichts da! Ist nichts da? Sehe ich doch eine ganze Roß-Procession aus deinem Stall her vor treten, deren meiste scheinen, als wären sie dem berühmten Klepper Bucephalo, als des großen Alexanders wehrtisten Reitpferd, befreund't, welchem er zu Ehren und ewiger Gedächtnuß gar eine Stadt erbaut, und selbige nach solchem Roß-Namen genennet; die mehresten dieser deiner Pferd seynd unmuthig, und wird nit ein geringer Unkosten auf dero Unterhalt angewendt. Ich sehe eine solche Menge Hund, Wasserhund, Spür-Hund, Jagdhund, Pudelhund, Suchhund, Dachshund etc., daß einem möcht einfallen, Actäon habe bei dir einlogirt. Ich sehe possierliche Affen, spielende Meerkatzen, geschwätzige Papagei, lächerliche Fabian, indianische Raben im Fenster herum steigen; es schwörte einer, diese Behausung wäre eine Copei von der Arche Noe. Alle diese werden ernährt, gespeist, geätzt, gemäst, versehen, versorgt mit Speisen, und der arme Mensch leidet [92] Hunger, – der Arme, welcher Christi Person vertritt, hat nichts zu zehren, der Arme, welcher nach dem Ebenbild Gottes erschaffen, wird nit unterhalten.

Jener, obschon lasterhafte, Sardanapalus zu Ninive auf die ernsthafte Predigt des Propheten Jonä läßt unverzüglich ein öffentliches Edict ausgehen, es solle Vieh und Menschen fasten: »homines et jumenta non gustent quicquam!« Warum aber das Vieh? sollen dann Ochs und Esel auch können gute Werk üben? Nicht derenthalben, sondern Sardanapalus hielt es für ungereimt, wann die Menschen sollen fasten, und das Vieh, welches weit minder und weniger ist, soll essen.

Aber in deinem Haus, in deinem Pallast heißt es: die Thier sollen essen, und die Menschen fasten; dann Pferd und anders Vieh wird sorgfältigst gefüttert, und die armen Leut, bedrängte Bettler, elende Menschen aus Mangl der Lebens-Mittel müssen fasten. So ist dann der ninivitische Sardanapalus und lasterhafte König noch besser als du, als der, als die!

Wie oft hört man auch das gemeine Liedl: Schwester, wo fahrst du heut hin? heut ist die Gesellschaft bei dem von Foppenberg, morgen, wie ich hör', solls seyn bei dem von Lusthausen, übermorgen wird die von Scherzthal eine Merenda halten, und darbei auch ein Spiel auf meinen Säckel. Eine Zeit her hat mir das Glück nit favorisirt, ich vermein, ich sey mit [93] dem Rucken gegen dem Mondschein gesessen; aber ich wag's heut wieder, mein Herr muß sich doch in nächster Kindbett wieder mit 100 Dukaten einstellen. So, so, nit anderst, si, si, auf solche Weis' kost' die papierne Recreation ein ehrliches. Es ist mir bei meinem Gewissen bekannt, daß eine Kammer-Jungfrau nur ineinem Jahr in die 64 fl. um die Karten ausgeben, dergleichen Spielanetl zu contentiren. Dem Absalon hat ein Eichbaum bei seinen goldgelben Haaren ertappt; einer manchen Dama Gold und Silber er wischt öfter der Eichelbub, sonst cum pleno titulo Pamphili genannt. Sagt nun mehr, es sey nichts da; wisset und merkts fein wohl: das Geld, welches ihr ein Jahr durch so liederlich durch das Spiel verschwend't, ist fast so viel als den Armen gestohlen. Das ist zwar grob gesagt, aber doch wahr gesagt. Derjenige h. Lehrer, welcher in der Wüste mit einem Kieselstein so stark auf die Brust geschlagen, versetzt euch auch ein Gutes auf das Herz, wann's Fischbein nicht aufhält, indem er spricht: Non sunt tua, quae possides, sed dispensatio tibi credita est. Was du über deinen Stand und Nothdurft besitzest, gehört dir nicht zu, kannst derenthalben mit demselben nit schaffen nach deinem Willen und Wohlgefallen, sondern Gott hat es dir anvertraut, damit du es den Armen sollst mittheilen!

[94] O was Anzahl der Menschen wird derentwegen jenen erschrecklichen Bescheid und Abfertigung am Tag des Zorns von dem gerechten göttlichen Richter, in Beiseyn aller Auserwählten und englischen Heerschaaren, bekommen: Ite, gehet hin! o Wort entsetzlicher als ein Donnerkeil! ite, gehet hin! o Wort, darob alle Gliedmassen erzittern! ite, gehet hin! o Wort, woran auch der feste Erdboden erbebet! gehet hin ins ewige Feuer, ewige, ewige; dann ich bin hungerig gewest, ihr habt mich nicht gespeist, da doch mehrmal der Ueberfluß auf eurer Tafel stunde; ich bin durstig gewest, ihr habt mich nicht getränkt, indem doch öfters der überflüssige Wein in allerlei Farben eure Credenzen überschwemmt; ich bin nackend gewest, ihr habt mich nit bekleid't, da doch eure Kleider dem Schaben zu einer Beut worden; ich bin bedürftig gewesen, ihr habt mir nichts dargestreckt, da unterdessen eure Spieltisch, Spielbeutel, Spielkasten das Meinige verzehrt; gehet hin, ite!

O Pater, dieser Herr betet so emsig, daß ihm das Maul staubet; diese Frau gehet niemal aus der Kirche, es sey dann, sie habe bei einem jeden Altar eine Meß gehört; sie ist in allen Bruderschaften einverleibt, und hangen so viel Täferl um ihr Bett, als zu Zell in Steiermark, oder zu Alten-Oetting in Bayren; diese Dama nimmt einen ganzen Sack voll Bücher in die Kirche, daß es auch einem Müllner-Esel zu tragen schwer fallte; kein h. Ablaß ist nie, welchen sie nit mit Innbrunst empfanget: wohl fromme Leut alle beide; allein etwas kargs seynd sie, und da ein armer Bettler um etwas anhaltet, so ist [95] nichts da. Auch diese, obschon deiner Meinung nach Heiligmäßigen, auch diese werden Kinder seyn des Verderbens, werden samt andern in den Abgrund der Höll steigen, werden von Jesu Christo verstoßen werden, weil es auch den fünf Jungfrauen keinen Nutzen gebracht, da sie mit der Lilie der Jungfrauschaft geprangt, entgegen aber das Oel der Barmherzigkeit gemanglet. Es lassen sich die Wort des h. Iacobi nit anderst auslegen, als wie sie lauten: Es wird ein Gericht ohne Barmherzigkeit über den ergehen, der nit Barmherzigkeit geübt hat: seynd also alle andere guten Werk ohne die Barmherzigkeit, wie ein Leib ohne Herz, wie ein Herz ohne Leben.

Der h. Castor am Ufer des großen Fluß Mosel bittet die Schiffleut um ein wenig Salz, indem ein ganzes mit Salz beladenes Schiff am Gestade stunde; weil sie ihm aber solches geweigert, ist das ganze Schiff zu Grund gangen. Die Straf gehet noch hin.

Der h. Senanus bittet bei einem fürstlichen Geschloß um ein kleines Mittagmahl; weil ihm aber die ungeschlachten Bedienten solches rund abgeschlagen, dahero seynd alle Speisen bei der fürstlichen Tafel augenblicklich verfault, und der Wein in ein stinkendes Pfitzenwasser verkehrt worden.

Von dem bekannten Edelmann in Schwaben, Namens Richberger, begehrten die armen Leut bei großer Hungersnoth um ihr baares Geld ein Treid; welche er aber unbarmherzig abgewiesen, der Hoffnung, das Treid soll noch in höhern Werth steigen. Es hat aber der gerechte Gott allerlei schwarze [96] Ochsen (vermuthlich seynd es Teufel gewest) in den Stall geschickt, die das Treid gänzlich verzehrt, worvon der reiche Tyrann in eine Unsinnigkeit gerathen.

Ein gesparsamer Normanier verbürgt das Treid bei harter Theurung, der Meinung, er möcht es noch besser anwehren; hat aber erfahren, daß eine unzahlbare Menge der Mäus nicht allein den Treidboden, sondern seine selbst eigene Person ganz ungestümm angefallen, jämmerlich zerbissen, bis er sich durch ein Gelübd zu der Mutter Gottes errettet hat. Auch diese Rach gehet noch hin.

Der geizige Bischof Walterus hat gedulden müssen, daß sein ganzer Treidkasten mit Krotten und Schlangen angefüllt worden, um weil er den Armen nit ist beigesprungen. Diese Straf ist noch nit die größte.

Zu Leiden in der St. Peters Kirche zeiget man noch ein Brod, welches zu Stein worden, aus Ursachen, weil eine Schwester der andern armen solches abgeschlagen.

Aber laßt euch doch das Ite in ignem aeternum, »Gehet hin in das ewige Feuer!« schrecken. Ein Crucifix löset beide Arm vom Kreuz, und stopft die Ohren zu, als man ein Seel-Amt gehalten für einen Reichen, welcher auch in Gewohnheit hatte, die Ohren zuzuhalten, wann die armen Leut um ein Almosen geschrien. Das ist erschrecklich.

Zu Lucca in Welschland ist der Teufel in einem Franciscaner-Habit, als wäre er ein Sammler desselbigen Convents, alle Tag, 2 Jahr lang, in der Stadt herum gangen, bei allen Thüren das Almosen gesucht; [97] absonderlich hat er bei einem reichen und wohlhabenden Kaufmann täglich angeklopft, jedoch niemalen etwas, gleich andern Bettlern, erhalten, dannoch ihm die tägliche Lehr hinterlassen, er solle sich bessern; weil aber solches, durch gerechtes Urthl Gottes, niemal geschehen, also hat er ihn nach vollend'ten zwei Jahren samt Leib und Seel in den höllischen Abgrund gezogen. Das, das laß dich schrecken!

Dem reichen Prasser wird sonst kein Laster noch große Missethat von göttlicher Schrift zugemessen, außer daß er des armen Lazari vor der Thür vergessen; dessenthalben ist er in der Höll begraben worden.

Christus Jesus am jüngsten Tag verspricht, und bei seiner göttlichen Parola verheißt er, daß er am jüngsten Tag allein die Werk der Barmherzigkeit wolle auf die Bahn bringen, und selbige belohnen, – von andern guten Werken geschieht weiter keine Meldung; entgegen aber drohet er anbei, daß er nur derentwegen viel tausend und hundert tausend werde ewig verwerfen, um weil solche unbarmherzig gewest gegen die Armen. So laßt euch dann trösten, ihr Barmherzigen des erfreulichen Venite, Kommet her! und laßt euch erschrecken, ihr Unbarmherzigen, das entsetzliche Ite, Gehet hin!

Judas der gewissenlose Bösewicht
[98] Judas der gewissenlose Bösewicht mit seinem schlimmen Exempel veranlaßt auch andere seine Mitkollegen zum Murren und unverschamten Reden.

Das ganze Haus, der obere und untere Gaden des edlen Herrn Simon, der sonst ein Cavalier von großen Mittlen, und wie Etliche wollen, ein nächster Anverwandter der Magdalenä und Marthä, war angefüllt von dem edlesten Geruch der theuren und kostbaren Salben, wormit Magdalena ihren liebsten Jesum bedienet; allein dem wilden und unflätigen Misthammel Judä wollt solche nit schmecken, dessen Nase freilich wohl einen andern Balsam verdient, worinnen die Wiedhopfen ihre Schnäbel wetzen: wessenthalben er nit allein ganz frech und unverschamt etliche Schmachwort ausgossen, und mit seinem Lästermaul die lobwürdigste, That getadlet: Ut quid perditio haec? »zu was solche Verschwenderei nutze? dem radbrecherischen Schelm und Galgen-Schwengel war nur um das Geld, wormit diese so stattliche Salbe ist eingehandlet worden, so leid gewesen. Weil dann die anderen anwesenden Apostel, als dazumal noch nicht in der Vollkommenheit befestigte Männer, solches von ihrem Mitkollega anhörten, und ohnedas sie als treu- und gutmeinende Leutl diesen Furbo in gutem[99] cept und hoch-achtbaren Namen hielten, als denen gar nit verhohlen, in was Werth und Würde er bis dato beim Meister gestanden: also haben sie, ob zwar nit aus übel gegründ'ter Meinung, auch angefangen zu murren, und die Köpf zusammen gestoßen, gestalten nit anderst Matthäus im 26. Kapitel die Sach umständig berichtet: Videntes autem Discipuli, indignati sunt dicentes. Welches unbehutsame Reden und Afterurthl mein h. Vater Augustinus meistens dem bösen Exempel des ehrvergessenen Iscarioth zumesset, als der die damal noch ziemlich schwachen Apostel gar leicht zu einer Nachfolg gezogen. War also dem verruchten Lottersbürschl nit genug, sich selbst ins Verderben zu bringen, sondern wies noch andern auch den Weg zum Untergang.

O Erz Raup! Es ist kein Wunder, daß jener Soldat, von dem Bartholomäus Neapolitanus schreibt, so gar den h. Matthiam nit wollen für einen Patron erkiesen, um weil dieser anstatt des Judä Iscarioth kommen. Indem aber erstgedachter h. Apostel ihm in augenscheinlicher Lebens-Gefahr erschienen, und ihm solchen Fehler scharf verwiesen, mit deutlicher Warnung, daß er des schlimmen Hunds nit könne noch solle entgelten, also hat der Soldat forthin den h. Matthiam eifrigist verehrt, gegen den Iscarioth aber, weil er auch Andere mit seinem Exempel zum Bösen angespornt, im vorigen Haß und billiger Mißgunst verharrt.

[100] Eine manche, die weniger Zähn im Maul hat, als ein dreißigjähriger Bauern-Kämpl, wird in allweg den Abgang dieser ihrer helfenbeinernen Beißzang verbergen, oder auch, so selbige wegen übermäßigen Zuckerkiffelns die weiße Farb verloren, und also ein Gebiß wie ein alter Bär in Moscau hat, so wird sie auf das genaneste die Lefzen und das Maul wissen inzuhalten, damit solcher Mangel verhüllt und unbekannt verbleibe; willst du aber dero vermantlete Hoffart in etwas entdecken, und einem jeden Anwesenden kundbar machen, was diese für eine finstere Nacht im Maul logire, so fang nur an, nach Art eines faulen Hunds zu gaimetzen, und das Maul ziemlich aufzusperren, alsdann wirst du unverweilt erfahren, daß diese gleich- und ebenmäßig das Freßthor in alle Weite aufreißt, und also einem jeden ganz leicht aus diesem eröffneten Kramerladen zu sehen, was für eine verpafelte Waar darin. Dann ein Gaimetzer macht den Nächsten auch gaimetzen, als wären die Mäuler in eine Angel zusammen geschrauft. Diesem ist nicht ungleich ein loser und lasterhafter Mensch, welcher mit seinem bösen Exempel und öffentlicher Aergernuß Andere zu gleichmäßigen Unthaten veranlaßt, forderist, wann ein solcher in einem Amt oder hohen Ansehen ist; alsdann heißt es:

A bove majori discit arare minor:

[101] Wie der Vater, also der Sohn; wie der Herr also der Unterthan.

Wie der Baum, also das Obst; wie der Bischof also der Probst.

Wie der Christoph, also der Dofferl; wie die Sophia, also die Sofferl.

Wie der Oberist also, der Reiter; wie der Leutenant, also der Gfreiter.

Wie der Acker, also die Ruben; wie der Meister, also die Buben.

Wie der Jäger, also die Jagd; wie die Frau, also die Magd.

Wie der Philipp, also der Lippel; wie der Präceptor, also der Discipel.

Wie das Haupt, also die Glieder; ist solches krank, legen sich, diese nieder.

Fällt ein großer Stein von einem Berg, so fallen alsobald kleine mit ihm; gehet ein großes Rad los in der Uhr und fangt an zu laufen, so schnurren gleich die kleinen mit; heult ein alter Wolf im Buchwald, so singen die jungen eine gleiche Mutette; sündiget ohne Gewissen, ohne Schamröthe, ohne Forcht ein Oberer, so werden die Unteren ohne Scheu nachfolgen. Aber wehe, durch welche Aergernuß geschieht!

Große Fürsten und Herren prangen gewöhnlich mit kostbaren Edelgestein und Kleinodien; aber das h. Evangelium hängt den bösen und lasterhaften Fürsten anstatt der Edelgestein einen großen Mühlstein an den Hals, wormit sie mehr sollen einen Grund suchen, weilen sie einen grundlosen Wandel führen, dann:Wer einen ärgert, sagt Christus der Heiland[102] selbst, aus diesen Kleinen, welche an mich glauben, dem wäre besser, daß ihm ein Mühlstein an seinen Hals gehängt, und er in die Tiefe des Meers versenkt würde.

Große Fürsten und Herren werden genenntSerenissimi, die Allerdurchleuchtigisten: also erben sie ihren so stattlichen Titul von dem Licht oder Leuchten; welches sie dann fügsam solle veranlassen, daß sie dem Volk mit einem Beispiel sollen vorleuchten, gleichwie die feuerstrahlende Saul den Israeliten in der Wüste. Aber wehe denjenigen, die ihrer so starken Pflicht vergessend mit einem ärgerlichen Lebenswandel auch die Untergebenen in das Verderben stoßen! dann solche große Herren seynd wie ein Leib, ihre bothmäßig Unterworfenen aber seynd wie der Schatten. Nun ist es allbekannt, was seltsame Affenart der Schatten an sich habe, und in Allem des Leibs seine Bewegungen oder waserlei Gebehrden auf das genaueste nachmache: Saufet ein durstiger Bruder aus einem Becher, daß ihm die Augen in die Schwemm fallen, wie es dem Noe nach dem langwierigen Wasser-Arrest begegnet, so thut es der Schatten nach; führt jemand einen wohlgefaßten Streich, wie der Samson mit seinem Esels-Kinnbacken, auf die Philister getroffen, worvon die Philister viel Stöß getragen, so macht es der Schatten nach; sticht eine ihrem Mann den Gecken, und zeigt ihm höhnischer Weis' ein arkadisches Ohren-Behäng, wie es die saubere Michol dem David erwiesen, so macht es der Schatten nach, und wird in allweg des Leibs Bewegungen vollkommenest nachaffen; Regis ad exemplum totus componitur [103] orbis, also und nit anderst ist das untergebene Volk beschaffen, welches gar meisterlich weiß ihres Fürsten und Herrn Laster und Untugenden nachzuthun, und ohne Sporn oder weitern Nachtrieb in dero Fußstapfen zu treten.

Wie die wunderschöne Judith in das Lager Holofernis ankommen, hat sich ein jeder an ihrer holdseligen Gestalt vermaulafft, ja sogar die sauberen Herrn Kriegs-Offizier sich verlauten lassen, daß, wann sonst keine andere Ursach wäre, die Waffen wider die Hebräer zu ergreifen, wäre es schon der Mühe werth, Krieg wider sie zu führen, weil so edel-schönes Frauenzimmer sich unter ihnen findet; und gedachten fein diese muthwilligen Gesellen, gegenwärtige Madama Judith sey dermalen eine Reserve für ihren Fürsten, aber wann sie die Stadt werden erobern, so wolle ein jeder sich dergleichen Muster aussuchen; und wässerten ihnen bereits schon die Zähn nach einem solchen Zuckerkandel oder zuckerigen Andl. Es ist sich aber dessen so hoch nit zu verwundern, daß diese HerrnO-vitiales solche übermüthige Kerl gewest und schlimme Bursch; dann ihr Fürst, ihr Herr, der Holofernes, war ein solcher. Regis ad exemplum, die tadelhaften Sitten eines Fürsten sind eine Vorschrift der Untergebenen. Hörst du, meine üppige Prinzessinn zu Jerusalem, wie du mit dem frechen Tanz [104] und leichtfertigen Hupfen den berauschten Herodem also eingenommen, daß er dir das halbe Königreich hat anerboten, und du aber solches aus Einrathung deiner saubern Frau Mutter geweigert, sondern dafür das Haupt Joannis Baptistä begehrt! Warum gleich das Haupt? Wann du hast wollen dich an solchem Buß-Prediger rächen, warum verlangst du nit, daß ihm die Zung solle ausgeschnitten werden, wormit er mehrmal dem Herodi durch sein öfters Non licet die Wahrheit unter die Nase gerieben? warum supplicirest du nit, daß ihm beide Augen sollen ausgegraben werden, mit welchen er das verruchte procedere und gottlosen Wandel des ganzen Hofstaates so ungern hat angesehen? warum begehrst du nit, daß ihm die Händ sollen abgehauen werden, mit denen er öfters euch und andern die Höll und unausbleibliche Straf Gottes gedrohet? Diese sanbere Husten antwortet aber also: wie daß sie viel weislicher das Haupt begehre; dann wann das Haupt hin ist, so ist Alles hin. Ei, du stinkender Schlepsack, dem ist wohl nicht anders, als wie du sagst, und muß man diese deine Bosheit für eine halbe Weisheit taufen!

Regis ad exemplum etc. – freilich und nur zu wahr ist es, wann das Haupt hin ist, so ist Alles hin; ist der Landesfürst nichts nutz, so ist das Volk auch nit gut. Der obere Theil des Daches an einem jeden Gebäu wird der Fürst genennt: wann dieser nichts [105] werth, sondern ganz baufällig, daß allerseits das Regenwasser eindringt, so wird das ganze Gebäu zu Grund gehen; wann große Fürsten und Herren voller Mängel und Missethaten, so wird unfehlbar das untergebene Volk nicht heilig seyn.

Wie Petrus, König in Ungarn, fast keiner ehrlichen Matron verschont, und schier alle Eheband und Ehestand bemailiget, so ist nit einer unter seiner ganzen Soldatesca gewest, welcher ehrlich hatte gelebt. Dazumal hat man wohl können sagen: in Ungarn sey eine treffliche gesunde Luft, weil in viel Jahren keine Jungfrau gestorben; ich glaubs. – Wie Casimirus II, König in Polen, einen sochen lasterhaften Wandel geführt, daß auch die Judens-Töchter und hebräische Esterl vor ihm nicht sicher gewesen, hat solcher Muthwillen, als wär er privilegirt, im ganzen Königreich überhand genommen. – Als Sveno II, König in Dänemark, in öffentlicher Unzucht gelebt, ist das Volk ganz zaunlos und zaumlos in alle Freiheit und Frechheit ausgebrochen, als hätte sich Venus aus Cypern in Dänemark überzogen. Wie Vikissa, König in Spanien, Scepter und Kron mit allem Wust und Laster bekothtget, wollte niemand, so gar auch das geheiligte Priesterthum, nit sauber leben, und ist dazumalen einem in Spanien ganz spanisch vorkommen, wann er einen ehrlichen Menschen ersehen. Wie Kaiser Constantinus Copronymus seine Ehegebene Kaiserinn ohne Fug noch Ursach von sich gestoßen, da sollt jemand gesehen haben, wie [106] einer um den andern sein Antiquarium verworfen, die alte Waar um frische vertauscht, und mit ihren Weibern, wie mit den Kalendern umgangen, alle Jahr einen neuen.

Von Henrico, König in Schweden, schreibt Olaus, daß er seines Gleichen in Hexenkünsten und Zauberpossen nit habe gehabt: die Teufel waren ihm bei Tag und Nacht also hurtig und urbietig zu Diensten, daß sie nur auf sein einiges Schaffen oder Winken gespannt; er hat die Sach so weit gebracht, daß, wie er seinen Hut gewendt, also ist der Wind gangen. Eine solche gleiche Beschaffenheit hat es mit großen Königen und Fürsten: wohin sie sich wenden, dorthin wendet sich auch das gemeine Volk, als wie der Wind.

Vor diesem hat es geheißen: laßt uns fahren, nichts mehr sparen, laßt uns fahren in Engelland zu; dann dazumal war das Engelland ein englisch Land, voll der heiligen Beichtiger und Jungfrauen, also daß wenig Münchs-Kappen ohne Schein seynd gesehen worden. So bald aber Henricus der Achte sich von der katholischen Kirche abgeschrauft, und wegen einer Diana putana den wahren Glauben verlassen, ist ihm alsobald das ganze Königreich nachgefolgt.

Guilelmus von Nassau, Fürst von Oranien, Gubernator in Holland, ist calvinisch worden; und als [107] er einst seinen Hut abgezogen, hat er mit den Fingern auf seinen Kahlkopf gedeut, sprechend: ob er zwar kahl sey auf dem Kopf, so sey er doch mehr kahl im Herzen, verstunde calvinisch. Ist nachmals nit lang angestanden, so seynd die meisten Hölländer in ihres Gubernator Fußstapfen getreten. Regis ad exemplum etc.

Von Caverle nach Venedig segelte ein großes Schiff, worin dreihundert Schaf waren, einem Edelmann zugehörig in Venedig. Auf solchem Schiff hat sich auch ein reicher und wohlhabender Kaufmann befunden, welcher, wie öfters geschieht, von einem sanften Schlaf übergangen, und dahero auf einer Bank mit dem angefangen zu napfetzen. Als solches der Widder unter genannten dreihundert Schafen wahrgenommen, daß der Kaufmann stets mit dem Kopf in die Nieder bockle, hat er es nit anderst ausgelegt, als werde er zu einem Duell oder Haupt-Kampf eingeladen; dahero sich unverweilt in die Postur gestellt, auch in etwas zuruck gewichen, desto kräftiger Attaque zu führen, – wie er dann mit seiner harten Parocca so stark den Kaufmann an die Blassen getroffen, daß er über die [108] Bank hinunter gefallen, welches dem guten Herrn, wie billig, nit ein wenig verschmacht, ja in eine solche Cholera und Grimmen gezogen, daß er gleich aus unbändigem Zorn den Widder ergriffen und ins Meer hinaus geworfen. Sobald solches die Schaf ersehen, seynd deren alle mit großem Gewalt hinnach gesprungen, und folgsam alle ersoffen. Sagt her, ihr Herren Juristen, ob der Kaufmann schuldig sey, den erlittnen Schaden aller dieser Schaf zu refundiren? Wann er gewußt hat, daß allezeit dem Widder nachfolgen die Schaf, so ist er im Gewissen verpflicht, allen hierin erlittenen Schaden zu ersetzen.

Ihr Fürsten, Herren und Herrscher vieler Länder und Landschaften, seyd wie ein Widder bei den Schafen! wie ihr wandelt, wie ihr gehet, so folgen euch die Unterthan und Vasallen nach: stürzt ihr euch in allen Muthwillen und Laster, so eilet das Volk auf dem Fuß nach. Wie der König Nabuchodonosor, also seine Herren Ministri und das ganze Volk; wie Herodes zu Jerusalem, also die Edel-Leut und Burger daselbst; wie der König Sedecias, also seine Landsassen; wie der König Jeroboam, also seine Unterthanen; wie der König Ptolomäus, also seine Egyptier; wie der jüngere Clodoväus, also seine Franken; sed vae mundo à scandalis! »wehe, wehe solchen Fürsten und Herren, die mit ihrem sündigen Wandel und Aergernussen auch andere zum Verderben ziehen!« Daß in euerm Land eine schändliche, schädliche Venus-Brunst entstanden, ihr seyd [109] daran schuldig; dann ihr habt das Feuer angeblasen mit eurem bosen Exempel; daß so viel Tausend der Eurigen an Seel, Seligkeit Schiffbruch gelitten, ihr seyd daran schuldig; dann ihr habt solche Wellen und Ungestümme erweckt mit eurem bösen Exempel; daß so unzählbare viel der eurigen Unterthanen zum ewigen Untergang eilen, seyd ihr daran schuldig; dann ihr habt ihnen den Weg gewiesen mit eurem bösen Exempel! Wie werdet ihr bestehen? o wehe euch, wann ihr sollt und müßt und werd't Rechenschaft geben dem göttlichen Richter, nit nur wegen eurer eigenen Seel, sondern so viel tausend und tausend, die ihr durch Aergernuß und böses Beispiel zum Sündigen geleitet, sie dem allmächtigen Gott ungerechter Weis' entfremd't, und dem Teufel geopfert! wehe euch! Regis ad exemplum.

Wehe den Geistlichen, durch welche Aergernuß kommet! Ihr habt den Namen von Christo Jesu selbst erhalten, daß ihr ein Licht und brennende Kerze auf dem Leuchter seyet. Nun wißt ihr gar wohl, wann eine Kerz auslöscht: pfui Teufel, wie stinkts! und ist solcher widerwärtige Gestank höchst schädlich, kann auch derselbige üble Krankheit verursachen. Was verursacht aber mehr Uebels und merklichen Schaden, als wann ein Geistlicher, ein Priester, als ein schön-scheinendes Licht, welches den Weltmenschen soll vorleuchten in der Lieb Gottes und Tugend-Wandel, erlöscht, und folgsam einen verdammlichen Gestank der Aergernuß von sich gibt?

Es ist kein Wunder, daß die Edel-Leut zu Jerusalem, die Handwerker zu Jerusalem, die Soldaten zu Jerusalem, die Kaufleut zu Jerusalem, die Schreiber[110] zu Jerusalem, die Tagwerker zu Jerusalem, das ganze Volk zu Jerusalem, hat mit heller und einhelliger Simm aufgeschrien: crucisige, crucisige, »man soll Jesum krenzigen!« Es ist sich aber dessen nit so stark zu verwundern; dann sie haben gesehen, daß Ihro Hochwürden der Caiphas, Ihro Hochwürden der Annas, Ihro Wohlehrwürden die Pharisäer, Ihro Ehrwürden die Leviten, und die gesamte Geistlichkeit der Synagog nichts anders getracht', als Jesum aus dem Weg zu raumen; dessenthalben haben sie auch keine Scheu, keinen Scrupel, noch Gewissen gemacht, eben solches nachzuthun.

Nadat und Abiud, des großen Aaraonis leibliche Söhn, beide Priester, haben fremdes Feuer gebraucht zu dem göttlichen Opfer wider das Gesetz des Allerhöchsten; dessentwegen vom Feuer grimmig ergriffen worden, daß sie vor dem Altar todt dahin gefallen. Daß sie aber dergleichen groben Fehler begangen, war Ursach der starke Rausch, den sie gehabt. Wie solches das andere Volk öfter von ihnen ersehen, daß sie dem Wein also ergeben, ist gar leicht zu vermuthen, daß sie sich nicht wenig hierdurch geärgert, und etwan einer dem andern zugesprochen: Brüder, laßt uns saufen, bis uns die Haar geschwellen; laßt uns trinken, bis Lunge und Leber schwimmen; laßt uns zechen, bis das Weinfaß, auf dem Kopf stehet, saufen doch unsere Pfaffen auch etc. O wehe der Aergernuß!

Ein Mann, – und vermuthlich ein Burger von Jerusalem, reiste nach Jericho, und hatte das Unglück, daß er in einem dicken Wald und finsteren Gehölz, auf hebräisch Adamin genannt, unter die Mörder gerathen, welche ihm alle seine Baarschaft und gute Kleidung gewaltthätig [111] hinweg genommen, auch darzu dergestalten durch Hauen und Schlagen mit ihm verfahren, daß der arme Tropf halb todt dahin gelegen. Eben diese Strasse und Weg ist gleich hernach auch durchpassirt ein Priester von Jerusalem, der dieses elenden Menschen zwar ansichtig worden, massen er nächst an dem Weg gelegen, sich aber (o wohl ein hartes Gemüth!) seiner nicht erbarmet, sondern dem Pferd den Sporn geben und also vorbei. Bald nach diesem reist ein Levit, welcher so viel, als bei uns ein Diaconus, selbige Strasse, der auch auf gleiche Weis' den elenden Menschen angetroffen, seiner aber sich im wenigisten nicht erbarmet, sondern ohne weiters Bedenken seine Reis' fortgesetzet, bis endlich ein Samaritan Weg halbers dahin getreten, welcher alsobald ein innigliches Mitleiden, gegen ihn geschöpfet, und nach vielem Zusprechen und trostreichen Worten ihm seine Wunden verbunden, mit sich in die Herberg geführt, allwo er nach Möglichkeit mit sonderm Fleiß bis zu völliger Genesung bedient worden. Wie solches unter den Burgern zu Jerusalem, unter den Bauern um Jerusalem kundbar und lautmährig worden, wer weiß, ob sie sich nit haben hören lassey: Pfui Teufel, sprechend, was haben wir für saubere Pfaffen; wann der Samaritan nit gewest wäre, hätt unser Mitbürger, der gute Mann, müssen elend verderben! sie predigen uns viel von Abscheulichkeit des Geizes; entgegen ist dem Priester nur gewest um etliche Groschen, der Levit hat geforchten, er muß den Beutel ziehen, und derentwegen beide den armen Tropfen verlassen; seynd das nit heilige Pfaffen! Sie streichen uns so stark hervor die Werk der Barmherzigkeit, und entwischen könnt' einer [112] ehender aus einem Kieselstein Wasser locken, als aus ihnen einen Pfenning: es muß allem Ansehen nach die Höll nit so heiß, der Teufel nit so schwarz, der Weg gen Himmel nit so schmal, die Glorie nit so theuer, Gott nit so streng, die Gebot nit so wahr seyn, wie sie uns vormalen, indem sie es selbst also schlecht, ja öfters gar nicht halten, noch beobachten. O wehe, o wehe solchen Geistlichen, durch welche Aergernuß kommet!

Es kommen in einem Wirthshaus zusammen an einem Sonntag ein Schulmeister aus einem Markt, ein Burger aus der Stadt, ein Baur aus einem Dorf und ein Soldat aus dem Feld. Diese setzen sich zu einer Tafel, bei der Tafel in eine Zech, bei der Zech in eine Ansprach; das meiste Reden aber betraf die Geistlichen. Der Soldat schwört bei tausend Teufeln, ihr Regiments-Pfaff habe mehr nach Beut' als Leut' diesen Feldzug getracht, und sey mehr aufs Stehlen, als auf Seelen gangen, er habe mehr Trapulier als Brevier bei ihm gesehen, sey lieber mit Becher als Bücher umgangen. Ob er sich viel auf den Himmel verstehe, das wisse er zwar nicht, ja er zweifle daran; aber auf die Stern verstehe er sich hauptsächlich, dann er habe ihn nit nur einmal sternvoll gesehen. O schönes Lob! Der Bauer mit seinem feuchten Maul, aber gleichwohl ungewaschenen Goschen, will hierin nit der geringste seyn: ja, ja, sagt er, unsere Herren Geistlichen kommen mir vor, wie die Glocken in unserem Kirchen-Thurm, die leuten andern in die Kirche, und sie bleiben selbst drausen; unser Herr Geistlicher sagt uns viel vor und thut es selbst nit; er hat das nächste Mahl geprediget, daß Fraß und Füllerei eine große [113] Sünd sey, und er sauft fast alle Tag mit unserem Edelmann bis um 12 Uhr in die Nacht, daß er also oft eine Marter-Saul für einen Bettler, das Meßner-Haus für einen Heuwagen, und sogar das nächstemal ein Paar Stiefel für ein Messer-Gesteck hat angesehen. Der Meister Conrad als Burger könnt kaum erwarten, bis des Bauern Lobpredigt ein Ende hat; brach demnach alsobald in diese Wort aus: meine Leut, wir haben ein Kloster bei uns, darin seynd 18 Mönche, der Prediger unter ihnen tummelt sich freilich wohl steif auf der Kanzel, etliche Feiertäg nacheinander hat er etwas von Fried und Einigkeit eingeführt; man weiß es aber gar zu wohl, das er das nächste Mal himmelblaue Augen und eine bleßirte Nase darvon tragen; er gab vor, als sey ihm ein Buch von der Gestell auf den Schmecker gefallen; es reimt sich aber in der Wahrheit, wie eine gute Faust auf ein Aug: frag einer nur ihren Kirchen Diener, der wird es gar umständig erzählen, wie der Sacristan und Prediger miteinander duellirt, und die Sach so weit kommen, daß einer den andern hauptsächlich mit der trucknen Faust arquebusirt. Sie leben untereinander, daß es dem Henker möcht grausen, und uns wollen sie alleweil einen Schein auf den Kopf naglen, das heißt: dicunt, et non faciunt. Sa, Sa, sagt der Schulmeister, ich bin wohl besser versirt in dem Pfaffen-Protocoll, [114] als ihr alle; ich wollt nur wünschen, ihr verstund't lateinisch, so wollt ich es auslegen die Wort in der Bibel: viderunt Filii Dei filias hominum, quod essent pulchrae etc.. Einer oder der andere Geistliche darf mir nichts sagen, sonsten zeig ich ihm gleich einen gemalten Vogel, welcher auf der Brust ein Menschen-Gesicht hat mit einer gewichtigen Nase, die er in dem Schnabel hält, worunter geschrieben: Nosce te ipsum, »nimm dich selbst bei der Nase!« O wehe, wehe solchen Geistlichen, durch welche Aergernuß kommen!

Gar wohl bekannt ist jene überaus köstliche und künstliche Statua oder Bildnuß des Königs Nabuchodonosors, dero Haupt von purem Gold, die Brust von Silber, der Leib von Erz etc. gewesen; solche hat ein einiges Steinl vom Berg getroffen und Alles zu Trümmer gemacht. Ein Berg ist ein Geistlicher wegen seiner priesterlichen Hoheit; ein Steinl ist ein Aergernuß, petra scandali.

Eine stattliche Statua ist mancher fromme Mensch, welcher ganz guldene Gedanken, eine silberne Intention und ein metallenes oder erz-starkes Vorhaben hat, geistlich zu werden, in einen h. Orden zu treten; siehet aber, daß dieser und dieser Geistliche unbehutsam in Reden, leichtfertig in Gebehrden, lasterhaft im Wandel, und mit dem Rappen aus der Arche Noe bei stinkendem Aas seine Speis suchet: ach wehe der Aergernuß? [115] dieses einzige Steinl wirft sein ganzes, herrliches, heiliges, rühmliches Vorhaben zu Boden, und schließt bei sich selbst, lieber weltlich verbleiben, weil er siehet, daß auch die Geistlichen nichts nutz seyn. Vae mundo à scandalis!

Im Meer ist ein Fisch mit Namen Polypus, der solche wunderliche Eigenschaft hat, daß er sich gern an die Felsen und Schroffen anheft und ganz dero Farb annimmt: also wann dergleichen Felsen schwarz seynd, so ist er auch schwarz, seynd sie grau oder grün, so tragt er gleichmäßige Liverei. Wie der Polypus, so ist Populus das Volk: dieses verläßt sich und hält sich fast auf ihre Geistlichen; wie diese gefärbt, also auch das Volk: ist die ehrwürdigiste Priesterschaft weiß und unschuldig in ihrem Wandel, so wird das Volk deßgleichen seyn: machen es aber die Geistlichen gar zu braun, so find't man diese Farb ebenmäßig bei dem Volk; da heißt es: peccavimus cum Patribus nostris. Daß der mehreste Theil des lieben Deutschlands in größtem Zwiespalt wegen des Glaubens gerathen, und sich ganze Königreich und Länder von dem Gehorsam des römischen Stuhls entzogen, wer ist anderst Ursach, als die damalige im Gewissen und Wissen tadelhafte Geistlichkeit? wie dann eben 1517, als Lutherus den 31. October an der Vigil aller Heiligen zu Wittenberg angefangen zu wüthen, in dem Consilio Lateranensi ist beschlossen worden de reformandis Ecclesiae moribus [116] – Sleidanus – die Geistlichen in bessere Zucht zu bringen, und dero sträflichen Wandel und ärgerliches Leben zu zaumen. Darum jener Deutsche nit übel geredet, wie er des h. Caroli Boromäi auferbaulichen und heiligen Wandel gesehen: O, sagte er, hätte Deutschland boromäische Bischöf gehabt, wär' es wohl nie von dem katholischen Glauben abgewichen!

Volsäus zu Londen, Albericus zu Prag, Wernerus zu Straßburg, Gobadeus zu Neapel, Hardinirus in Italien, Udo zu Magdeburg und viel andere hohe Geistliche wegen ihres boshaften Wandels was Aergernuß haben sie nie geben der Welt! O wehe, o wehe solchen!

Wehe, wehe denen Eltern, durch welche Aergernuß kommen! In der h. Schrift wird registrirt von einem großen Miracul und Wunderwerk: Factum est grande miraculum. 4. Mos. 26. Als der aufrührische Core mit dem Dathan und Abiron sich gegen den Moses und Aaron ausgeleint und sehr großen Tumult erweckt, hat Gott solchen sträflichen Zwiespalt nit ungerochen gelassen, sondern alsobald dem Erdboden befohlen, er sollt seinen Rachen und Schlund aufsperren und besagte drei meineidige Gesellen lebendig verschlucken. Wie es dann nit anderst ergangen; dann nach kurzem Verweis und ernstlicher Wort-Bestrafung des Mosis hat sich die Erd aufgethan, und seynd diese mit Leib und Seel zum Abgrund [117] gefahren. – Das größte Wunder aber bestund in dem, daß nemlich der Vater Core zu Grund gangen, seine Kinder aber, die hart neben seiner gestanden, nichts gelitten; und wird glaubwürdig von den heiligen Vätern vorgeben, als habe Gott durch seine heilige Engel gedachte Söhn empor in die Höhe gehalten dazumalen, wie sich die Erd eröffnet, daß also der Vater zu Grund gangen, seine Söhn aber nicht. O miraculum grande! o großes Miracul und Wunder! ein Vater geht zu Grund, seine Söhn nit; ein Vater fährt zum Teufel, und seine Söhn nit; o Wunder über Wunder! Sonst gemeiniglich nach dem Vater leben die Söhn: hab auch noch niemalen gehört, daß die alten Frösch gequackitzet, und die jungen wie Nachtigallen gesungen; es wäre was Neues, wann die alten Rappen ihre Kuchel aufschlagen bei einer Schinder-Hütte, und die jungen bei einem Biskoten-Becker; soll es dann seyn können, daß alte Krebsen hinter sich gehen, und die jungen ganz gravitätisch vor sich spazieren? Ein großes Wunder ist es, wann die Eltern lasterhaft leben, und die Kinder tugendhaft; gemeiniglich an den Eltern spieglen sich die Kinder.

Ihro Majestät die Königinn Michol, des Davids Frau Gemahlinn, war über alle Massen eine stolze Docke; sie hat wohl nie mehr zuruck gedenkt, wie ihr Vater Saul ein Eseltreiber war. Zwar es gibt ihres Gleichen mehr, die durch das Glück erhoben, sich nachmals ihres Herkommens schämen, und darf mancher gestrengen oder gnädigen Frau nit gesagt werden, daß ihre Mutter eine Näherinn, und ihr Vater ein armer Hafner gewest; dann sie ist schon eine [118] von Nadelhofen und Kachelburg. Weil dann obgedachte Königinn Michol eines so übermüthigen und hochmüthigen Sinns war, hat sie Gott mit der Unfruchtbarkeit gestraft: weil er hat vorgesehen, wann sie sollte Töchter erzeugen, würden gleichmäßig nach dem Exempel der Mutter solche hoffärtige Grind-Schippel daraus werden. Wie die Mutter, also die Tochter.

David ist den Weibern nicht gar feind gewesen, dessen sattsame Zeugnuß die Bersabea: Ammon und Salomon, seine Herren Söhn, waren gleichmäßig von solcher Lieb angesteckt und angestänkt. Wie der Vater, also die Söhne.

Ist der Vater ein Bachus-Bruder, welcher vor lauter übermäßigem Weinsaufen rothe Augen bekommt auf cyprianisch Tauben-Art, und also wegen solcher schlechter Fenster das ganze Gebäu muß Schaden leiden: so wird der Sohn nit weniger Martius seyn im October-Saft, und auch lernen aus Trinkgläsern Kupfer zu machen.

Ist der Vater, mit Ehren zu melden, ein Lügner, und im Maul ein größers Messer tragt zum Aufschneiden, als jener Bauer im Magen, welcher ein mehr als Spann langes Messer geschlückt, so aber mit einem Magnet-Pflaster ohne Schaden ganz künstlich von ihm gezogen worden, und annoch in der kaiserlichen Kunst-Kammer zu Wien gezeigt wird: so wird der Sohn auch gesparsam seyn in der Wahrheit, und in allen Reden den Lugo citiren; auch [119] einem solchen gar leicht ein Secretum wäre zu vertrauen, dann so ers schon offenbart, würd' es ihm als einem Lügner niemand glauben.

Ist der Vater ein Spieler, dessen meistes Traficiren in Trapuliren bestehet, und da man anderstwo die Hadern und Lumpen zu Papier macht, ihn aber macht das Papier, verstehe die Karten, zu Lumpen und zerrissenen Hadern und äußeriste Armuth: so wird der Sohn auch beherzt in Herz, floriren in Grün, närrisch in Schellen, säuisch in Eichlen seyn.

Ist der Vater ein Buhler, und in seinem Gewissen die Wort Non moechaberis mit bleicher Dinte geschrieben, und bei ihm nach dem A, B, C, D gleich das F folgt, und öfter das E überhupft: so wird der Sohn ebenfalls syllogisiren in Barbara, und mehrmal bei der guldenen Kuh, wie Moses beim guldenen Kalb, die Gebot brechen.

Ist der Vater ein Flucher und Gotteslästerer, bei dem es auch mitten im Winter donnert und hagelt, der wie ein grünhosender Frosch und Lachen-Musikant mit seiner Pfund-Gosche und verdrießlichem Tenor den Himmel selbst anquackitzet, und also der Lümmel den Himmel mit Getümmel antastet – wohl [120] ein Gott mißfälliger Boanerges: so wird der Sohn ebenfalls ein jedes Wort mit 100,000 Teufel füttern, und in allweg supra mentem sapramentiren.

Ist der Vater ein Dieb und Partitenmacher, der weit besser die Leut, als die Schwalben den Tobias weiß zu besudlen, und folgsam in den 7 Tagen der Woche das 7te Gebot: du sollst nicht stehlen! 77 mal vergißt, und also solcher Mammons-Bruder den Ablativum niemalen decliniret: ja so wird der Sohn nit wie ein frommer Loth die Fremden, sondern wie ein schlimmer Lottersbub das Fremde lernen zu sich ziehen und wissen, beim klaren Sonnenschein einen hinter das Licht zu führen.

Ist die Mutter stolz und hoffärtig, und die mehreste Zeit sich mit dem Spiegel, als einem gläsernen Aufstecher berathschlaget, damit ihre Stirn sich mögschreiben von Glattau aus Schlesien, ihre Augen von Sternberg in Böhmen, ihre Wangen von Rothenburg am Neckar, ihre Lefzen von Roseneck in Preußen, ihr Hals von Lilienfeld in Oesterreich, und also das Gesicht-Waschen, Reiben, Glätten, Beglen, Färben, Poliren, und Zieren ihre meiste Arbeit: so wird die Tochter nit weniger nach Pracht und Tracht dichten, und mehr Acht haben auf ihre Haut, als Gedeon auf seine Schaf-Fell.

[121] Ist die Mutter also beschaffen, wie die Frau des egyptischen Putiphars, welche mit des Josephs Mantel ihre Bosheit suchte zu vermäntlen, wo der englische Jüngling weit unsicherer war bei dieser jungen Pfütze, als vorhero in der alten Cistern: so wird, glaub mir darum, die Tochter mehr diocletianische, als lucretianische Sitten, an sich nehmen, mehr in Catharinä de Bore, als Catharinä Senensis Fußstapfen treten, daß also zwischen einer solchen Agnes und Lupa kein Unterschied zu finden.

Ist die Mutter faul wie ein Saumgaul, ist die Mutter stolz wie ein Cederholz, ist die Mutter beschaffen wie die verliebten Affen, ist die Mutter eine Buhlen wie die Venus-Schulen, ist die Mutter im Trinken wie im Sommer die Finken: so wird die Tochter selten anderst seyn.

Anno 1560 hat eine Frau, wie die Chronik der Kapuciner meldet, eine neue stolze Jezabel in Liguria,[122] den berühmten Mann Patrem Angelum aus gedachtem Orden zu sich berufen in ihrer Krankheit, und ihm mit heller Stimm angedeut, daß sie verdammt sey derenthalben, weil sie zu stolz und prächtig in Kleidern gewest, und solchergestalten auch ihre Tochter erzogen, forderist, weil sie ihrer Tochter ein neues Kleid hat machen lassen, (merks, mein Frauenzimmer!) dergleichen Modi und Materie in der Stadt nie gesehen worden; welcher nachmalens alles Frauenzimmer nachgefolgt. Kaum daß sie dieses ausgeredt, hat sie der böse Feind bis auf den obern Boden erhebt, und mit solcher Gewalt auf die Erd herab geworfen, daß sie ganz tobend und rasend ihre elende Seel aufgeben.

Wie ein groß Rad in der Uhr gehet, so gehen auch die kleinen; wie die alten Spatzen pfeifen, so pippen auch die jungen; wie die Sonn gehet, so wend't sich auch die Sonnen-Blum; wie die obern Gestirn, also auch die unteren Geschöpf wegen dero Influenz: wie die Eltern, also die Kinder.

Bei dem reichen Prasser war es alle Tag Kirchtag, allezeit eine Mahlzeit, allemal ein Gastmahl; es hat stets geheißen: trag auf und zett' nit, schenk ein und schütt nit, greis in die Schüssel und scham dich nit. Endlich hat ihn der Schlag getroffen, und [123] also ohne weitern Aufschub zum Teufel gefahren. Dann wegen seines steten Fressens hat er bei unserm Herrn die Suppe verschütt, theils, weil er auch dem armen Lazaro vor der Thür nit einen Bissen mitgetheilt. Der elende Bettler hat gesehen kochen, braten, sieden, backen, rösten, aber nie trösten; beim Reichen war alle Tag ein Mandel-Muß, beim Armen alle Tag ein Mangel-Muß; beim Reichen alle Tag eine Fresserei, beim Armen alleweil eine Fretterei; beim Reichen war alleweil das Fassen, beim Armen alleweil das Hasten: es wünschete sich der hungerige Tropf, daß er dörfte die Brösel unter dem Tisch aufklauben und mit den Hunden daselbst in die Kost gehen, nemo ei dabat, »aber niemand gab ihm etwas.« Es hat ja dieser reiche Gesell auch Kinder gehabt? Ich zweifle nit. Soll dann keins aus ihnen so barmherzig seyn gewest? Nemo, niemand hat ihm was geben: es hat ihm der junge Herr nichts geben, es hat ihm die Fräule nichts gespendirt; dann nach dem Exempel des Vaters leben die Kinder. Nemo, weder Lakei, weder Pagen, weder Aufwärter, weder Kutscher, weder Reitknecht; nemo, weder die Köchinn, weder das Kuchl-Mensch, welche beede sonst gar oft einer alter Kupplerinn wegen der Löffel-Post den Topf und Kropf angefüllt; nemo, kein Mensch im Haus war so barmherzig, der dem armen Lazaro einen Bissen hätte zugeworfen: weil nemlich auch ihr Haus-Herr so unbarmherzig war.

[124] Man sagt von einem Kapellmeister, der hohen Alters halber gar ein schwaches und blödes Gesicht hatte, dessenhalben stets sein Nase mit einem Paar venetianischer Brillen, als mit einem gläsernen Sattl, versehen mußte, daß er auf eine Zeit in der Kirche vorgesungen, und also eine Mucke in dem Gesang-Buch oberhalb der schwarzen Linie gesessen, glaubte er gänzlich, dies sey eine musikalische Note, wessenthalben er seine Stimm' erschröcklich erhebet und jämmerlich aufgeschrieen, wie die Wölf, so sie den Vollmond ansingen; worauf auch alsobald die Kapell-Knaben nachgehend, und eine so unförmliche Musik gemacht, daß den Leuten schier das Gehör verfallen. Wer war daran schuldig? Der Chor-Regent und Kapellmeister. Im Haus seynd Vater und Mutter: wann nun diese schlimm singen, so thun die Kinder deßgleichen. Wann der Vater bei der Tafel eine Sprach redet, wie der Chan, wann er mehr einen cyprischen als cyprianischen Discurs führet, wann er nit einen Propheten, wie der Wallfisch den Jonas, sondern einen solchen Poeten auswirft, der ganz ungereimte Reim eines nasenwitzigen Nasonis vorträgt: so ist kein Wunder, daß nachmals einen gleichen Tripel die Kinder intoniren. Wann Vater und Mutter in Gegenwart der Kinder solche freche Gebehrden zeigen, wie jene alten Tauber zu Babylon in dem Lustgarten Susannä: so fallen solche Funken in Hen und Streu der Kinder, und zünden an, was ohne dem gern brennt. Aber wehe solchen Eltern, durch welche Aergernuß kommt! Wann Vater und Mutter schläfrig seynd in dem Dienst Gottes, und hören nur Meß, wanns im Kalender roth geschrieben [125] steht: so werden die Kinder ebenmäßig so inbrünstig seyn, wie ein Eiszapfen im Januario, und folgsam lieber zum Tanz als Rosenkranz gehen.

Wie die Ephraimiter vom wahren allmächtigen Gott abgetreten, und sich zu den falschen Abgöttern gewendt, dazumalen, sagt die hl. Schrift Jerem 7, Haben die Väter angemacht, die Mütter Küchel gebacken zum Opfer vor solche Götter; was aber die Kinder? etwann haben sie die Augen gegen den Himmel gewendt und den jenigen angebet', so da Himmel und Erd erschaffen? O nein! die Kinder haben das Holz zu besagter abgötterischen Kocherei zusammen geklaubt: »Filii colligunt ligna, et Patres succendunt ignes, et Mulieres conspergunt adipem, ut faciant placentas Reginae Coeli et libent Diis alienis.« Wie die Eltern, also die Kinder; ein schlimmer Vogel, ein schlimmes Ei; ein schlimmer Baum, eine schlimme Frucht; wie der Acker, also das Treib; wie der Autor, also das Buch; wie der Weinstock, also die Traube; ein schlimmer Fisch, ein schlimmer Rogen; seynd die Eltern nichts nutz, so seynd auch die Kinder unerzogen. Aber wehe solchen Eltern!

Nach dem letzten Abendmahl hat der Herr Jesus den Peter, den Joannes und Jacobum mit sich genommen in den Garten Gethsemani, welcher fast eine viertel deutsche Meil abgelegen von der Stadt Jerusalem, nächst dem Thal Josaphat, allwo der Bach Cedron durchrinnt, und der Zeit die Türken ihr Begräbniß daselbst haben. In diesem Garten hat sich der gebenedeite Heiland ein wenig abgesondert von den 3 Apostlen, mit dem Verlaut, wie daß seine Seel [126] betrübt sey bis in den Tod; sollen demnach allda verbleiben und wachen. Nachdem er nun einige Zeit im Gebet zugebracht, kehrte er wieder zuruck zu seinen geliebten Jüngern, und weil er dieselben schlafend angetroffen, hat er alsobald dem Peter einen kleinen Verweis geben: Simon dormis, Simon schlafst du? hast du nit können eine Stund mit mir wachen?

Warum redet der Herr allhier den Peter allein an und leset ihm die Planeten? warum beschuldigt er nicht auch die anderen zwei? haben sie doch auch geschlafen, auch wacker geschnarcht, und folgsam ein gleiches Capitel wie Petrus verdient! Darum, darum hat Petrus den Verweis bekommen, weil er das Haupt war der Aposteln, und also die Ursach gewest, daß die anderen auch geschlafen; dann wie diese zwei vermerkt, daß Petrus die Augen zuschließt, daß er anfangt zu napfetzen und schlafen, so gedachten sie: gehet es ihm hin, der unser Haupt, so gehet es uns auch hin. War also des Petri gegebene Aergernuß bei Gott strafmäßig, deßwegen hat es geheißen: Simon dormis?

Wann ein Vater diese oder jene Untugend an sich hat, der Sohn thut es gleich nach: wie ich dann selbst einen Knaben mit 4 Jahren gekennt, welcher schon mit Stern- Million- Galle- Rennschiffel- Blut- Mord-Sapra etc. gescholten. Du Vater, du, du gib Rechenschaft, du bist der Mörder der Seele deines Sohns! Wann die Mutter mit Galanen und Geilanen, mit Buhlern und Schülern umgeht: die Tochter spieglet sich daran, und mit 10 Jahren weiß sie [127] schon, quod foemina sola reposcit, quae maribus solum etc. Du, du Mutter gib Rechenschaft, du bist der Wolf, welcher das Lammel zerrissen! Führen die Eltern einen sträflichen Wandel und lasterhaftes Leben, so scheuen sich die Kinder nit, in dero Fußstapfen zu treten; aber ihr Eltern! ihr, ihr gebet Rechenschaft, ihr habt das Gift gemischt, welches sie getrunken!

Zwischen der Stadt Jerusalem und dem Berg Oliveti ist das Thal Josaphat, allwo vor diesem ein teuflischer Abgott war, mit Namen Moloch, dem die Eltern ihre eignen leiblichen Kinder durch das Feuer aufgeopfert. Ihr, ihr Eltern, durch eure Gott höchst mißfällige und schädlichiste Aergernuß opfert ebenfalls eure eignen Kinder und Leibsfrucht dem Teufel, und werft sie gar in das ewige, ewige Feuer! o wehe, wie werdet ihr bestehen, wann euch der göttliche Richter in besagtem Thal am jüngsten Tage wird also anreden: ich hab' diese Seel so theuer erkauft mit meinem Blut, und ihr Eltern habt sie mir wieder durch eure gegebene Aergernuß verloren; ich hab diesen Acker so schön gebaut, und den besten Samen darein geworfen, und du Vater bist der Vogel gewesen, der durch die Aergernuß diesen guten Samen verzehrt; ich hab mir diese Seel für eine Festung erkiesen, und eine edle Stadt Sion darauf gemacht, du Mutter aber hast sie durch deine Aergernuß in ein wüstes Babylon verkehrt; [128] ich hab dieses Gärtl so emsig gar mit Dörnern umzäunt, wie dergleichen auf meinem Haupt zu sehen gewest auf dem Berg Calvariä, und ihr Eltern durch euer Aergernuß habt mir den Zaun wieder niedergerissen und die wilden Schwein darein lassen herum wühlen; ich hab die Seel eures Sohns, die Seel eurer Tochter zu einer Königinn gemacht, ihr aber habt durch euren ärgerlichen Wandel sie zu einer schlechten Sclavinn verworfen! Das Blut eurer Kinder schreit mehr Rach über euch, als über den Cain das Blut seines ermord'ten Bruders! wehe, wehe, wehe euch Eltern!

Nicht umsonst erhebt David seine Stimm zu Gott, und bittet mit vielen untermengten Seufzern: Ab oculis meis munda me Domine, et ab alienis parce servo tuo: »Von den verborgenen Sünden reinige mich, o Herr, und verschon mir deinen Diener wegen der fremden Sünden!« Fremde Sünd seynd, welche durch Aergernuß entsprießen.

Es war einmal ein Trompeter in einer Schlacht auch gefangen, und als sie ihm, gleich andern wollten den Rest geben, protestirt er hierüber, sprechend: man sey in allweg schuldig, ihn zu pardoniren, weil er niemalen einen hätte niedorgemacht; warum wollt und sollt ihr denn mir den Tod anthun? O Sch, war die Antwort, ob du schon keinen aus den Unserigen erlegt, so hast du doch andere durch dein Blasen zum Fechten angefrischt und beherzt gemacht, du mußt sterben!

Eine manche kommt in den Beichtstuhl, und referirt ein ziemliches Register herab; doch nur von [129] kleinen Sünden und geringen Ubertretungen. Unter andern protocollirt sie: wie daß sie ein wenig sey sauber ausgezogen, so etwann ihrem Stand nit geziemte. AberLazare veni foras, »heraus besser mit der Sprach.« Ihr seyd, so viel mir bewußt, um 9 Uhr aus den warmen Federn gekrochen, bis um 10 Uhr euch angelegt, bis um 11 Uhr euch gespieglet; um den Kopf allein waren von Gemisch Gemäsch 19 Ellen, daß also derselbe einem weißen Bier-Zeiger zu Kahlheim mehr als einem Menschen-Haupt gleichte; um den Hals hat der Reif gebrennt – allem Ansehen nach muß nit Quatember seyn, weil die Fleisch-Bänk offen stehen – ein seltsamer Zustand, daß auch die Kleider um den Hals können die Schwindsucht bekommen; das Gesicht stehet aus, als wäre es 4 Wochen auf der Wachsbleich gewest, 2 Tag in der Mang, 12 Stund im Firneiß – was wollt der polierte Marmol von Salzburg dagegen seyn; – zwei Gesellen stehen hinter ihr in der Kirche, verdecken die Nasen mit ihren alle Modi Hüten; diese verwundern sich über die philistäischen Felder, daß sie so bloß seyn, legen den Traum aus des Pharaonis Bäcker, welcher den obern Brod-Korb nit zugedeckt, wessenthalben die Vögel darüber kommen. Laß mir dieß eine saubere Andacht seyn wer ist daran schuldig? Diese, diese mit ihrem liederrichen, frechen, leichtfertigen, übermüthigen, schandvollen, unverschamten, boshaften und ärgerlichen Aufzug. Das trifft euch auch, ihr großen Herren, in dero prächtigen Pallast [130] und Häuser der am Kreuz nackende Heiland oft niemalen gesehen wird, wohl aber eines muthwilligen Pinsels unverschamte Bilder, die bei den unbehutsamen Augen mehr Aergernuß als Kunst spendiren! vergeßt demnach im Beichtstuhl, in diesem geheimen Nichterstuhl nit, daß ihr habt Aergernuß geben und böses Exempel, durch welches ihr Anderen zum Bösen Anlaß gegeben!

Ein gutes Exempel aber und auferbaulicher Wandel ist über Alles forderist der großen Fürsten und Herren: dieses ist ein Spiegel der Unterthanen, dieses ist eine Regel der Vasallen, dieses ist eine Richtschnur des Volks, dieß ist ein Sporn zu den Tugenden, dieses ist eine Predigt dem gemeinen Mann, dieses ist ein guldener Wegweiser, dieses ist eine herrliche Zeig-Uhr, dieß ist ein süßer Zwang zu allen löblichen Thaten. Wie der Esau sich als einen Gleitsmann seinem lieben Bruder anerboten, so hat sich dieser dessen höflichist bedankt, und seinen Bruder Esau einen Herrn gescholten: Praecedat Dominus meus, et ego paulatim sequar vestigia ejus: »Mein lieber Herr, sprach er, er wolle nur voran gehen, ich will ihm allgemach nachfolgen.« Also laßt sich verlauten ein Bauer im Dorf, ein Bürger in der Stadt, ein Soldat im Feld, ein Religios im Kloster, ein Kind zu Haus, ein Kavalier zu Hof: Praecedat Ihr Majestät voran, Ihr Gnaden Herr Prälat voran, Ihr Excellenz Herr General voran, Ihr Gestreng Herr [131] Burgermeister voran, Ihr Vest Herr Pfleger voran, Vater und Mutter voran, et ego sequar.

Wie der Pharao, dieser egyptische Monarch, wahrgenommen und augenscheinlich gesehen, daß sich das Meer beederseits zertheilt und also den Israelitern mit trucknen Füssen den Paß vergunnt, so glaubte er, solche Wunder-Strasse sey auch für ihn und die Seinigen; aber Narr großkopfeter, was Gott seinen Freunden erweist, das thut er seinen Feinden nicht: Kraut für dich! Wie er nun samt seinem Volk fast in Mitte des Meers war, da hat sich dasselbe wieder zusammengeschlossen, und also Pharao darinnen müssen einen weichen Tod nehmen, welcher sonsten eines harten Kopfs war, und solchergestalten vom Wasser ins ewige Feuer gerathen. Nachdem nun Moses der Führer mit den Seinigen glücklich durchpassirt, hat er gleichwohl den billigen Dank-Schilling wollen bezahlen, und also mit einheller Stimm ein Deo Gratias intoniret: kaum daß er dieses Lied angefangen, hat ihm alsobald das ganze Volk nachgesungen, und damit solcher Harmonie der Discant nit mangle, haben so gar die kleinen und damals noch unmündigen Kinder überlaut mitgesungen.

So geht es noch auf den heutigen Tag: wie das Oberhaupt singt, also singen die Untergebenen nach,Regis ad exemplum. Ninive war eine Stadt in Assyria, von König Nino erbaut, so groß, daß jemand 3 Tag durchzugehen brauchte, so fest, daß um die ganze Stadt eine Mauer stund hundert Schuh hoch, dermassen breit, daß drei Wägen darauf nebeneinander konnten fahren, so herrlich, daß allein in dem Umkreis dieser Stadt 1500 schöne Thürm zu sehen gewesen. [132] Wie nun gemeiniglich geschieht, daß in großen Städten große Laster anzutreffen, so war solches absonderlich in Ninive zu sehen, weil daselbst fast alle Laster dergestalt überhand genommen, daß bereits alle Gerechtigkeit veracht, alle Ehrbarkeit verlacht, alle Zucht vertrieben, alle Gottesforcht verschrieben, aller Muthwille erstanden, alle Frechheit vorhanden, alle Laster im Gang, und Alles des Teufels Anhang; welches dann den gütigisten Gott dermassen in Harnisch gebracht, und seinen gerechten Zorn also erweckt, daß er dem Propheten Jonas alsobald den Befehl zugeschickt, er soll ganz schleunig und unverzüglich den Ninivitern inner 40 Tagen den Untergang andeuten. Wie nun dieser fremde und neue Prediger auf allen Gassen und Plätzen seine Kanzel aufgeschlagen, und solche neue Zeitung und Ungnad des Himmels aller seits geoffenbaret, da ist geschwind der König Sardanapalus, so daselbst residirte, der allererste, welcher die Buß ergriffen, ein rauhes härenes Kleid angezogen, strenge Fasten angefangen, ganz reuevoll und zerknirscht mit dem mea culpa auf die Brust geschlagen. Kaum daß solches seine Kavalier und Hof-Damas ersehen – ungeacht solche Leut fast heiklicher als ein Biskoten-Teig, und bei ihnen ein Floh-Biß für ein Cilicium gehalten wird – seynd sie dannoch alsobald nachgefolgt, den Taffet und Brokat mit einem groben Sack vertauscht, die Haar mit Asche (ein seltsames Haar-Pulver zu Hof) eingesprengt, und das Miserere weheklagend intonirt. Wie dieses der löbl. Magistrat zu Ninive wahrgenommen, haben sie ganz hurtig die Trapulir-Karten ins Feuer geworfen; der [133] Herr Burgermeister eine gute Disciplin in die Hand genommen, auf dem Rucken, wie Gedeon in seiner Scheuer, gedroschen; der Herr Stadt-Richter fällte unversöhnlich die scharfe Sentenz über seinen eigenen Leib, und mußte solcher mit Wasser und Brod vorlieb nehmen; dergleichen auch die anderen Raths-Herren gethan. Wie alles dieß die gesamte Burgerschaft mit Augen gesehen, so war kein Kauf- noch Handelsmann, der seinen Laden oder Gewölb nit zugesperret; haufenweis zusammen geloffen, ein jeder an seine sündige Brust geschlagen (dem Teufel ist nichts mißfälliger, als solcher Brustfleck), ein jeder auf die Knie nieder gefallen (auf solche Weis' läßt sich die Ungnad Gottes über das Knie abbrechen), ein jeder die Händ gen Himmel gehebt (dieß ist das beste Handwerk), ein jeder sein Haupt mit Asche bedeckt (Gott vergißt des Faschings, worauf ein solcher Aschermittwoch folgt), der geringste Mensch sogar, welches ein großes Wunder, die Kutscher und Stall-Bursch haben sich zur Buß und Frömmigkeit bequemet. Allhier sieht man sonnenklar, was große Wirkung habe das gute Exempel und auferbauliche Wandel eines großen Monarchen: solches zieht, wie die Sonn die Erd-Dämpf, wie der Magnet das Eisen, solches zieht wie der Agatstein den Stroh-Halm; es prediget aber mit den Händen, es ermahnt aber mit dem Werk, es lernet aber mit der That; was Christus gesagt dem Matthäo: Sequere me, »folge mir nach!« was Wenceslaus gesagt zu Prag seinem Hof-Herrn: tritt in meine Fußstapfen! was Abimelech gesagt seinen Soldaten:was ihr sehet, das ich thue, thuet es nach! alles dieses thut das gute Exempel [134] eines großen Herrn, welches nit anderst als eine Mutter, die viel fromme Kinder gebährt, nit auderst als ein Original, nach welchem viel Copei verfertiget werden, nit anderst als eine guldene Kette, so viel Glieder nach sich ziehet. Sobald der Hebdomadarius oder Wochner anfangt zu singen Deus in adjutorium, so folgen gleich alle nach; so bald der Fahntrager voran geht, so folgt die ganze Procession nach; so bald der Schulmeister die Vorschrift macht, so schreiben die Knaben nach; so bald große Fürsten und Herren sich in Tugenden üben, so folgen die Landsassen nach. Wer ein Exempel will wissen, was dergleichen gute Exempel genutzt haben, der thue die Chronik aller Länder sein behutsam durchblättern, so dann wird er finden: wie der h. Stephanus, König in Ungarn, viel herrliche Tempel zu Ehren der Mutter Gottes aufgerecht, und – sich solchergestalten wegen seines marianischen Eifers ein rechtes Mutter-Kind gezeigt, daß die mehresten Ungarn ihm nachfolgten, und mußte sogar Mariä Bildnuß auf dem Geld etwas gelten; er wird finden, wie der h. Wenceslaus, König in Böhmen, eine so große Innbrunst getragen zu dem hochheiligsten Alters-Geheimnuß, daß er sogar seine Würde und Hohheit hintan gesetzt, und das Treid selbst ausgedroschen, aus welchem nachmals dieses himmlische Manna und Brod der Engel gebacken worden, daß man nit ohne sondern Trost gesehen, wie damal bei den Böhmen das heiligste Meß-Opfer in größtem Werth war, und die h. Comunion so communis worden, daß solche fast [135] ein jeder in dem Vater unser für das tägliche Brod verlangt; er wird finden, wie der h. Canutus, König in Dänemark die geweihte Priesterschaft dergestalten ehrete, daß er dieselbe als Vice-Götter aus Erden gehalten: so seynd die Dänemarker also cortes und höflich gegen die Geistlichen worden, daß sie einem jeden Reverendo die grüßte Reverenz machten; er wird finden, wieEduardus, König in Engelland, neben andern gottseligen Tugenden forderist den h. Joannem Evangelistam also geehret, daß er keine Bitt in dessen Namen abgeschlagen: da seynd die Heeren Engelländer dem h. Joanni dergestalten zugethan worden, daß fast kein Haus ohne Joannes, und kein Joannes ohne Gottes-Haus wurde angetroffen; er wird finden, wieLudovicus, König in Frankreich, dem h. Meß-Opfer mit grader Andacht und unbeschreiblichem Eifer jederzeit beigewohnt: so ist in Frankreich ganz abkommen, daß man die Vater unser in Hut oder Kappen gehauchet, sondern das ganze Jahr das flectamus genua bei der hl. Meß mit größter Auferbaulichkeit beobachtet worden; er wird finden, wie Sigismundus in Burgund, wie Ferdinandus in Oesterreich, wie Casimirus in Polen, wie Emericus in Ungarn, wie Carolus Bonus in Flandern, wie Ludovicus in Sicilia, wie Maximilianus in Bayern als fromme, heilige und gottselige Fürsten gelebt, und ihren Untergebenen wie die feurige Saul den Egyptiern vorgeleucht, daß auch dero Unterthanen einen frommen und tugendsamen Wandel geführt haben.

[136] Willkomm, ihr Geizigen, ihr seyd halt wie die Bienen, die sammlen Honig, und genießens wenig: »sic vos, non vobis mellificatis, apes,« »ihr thut viel haben, schaben und graben, und eure Erben thun sich darmit laben!«

Gute Nacht, ihr Falschen, ihr seyd just wie die Bienen, die tragen vorn Süß, und hinten Spieß: solche Tisch- und Fisch-Brüder seyd ihr auch, welche gleich den Katzen, die vorn lecken, und hinten kratzen.

Guten Abend, ihr Zornigen, ihr seyd recht wie die Bienen. Wann solche mit ihrem Stachel als subtilem Stilett, einen verletzen, so müssen sie hiervon das Leben lassen: also euch Zornigen die eigne Rachgier zu Schaden ausgeht, und der Stein, so ihr auf Andere werft, euch selbsten auf den Schädel fällt.

Guten Morgen, ihr Herrn Studenten, ihr seyd, oder wenigist sollt ihr seyn wie die Bienen, welche aus den Blumen nur das Honig heraus sutzlen, und nit den schädlichen Saft, »legunt, non laedunt:« also sollt ihr in den Büchern suchen, was da thut lehren, nit was thut verkehren.

Grüß euch Gott, ihr lieben Pfarr-Kinder, ihr sollt sein seyn wie die Bienen, Wann man diesen mit einem messingen Geschirr klopft und leut', so sammlen sie sich zusammen: also wann man euch in die Kirche zum Gottesdienst leutet, so eilt sein schleunig dahin, und kommt nit erst, wann der Pfarrer euch mit dem Ite, Missa est begrüßt.

[137] Servitor, ihr jungen Gesellen, ihr sollt wohl seyn wie die Bienen. Wann diese bei nächtlicher Weil schlafen, so legen sie sich darum auf den Rücken, damit ihr Flügerl nicht von dem Himmel-Thau benetzt, und sie also an ihrer Arbeit verhindert werden: also sollt ihr euch nichts mehr angelegen seyn lassen, als die Arbeit, Fleiß und Emsigkeit; dann nichts ärger schmecket, als die gestunkene Faulheit. Darum heißt es: Adolescens, tibi dico, surge!

Frisch auf, ihr Bedrängte, ihr seyd wie die Bienen, die allemal ein kleines Steinl unter ihrem Flügel tragen, damit sie der Wind nit darvon trage: also hat euch der gerechte Gott dessenthalben einige Beschwernuß auferlegt, damit ihr euch nit sollt übernehmen, noch übermüthig werden.

Wohlan, ihr ins gesamt alle Unterthanen und folgsam große Fürsten und Herren, ihr seyd in aller Wahrheit wie die Bienen: das, was der Binnen-König thut, das thun auch dessen Untergebene; schlaft er, so schlafen die anderen auch, fangt er an zu summen und brummen, so lassen alle eine gleiche Musik hören, fliegt er aus zu der Honig-Fechsung, so bleibt keine zu Haus, ruhet er ein wenig, so machen alle Feierabend; in Summa: wie der König unter den Bienen, also seine Unterthanen. Regis ad emplum etc.

Ihr allerdurchleuchtigisten, gnädigsten, etc. großen[138] Fürsten und Herren, Herren etc., ich getraue es mir schier nit recht zu reden; aber ein wackeres und schönes Frauenzimmer ist hierinfalls kecker, und laßt man ehender eine solche Nachtigall singen, als eine schwarze Amsel – dieses Frauenzimmer und wackere Dama ist die Bethsabea, welche nicht allein den David, ihren Herrn und König, mit diesen Worten angeredt: In te oculi respiciunt totius Israël, »mein David, alle Augen in ganz Israel schauen auf dich,« sondern sie red't noch alle großen Fürsten und Herren an: in te oculi respiciunt totius Regni, totius Provinciae, totius Comitatus etc., »Alle, Alle schauen aus euch, ihr seyd wie die prächtigen Geschlösser und Festungen auf den hohen Bergen.« Der Reisende schaut meistentheils nur diese an, und gar wenig die in der Nieder gelegenen Bauren-Hütten; die Unterthanen schauen, wie ihre Herrschaft, ihre Obrigkeit, ihr Haupt im Land leben thut: wann der Wandel nit schlecht, sondern recht und gerecht, Regis ad exemplum, so sagt solcher reine Spiegel einem jeden Unterthan auch in das Gesicht: putz dich; so sagt solches schöne Vorbild einem jeden Vasall: scham dich; so schreit solcher herrliche Glockenschall einen jeden Landsassen an: halt dich!

Ein gutes Exempel, ihr Geistlichen, euch schreit derenthalben Himmel und Erd, sorderist die h. katholische Kirche zu! Der tyrannische Saul ergreift einst seine scharfe Lanze, und vermeint, dem David durch das Herz zu dringen, hat aber verfehlt; die Herren Geistlichen zeigen sich zuweilen so ernsthaft auf der Kanzel, im Beichtstuhl wider dieses und jenes Laster,[139] aber fehlen gar oft, treffen das Herz nicht, ist nur ein Wasserstreich, ist eine Büchse nur mit Papier geladen, ist eine Blüthe und keine Frucht, seynd Wörter und keine Schwerter, ist nur ein scheinbares Rausch-Gold. Aber wann sie dasjenige in dem Werk selbst zeigen, was sie durch die Lehr vortragen, das trifft das Herz, das gewinnt das Gemüth, das lockt zur Nachfolg, das spieglet den Nächsten, das fruchtet auf Erden, das heilet die Wunden, das zieret die Kirchen, das prediget zum besten, das erweckt den Eifer, das trutzt dem Teufel, das erfreut die Engel, das heiliget den Menschen, das bereicht den Himmel, das riecht und zieht, das lehrt und mehrt, das bringt und zwingt die Menschen zur Nachfolg.

Wie Christus der Herr am Palmtag zu Jerusalem seinen prächtigen Einzug gehalten, und von dem gesamten Volk mit unglaublichem Jubelschall empfangen worden, ist wohl zu merken, was das gute Exempel dazumal für eine Wirkung gehabt. Dann vor dem Thor benannter Stadt hat das häufige Volk den Herrn Jesum ganz begierig erwartet. Wie er nun endlich ankommen, und die Apostel als fromme und eiferige Männer ihre Röck und Mäntel auf die Erd gelegt, damit Christus desto sanfter und mit besserer Bequemlichkeit reite, (o wie oft reit' der Teufel auf den Kleidern!) so hat sich alsobald das Volk an diesen geistlichen Männern gespiegelt, daß sie auch gleich ihre Kleider ausgezogen und solche aus den öffentlichen Weg gebreitet.

O was Nutz und Frucht entsprießt nicht von dem guten Exempel der Geistlichen! Bei der unartigen Welt gehet es schon fast im Schwang, daß man die Geistlichen, [140] noch ursprünglich von den falschen Götzen-Priestern, Pfaffen nennt. Wann solcher Nam endlich nit soll zum Schimpf gereichen, so seys, und laßt sie seyn Pfaffen! Echo: Affen; Affen aber seynd die Weltlichen. Der Affen Eigenschaft und Natur ist nur allbekannt, daß sie nemlich alles und jedes, was sie sehen, nachthun, wie sie dann durch solchen Vorthl gefangen werden. Dann am Ort und Gegend, wo sich dergleichen Thier aufhalten, pflegen die Jäger einige Stiefel, worin ein großes Gewicht von Blei, anzulegen und oben zuzubinden, nachmals wiederum auszuziehen und liegen zu lassen, und sich hierauf in einen dicken Busch zu verbergen. Wann nun die vorwitzigen Affen auch dergleichen nachthun, und also die gewichtigen Stiefel an den Füssen den schnellen Lauf verhindern, werden sie von den wachsamen Jägern ergriffen und gefangen. Wie Affen seynd beschaffen die Weltlichen: was sie von den Geistlichen und gottgeweihter Priesterschaft ersehen, das thun sie nach, und gedunkt solchen Schäflen die Nachfolg nicht schwer, wann der Hirt mit auferbaulichem Wandel vorgeht.

Ein Erz-Vogel ist gewest und üppiger Welt-Mensch jener, welcher sich aufs beste beflissen, nichts Guts zu thun, und hat ihm mehr graust an heiligen Sachen, als den Israeliten an dem Manna oder Himmel-Brod. Als solcher einst bei nächtlicher Weil in dem warmen Federbett pfnauste, und solches Gimpel-Nest thin über alle Massen wohlschmeckte, hört er bei Mitternacht die Patres Dominicaner, von dero Kirchen seine Wohnung unfern entlegen, an einem Samstag ganz andächtig die Mette singen, Gott und[141] seine wertheste Mutter loben und preisen, welches ihm dermassen das Gemüth gerieglet, das Herz eingenommen, in Erwägung daß diese guten Religiosen den Schlaf brechen und mit Psaliren und Singen die Zeit verbringen, daß er frühe Morgens in der Eil bei der Kloster-Porte angeleut', mit schnellen Füssen zum Pater Prior begehrt, und eifrigist um den h. Habit angehalten, worin er auch nachmalens viel Jahr mit großem Ruhm der Heiligkeit zugebracht. Was nicht das gute Exempel der Geistlichen wirket!

Petrus und Joannes eileten zu dem Grab Christi des Herrn. Weilen aber Joannes noch frischer zu Fuß war, ist er dem Peter vorgeloffen; aber weiß nit aus was Ursachen, aus Forcht oder Ehrerbietsamkeit, in das Grab nit hinein gingen, bis endlich Petrus auch daher kommen und in das h. Grab auch hinein getreten, worauf auch ohne weitern Verzug der Joannes nachgefolgt, ohne Zweifel bewegt durch das Exempel Petri. Was nit das gute Exempel wirkt!

Alphonsus, ein frischer Jüngling, mehr übermüthig, als demüthig, mehr verdächtig, als andächtig, mehr unerzogen, als einzogen, sah einmal, daß sowohl die alten als jungen Mönich in ihrem Oratorio oder Bethaus auf die bloßen Rücken mit scharfen Disciplinen und Geißelstreichen verfahren, hierdurch das Leiden Christi in Betrachtung zu ziehen, und den unbändigen Leib besser im Zaum zu halten. Das hat den sowohl verwelten als verwild'ten Menschen dergestalten [142] auferbaut, daß er inständig in denselben Orden verlangt; worin er in solche Vollkommenheit kommen, daß er nachgehends als Bischof zu Oßnabruck erwählt worden, und selbiger Kirche mit sonderer Heiligkeit vorgestanden.

Petrus hat einst die ganze Nacht gefischt, und doch nichts gefangen, nihil; obenher nichts, untenher nichts, rechter Hand nichts, linker Hand nichts, in der Mitte nichts, nihil. Her, mein Fisch! Es gibt sonst nur dreierlei Fisch: große, kleine, mittelmäßige; aber Petrus fangte keinen aus diesen, es war ihm das Meer gleich einer Fleisch-Suppe, als einer Fisch-Brühe, und hat er also das Netz umsonst zerrissen.

Weit glückseliger seynd dießfalls manche Religiosen und geistliche Ordens-Leut, welche unterschiedliche wackere, adeliche Welt-Menschen fischen, wessenthalben schon bei der Gemein das gemeine Reden gehet: hör Bruder, weißt was? diese und diese Patres haben den und den gefischt! beim Element, da werden sie einen guten Rogen ziehen! wer hat sich das eingebildet, daß er sollt ein solcher werden! Dieser frische Gesell ist in die Gesellschaft Jesu eingetreten, dieser Kapitän ist ein Kapuziner worden, dieser An-Vogel ist ein Augustiner worden, dieser Wenigfromm ist ein Benedictiner worden, dieser Kartenmischer ist ein Karthäuser worden, dieser freie Dominantius ist ein Dominikaner worden etc., wie müssen sie ihn doch gefischt haben? Wollt ihr wissen wie? Sie haben ihm zugeschrieben, [143] und doch keine Feder angerührt; sie haben ihn hierzu ermahnt, und doch kein Maul aufgethan; sie haben ihn dessenthalben angesprochen, und doch kein Wort verloren; sie haben ihn völlig eingenommen, und doch keiner mit ihm gehandlet; sie haben ihn gefischt ohne Netz und Angel; sondern einig und alleinig mit ihrem guten Exempel, mit züchtigen Gebehrden auf der Gasse, mit ihrem sittsamen Aufzug in dem Habit, mit ihrer geistlichen und auferbaulichen Ansprach; in Summa: Ein frommer und englischer Wandel der Geistlichen ist mehrmal ein h. Kuppler, eine guldene Angel, ein lobwürdiger Lock-Vogel, ein scharfer Wetzstein, ein spitziger Sporn, ein ziehender Magnet, ein wohlriechender Wecker, ein anreizender Trompetenschall, ein emsiger Werber zu allem Guten.

Nachdem die Hebräer 40 ganzer Jahr durch die Wüste passirt, seynd sie endlich zu dem Fluß Jordan kommen. Weil aber daselbst weder Schiff zum Ueberfahren, weder Brucken zum Uebergehen vorbanden, und gleichwohl der Befehl Gottes war, durch zu passiren, also schauert ihnen derenthalben die Haut nit wenig. Dann als sie schon noch in reifer Gedächtnuß hatten den wunderlichen Durchmarsch ihrer Vor-Eltern durch das rothe Meer, so zwackte und nagte und klagte nit wenig ihr Gewissens-Wurm, daß sie mehrmal den Allerhöchsten beleidiget, und also nit in geringer Forcht stunden, sie möchten das Bad austrinken, wie Pharao mit seinen Egyptiern, und also im Jordan einen schlechten Gesund-Trunk Bescheid gethan; wessenthalben ein jeder fast einen Brustfleck von Hasen-Balg getragen, und sich sein ansdrücklich[144] vor dem Nassen geforchten; dann nit ein jeder schwimmen kann, forderist der ein schweres Gewissen hat. Schupfte demnach ein jeder die Achsel, und war bei den Kleinen eine große, und bei den Großen keine kleine Forcht. Sobald sie aber gesehen haben, daß die Priester mit der Arche des Herrn voran marschiren, ist das Volk ohne weitere Beschwernuß nachgefolgt; dann die Werk weit kräftiger bewegen, als die Wort.

Ihr Hochwürdigen und Ehrwürdigen, Titul Herren Geistliche, es hat der h. Petrus jenen armen, krummen Bettler bei der Porte des Tempels zu Jerusalem wunderthätig kurirt, daß er auf frischen Füssen gestanden und nach Belieben fortgangen, der vorhero mit seiner hölzeruen Assistenz hart fortkommen. Aber wie ist dieser gesund worden? Es ist wohl zu merken, daß er nit allein mit Worten diesen zum Auferstehen hat angefrischt, benanntlich: In dem Namen Jesu stehe auf! sondern er hat ihn auch bei der Hand genommen; und das ist Recht. Wann die Geistlichen wollen einen Nutzen schaffen bei der Gemein, so muß die Zung nicht allein seyn, sondern die Hand vor eine Gespannschaft haben: die Wort seynd unkräftig, wo die Werk nit darbei; es ist nit genug, daß die Geistlichen predigen, man soll Almosen geben, derenthalben habe Gott und die Natur die Finger der menschlichen Hand von einander zertheilt, damit gleichwohl was möge durchfallen; sondern es ist auch [145] vonnöthen, solches im Werk selbsten zu zeigen, und das Dono über das Amo conjugiren. Es steht sonsten gar ungereimt, wann bei Bischöfen, Dom-Herren, Dechanten, Pfarr-Herren, Vicarien etc. mehr Stein als Gibs im Haus. Es ist nicht genug, daß die Herren Patres auf der Kanzel schreien und so ernstlich mit Worten verfahren wider das Laster der Trunkenheit, wie daß solches die Historie des Königs Nabuchodonosor öfters wiederhole und einen Menschen in ein Vieh verwandle; sondern es ist auch vonnöthen, selbst einen nüchternen und auferbaulichen Wandel zu führen, und aus demBibo ein Verbum deponens zu machen; dann wie schändlich steht es, wann ein Religios beschaffen, wie die Krüg zu Cana in Galliläa auf der Hochzeit, impleverunt eas usque ad summum. Es ist nit genug, daß die Geistlichen das Laster der Unzucht dergestalten verdammen, als sey dasselbige gar ein gewisses Anzeichen bei einem, daß er am jüngsten Tag unter die Böck logirt werde, sondern es ist vonnöthen, daß eine geheiligte Priesterschaft auch beschaffen sey, wie die Prozession mit Christo dem Herrn auf dem Calvari-Berg: Erant autem ibi mulieres multae a longe: »Es waren daselbst viel Weiber von weitem.« Es ist nit genug, daß die Geistlichen mit Worten und Federn [146] das Laster des Zorns stark verweisen und sagen, daß zwar die Gall des Fisches dem alten Tobiä ersprießlich gewest, aber die Gall eines manchen Stockfisches den göttlichen Augen höchst mißfalle; sondern es ist auch vonnöthen, daß sie ein saubers Exempel von dem unsaubern Misthaufen des geduldigen Job zeigen; dann Dult und Meß die besten Jahrmärkt bei der Priesterschaft, und steht gar nit wohl, daß ein Priester soll Pres bitter und herb seyn. Es ist nit genug, daß die Geistlichen den Leuten vorstreichen die schöne Tugend der Demuth, als sey der tiefe Baß ein angenehmerer Gesang bei Gott, als der hohe Discant; sondern es ist vonnöthen, daß wir den Herrn Jesum nachfolgen, welcher in der Höhe des Kreuzes uns die Niedrigkeit gelehrt, da er das Haupt von dem prächtigen Königs-Titul abgeneigt; dann es scheint gar unformlich, wann wir armen Geistlichen auf Stroh liegen, und gleichwohl Federn tragen. Es ist nicht genug, daß wir mit häufigen Historien und Geschichten betheuren die abscheuliche Gotteslästerung und schändliche Gewohnheit zu fluchen, als wären die Menschen-Zungen weit ärger als die Zungen der Hund, welche des armen Lazari Geschwür geleckt, diese aber damit Gott und seine heiligen Sakramente beleidigen; sondern es ist auch vonnöthen, daß ein Geistlicher in keiner [147] Begebenheit ein Fluch-Wort hören lasse; dann es stehet gar schlecht, wann ein Geistlicher, der Gottes Stell vertritt, soll wider Gott reden.

Ihr wißt gar wohl, meine Geistlichen, daß Gott der Herr am Samstag in der Welt-Erschaffung einen Feierabend gemachet habe; dann weil er das Gesatz gestellt, man soll den Sabbath heiligen und nit arbeiten, also hat er solches selbst im Werk gezeigt, damit man ihm nit möge nachsagen, er lehre etwas und halt es selbsten nit.

Mein Heiland Jesus ist auf die Welt kommen, damit er für uns sündige Adams-Kinder nach dem Befehl seines himmlischen Vaters möge sterben; und gleichwohl, als er in seiner unmündigen Kindheit von Herode zum Tod gesucht worden, hat er sich in die Flucht geben, der Ursachen halber: er wollt' uns Menschen unterschiedliche Satzungen vorschreiben, und so er dazumal wäre gestorben, hätt er solche im Werk selbsten nit können vollziehen; dann was er gelehrt, wollt' er auch thun, coepit facere et docere. Er hat gelehrt, man soll Vater und Mutter in Ehren haben: das hat er selbst gethan, erat subditus illis, »da er in die dreißig Jahr seinen liebsten Eltern unterthänig war.« Er hat gelehrt, man soll mit dem Nächsten ein Mitleiden tragen und ihm in der Noth beispringen:coepit facere et docere, das hat er selbst gethan, als er sich über das Volk in der Wüste erbarmet, und deroselben viel Tausend gespeist. Er hat gelehrt, daß wir sollen demüthtg seyn; dieß hat er selbst gethan,[148] wie er dann solche Haupt-Tugend bei den Füssen der Apostel sehen lassen, da er diese gewaschen. Er hat gelehrt, wie daß wir unsern Feinden sollen verzeihen, und das hat er selbst gethan, als er auf dem Kreuz für seine Feind gebeten und dero Unthat bei seinem himmlischen Vater entschuldiget. In Summa: was er gelehrt, das hat er selbst im Werk erwiesen, uns gesammten Geistlichen zu einem Unterricht, daß, was wir dem weltlichen Stand vorsagen, fein selbsten in der That und auferbaulichem Wandel zeigen sollen!

Ein gutes Exempel, ihr Eltern und Haus-Herren, sonst setz ich euch aus einen alten Esel, da könnt ihr hinreiten, wohin ihr wollt! Dieser war ein gemeiner Stad-Esel zu Athen, also schreibet Olianus. Weil er aber sehr alt und abgematt, also war er befreit und privilegirt vor aller Arbeit. Nun hat es sich begeben, als die Herren Athenienser zur selben Zeit einen sehr stattlichen Tempel für die Vestalen im Gebäu hatten, und hierzu sehr viel Esel und Maulthier die Stein mußten beitragen, daß besagter alte Lang-Ohr von freien Stucken und vor sich selbst, ohne Antrieb eines einigen Menschen, obschon unbeladen, den jungen Eseln stets vorgangen, und gleichsam ihnen ein gutes Exempel geben zur Arbeit, welches dem löblichen Magistrat zu Athen dergestalten wohlgefallen und [149] sie dahin veranlaßt, daß sie durch öffentlichen Trompetenschall haben in der ganzen Stadt lassen ausblasen, man solle gedachten Esel allenthalben unbeleidiget, frei und loß lassen gehen, und von dem gemeinen Magazin ihm als einen wohlmeritirten Esel gebührigen und genugsamen Unterhalt beigeschaft werden; auch wo und wie selbiger etwann bei begebender Gelegenheit an einem oder, andern Ort möchte über Heu und Haber gerathen, solle bei starker Straf aus keine Weis' ihm dieß geweigert, sondern vielmehr allerseits ihm als eine Freitafel gestattet werden. Datum Athen durch gesamten Rathschluß.

Wie ist es euch ums Herz, ihr Eltern, Haus-Herren, Obrigkeit? Hat ein vernunftloser alter Esel darvor gehalten, es gezieme in allweg ihm, daß er andern jungen arkadischen Bürschlen mit einem guten Exempel vorgehe, wie viel mehr soll und thut es euch obliegen, daß ihr euren Kindern, euren Haus-Genossen, euren Untergebenen mit einem auferbaulichen Wandel sollet vorleuchten; dann ein gutes Exempel bei euch, von euch, an euch, aus euch kann so viel auswirken, als die Ruthe Mosis und Aarons, wormit so große Wunderding geschehen.

Zwei sonders große Wunder-Merk hat Christus der Herr zu Cana in dem galliläischen Land gewirkt: das erste war, als er zu Ehren des Braut-Volks und der anwesenden Gäst das Wasser in Wein verkehrt; das andere, wie er des Königls von Kapharnaum [150] halb todten Sohn mit jedermanus Berwunderung frisch und gesund gemacht, welches diesen König oder vielmehr königlichen Gubernator, dergestalten bewegt, daß er alsbald an Christum Jesum geglaubt, er sey wahrer Gott und Mensch, und der recht versprochene Messias. Aber höret Wunder: credidit ipse, et domus ejus tota, er ist nit allein ein eifriger Christ worden, sondern sein ganzes Haus, auch seine Frau Gemahlinn, auch seine junge Herren und Fräulen auch der Hofmeister und Kammer-Diener, auch Lacket und Pagen, auch alle Kammer-Menscher, domus tota, Stuben-Menscher, Kuchel-Menscher, mit einem Wort, alle und jede haben den Glauben Christi höchst eiserigst angenommen, bewegt durch das gute Exempel des Herrn Vaters etc. Was nit ein gutes Exempel der Eltern und Haus-Herren für eine Wirkung hat!

Samuel durch das gute Exempel seiner Eltern, Susanna durch den guten Wandel ihrer Eltern, Isaak durch das auferbauliche Leben Vaters und der Mutter, Clara durch das h. Beispiel ihrer Mutter Hortulana, Nikolaus Tolentinus durch den tugendsamen Vorgang seiner Mutter Amata, Ludovicus durch den Sitten-Spiegel seiner Mutter Blanca seynd hoch, herrlich, heilig, himmlisch worden.

Wer bist du? fragten einmal die hoch-ansehnlichen Priester und Leviten Joannem in der Wüste – dein Wandel hat etwas Fremdes und Ungewöhnliches an sich, deine Heiligkeit kann auch zwischen den Bergen sich nicht verbergen, Felsen und Steinklippen geben dich vor einen Edelgestein aus, unsere Burger [151] verlassen die Stadt, die Bauren laufen von ihren Hütten, und eilen alle zu dir in die Wüste: also möchten unsere Edelleut, forderist große Fürsten und Herren, gern eine glaubwürdige Nachricht einnehmen, wer du seyest; dann sie des starken Vorhabens seyn, deine Person besser zu respektiren – tu quis es? bist du der wahre, und uns längst verheißene Messias? Ich bins nicht. Bist du Elias? Auch nicht. Bist du ein Prophet? Wohl nit. Mein, di gratia, wir bitten dich höflichist, damit wir denen, die uns daher gesandt, mögen ein Contento geben, sag an, wer bist du? Ego vox, ich bin eine Stimm', sagt dieser wunderthätige Buß-Prediger. Eine Stimm? Joannes war ja ein Sohn Zachariä geboren in Judäa? was dann, ein Mensch? Glaub wohl. Von Haut und Bein? Frag eine Weil'. Wie kann er dann eine Stimm seyn? Geht ihr nach Haus, meine Herren Priester, und sein bald, zwar ihr seyd nicht weit her, und sagt fein zu Jerusalem und anderwärts, daß Joannes eine lautere Stimm sey; dann Alles all ihm prediget: seine mit Thränen stets quellenden, und gen Himmel erhobenen Augen seynd eine Stimm, welche prediget die Andacht, sein magers und entfärbtes Angesicht ist eine Stimm, welche prediget die Ehrbarkeit; seine harten und bereits verpommerten Knie-Scheiben seynd eine Stimm, welche prediget das Gebet; seine bloßen Füß seynd eine Stimm, welche prediget die Armuth: seine [152] rauhe Kameel-Haut ist eine Stimm, welche prediget die Verachtung aller Wohllüste; sein ganzer Wandel ist eine Stimm, welche prediget die Pönitenz und Buß.

Auf solche Gattung müssen alle Vorsteher, absonderlich die Eltern beschaffen seyn, daß all dero ganzer Wandel, Thun und Lassen eine Stimm ist, welche zur Tugend anfrischet: wann sie solchergestalten werden Vocales seyn, ist kein Zweifel, daß nit die Kinder werden Consonantes abgeben. Es muß ein Vater nit allein mit Worten seine Kinder zu gehöriger Zucht und Andacht anleiten, sondern wohl in Acht nehmen, daß sein ganzes Leben mit der Lehr übereinstimme, auf daß er also eine lautere Stimm sey, die den Kindern prediget.

Bei dem Evangelisten Marco geschieht Meldung von einem armen, blinden Menschen, welchem der Herr Jesus das Gesicht wieder erstattet; aber es ist wohl zu merken die Manier oder Weis solcher angewendten Kur, indem der Herr aus seine Augen nit allein einen reinen Speichel geworfen, sondern auch zugleich die Händ aufgelegt, daß also Mund und Händ dem armen Tropfen geholfen. Es ist also nicht genug, meine Eltern, daß ihr euren Kindern viel Gutes und Lehrreiches vorsagt, sondern ihr müßt auch die Händ brauchen, es selbst im Werk erzeigen, was ihr mit dem Mund thut unterweisen!

Es ist eine gewest, welche stets daher gangen mit untergeschlagenen Augen; und gar recht, dann [153] wann man dergestalten die Balken für die Augen zieht, so kann der Schau- er nit so bald schaden. Sie hat an allen Welt-Possen und Welt-Bissen den größten Abscheu getragen, und ob der geringsten ungereimten Red eine wohlgereimte Schamröthe gezeigt; und gar recht, dann alle heiligen Feiertäg im Kalender roth geschrieben seynd. Sie war ganz ehrbar in den Kleidern, und forderist wohl um den Hals bedeckt; und gar recht, dann solche Nackenden bekleiden, ist ein größers gutes Werk, als die Fremden beherbergen. Sie hat sich ganz behutsam von aller Gesellschaft weggeschrauft; und gar recht, dann weit darvon ist gut vor dem Schuß des muthwilligen Buben Cupido. Sie ist mit gewöhnlichem Eifer stets in die Kirche und Gotteshäuser geloffen; und gar recht, dann bei Tempeln mehr als bei Tölpeln zu gewinnen. Sie hat alle Copulation und Kuppulation beständig geweigert; und gar recht, dann Chori-Schwestern doch mehr gelten, als Thori-Schwestern. Endlich weiß ich nicht, durch was Wind dieses Licht erloschen, durch was Hitz dieses Gras zu Heu worden, durch was Gewalt dieß Gebäu zu Boden gefallen; endlich ist dieser Fisch abgestanden, dieses Brod geschimmelt, dieser Wein zu Essig worden, und in ihrem guten Vorhaben also wankelmüthig worden, daß anstatt der Arche Gottes der philistäsiche Dagon den Tempel ihres Herzens betreten, und folgsam nach nichts anderst getracht, als nach dem Heirathen; wie sie dann bald einen Liebsten bekommen, welcher mit allen schönen Worten und guldenen Versprechungen sie stets bedient. Weil sie aber mit der Zeit verargwohnte, als wären es nur leere[154] Wort, also hat sie ihm durch eine bekannte Person ein verpetschirtes Schächterl zugeschickt, welches er mit sonderm Affekt empfangen und alsobald eröffnet. Indem er aber darinnen eine lebendige Grille und weiter nichts, gefunden, konnt er sich wegen der Grille nit genug Mucken machen, und zog solches bald in gute, bald in eine üble Auslegung, wußt auch gar nit daraus zu kommen, woran er wäre, bis er endlich solches seinem vertrautesten Kammeraden entdeckt, und dessenthalben seinen bekannten Witz und reifen Rathschlag angesucht, welcher ihm dann unverweilt die Antwort geben: Mein Bruder, sprach er, diese Grille sagt dir viel, dieses schwarze Sommer-Vögerle singt und klingt stets in grünen Wiesen und Wasen; aber sein Hall und Schall kommt nicht von dem subtilen Schnäberl, sondern von dem Zusammenkleschen der Flügerl, »carmen evibrat ab alis;« also, mein lieber Bruder, diese Jungfrau will halt dir zu verstehen geben, du sollst das Maul nicht allein brauchen und viel versprechen, sondern im Werk selbst es erzeigen, und sie freien.

Das ist ein Lehrstuck für die Eltern. Gut ist es, wann der Vater dem Sohn das Trinken und Spielen widerrathet, crapulam und trapulam für Laster ausgibt; aber, Vater, das Maul nie allein »carimen evibrat ab alis;« zeig du solches auch an dir. Gut ist es, wann der Vater dem Sohn das Faullenzen und Umschlenzen verbiet, musas und musäa ihm [155] lobt; aber, Vater, das Maul nit allein, carmen evibrat ab alis: zeig du hierin fast im Werk auch nicht das Widerspiel! Gut ist es, wann die Mutter der Tochter das Löfflen verbiet', und den Kochlöffel einräth', »socum non procum;« aber, Mutter, das Maul nit allein, carmen evibrat ab alis: thut ihr fein auch nit das Widerspiel!

Ein Epicurus muß dem Zenocrati nit die Keuschheit loben, ein Midas muß dem Diogeni nit die Armuth rathen, ein Heliogabalus muß einem Antonio in der Wüste nicht von der Gesparsamkeit predigen, ein Nero muß einem Herodi nicht die Sanstmuth lehren: also müßt ihr Eltern eueren Kinder nit einrathen, was ihr selbst nicht thut, sondern ihr müßt selbst einen frommen und unsträfilchen Wandel führen, wann ihr wollet, daß euere Kinder sollen in der Forche Gottes leben!

Gelt Joseph, es hat dir getraumt, Sonn und Mond, sogar auch die Stern thun dich anbeten? Ja freilich, sagt er. Mich wundert aber dessen so stark nicht wegen der Stern; dann wie Sonn und Mond [156] sich gezeigt, haben die Stern nicht anders können thun also wann Vater und Mutter eifrig beten, dem hl. Gottesdienst öfters beiwohnen, der heiligsten Sakramente sich theilhaftig machen, so werden die Kinder deßgleichen thun. Vado piscari Joan. 21 – »ich gehe jetzt eine Weil fischen,« sagt Petrus: vadimus et nos tecum, sagen die anderen Jünger, »so gehen wir auch mit dir.« Wann Obrigkeit und Eltern mit Gutem vorgehen, so folgen die Untergebenen gern nach.

Ihr Edelleut – hätt' euch bei einem Haar bald vergessen, da ihr doch große Parocca tragt – euch vor allem steht wohl an, mit einem guten Exempel dem gemeinen Menschen vorzuleuchten, und wo das nit ist, so seyd ihr nit adelich!

Von Adam her ist keiner besser als der andere; dann wir alle insgesamt von Leim zusammengepappt, und schreiben uns alle von einem Stammen-Haus: Mutter halber seynd wir insgemein verbrüdert und verschwestert, und kuß ich den Tag etlichmal meine Mutter die Erde, Vater halber seynd auch große Monarchen meine Brüder, dann alle thun beten: Vater unser, der du bist im Himmel. Dahero zu wissen, daß die höchsten Stämme von geringen Stauden aufgewachsen, und der große Donaustrom von einem schlechten Ursprung. Große Potentaten, wann sie den ersten ihres Hauses wollen suchen, so wird sich ein gemeiner Mensch anmelden, und seynd von Hacken und Pflug die Scepter kommen. Als Adam ackerte und Eva spann, wer war dann damal ein Edelmann? Niemand, sondern derselbige, welcher herrliche Tugenden [157] und vor andern heroische Thaten erwiesen hat, ist adelich genennt worden; woraus dann sonnenklar erhellet, daß die Tugenden einen adlen. Wessenthalben der Kaiser Maximilianus einem schlechten Menschen, niedrigen Herkommens und seines Handwerks ein Lederer, doch aber bei guten Mitteln, gar schön geantwortet, als solcher verlangte ein Edelmann zu werden: Ditare te possum, nobilitare non, nisi te propria virtus nobilitet: »Reich, sagt der Kaiser, kann ich dich wohl machen, mein Kerl, aber adelich nicht, dasern dich deine eignen Tugenden nicht adlen!« Carolus der fünfte, römischer Kaiser, dieser weltberühmte Monarch, dieser österreichische Hercules, dieser deutsche Hannibal, dieser christliche Alexander pstegte zum öftern seinen Kavalieren, die sich von gutem Geblüt berühmet, zu sagen: sanguis rusticorum aeque rubet, »der Bauren ihr Blut ist auch roth,« und oft Gesundheit halber schöner, als der Edel Leut; bestehe also der Adel in den Tugenden, und nit in dem Geblüt.

Die sauberen Hebräer, damit sie Christo allen guten Nachklang und Namen bei den Leuten möchten stutzen und mindern, haben Schimpfweis' von ihm ausgesagt, warum man ihn doch mag so hoch achten, sey er doch nur eines Zimmermanns Sohn: »nonne hic est Filius fabri?« Ihr neidhaften und unverschamten Gesellen, wer seyd dann ihr? seyd dann ihr hoch- und wohlgeboren? Was? – antworten diese hebräischen Pfauen-Gemüther – wir stammen her von unserem Vater Abraham! Wann dem also, sagt mein Jesus, opera Abrahae facite, »thut fein die Werk Abrahams,« folgt euerem Vater nach; wo nit, so ist euer vornehmes Herkommen nit einen [158] Heller werth; ihr seyd keine Illustrissimi, sondern Absurdissimi.

Ich kam auf der Reis' einmal ungefähr in ein schönes und wohlerbautes Geschloß, und ließ mich durch die Bedienten, welches mit höflichster Bitt geschehen, ansagen, wie ich dann auch die Gnad gehabt vorzukommen. Bevor aber, als man zur Tafel gangen, führte mich dieser Edelmann in den obern Saal, welcher sehr prächtig und kostbar anzusehen war, forderist wegen der schönen Gemälde und alten Contraseien seines Stammhauses. Da, Pater, sagt er, und deut' mit dem Finger auf ein altes und vom Rauch verdunkletes Bild, woraus ein alter graubarteter Tättl entworfen mit einem dicken und weitgebauschten Kres, kurzen Haaren und zerschnittenem Wammes etc. Pater schaut, dieser war der erste aus unserem Haus, der hat sich so ritterlich gehalten bei Papia, daß man ihm nach Gott die völlige Victori zugemessen, wessenthalben er so stattlich nobilitirt worden. Dieser war mein Anherr, der wegen seines großen Verstandes und vornehmen Qualitäten mehrmal ein Gesandter worden bei großen Höfen etc. Dieser, wie der Pater siehet, hat sich so tapfer gehalten, daß er General worden, und hat er nicht wenig Türken-Schöpf barbiret. Schau der Pater, wer ich bin? Weil ich wußte, daß dieser von gar geringen Talenten und Gaben, und anbei noch einen poltronischen Wandel führt, auch das obere [159] Zimmer bei ihm gar schlecht ausspallirt, und im mittern Stock nur Hasenbalg zu finden; also gedacht ich bei mir selbst, da er prahlte mit diesen Worten, Pater schaut, wer ich bin! gedacht ich: du bist ein Narr! Gered't hab ich es nit, wohl aber gedacht, du bist nicht gescheid, wann du zu deinem Lob fremde Glorie nimmst. Was hilft es dich, wann dein Vater zwei Augen gehabt, du aber bist blind? was hilft es dich, wann deine Mutter gerad gangen, du aber hinkest? was hilft es dich, wann deine Vor-Eltern herrlich und ehrlich seynd gewest, du aber nit? Wann du von den Eltern das Leben hast, und nit das löbliche, so bist du nit adelich, sondern du bist wie jener von Gott vermaledeite Feigenbaum, welcher mit vielen Blättern geprangt, aber mit keiner Frucht; du bist wie der unbesonnenen Israeliten geschmelzter Gott; dann diese das beste und feineste Gold hergespendirt, damit daraus soll ein Gott werden, und siehe, exivit vitulus, »da ist ein Kalb heraus kommen!« Was Nutz und Glorie ist es, wann deine Eltern guldene Leut seynd gewest, du aber ein Kalb worden oder gar ein Ochsen-Kopf? – Die h. Schrift, das göttliche Wort thut über alle Massen schmählen über den großen, groben, greulichen Lümmel den Nabal, was er für ein Haupt-Vogel, und gar ein Foli anten-Trämmel gewest sey. Gleichwohl war er von einem guten Haus, und von dem Stamm des so sehr berühmten Kavaliers [160] Caleb, welcher aus sechsmal hundert tausend Menschen allein mit dem Josue in das gelobte Land kommen: Hat also dem Nabal, diesem feindseligen Büffels-Kops nichts geholfen, daß er von gutem Geblüt sich geschrieben, weil er seiner Vor-Eltern adelichen Tugenden nit auch hat nachgefolgt.

Ein solcher Edelmann, der seiner Vor-Eltern adeliche Tugenden nit auch samt dem Blut erbet, kommt mir vor wie jener Prahler, der in allweg die gemeinen Leut für verworfene Kanallien gehalten, und nur sein Haus dem babylonischen Thurm gleich geschätzt. Dieser nahm auf eine Zeit eine Nuß samt der grünen Hülse und unzeitigen Ueberhüll, sagte also: Gebet Acht, wie ich euch die drei Ständ, den Bauern-Stand, den Burger-Stand, und den Adel-Stand so artlich werde entwerfen. Erstlich diese grüne Hülse bedeut' den im Bauernstand, diese Hülse muß man herab schälen: also müssen die Bauern auch geschunden werden; die andere harte Schale bedeutet den Bürger-Stand, diese Schale ist hart, wessenthalben sie muß aufgebissen oder aufgeschlagen werden: also die Burger haben harte Köpf, derentwegen mit ihnen nit subtil zu verfahren ist; der süße Kern a Her bedeut' den Edel-Stand, und beißt zugleich die Nuß auf, findet aber wenig Kern, wohl aber einen Wurm, welcher ihm in das Maul perorirt. Pfui Teufel, sagt er, und speit ihn wieder aus. – Pfui, pfui, und abermal pfui, und hundertmal pfui! sag ich auch zu einem [161] solchen Edelmann, der ein Kern soll seyn von schönen Tugenden, von herrlichen Thaten, von adelichen Sitten, und ist darneben nur ein Wurm, der da nagen und plagen thut seine Unterthanen.

Mein lieber Prahl-Hans, ich mag dich nit nennen Illustrissime, dann es ist nit wahr, hör', was dir ein alter Paulus Minutius unter die Nase reibet: Parùm illustris est, qui praeter imagines et cognomen nil habet nobilitatis.

Eine Frau, welcher die Natur eine Stief-Mutter abgeben, indem sie ein übelgestaltes und gar ungeschaffenes Gesicht bekommen, ein Fell ganz braunauerisch, eine Nase so lang, daß man sie könnte Athanasia nennen, schieklet in den Augen, daß sie zum besten für eine verlorne Schildwacht taugte, dann sie auf zwei Seiten zugleich konnte ausschauen, über und über getüpfelt in dem Angesicht, welches ja gar eine schlechte Miniatur-Arbeit, groß im Maul, daß sie fast in der Gefahr stehet, es möcht ihr der Kopf einmal zum Maul heraus fallen, bucklet aus dem Rücken, daß ihr also der Hochmuth von hintenher gewachsen. Diese von der Natur, jedoch durch sondere Verhängnuß Gottes, ziemlich beschimpfte Frau prangt und prahlt über alle Massen, was ihre Frau Mutter für eine schöne Dama sey gewest, Helena und Zenobia hätten sich müssen vor ihr verbergen, der [162] Schnee selbst sey im Zweifel gestanden, ob er sie an der zarten Farb übertreffe, ja wann die schöne Aurora oder Morgenröth wär mit Tod abgangen, so hätt ihre Frau Mutter die Expectanz gehabt. O Bruta, ei du garstiges Larven-Gesicht, deck dich zu! glaubst du dann, deine Ungestalt sey geringer, weil deine Frau Mutter so schön war, dero Maden-Sack bereits den Würmen zu einem Tummel-Platz worden! Obschon deine Frau Mutter eine schöne Helena, so bist du gleichwohl eine garstige Holl! etc. Pfui!

Nicht eine geringere Thorheit ist es auch bei manchem, welcher einen tadelhaften, und mit vielen Lastern bekothigten Wandel führt, in allem Wust herum wühlt, und dannoch beinebens mit aufgeblasenen Backen das Gloria singt seines adelichen Herkommens, welches ihm doch mehr Schamröthe soll austreiben, und wär kein Wunder, es thäten die an der Wand hangenden Contrefei seiner adelichen Vor-Eltern und Annaten mit lauter Stimm wehmüthig klagen und bedauren, daß auf ihrem Stamm-Baum ein solcher wurmstichiger Apfel, daß in ihrem Stamm-Haus ein solcher zermoderter Trämm, daß in ihrem Geblüt eine solche ungesunde Ader entsprossen. Was helfen einem solchen die Glorie und Ruhm seines Vaters, welche in ihm schon erloschen? Der Cham ist gleichwohl als ein Bösewicht und nichtswehrtiger Gesell gehalten [163] worden, ob schon sein Vater der Noe der alleredleste Mann war: so geschieht auch mehrmalen, daß ein Baum aus einem königlichen Forst und Wald abgehauen, gleichwohl zu einem Hackstock wird, und also wegen seines Herkommens wenig Preis darvon tragt. Das ist wahr und bleibt wahr: nobilitas morum plùs ornat, quàm genitorum; »wer edel thut, der ist edles Blut.« Nobiliter vivens et agens haec nobilis est gens; »das heißt recht adelich gelebt, wo man nach Ehr und Tugend strebt.« Hat also gar ungereimt jene Dama zu Baaden in Oesterreich einmal geredt, daß sie lieber wollt in der Höll bei einem Edelmann sitzen, als bei einem Bauern in dem Himmel. Als ich solches einem Bauern erzählte, wurde er hierüber nit unbillig erzürnet, und sagte endlich: er sey sauberer als ein Edelmann; dann wann er die Nase schneuze, so werfe er den Unflath hinweg, die Edel-Leut aber fassen ihn in ein Tüchel und schieben ihn in Sack.

Gebühret demnach vor allen andern denen Hoch-und Wohl- gebornen, denen Wohl- edel- gebornen, daß sie der Gemein mit einem guten Wandel vorleuchten, mit adelichen Tugenden geziert seyn, den Glanz nit verdunklen, welchen sie von ihren Vor-Eltern ererbt, ihrem adelichen Helm nit einen Schimpf anfügen, den preisvollen Namen ihres Hauses nit verschimpfen, sondern mit einem Wort adelich leben, das ist, tugendsam. Mit dergleichen seynd ganze Bücher angefüllt, ganze Chroniken beschrieben, ganze Schriften verfaßt; und zählt man in dem römischen Brevier allein über die 100 Heiligen, von denen das Officium gebet [164] wird, welche alle vornehme Edel-Leut waren, und von großen Häusern und gutem Herkommen: Nobiles, id est noscibiles per virtutem.

Judas der schlimme Hund verräth Jesum
Judas der schlimme Hund verräth, verschwend't, verschächert, vergibt, verkauft, verwirft, vertändlet, verhandlet den guldenen Jesum um Silber.

An einem Mittwoch haben die vornehmsten Priester zu Jerusalem, benanntlich diejenigen, welche vorhero schon das hohe Priesterthum versehen, einen gesamten Rath gehalten, wie sie doch Jesum durch eine Arglist und geheimen Schlich möchten gefangen nehmen; dann sie stunden in Sorgen, er möcht' ihnen mehrmal entgehen, wie sie es schon öfters erfahren. Zu dem wollten sie nit öffentlich die Händ an ihn legen, aus Forcht, daß ein Aufruhr unter dem Volk möcht entstehen, als welches dem Herrn über alle Massen zugethan war, indem ihn die meisten für einen großen Propheten gehalten. Es wär auch etwan nit leer abgangen, dafern sie ihn öffentlich hätten ergriffen, daß nicht etliche mit Wehr und Waffen den Herrn geschützt hätten; auch hätten vielleicht mehr als der Malchus allein eins für die Ohren bekommen. Wie[165] nun besagte Priesterschaft mit Beiziehung anderer Schriftgelehrten und auch des weltlichen Magistrats und hoher Richterstell sich untereinander berathschlagten, da hat sich der saubere Iscarioth lassen ansagen, welcher dann mit aller Höflichkeit eingelassen worden, allwo er auf Verheißung eines Recompens in Geld nach dero gnädigen Discretion sich freiwillig anerboten, Jesum in ihre Händ zu überliefern, und zwar ohne einige Ungelegenheit oder bevorstehenden Aufruhr. O Schelm, wegen des Gelds!

Allhier laß dir gefallen, mein günstiger Leser, einer gar seinen Comödie beizuwohnen, in welcher das große Vermögen des verruchten Gelds sattsam entworfen wird. Die vornehmste und Principal-Person auf diesem Theatro ist Praenobilis Dominus Aurelius Goldecker, natus Argentinensis, der vertritt die Person des Mammons oder Geld-Gotts; der andere istPerillus Dominus Justinus à Rechtberg, natus Veronensis, dieser hat die Person der Gerechtigkeit. Justinus als die Gerechtigkeit will, daß Alles soll recht und löblich in der Welt hergehen vermög göttlicher und menschlicher Satzungen, und hat derenthalben einen scharfen Kampf und Gezank; [166] Aurelius aber oder das Geld vergleicht Alles in der Güte. Erstlich steigt ein kleiner Knab auf das Theatrum, fällt vor dem Geld nieder, und singt eine Litanei nit mit heller, sondern mehr mit höllischer Stimm, folgenden Lauts:

Silber Eleison,
Gold Eleison,
Silber erhöre uns,
Gold erhöre uns!
Gold Vater der Getümmel, erbarm dich unser!
Gold Tröster der Welt, erbarm dich unser!
Gold allmächtiges, erbarm dich unser! etc.

Apage, schreit Justinus auf, und versetzt dem losen Schelm eine solche Maulschell, daß ihn der Teufel über das Theatrum hinunter geführt. Was, sagt Justinus, sollt das Geld oder Gold allmächtig seyn? Ja, ja, antwort Aurelius oder der Mammon, und es stehe zu probiren! Nachdem sie sich beede niedergesetzt, da erschien auf dem Theatro ein junger Mopsus, welcher dann bald gefragt wurde, wer er sey. Ich, sagt er, hab gestudirt das Blaue vom Himmel, bin allzeit auf der ersten Bank bei der Thür gesessen, mein Vater heiße Hanns Lümmel, mein Name ist Ferdinand Lümmel, sonst von Stroh-Hofen gebürtig etc. Was dann sein Anbringen sey oder Verlangen, ist die Frag. Worauf er utcumque bescheiden geantwortet: er sey resolvirt, sein [167] Stückl Brod zu verbessern, und halt' derentwegen an um ein O vitium! um eine ehrliche Scharsche. Es kann nicht seyn, sagt Justinus die Gerechtigkeit, dann zu einem Amt müssen taugliche Leut erkießen werden.

Wie die Herren Bäume einen Reichstag gehalten, und darauf nach genugsamer Bedachtsamkeit zu der Wahl geschritten, einen König zu erwählen, ist endlich mit einhelligen Stimmen die Dornstaude erwählt worden. Mit Gunst, ihr Herren Bäume, daß ich mich unterfange einzureden, warum habe ihr zu solcher Hohheit nit den Oelbaum erkiesen? Ist es doch geschehen, aber er hat wiederum resignirt, und hat nit übel gethan, dann ein Oelbaum geht mit Schmiralien um, und ein solcher taugt nit für eine Obrigkeit. Warum habt ihr nicht den Feigenbaum erwählt? Ist es doch auch geschehen, aber er hat es nie angenommen, hat zwar gar recht hierinfalls gehandelt, dann er immer zu süß ist, und ein solcher taugt nicht vor eine Obrigkeit, weil diese auch zuweilen ein sauers Gesicht machen muß. Warum habt ihr nit erwählt den Weinstock? Ist es doch ebenfalls geschehen, aber er hat sich dessen geweigert, und hat gar wohl und bescheid gethan, dann ein Weinsüchtiger und Vollsaufer taugt nicht vor eine Obrigkeit. Jetzt fällt es mir ein, und glaube dessenthalben, daß ihr die Dornstaude habt erwähle, welche auch diese Hohheit angenommen, weil selbige voller Spitzen; dann wahrhaftig zu Aemtern und Dignitäten [168] sollen sein spitzfindige Leut, nit knoperte Trämmel, verständige Leut, nit ungeschliffene Knäffel, qualificirte Leut, nit plumpe Herbst-Lümmel genommen werden.

Herunter mit dir, und sein geschwind! hat es geheißen beim Zachäo »festinans!« Unser Herr hat gesehen, daß dieser kleine Masculus in der Höhe war, der doch voller Partiten und Interesse gesteckt. Dieß solle noch allezeit emsig beobachtet werden, daß man keinem in die Höhe helfe, noch daroben lasse, der da kleine Talenta, kleine Erfahrenheit und große Schelm-Stuck hat!

Joseph in Egypten ist also durch die göttliche Gnad in den Welt-Ehren gestiegen, daß in dem weiten und breiten Königreich Egypten Alles durch ihn wurde regiert; alle hohen, stattlichen Aemter und Officia bei Hof und anderwärts konnte er vergeben, weil er denn der Einige beim Brett gesessen. Warum daß er seinen Brüdern nit geholfen? etwann den Bruder Ruben zum Oberst-Kuchelmeister gemacht, da hätt man vielleicht den Safran erspart; der Simeon hätt ja getaugt für das Controllör-Amt? der Isachar, so verdolmetscht wirdasinus fortis, hätte ja können Stallmeister seyn? dem Bruder Nephtali wär die Obrist-Jägermeisterei nicht übel angestanden, massen sein Herr Vater Jacob solches im Geist vorgesehen, da er gesagt hat: Nephtali, cervus emissus etc.; der Bruder Gad [169] konnt ja Hof Kriegs-Rath seyn, Gad accintus praeliabitur etc.. Auf solche Weis' wären seine Herren Brüder gar wohl accomodirt worden? Nichts, nichts, nichts, sagt Joseph, sollen dergleichen meine Brüder haben, dann sie seynd noch plumpe Phantasten, wissen nichts und können noch nichts, als die Schaf hüten, sie taugen nit, dessentwegen mag und soll und muß und will ich sie nit promoviren!

Anno 1647 haben die Studenten, und forderist die Juristen, zu Avignon in Frankreich bei Faßnacht-Zeit einen Esel zum Doctor gekrönt. Erstlich saß der Esel aus einem gar herrlichen Wagen, so von 6 andern starken Eseln gezogen wurde. Dieser graue Candidatus hatte vor seiner ein überaus großes ausgebreites Buch auf einem Pultbrett, worin er stets mit unbeschreiblich großen Brillen geschaut; neben seiner saß in philosophischem Aufzug der Plato und Aristoteles als hochweise Promotores dieses arcadischen Herrn; wurde also, in Begleitung von 2000 zu Pferd vermäscherirten Studenten, worunter ein großer Adel, durch die vornehmsten Gassen der Seadt, mit allerseits ungestümmem Gelächter, herum geführt, und endlich in Gegenwart hochfürstlicher Personen auf einem hohen Theatro oder Bühn solenniter zu einem Doctor inaugurirt, welches Ihro Gestreng, dem neuen Doctor undclarissimo nec non Eselio über alle Massen wohlgefallen. [170] Es hat diese Esels-Promotion über 3000 Gulden gekost. O Gott, was sagen die Armen hierzu!

Allhier dieser angestellte Faßnachts-Possen war allein dahin angesehen, daß sie wollten durch solche Promotion zu verstehen geben, wie närrisch, thöricht, ungereimt, schändlich, schädlich, schimpflich es sey, wann man Esel- und Stroh-Köpf promovirt. Darum Rachel gar wohl gehandelt, wie sie aufs Stroh, worunter Götzen-Bilder waren, gesessen; dann auf einen solchen Kopf gehört kein anderer Hut. – Es schickt sich also nit, sagt Justinus zu diesem, ungeschickten Flegelium, daß er zu einem Amt solle kommen wegen seiner allzugroßen Ungeschicklichkeit.

Der syrische König Benedad hat mit großer Kriegs-Macht Samariam umgeben, und dermassen hart und eng belagert, daß die äußerste Hungersnoth darin entstanden, und eine große Anzahl der Menschen wegen Abgang leiblicher Nahrung darin verdorben; die Theurung ist dergestalt gewachsen, daß ein Esels-Kopf um 30 Silberling verkauft worden. O wohl elende Zeiten, allwo die Esels-Köpf so viel gelten! Es ist kein schlimmerer Zustand in einem Land, in einer Stadt, in einer Republik, in einem Kloster etc., als wann die Eselsköpf in großem Werth seyn, wann Idioten den obern Sitz haben, und die groben Blöck beim Bret sitzen!

Der große aufgeblasene Lümmel Goliath ist mit Lanzen und Harnisch über und über bedeckt gewesen, derentwegen hat er den kleinen David gespöttlet, und ihn vor einen Hunds-Buben gehalten; aber David klein von Person, groß von Kuraschi, zielt, wirft, trifft den eisenen Maulaffen also an die Stirn, daß [171] er gleich niedergesunken und in das Gras gebissen, der lang genug ein Unkraut gewesen. Du fragst aber, wie es habe können geschehen, daß Goliath ganz beharnischt sey vom Kieselstein verletzt worden? Es antworten die mehresten Lehrer, daß gedachter großer und ungeheuere Bengel sey zwar völlig am ganzen Leib verpanzert gewesen, ausgenommen vornher an der Stirn, allwo ihn nachmalens der David getroffen. Dergleichen große Hansen, Hahn im Korb, Gimpel im Salz-Faß gibt es noch mehr, welche in allem, mit allem, an allem versehen, außer am Hirn und Stirn haben sie nichts, dort ist es leer, dort ist es de sede vacante. Derentwegen soll man diese auf keine Weis zu Aemtern promoviren, noch in die Höhe helfen.

Abraham im alten Testament gibt es gar deutlich an die Hand, was man soll halten im neuen Testament. Dann als er seinen liebsten Sohn Isaak auf dem hohen Berg wollte Gott aufopfern, hat er den Knechten befohlen: exspectate hic cum asino »sie sollen mit dem Esel herunter des Bergs warten;« und gar recht, dann ja die ungeschickten Esel nit in die Höhe gehören! Was nit Witz und Spitz hat, wo nur leer und nit Lehr ist, wann Amen und stramen beisammen ist: bleib herunten! zu was dient ein Knopf in der Höhe, wo nicht über sich ein Spitz gehet? Spitzfindige und Gelehrte sollen in allweg den Vorzug haben.

In dem Fall hat ein ewiges Lob verdient Petrus,[172] König in Lusitania. Dieser hat bei männiglich den Namen eines Gerechten. Deßwegen er also glücklich regiert, daß, ob schon damal alle umliegenden Königreiche in Kriegsflammen steckten, sein Königreich gleichwohl in gewünschtem Frieden und Freuden lebte. Dieser pflegte zu sagen, daß ein Land müsse zwei Füß haben, einer aber muß so groß seyn, als der andere, sonsten thut es hinken: ein Fuß sey, das Böse strafen, der andere, das Gute belohnen. Solches hielt er auf das genaueste, ja er war so ernsthaft, daß er stets an seinem Gürtel eine Geißel hangen hatte, zu zeigen seine Justiz. Er besuchte zum öftern das Königreich, und so man ihm einen Schuldigen oder Bösewicht vorgestellt, hat er sich, aus lauter Eifer der Gerechtigkeit, nit enthalten können, daß er ihn nit selbst mit eigner Hand abgestrafet; er war aber hinwieder dergestalten liberal und freigebig gegen die Wohlmeritirten, daß er in allweg suchte, dieselbigen mit Gnaden, mit Gutthaten, mit Promotion, mit Aemtern zu belohnen. Er hatte einst befohlen, man soll ihm die Gürtel weiter lassen, damit er desto füglicher und besser könne die Händ ausstrecken, denen Wohlmeritirten zu spendiren. Wo aber solches nit beobachtet wird, ist alles Unheil zu besorgen.

Was Schäden von denen Erdbeben herrühren, ist schon der ganzen Welt bekannt. Anno Christi 343 ist die ganze, große, weite, schöne, reiche Stadt Neocesarea durch ein Erdbeben versunken. Anno 753 ist durch die Erdbeben das ganze Land Mesopotamia dergestalten [173] erschüttlet worden, daß die Erd dreimal in der Länge zerspalten; item, unter dem Bonifacio IX, römischen Papst, ist ein solches Erdbeben durch ganz Italia entstanden, daß hiervon die mehresten Gebäu umgestürzt und zu Boden gefallen, so gar hat sich der Papst aus Forcht, er möchte von dem Gemäuer überschüttet werden, zu Reate in dem Dominicaner Kloster mitten auf einer Wiese zur größten Winterszeit in einem von Brettern zusammen geschlagenen Hüttl müssen aufhalten. Anno 1509 ist zu Constantinopel ein solches Erdbeben entstanden, daß fast alles zerschmettert, und über die 13000 Menschen umkommen. Anno 1590 den 7. September ist zu Wien ein solches Erdbeben gewest, daß die Kirche samt dem Altar, bei unser Frau zum Schotten, mitten von einander zerspalten, ein Thurm beim rothen Thurm umgefallen, worvon 7 Personen zu todt geschlagen worden, und wurde dazumal kein Haus gefunden, welches nit schadhaft war.

Nun ist eine Frag, woher solcher Gewalt oder Erdbebungen herrühren? Die Philosophi seynd der einhelligen Aussag, daß, wann sich eine Lust in die Erde verschießt und verschließt, so suche sie nachmals auf alle Weis' einen Ausgang; dann die Luft, als ein so hohes Element, schamt sich, daß die Erd, als ein schlechtes, niederiges, kothiges und besudeltes Element, soll ober ihr herrschen; sie schamt sich dessen, dahero sie auf allweg einen Ausgang sucht, und so sie keinen sind't, rotte sie sich zusammen, und braucht eine solche Gewalt, daß sich die ganze Erde beweget, zerspaltet, und so großer Schaden zugefügt wird. Was! sagt die Luft, ich bin ein so wackers, so subtiles und herrliches Element, [174] und die Erd, eine so schlechte Sach, soll ober meiner seyn? das thue ich nicht!

Wann man manchesmal die Meriten und Verdienste nit anschaut, sondern etwann einem forthilft, hinauf hilft, der plump und plumbeus ist, und muß ein wackerer, ansehnlicher, wohlverständiger Kerl unten bleiben: das erbittert das Gemüth, schmerzt das Herz, verwirrt den Verstand, zwingt den Will dahin, daß ein desperates Vorhaben erwacht, worvon nachmals erfolgt, daß keiner mehr in einem Reich, in einem Land, in einer Republik, in einem Kloster, in einer Gemein Lust und Lieb hat, etwas Gutes zu thun. Wann man sicht, daß der besser fortkommt, welcher die Fenster einschlägt, als der sie einsetzt, daß der ehender promovirt wird, der die Zech bezahlt, als der sie wacht, daß der mehr gilt, welcher abbricht, und nicht der aufbaut; wann man wahrnimmt, daß ein Esau dem Jacob, eine Lia der Rachel, ein Ismael dem Isaak, ein Kain dem Abel, ein Judas dem Peter, vorgezogen wird: wer hat Lust nachgehends, sich wohl und gut und ehrlich und treu zu halten?

Martinus Schenkius, ein ansehnlicher Hauptmann unter der spanischen Armee, hat sich sehr tapfer und ruhmwürdig gehalten in dem Krieg wider die Holländer, hat seinen Heldenmuth erzeigt in der Schlacht bei Herdenberg, in Eroberung Prädä und vieler anderer Orten. Nachdem er aber gesehen, daß ihm Schlechte und Unerfahrne seynd vorgesetzt worden, und man seine [175] stattliche Dienst so wenig betrachtet, hat es ihm dergestalten verschmacht, daß er zu den Holländern übergangen, und nachmals den größten Schaden den Spaniern zugefügt. Dergleichen Beispiel und Exempel wären in einer großen Menge beizutragen, wo allemal die unbelohnte Treu in eine Untreu ausbrochen.

Sey ihm wie ihm woll, des verlornen Sohns Bruder ist es so gar nit vor übel zu halte«n, daß er so stark gemurrt wider seinen Herrn Vater, um weil er dem schlimmen Bürschl, so all sein Hab und Gut mit Andln und Kandln verschwend't, eine stattliche Mahlzeit gehalten, ihm aber, der sich Tag und Nacht gefrett, nit einmal ein Brätl sey vergunnt worden. Wer will auf solche Weis' sich wohlhalten? Wann die Knöpf mehr gelten, als die Rosen, wann der Rauch werther ist, als das Feuer, wann die Stauden höher geschätzt werden, als die Bäume, wann die Karren mehr seynd, als die Wägen, wer sollt sich dessen nit beklagen?

Es soll allerseits hergehen, wie auf einer Geige: auf dieser werden vielerlei Saiten gespannt, grobe, subtile und mittlere. Welche aber aus diesen ist die erste, und welche die letzte? Antwort: die subtile Seite ist die allererste, diese geht voran, die grobe gehört auf die letzt. Mit den Sitten soll man umgehen, wie mit den Saiten: grobe und ungeschlachte Sitten soll man jederzeit nachsetzen, die subtilen aber voran, und soll Kunst viel mehr wägen, als Gunst. Ein Land, [176] eine Republik ein Stadt, eine Gemein soll beschaffen seyn, wie jene Matron, welche Joannes gesehen in der Apocalypsis. Diese war bekleidet mit der Sonne, zwölf Stern ober ihrem Haupt, und der Mondschein unter den Füssen. Durch die Stern werden bedeut' die hocherleuchten Männer, deßwegen seynd solche in der Höhe; durch den Mond wird vorgebildet ein ungeschickter und plumper Phantast, stultus ut luna mutatur, daher solcher hinunter gehört.

Weil du dann, bekannter Mopse, sagt Justinus, nichts gestudirt, und dein Kopf einem Kraut-Topf gleichet, weil du nur gradirt zu Padden und nicht zu Padua, weil du nur Doctor bist worden zu Narrbona, und nicht zu Lisabona, weil du mit dem Nescio alle Fragstuck solvirest, und nit salvirest, und dein Verstand so glatt florirt, wie das Florentiner-Gebirg; ist also dein Bescheid: Es kann nit seyn!

Hierauf erhebt sich von seinem Sessel der Aurelius oder Mammon, und wischt mit einem Beutel Geld heraus, streicht dem Monsieur Justino solchen zwei mal um das Maul, und steckt ihm nachmals solchen in seinen Sack, worauf alsobald Justinus mit andern Worten aufgezogen, nemlich: Es kann gar wohl [177] seyn, und es soll seyn; dann ob schon dieser Mensch wenig gestudirt, so zeigt er doch ein stattliches Cerebell, er wird ansehnlich vor das Amt taugen, (besser geredt, das Amt wird für ihn taugen). O vermaledeites Geld! nun gilt Pluto mehr als Plato, nun machen Batzen auch einen Pazzo zum Doctor, nun promoviren die Aurei auch einen auritum asinum zu Dignitäten, nun helfen die Thaler einem auf den Berg, nun gilt Argentum mehr als Argumentum, nun muß man nit allein, wie die Israeliten, ein guldenes Kalb verehren, sondern auch einen solchen guldenen Ochsen-Kopf, nun machen die Groschen einen zu einem Großen, nun helfen Munera zu Munia. O verfluchtes Geld!

Geld macht Affekt in der Welt, Geld macht Effekt in der Welt, Geld macht Insekt in der Welt, Geld macht Defekt in der Welt, Geld macht Profekt in der Welt, und Geld macht Präfekt in der Welt. [178] Hast Geld, so kommst fort; hast keins, so bleib dort: hast Geld, so setz dich nieder; hast keins, so bin ich dir zuwider. Du verdammtes Geld, auf solche Weis' machest du Stolones zu Salomones.

Es waren einsmals etliche Competenten zu einem guten und wohlerträglichen Amt berufen. Damit man aber möcht' erkennen, welcher aus ihnen der witzigste und hierzu der tauglichste wäre, ist ein Examen von drei gelehrten Männern angestellt worden, welche einem jeden in der Stille und in das Ohr eine Frag aus dem Jure Civili vorgetragen, mit dem Verheiß, wer es zum besten solviren werde, dem soll das vacirende Amt verliehen seyn. Einer aus den Competenten war ein unverständiger Knospinianus und Haupt-Idiot, welcher gar nicht wußte, ob Zachäus und Zacharias zweierlei Namen seyen, und glaubte, Epiphania sey des Herodis Saug-Ammel gewest: er wußte so gar nit, an was vor einen Tag dasselbige Jahr der Charfreitag falle. Solchem Mopso gab ein Examinator ein Fragstuck in die Ohren, aus welches aber der Phantast nit geantwortet, sondern hinwieder ganz beherzt dem Examinatori ohne weiteres Nachsinnen mit diesen Worten begegnet, auch ganz in das Ohr: Herr [179] seyd auf meiner Seite, und helft mir dießmal fort, mit 100 Thalern will ich mich per par einstellen! Wahrhaftig, schreit der Examinator auf, nit ohne sondere Verwunderung, wahrhaftig, dieser hat die Question auf das allervollkommenste mit wenig Worten nach allem Contento solvirt! (aber solvere heißt auch bezahlen) ist demnach billig, daß er allen Andern soll vorgezogen werden. O vermaledeites Geld, du vermagst Alles in der Welt, derenthalben man dir noch den Titul gibt,allmächtiges Gold!

Mammon, ziemlich stolz und übermüthig wegen der Oberhand, setzt sich wiederum nieder. Darauf steigt ein sehr wohlbekleid'ter Forestier und junger Gentil-Homo auf das Theatrum. Dieser tragt best Hut nur auf halbem Kopf, spreizet die Ellenbogen heraus, als wollt er helfen dem Atlas die Welt-Kugel tragen. Justinus fragt gleich, wer er sey? Ich, gab er zur Antwort, reis' in die Länder etwas zu sehen und zu erfahren, damit man mir nit möge schimpflich vorwerfen, ich sey über meines Vaters Zaun nit gestiegen; ich bin in meinem Vaterland nit in geringem Ansehen, alle meine Freundschaft stehet in hochfürstlicher Amts-Verwaltung, mein Nam' ist Joannes Adamus Nichardus Sallustius von Pflug-Eck etc. Was er dann begehre? fragt ferners Justinus. Der läßt sich verlauten, als möcht er gar gern mit dieser jungen Tochter in Bekanntschaft kommen, und dero lieben Ansprach und werthe Gesellschaft genießen etc. Es kann nicht seyn, war der Bescheid, Gott behüt's, [180] es soll gar nit seyn, die Ehr eines jungen Mädels ist über Alles!

Jakob und Esau zankten miteinander, wer unter ihnen soll den Vorgang haben, die Aposteln wörtlen mit einander, wer unter ihnen soll Major heißen; aber mit dem Jungfraustand braucht es kein weitläufiges Wortwechslen noch Disputirens, er geht ohnedas allen anderen vor.

Der Ehestand ist ein Acker, der Wittibstand ist ein Garten, der Jungfraustand ist ein Paradies.

Der Ehestand ist ein Blei, der Wittibstand ist ein Silber, der Jungfraustand ist ein Gold.

Der Ehestand ist ein Stern, der Wittibstand ist der Mond, der Jungfraustand ist die Sonn.

Der Ehestand ist ein Dorf, der Wittibstand ist ein Markt, der Jungfraustand ist eine Stadt.

Der Ehestand ist ein Wasser, der Wittibstand ist ein Bier, der Jungfraustand ist ein Wein.

Der Ehestand ist ein Türkis, der Wittibstand ist ein Rubin, der Jungfraustand ist ein Diamant.

Der Ehestand ist eine Leinwath, der Wittibstand ist ein Taffet, der Jungfraustand ist ein Atlaß.

Der Ehestand ist menschlich, der Wittibstand ist heilig, der Jungfraustand ist englisch.

Der Ehestand ist gut, der Wittibstand ist besser, der Jungfraustand ist der beste.

2. Mos. 25. Kap. hat der allmächtige Gott [181] dem Mosi befohlen, er soll in dem Tempel einen guldenen Leuchter verfertigen, mit dem Geding, daß die ausgestreckten Arme, worauf die Kerzen stecken, sollen geformirt seyn, wie die Lilien, »lilia ex ipso procedentia« etc., dardurch zu zeigen, daß nichts mehr oder schöner in der allgemeinen Kirche leuchte und scheine, als der Jungfraustand, welcher durch die silberweißen Lilien entwarfen wird; derentwegen unter den 12. zwölf Himmels-Zeichen auch der Löw gleich vor der Jungfrau, damit er, weil von diesem Thier glaubwürdig gesagt wird, als schlafe es mit offnen Augen, eine wachtsame Schildwacht abgebe dieses so kostbaren Schatzes der Jungfrauschaf.

Die Jungfrauen seynd lobwürdig, und dannoch nix zu achten, sie seynd ehrwürdig, und dannoch seynd sie nix werth, sie seynd preiswürdig, und dannoch seynd sie nix nutz. Verstehe mich aber recht: nix ist ein lateinisch Wort, und heißt auf deutsch einSchnee. Gleichwie nun der gebenedeite Jesus auf dem hohen Berg Thabor mit einem glorreichen Kleid geprangt, welches gefärbt war wie der weiße Schnee,»vestimenta ejus facta sunt alba sicut nix,« also kann eine junge Tochter mit keiner bessern Tracht aufziehen, als mit dem weißen Habit der jungfräulichen Ehren, welche forderist von dem höchsten Gott mit so großen Gnaden privilegirt.

Der Gürtel des h. Colomani hat auf den heutigen Tag noch diese wunderseltsame und von dem Allmächtigen ertheilte Eigenschaft, daß er dem allerdickesten und feististen Leib, dafern solcher noch mit jungfräulicher Zierde begabt, nie zu eng, sondern kann [182] sich einer gar leicht mit demselben umgürten; bei welchen aber die Lilien der jungfräulichen Ehr verwelket, so er auch so mager und dürr soll seyn, fast wie ein Ladstecken, so würde ihm doch besagter Gürtel zu eng seyn.

In dem berühmten Herzogthum Bayren ist ein gnadenreiches Gottes-Haus, Aethal genannt, allwo die Bildnuß der Mutter Gottes von purem Silber zu sehen, von dero ganz glaubwürdig erzählt wird, daß auch der stärkeste Mensch selbiges Bild nicht könne in die Höhe heben, solches aber eine reine Jungfrau, ob schon schwach und klein, gar leicht zuwegen bringe.

Daß Gott der Allmächtige den jungen Raben in ihrem Nest so gnädig ist, und sie, als dazumal arme, verlassene Weisl, so wunderbarlich ernährt, wundert mich so stark nit, massen diese jungen Galgen-Vögel zur selben Zeit noch weiße Federn tragen als eine jungfräuliche Liverei, auch dazumalen noch nichts um das stinkende Aas wissen, wie es eigentlich den Jungfrauen gebührt, derenthalben sie der allmächtige Gott also respectiret.

Die h. Jungfrau Paula, ins gemein Barbata genannt, wie sie gar zu heftig von einem Jüngling, wegen ihrer so schönen und wohlgeschaffenen Gestalt wurde geplagt, und ihr fast auf eine unsinnige Weis' nachgestellt, hat ihr Zuflucht genommen in die Kirche, allwo sie vor einem Crucifix-Bild solche große Bedrängnuß mit eifrigen Thränen beklagt, welcher dann [183] unter währendem Gebet ein solcher ungeformter Bart gewachsen, daß sie dem gröbesten Holzhacker gleich sah, welches dem geilen Jüngling all seinen Muth benommen, und Paula durch diesen Bart sicherer, als Paulus durch seinen Korb der Gefahr entrunnen. In solchem Werth ist bei dem Höchsten die Jungfrauschaft, daß er sie mehrmalen ganz wunderbarlich zu retten pflegt.

Kein Vogel soll geiler und verliebter seyn, als die Tauben, sagt Albertus Magnus, wie das stete und fast immerwährende Schnabelwetzen unter ihnen; daherocolumba so viel, colens lumbos heißet; auch wird der Triumph-Wagen der saubern Venus mit zwei Tauben bespannt gemahlt, wessenthalben Gott im alten Testament ordentlich verboten, man solle ihm keine Tauben opfern, wohl aber pullos columbarum, »junge Tauben,« welche noch im Nest sitzen, und nichts wissen um das Schnäblen und Liebkosen, also ist der Ausspruch Theodoreti zum 3. B. Mos. Frage 1. welches eine gar deutliche Zeugnuß ist, wie Gott der Herr den Jungfraustand so hoch halte.

Im ganzen Königreich Spanien war Maria Coronel Gestalt und Schönheit halber die allerauserlesneste, wessentwegen sie von Petro, König zu Castel, aufs äußerist augefochten worden, und fast nit mehr möglich scheinte, ihm zu entrinnen. Das letzte Mittel war dieß, daß sie die Kloster-Jungfrauen daselbst inständig gebeten, sie sollen sie in eine Grube[184] ihres Gartens verbergen und mit Erd verhüllen, bis unterdessen die ungezaumte Hitz dieses Königs nach lasse. – Welches dann auch also geschehen; und wie gleich hierauf der vergaffte Monarch in den Garten geloffen, etwann derentwegen in der Geheim verständiget, hat er im wenigisten nit können wahrnehmen, noch finden, wo doch gedachte schönste Helena muß verborgen seyn, massen durch göttliche Schickung augenblicklich aus der Erde, wormit sie in etwas bedeckt war, der schönste grüne Petersil in der Menge heraus gewachsen.

Wie Christus der Herr nach Bethania kommen, so seynd ihm zwei Schwestern entgegen gangen mit nassen Augen, mit schwarzem Flor, mit traurigen Gesichtern, mit aufstoßenden Seufzern, mit weßen Tüchlen in Handen, mit halb gebrochenen Worten den Herrn angeredt: O Domine, o Herr, wann du halt wärest da gewesen, so hätten wir unsern lieben Brudern nie verloren! Der gütigste Heiland läßt ihm alsobald das Grab zeigen, mit der tröstlichen Zusag, er wolle ihn von den Todten erwecken. So bald solches die adeliche Jungfrau Martha (dazumal hat mans noch nicht Fräule genennt) vernommen, sagt sie geschwind darauf: Jam faetet, »pfui, mein Herr, er stinkt schon!« Schau, schau, so kann das Jungfrau-Zimmer nichts übels riechen, wohl ein heikliches Nasen-Geschirr! Aber in der Wahrheit soll eine jede ehrsame Jungfrau also gesitt' und gesinnt seyn; wann sie einen üppigen Menschen vermerkt, der nach Bocks-Balsam schmeckt: pfui, soll sie sagen, jam faetet, er stinkt wie Holofernes, er mufft wie der Ammon, [185] er böckelt wie der Abimelech, er brändlet wie Herodes; dessentwegen ist nit sicher, nahe bei ihm zu seyn, es ist nicht zu trauen; dann die Jungfrauschaft, weil sie in höchstem Preis und Werth gehalten wird, und allein von dem Himmel das stattliche Privilegium hat, daß sie dem schneeweißen Lamm Gottes auf dem Fuß nachtritt, erfordert allemal, daß man heiklich mit ihr umgehe.

Die h. Jungfrau Gertraud wird jederzeit, als eine Aebtissinn, mit einem Stab entworfen, an welchem etliche Mäus' auskriechen. Die Ursach dessen such' der Leser in der Lebens-Beschreibung erstbenannter Heiligen; dießmal ist das schon genug, daß die Bildnuß besagter h. Gertraud niemalen ohne Mäus' vorgestellt wird. Das müssen die Jungfrauen wohl in Obacht nehmen, wann sie Gern-traut heißen, und so unbehutsam fast Allen gern trauen, daß sie von Mäusen genug, und zwar von großen, lecken, frechen, freien, Mäus-Köpfen, des Jakobs frische Tochter, um Bericht! Dessenthalben soll eine Jungfrau seyn, wie eine Duck-Antel: so bald solches der Leut ansichtig wird, so duckt es sich unter das Wasser, und verbirgt sich. Die Jungfrauen sollen die Männer lieb haben: –holla, versteht mich recht! die strohenen und von Fetzen zusammen geschoppten Männer, welche die Bauren zu Abtreibung der Vögel in den Aeckern und Gärten aufrichten, – also sollt ihr einiges Absehen dahin gestellt seyn, wie sie [186] lose und mehrmal unverschamte Erz-Vögel mögen abtreiben.

Majolus schreibt von einem wunderseltsamen Baum in dem pudefetanischen Reich, welcher insgemein genennt wird der Jungfrau-Baum: was meint ihr aber, hat der Baum für eine Eigenschaft? vielleicht kann man aus diesem Holz nichts anderst schnitzlen, als Löffel? Ei das nit, dann Löfflen schickt sich nit vor die Jungfrauen. Vielleicht tragt er eine Rinden, wie die Birken-Bäume, daß man darauf kann Buhl-Briefel schreiben? Das noch weniger; dann solche Kanzlei gehört nit für die Jungfrauen. Vielleicht, wann man aus diesem Holz ein Thür-Geschwell macht, hat es die Wirkung, daß jede, so keine gerechte Jungfrau ist, muß den Fuß brechen? Ei wohl nit, das wär grob, o Gott, wie viel traf' man krumme Menscher an! Vielleicht, wann man aus diesem Holz Zahnstüree macht, so wässern ihnen die Zähn nach dem Heirathen? Auch dieß nit; sondern in der Provinz Pudefetania wächst ein solcher Baum, wie auch Petra Sancta davon schreibt, daß, wann man denselben nur will anrühren, so zuckt er die Näst zu sich, und so man von demselben wieder abweiche, so streckt er seine Näst ganz frei aus wie zuvor; derentwegen wird er genennt Arbor pudoris, der Jungfrau-Baum oder schamhafte Baum.

Auf solche Art, und gar nicht anderst, sollen die Jungfrauen genaturt und beschaffen seyn, wann sie wollen den kostbaren und englischen Schatz der Jungfrauschaft erhalten, welcher so heiklich als ein Spiegel, der von geringstem Athem (ich sag nichtAdam) verdunklet [187] wird, so heiklich, wie ein Licht, so vom geringsten Windblaser (ich sag nicht Blasio) ausgelöscht wird, so heiklich wie ein Schnee, der von einer lichten Sonne (ich sag nicht Sohn) zerschmelzt wird; dahero nicht gar ungereimt einer Jungfrau zu rathen, daß sie eine Hunds-Art (ei pfui!) soll an sich nehmen, dann ein Hund pflegt bei nächtlicher Weil auch den Mond anzubellen: also soll sie auch einen Mann anschnarchen und sauer ansehen.

Eine Jungfrau thät sehr weislich, wann sie auch eine närrische Natur an sich nähme; dann Levinus Lemnius schreibt Thl. 1, Bl. 3, daß er habe einen hypochondrischen Phantasien gekennt, der sich gänzlich die Einbildung gemacht, als sey er von lauter Glas zusammen gesügt, wessenthalben er im Gehen und Stehen sehr behutsam umgangen, und konnte man ihn auf keine Weis' noch Gewalt dahin verhalten, daß er sich sollte niedersetzen, weil er sich heftigist geforchten, es möchte Trümmer geben. Eine solche Einbildung wär nit übel bei den jungen Töchtern, wann sie sein öfters die eigne Schwachheit vor Augen stellten, und sich dem gebrechlichen Glas nicht ungleich schätzten; dann Glück und Glas wie bald wird eine Jungfrau zu was? Gleichwie nun der Allmächtige in Erschaffung der Welt alsobald das Licht von der Finsternuß geschieden, »divisit lucem à tenebris,« also ist auch nichts rathsamers, als daß auch Lucia à tenebrionibus soll abgesondert seyn.

[188] Die Jungfrauen seynd noch allemal in großten Ehren gehalten worden, auch hat man sie schier angebetet, wie die Götzen-Bilder. Es wäre aber einsfalls nit gar unfüglich, wann sie sich wie die Götzen-Bilder stellten; dann von ihnen sagt die h. Bibel, aures habent et non audient, oculos habent et non videbunt, manus et non palpabunt etc., »sie haben Ohren und hören nit, sie haben Augen und sehen nit, sie haben Händ und fühlens nit, etc. O Pater, sagt eine schnaderische Jungfrau, eure Meinung ist sehr wurmstichig; dann er muß vor gewiß halten, daß manche Jungfrau; zur Gesellschaft geht, und wieder darvon, als wie die Sonnenstrahlen durch eine Mistlacke, worvon sie im wenigisten beunreiniget wird!r Con licenza, meine junge Gosckangula, so seyd ihr ganz und gar beschaffen, wie der Altar im alten Testament, auf dem durch göttlichen Befehl das Feuer stets mußte brennen, da doch derselbe Altar von lauter Holz war, und gleichwohl durch ein Wunderwerk vom Feuer nie verletzt worden: die Ursach war: weil besagtes Holz aus dem Paradies gewesen, wessentwegen es vom Feuer keinen Schaden können leiden. Also seyd ihr auch eine Jungfrau aus dem Paradies; ich glaub aber ehunder von Paris, und so man nach Plinii Aussag die Einhorn nicht anderst fangen kann, als in dem Schoß einer ganz gerechten Jungfrau, so würde vermuthlich mit euch gar eine schlechte Jagd angestellt werden: ist demnach weit besser, wann die Jungfrauen heiklich seynd; dann heiklich und heilig seynd zwei Bluts-Verwandte.

[189] Allen Jungfrauen zu einer rechten Nachfolg hat die übergebenedeite Mutter Gottes Maria, als sie eilfertig, nie langsam, sondern ganz hurtig über das Gebirg gangen, in dem Haus Zachariä ihre liebste Maim oder Bas' freundlichist gegrüßt. Es steht aber an keinem Ort registrirt, daß sie ihren Vettern Zachariam hätte auch bewillkommt, woran sich alle rechtschaffenen Jungfrauen sollen spieglen, wie behutsam ihr Wandel seyn solle!

Was der verruchte Iscarioth den jüdischenSchörganten und Lotters-Knechten eingerathen, als er zu ihnen gesagt, tenete eum, et ducite cautè, »greift ihn an und führt ihn behutsam: das sollen auch alle Jungfrauen insgemein sich lassen gesagt seyn!cautè, fein behutsam geht mit euerer Ehr um, cautè, behutsam in Augen und Ohren, wann ihr wollt bleiben auserkoren; behutsam im Gehen und Stehen, wann ihrs nit wollt übersehen; cautè, behutsam in allen Dingen, wann ihr wollt die Ehr darvon bringen!

Salomon war so reich, daß er so viel Silber als Stein zu Jerusalem hatte; gleichwohl ist dieser Schatz weit minder zu achten, als die silberweiße Jungfrauschaft. Dahero so viel tapfere Gemüther und heroische Herzen auf das äußerste sich bemühet, mit allen erdenklichen Mittlen gedachtes Kleinod zu erhalten.

Surius schreibt von zwei adelichen Töchtern im Fürstenthum Lombardia, wie solche ehrliebenden Kinder in dem Einfall der barbarischen Völker zu Schirmung ihrer jungfräulichen Zierde folgende Arglist ersonnen: Benanntlich hat eine jede aus ihnen ganz junge und geropfte Hühnlein in den blossen Busen verborgen, allwo [190] sie nach und nach durch die Wärme also zur Fäule gegriffen, daß sie nachgehends einen unglaublichen Gestank verursacht. Indem nun die barbarischen Kriegs-Knecht diese so edlen schönen Töchter ergafft, haben sie nit änderst verhofft, als gehören diese Leut' und Beut' für sie. Nachdem sie aber den üblen Gestank vermerkt, so hat ihnen, pfui Teufel! der Magen also rebelliret, daß sie alsobald von ihrem gottlosen Vorhaben abgewichen, aus Argwohn eines anderen Zustands. Und also haben diese englischen Creaturen durch solchen Gestank den Geruch ihrer unversehrten Lilien erhalten, und war solches ein sehr heiliger Betrug, und lobwürdigste Falschheit, allwo durch so kleine Hühnl, so große Galgen-Vögel vertrieben, und durch faules Fleisch so frische Schelmen überwunden waren.

Die nicomedische Jungfrau Eurasia hat gleichfalls einen geilsüchtigen Gesellen stattlich hinter das Licht geführt, indem sie in der Verfolgung Diocletiani durch tyrannischen Befehl in das gemeine Huren-Haus mit höchster Bedrängnuß geführt war, auch unverzüglich einer ihr auf dem Fuß nachgefolgt, hat sie solchen mit ganz freundlichen Worten und höflichen Gebehrden demüthigst ersucht, er woll ihrer doch verschonen, und dafern er sie dießfalls ihrer Bitt' wohl gewähr machen, so versprech sie ihm hingegen eine Sach zu offenbaren, wordurch er sich dergestalten könne fest und gefroren machen, daß er vom Stechen und Hauen in allen Begebenheiten werde frei und unverletzt bleiben; und damit er glaube, daß solches nit in leeren Worten bestehe, also will sie solches durch die Prob wirklich darthun. Schmiert darauf mit einem Pel ihren schneeweißen [191] Hals. Herr, sprach sie, nun probirt es, und schlagt mich aus allen Kräften mit dem Schwert, alsdann werdet ihr mit Verwunderung erfahren die Wirkung dieses Oels! Solchem so treuherzigen Einrathen dieser englischen Eurasiä hat der verbuhlte Lümmel einen so starken Glauben geben, daß er unverweilt das Schwert gezuckt, und also den zarten Hals wieder seine Hoffnung noch Meinung ab geschlagen, wodurch er betrogen, Eurasia aber, als eine Märtyrinn und Jungfrau in Himmel geflogen. Nicephor. Callistus B. 7 K. 13. Diese lobwürdigiste Jungfrau ist noch mit besserm Oel versehen gewest, als die 5 Weisen, welche mit so höflichen Komplementen mit dem himmlischen Bräutigam zu dem hochzeitlichen Fest-Tag seynd einbegleit' worden.

Ungefähr vor 6 Jahren in Oesterreich hat es sich ober Wien zugetragen, daß ein ehrliches Bauern-Mädl auf dem Feld in Arbeit begriffen, von einem daselbst unweit einquartirten Reiter mit aller Macht angefochten worden. Weil nun diese arme Haut die Unmöglichkeit sah, solchem frechen Gesellen Widerstand zu thun, also hat sie ebenfalls einen Vorthl ersonnen, nemlich: sie zeigte sich nit gar ungeneigt seinem Willen, jedoch bat sie höflich, er woll ihr zuvor, weil er gut gestiefelt, jenseits des Bachs ihre anderen Kleider herüber hohlen, unterdessen woll sie schon das Pferd ganz sicher beim Zaum halten. Wie nun der verliebte Narr durch den Bach hindurch gewaten, erstehet die ehrliche Bauern-Tochter ihren Vorthl, erhebt sich auf das Pferd und sprengt mit schnellem Lauf (die Sporn hat sie dem Phantasten hinterlassen) dem nächst-gelegenen Marktfleck [192] zu, allwo sie bei den Herren Ober-Offizieren nit allein ein großes Gelächter, sondern auch bei männiglich ein großes Lob erhalten; der gestiefelte Monsieur aber bei seiner Ankunft in einen dreitägigen Aufzug mit dem spanischen Mantel angekleid't worden, in welchem hölzernen Galla-Kleid er forderist von den jungen Töchtern desselben Orts gespöttlet und ausgehöhnt worden, daß er aus einem Reiter ein Bärenhäuter worden und nunmehr müsse seine Liebesbrunst mit diesem Holz löschen, auch seine große Schand mit diesem, obschon großen Mantel, nit können vermantlen.

Alle dergleichen ehrliebenden Töchter verdienen das Lob, uud unsterblichen Preis, daß man solche Thaten mit Gold solle beschreiben und der nachkommenden Welt zu einem lobwürdigsten Beispiel vortragen, weilen sie sowohl den großen Werth der theuren Jungfrauschaft erwogen, und jenen Spruch aus dem Evangelio ganz stattlich gehalten: Margaritas nolite projicere ante porcos (porcus per anagramma procus).

Indem nun obberührte so heftige Ursachen Justinus wohl zu Gemüth geführt, und auch beinebens sehr bedachtsam durchblättert die Schriften der heiligen Lehrer, worinnen so herrliches Lob der Jungfrauschaft zugemessen wird, und von Augustino in serm. de summo bono, von Hieronymo apud Ludovic. de Ponte tom. 3. von Damasceno lib. 4 ortho. sid. c. 25. von Cypriano in lib. 5. de Pudicit. von Uthanasio lib. de Virg. von Bernardo in Epist. von Ambrosio de Virg. von Isidoro lib. 2 de sum. von Gregorio in Marcum mit so wohl ersonnen Preis-Namen das jungfräuliche Kleinod hervor gestrichen wird, [193] also blieb Justinus bei seiner wohlgefaßten Meinung, und gab diesem frechen Forastier die gänzliche Abweisung: Es kann nit seyn!

Ueber diese so unverhoffte Schluß-Red stunde mehrmal der Mammon, oder das Geld auf, ließ im wenigsten ein entrüstes Angesicht hierüber spühren, sondern lächelte, und wie man insgemein zu reden pflegt, schmutzte mit halbem Maul, und brach endlich in diese Red' aus: wie nehmlich die Israeliten und muthwilligen Hebräer durch den Aaron ein guldenes Kalb für einen Gott haben aufrichten lassen, und als Moses von dem Berg mit den steinen Tafeln, worauf durch göttliche Hand die 10 Gebote geschrieben, langsam herab gestiegen, und sich nicht genugsam über das angehörige Geschrei und Juchitzen seines Volks verwundert; so bald er aber das guldene Kalb ersehen, hab er mit größtem Unwillen die Tafeln zur Erd' geworfen, und also der Erste gewest, welcher die 10 Gebot gebrochen. Auf solche Weis', sagt Mammon, seye unnöthig einen weitern Streit anzuheben, sondern wann er auch werde Gold zeigen, alsobald werden die Leut' die 10 Gebote brechen. Zieht demnach mit einem Duzend schönen Dukaten hervor, drukts der Jungfrau in die Hand, und ein paar alte Bärn-Thaler der alten Kupplerinn, worauf ohne fernere Widerred', das Fiat erfolget: Es kann seyn!

O verfluchtes Geld! verruchtes Geld! du gesamtes Geld, verdammtes Geld, was Uebel machst du in der Welt! Bei uns Deutschen pflegt man insgemein, wegen der Farb, die Dukaten rothe Fuchsen zu nennen, gleichwie nun die Füchs des Samsons, deren dreihundert [194] in der Zahl, einen sehr großen Schaden den philistäischen Feldern zugefügt! nicht weniger Schaden verursachen obbenannte rothe Füchs der katholischen Kirche. O wie, wie manche Ehren-Blühte, von dero der himmlische Bräutigam spricht: »flores apparuerunt in terra nostra,« verwüsten diese schlimme Gesellen.

In dem französischen Wappen-Schild waren vor diesem drei Kröten zu sehen, nunmehr aber seynd diese in schöne weisse Lilien verkehrt worden; aber leider, dermal ereignet sich gar oft das Widerspiel, indem aus Lilien Kröten werden, aus ehrlichen Jungfrauen leichtfertige und unverschämte Kröten, durch das teuflische Geld und verruchten Mammon.

Der berühmteste und größte Fluß in der Welt soll seyn der Ganges, sonst in h. Schrift Physon genannt, welcher gar seinen Ursprung aus dem Paradies nimmt, und mit seinem wunderbreiten Strom das niederste Indien berührt. Von diesem Fluß bezeugt die göttliche Schrift, daß er das beste und feineste Gold führe, und derenthalben von den angränzenden Ländern der Goldfluß benamset wird; in diesem Fluß aber solle, wie verlautet, sehr gefährlich seyn zu schiffen, und höre man daselbst von öfterm Schiffbruch und Untergang.

Bei jetziger schmutzigen, nichtsnutzigen Welt ist kein gefährlicherer Fluß, als der Goldfluß, worin auch so manche ehrliche Tochter, auch manche wohlgeschaffene Frau einen schädlichen Schiffbruch leidet, und wäre manche keine Metz, wann die Müntz nit wär, es wäre manche kein Scortum, wann Scutum nit wär, es wäre manche keine Putana, wann putum aurum nit [195] wär. Es wäre manche keine leichtfertige Donna, wann die Dona nit wären; es wäre manche keine Lose, wann die Laschi nit wäre; es wäre bei mancher kein unehrlicher Genitivus, wann der Dativus nit wär, ich sag es Deutsch, es wäre manche keine Huesten, wann das Geld nit wär.

O maledicta terra! sagt der erzürnte Gott nach dem Fall des Adam. O vermaledeite Erde, sag ich auch zu Silber und Gold, massen es auch nichts anderst ist, als eine gefärbte, und von der Sonne ausgekochte Erde. Gar recht hat der apocalypsische Engel und göttliche Chronist Johannes in seinen Offenbarungen, neben andern geheimniß-reichen Gesichtern, auch die babylonische Hur über und über mit Gold gesehen, dann meistens dergleichen Kothfinken, und garstige Schlepp-Säck von Gold, und durch Gold verführet werden, daß ich also glauben muß, interitus komme her von Interesse.

Von dem liederlichen Gesellen registrirt das Evangelium, welcher das Seinige schlimm und schlemmerisch durchgejagt, daß er seine meiste Substanz und Baarschaft im Geld bei solchen wilden Grundschüppeln habe anworden. Vivendo luxuriose dilapidavit substantiam suam: aus welchem unschwer abzunehmen, daß dazumal solche ungerathene Töchter durch das Geld und Schankungen in den verruchten Wandel gerathen. O teuflisch Geld, was richtst du nicht in der Welt!

Marci am 4. wird geschrieben, wie daß ein arbeitsamer Ackersmann einen gar guten Saamen habe ausgesäet, dessen aber wenigster Theil aufgangen, und Frucht gebracht, dann ein Theil ist gefallen auf einen[196] Felsen und Steiner, wessenthalben er aus Mangel der Feuchtigkeit hat müssen verderben, ein anderer Theil ist gefallen unter die Dörner, von denen er ersticket, der dritte Theil des guten Samens ist gefallen auf den Weg, und diesen haben die Vögel aufgefressen und verzehrt. Nun möcht ich gern wissen, was diese vor Vögel seynd gewest? Spatzen oder Finken, oder Zeißl, oder Stiglitz, oder Amerling, oder Gimpel? das Evangelium erläutert nit, was es für eine seyn gewesen.

Ich aber weiß gewisse Vögel, die nennt man Galgen-Vögel, solche verzehren manchen gutenSamen; die Jungfrauen in ihrem gebührenden Titul führen den Namen ehrsam und tugendsam, das ist gar ein ehrlicher, herrlicher Sam, aber diesen Ehrsam verzehren und fressen gar oft auf die Galgen-Vögel, solche seynd die Raben; die besten ungarischen Dukaten werden Räbler genennt, weil auf solcher Gold-Münz ein Rab geprägt ist, diese Galgen-Vögel schaden den ehrsamen Jungfrauen mehr, als die Greiffen in Afrika, die Harpiä in Indien, die Geier in Norwegen. Die Gold-Käfer seynd den schönen Rosen nicht allein schädlich, sondern auch mancher Rosina und Resl, und gleichwie manches Castell durch Geld erobert wird, also auch manche Castitas; und purgiren die vergoldeten Pillen so stark, daß sie auch die Ehr und gute Gewissen von einem treiben.

Aber was thut ihr so unbesonnene Adams-Töchter? ihr scheltet und schimpft und spottet den Esan aus, und weil er pro coctione ruffa, um ein Linsen-Koch die Primogenitur und hochachtbare Majorat [197] verschwendet, und ihr bedenkt es so wenig, daß ihr das beste Kleinod, den schönsten Namen, die größte Ehre, die Gnade Gottes, das Seelen-Heil so muthwillig pro ruffo metallo vertändelt, und um Gold einen Gott verlasset. O wohl thorrechte Menscher! daß euch so gar nit einfällt das wehmüthige Nescio, welches Gott den thorrechten Jungfrauen geben, was für einen Bescheid werden erst die thorrechten Huesten haben?

Jonathas, ein königlicher Prinz, hat einst vor dem gesamten Volk Israel, weil er wider das Gebot gehandlet, um ein wenig Honig sollen sterben, ganz wehmüthig aufgeschrien: gustans, gustavi paululum mellis, et ecce morior! »ich hab, o wehe mir! ich hab nur ein wenig Honig geschleckt, und gleichsam nur obenhin gekostet, jetzt kostet es mich das Leben, deßwegen muß ich sterben, o wehe!«

Wann ihr saubere Früchtl und unerzogene Töchterl sollet hören, wie eine Rodope aus Thracien, eine Asparia aus Milet, eine Phrynis aus Boetien, eine Antigona aus Macedonien, eine Gonoria aus der Normandie, eine Varia aus Phönicien, eine Rosimunda aus Engelland, viel tausend aus Venedig, massen das Carmen also lautet:


Urbe cur in Veneta Scortorum millia tot sunt?
In promptu causa est, est Venus orta mari.

Viel tausend und tausend andere, die bereits schon in der Höll, in dem höllischen Feuer, in der feurigen Ewigkeit liegen und leiden und lamentiren: vae nobis! etc. Ein wenig Honig haben wir gekostet, und jetzt müssen wir sterben, und ewig! merkts ihr Fetzen, [198] die Haar von Ohren, damit ihr's recht könnt vernehmen, ewig, ewig, ewig, wann ihr dieses fein werdet wohl zu Gemüth führen, so werdet ihr bald einen Feierabend machen eurem liederlichen Wandel, und nicht also thorrecht um ein geringes Metall, um einen zergänglichen Gewinn, um ein verruchtes Geld das ewige Heil verscherzen: und wann doch der Gedanke von der Ewigkeit in euerem Herzen so gar kein Winkele findet, so soll euch wenigst von dem wüsten Gewerb abhalten der zeitliche Spott und unwiederbringliche Verlust der jungfräulichen Ehre.

Habt ihr dann nie gehört, wie auf eine Zeit der Wind, der gute Name, und die Jungfrauschaft, diese drei in einer angenehmen Gesellschaft seynd zusammen kommen, und nachdem sie eine ziemliche Weil' in beliebiger Ansprach beieinander zugebracht, hat sich sodann eins von dem andern höflichst beurlaubet, der Wind war dießfalls der Allererste, welcher seine Abreis' genommen; behüt euch Gott, meine lieben Mitkameraden, sprach er, beliebts Gott, so will ich innerhalb zwei Tagen wieder ankommen; a Dio, viel Glück auf den Weg, mein Herr Blasi, sagen die anderen, der Herr verbleib fein gesund und wohlauf. Kurz hierauf wollten sich auch die zwei, benanntlich der gute Nam', und die Jungfrauschaft voneinander scheiden, und nachdem sie einander freundlichst die Händ' geboten, Gott behüt dich, sagt der gute Nam', meine auserwählte Jungfrauschaft, wer weiß, wann wir mehr einander sehen, dann so ich einmal von einem Ort weiche, so kehr ich so bald nicht mehr dahin, ja gar selten. Ach, seufzet die Jungfrauschaft, und sprach:[199] mein werthester Freund Honori, auf solche Weis' werd ich deiner nimmermehr ansichtig werden, dann gleichwie vorgibst, daß du so bald nicht mehr die Wiederkehr nehmest zum selben Ort, welches du einmal verlassest; also wann ich einmal hinweg gehe, so komm ich ewig nit mehr zurück, so behüt halt noch einmal der liebe Gott, sagt mit ganz kleiner und heller Stimm' die Jungfrauschaft, und wischt beinebens mit dem Tüchel die nassen Augen.

Aus solchem Gedicht ist unschwer abzunehmen, wie hart man den verlornen ehrlichen Namen wieder erstatte, und wie unmöglich sey, die einmal verscherzte jungfräuliche Ehr' wieder zu ersetzen.

Nach diesem so wunderlichen Wortfechten, allwo gleichwohl die Bictori auf Seiten des Mammons ausgeschlagen, setzten sich beede wiederum nieder, worauf gleich ein wackerer Kerl, ungefähr im 25. Jahr seines Alters, auf das Theatrum oder Bühn hinauf gestiegen, und nach beederseits abgelegtem freundlichen Willkomm und gehörigen Komplementen fangt er selbst freimüthig an zu reden, und ohne weitläufige Umstände beklagt er sich mächtig, wie daß ihn sein erlebter Herr Vater kurzum suche zu verheirathen mit einer, welche voller Bosheit und Untugenden stecke, und noch dazu einer übelgeschaffnen Leibsgestalt, was noch mehr, eines ziemlichen Alters, und bereits auf einer Seiten 31 Jahr habe, auf der andern auch so viel. Kaum daß er solche Reden vollend't, stieg diese auserlesene Madama, durch Beihilf einer krummen Naderin, auf das Theatrum; Herr Justinus hat sich nit wenig entfärbt ob diesem so ungeformten Abentheuer, indem sie [200] nit allein so mager, und zaundürr war, daß einem möcht einfallen, ihre Mutter habe sich an einem Ladstecken ersehen, auch das Gesicht allbereits zusammen geschnurft, wie beim spaten Herbst die vom Reif gebrennten Schlehen, will geschweigen die übrigen Leibs-Mängel, massen der hohe einseitige Rücken ihr die Retroquardi also verschanzt, daß die Brust-Gewehr vor allem feindlichen Einfall sicher scheinte. Nachdem sich Justinus in etwas erholt, fangt er an mit lauter Stimm zu schreien: es kann nit seyn, es kann nit seyn, daß dieser so wohl geschaffene und so gut genaturte Kerl soll diese Mißgeburt heirathen.

Dann erstlich muß man wissen, daß die schöne Gestalt nit den untersten Sitz habe unter den Gaben Gottes, also bezeugt es der h. Vater August. Auch wird glaubwürdig von unterschiedlichen Seribenten dargethan, daß die übergebenedeite Jungfrau Maria sey einer wunderschönen und ausbündigen Gestalt gewesen, wie es Nicephorus Callistus mit deutlichen Worten sattsam beschrieben. Massen die tugendliebenden Gemüther viel gewünschter in einem wohlgestalten Leib logieren, als in einem ungestalten Krippel, so hat auch der Allmächtige eine sondere Schönheit ganz reichlich gespendirt dem verwaisten Juden-Mädel Esther, daß ihr solche Gestalt nachmals zur Kron und Seepter beförderlich gewest. Die heroische Seel' und das tapfere Weiberherz der Judith wollt ebenmäßig nit mit einer zerschlampten und übelgestalten Menschenhaut verhüllt seyn, sondern hinter dem Vorhang eines so edlen, schönen Gesichts verhüllter stehen.

Dem Job, nach so mannigfaltigen Anstößen, [201] überhäufigen Drangsalen und unbeschreiblichen Wehtagen konnte und wußte Gott kein bessers Pflaster auf die versetzten Wunden zu legen, als daß er ihm drei Töchter geben, dero hübsche Gestalt alle Weibsbilder-Schönheit auf dem ganzen Erdboden überstiegen. Wer wird es dem Jakob, diesem Mann Gottes, und vom Himmel so reich gesegneten Patriarchen für ungut halten, daß er seine Augen geworfen auf die schöne Rachel, und einen Unwillen und Mißfallen geschöpft an der triefaugenden Lia. Des Moses Schwester hat nit wenig gemurret, ja als eine Schand und Spott allerseits ausgerufen, daß er die schwarze Mohrinn Sephora zu einem Weib genommen; pfui Teufel, sagte sie etwann, wie hat sich mein Bruder an diesem wilden und schwarzen Leder vergafft, und einen solchen schwarzen Ruß-Kübel hat mögen heirathen, wie hat er ihm doch diesen Himmel lassen gefallen, der mit so finsteren Wolken überzogen, ich muß schier glauben, ihre Mutter hab sie das erstemal in Dinte gebadet; pfui, wann ich sollt ein so wackerer Mann seyn, wie mein Bruder, wie wollt ich mir weit eine schönere ausklauben, und eine solche Kohlenbrennerinn unterweil auf die Bleich geben.

Die schöne Gestalt eines Weibs ist gleichwol ein weisses Mehl Elisäi, welches den bittern Kraut-Topf des Ehestands versüsset, und ist dem Abraham unter so vielen Widerwärtigkeiten nit eine kleine Linderung gewest seiner Kummernuß, die so edle Gestalt der Sara, welche in dem 90. Jahr ihres Alters, noch das Prädicat einer schönen Dama konnte anhören.

Jenem Kavalier und vornehmen Edelmann Namens[202] Eugenio aus Irrland, ist nit vor übel zu halten, daß er so inständig bei dem h. Patritio hat angehalten um eine schöne Gestalt, dann es war dieser eines sehr ungeschaffenen Gesichts, es waren ihm die Augen ganz uneinig, und eines gegen Mittag, das andere gegen Mitternacht gerichtet, daß er also auf einmal zwei Bücher konnte lesen: die Nase stund in dem Angesicht, wie ein ungeformter Markstein auf einem Bauern-Grund, die Wangen waren grob, wie eine durchgebrochene Arbeit, und wilde Filagran, daß auch eine geschabene Schwein-Haut gegen dieselben für schön mußte erkennt werden; dessenthalben schmerzete es gedachten Kavalier nit wenig, daß ihm hierinfalls die Natur eine so mißgönnende Stief-Mutter abgeben; dahero stets und immerdar bei dem h. Patritio eifrigst angehalten, er wolle doch, mittelst seines so viel vermögenden Gebets, zu festerer Bekräftigung des Glaubens, ein sauberes Angesicht zu wegen bringen. Patritius durch so inständiges und schier überlästiges Bitten bewogen, fragt mehr gedachten Edelmann, was er dann für eine Gestalt möchte wünschen? worauf der gute Herr seufzend geantwortet, er möchte halt so schön seyn, wie sein britanischer Diaconus (dann wohl zu merken, daß dieser Geistliche eines wunderschönen Angesichts gewesen) Patritius befiehlt alsobald, diese zwei sollen in einem Bett unter einem Duchet oder Decken schlafen, unterdessen hat der h. Mann sein eifriges Gebet zu Gott verricht, und siehe Wunder! als diese zu Morgens frühe aufgestanden, und einer dem andern einen guten Tag gewunschen, konnten sich beede nit genugsam verwundern, und sagte einer zum andern, bist du ich, oder bin [203] ichdu? dann alle beede, so gleich in der Gestalt, als wären sie in einem Model gegossen, und war der geringste Unterschied nit, außer, daß der Diacon eine Platte auf dem Kopf, der Kavalier Eugen aber keine.

Nit viel ungleich wird von dem David registrirt, daß er einen solchen ungeformten, großkopfeten und übelgestalten Sohn habe erzeugt, daß der ganze königliche Hof in Argwohn gestanden, es sey eine wahrhafte Copei von dem groben Flegelanten dem Nabal, bis endlich der David durch vieles Bitten und Beten dem Sohn von Gott eine schöne Gestalt zu wegen gebracht.

Ist also gar recht, daß dieser so schöne Jüngling, sagt Justinus, mit diesem Larven-Gesicht nicht will sich verehelichen; dann obschon von den Weibern wird ausgeben, als seyen dieselben von Natur säuberer als die Männer, massen dero Ursprung und Herkommen ist von einem weißen Bein; der Männer aber von einem unflätigen Leim. Dahero so ein Manns-Bild auch hundertmal nacheinander die Händ waschet, wird das Wasser jedesmal trüb werden; dafern aber ein Weibs-Bild die Händ' nur zweimal waschet, bleibt nachmals das Wasser in seiner Reinigkeit. Aber von dieser wilden Mufti, und deut' auf die Alte, Justinus mit den Fingern, so man auch in den Papier-Stampf soll schicken, hätt' man nichts saubers zu hoffen.

Die Apostel sahen einst unsern Herrn für ein Gespenst an, putabant, esse phantasma, aber es ist sich dessen so hart nit zu verwundern, dannes war dunkel und finster; aber diesen Widhopf siehet [204] einer beim hellichten Tag für eine Nacht-Eul an, pfui, es kann nit seyn! es soll nit seyn! sagt dieser junge wackere Kerl, lieber will ich zu Hamburg in das Zuchthaus, lieber will ich auf Venedig, und eine hölzerne Schreib-Feder in die Hand nehmen, nachmals ein Passaport über das Meer schreiben nach Levante, als diese heirathen.

Daß an dem Wagen Ezechiels ein Adler und ein Ochs nacheinander gezogen, gebet noch hin, daß aber ich neben einem solchen Unthier soll das schwere Joch des Ehestands ziehen, gefällt mir unmöglich, lieber will ich zu Wien beim weißen Engel, als beim schwarzen Bären einkehren; was aber das schlimmste, so ist sie noch dazu voller Untugenden, und sauft wie der Teufel. Holla! so kanns gar nit seyn!

Heli, der Hohepriester, hat dazumal einen sträflichen Argwohn gehabt von der Anna, wie er sie im Tempel angetroffen; dann weil sie die Lefzen stets bewegt ohne einige Stimm, hat er ganz unbesonnen das Urthl geschöpft, als habe sie einen guten vidimirten Rausch, usquequo ebria es! hierinfalls war der heiligen und gutherzigen Frau eine große Unbild zugefügt, massen sie im wenigsten einen Wein gekost, noch was anders, was da trunken machet, sondern sie betete allein dazumal mit dem Herzen.

Mein lieber hochwürdiger Heli, dieser dein Argwohn ist gar übel gegründet, dann du sollst wissen, wann die Weiber berauscht seyn, und zu scharfeKrüg führen, daß sie nicht stillschweigen, wie diese Frau Mutter des Samuel, sondern sie schreien und lassen sich hören mehr, als ein Uhrausrufer oder Nachtwächter. [205] Der October-Monat sperrt den Fröschen die Gosche; aber der October-Saft eröffnet den Weibern die Mäuler. Wie die Samaritanerinn beim Brunnen war, hat unser liebster Heiland mit ihr eine trostreiche Ansprach gehalten; so lang die Weiber beim Wasser seynd, so ist noch gut mit ihnen zu reden, wann sie sich aber beim Wein einfinden, der Kukuk red't mit ihnen.

Petrus hat es dazumal gar gut vermeint, wie er bei dem gähen Sturm und ungestümen Anfall des hebräischen Lottergefinds so beherzt vom Leder gezogen, und den Malchum, als einen meisten Rädelführer zwischen die Ohren gehaut, so bald ihm aber der Herr und Heiland geschafft, er soll einstecken, hat er solchen Befehl unverweilt vollzogen; aber die berauschten Weiber-Gefecht lassen sich so bald nicht stillen, dann weil ihr Degen die Zung, das Maul aber die Scheid, so wird es auch auf hundertmal wiederholten Befehl kaum zum Einstecken und Maul halten kommen. O wehe eines solchen armen Manns!

Tobias der ältere, als ein gerechter, gottesfürchtiger und gewissenhafter Mann, kommt einsmals nach Haus, und höret einen Geis-Bock gemekitzen, welches ihm dann sehr fremd vorkommen, daß dergleichen Thier in seiner armen Wirthschaft sich einfindet, dahero geschwind, zu Versicherung seines Gewissens, nachgefragt, obs nit etwann eine gestohlene Geis seye? O lieber Tobias! da hast du wohl einen Bock geschossen, so bald sein Weib das vernommen, was, sagt sie, gestohlen? haltest du mich für eine solche? ei mein schöner, sauberer, blinder Hiesl! jetzt schlagt deine Heiligkeit heraus, [206] es ist dir nit genug, daß du mich um das Meinige gebracht mit deinem verschwenderischen spendiren, ja wohl Almosen geben? es ist nicht genug, daß du eine ganze Zeit nie zu Haus, und dich um die Wirthschaft nichts annimmst, unterdessen einen Beccamorti und schlechten Todtengräber abgibst, daß ich dich mit meiner Hand-Arbeit muß erhalten, und als ich sonst, wie eine gnädige Frau, und gut vom Adel hätt standmäßig mich erhalten können, muß anjetzo eigentlich eine gemeine Strickerinn und Naderinn abgeben, damit ich nur ein wenig Brod ins Haus schaffe, uneracht alles dieß willst mich noch für eine Diebinn halten? was ich? wer ich? du bist mir wohl, du, du, du etc. Ach Gott, sagte hierüber seufzend der Tobias, laß mich doch sterben, und nimm mich zu dir. Expedit enim mihi magis mori, quam vivere. Der König Sennacherib hat mir meine Güter confiscirt, patientia! die Schwalben haben mich um das Gesicht gebracht, patientia! die Armuth ist mir über den Hals kommen, patientia! die Nachbarschaft hat mich verfolgt, patientia! hab alles mit Geduld übertragen, aber bei einem bösen Weib seyn, das kommt mich schier zu hart an, mein Gott! lieber sterben, als dergestalt leben.

Hat nun Tobias, als ein vollkommener Mann, ein heiliger Patriarch, welcher nach dem Job der Sanftmüthigste, das Ungestümme eines bösen und zänkischen Weibs so hart übertragen, wie soll es dann einen andern armen Tropfen ankommen? O Gott! wie hart ein solcher Ketten-Hund! wie ungestümm eine solche Haus-Posaune! wie teuflisch eine solche Tafel-Musik! wie verdrießlich eine solche Feuer-Glocke! wie schmerzlich [207] eine solche Ehe-Geisel! wie verrucht ein solcher Haus-Blasbalg! wie betrügt solche Stuben-Trummel! wie unleidiglich solcher Kammer-Echo! wie macht einem so bang eine solche höllische Beiszang! Expedit mori, quam vivere.

Es ist in der Wahrheit jenem Mann kein Fehler auszustellen, welcher sein zänkisches Weib auf eine sinnreiche Weise zu recht gebracht, diese hieß Lampert, weil er Lambl fromm, ihr Name aber war Cunegund à Cunis, oder Wiegen, also genannt, wie folgsam zu vernehmen. Bevor er sich mit dieser in eheliche Vermählung eingelassen, ist er von etlichen Treumeinenden gewarnet worden, er wolle ihm doch selbst keine solche schwere Last auf den Rücken bürden, dann von ihr die gemeine Red sey, als hab sie einmal einen Goggl-Hahn geschlukt, der ihr nun allzeit aus dem Hals krähe, und muß sie allemal das letzte Kyrie eleison haben: uneracht dieser prophetischen Ermahnung, hat er besagte Cunegund gleichwohl geheirath, kaum aber daß etliche Tag verfloßen, kam ihr gutes Mundstuk schon an Tag, und fangte sie an dergestalten den Fagot zu blasen, murmure, turbine, grandine, fulgure, perstrepit illa, daß er geglaubt, es seye alle Tag bei ihr ein Donnerstag, gemach sagt er, meine Cunegund dem ist nit also, es wird auf solchen Schlag kein gutes hausen erfolgen, wann du allemal das letzte Wort willst haben, und so gar in deiner Musik kein Pausen machen, was? setzt sie hinwider? dem ist also, es muß also seyn, es soll nit anderst seyn, es kan nit anderst seyn; O Gott! sagt der Mann, es ist immer schad, meine Cunegund, daß du kein Trompeter bist [208] worden, du hättest einen hübschen langen Athem gehabt zum Clarin aushalten; was, Clarin? daß dich der etc. schweig, schweig, schweig, ich dir schweigen? dir schweigen? wann auch des Kaisers Nero sein Henker hinter meiner stund, so wollt' ich nit schweigen. Lappische Kundl, er hat nit Ner geheißen, sondern Narr, was? du bist mir wohl selbst ein solcher, schweig, ich dir schweigen? wann auch der Kaiser Heliogabel mir schaffen sollt, so wollt ich nit schweigen. Kinderische Kundl, er hat nit Heliogabel, sondern Hexengabel geheißen, ich eine Hex? sagt sie, fahr du zum Belzebub, ich bin keine Ausfahrerinn, schweig, sagt er, und gieng also auf die Seite, und sinnet sehr bedachtsam nach, wie doch solchem Uebel wäre abzuhelfen, fallt ihm letzlich ein, daß, wann die Kinder nit wollen schweigen, sie durch das wiegen können besänftiget werden, läßt demnach eine große, weite, lange, breite, tiefe, feste, starke, hübsche, gefürneiste Wiegen verfertigen, mit aller nothwendigen Zugehör, und als sie mehrmalen den gewöhnlichen Morgen-Ruf angefangen, sprach er zu ihr: meine Cunegund, ich siehe schon, wo der Fehler steckt, du bist nit genug in deiner Kindheit gewiegt worden, dessenthalben kannst du so gar nit schweigen, dahero wohl vonnöthen, daß du länger die Wiegen kostest, Holla! alsobald waren da zwei baumstarke Menscher hierzu bestellt, welche die ungestümme Cunegund zur Erde niedergeworfen, Händ und Füß gebunden, auch wie ein Kindl eingefäschter in die große Wiegen gelegt, mit einem starken Wiegen-Band wohl verwahrt, er aber, der verständige Mann, nahm das Wiegen-Band selbst in die Hände, und fieng an sanft zu wiegen, die aber [209] schrie noch mehr, Schelm, Dich, Mörder, Umbringer, Satan, Henker, Püffel, Galgen-Schwengl, Bestia, dieser wiegt immer fort, und singt noch darzu, schweig mein Kundl, schweig; ich kauf dir bald ein Mieder-Zeug, schweig mein Kundl, schweig; sie schwört, sie flucht, sie schilt, sie schreit, sie kürrt, sie gront, sie klagt, sie heult, sie donnert, sie wünscht ihm vier und zwanzig tausend Teufel und einen halben auf den Rücken, er, ungehindert dieß, wiegt noch allezeit stärker, singend aja pupeja, willst schweigen, sonst gib ich dir Kundl eine Feigen; In Summa, vierthalb Tag war sie in diesem Wiegen-Arrest vorhaft, und wurde ihr, wie einem Kind gepflogen, endlich läßt sie ihren Mann zu sich rufen; O mein Mann, sagt sie, O mein Engel, ich bitt, ich bitt, laß mich doch los, Himmel und Erden sollen Zeugen seyn, daß ich hinfüran allzeit werde schweigen. Zu verwundern ist gewest, wie nachmahls diese Cunegund so sanftmüthige Sitten angezogen, und im geringsten nicht mehr ihren Mann, weder mit einem Wort, noch weniger mit Werken beleidiget, sondern in allweg ihn, als das Haupt (ihr Ehe-Weiber, laßt euch dieß eine Haupt-Lehre seyn, so wird euch der Kopf nie weh thun) bettermassen gehalten und verehrt.

Der Prophet Ezechiel, aus göttlichem Geheiß, verfügt sich einmal auf ein flaches und ebenes Feld hinaus, worauf eine große Menge der dürren Todten-Beiner gelegen, welchen er mit ernsthaften Worten befohlen, sie sollen, aus Anschafung des Allerhöchsten, wieder leben, welches sie dann ganz schleunig vollzogen, und ein jedes zerstörtes Bein zu seinem Glied sich verfügt, unumquodque ad juncturam suam, es ist der Fuß nit zum Kopf, sondern zu den Knie-Scheiben [210] gerucket, die Hüft hat sich nit zum Schulter-Blatt gesellet, sondern ein jedes an sein Ort, wohin es gehörig, ad juncturam suam. Also soll sein auch ein jeder Mensch bleiben, wer er ist, es soll das Weib bleiben, wer sie ist, nemlich unterworfen ihrem Mann, ad juncturam suam, nit für ein Haupt sich aufwerfen, noch weniger sich über dasselbe erheben, sondern sich an des Abrahams stattlicher, und mit allen Tugenden wohlgeschaffener Ehegemahlinn Sara spieglen, als welche den Abraham nit anderst genennt als ihren Herrn, Dominus meus. Wie ungereimt steht es, wann ein Haupt soll von einer Rippe regiert oder geherrscht werden. Dasselbe Gebot, welches Gott im alten Testament gesetzt, hat noch auch bei diesen Zeiten seine Kraft, non induetur mulier veste virili, das Weib soll keine Manns-Kleider anlegen, und sich der Hosen nit anmassen, sonst kann es nit anderst seyn, als daß die liebe Einigkeit und erwünschte Fried muß Schaden leiden.

Aus dem Evangelio ist es sattsam bekannt, daß das tobende und wüthende Meer, auf dem Befehl des Herrn, habe stillgeschwiegen, und sich in Ruhestand begeben, welches nit ein kleines Wunderwerk, daß billig andere hierüber stutzten, und Fug gehabt zu fragen, quis est hic, quia venti, et mare obediunt ei, »wer muß doch dieser seyn, dem die Sturmwind und das Meer den Gehorsam leisten,« Mare, Mare, etc. Maria, Marina, Margaretha etc., soll nit also wüthen und toben; sondern stillschweigen, ja wohl still schweigen! so ist aldann sich so fast nicht zu verwundern, wann man das Still mit dem Stiehl muß zu wegen bringen, [211] verstehe Besen-Stiehl, und was solche Zang und Zung verwirkt, der Buckel büssen muß, solches Uebel aber rührt meistens daher, wann sich die Weiber und Weinbeer so wohl vergleichen, wann Kandl und Kundl gute Gespielen seynd, wann Sauphia und Sophia beisammen sitzen, wann die Frau Bibiana den Herrn Calixtum zum buhlen hat, und ist also zwischen der Mühl und Müllnerinn dieser Unterschied, daß die Mühl vom Wasser bewegt wird, und kleppert, die Müllnerinn aber vom Wein.

Höchst wäre zu wünschen, daß ein jeder Ehestand mit jenem Wunder übereins stimmte, welches sich mit obgedachtem großen Propheten Ezechiel zugetragen, der aus göttlichem Befehl zwei Hölzer in die Hand genommen, und auf eines geschrieben: Des Judä, und der Kinder Israel seine Mit-Verwandte. Und auf das andere: Des Josephs, des Baums Ephraim, und des ganzen Haus Israel seine Mit-Verwandten etc. Sobald er nun solche zwei Hölzer zusammen gehalten, ist alsobald wunderbarlich eines daraus worden. O wie wohlständig und ersprießlich wäre es zwischen den Eheleuten, wann sie zwei, der Mann und das Weib, stets Eins wären, und in unzertrennter Einigkeit miteinander lebten, nach dem Beispiel des Noe mit seiner Frau, von dem die göttliche Schrift also registrirt: Nachdem der Sündfluß, und das große Gewässer hundert und fünfzig Tag stund ob der Erden, und dieselbe gänzlich bedeckte, recordatus est Deus Noë cunctorumque animantium etc., alsdann gedachte Gott an den Noe und an alle Thiere, und alles Vieh, so da war mit ihm in [212] der Arche; über diese Wort verwundert sich der hl. Ambrosius, in Erwägung, daß Gott allein gedenkt an Noe, und an alle Thier, nit aber an des Noe sein Weib? soll dann ein muthwilliges Roß, ein fauler Esel, ein karger Fuchs, ein gefräßiger Wolf, ein geiler Stier, ein bissiiger Hund, ein furchtsamer Hirsch, ein stolzer Widder, ein stinkender Bock, eine falsche Katze, ein hochtrapender Gockl-Hahn, ein läppischer Affe, ein einfältiger Gimpel, eine barokische Nacht-Eule, eine geschwätzige Schwalbe, ein diebischer Spatz, höher zu achten, mehr zu ehren und besser zu bedenken seyn, als eine fromme, liebe, wakere Frau? ei das nit, warum hat dann der Allmächtige alleinig an Noe gedenkt, und an alle Thier, allwo von der Frau die mindeste Meldung nit geschieht? es beantwortet seine eigene Frag obberührter heiliger Lehrer, sprechend, daß unter dem Namen Noe Gott auch des Noe seine Ehefrau verstanden, dann diese zwei waren ganz Eins miteinander, wo eins, war das andere auch, was Noe wollt, das wollt auch seine Frau, was dem Noe beliebte, daß war auch der Frau recht, erant duo, in carne una.

Aber ein Weib, welches zu stark octoberisch, zinnoberisch ist, das wird auch wollen postoberisch seyn, und vor allen blasen, ein Weib, die zu sehr kellnerisch und muskatellerisch ist, die wird auch dabei bellerisch seyn, ein Weib, die zu viel weinisch und rheinisch ist, die wird auch greinisch seyn, wovon dann die werthe Einigkeit vertrieben wird, die rechte Lieb verrieben wird, die wahre Treu verschrieben wird, und nachmalens mehr im Haus Weh, als ein Winter Schnee, und ein Frühling Klee, was ist von einem solchen Weib zu halten? welche vor [213] etlich Jahren eine gar andächtige Kirchfahrt angestellt, unterwegs aber in dem Wirthshaus dergestalten mit der Wein-Kandl duellirt, daß ihr der obere Stock ganz aus den Schliessen kommen, und alles mit ihr um und um gangen, wessenthalben sie in Mitte der Kirche sich an dem Opfer-Stock angehalten und ganz seufzend aufgeschrien: O mein h. Altar! ich bins nit werth, ich bins gar nit werth; es ist ja zu viel für mich alte Huesten, die Ehr, die du mir erweisest, gebührt mir armen Tröpfinn wohl nit, wie muß ich das wieder verschulden? als sie aber von den nächst Anwesenden dessenthalben befragt wurde, massen sie sich alle über diese Worte nit wenig verwundert, gab sie diese Antwort: meine lieben Leut, ich hab wollen, aus Andacht und Schuldigkeit, um den Altar herum gehen, und jetzt geht er um mich herum, es ist ja gar zu viel. Einer solchen konnt man wohl jene Grabschrift machen:


Hier liegt die alte Anna,

Welche die Küchl verbrennt in der Pfanna,

Saufte sich alle Tag voll in Brandwein:

Der Heuker mag bei einem solchen Weib seyn.


Justinus, nach so viel angebrachten Beweisen, meistens aber wegen großer Ungestalt, und forderist wegen des weinsüchtigen Magens dieses Weibs, und anderer ihrer Untugenden, blieb ganz fest auf seiner bishero wohlgegründeten Meinung und Aussag: es könn' mit einem Wort nit seyn, daß dieser so ehrliche Gesell mit solcher Megära sich soll verheirathen.

Der Geld-Gott Mammon zeigte schier einen kleinen Verdruß über so bissige Reden und höhnische Wort, [214] gleichwohl zu zeigen, daß er mit weniger Gewalt ein ganzes Gebäu zu Boden fällen könne, hat er dem Kerl einen Beutel voll Dukaten dergestalten an die Brust geschlagen, daß er durch dieses guldenemea culpa gleich Reu und Leid erzeigt über seinen begangenen Fehler, und also ohne ferners Bedenken, weil diese bei stattlichen Mitteln ihr das Jawort ertheilt: Gelt mein Schatz, wir werden einander inniglich lieben.

O du verruchtes Geld! wohl recht fangt das Wort Geld und Gold von dem Buchstaben G an, welcher Buchstab eine Verwunderung in sich hat, G, was richt das Geld nit? G, was thut das Geld nicht? G, was vermag das Geld nicht? Jetzt ist gar leicht zu wissen, warum mit der Leicht des verstorbenen Sohns der Wittib zu Naim eine so große Menge Volk gangen, und ihn zum Grab begleitet; multitudo copiosa, sie war eine reiche und sehr wohlbegüterte Wittib, zwar schon bei Jahren, massen dieser verstorbene Sohn schon vogtbar war, weil so viel Geld vorhanden bei dieser Wittib, deßwegen haben sich gar viel bei der Leicht eingefunden, viel Kammer-Diener, viel Sekretäre, viel Aufwärter, viel Hofmeister, viel junge Advokaten, multitudo copiosa, ein jeder wollt aufwarten, ein jeder wollt der nächste beim Brett seyn, ein jeder wollt bei der gestrengen Frau in Gnaden stehen, und sie heirathen, nit aus Lieb, dann sie war nit mehr schön, nit aus Affekt, dann sie war eine Wittib, nur wegen des Gelds, wann sie schon nit schwarze Augen hat, wann sie nur steif schwarze Pfenning hat, wann sie schon [215] nicht rothe Wangen hat, wann sie nur rothe Fuchsen hat, wann sie schon nit eine weiße Haut, wann sie nur weiße Thaler hat, wann sie schon nit eine schöne Goschen hat, wann sie nur gute Groschen hat, wann sie schon nicht gut ist, wann sie nur Güter hat. O verruchtes Geld! dahero kommt es manchesmal, daß ein solcher mit seiner Manna Anna nit verlieb nimmt, sondern nach egyptischem Zwiebel trachtet, dieß ist die Ursach, daß man nachgehends an eigenen Speisen einen Grausen hat, und mit dem Jonathas den wilden Honig schlecket, da rührt es her, daß eine Dienstmagd Agar wird höflicher gehalten, als eine Sara. O verruchtes Geld!

Wie dem Isaak hat sollen die Rebekka vermählt werden, hat man die Sache nit gleich durch einen Bausch über die Knie abgebrochen, ob man schon häufiges Silber und Gold auf Seiten des Isaaks zeigte, sondern man hat vorhero den Willen der Rebekka wollen erfahren, ob sie diesen reichen Herrn wolle haben, laßt uns die Jungfrau rufen, sagten die lieben Eltern, und nach ihrem Willen fragen, als nun Rebekka gerufen war, und kam, da fragte man sie, willst du mit diesem Mann reisen?

Bei diesen unsern Zeiten fragen die geldsüchtigen Eltern die Töchter nit viel mehr, ob sie diesen und diesen wollen haben, sondern es heißt, du mußt ihn haben, wann er schon alt, was schadet es, die alten Weine hitzen besser, als die neuen, er hat wacker Geld, er ist bei stattlichen Mitteln, wann er schon einäugig ist, du Närrin, wirst schon mehrere Batzen[216] sehen, wann er schon bucklet ist, was benimmts, du wirst gleichwohl gut sitzen, wann er schon den Sattel auf dem Rücken trägt, wann er schon ganz kupferig im Gesicht, was irrts du Krot, goldgelb im Beutel ist wohl besser, als leibfarb im Gesicht; muß also eine manche junge Tochter wider ihren Willen, wider ihre Neigung einen reichen Batzenhafner heirathen, nur wegen des verruchten Gelds, daß hernach dem guldenen Limmel, dem silbernen Phantasten, dem reichen Narren eine solche Amalthea (ein Cornucopi) spendirt, daß er des Uris seine Barocca aufsetzt, daß er den Durandum auf der Stirn trägt, daß ihm fremde Hahnen auf seinem Mist kratzen, ist Ursache der verteufelte Mammon, das verfluchte Geld, auri sacra fames.

Die Apostel unter der Zeit, als der Herr Jesus mit dem Weib bei dem Brunnen eine heilsame Ansprach gehalten, gehen in Samariam hinein, und kauften um baares Geld die nothwendige Nahrung und gehörigen Victualien, ob welchem sich zu verwundern, daß die Samaritaner mit diesen Hebräern einige Gemeinschaft hatten, dann ihre Gebot legten ihnen stark ob, daß sie mit dem hebräischen Gesind und Unflath (wie sie es nennten) nichts zu thun hätten; aber wo man Geld siehet, da siehet man kein Gebot mehr, wo man Geld greift, da vergreift man sich leicht wider alle Satzungen, wo man Geld zählt, da zählt man die zehen Gebot nicht. O verdammtes Geld! so verderbest du ja alles in der Welt. Quid vultis mihi dare?

Kaum daß dieser wackere Kerl mit seiner [217] abgeschabenen Braut das Theatrum verlassen, stiege mit wohlregulirtem Schritt und halb spanischem Gang herauf ein Herr, allem Ansehen nach ein Edelmann, nach seiner aber gar eine feine Wittib, eines mittlern Alters, mit einer Schöff-Haube auf dem Kopf, und weil sie gar eines traurigen Gesichts war, konnte man schier vermuthen, als hab sie einen Schiffbruch ihrer Güter gelitten. Hochgeehrter Herr Vetter Justine, sagte der Edelmann, und klagte, wie daß er immerzu durch der Wittib vielfältiges Anklagen beunruhiget werde, er habe doch gänzlich bei sich geschlossen, dero angemaßte Schuld auf keine Weise zu bezahlen, die Wittib hingegen konnte vor Weinen kaum, und wurden dero Wort von den anstoßenden Seufzern also abgebrochen, daß man sie schwerlich konnte verstehen, aus allem aber hat man allein deutlich vernommen, daß sie das Wort Justiz und Gerechtigkeit mit sonderm Nachdruck ausgesprochen und wiederholt, welches dem Justino dermassen zu Herzen gangen, daß es neben Erwiederung weniger Complementen gedachten Monsieur sein Anbringen rund abgeschlagen, es kann nit seyn, dann die Justiz muß vor allem aufs möglichst erhalten, Wittib und Waisen, bei dero gerechten Anforderungen bestermassen geschützt werden, und muß man hierin nit ansehen die Person, sondern mitten durchgehen.

Nachdem die Philistäer die Archen des Herrn oder den h. Bunds-Kasten wieder zurück gegeben, haben sie solchen auf einen Karren geladen, darein zwei Kühe, welche zu Haus saugende Kälber hatten, eingespannt, und also ohne Fuhrmann, nach einige Handhab [218] oder Antrieb eines Menschen gen Bethsames fortgeschickt, mit dem Beding, daß, wann die besagten Kühe würden weder auf die rechte noch linke Seite sich wenden, sondern, mitten durchgehen, so werde es Glück bedeuten.

Wann man bei Tribunalien und Gerichten auch solchergestalten wird mitten durchgehen, und sich nit lenken auf die rechte Seite noch auf die linke, einem nit aufhelfen, weil er reich ist, dem andern nit abhelfen, weil er arm ist, einen nit befördern, weil er ein Schwager ist, den andern nit verstoßen, weil er ein Schwacher ist, dem andern nicht zulegen, weil er hochgeachtet ist, dem Barthlmä nit ablegen, weil er verachtet ist, nec ad dexteram, nec ad sinistram, sondern mitten durch, ohne Unterschied der Personen, den Bürger sowohl anhören, als den Burggrafen, den Sammel nit vorziehen dem Zwilch, die Waisen gleich halten den Weisen; auf solche Art thut man Gott preisen, und da ist Glück und Wohlstand zu hoffen.

Es kommen auf eine Zeit etliche hebräische Gesellen zu Christo dem Herrn in Tempel, und führten mit aller Gewalt ein Weib mit ihnen, es muß allem Anse hen nach nur eine gemeine Huesten seyn gewest, dann die Vornehmen darf man nit anklagen; diese Erz-Schalken fangen an mit vielen Umständen den saubern Handel zu erzählen, wie daß sie diesen frechen Schleppsack in flagranti ertappt (wo ist dann der saubere Buhler geblieben? O ihr Schelmen! entweder hat er euch müssen in Beutel blasen, oder er ist euer Vetter oder Anverwandter gewest) nun glauben sie, weil er anderst ein solcher ausgeschriener Prophet, er[219] werde seine Meinung hierin beitragen, wie man mit dieser Fettel soll verfahren, massen er von sich selbst ausgeben, er seye nit kommen, die Gesetz Mosis zu brechen, sondern zu rächen, die Gebot nit zu verhüllen, sondern zu erfüllen, weilen dann die mosaischen Verordnungen dahin ergehen, daß die Ehebrecher sollen versteiniget werden, so möchten sie gern dießfalls sein Urthl vernehmen, weil sie dann Christum den Herrn zu einem Richter erkiesen, inclinabat se, also hat er sich ganz tief geneigt, und auf die Erd geschrieben, zu einer Lehr und Beispiel und Nachfolg aller Tribunalien merkt es wohl, ihr Herren Consiliarii, Räth, Richter und vorgesetzte Urthlsprecher, wann man bei euch mit ganz gründlichen Beweisen einen anklagt. Er hat ihm gewaltthätig das Seinige genommen etc., er woll die rechtmäßige Schuld nicht bezahlen etc., er sey ihm in einer Sach höchst schädlich etc., inclinate vos, neigt euch zu der Erden, schaut die Person nit an, welche beklagt wird, sondern nur allein die gerechte Sach, man muß die Person nit ansehen, ob's eine vom Adel oder von der Nadel ist, ob's ein Edelmann oder ein Bettelmann, ob's ein Verwalter oder ein Anhalter, ob's ein Schreiber oder ein Treiber ist, ob's ein Führer oder ein Musquetierer ist, ob's ein Bekannter oder Verwandter ist, ihr müßt nicht ansehen, ob's Reichenau oder Bettelheim, ob's von Hochburg oder Niederalteich, ob's aus Mähren oder Bayren, ob's ein Landsmann oder ein Schanzmann, ob's ein Großer oder ein Bloßer ist, nec ad dexteram, nec ad sinistram.

Es wird für gewiß und wahr geschrieben, daß [220] in einer vornehmen Stadt ein solcher löblicher Brauch gewest, daß auf dem Rathhaus eine öffentliche Glocke gehängt, wer nun selbige geleutet, war so viel, als hätte er ein schriftliches Anbringen übergeben, und die Justiz begehrt. Einmal kommt ein zaundürrer, alter und ritziger Schimmel daher, welcher sich ungefähr an der Mauer des Rathhauses gerieben, und zugleich den Strick besagter Glocke ertappt, und also dieselbe gezogen, daß sie sehr laut gesprochen; die hochweisen Rathsherrn und Richter fragen alsobald, wer die Glocke berührt, und wie man ihnen des armen Schimmels seltsames Riebeisen erzählt, schaffen sie gleich, man soll emsige Nachfrag thun, wem das Roß zugehöre, dem sie auch gesinnt waren, die Gerechtigkeit zu administriren, dafern auch dem Roß soll eine Unbild zugefügt seyn worden; und weil man unschwer darhinter kommen, daß ein gewisser Herr besagten Schimmel wegen seines Alters, als ein nunmehr unbrauchbares Thier, habe von sich getrieben, wessenthalben solcher dermalen ohne Herrn, und folgsam ohne nothwendige Unterhaltung da und dort ein verdorrtes Grassuche; auf solches ist alsobald gedachtem Herrn ernstlich, und unter Pöhnfall großer Straf, auferlegt worden, dem Schimmel wegen so langwierig treugeleisten Diensten und Arbeit als einem Provisoner mit gehöriger Nahrung auf Lebenszeit die Unterhaltung zu schaffen. Wann dieser Schimmel hätt' reden können, wie des Propheten Balaams Eselin, hätt' er ungezweifelt solchen Richtern ein großes Lob nachgesprochen, um weil sie die liebe Justiz also weislich handhaben und befördern.

[221] O Gott! wann arme Wittiben würden also geschützt bei den Gerichten, wie dieses vernunftlose Thier, so würde der erzürnte Gott nit mancher Stadt, in der Stadt nit manchem Statthalter, in der Statthaltung nit manchen Gerichten zuschreien: usquequo judicatis iniquitatem et facies peccatorum sumitis. Wie oft, leider! siehet man, hört man, greift man, daß arme Wittwen durch langwieriges Rechten an Bettelstab und in die äußerste Armuth gerathen, da doch ihnen in kurzen Tagen hätte können Ausricht geschehen. Von meinem h. Vater Augustino wird glaubwürdig geschrieben, daß er einmal einen Baum oder Traum, so zum Kirchen-Gebäu oder Dachstuhl zu kurz war, mit seinem Gebet habe länger gemacht, das war ein Wunderwerk, aber wann man bei den Tribunalien ein kurzes Recht lang macht, und in viele Jahr ausdehnt, das ist kein Wunderwerk, sondern ein Plunderwerk, wehe solchen Richtern!

Unser lieber Heiland hatte zwei hochwichtige Geschäfte auf dem bittern Kreuz-Baum zu vollziehen, benanntlich seine allerliebste Mutter zu versorgen, nachmals dem rechten Schächer auf sein mündliches Anbringen einen Bescheid zu ertheilen, hat aber ehevor des bekehrten und reuevollen Mörders Sach und bittliche Ansuch befördert, nachmals erst seine liebste Mutter unter den Schutz Johannis befohlen: Hodie mecum eris in paradiso, deinde dicit Discipulo, ecce mater tua. So weiß man auch, daß, wie er zu Jerusalem als ein 12jähriger Knab verloren, und bei den Vettern, Befreundten und Anverwandten ist gesucht nit aber gefunden worden; deßgleichen hat [222] er das höchste Amt des römischen Papstthums nit anvertraut Johanni seinem nächsten Vetter, der beinebens in großen Gnaden stund, sondern dem Petro. Allen Obrigkeiten, forderist denen Richtern zu einer Lehr und Unterricht, wie daß sie kein Absehen sollen haben auf Bruderschaften, Vetterschaften, Schwagerschaften und Freundschaften, sondern nur blos auf die Gerechtigkeit. Einer armen Wittib ein so willfähriges Ohr geben, als einem Anverwandten, ihre gerechte Sach und Anforderung so gut beschleunigen, als eines Bluts-Verwandten, dero Anbringen in so guten und reifen Berathschlag ziehen, als eines nächsten Befreundten, und was sich recht und dem Gewissen gemäß befindet, fest und unbeweglich dasselbe schützen und handhaben, den verlassenen Wittiben mit keinem Fug noch gewaltthätiger Freiheit eine Unbild lassen zufügen; in Erwägung, daß nichts die dicken Wolken also stürme, den harten Himmel also durchdringe, als die Zähren und Thränen einer bedrängten Wittib, massen die nassen Augen der Wittib zu Nain das Herz des Herrn Jesu also erweicht, daß er ohne Verzug dieselbe mit der Urständ ihres Sohns wieder getröstet.

Wie behutsam und mit was zartem Gewissen man mit den armen Wittiben solle verfahren, ist dessen ein seltsames Beispiel zu ersehen an einem ungläubigen Fürsten. In Persien befand sich ein junger Fürst, Namens Quiffera, sehr mächtig an Geld und Gut; dieser war Vorhabens, einen so prächtigen Pallast, dergleichen in der Welt nit zu finden, aufzubauen, weil nun ein großer Platz dazu gehörte, wurden dessenthalben sehr viel Häuser abgebrochen, und [223] unterschiedliche Gärten mit zugezogen, welches auch die Unterthanen alle gar gern geschehen ließen, weil ihnen dafür baares Geld ausgezahlt wurde. Eine alte Wittib aber konnte durchaus nit dazu gebracht werden, daß sie ihr Häusl dazu verkaufte, Ursach, weil sie darin geboren und erzogen, auch folgsam darinnen sterben wollte. Wollt es ihr (sagt sie) der Fürst nehmen, so könnt sie nit wider Gewalt; der Fürst begehrte dem Weib die Hütte mit Gewalt nit zu nehmen, und doch gleichwohl aber von dem Bau nit abstehen, sondern setzte das Werk dergestalten fort, daß das Haus in dem Pallast mit eingeschlossen wurde. Nach Verfertigung dieses so herrlichen Werks trug sich zu, daß einsmals fremde Gesandte nach Hof kommen, welchen der Bau gezeiget und auch von ihnen gelobt wurde, doch sagten sie daneben, das Häusl schände den ganzen Pallast, und stehe gar ungereimt in einem so herrlichen Pallast ein so geringes altes Weiber-Nest, worauf der Fürst geantwortet: mit nichten kann dieses vorgerupft werden, sondern ich halte diesen so schlechten Wittib-Sitz für die schönste Zierde des ganzen Schlosses, dann aus diesem ist zu sehen und abzunehmen, daß ich Recht und Gerechtigkeit lieb habe und meinen Unterthanen keine Gewalt zufüge.

Es wäre zu wünschen, daß zu unsern Zeiten viel christliche Fürsten und große Herrn von diesem Mahometaner lerneten die armen Wittiben zu ehren, dieselbe, als Gottes Aug-Apfel bestermassen zu schützen, dero verlassene Einsamkeit auf mögliche Weis zu trösten, aber leider! erfährt man oft das Widerspiel. Der hl. Petrus hat nit allein zu Joppen viel weinende Wittwen [224] gesehen um die verstorbene Tabitha herum stehen, sondern es find't sich eine unzählbare Menge noch heutiges Tags betrübter Wittwen, wo nit zu Joppen, wenigist allenthalben in schlechten Joppen und Küttlen, daß sie kaum den Leib bedecken können, aus Ursachen, weil man bei Tribunalien und Gerichten, in Ansehung eines und andern großen Herrn oder Anverwandten ihnen nit an die Hand gangen, sondern viel mehr der lieben Gerechtigkeit einen Respect-Mantel angelegt, welches Kleid ihr doch teuflisch übel ansteht.

Dießfalls hat niemand ruhmwürdiger die Justiz und Gerechtigkeit vollzogen, als der italienische Kriegsfürst Theodosius, welcher auf öffentlicher Gasse einer bedrängten Wittib flehentliches Anrufen gehört, auch dero so lang geführtes Recht inner zwei Tagen zu gewünschtem Ende gebracht, die Richter aber, welche bishero so saumseelig gewesen, mit dem Schwerdt hinrichten lassen.

Sagt also Justinus: Vetter hin, Vetter her, es geschieht nimmermehr, daß ich der armen Wittib nicht soll beifallen. Vetter hin, Vetter her, es fället meinem Gewissen gar zu schwer, wann ich in Ansehung der Freundschaft sollt die Justiz schmälern, Vetter hin, Vetter her, es wär wider Gottes Ehr und Lehr, so ich dießfalls nit sollte mitten durchgehen; In Summa, Herr Vetter, sein Verlangen und Anbringen ist dieß und dieß, aber es kann nit seyn!

Der Mammon oder Geld-Gott reispert sich hierüber, und gedacht den vetterischen Zwiespalt geschwind in einen gütlichen Vergleich zu bringen, wann schon der Vetter hin sey abgewiesen, so werde doch der [225] Vetter her (verstehe gieb her, schenk her) das Feld erhalten, dessentwegen alsobald mit einem gestrikten Beutel heraus (o wie viel werden durch solche Strick gefangen), und dem Justino in die Hand gedruckt mit einem solchen Nachdruck, daß er dem Justino just recht kommen, als welcher gleich mit andern Satten aufgezogen, dero Klang der armen Wittib nit die Füß hupfend gemacht, sondern das Herz, welches vor Leid und Schmerzen hätte mögen zerspringen. Mit einem Wort, es kann seyn und es soll auch seyn, sagt Justinus, daß man nit gleich einem jeden weiten Kürbes-Maul soll glauben, dann wohl öfter alter Weiber Aufforderung ohne Grund stehen, es brauche die Sach eine reifere Bewegung und Nachsuch, dann was nit rechte Füße hat, soll man nicht gleich über die Knie biegen etc. O verfluchtes Geld!

Wie der h. Pantaleon hat sollen enthauptet werden hat sich der Degen oder das Schwerdt, wie ein Wachs gebogen. O Wunder! Wie die h. Cäcilia hat sollen sterben, ist der Degen so weich worden, daß er dreimal wie ein Hadern, um den Hals gefallen. Wie der h. Thyrsus mit einer eisernen Säg' hat sollen mitten entzwei geschnitten werden, hat sich die Säg' nit härter als Baumwolle gezeigt. O Wunder! Der h. Franziscus, der h. Georgius, der h. Jacobus Nisibita, die h. Euphemia, die h. Barbara, die h. Leocadia, der h. Eliphus, der h. Romualdus, der h. Wolfgangus und viel andere mehr haben die harten Steine weich gemacht. O Wunder! Aber das verfluchte Geld, der verdammte Mammon kann auch den in fester Meinung und gerechtem Urthl erharten Richter [226] dergestalten erweichen, daß er von dem Manna zu dem Zwibel, von dem Jacob zu dem Esau, von der Esther zu dem Vasthi, von dem Mardochäo zu dem Ammon, von dem Abel zu dem Kain, ja gar von Christo zu dem gottlosen Barrabbä Seiten weicht, und das Ungerechte für gerecht ausleget. O! O! O! verruchtes Geld!

Petrus und Johannes, beede h. Apostel giengen auf eine Zeit in Tempel hinab nach Jerusalem ihr gewöhnliches Gebet allda zu verrichten, gleich aber bei der Kirchen-Thür treffen sie einen armen Tropfen an, der ganz elend und erkrummt, mit seiner bettlerischen Rhetorik und beweglicher Wohlredenheit gar schön um ein Almosen angehalten. Petrus schüttlet den Kopf, Johannes deut mit der Hand, es sey nichts da, allein sagt Petrus, damit dir gleichwohl geholfen werde, weil ich weder Silber noch Gold habe, so stehe du im Namen Jesu auf und wandere, auf solche Wort ist der arme Schlucker frisch und gesund aufgestanden; das war ein groß Wunder, einen Krummen gerade zu machenn. O hl. Petre! wie oft und aber oft geschieht dieses Wunder bei Tribunalien und Gerichten, ja es ist dieses Wunderwerk gar nit mehr rar oder seltsam, allein auf besondere Manier, du hast den Krummen gerad gemacht mit dem Namen Jesu; in nomine Jesu, aber da macht man aus einer krummen Sache eine gerade mit Geld. Argento et auro, qùod est mihi.

Wie Christus der Herr von Todten sieghaft auferstanden, da seynd die Soldaten, so bei dem Grab die Wacht gehabt, mit gleichen Füssen in die Stadt hinein geloffen, auweh! auweh! Ihr Hochwürden und Gnaden, was ist dann? sagten die Hohenpriester: eine[227] schlechte Post, es ist halt gleichwohl geschehen, was dieser Mensch von Nazareth hat ausgeben, er werde am dritten Tag wieder auferstehen, wahrhaftig dem ist also, ihr werdet des Teufels Händel haben, denkt an uns, wann das wird ruchbar werden unter dem Volk, dann ihr seyd Ursache, daß er also schmerzlich ist hingerichtet worden, es wird sauber heraus kommen. Auf solches Vernehmen lassen die Hohenpriester alsobald zum Rath ansagen, wie dann solche ganz schleunig sich eingefunden, und war ihnen gar nit wohl bei solcher Sach, einer sagte, wann das das Volk und der Pöbel wird erfahren, so schneiden sie uns Nasen und Ohren ab, das wären Schelmstüke. Ein anderer sagt, wird das den Weibern zu Jerusalem kundbar, weil sie ohne das, wie ihr Mit-Collegen selbst gesehen, mit ihm ein großes Mitleiden gehabt, so krazen sie uns die Augen aus, da werden wir erst ohne Augen sehen, was wir gethan: Der dritte sagt, ich fürcht lauter, wann solches die Frau des Pilati wird vernehmen, dann sie ohne das ihn mit Gewalt gesucht durchzuhelfen, so werden wir alle vom Dienst gestossen, sie wird nicht Ruhe geben, bis sie zu wegen bringt. Dann


Wasser-Güß und Feuers-Brunst,

Teufels-Banner und Heren-Kunst,

Weiber-Zorn und Löwen-Brüllen,

Seynd wohl einmal hart zu stillen.


Der vierte sagt, unsere kühlen Anschläge haben einen heißen Handel geschmied't, wo wir denselben angreiffen, so brennen wir uns. Alle und allesammt spürten handgreiflich, daß sie einen krummen Handel hatten; wie ist dann zu helfen? was zu thun? daß ein krummer [228] Handel gerad werde? Pecuniam copiosam dederunt militibus, sie haben den Soldaten steif gespendirt, sie gaben den Kriegs-Knechten viel Geld, worauf diese alsobald angefangen zu schwören, der Teufel soll sie hinführen, die Luft soll sie ersticken, der Donner solls erschlagen, die Erd solls verschluken, wanns nicht wahr sey, daß die Jünger bei nächtlicher Weil ihn haben gestohlen, das heißt das Krumme gerad gemacht. Der Reichthum, Geld oder Gut, werden bei den Lateinern genennt Facultates, das ist so viel, als facilitates, dann dem Geld ist alles leicht zu thun, das Krumme gerad machen, die Berg eben machen, das Schwarze weiß machen, pecuniae obediunt omnia.

Wie unser gebenedeiter Heiland auf eine Zeit einer großen Menge Volk geprediget, bereits aber wahrgenommen, daß die meisten aus ihnen matt und kraftlos, aus Mangel der Speise und Nahrung, also hat er sich zu dem Philipp gewend't, mein Philipp, wo werden wir Brod nehmen? Es giebt hier sehr unterschiedliche Ursachen, welche die h. Väter heftig beibringen, warum der liebste Herr nur den Philipp habe gefragt? warum nit den Peter, den Andreas, den Johannes, mit denen er sondere Freundschaft und Vertraulichkeit gepflogen? warum nicht den Judas? den man schier Amts halber hätte sollen Rath fragen? dann er des ganzen Collegii Einkaufer und folgsam in dergleichen Sachen eine mehrere Erfahrenheit bei ihm, als bei andern? warum gleich den Philipp? dessen, wie oben gedacht, giebt es unterschiedliche Ursachen und Auslegungen, ich laß es in allen heiligen Verständnüssen bewenden, und sag allein, daß auch bei der Zeit, bei der Welt, bei diesem [229] Lauf, in aller beifallender Noth kein besserer zu fragen, als der Philipp, wer will etwas haben, der geh zum Philipp, wer will zu einem Amt kommen, zum Philipp, wer will frei seyn von Straf und Züchtigungen, zum Philipp, wer will, daß er sein Recht gewinne, zum Philipp, wer bei allen Tribunalien will wohl daran seyn, zum Philipp; verstehe mich recht, ein Duzend Philipps-Thaler bringen dir ein Duzend Favor, 30 Philipps-Thaler schaffen dir 30 Affecten, 50 Philipps Thaler machen dir 50 Patrone, hundert Philipps-Thaler machen gleichsam aus einer unmöglichen Sache, eine mögliche. O Teufels-Geld!

Eine adeliche Frau hatte ein bolonensisches Hündel sehr lieb, also zwar, daß sie gewunschen, ihr Hündel möchte nach seinem Tod bei dem Hund in Himmel, welcher die größte Sonnen-Hitz dem Erdboden spendirt, seinen Sitz haben. Rachdem solches durch einen groben Kettenbeisser ungefähr sehr stark verwundet worden, und also wegen dieses zugefügten Schadens hat müssen das Leben lassen, war die adeliche Frau sehr sorgfältig, wie sie doch möchte das liebste Bellerl ehrlich zur Erden bestatten, dahero in eigener Person den Herrn Burgermeister selbigen Orts heftigst ersucht, er wolle doch erstgedachtes ihr liebes Hündel lassen in den mittlern Platz des Rath-Hauses, bei den schönen marmorsteinernen Säulen begraben: ei sagt hierüber der Burgermeister, das laßt sich auf keine Weis' thun, es kann nit seyn, wann es auch der Hund wäre, welcher dem h. Rocho einen Kostherrn abgeben, so konnt man dieß nicht zulassen, ein solches vernunftloses Thier gehöre zum Meister Puffenberger, und seye seine gebührende [230] Begräbniß auf den Raben-Gestädten, es würde seinem Namen ein übler Nachklang erwachsen, dafern er solche Ungebühr sollte zulassen; O Herr Burgermeister, sagte sie, wann er das Hündel hätte gekannt, er würde weit anderst sich lassen verlauten, dann es solche stattliche Gaben an sich gehabt, daß es auch eine Supernumerari-Stelle in dem Magistrat hätte verdient; was? sagt er, das seynd Hunds-Possen, es kann nit seyn, solls nicht seyn können? sagt sie hinwider, indem doch das liebste Närrl so bescheid war, daß es auch kurz vor seinem Tod, in Beiseyn zweier wackern Fleischhacker-Hunde, ein Testament aufgerichtet, auch des Herrn Burgermeisters mit 30 Thaler eingedenk gewest; soll dem also seyn? nit anderst, wann es eine solche Beschaffenheit hat, sagt der Burgermeister, so kanns seyn, gar wohl, pecuniae obediunt omnia, das Geld richtet alles in der Welt.

Eliezer, des Abrahams Bedienter, reist aus, dem Isaak um eine Braut umzusehen, kommt zu dem Haus des Laban, seine Jungfrau Schwester, die Rebekka zu begehren, kaum daß er daselbst angelangt, ist er mit allen höflichen Ehrbeweisungen empfangen worden, incredere benedicte Domini, »herein mein gesegneter des Herrn,« herein, willkomm, hat es geheissen zu tausendmal, niedergesessen, tragts auf, schenkts ein, warts auf, ich erfreue mich des Herrn guter Gesundheit, geschieht mir heute die größte Gnade, das Glück hätt ich mir nit eingebildet, der Herr laß ihms schmecken, was ist meines Herrn sein Anbringen? nit bitten, nur geschafft, ist alles zu Diensten, er ist Patron di Casa; ich, sagt der Eliezer, sollt und wollt die Jungfrau [231] Schwester meinem Herrn Isaak als eine Braut haben, Rebekka, fragte Laban, willst ihn haben? Ja, potz tausend Element, wie sagen die Menscher so geschwind Ja, da war der ganze Heirath-Schluß beisammen, amen boun viaggio. Nach vielen Jahren kommt Jacob, der Rebekka Sohn auch zu dem Laban, auch um eine Braut, und zwar um seine schöne Rachel; aber da ist man sparsam mit den Complementen umgangen, der Willkomm war gar schlecht, das Fiat und Jawort im Arrest, endlich mit harter Mühe ist die Verwilligung geschehen, doch mit dem Beding, daß er sieben Jahre soll dienen, nach verflossenen sieben Jahren muß er er noch andere sieben Jahre dazu dienen, in allem 14 Jahr (das ist zu viel um ein Weib), warum daß des Eliezer sein Begehren so geschwind hat statt gefunden? und des Jacobs seine Bitt so große Beschwerniß gelitten? frag nicht lang, such nicht lang, forsch nicht lang, beim Eliezer hat man frisch Silber und Gold gesehen, prolatis vasis argenteis et aureis etc., beim Jacob aber eine pure Armuth, in baculo meo transivi Jordan, ein knopertes Hand-Pferd von einer Haselnuß-Stauden, und weiter hatte Jacob nichts. Darum heißt es, hast was, so setz dich nieder, hast nichts, so bin ich dir zuwider; wer giebt Gut, Geld, Gaben, der kann alles haben.

Jener saubere Richter wollte zwischen zwei streittigen Parteien kein Urthl sprechen, bis rechtmässige Zeugen vorhanden, und der alsdann den besten Zeugen werde haben, dem solle das Recht zugesprochen werden, einer aus diesen hat der Frau Richterinn (Titl Ihr Gestreng) einen schönen und theueren Mieder-Zeug [232] demüthigst offerirt, die Sach war gewonnen, dieser Zeug hat durchgedrungen, wer halt gut will bauen, muß mehrer Gibs, als Stein brauchen.


Rebus in humanis Regina pecunia nauta est,
Navigat infelix, qui caret hujus ope.

Ein Advocat, fast wie jener, dem der Teufel die Zung abgebissen, hatte an sein Haus einen Mohren, oder Afrikaner malen lassen, dessen geheime Verständniß fast niemand ergründen können, bis endlich ein witziger Kopf die rechte Bedeutung ersonnen, und gesagt, daß ein Mohr oder Afrikaner in lateinischer Sprach Affer genennet werde, welches Wort auch so viel heißt, als bring her, wordurch er wollte an Tag geben, daß sein Haus nur offen stehe demjenigen, welcher was hergeben, herbringen, herschaffen thue,auri sacra fames. O Gold, dir ist jedermann hold.

Die arme bedrängte Wittib mußte also ohne einigen Trost, ja mit unsäglicher Herzens-Wehmuth von der Bühne oder Theatro abtreten, und weiß der liebe Gott, ob ihr nicht solche große Unbilligkeit den Lebens-Faden abgeschnitten. O Gott! o Gott! wo man Wittwen und Waisen so wenig Schutz haltet, kann Gottes Geißel nit ausbleiben; es hat Gott nit allein erhört das Weinen des armen verlassenen Ismael in der Wüste, sondern auch die Zäher der armen verlassenen Waiseln gehen schnurgerad vor das Angesicht Gottes. Kaum daß die Wittib abgewichen, war ein großes Getümmel und hartes Getös von eisernen Ketten, und sahe man bald von zwei Schörganten daher schleppen einen ungefähr dreißigjährigen Kerl, welcher mit niedergeschlagenen Augen daher gangen, daß ein jeder leicht [233] vermuthet hat, er sey von guter Schelm-Art. Nachdem ihn Justinus mit allem Ernst befragt, warum er an so starken Ketten und eisernen Bändern gefesselt sey, gab er ganz unverschamt die Antwort, daß er zwar aus Noth habe dem Herrn Pfarrer zu Frommdorf eingebrochen, als er wegen eines Kreuzgangs abwesend war, und ihm alles Geld hinweg genommen; es habe ihn aber nit wenig verdrossen, daß so viel kleine Münz darunter gewesen, welche vermuthlich der Bauren Opfer-Pfenning waren. Was? sagt Justinus, was? du das? schau, zeichnet anbei mit der Kreide einen Galgen auf die Tafel; schau, sagt er, dieß ist dein Lohn, den tragst davon, daß man den Dieb an lichten Galgen hänget, Justiz und Gerechtigkeit muß geschehen. Der h. Justus ist ein Martyrer, der h. Justinus ist ein Martyrer, der h. Justinianus ist ein Martyrer, die h. Justina ist eine Martyrinn, aber die Justiz ist und muß und soll keine Martyrinn seyn.

Heilig, herrlich, heilsam, himmlisch seynd die Indulgentien und Abläß, welche Gott mehrmalen mit vielen Wunderzeichen bestätiget, massen in der Kirche S. Mariä de Angelis, insgemein Portiuncula genannt, 7 Bischöf den Ablaß verkündiget, einer nach dem andern hinauf gestiegen, und nur wollen auf 10 Jahr die Iudulgenzen ausrufen, gleichwohl alle wider ihren Willen das Widerspiel geredt und mit Francisco übereins gestimmt. Schatzreich, schutzreich, lobreich, liebreich seynd die Indulgenzen. Der heiligmäßige Mann Berchtoldus aus dem Orden St. Francisci hat auf eine Zeit anstatt des Allmosen einem armen Weib auf einem Papier 10 Jahr Ablaß geschenkt, welche er zu [234] Rom erhalten, und ihr anbei befohlen, sie soll einem reichen Handelsmann diese geben, und davor so viel Gold fordern, als dieses Papier im Gewicht hat, der reiche Rabbiner, neben vielem Hohn und Gelächter, legt das Papier auf eine Wagschale, auf die andere einen Dukaten, welcher aber Gewicht halber dem Papier nit gleichte, bis er endlich einen nach dem andern in großer Anzahl mit höchster Verwunderung auf die Wag gelegt, bis das Gewicht ist gleich worden, und just die arme Haut so viel erhalten, als ihr dazumal nothwendig war.

Zu suchen, zu halten, zu verehren, zu preisen seynd die heiligen Indulgenzen. Als ein Priester, mit Namen Firmus, eine große Menge Volk gesehen nach Aquilum in Abrutio reisen, daselbst in der Kirche St. Mariä Collemario den vollkommenen Ablaß zu gewinnen, hat er solche Andacht nur ausgelacht und gesagt, so wenig sey daselbst ein Ablaß, so wenig als der Pfeil, den er in Willens abzuschießen, in dem Stein werde stecken bleiben; worauf er den Bogen gedruckt und der Pfeil ganz tief in den Stein, als in einen Laib Brod eingedrungen, welches den frechen Priester zur Reu und Buß veranlaßt, der nachmals solchen Stein samt dem Pfeil dahin gebracht, allwo er noch zu sehen.

Ein Schatten von Gott, eine Gab vom Himmel, eine Portion von den Verdiensten des Leidens Christi, eine Gewalt von der römischen Kirche seynd die Indulgenzen. Die selige Clara de Agolantibus hat zu Arimini einen vollkommenen Ablaß auf einen gewissen Festtag erhalten, dahero ist öfter geschehen, [235] daß den Tag vor dieser Solennität die Glocken sich selber geläutet.

Es seynd Gott eine Glorie, den Heiligen eine Freud, den Teufeln ein Schrecken, den Sündern eine Hülf, den Seelen im Fegfeuer eine Erlösung die heiligen Indulgenzen. Nachdem der h. Bernardus eine bewegliche Predigt gehalten von den Indulgenzen, welche Papst Eugenius ertheilt, hat er gleich hernach solche Lehr mit Gesundmachung 20 Kranker bestätiget.

Diese Indulgentien seynd heilig und aber heilig, und über heilig, entgegen aber seynd andere Indulgentien, welche der Lucifer und mit ihm alle Teufel geschmidt haben, diese seynd nimiae indulgentiae superiorum, das große Nachsehen der Uebertretung, der große Nachlaß der Straf, das zu weichmüthige Schwerdt zucken, die zu gesparsame Züchtigung bei den Obrigkeiten. Fragst du etwann, welche im Königreich die besten König seyen, im Land die besten Landrichter, in der Republik die besten Regenten, in der Gemein die besten Obrigkeiten, in Klöstern die besten Vorsteher? welche? etwann die Wölf heißen? nein; die Lampert heißen? nein; die Leonhard heißen? die Columban heißen? nein; die Aquilin heißen? nein; seynd zwar Namen, die etwas von Thieren haben, sondern wisse, die besten Obrigkeiten seynd, dieErnst heißen, die Severin heißen, die Hartmanni heißen, diese seynd die besten, welche mit allemErnst das Böse strafen.

Der Hahn krähet nit allein, sondern er schlagt auch mit Flügeln, der Samaritan hat nit allein Oel in die Wunden gossen, sondern auch Wein, der da [236] beißt. In der Arche des Bunds war nit allein das süße Manna, sondern auch die Ruthen Mosis; Christus der Herr hat nit allein jedermann viel Gutes erwiesen, sondern er hat auch die Rabbiner zum Tempel hinaus gepeitscht; der h. Paulus hat nit allein befohlen, in aller Lieb und Sanftmuth mit den Leuten umzugehen, sogar seine Kinder nennend, sondern er hat auch bestätiget, daß die Kretenser grobe Schliffel, verlogene Gesellen, faule Bärnhäuter und üble Bestien seyn, Cretenses semper mendaces, malae Bestiae, ventres pigri etc., also wird nothwendig erfordert, bei den Gerichten die strafende Justiz, sonst kann die Clementia ein Dementia genannt werden.

Auf dem hölzernen Reichs-Tag, sagt die h. Schrift, haben unter andern auch die Herren Bäume ein Ansuch gethan bei dem Oelbaum, ihm durch einhellige Wahl die Kron anerboten, Deo gratias, sagt hinwieder der Oelbaum, meinem herrlichen Stamm, bedank mich höflichst, daß ihr gleichwohl so große Neigung zu meiner Wenigkeit traget, es steht mir nach Möglichkeit zu vergelten, um euch und euere Kinder, Stauden und Belzer, allein resignire ich wieder auf alle Weis', dann ich bin theils klein von Person, schwach in Gliedern, zum andern bin ich gar zu süß und weichherzig und lind, wie die ganze Welt wohl weiß. Eine Obrigkeit aber muß scharf und ernsthaft seyn. Nunquid possum deserere pinguedinem meam?

Wie Petrus den Malchum zwischen die Ohren gehaut, hat der Herr ihm einen kleinen Verweis geben,[237] auch beinebens befohlen, er soll einstecken; meistens darum, weil Petrus schon ein Geistlicher war, dem Standes halber nit gebührt, mit Degen und Waffen umzugehen, wann er aber wär ein Lands-Fürst oder Richter gewest, bin gar sicher, daß ihm der liebste Heiland nit hätt befohlen, er soll einstecken, sondern vielmehr das Schwert ausziehen, weil nichts nothwendigeres, als das Schwert in Händen halten, das Böse zu strafen.

In den ersten Jahren regierte der König Saul mit solchem Lob, daß im ganzen Land Israel kein Aufruhr, sein Zwiespalt, keine Zertrennung unter den Eheleuten, unter den Burgern, unter den Bauren, sondern Fried beim ersten, Freud beim andern, Frommheit beim dritten anzutreffen; das Land stund in Sicherheit, die Städte in Einigkeit, die Felder in Fruchtbarkeit, alles im Wohlstand, Ruhestand, Glückstand, derentwegen, weil im ganzen Königreich kein Degen, kein Säbel, kein Spieß, kein Dolch, keine Hellebarden, kein Rappier, kein Piquen, kein Springstock zu finden war, als allein in der Hand des Königs war das Schwert. Non est inventus ensis, ant lancea in manu totius populi, excepto Saul. Wann allerseits die Waffen verborgen, die Degen verhüllt, die Gewehr verdeckt, so muß doch immerzu das Schwert in des Richters Hand schimmern, zur Furcht der Missethäter.

Der Achab hat derentwegen so stark eingebüßt und bei dem Allerhöchsten in Ungnad kommen, weil er einem das Leben geschenkt, der sonst den Tod verwirkt, quia dim sit virum dignum morte. Den [238] König Saul hat Gott von der Regierung gestoßen, und ihm mit Grimmen den Scepter aus Handen gerissen, um weilen er gütig und barmherzig gewest, wo er hätt sollen strafen, und einen Ernst brauchen.

Einen solchen hat erzeigt in seiner Regierung Petrus König in Portugal, unter welchem das Königreich also aufgenommen, daß, wo andere mit Kriegs-Empörungen und schweren Bedrängnussen überhäuft waren, dieses alleinig in gewünschtem Wohlstand sich befunden, die Ursach dessen war die genaue Justiz, und forderist der scharfe Ernst, welchen König Peter in Abstrafung der Mißhandlung gebraucht; dieser war so eifrig hierin, daß er an seiner Gürtel stets einen Strick getragen, zum Zeichen der Justiz, und konnt er sich mehrmalen nit enthalten, daß er nit gewaltthätige Händ dem Uebelthäter selbst angelegt. Einem Vornehmen aus seinen Hof-Kavalieren, weil er erfahren, daß er mit einer andern Frau in unziemender Lieb stunde, hat er lassen einen solchen Possen reißen, welchen allhier die Feder aus Ehrbarkeit vertuscht; wann auch ein Strick hätte hundert Gulden gekostet, so wär es ihm nicht zu theuer gewest vor ein Hals-Band eines Diebs. Als einmal ein Sohn seinen Vater geschlagen, ruft er alsobald die Mutter zu sich, beschwört dieselbe hart, er könn es nit glauben, sprach er, daß dieses Kind sey nit von einem andern empfangen, und als sie solches ohne weitern Zwang bekannt, hat er alsobald denselbigen Thäter, ob er schon eine privilegirte Person war, lassen erwürgen. Solche scharfe Justiz und großen Ernst im Strafen hat Gott ihm stattlich belohnt, dann als er nach dem Tod schon [239] lang auf der Bühn kalt gelegen, und bereits die kostbaren Specereien beigebracht worden, womit man den Körper ausschoppt, damit er von der Fäule nicht so bald möge ergriffen werden, ist er mit jedermänniglicher Verwunderung wieder lebendig worden, und alsobald einen Priester lassen zu sich rufen, dem er eine vorhin verschwiegene Sünd ganz bußfertig gebeicht, nachmals, als er genugsam bekennt, daß ihm solche Gnad wegen seiner Justiz und Fürbitt des h. Bartholomäi von Gott sey ertheilt worden, wieder selig entschlafen.

Wohl recht hat einmal ein Prediger, gleich als er auf die Kanzel gestiegen, angefangen zu juchitzen, und fast wie die berauschten Bauern pflegen zu schreien, ju, ju, ju, ju; wahr ist es zwar, sagt er, daß ein Prediger, weil er von Christo Sal terrae, ein Salz der Erde, benamset wird, nit solle, weder in Reden noch in Gebehrden abgeschmackt seyn, aber er könn es nicht lassen, und schrie mehrmal ju, ju, ju; es ist nit ohne, sagt er, daß, gleichwie die Arche des Bunds ein-und auswendig verguldt war, also gezieme es sich, daß ein Prediger nit allein einwendig eines guten Gewissens sey, sondern auch äußerlich eines unsträflichen Wandels, aber er könn es dannoch nit lassen, und schrie noch heftiger als zuvor ju, ju, ju, ju; endlich sagt er: ju, ju, Justitia und Gerechtigkeit, diese ist der Triumphwagen, auf dem der Welt Wohlstand prangt, ju, ju, Justitia ist diejenige Saul, auf welcher Kron und Scepter sicher stehen, ju, ju, Justitia ist diejenige Salbe, womit alles geschmiert, damit es sicher gehe.

[240] Josue, der tapfere Kriegsfürst, hat stattliche Victori und Sieg immerzu gehabt, in seinem Krieg nichts als Glück und Stern erfahren, weil nemlich die Hand Gottes mit ihm, und wo solche ist, kann Menschen-Faust nit geforchten werden. Josue hat sogar mit dem Posaunen-Schall die starken Mauern der festen Stadt Jericho zu Boden geworfen, wie er aber vor das kleine Städtl Hai geruckt, da ist er auf das Stroh kommen; bei Hai, da hat es geheißen: ai, ai, kein Glück mehr, gute Stöß dafür hat er und die Seinigen davon getragen; Gott war nit mehr bei ihm, mit ihm, so lang, und so viel, bis er einen Dieb, benanntlich den Acham, zur billigen Straf gezogen, so bald man diesem den Rest (sonst gebührt ihm Restis) geben, aversus est furor Domini ab eis, alsobald ist der Zorn Gottes von ihnen gewichen. Ju,. ju, Justitia erhalt das Land, stärkt eine Stadt, reiniget einen Markt, verbessert eine Gemein, reut aus das Unkraut, gefallt Gott, erfreut die Engel, verdrüßt die Teufel, ergötzt den Himmel, erquickt die Erde, vereiniget die Menschen, beglückt die Gewerbe, befördert den Frieden, und macht alles gut.

Sophronius schreibt, daß etliche Schiff nach Konstantinopel, nach Alexandria und andere Oerter mit glücklichen Seglen ganz schleunig fortgefahren, ein einiges Schiff aber konnte nit, auch bei aller angewendter Mühe und Arbeit, fortrucken, sondern bliebe stets an einem Ort ganz halsstärrig in die fünfzehn Tag lang, und konnte man dieses so unglückseligen Arrests rechte Ursach nit ergründen, bis endlich ein frommer Ordens-Mann, welcher in besagtem Schiff[241] sein Gebet verricht, die Stimm vom Himmel gehört:mitte foras Mariam, et bene navigabilis, wirf die Mariam hinaus, alsdann wirst du glücklich schiffen. Es war eine in dem Schiff mit Namen Maria, gar ein lasterhaftes Weibs-Bild; so bald man diese in ein kleines Nebel-Schiffel gesetzt, welches mit ihr von Stund an versunken, ist gleich das große Schiff mit allem erwünschten Wind fortgeseglet.

Meine fromme Stadt N., meine volkreiche Stadt N., meine feste Stadt N., dir fallt ein Unglück über das andere auf den Hals, dich züchtiget Gott bald mit der, bald mit dieser Ruthe, willst du die Ursach wissen?mitte foras meretrices, et benè navigabis, keie die leichtfertigen Weiber hinaus, laß die ärgerlichen Schleppsäck ausstreichen, sodann wird es besser hergehen, das üble muß man strafen, sonst ist Gottes Straf zu fürchten. Der Prophet Michäas hat der Stadt Jerusalem die Wahrheit unter die Nase gerieben, als er ohne Scheu aufgeschrien: Nunc vastaberis filia Latronis etc., anjetzo wirst du zerstört werden, weil du den gerechten Jesum aus Kreuz genaglet, und den Bösewicht Barabbam los gelassen, diese so große Unbild bringt dir den Untergang.

Ein Prophet bin ich nit, aber gleichwohl die Wahrheit einem Land, einer Stadt, einer Republik, sing ich auf gleichem Thon, vastaberis, wann man bei dir die Tauben arrestirt, und die Raben privilegirt, vastaberis, wann du die kleinen Dieb aufhängest, und den großen Dieben alles anhängest, vastaberis, wann du die kleine Huesten ausstreichest, und die vornehme hervor streichest, vastaberis, wann du [242] der Armen ihre Verbrechen aufsiehest, und den Reichen ihre Missethat nachsiehest, vastaberis, wann bei dir das Schwert der Justiz rostig ist, so wird bei dir das Glück in schlechtem Glanz stehen, wann bei dir der Galgen leer stehet, so wird das Land voll mit Dieb seyn, wann bei dir die Keichen und Gefängnuß offen stehen, so wird bei dir Glück und Segen hinten stehen. Ju, ju, Justitia muß geschehen und soll geschehen, sagt Justinus, dieser gottvergessene, ehrvergessene und lehrvergessene Dieb muß gehängt werden; gemach, gemach, sagt Mammon, Herr Justin hätt wohl getaugt für einen Essig, es hätt' ihm an der Schärfe nichts gemanglet, gedacht beinebens, gleichwie man die Apothecker-Pillen kann vergolden, also woll er auch diesen schlimmen Vogel, der des Herrn Pfarrer Geld-Kasten purgiret, vergolden, schiebt dahero dem Justino einen Beutel Geld in Sack, worauf das Wetter gleich nachgelassen, und Herr Justin eine goldene Sanftmuth an sich gezogen; es ist wohl wahr, sagt er, mit Menschen-Blut muß man sparsam umgehen, und ist dem Mosi das Schlagen in Felsen nit wohl aufgenommen worden, auch daß man Gott viele Schlacht-Opfer in Galgalis habe geschenkt, sey im alten Testament geschehen. Man könne mit dem quasi flagello, womit der Herr und Heiland im Tempel einen Ernst erwiesen, auch etwas ausrichten, ja weil des Diebs sein Bruder sich so wohl bei Syclos in Ungarn verhalten, so könn er auch stricklos abgehen, hiemit zu einer Warnung, und bei künftiger großer Straf-Bedrohung soll er 14 Tag im Stadt-Graben arbeiten, jedoch dem Profosen seine [243] gebührende Discretion sey vorbehalten, welcher saubere Unteroffizier, auf Anerbietung 6 Thaler, den henkermäßigen Dieb mit sich in seine ganz ehrliche Wohnung geführt, daselbst den Arrest mit Taback-Pfeifen und Wein-Kandel in aller Strenge vollbracht. O verfluchtes Geld!

Der h. Petrus ist einmal, weil er mit seiner Lehr so viel Seelen zu sich gezogen, gefänglich in Verhaft genommen worden, und war der König Herodes gesinnt, nächster Tagen ihn mit dem Schwerdt hinrichten zu lassen, es wollte aber unser Herr, daß Petrus seiner Kirche noch länger sollte vorstehen, schickt demnach einen Engel, welcher Petrum nach abgelösten Ketten, an denen er gefesselt lag, hinaus geführt, so aber dem frommen Papst vorkommen wie ein Traum, wie er aber zum dritten Thor gelangt, und sich allbereits in aller Sicherheit befunden, so sagt er zu sich selbst,nunc scio vere, »jetzt sehe ich wahrhaftig,« daß mich ein Engel erlöset hat; aber mit Erlaubniß mein Peter, wie weist du, daß es ein Engel gewest? vielleicht ists der Stockmeister gewest, der sich deiner erbarmet? oder einer aus seinen Bedienten? oder einer von dem Hofstaat Herodis? scio vere, nein, nein, sagt Petrus, es ist ein Engel gewest, aber woher weißt es? da, da, dahero, wie Petrus zum dritten Thor kommen, so gedacht er, Holla! ich bin gefangen gewest, als ein vermeinter Verführer des Volks, und ist der Sentenz des Tods schon über mich ergaangen, keinen Pfenning Geld hat es mich kost, es ist unfehlbar ein Engel gewest, der mir ausgeholfen; dann wär es ein Mensch gewest, so hätt ich müssen spendiren, kein [244] Geld hab ich; das heißt fürwahr viel geredt, mein apostolisches Haupt, so soll dann das Geld auch können einen aus der Keichen salviren? ja, auch vom Galgen erlösen? ja, auch vor dem Rad behüten? ja, auch vor dem Schwerdt? ja, soll dann das Geld einen können redlich machen? ja, ja, o wie viel hätten sollen vom Sailer Halstuch tragen! wann sie nit gespendirt hätten, o wie viel hätten sollen den obern Hauptstock verlieren, wann sie sich nicht mit Geld hätten auskauft; o wie vielen hätt sollen der Henker auf dem Buckel mit grober Fractur schreiben, wann sie nit wären mit Geld aufzogen! du verfluchtes Geld! Tausendgulden-Kraut und Frauen Münz werden in den Apothecken sehr gelobt, daß sie unterschiedliche Schäden curiren, aber wann man die Sach besser erwägt, so heilen sie gar alle Schäden, und ob schon vor Zeiten der Abgott Mars für stark von den Heiden ist gehalten worden, so dünkt mich dermalen bei den ChristenMarsupium viel stärker und mächtiger zu seyn.

Daß der h. Johannes Chrysostomus, insgemein genannt Johannes mit dem goldenen Mund, sehr viel und große Wunder gewürkt, so gar auch nach dem Tod dem Volk zu Konstantinopel den Segen geben, und überlaut aufgeschrien, pax vobis, ist allbekannt, aber daß ein Michael mit dem goldenen Mund, ein Wolfgang mit dem goldenen Mund, ein Ferdinand mit dem goldenen Mund etc., auch viel Wunder sahe würken, bleibt auch wahr, dann wer Gold im Mund hat, und Gold verspricht, und Gold spendirt, der wird nit suspendirt, das ist ein Wunder! wer Gold auf der Zung, und Gold verheißt, und Gold giebt, dem wird seine Schuld [245] gar vergeben, das ist ein Wunder! wer goldene Reden hat, Gold zusagt, und Gold darlegt, dem wird man keine Straf auferlegen, das ist ein Wunder! Mit dem Oel der Genovefä, des h. Eligii, des h. Martini, des h. Raymundi, des h. Tarasii, des h. Niceti, des h. Audomari, des h. Januarii, des h. Sulpitii, des h. Didacii, des h. Cajetani geschehen noch alle Tag große Wunder, aber es ist sich auch nit ein wenig zu verwundern, was die Schmiralien bei Richtern und Gerichten, bei Hof und Hof-Bedienten, bei Aemtern und Amts-Verwaltern, alle Tag, alle Stund auswirken. Der Accusativus gilt nichts, wo der Dativus dazu kommt, die Substanz der Justiz muß vor der Thür warten, wann die Accidentia bei der Audienz seyn, die Gerechtigkeit muß tanzen, wie man auf den Regalien aufspielt, die Frau Billigkeit tractirt man mit demabesse wann das Interesse bei der Tafel sitzt, o vermaledeites Geld!

Die Hohenpriester haben gesehen, daß Jesus mit dem volo mundare den Aussatz gereiniget. Daß er mit dem respice dem Blinden das Gesicht erstattet, daß er mit dem Epheta den Tauben und Gehörlosen curirt, daß er mit dem surge die Todten erweckt, sie haben gesehen, daß er mit dem bloßen Anblick die Herzen eingenommen, mit der schönen Gestalt die Gemüther zu sich zogen, mit dem Speichel die Blinden sehend gemacht, mit dem Saum der Kleider die Kranken gesund, mit dem Händeauflegen die Todten lebendig, mit dem bloßen Befehle das rasende Meer still, mit wem einigen Schaffen die Teufel flüchtig gemacht etc., welches sie gar handgreiflich konnten zuschreiben einer [246] göttlichen Macht, gleichwohl in Ansehung eines zeitlichen Interesse, welches sie geforchten durch die Lehr Christi zu verlieren, haben sie die Unschuld selbst zum Tod befördert, wider alles göttliches und menschliches Recht, sagt Johannes am 11. Kap. Expedit, ut moriatur unus homo pro populo, ne veniant Romani, et tollant nostrum locum, et loculum sag ich. O Teufels-Geld! du verstoßest alle Gerechtigkeit in der Welt.

So bald obbemeldter Böswicht abgetreten, ist ein gar wackerer, und allem Ansehen nach gar ein tapferer Soldat auf die Bühn' gestiegen, dessen äusserliche Gebärden sattsam an Tag gaben sein Helden-Gemüth und mannbares Herz, kaum daß ihn Justinus ersehen, sagt er zu dem gegenwärtigen Mammon, es mahne ihn dieser tapfere Kriegs-Held an den weltberühmten Kriegsfürsten Rodericum Diez, der ihm auch nach dem Tod nit hat lassen in Bart greifen. Von diesem wird glaubwürdig geschrieben, daß, wie er Anno 1098 in Spanien mit Todt abgangen, dessen er kurz vorhero von dem Apostel Petro bericht worden, habe man seinen Leib nit zur Erden bestättet, sondern mit kostbarem Balsam angestrichen, in der Kirche Petri Cardeniä in einer Seiten-Kapelle beigesetzt; 9 Jahr nach dessen Ableben hat sich was wunderbarliches begeben, da nehmlich in Gegenwart vieler Leut, ein frecher Hebräer zum todten Körper hinzu getreten, und ihm schimpfweis' wollte an Bart greifen, mit beigefügten Hohn- und Spottworten, hui Kerl, sagte er, was ihm weder Christ noch Mohr getraut zu thun, das getrau ich mir, und als er bereits ihn wollte bei dem Bart ziehen, siehe [247] Wunder! da ergreift der vor 9 Jahren verstorbene gottselige Kriegsfürst Rodericus den Degen, zieht solchen fast eine halbe Spann vom Leder, worüber der Jud solchergestalt erschrocken, daß er fast lebenslos dahin gefallen, und als er die entwichene Geister in etwas wieder erholt, in Erwägung, daß Gott seine Christen also verehre, und sie auch nach dem Tod defendire, hat er inständig um die h. Tauf angehalten, und nachmals seine ganze Lebenszeit in gedachter Peters-Kirche einen Diener abgeben. Und ist wohl zu merken, daß man nachmals auf keine Weis' diesem Roderico den Degen hat können aus der Hand reiben, das war ein tapferer Soldat, der sich auch nach dem Tod noch zu defendiren begehrt. Kaum daß diese kleine Geschicht Justinus erzählt, fragt er mit aller gebührender Cortesi diesen Soldaten, was er begehre? seine Antwort war fast kurz und trutzig, wie daß er Commendant sey in der Vestung Fidelsburg, und solche habe der Feind nach geraumer harter Belagerung aufgefordert, er aber sey gesinnt, sich bis auf den letzten Mann zu wehren, und also dem Feind hinaus entbieten lassen, es kann nit seyn. Recht und aber recht, sagt Justinus, ist dieses euer tapfers Gemüth, welches einen unsterblichen Namen verdient, und werth ist, daß es in Ceder geschnitzlet, in Stein eingehauen, und auf Gold geprägt werde, dann bei einem tapfern Soldaten stehet nichts ruhmwürdigers, als die Treu, welche er seinem Herrn geschworen.

Jener wackere Hauptmann zu Carpharnaum hatte so stattliche Soldaten unter sich, daß er selbigen, in Gegenwart Christi, großes Lob nachgesprochen, ich, sagt [248] er, Herr, hab solche Kriegs-Knecht unter meinem Comando, daß, wann ich nur einem sag, vade, so geht er, und wann ich sag, veni, so kommt er, entgegen, sagt der Hauptmann, bin ich auch also beschaffen,sub potestate constitutus, was mein General, mein Obrister gebiet', das vollzieh ich bestermassen, und auf das allertreueste, und solls mich auch den Hals kosten, diese Soldaten Treu hat Christo dem Herrn so wohlgefallen, daß er auf das demüthige Anbringen besagtem Kriegs-Offizier ein Miracul und Wunderwerk gewürkt.

Es sagte einmal einer, ein Sünder ohne Reu, ein Mußquetierer ohne Blei, Karten ohne Säu, ein Pferdstall ohne Heu, ein Metzger ohne Gäu, ein schwäbisch Frühstük ohne Brei, ein Soldat ohne Treu, seynd ein pur lautere Fretterei. Von Polliceri kommtPoliticus her, deßwegen dieser viel verspricht, und wenig hält, aber bei einem rechtschaffenen Soldaten die Treu, so er versprochen, muß auch mit Verlust des Lebens, mit Vergießung des Bluts unweigerlich gehalten werden.

Den Urias hat der Kriegsfürst Joab, aus geheimer Ordre des Davids, an den Spitz der Armee gestellt, und an ein solches Ort, wo er augenscheinlich den Tod zu gewarten hätte, wie es dann nachmals nit anderst geschehen, man findt aber nit in der hl. Schrift, daß der tapfere Kriegs-Offizier Urias das geringste Wort wider diese Ordre hätte geredt: Ein anderer hätt seine Schwachheit und Leibs-Unpäßlichkeit vorgewandt, ein anderer hätt sich etwann gestellt, als stoß ihn ein gähes Fieber an, Urias aber ganz beherzt, und mannhaft ohne wenigste Entrüstung vor dem Tod, vollzieht den Befehl, und gedachte, daß kein [249] ruhmwürdigerer Tod sey, als das Leben lassen vor seinem Feind.

Jonathas war treu dem David, der Waffenträger war treu dem Saul, aber noch treuer war jener Commendant zu Coimbra seinem König Sanchio, dieser stattliche Kriegsmann hat eine so harte Belagerung ausgestanden, daß die Innwohner bereits, ohne alle Lebens-Mittel, in solche äußerste Noth gerathen, daß sie so gar das Leder von den Schuhen und Stiefeln vor eine Speis brauchten, und den eigenen Urin für einen Trank nahmen! welches sie dann so weit dahin veranlaßt, daß sie willig entschlossen die Vestung zu übergeben, der Commandant aber wollte solchem Begehren in wenigstem beistimmen, sondern sich auf den letzten Tropfen Blut ritterlich zu wehren; unter währender solchen harten Belagerung stirbt der König Sanchius, nach dessen Tod gedachte Vestung seinem Bruder Alphonso, der sie dazumal belagerte, Erb- und rechtmässig zugefallen, obbenannter tapfere Soldat aber wollte gleichwohl die Schlüssel dem Alphonso nit einhändigen, sondern begab sich nach der Stadt Coimbra, trat daselbst zu dem todten Leichnam des Königs Sanchii, überantwortete ihm die Schlüssel, sprechend: allergnädigister König und Herr, ich habe gethan, wie es einem rechtschaffenen Soldaten gebührt, die Vestung, vermög meines abgelegten Eids, ritterlich verfochten, weilen ich dich nunmehr todt siehe, so übergieb ich dir die Schlüssel, von dem ich sie empfangen, daß Alphonsus aus rechtem Zuspruch solche verlangt, kann er sie aus deinen Händen selbst nehmen.

Es kann demnach gar nit seyn, sagt Justinus, [250] und gereichte es einem tapfern Kriegsmann zum ewigen Schimpf und spöttlichem Nachklang seines Namens, wann er soll seiner Treu vergessen, hat doch der David seinen Scrupel und Gewissens-Wurm empfunden, um weil er dem König Saul ein Fleckel von dem Mantel abgeschnitten, was soll ihm dann ein solcher für ein Gewissen nehmen, daß er dem Kaiser mit seiner Untreu eine ganze Stadt und Vestung abstiehlt? ei wann auch durch ein Wunderwerk die Mauern und Pasteien um die Vestung zu Boden fielen, wie zu Jericho, und sich der ebenen Erd' gleichten, so muß man sich noch wehren, Guraschi!

Ho! ho! gedacht Mammon, wie ist heut der Justinus mit diesem trutzigen Soldaten ein solcher Eisenfresser worden, ich glaub, die zwei Kerl haben aus des großen Alexanders Mund-Becher die Guraschi gesoffen, aber ich bin vergwißt, daß die gewaffneten Männer auf denen Dukaten werden die Victori erhalten, und ist keine Porte einer Vestung so stark, welche solche guldene Pedarden nit einstoßen, greift hierüber in die nächst gestandene eiserne Truhen, hebt aus selbiger einen schweren Sack voll Dukaten, und wirft sie dem Justino also auf den Schoos, daß er schier kein Athem mehr konnte schöpfen, nachdem er sich aber wieder erholt, hat er alsobald andere Saiten aufgezogen, zweifels ohne wegen des goldenen Calfoni, ja, ja, warum nit? es kann seyn, Menschen-Blut ist mit keiner Münz zu bezahlen, warum soll man so vieler Leben also liederlich verschwenden wegen eines Stein-Haufen, des Kaisers Adler wird gleichwohl noch fliegen können, wann ihm schon diese Feder wird ausgerupft, [251] durch solche Uebergab der Vestung wird der liebe Fried beschleuniget, man kann nach etlich Jahren diesen Stein schon wieder in des Kaisers Garten werfen, unterdessen erquickt sie sich mit dem himmlischen Bräutigam, qui pascitur inter lilia etc. O verfluchtes Geld! so vermagst du dann alles in der Welt!

Also hat der tirinesische Bernardinus das feste Schloß zu Mailand um Geld verrathen und übergeben. Also hat Entragius viel Städt in Wälschland verrätherischer Weis' in kurzer Zeit ums Geld verkauft. Also hat Antonius Gabadäus die schöne feste Motta Ruffa um des Gelds willen in dem neapolitanischen Krieg verrathen. Also haben die Franzosen die schöne Stadt Valentiam durch den untreuen Commandanten Donatum Raffagnini mit Gold erobert. Also haben wollen die Soldaten zu Griechischweissenburg um das Geld die Haupt-Festung übergeben, wofern sie nit Paulus Kinisius hätte erwischt, die er nachmals also gestraft, daß einer den andern mußte fressen und aufzehren, dann alle Tag ließ er einen aus ihnen braten, wovon die andern sich speisten; der letzte aber, so übergeblieben, wurde vom Hunger dahin gezwungen, daß er sein eignes Fleisch angegriffen und geschlückt. Also hätt jenes Frauenzimmer die herrliche Stadt Ephesum dem barbarischen König Brenno verrathen wegen viel Goldes und kostbaren Kleinodien, die er ihr versprochen. Also hat Pipus, ein Florentiner und kaiserlicher General, sich durch das Geld bestechen lassen, daß er in Friaul mit seiner ihm anvertrauten Kriegsmacht nichts gericht, dem aber der Kaiser Sigmund zum schuldigsten Recompens und Vergeltung [252] durch Feuer zerlassenes Gold hat lassen in Rachen gießen, als soll er sich mit dem sättigen, nach welchem ihn also gelüstet. Also hat die weitberühmte Reichs-Stadt Straßburg das herrliche Kleinod ihrer Freiheit verscherzet, und aus einer Frau eine niederträchtige Dienstmagd worden, durch das Geld. Also hat Anno 1686 die mit so vielem Christen-Blut theuer erkaufte Haupt-Stadt Ofen, der meineidige Finkenstein wegen des Gelds, dem ottomanischen Erbfeind wieder wollen einräumen. O verfluchtes Geld! du verursachest alle Untreu in der Welt. Darius hat sich tituliret einen König aller Könige. Sapor, König in Persien, hat sich genennt einen Bruder der Sonne, Mond und Sterne. Attila hat sich genennt einen Schrecken der Welt und Geißel Gottes. Solimanus, der ottomanische Monarch, hat sich genennt einen Austheiler der Scepter, diese seynd lauter hohe und stattliche Titel, aber das Geld kann man fugsam nennen einen allgemeinen Herrscher in der ganzen Welt.

Unser liebster Heiland nennet den Teufel einen Wolf, und gar recht. Der h. Petrus nennt ihn einen brüllenden Löwen, und gar recht. Der h. Joannes nennt ihn einen giftigen Drachen, und gar recht. Der h. Paulus nennt ihn einen Seelenfischer, und gar recht. Der h. Ambrosius nennt ihn einen arglistigen Fuchsen, und gar recht. Der h. Vater Augustinus nennt ihn einen Versucher der Menschen, und gar recht. Der h. Bonaventura nennt ihn einen Schmidt alles Uebels, und gar recht. Ich aber nenne den Teufel einen Handschuhmacher, und glaub auch gar recht, dann diese seine Waaren verhandlet er allenthalben, [253] massen es ganz gemein ist und im steten Schwung gehet. Herr schaut, daß ihr mir diese zu wegen bringt, es gilt ein gutes paar Handschuh, wann der Herr mir die Sach durchdringt, so versprich ich ihm ein gutespaar Handschuh. Will der Herr ein paar Handschuh verdienen, so spar er hierinfalls seinen Fleiß nit, verobligier mich mit einem guten paar Handschuh einzustellen, wann ich zu diesem werde gelangen; ei Herr, wegen eines paar Handschuh kann es der Herr schon machen, daß die Sach zu einem Aufschub komme, mein Gegentheil wird derenthalben nit an Bettelstab gerathen, ist es, daß der aus dem Sattel gehebt wird, und mir der Herr durch seine Dexterität seinen gehabten Dienst zuspielt, das gute paar Handschuh wird gewiß nit ausbleiben; Parola, solche Handschuh richten alles aus, wann es schon mehrmal wider Gott, wider den Nächsten, wider das Gewissen, wider alle liebe Gerechtigkeit ist. O verdammte Handschuh!

Moses hat vor diesem mit den Schuhen nicht können zu Gott, der damal im feurigen Dornbusch erschienen, kommen; sondern war vonnöthen, daß er dieselbige ausgezogen: Solve calceamentum de pedibus tuis, etc. Noch viel weniger kann man mit obbenenntem mammonischen Handschuh zum wahren Gott gelangen, dann diese Handschuh beleidigen Gott nicht weniger, als jene eiserne Handschuh des frechen Malchi, wovon das allerheiligste Angesicht Christi einen harten Backenstreich empfangen.

Morus, der gottselige Kanzler in Engelland, hat seines gleichen gar wenig, bei diesem waren dergleichen [254] Handschuh gar unwerth. Als ihm einsmal ein schönes paar silberne Flaschen verehret worden, hat er solche mit dem besten Wein aus seinem Keller lassen anfüllen, und wieder zurück geschickt, mit Meldung, er soll nur schaffen, wann ihm solcher Wein beliebig, sey der ganze Keller zu Diensten. Solches hat auch nachgethan jener stattliche Kavalier Don Pietro de Toledo: Als er sein hohes Amt zu Mailand angetreten, und ihm bald hierauf ein Herr sehr stattliches Wildpret zugeschickt, hat er solches auf das beste braten lassen und zurichten, und wieder mit Dank zurück geschickt, wodurch er sattsam zu verstehen gab, daß ihm mit Schankung nit gedient sey. Dergleichen wackere Gemüther seynd fast so rar und seltsam, als die Ratzen zu Augsburg, wohl aber der meiste Theil der verblend'ten Adams-Kinder trachten nach dem Geld wie der Esau nach dem Linsen-Koch. O verruchtes Metall, durch welches der Prophet Baalam verführt worden, durch welches die Dalila treulos worden, durch welches der Giezi bethört worden, durch welches der Benadad meineidig worden, durch welches so viel wackere Leut zu Schelmen worden.

Anno 1213 hat sich in Frankreich bei einem vornehmen Juden, mit Namen Isaak, eine Christinn für eine Dienstmagd aufgehalten, welche mit der Zeit den jüdischen Irrthum also an sich gezogen, daß sie ihre verdammte Laster-Zung schärfer als das andere hebräische Lottergesind wider Christum und seine heiligen Satzungen gebraucht. Als solche zur h. Oster-Zeit unter anderem Christen-Volk auch das höchste Altar-Geheimniß von des Priesters Hand empfangen, [255] hat sie mit aller Behutsamkeit solche heiligste Hostien in ein Tüchel eingewicklet, ihrem Herrn Isaak als eine besondere Schankung nach Haus gebracht, welche er alsobald in ein Büchsel, worin ein ziemliches Geld lag, eingesperrt, und solches genau, weil ihm dazumalen andere Geschäfte vorgefallen, mit seinem eigenen Ring versieglet; als er nachmals in der Rückkehr gedachtes Büchsel eröffnet, hat er mit höchster Verwunderung und Entsetzung gesunden, daß alles Geld in lauter Hostien sich verkehrt hat, welches ihn dahin veranlaßt, daß er seinen Irrthum und hebräische Sekt verworfen, und samt den Seinigen den wahren Glauben Jesu Christi unsers Heilands angenommen.

Ein sonder großes Wunder, wie billig, gedunkt allen dieß zu seyn, aber in der Wahrheit erfahrt man, daß solches Mirakul bei jetzigem verkehrten Welt-Lauf sich öfters ereignet, weil ja fast alle Tag und Stund das Geld zu einer Hostie wird, und gleichsam wie ein Gott bedient und angebetet wird, auch es seine Allmacht nur gar zu häufig an Tag gibt, massen es auch derenthalben Judas in Tempel geworfen, wie er zum Strang eilte, als gehöre das Geld auch dahin, wo der wahre Allmächtige verehrt wird. Non posuit eos in sterquilinio; sed in templo, quia talibus ut Diis suis de voverat.

Nachdem nun alle von der Bühn oder Theatro herab gestiegen, und Justinus allein mit dem Aurelio oder Mammon geblieben, also haben sich auch diese zwei nicht mehr lang (weil es schon spat an der Zeit, und sie durch viel Wortwechslen ziemlich ermattet) daselbst aufgehalten; sondern nach kurzer, beederseits [256] gehaltener Beurlaubung voneinander gewichen. Bevor sie aber das Theatrum verlassen, ist Justinus in diese Wort ausgebrochen:


Nimirum ingenti congesta pecunia cura
Est Deus, humanas nunc regit ipse vices.

Nach diesem hat die liebe Gerechtigkeit dem Geld die Vorhand vergönnt, und mit allem Unwillen müssen bekennen, daß das Geld allmächtig sey in der Welt.

Das höchste Gut verkaufest du um ein so geringes Geld, o Schelm!
Das höchste, das beste, das vollkommenste, das schönste, das theureste, das herrlichste Gut verkaufest du um ein so geringes Geld, o Schelm!

Nachdem die jüdischen Schörganten und das zusammen gerottete Lottersgesind den gebenedeiten Heiland gefangen genommen, haben sie ihn alsobald in die Behausung des Annä, nit ohne sonders Getümmel geführet, da es sich doch besser geziemt hätt', ihn zum allererst in das Palatium des Hohenpriesters Kaiphä zu liefern, als welcher dazumal das Oberhaupt war der ganzen Synagog. Weil aber der geldgierige Judas wohl gewußt, daß der Annas von der Priesterschaft aus bestellter Schatzmeister und hoher Kirchenprobst sey, unter dessen Gewalt der geistliche Geldkasten [257] in Verwahrung stund, also hat er den geraden Weg dahin geeilet, und daselbst, in Gegenwart und Beiseyn des Heilands Jesu die versprochenen dreißig Silberling von der Hand des Annä empfangen. Nun ereignet sich nicht eine geringe Frag, was für eine Münz besagtes Geld sey gewesen? Pecunia solle, nach vieler Meinung, den Namen ziehen von dem Wort Pecus, weil bei den Alten das Geld pflegte geprägt zu werden mit dem Bildnuß eines Schafs oder Widders, wessenthalben in dem Buch Genesis zu lesen, daß Jakob einen Acker oder Grundstück von den Kindern Hemor um hundert Schaf habe kauft, das ist, um hundert Pfenning, worauf ein Schaf geprägt zu sehen. Numa Pompilius, schreibt Suidas, hat den ersten Pfenning von Erz und Metall geschlagen, derentwegen das Geld annoch Numus genennt wird. Die Alten führten unterschiedliche Präg auf ihrer Münz, die Dardanier einen Hahn, die Reginier einen Hasen, die Cephalener ein Pferd, die Arginer einen Wolf, die Azolaner einen Stern etc., wie dann dermalen auch unterschiedliche Bildnüsse auf jetzigem Geld zu finden. Auf des römischen Kaisers Geld ist ein Adler zu sehen, wer viel solche Adler hat, dem wird man die Federn nicht viel stutzen. Auf des römischen Papstens Geld seynd Schlüssel zu sehen, wer viel solche Schlüssel hat, der kann alles eröffnen, auch sogar das verschlossene Herz-Thürl Auf des Königs in Frankreich Münz seynd Lilien zu sehen, wer viel solche Lilien hat, der wird nie für ein Unkraut gehalten werden. Auf des Königs in Ungarn Geld ist die Mutter Gottes zu sehen, wer viel solche Jungfrauen [258] hat, der wird nicht bald ein Martyrer werden. Auf des Königs in Schweden Geld ist ein Rößel zu sehen, wer viel solche Rößel hat, den wird man selten auf den Esel setzen. Auf des Churfürsten in Bayren Geld ist eine Welt-Kugel zu sehen, wer solche Welt-Kugel hat, der wird viel bei der Welt gelten. Auf der Chur-Mainzerischen Münz ist ein Rad zu sehen, wer viel solche Räder hat, der kann mit dem Glücksrad trutzen. Es gibt holländische Dukaten, darauf stehen diese Wort: Concordià res parvae crescunt, Discordià dilabuntur. Es gibt hamburgische Dukaten, darauf stehen diese Wort des Erzengel Gabriel: Ave Maria, samt der Bildnuß der Himmels-Königinn Mariä. Es gibt straßburgerische Dukaten, mit dieser Ueberschrift: Urbem Christe, tuam serva. Es gibt Königs-Thaler, darauf steht geschrieben: Dominus mihi adjutor. Es gibt braunschweigerisch Geld, darauf seynd diese Wort zu sehen: Unita durant. Es gibt bayerische Dukaten mit dieser Beischrift: Sancta Maria, ora pro nobis. Nun fragt ein andächtiger Vorwitz, was für eine Münz doch seyen gewesen jene dreißig Silberling, um welche der meineidige Iscarioth den liebsten Heiland verrathen? Budäus schreibet, daß einer aus diesen Silberlingen noch zu Paris in Frankreich gezeiget werde, desgleichen auch zu Rom, à sancta Croce in Gierusaleme, mir ist einer von der kaiserlichen Bibliothek neben andern Raritäten gewiesen worden, und wird vor glaubwürdig gehalten, als sey es einer aus jenem Blut-Geld, welches der Erz-Bösewicht Judas von den Hohepriestern und Schriftgelehrten zu Jerusalem empfangen; [259] jedoch will ich es nit für eine gar unfehlbare Wahrheit verkaufen. Der Werth eines solchen Silberlings wird unterschiedlich gehalten; Maldonatus, Pererius, Franciscus Lucas, Salmero und andere Lehrer seynd der Aussag, als habe solcher Silberling dazumal so viel golten, als vier romanische Julii, und haben in allem die dreißig Silberling nichts mehrers gemacht, als 24 fl., daß aber nachmalens um solches Geld ein Acker eines Hafners vor einen Freithof der Fremden eingehandlet worden, ist es unschwer zu glauben, zumalen selbiger Grund ziemlich unfruchtbar, weil er meistens von lauter Leim, dessenthalben auch nit theuer konnte verkauft werden.

Unweit der berühmten Stadt Cäsar Augusta in dem Königreich Arragonien liegt ein Marktfleck, mit Namen Vililla, allwo der h. Paulinus, Bischof zu Nola, eine schöne Glocke machen lassen, und darein geschmelzt einen Silberling aus denjenigen, womit das unschuldigste Lamm Gottes ist verkauft worden von Juda; diese Glocke ist eine wunderbarliche Prophetinn, dann so oft der lieben Christenheit einiges Uebel herzu nahet, pflegt besagte Glocke allemal, ohne einige Handanhebung, sich selbst zu läuten; also ist geschehen Anno 1527, kurz zuvor, als unter dem Papst Clemens VII. die Stadt Rom geplündert worden; deßgleichen ist mehrmalen geschehen, Anno 1564, worauf gleich die erschreckliche Pest in dem ganzen Königreich entstanden. Item Anno 1601 von dem 13. Juni an bis auf den 30. dito hat sie sich unterschiedlichemalen selbsten geläut, und dazumal seynd große Unheil hin und wieder in der Christenheit entstanden; [260] kurz zuvor, ehe Carolus V. mit Tod abgangen, hat man gedachte Wunder-Glocke läuten gehört. Ob nun solches Wunder den Verdiensten des h. Paulini, als Stifter dieser Glocke, zuzumessen, oder aber dem Silberling, mit dem das höchste Gut verkauft worden, will ich dermalen nit entörtern, sondern dessen Geheimnuß dem reifen Verstand eines jeden gutmeinenden Christen überlassen.

Etlicher Meinung und Aussag ist, beförderist des h. Anselmi und Antonini, als seyen diese Silberling eben diejenigen gewest, welche von den Madianitern die sauberen Brüder des Josephs empfangen, wie sie ihren Bruder verkauft, und obschon solcher nur um 20 Silberling verhandlet worden, so haben noch die hebräischen Priester die 10 hinzu gesetzt, weil es sich nicht geziemte, daß der Herr nit soll mehrer gelten, als der Diener. Oftbemeld'tes Geld, nach Zeugnuß des h. Maximi, ist dem Tempel zugehörig gewest, und ist viel Zeit in dem Kirchen-Schatz aufbehalten worden; hat demnach sowohl der gewissenlose Judas, als andere Hohepriester ein Sacrilegium der gottschänderischen Sünd begangen, indem sie ein Kirchen-Gut veralienirt, und zu solcher Unthat angewendt, zumalen sattsam bekannt ist, daß der Allmächtige dergleichen Kirchen-Dieb niemalen ungestraft laßt.

Anno 1383, als Carolus der Franken König wider die Engelländer siegreiche Waffen geführt, waren etliche britannische Soldaten nicht allein mit Burger- und Bauern-Beut begnügt, sondern ganz keck und gottlos auch die Kirche des h. Ivannis Baptistä zu Burg angegriffen, einer in derselben den Opferstock [261] geplündert, aber alsobald von der göttlichen Rach überfallen worden, indem er gleich von dem Teufel besessen, unsinnig und rasend worden, und endlich unter der Kirchen-Thür mitten von einander zersprungen auf gleiche Judas-Art.

Anno 1512 in währendem nanaräischen Krieg hat ein deutscher Soldat zu Pampilon in der Vorstadt eine Kirche aufgebrochen, daraus das vergold'te Ciborium, worin das höchste Altar-Geheimniß aufbehalten, geraubt; aber bald darauf den verdienten Lohn empfangen, dann ihn der Leib also aufgeblähet, daß er endlich, gleichwie Iscarioth, mitten von einander zersprungen, und alles Ingeweid heraus geworfen.

Aus den spanischen Historien erhellet, was massen Urraca, eine Tochter des Königs Alphonsi VI. zu Legion die Kirche des h. Isidori geplündert, in Willens, solchen reichen Raub zu den Unkosten des bevorstehenden Kriegs anzuwenden, da sie nun ganz frohlockend mit solcher Kirchen-Beut wollte davon gehen, ist sie unter der Kirchen-Thür, durch sondere göttliche Straf, mitten von einander, gleichwie der Verräther Judas, zersprungen, und also elend zu Grund gangen.

Christus wollt gar nit leiden zu Jerusalem in seinem Tempel die Tauben-Kramer, als die er mit eignen Händen hinaus gepeitscht, wie viel weniger kann er gedulden die Raub-Vögel in seinem Haus. Du verruchter Iscarioth, es war deinem geldgierigen Geiz, und mammonischen Herzen nicht genug, aus der gemeinen Cassa des apostolischen Collegii zu stehlen, sondern hast dich noch vermessen, den Kirchen-Schatz anzugreifen, [262] und wollt der Tölpel durch den Tempel auch reich werden. Auf eine Zeit thäten die Apostel nit wenig untereinander zanken, und sich fast ein jeder um die Kappen reißen, dann sie dermalen noch nicht gar vollkommene Männer waren, sie wollten kurzum Majoriten seyn, da doch Christus nur den Minoriten-Orden liebet, ein jeder aus ihnen wollt der Größte seyn, quis eorum videretur esse Major, ich bin der Größte, sagt Petrus, was zweifelts viel, dann mir der Herr das Pabstthum schon verheißen, Holla! sagt Andreas, still mit solchen Stich-Reden, wer soll dann größer seyn, als ich? hat mich doch der Herr zum allerersten berufen. Was? sagt Johannes, ich glaub, ihr redet im Traum, ich, und kein anderer, wird der Größte seyn, dann ihr habt schon Weiber gehabt, ich aber bin noch ein junger Gesell, und die Jungfrauschaft ist sehr in großem Werth bei Gott dem Herrn; in dem Fall laß ich mir keinen vorziehen, sagt Matthäus, dann was habt ihr um des Herrn willen verlassen? was? ein schlechtes Schiffel, ein altes paar Stiefel, ein geflicktes Fischer-Netz, einen mächtigen Handel, aber ich hab Geld und Gut verlassen, ich hab in einem Tag mehr Geld eingenommen, als ihr ein ganzes Jahr auf dem Fischmarkt gelöst habt, und gleichwohl hab ich alles verlassen, also werd ich Major seyn; mein haltet das Maul, wie ungereimt ist euer Plaudern. Ich, und kein anderer wird der Größte seyn, sagt Bartholomäus, dann ihr nur von gemeinen Leuten und geringem Herkommen, ich aber von königlichem Geblüt. Das würd sich schicken, sagt Thomas, wann ich nit vor allen soll das Prae haben, ihr habt euer[263] Lebtag nicht gestudirt, und im wenigsten seyd ihr schriftgelehrt, ich aber bin ein Doctor, ich Thomas soll, und muß, kann und will, und werd der Größte seyn. Weder du, noch ein anderer, sagt Judas Iscarioth, soll mir vorgezogen werden, bin ich nit euer Procurator, muß ich nit euch die Unterhaltung schaffen? habt ihr nit durch diese meine Händ' die Lebens-Mittel? pfui schamt euch, daß euch nur sollt einfallen, daß mir jemand soll vorgehen. Quis eorum videretur esse Major. Du ehrvergessener Iscarioth, ich bin ganz und gar auf deiner Seite, ich gieb dir meine Stimm, und sag Ja, du bist der Größte, aber mit Ehren zu melden, der größte Dieb. Der babylonische König Balthasar war ein großer Dieb gewest, indem er die goldenen Geschirr aus dem Tempel zu Jerusalem geraubt, und selbige zu Mahlzeiten mißbraucht, auch derentwegen von Gottes-Hand, an der Wand, solche Schand, mit dem ewigen Brand mußte bezahlt werden.

König Eduardus III. in Engelland, hat nit weit von Sandinton in Schottland ein unser Frau-Kapell polirt, und als einer aus denselben mit der h. Beut nit wenig in der Kirche prangte und prahlte, ist unversehens ein groß geschnitzletes Krucifix-Bild, so daselbst in der Mitte herab hangte, dem Bösewicht auf den Kopf gefallen, und augenblicklich den Hals gebrochen, dieser war ein großer Dieb.

Jener war ein großer Dieb, welcher bei nächtlicher Weil in die Kirche des h. Antonii eingebrochen, viel kostbare Sach' daraus entfremdt, er konnte aber die ganze Nacht die Thür nit mehr finden, durch [264] welche er eingangen, bis er zu Morgens von der ehrwürdigen Priesterschaft ertappt worden.

Dieselbe war eine große Diebinn, welche aus der Kirche des h. Remaci ein Altar-Tuch entfremdt, und als sie den ersten Tag hernach den Kopf gewaschen, und mit besagtem Tuch abgetrocknet, seynd ihr dergestalten alle Haar ausgangen, daß sie einem geputzten Kalbskopf nit ungleich sahe.

Jener war ein großer Dieb, welcher verstohlener Weis aus der Kirche des h. Felicissimi bei Nuceria viel kostbare Sachen enttragen, und da er der Meinung gewest, als seye er dieselbe Nacht über 4 Meilen entrunnen, ist er doch Frühemorgens bei der Kirche angetroffen worden.

Aber Judas Iscarioth noch ein größerer, und zwar der größte Dieb, welcher von dem Annas das aus dem Tempel genommene Geld erpreßt, und vor dasselbige Geld, welches hätte zu Gottes Ehr sollen angewendt, oder wenigst für ein Rarität in der Schatz-Kammer aufbehalten werden, zumalen es jene Silberling sollen gewest seyn, um welche Joseph in dem 17. Jahr seines Alters, den Madianitern, wie oben gemeldt, verkauft worden; noch darüber den wahren Gottes-Sohn und gebenedeiten Welt-Heiland meineidig und mehr als schelmisch verrathen, und verkauft. Billig sagen die h. Lehrer, hat der verruchte Judas wegen solcher dreissig Silberling den Fluch, welche der Harfenist David in dem 108 Psalm eingesetzt, über sich und allen seinen Anhang gezogen.

Judas der verruchte Bösewicht
[265] Judas der verruchte Bösewicht ist dem allerliebsten Heiland so aufsätzig und mißgünstig worden, daß er so gar dessen allerheiligsten Namen gehasset.

Freiwillig, von niemand überredt, gutwillig, nit hierzu veranlaßt, gern und ungezwungen, nit von andern angespornt, ist Judas von dem apostolischen Collegio gewichen, die heilige bischöfliche Würde auf die Seiten gesetzt, ganz alleinig, außer daß ihm der Teufel Gesellschaft geleist hat, sich bei der Rathstube der Hohenpriester an einem Mittwoch lassen ansagen, und ohne weitern Wort- Wechsel, oder vieler Reden Umschweif, gleich alsobald in diese Wort ausgebrochen: Hochwürdige, und gnädige Herren, ich kann mir leichtlich einbilden; wessenthalben ihr anheut in gesamten Rath habt lassen ansagen, ungezweifelt wegen meines Meisters, dessen neue Lehr, erst ersonnene Satzung euer hochlöbl. Synagog höchst schädlich fallet, was braucht es viel Nachsinnens? wie ihr ihn möcht aus dem Weg räumen: Quid vultis mihi dare et ego vobis eum tradam? »Was wollt ihr mir geben, so will ich Ihn verrathen.« Er sagt nicht, ich will euch Jesum verrathen, sondern Ihn, dann seinen allerhöchsten Namen konnt der Schelm nicht mehr leiden, und ist glaublich, wie Euthimius in Marcum glossirt, daß der leidige Satan dem Judä schon die Zung also gebunden, [266] daß er den süßesten Namen Jesus nit mehr konnte nennen, weil diese höllische Larve in Furcht gestanden, es möchte der Iscarioth, in Aussprechung dieses göttlichen Namens verkehrt werden, dann die Kraft dieses allerheiligsten Namens den verdammten Geistern sattsam bekannt ist.

Jesus! O wie süß! Jesus, o wie sauer! süß ist der Namen Jesus denen Menschen, sauer ist der Name Jesus den bösen Feinden. Gleichwie die Purpur-Rosen den Bienen spendirt das Honig, den Koth-Käfern aber ein Gift ist, also finden die Menschen in diesem allerheiligsten Ramen das Süß, die Teufel aber ein Spieß. Jesus, o wie süß! zu verwundern ist jener tapfere Heldenmuth, welchen der kleine David wieder den großen Goliath erwiesen, da er nemlich in Gegenwart zweier Kriegs-Heere, in Beiseyn des Königs Saul, sich gewagt hat wieder diesen großen Schädel; Goliath ein ungeheurer Ries', ein ganzer Fleisch Thurm, mit Eisen über und über verhüllt, und also ein ganz eiserner Kerl, der David aber klein von Person, schwach von Gliedern, schlecht in Kleidern, aber gut vom Gemüth, hat gleichwohl in diesem so ungleichen Duell den großen Lümmel mit einem Stein an die Blasen getroffen, daß er hiervon zu Boden gesunken, worauf der gute Schaf-Hirt alsobald nach dem Säbel gegriffen, und ihm den Kopf abgehauen; nach solcher Ritters-That und Victori hat der David mit sondern Ceremonien den Säbel in dem Tempel zu Jerusalem aufgehängt, gleichwie bei uns annoch der Brauch ist, die von dem Feind eroberten Fahnen in die Kirche zu geben, wie dann dergleichen in großer Menge und Anzahl ober [267] der lauretanischen Kapelle in unser wienerischen Hof-Kirche zu sehen. Es konnte aber jemand mit gutem Fug eine Frag thun, wessentwegen der David den Säbel in dem Tempel aufgehängt, warum nicht viel mehr den Stein? mit dem er diesen ungeheueren Kerl zu Boden geworfen? es wär nit übel gestanden, wann solcher in Silber und Gold gefaßt, zu einer ewigen Gedächtnuß in dem Tempel wär aufbehalten worden. Es fügen andere sehr glaubwürdige Ursachen bei, ich aber meinestheils halt darvor, weil nach vieler Lehrern Aussag auf demselben Stein geschrieben war der Name Jehova, welches so viel, als Jesus, also hab er solchen Stein nit wollen von sich geben, der liebste David, so er denselben alle und jedesmal bei sich tragen, dann er glaubte, es könne einem Menschen in einer Gefahr nichts heilsamers, in einem Streit nichts stärkers, in einer Drangsal nichts trostreichers seyn, als der süßeste Namen Jesus, darum soll es der Mensch für kein so großes Wunder aufnehmen, daß der seraphische Franciscus, so oft er in seinem inbrünstigen Gebet den Namen Jesus ausgesprochen, allemal seine Lefzen abgeschleckt, weil er vermerkt, daß ihm dieser allerheiligste NamenJesus wie lauter distillirter Honig im Maul worden. Dem Samson hat wohlgeschmeckt das Honig aus des todten Löwen Rachen. Den Israelitern hat wohlgeschmeckt das süße Manna, oder Himmel-Brod. Dem Volk des Mosis hat wohlgeschmeckt der helle Brunnquell, so aus dem harten Felsen geflossen, aber nit so gut, bei weitem nit so lieblich, unendlich nit so süß, wie da der Namen Jesus auf der Zung eines Gerechten.

[268] Daß der h. Paulus in dritten Himmel verzückt worden, ist eine grundfeste Wahrheit, was er aber allda für Wunder-Ding gesehen, ist bereits unbekannt, glaublich ist es, daß er daselbst gelehrt, und unterricht sey worden, wie er den süßesten Namen Jesus soll verehren, weil man hernach nichts öfters vom ihm, diesem Apostel gehört, als den Namen Jesus. In seinen Epistlen allein, die er zu unterschiedlichen Zeiten geschrieben, ist dieser allerhöchste Nam' 219 mal zu lesen, wie er durch das tyrannische Schwerdt entleibt worden, und anstatt des Bluts eine weisse Milch geflossen, zu einen sattsamen Zeugnuß, daß er viel in Christo geboren, dazumal ist das heiligste Haupt drei unterschiedlichmalen von der Erden aufgehupft, und zu einem jeden Sprung den süßen Namen Jesus ausgesprochen, worauf auch zugleich drei klare Brunnquellen wunderbarlich entsprungen, die noch auf den heutigen Tag allen ankommenden frommen Pilgrimmen das Wasser spendiren, zu wahrer Zeugnuß, daß solcher allerheiligste Namen nichts, als Süßigkeit verursache.

Jesus, o wie süß! nit alle Memorial, welche Christo dem Herrn seynd eingereicht worden, haben das erwünschte Fiat erhalten. Ein frommes Weib kommt zu unserm Herrn mit einer Supplication, dieses Inhalts, daß sie nemlich gern sehen wollt, daß ihre zwei bereits erwachsene Söhn' möchten versorgt seyn, und einer zu der rechten, der andere zu der linken Hand in seinem Reich sitzen, solches ist ihr rund abgeschlagen worden. Ein andersmal wollt einer Christo dem Herrn nachfolgen, und dieser war ein Schreiber, ein Kanzelist, der schlagt ihm aber solche Bitt rund ab, eine wunderliche [269] Sach', als wann aus einem Kanzelisten nicht auch konnt ein Apostel werden? was schadet es, wann man schon sagt ein Kanzelist, ist so viel, als ganz voll List, kurz dadurch zu gehen, dieser hat auch nichts bei unserm Herrn erhalten. Entgegen seynd etliche gewest, welche der liebste Heiland alsobald erhört, als da war der Blinde auf dem Weg, solcher sagte nur fünf Wort, und ist gleich darüber sehend worden. Gedenk einer! ein cananeisch Weibl lauft unserm Herrn nach, bittet um das Heil ihrer Tochter, welche auch alsobald gesund worden; Gedenk einer! die Teufel selbst suppliciren, daß ihnen doch der Herr möchte Erlaubnuß geben, in die Heerd Schweine zu fahren, und sie bekommen das Fiat. Gedenk einer! wie kommt es dann? was muß doch die rechte Ursach seyn? daß einige unser Herr so bald, und so gütig erhört, einige aber auf oft und vieles Anhalten, nichts erhalten können? Lese jemand das Evangelium von Wort zu Wort, alsdann wird er sehen, daß, welche in ihrer Bitt den Namen Jesus nicht ausgesprochen, selten etwas erhalten haben, die aber in dem Namen Jesu, wie das cananeische Weibl, wie der Blinde, wie die bösen Feind, Jesu filii David gebeten, dem ist niemalen etwas abgeschlagen worden, dann es ist dieser allerheihiligste Nam' so süß, daß er den zuweilen erbitterten Gott zu einer Barmherzigkeit erweicht.

Jesus, o wie süß! in dem Namen hat Petrus zu Jerusalem einen krummen, armen Tropfen die geraden Glieder geben. In dem Namen hat er zu Lida einen Gichtbrüchigen gesund gemacht, in diesem Namen hat er zu Joppe die Wittib vom Tod erweckt, in diesem [270] Namen hat er zu Rom einem Verstorbenen das Leben geben, in diesem Namen hat er den Simon Magum von einem grausamen Hund errettet, in diesem Namen hat Paulus zu Lystris einen Krummen gerad gemacht, in diesem Namen hat er in Macedonia eine besessene Tochter erlöst, in diesem Namen hat er zu Rom und Troadä die Todten erweckt, in diesem Namen ist Johannes in einem Kessel voll mit siedheißem Oel ohne Verletzung gesessen, in diesem Namen hat er die verstorbene Trusina vom Tod erweckt, in diesem Namen hat er das Gift ohne Schaden getrunken, in dem Namen Jesu haben alle Apostel so viel, so große, so herrliche Wunderwerk in der ganzen Welt gewürkt.

Wie der h. Bernardinus Senensis in einer großen und volkreichen Stadt in Welschland geprediget, seynd die Leut also durch einen apostolischen Eifer und Lehr bewegt worden, daß sie ganz schnell nach Haus geloffen, Würfel und Bretspieler auf öffentlichen Platz zusammen getragen, und selbige verbrannt, dann dazumal ein sehr großer Mißbrauch des Spielens eingerissen. Als solches ein Burger daselbst, welcher mit Machung dergleichen Spiel sich erhalten, wahrgenommen, daß ihm hierdurch sein Interesse und Gewinn merklich ist geschmälert worden, hat er sich mit vielen Worten bei dem h. Mann beklagt, wie daß er nunmehr an Bettelstab und äußerste Noth müsse gerathen; worauf der h. Vater ihn befragt, ob er dann sonst kein anders Handwerk gelernt? und als solcher mit Nein geantwortet, darauf macht der h. Bernardinus mit einem Circul auf eine Tafel einige Rundung, malt[271] darein die strahlende Sonne, und in dero Mitte den süßen Namen Jesus. Gehe hin, sagt er, mach der gleichen, das Stückl Brod und nothwendige Unterhaltung wird dir nie manglen, dieser Burger ist nachgehends mit lauter Bilder des Jesus Nam zu großem Reichthum gelangt.

Erst gedachter apostolische Mann war fast allemal vor lauter Süßigkeit verzückt, so oft er von dem Namen Jesus geprediget, und weil er jederzeit mit sich auf die Kanzel eine Tafel getragen, worauf mit Gold der Name Jesus gezeichnet, haben ihm solches etliche für eine Unmanier und übellautende Neuerung ausgelegt, aber Gott wollte zeigen die Glorie seines Namens. Dann als er auf eine Zeit zu Rom von besagter Materie geprediget, da ist der NameJesus mit einer hellstrahlenden Sonne umgeben ober seiner in der Luft von männiglich gesehen worden. Jesus! wie süß ist dieser Nam'!

Wem ist verborgen oder nit bekannt, was Moses mit seiner Ruthe für Wunder über Wunder gewirkt hat in Egypten? Wunder im Wasser, Wunder im Feuer, Wunder in der Luft, Wunder auf Erden, Wunder vor dem König, Wunder vor dem Pöbel, Wunder beim Tag, Wunder bei der Nacht, Wunder allerseits, was muß dieß für eine Ruth' gewest seyn? Virga Dei, Gottes Ruthe ist sie wohl genennt worden; aber woher ist so wunderliche Kraft und Wirkung? daher, merkt es wohl, auf dieser Ruthe war geschnitten der göttliche Name Jehova, welcher eine Vorbildung und Bedeutung gewest des süßesten Namens Jesus; hat also dazumal der Schatten von [272] diesem allerheiligsten Namen schon Wunder gewirkt, was soll nit jetzt der allerheiligste Name selbst wirken? O süßester NameJesus!

Wirst du Mensch, wie der Job versucht, wirst du verfolgt, wie der David, wirst du häßlich verläumd't, wie der Abimelech, wirst du veracht, wie der Gedeon, wirst du verrathen, wie der Amasa, wirst du beraubt, wie der Jeremias, wirst du geschlagen, wie Michäas, wirst du gefangen, wie Joseph, kommst du in alles Unglück, so nimm deine einige Zuflucht zu dem Namen Jesus, alsdann wirst du handgreiflich wahrnehmen, daß dir alle Bitterkeit süß wird, welches die lieben Apostel selbst nit nur einmal, sondern allemal erfahren. Ja sich absonderlich für glückselig gehalten, wann sie um den Namen Jesus willen eine Schmach thäten leiden.

Ein König in der Regierung, ein Soldat in der Schlacht, ein Kaufmann in dem Gewerb, ein Handwerker in der Arbeit, ein Student in der Schul', ein Wirth in der Haushaltung, ein Armer in der Noth, ein Fremder auf der Reis', ein Geistlicher in dem Stand, ein Bauer auf dem Acker. Ein Fremder auf der Reis' wird zum besten fortkommen, wird ihm alles nach Wunsch einkommen, wird ihm nichts bitters ankommen, wann er nur seine Sach anstellet in dem Namen Jesu. Dem Kranken zu Jerusalem bei dem Schwemm-Teich seynd die 5 Schupfen eine Zuflucht gewest. Dem hungerigen Volk in der Wüste seynd die 5 Gersten-Brod aus den Händen des Herrn eine Sättigung gewest. Den 5 weisen Jungfrauen seynd ihre 5 brennenden Amplen ein Glück gewest. [273] Jenem Knecht seynd die 5 Zentner, welche er von seinem Herrn empfangen, ein Gewinn gewest. Dem eingeladenen Gast zur Mahlzeit seynd die 5 Joch Ochsen eine Wirthschaft gewest. Demselben Knecht im Evangelio seynd die von seinem Herrn ihm anvertraute Städt' eine Ehr' gewest. Die von Ozia versprochenen 5 Tag seynd den belagerten Burgern in Bethulia eine Hoffnung gewest. Den Kindern Dan seynd die 5 tapferen Ausspäher des herrlichen Lands ein Trost gewest. Aber dir und mir seynd die 5 Buchstaben in dem süßesten Namen Jesus alles und alles.

Unser gebenedeiter Heiland und Seligmacher wollt an dem bittern Kreuz-Stamm nit anderst sterben, alsinclinato capite, mit geneigtem Haupt, und zwar derentwegen, damit er also mit Neigung des Haupts dem Tod die Licenz ertheile, als welcher sich sonst nicht an den Herrn des Lebens getraut. O gütigister Herr! dir sey unendlich gedankt um diesen so urbietigen Tod!

Inclinato capite, er starb mit geneigtem Haupt, darum, er wollt noch seinen allerheiligsten Leib beschauen und umsehen, ob noch ein Oertl vorhanden, welches da unverwundt wäre, und als er ein solches auf der Seite wahrgenommen, gab er ohne Verzug dem Longinio das Zeichen, er soll ihm mit dem Speer oder Lanze die Seite eröffnen, damit er uns männiglich ein offenes Herz zeige. O gütigister Heiland, dir sey unendlich gedankt um diese größte Barmherzigkeit!

Inclinato capite, er starb mit geneigtem Haupt, weil dazumal Maria, seine gebenedeite Mutter, unter dem Kreuz stund, also wollt er durch Neigung des[274] Haupts, weil er mit den Fingern nit konnte deuten, gleichsam sagen: weil ich die Welt werde verlassen und zu meinem himmlischen Vater gehen, so nehmet hinfüran eure Zuflucht zu Maria, meiner gebenedeiten Mutter, diese wird eure Patroninn verbleiben. O gütigister Herr, dir sey unendlich gedanket um diese größte Gnad'!

Inclinato capite, er starb mit geneigtem Haupt, darum, weil daselbst, nach gemeiner Aussag, der Adam solle begraben seyn, also wollt' er diesem ankünden, nunmehr soll er getröst seyn, die Schuld, so er am Baum gemacht, sey bereits auf dem Baum bezahlt worden. O treuester Gott, dir sey unendlich gedankt um diesen größten Favor und Lieb.

Inclinato capite, er starb mit geneigtem Haupt, darum, weil dazumal etliche fromme Weiber und Matronen unter dem Kreuz stunden, bitterlich weinten und seufzeten, also neigte er sein heiligstes Haupt, solche Weiber-Andacht desto besser anzuhören. O gütigister Gott, dir sey unendlich gedankt um diese allzugroße Demuth!

Inclinato capite, er starb mit geneigtem Haupt, darum, (laßt uns solches wohl in Obacht nehmen, und fein fest in unser Gedächtnuß eindrücken) darum starb er mit geneigtem Haupt, weil ober seiner stund geschrieben in dreierlei Sprachen der süßeste NameJesus, I.N.R.I. dem wollt er erstlich mit Neigung des Haupts selbst Reverenz machen. Zum andern wollt er sein heiligstes Haupt neigen, damit männiglich ober seiner den Namen Jesus könne lesen, und seine einige Zuflucht schöpfen zu diesem süßesten Namen. Kommet [275] und sehet, ihr getrösten Adams-Kinder, alles, alles hat Gottes Sohn verschenkt am Kreuz, seinen Geist hat er geben dem himmlischen Vater, seine Mutter dem Joanni, seinen Leib dem Joseph von Arimathäa, seine Kleider den Soldaten, sein Paradies dem Schächer, seinen Namen Jesus aber hat er öffentlich auf die Höhe des Kreuzes lassen aufsetzen, I.N.R.I. als bleibe dieser ein Trost des gesamten menschlichen Geschlechts.

Das hat erfahren der h. Gregorius Turonensis, welcher schon in seiner Jugend von dem Himmel ist unterrichtet worden, er solle seinem kranken Vater unter das Hauptkiß eine Tafel legen, worauf der Name I H S verzeichnet, sobald solches geschehen, ist der Kranke von Stund an zur vorigen Gesundheit gelangt.

Das hat erfahren jener ungläubige Heid und Saracener, welcher die Flucht genommen in Lusitania, willens, daselbst den katholischen Glauben anzunehmen; weil er aber etliche Tag bei gewester Sommer-Hitz ohne Trank war, und derenthalben bereits sich auf die Erde niedergeworfen und den harten Tod erwartet, so fallt ihm aber noch ein, daß er öfters von den gefangenen Christen den Namen Jesus gehört, sprach hierauf den süßesten Namen drei- oder viermal aus; siehe Wunder! da war ihm nit anderst, als thue ihm einer seinen ausgedorrten Schlund mit dem besten Brunnenquell erquicken, welches er nachmals öfter probirt.

Das hat erfahren jener Mörder und Straßen-Räuber, welcher viele Jahr nichts als Mordthat begangen, wie er auf eine Zeit bei finsterer Nacht einen [276] reisenden Priester angefallen, und ihn befragt, wer er seye? und dreimal keine andere Antwort erhalten, als diese: ich bin ein Diener Jesu Christi, was ist, sagt hierauf der Mörder, Jesus, alleweil Jesus, Jesus? und geht hiemit davon; dieser allerheiligste Name auch mit Unwillen von solchem Straßen-Räuber ausgesprochen, hat also viel gewirkt, daß er den anderen Tag sich von ganzem Herzen bekehrt, einen frommen und gottseligen Wandel angefangen, und ein seliges End genommen.

Das hat erfahren jener verbeinte Sünder, der also in Rachgier gegen seinen Nächsten entzündt war, daß er ganz gewissenlos sich hören lassen, er woll' ihm weder um Gottes willen, noch um des Teufels willen verzeihen, wann er schon wußte, daß er ewig dessenthalben solle verloren werden. Sobald aber solchem ergrimmten Menschen ein frommer Priester den NamenJesus auf die Stirn gezeichnet, ist er also augenblicklich besänftiget worden, als hätte er eine Lämmels-Natur angezogen.

Das hat auch schon erfahren im alten Testament ein beschreites und unzüchtiges Weibs-Bild, mit Namen Rahab, wohl ein Raben-Vieh, welche dessenthalben ans allen Inwohnern mit samt dem Hausgesind salvirt worden, weil sie dem Josue, welcher Nam eine Figur des Namens Jesu, eine Ehr angethan.

O Jesus! ein Name über alle Namen! Abraham ein hoher Nam, Bariona ein freundlicher Nam, Cephas ein starker Nam, David ein lieblicher Nam, Elias ein herrlicher Nam, Salomon ein trostreicher Nam, Gedeon ein siegreicher Nam, Heli ein großer [277] Nam, Moses ein schöner Nam, Laban ein sauberer Nam, Noe ein werther Nam, Obed ein demüthiger Nam, Raphael ein heilsamer Nam, Tobias ein guter Nam, aberJesus ist ein Nam über alle Namen.

Streit ich, wie Josue, wider die Madianiter, so soll Jesus mein Schild seyn. Reis' ich, wie Eliezer in Mesopotamien, so soll Jesus mein Geleitsmann seyn. Schlaf ich, wie Jakob auf dem Feld, so sollJesus mein Traum seyn. Arbeit ich, wie Tubalcaim in seiner Werkstatt, so soll Jesus mein Gewinn seyn. Schreib ich, wie David, dem Joab, so sollJesus mein Concept seyn. Bin ich krank, wie Ezechias auf seinem Bett, so soll Jesus meine Labniß seyn. Bin ich zu Wasser, wie Jonas, so soll Jesus mein Anker seyn. Bin ich zu Land, wie Booz, so sollJesus meine Wohnung seyn. O süßester Name Jesus! kein Geruch kann die Nase, keine Stimm kann die Ohren, keine Farb kann die Augen, keine Speis kann die Zunge, kein Schatz kann die Hand also ergötzen, wie du das Herz der Menschen. Der Zimmet von Zeylon, die Nägele von Moluza, die Muskatnuß von Molucha, der Bisam aus Bego, der Weihrauch aus Arabia, der Zucker aus Candia, ist unendlich nit so lieblich, wie der süßeste Name Jesus, welchen der Erz-Engel Gabriel von dem Himmel gebracht. Probier es nur jemand, so er dieser meiner geringen Feder nit glauben will, und sprech bedachtsam mit reiner Zunge den Namen Jesus aus, so wird er sehen, wird es spüren, daß eine sondere Ergötzlichkeit das Herz einnehme, und mit einem süßen Trost die Seel' erfüllet werde.

[278] In dem Augustiner-Kloster zu Vadaia, bei St. Catharina genannt, werden Stein angetroffen, die also wachsen, welche eine Figur und Gestalt haben wie ein Herz, und auf demselben ein Rad, daß also Augustinus und Catharina zusammen stimmen, das seynd schöne Stein'.

Unterhalb des Bergs Calvariä seynd 4 steinerne Säulen, welche das ganze Jahr das Wasser von sich geben, als thun sie noch beweinen das bittere Leiden Christi, das seynd mitleidige Stein.

Zu Usenah in Hibernia hat der h. Patritius die Stein vermaledeit, welche dann auf den heutigen Tag noch diesen harten Fluch tragen, massen von selbiger Zeit an diese Stein zu keinem Gebäu tauglich, und so man sie zu einer Mauer braucht, fällt dieselbe alsobald ein, das seynd üble Stein.

In dem Bach Cedron bei dem Gestad des tyberischen Meers, auf dem Berg unweit Nazareth, allwo die Juden unsern lieben Herrn haben stürzen wollen, zu Rom in der Kirche St. Sebastiani und an vielen anderen Orten zeiget man Steine, worin die Fußstapfen Christi eingedruckt zu sehen, das seynd wunderliche Stein.

Wie Anno 787 von den Mahomedanern die herrliche Stadt Corduba eingenommen worden, ist ein gefangener Christ in dero Tempel, so sie Moschee nennen, eintreten, daselbst zum Schimpf dero Irrthum mit dem Nagel auf einen harten Marmor das Bildnuß des gekreuzigten Christi gemacht, welche auf den heutigen Tag zu sehen, und auf keine Weis' kann ausgeätzt werden; das ist ein heiliger Stein.

[279] Zu Cöln zeigt man einen Stein, worauf ein Priester die heiligsten Hostien fallen lassen, welche ihre ganze Rundung samt der Bildnuß eingedruckt, als wäre der Stein zu einem Wachs worden, da es doch der härteste Marmor gewesen; das ist ein Wunder-Stein.

Aber ein Stein über alle Stein, dem alle Edelgestein müssen weichen, dem der kostbare Diamant selbst den Vorzug lasset, ist zu Wien in der unbeschreiblichen Schatzkammer des römischen Kaisers zu finden; daselbst zeigt man eine steinerne Taza aus Agath, sehr groß, in welcher von Natur durch gewisse weiße Adern der süßeste Name Jesus zu sehen, als wäre er von der besten Hand geschrieben worden. Dieses Steins halber kann füglich das durchlauchtigste Haus Oesterreich Steinreich genennt werden; wie es dann allen kostbaren Sachen daselbst diesen Stein vorziehet, und in höchstem Werth haltet, und ist wohl zu glauben, es habe Gott aus sondern Gnaden diesem höchsten Haus solchen Stein in Garten geworfen. Salomon hat sich vor diesem gerühmt, er habe zu Jerusalem so viel Silber als Stein; dermalen rühmt sich unser gnädigster Kaiser Leopoldus, er habe Stein, die ihm lieber seynd als Gold. O wohl glückseliges Haus, du kannst ja nit zu Boden fallen, weil du einen stattlichen Eckstein hast, worauf der süßeste Name Jesus. Zu wünschen wäre, daß alle Menschen solche steinerne Herzen hätten, worauf der Name Jesus gezeichnet, wie da gewest das Herz des h. Martyrers Ignatii, in welchem nach seinem Tod solcher süßeste Name mit Gold geschrieben gefunden worden.

Jesus, o wie süß dieser Nam! als die übergebenedeite [280] Jungfrau Maria von dem himmlischen Gesandten Gabriel den Gruß empfangen, ist sie nit wenig hierüber erschrocken, turbata est, sie hat sich nit wenig entsetzt, und hat das jungfräuliche Herz ob solcher ungewöhnlicher Sach stark angefangen zu schlagen; sobald aber der Erzengel mit dem süßesten Namen Jesus aufgezogen, vocabis nomen ejusJesum, gleich und unverzüglich ist alle Furcht entwichen, das Gemüth mit höchstem Trost erfüllet worden, das Herz vor Lieb entzünd't, die Zung mit einer demüthigsten Antwort dem Engel begegnet, daß also der süßeste Name Jesus, gleich einem hellstrahlenden Sonnen-Glanz, alle trüben Wolken von dem Herzen vertrieben.

Hätt' Jonas im Wallfisch, hätt' Joseph im Kerker, hätt' Susanna im Garten, hätt' Jeremias in der Tiefe, hätt' Noe in der Arche, hätt' Daniel in der Grube, hätt' Job auf dem Misthaufen um den Namen Jesus gewußt, wär ihnen all ihr Trübsal und Drangsal gar leicht vorkommen. Aber der gütigste Gott hat diesen Trost dem alten Testament entzogen, und erst nach so viel Zeiten diesen Schatz durch den Erzengel Gabriel der Welt geschenkt, wofür wir unendlich sollen danken. Es war eine besondere Anstalt des Himmels, daß solches Kleinod durch keinen andern Engel oder Erzengel sollte der Welt überbracht werden, als durch den Gabriel, welcher verdolmetscht wird, Fortitudo Dei, die Stärke Gottes, auf daß wir Adams-Kinder sollen erkennen, daß uns durch den Namen Jesus alle Stärke und Kraft sey mitgetheilt worden.

Es ist gar wohl zu glauben, daß die löbliche [281] Societät Jesu so großen Progreß, so herrlichen Fortgang in so kurzer Zeit fast in der ganzen Welt genommen, meistens durch nichts anders, als durch den Namen Jesus, welchen sie von ihrem Patriarchen Ignatio, als eine reiche Erbschaft und väterlichen Verlaß erhalten; wessenthalben ihre Collegia und Häuser in allem gleich seyn dem Haus, worin Magdalena die kostbaren Salben ausgossen, daß also das ganze Haus davon den Geruch bekommen. Domus repleta est odore. Was ist anderst der heiligste Jesus-Nam, als ein kostbarer Balsam und herrliches Oel. Oleum effusum nomen tuum, dessen liebster Geruch in allen Orten der Societät gespürt wird, massen bei ihnen allerseits nichts mehrers gesehen, noch gehört, noch geehrt wird, als der heiligste Jesus-Nam'; und scheint, als haben sie ihr schönes Sigill von der himmlischen Braut selbst zu leihen genommen: Pone me, ut signaculum super cor tuum.

Wie der h. Edmundus als ein kleiner Knab noch in seiner h. Unschuld zu Paris sich aufgehalten, ist ihm ein holdseliger Knab erschienen, und ihn mit diesen Worten angeredt: Salve dilecte mi! »willkomm mein Liebster!« Edmundus verwunderte sich hierüber nit wenig, mit Meldung, er kenne ihn nicht, dem aber dieser holdseligste Knab befohlen, er solle seine Stirn wohl betrachten, was darauf geschrieben seye, und siehe, Edmundus lieset auf der Stirn folgenden Namen, Jesus Nazarenus, wird anbei ermahnt, er solle diesen Namen möglichst verehren, denselben fleißig an die Stirn zeichnen, und sey nachmals solcher ein gewisses Mittel vor dem gähen und unversehenen Tod.

[282] Jesus, o wie süß ist dieser Namen uns Menschen! Jesus, o wie sauer ist dieser Nam' den bösen Feinden! Eine sehr große Battaglia und grausames Gefecht ist vorbei gangen im Himmel, allwo der Erz-Engel Michael mit seinen Alliirten wider den hochmüthigen Lucifer, und seinen gesamten Anhang gestritten, der Kampf war bederseits hart und ernstlich, zumalen der streitenden Anzahl sich in viel Millionen erstreckt, weil aber der Erz-Engel Michael, als ein herrlicher Kriegsfürst, seinem ganzen Heer hat vorgetragen, daß ein jeder mit treflicher Guraschi, und gutem Heldenmuth soll in dem Namen Jesus den Angriff thun, diesen allerheiligsten Namen anrufen, nachdem solches geschehen, ist unverweilt der Lucifer in die Flucht geschlagen, und samt den Seinigen zu ewiger Schand und Spott aus dem Himmel verjagt, und in Abgrund gestürzt worden, von welcher Zeit an allen höllischen Larven der Namen Jesus noch sauer, und erschrecklich vorkommt; dahero ich mit andern, und andere mit mir dem Teufel können ein Trutz bieten. Truz-Teufel, vor diesem hast du der Evä einen Apfel gezeigt, jetzt zeig ich dir die Feigen. Trutz! dem h. Antonio bist du erschienen, wie ein Bär, du Bärnhäuter, dem h. Wolfgango bist du erschienen, wie ein Hund, du Hunds-Nasen, dem h. Romualdo bist du erschienen, wie ein Ochs, du Ochsen-Kopf, dem h. Martino bist du erschienen, wie ein Wallfisch, du Stockfisch, dem h. Remigio bist du erschienen, wie ein Esel, du Esels-Kopf. Trutz! du kannst kommen mit Brüglen, mit Striglen, mit Stöcken, mit Blöcken, mit Schleglen, mit Keglen, mit Stangen, mit Zangen, mit Gablen, mit Sablen, mit Steiner, mit Beiner, mit Knechten, [283] mit Fechten, mit allen Teuflen, gleichwohl trutz! Trutz, dir und allen den Deinigen, dann deine Stärke wird schwach, dein Zorn wird vernicht', deine Gewalt wird ohnmächtig, dein Versuch wird verlacht, wann ich allein den süßesten Namen Jesus aussprich. O wie sauer ist dieser Namen der Höll!

Der selige Joannes Capistranus hat einmal eine eifrige Predigt gehalten von dem allerheiligsten Namen Jesus; und damit er dem Volk unter dem freyen Himmel, welches in die hundert zwanzig tausend stark war, desto kräftiger hervor streiche, wie derselbe dem Engel eine Freud', dem Menschen eine Hülf, dem Teufel ein Schrecken sey, hat er in Kraft und Namen Jesu den höllischen Larven ernstlich befohlen, sie sollen sich gegenwärtig stellen, und den süßesten Namen Jesu, welchen er dazumal auf einer Tafel gemalt in der Hand gehalten, mit gebührender Reverenz anbeten und verehren, worauf in Gegenwart des ganzen Volks eine unzählbare Anzahl der bösen Geister, mit unterschiedlichen wilden Gestalten in der Luft erschienen, und neben jämmerlichem Heulen und erschrecklichen Stimmen den Kopf geneigt, und wieder verschwunden.

Ja, man kann es probiren, wie es dann die vielfältige Erfahrnuß gibt, wann man einen bösen Feind in einer besessenen Person beschwören thut, daß meistentheils dieser höllische Gast sich widerspenstig zeige, sobald man aber befiehlt, er soll den Namen Jesus verehren, alsobald wider seinen Willen wird und muß der Besessene die Knie beugen. Es werden die Juden und hartnäckigen Hebräer selbst bekennen,[284] daß sie in gewissen Aengsten und großen Gefahren mit keinem Namen, deren sie sehr viel Gott zueignen, so viel richten, als mit dem Namen Jesu, und glauben, daß die Wirkung und Kraft aller göttlichen Ramen und Titel seye ganz und gar in dem Namen Jesu übersetzt worden.

Zu Pergamo in Wälschland war eine junge Tochter, welche bey nächtlicher Weil in der Schlaf-Kammer ihres Vaters zu Venedig ganz nackend gefunden worden, nachdem man solche in der Frühe, als eine Befreundte erkennet, und mit Kleidern ehrlich bedeckt, ist sie hernach befragt worden, wie und was gestalten sie dahin kommen sey, welches sie mit vielem Weinen und starkem Bedauren ganz umständig erzählt, diese Nacht, sagte sie, hab ich wahrgenommen, daß meine Mutter, der Meinung, als schlafe ich, vom Bett aufgestanden, und den Leib mit einer Salbe, welche sie aus einem verborgenen Geschirr genommen, ziemlich angeschmiert, nachmals sich auf einen Stecken oder Besenstiel gesetzt, und zum Fenster hinausgefahren, nach solchem hat der Vorwitz mich unbehutsames Mädl auch dahin veranlaßt, daß ich gleichmäßig solche Salben gebraucht, und folgsam wider meinen Willen eben daher geflogen, allwo ich meine Mutter angetroffen, welche sich nit wenig ob meiner Gegenwart entsetzt, als ich aber sahe, daß sie diesem neuen kleinen Knaben im Bettl gefährlich nachgestellt, und mir mit dem Finger zu stillschweigen gedrohet, hab ich den Namen Jesu ausgesprochen, worüber die Mutter verschwunden, und ich also allhier verlassen worden. Unzahlbar viel dergleichen Begebenheiten könnten dabey gebracht [285] werden, woraus klar erhellet, wie erschrecklich denen bösen Geistern falle der Name Jesu, wie geschwind solcher all dero Macht zu Rauch mache, und weit besser dem Satan die Stärke genommen werde durch den Namen Jesu, als dem Samson durch die schöne Dalilä.

Der heiligmäßige Mann Thomas Kempensis ist von dem Teufel und höllischen Satan bei nächtlicher Weil über alle Massen geplagt worden, zumalen diese verdammte Larve in abscheulicher Gestalt zu seinem Bettl hinzu getreten, worüber er den englischen Gruß angefangen eifrigst zu beten, und sobald er zu diesen Worten: gebenedeit ist die Frucht deines Leibs Jesus, da haben sich die verdammten Geister in die Flucht geben, daß also wahr ist, was zu Apostel Zeiten geschehen: In dem Namen Jesu werden sie Teufel austreiben.

Mit dem Stein hat David den Goliath, mit dem Nagel hat Jahel den Sisara, mit dem Schwert hat Judith den Holofernes, mit der Lanze hat Joab den Absalon überwunden, aber mit dem Namen Jesus überwinden wir den höllischen Feind. Samson jagt in die Flucht die Philistäer, Josue die Amalechiter, David die Ammoniter, Jesus aber die bösen Feinde; dahero soll man bei den Sterbenden, allwo der bösen Feind Ernst und größte Macht sich einfindet, den süßen Namen Jesus für einen Schild und geistliche Waffen ergreifen. O was harter Kampf ist dieser letzte in dem Sterb-Stündl, weil dazumal die verdammte Larve allen möglichen Versuch thun, den armen, schwachen, und mit dem Tod ringenden Menschen [286] zu übervorthlen und in ihre Klauen zu bringen; wer solches wohl zu Gemüth führt, der wird alle Tag, wo nit alle Stund den gütigisten Gott mit aufgehebten Händen um die Gnad bitten, daß er doch bis auf den letzten Abdruck möge den Namen Jesus mit Mund und Herzen aussprechen, sich wider solchen abgesagten Feind damit zu schützen.

Wie Jesus Christus, unser Heiland, in dem Garten Gethsemani die Tods-Aengsten ausgestanden, hat er dergestalten gelitten, daß die häufigen Bluts-Tropfen am ganzen Leib aus allen Schweiß-Löchern wie die runden Kügerl herab geflossen, und spricht der h. Paschasius, daß solche Aengsten verursacht habe die erschreckliche Erscheinung der höllischen Geister, nit als hätte der Herr und Heiland sich so stark entsetzt ob diesen höllischen Larven, sondern weil er vorgesehen, daß alle Menschen in ihrem Sterbstündl einen so harten Streit und gefährlichen Kampf mit solchen verdammten Geistern werden haben.

Der große h. Mann Vincentius Ferrerius erwägt wohl dasjenige Geheimnuß, als der gebenedeite Heiland seinen Geist mit großem Geschrei und Weinen aufgeben, cum clamore valido, zumalen es natürlicher Weis' fast nicht konnte seyn, daß er wegen so langer und grausamer Marter ganz abgematt, hätte laut schreien können: müsse demnach eine sondere Ursach dessen gewesen seyn, und zwar diese, wie der böse Feind Christum den Herrn verursacht hat in der Wüste, und damalens nach allem angewendten Fleiß und Arglist nichts richten können, reliquit eum ad tempus, so hat er ihn auf eine Zeit verlassen, und [287] gedacht, er wolle warten bis auf sein Tod-Bettel, so bald nun Lucifer vermerkt, daß Christus auf dem Kreuz bereits dem Tod nahete, hat er alsobald einen schnellen Aufbot an alle Teufel ergehen lassen, welche dann unverzüglich von Luft, von Wasser, von der Erd, von der Höll sich auf den Berg Calvariä verfügt, daselbst Million tausendweis in den schrecklichsten Gestalten und Larven erschienen, Lucifer aber in eigner Person und dem rechten Zwerch-Holz des Kreuzes sich eingefunden, und drei ganze Stund, als damalen eine Finsternuß worden über den ganzen Erdboden, mit aller Macht und Kräften und Gewalt gesucht den sterbenden Christum zu stürzen und in seine Gewalt zu bringen; wie dann solches der Satan selbst bekennt dem h. Martino, als dieser h. Bischof in das Tod-Bettel gerathen, und ihn der böse Feind zu schrecken, zu versuchen sich unterstanden, hat ihn der h. Mann mit harten Worten angefahren, quid astas cruenta Bestia? was stehest du da, du grausame Bestia? du findest nichts tadelhaftes an mir, worauf der Satan ganz trutzig geantwortet: astiti Christo, cur non tibi? ich bin in Christo Tod gegenwärtig gewest, warum nicht bei dir? In herzlicher Erwägung dessen, daß ein jeder Mensch in seinem Sterbstündl von höllischen Feinden unbeschreiblich angetast und geplagt werde, hat Jesus mit lauter Stimm aufgeschrien, und aus Mitleiden gegen uns bitterlich geweint. Also bezeugen über die Wort, tunc reliquit, Matth. 4. Kap. August. Gregor. Athanasius, Theodoretus.

In der Chronik St. Dominici wird von dem [288] seligen Joanne Taulero gelesen, was solcher für Versuchung und Streit in seinem Sterbstündel ausgestanden; der war jederzeit ein Mann eines sehr heiligen Wandels, also daß er mehrmalen in seinen Predigten verzückt worden, welches nicht ein geringes Zeichen seiner Heiligkeit. Dieser gottselige Diener Gottes Taulerus kommt in das Tod-Bettl, in die letzten Tods-Aengsten, in welchen er einen solchen heftigen Streit und Kampf ausgestanden, und von den unsichtbaren Feinden also geängstiget worden, daß viel aus seinen umstehenden Ordens-Leuten und Geistlichen vermeint, dieser Mann seye aus gerechtem Urthl Gottes verdammt worden, nachdem er aber in diesem erbärmlichen Kampf mit Hitz und Schwitz die Seel aufgeben, so ist er nächtlicher Weil einem seiner guten Freund, einem Religiosen erschienen, welcher anfangs an solchem Gesicht erschrocken; nachdem er aber von ihm getröst worden, unterstehet er sich zu fragen, wer er seye? Eggo sum Joannes Taulerus, war die Antwort, ich bin Joannes Taulerus, dein gewester guter Freund. Der andere fragt ferners, in was Stands er sich befinde, zumalen er in seinem Tod-Bettl solche verzweifelte Gebärden gezeiget, daß viel hierdurch vermuthet haben, er sey verdammt, darauf Joannes Taulerus geantwort, liebster Frater, sprach er, die bösen Geister aus der Höll haben mich also mit ihren Gestalten gequält in meinem Tod-Bettl, mit solcher List mich angegriffen, mit so großer Ungestümmigkeit mich umgeben, daß, wann mir die göttliche sondere Gnad nicht wäre beigesprungen, wäre ich bald in eine Verzweiflung gerathen; liebster Frater, wann ich in meinen letzten Todsnöthen [289] hätt können reden oder schreien, so hätt ich dermassen geheult und geschrien, daß meine Stimm weit und breit wäre erschollen.

Dieses ist begegnet einem gottseligen Religiösen, einem, der ein Spiegel war der Vollkommenheit, einem, der sein Leben im Dienst Gottes zugebracht, einem, der nichts um die Sünd gewust, was wirst du zu gewarten haben, du Sünder? der nach der Welt Regel lebt, strebt und schwebt? du? der weniger gute Werk als Blumen zählt, der rauhe Februarius! Dieß ist begegnet Christo dem Herrn selbst, welcher der Brunn und Ursprung aller Heiligkeit, wie wird es dann dir gehen, o sündiges Adams-Kind? der du alle Tag, alle Stund, und fast alle Augenblick entweder die Gebot Gottes, oder die Gebot der Kirche, oder die Gebot der Natur überschritten. Mich wundert nit, daß Philippus III, großer Monarch in Spannien, in seinen Todsnöthen aufgeschrien: wollte Gott, wollte Gott, ich wäre diese 22 Jahr, in denen ich die Kron und Scepter geführt, ein armer Einsiedler gewest in einer wilden Wüste! Warum Philippe? darum, diese verruchten Geister ängstigten ihn wegen so viel Millionen Seelen, von denen er allen soll bei Gott Rechenschaft geben. Mich wundert nit, daß der h. Ludovicus Bertrandus östermals mitten in einem Discurs und Reden davon geloffen, sich in eine Zell eingesperrt, geheult und geweint, und den Kopf auf die Erd gestoßen; und als er dessenthalben wurde befragt, gab er die Antwort: wie kann ich ruhig seyn, weiß ich doch nit, was ich in meinem letzten Stündl für eine Sentenz werde empfangen. Mich wundert [290] nicht, daß der h. Einsiedler Hilarion, dessen Leben mehr einem englischen Wandel gleichete, in seinem Todbettl am ganzen Leib gezittert, und seiner Seel endlich selbst zugesprochen: meine Seel, was fürchtest du dich dann? 80 ganzer Jahr hast du Gott gedient, und fürchtest noch den Tod? Mich wundert deren aller nit, zumalen der h. Thomas von Aquin ausgesagt, daß ein solcher Streit und grausamer Kampf in eines jeden Sterbstündl wegen der höllischen Feind entstehe, daß, wofern nit eine sondere große Gnad Gottes zu Hülf komme, keiner, oder gar wenig selig werden.

Absalon, schöner als frömmer, liebreicher als lobreicher, holdseliger als gottseliger, zumalen seine Haar dem gezogenen Goldfaden gleichten, dem Trutz geboten, wurde einsmals von seinen Feinden verfolgt, daß er Noth halber mußte die Flucht nehmen, und als er unter einem Eichbaum wollte mit seinem Maulthier durchsprengen, ist er mit seinen Strobl-Haaren hangen geblieben, dahero ihn der Joab mit einer dreifachen Lanze ermordt; Rabbi Salomon spricht, daß, wann Absalon dazumal hätte geschwind die Haar abgeschnitten, hätt er sich gar leicht können erretten, so Absalon zur selben Zeit hätte Baroka getragen, wär es gut für ihn gewest. Warum aber daß Absalon, welcher ohnedas ein bescheider und verständiger Prinz war, damal ihm nicht mit dem Degen, den er auf der Seite getragen, die Haarlocken abgeschnitten, wäre es doch leicht und geschwind geschehen gewest? Tostatus mit gedachtem Rabbi Salomon spricht: daß Absalon dazumal wegen des herbei nahenden Tods seye [291] also erschrocken, daß er nicht gewußt hat, was er soll anfangen, der balde Tod, die offene Höll, der Teufel auf der Seite, das verletzte Gewissen, die herzu nahende Ewigkeit, die ungewisse Sentenz entrüsten den armseligen Menschen dazumal, daß er nit weiß, was er soll anfangen, forderist die unsinnige Gewalt, du grausame Ungestümm der verdammten Larven ängstigen den elenden Sterbenden dermassen, daß leider gar viel in den letzten Zügen in Verzweiflung gerathen.

Mit meinem Gewissen bekenn' ich es, daß ich einsmal zu Wien (geschweige die Zeit und Gelegenheit) einem Sterbenden beigestanden, welcher dergestalten getobt, als wie ein brüllender Löw, es stunden ihm die Augen ganz offen, feurig ausgetrieben, die Zung gar wohl eine halbe Spannlang aus dem Rachen heraus gestreckt, die Haar über sich, wie man zu sagen pflegt, gen Berg, der häufige Schweiß auf dem Angesicht, in allem eine so abscheuliche und entsetzliche Gestalt, daß mein Bruder Laicus, der vorhin ein beherzter Soldat etlich Jahr gewesen, samt andern 6 Personen die Flucht aus der Kammer genommen, und mich allein in diesem erschrecklichen Kampf verlassen; wie es mir um das Herz gewest, ist leicht zu erachten, und hat es gar nit viel gefehlt, daß ich ihm nit das Geleit zum Tod geben. Ich konnte aus allem diesen unschwer abnehmen, was Angst und Gewalt er von den höllischen Geistern erlitten, der barmherzigste Gott gebe es, daß er in solchem strengen Kampf überwunden habe (an welchem ich stark zweifle), es ist weder dieß noch andere ein Gedicht, sondern bleibt noch als ein Glaubens-Articul gewiß und wahr, [292] daß der Satan all seine Macht und Stärke gebrauche in dem Sterbstündl eines Menschen.

O Gott! o Gott! viel hat gelitten jener arme Reisende von Jerusalem nach Jericho, als er unter die Mörder und Straßen-Räuber gerathen, die ihn erbärmlich haben verwundet und zugericht; aber noch mehr und unbeschreiblich mehr leidt der Sterbende in seinem Ruhebettl, wann er reisen will in die Ewigkeit, wie grausam und unbarmherzig tractiren ihn die höllischen Straßen-Räuber, die mehrmalen in einer unzahlbaren Anzahl sich einfinden. P. Joan. Gregorius à Jesu Maria, Theologus de propaganda fide, zu Neapel aus meinem Orden, als er zu St. Dominico de Soriano in einer besessenen Person den Teufel beschworen, hat ihm solcher gedrohet, er wolle ihn auch ängstigen in seinem Todbettl, worauf der fromme Mann gefragt, wie viel ihrer werden seyn, più che sono fogli, in quel bosco di Soriano etc., mehr, sagte der Satan, mehr werden unser bei deinem Tod seyn, als Blätter in dem großen Wald zu Soriano.

Gleichwohl, mein Adams-Kind, sey getröst in diesem größten Streit, in dieser unbeschreiblichen Angst, in diesem letzten Kampf, in Mitte der Tods-Schmerzen, in Mitte der höllischen Geister, in Mitte der Zeit und Ewigkeit nimm deine Zuflucht zu dem süßesten Namen Jesu. Aber verehre solchen vorhero bei deinen Lebzeiten, damit du die große Gnad habest, dazumalen in deinem Sterbstündl solchen öfter auszusprechen. Diese Gnad hat gehabt der h. Ignatius Lojola, Stifter der Societät, welcher mit dem süßesten [293] Namen Jesu im Mund seinen Geist aufgeben. Solche Gnad hat auch gehabt der h. Franciscus Xaverius, welcher zu Sancion mit diesen letzten Worten selig verschieden: »O Jesu, du Sohn Gottes, erbarm' dich meiner.« Diese Gnad hat auch gehabt der selige Aloisius Gonzaga, dessen letzte Worte und Lebens-Athem war: »O Jesus! o Jesus!« Solche Gnad haben noch viele andere mehr gehabt, und solche wirst du auch in deinem Sterbstündl erlangen, wann du bei Lebszeiten den Namen Jesus mit Andacht verehrest, wann bei deinem Aufstehen das erste Wort wird seyn Jesus, wann bei deinem Schlafengehen das letzte Wort wird seyn Jesus, wann all dein Thun und Lassen wird in dem Namen Jesu den Anfang nehmen und das End, wann aus deinem Herzen unter Tagszeiten bisweilen in einem Schußgebetl ein Seufzer mit dem Namen Jesus ausbricht, wann du in deiner Behausung auf der Thür und Wand den gezeichneten Namen Jesus-Nam in Ehren haltest, sodann fasse eine steife und feste Hoffnung, dein letzter Abdruck im Sterbstündl werde nit anderst seyn, als Jesus und Maria.

Die Naturkundigen schreiben von den Gänsen, wann sie über das Meer fliegen, damit sie durch ihr angebornes Schnattern nit unter die Greife und nachstellenden Raubvögel gerathen, also pflege ein jeder aus ihnen ein Steinl in Schnabel zu nehmen, wodurch sie der Gefahr und dem Untergang entgehen, und folgsam aus des Feindes Klauen entgehen. In unserem Sterbstündl und letzter Lebenszeit müssen wir alle Menschen bereit seyn, über das bittere Meer des[294] Todes in ein anders Land, und zwar in die Ewigkeit zu fliegen; auf daß wir aber den höllischen Raub-Vöglen, welche in unzahlbarer Anzahl uns nachsetzen, mögen entweichen, ist nichts rathsamers, als ein Steinl in das Maul zu nehmen, aber was für eins?

Vernehme meine andächtige Seel, was dem gottseligen Mann Alphonso a Spina, Franciscaner-Ordens, widerfahren, als erst gedachter eifrige Religios geprediget, und sein apostolisches Absehen war, der Seelen Heil zu befördern, weil er aber gar einen geringen Nutzen durch seine Predigen gespürt, ist er derenthalben mit sehr melancholischen Gedanken überhäuft worden, und als er einst dessentwegen sehr traurig bei dem Convent-Brunn des Klosters zu Valesolet gesessen, vernimmt er eine Stimm vom Himmel, er soll den Amper in den Brunnen hinunter lassen, und Wasser herauf schöpfen; als er solches gethan, fand er auf dem Boden des Ampers 24 weiße Steinlein, in welchen der heiligste Name IHS ganz natürlich gezeichnet war, wegen der 24 Predigen, welche alle er daselbst von dem Namen Jesu gehalten.

Solche Steinl, eifriger Christ, befleiß' dich, in dem Sterbstündl in das Maul zu nehmen, damit du sicher in die glückselige Ewigkeit reisest; den Namen Jesu behalt auf der Zung, der soll das beste Kraft-Zeltel seyn; den Namen Jesu zeichne auf die Stirn, der soll dein bester Umschlag seyn: bitt, und bitt alle diejenigen, welche sich bei deinem letzten Abdruck und Hinscheiden werden einfinden, sie sollen nicht aufhören, den Namen Jesus und Maria dir in die Ohren zu schreien, damit das Herz, wann die [295] Zung schon kraftlos, möge noch Jesus, Jesus aussprechen.

Eins ist, wessenthalben viele Menschen eine Unterrichtung brauchen; benanntlich, es steht nit wohl, wann man in allen auch ungereimten Begebenheiten den süßesten Namen Jesu so leicht und unbedachtsam ausspricht, wie dann bereits bei vielen der üble Mißbrauch eingewurzlet, daß er zu allen auch lasterhaften Dingen und Spottworten den heiligsten Namen Jesus zusetzet, welchem doch Himmel und Erd und Höll die größte Ehr anthun, und die Knie biegen. Man soll wohl erwägen, wie einmal der Satan aus einer besessenen Person zu Kapharnaum Christum den Herrn angeredt: Jesus von Nazareth bist kommen, uns zu verderben. Worauf alsobald der Herr dem Teufel befohlen, obmutesce, er soll das Maul halten. Eine unverschamte Goschen, worin meistens lauter Unflath, soll sich nicht unterstehen, den Namen Jesus auszusprechen; zu einem jeden Kinder-Possen und Affenspiel soll man nit so leicht dieses herrlichste Kleinod hinzu werfen. Die großen Glocken in vornehmen Stift-Kirchen läutet man nit alle Tag, sondern bei solemnen Festtägen, auch der Hall und Schall des heiligsten Namens Jesu soll nit zu allen geringfügigen Dingen gehört werden. Jenes Weib in dem Evangelio, wie sie die Mutter Gottes und dero liebsten Sohn wollte loben, hat allein diese Wort hören lassen: »Selig ist der Leib, der dich getragen, selig ist die Brust, welche du gesogen.« Sie hat ihr nicht getraut zu sagen: selig ist der Leib, der Jesum getragen etc., soll also nit ein jeder Kuchel [296] Schlamp, nicht eine jede Gassen-Kehrerinn so leicht den Namen Jesus aussprechen, dann der allzuöftere und unbedachtsame Ausspruch dieses heiligsten Namens mehr zu einer Unehr gereicht, und einer Verachtung und Geringschätzung nicht ungleich ist, welches dann dem Himmel höchst mißfallet. Es war Pilatus so scrupulos, daß er vorher die Händ gewaschen, ehe er den Namen Jesus auf das Kreuz geschrieben.

Es kann einen wohl schrecken jenes, was da erzählt Hadrianus Lyräus, daß nemlich zwei Schiffleut von den Meer-Räubern ausgeplündert, jedoch ihr Leben in einem kleinen Schiffel salvirt, und als sie zu spater Abendzeit in einer Insul, de Re genannt, angelandet, und da sie von Haus zu Haus um eine Herberg gebeten, kommen sie ungefähr zu dem Haus eines Ketzers, wie sie denselben bittlich um eine Nachtherberg ersucht, dieser aber in grobe Wort ausgebrochen, sie für Dieb und Mörder gehalten; Jesus, Maria, sagten sie, solche seynd wir uit. Kaum daß sie solche heiligste Wort hören lassen, eben dessenthalben, widersetzt der Böswicht, behalt ich euch nit über Nacht, gehet gleichwohl zu Jesus Maria, daß sie euch einen Unterschleif geben. Wurden also die zwei gezwungen, die Nacht hindurch bei einer Kirchthür unter dem freien Himmel zu liegen, weil anderwärts kein Plätzl ihnen vergönnt worden; selbige Nacht ist gedachter schlimmer Gesell, welcher die heiligsten Namen also geschimpft, frisch und gesund und wohlgesättiget schlafen gangen, zu Morgens aber todt, kohlschwarz in einem Sautrog, in Mitte des Stalls gefunden worden, welches allen daselbst einen ernstlichen [297] Anlaß geben, einen frömmeren Wandel zu führen, in Gottesfurcht leben, und die heiligsten NamenJesus und Maria nit entunehren.

Judas der lasterhafte Gesell
Judas der lasterhafte Gesell wird durch Einrathung, Anspornung, mit Hilf und Anlaß des Satans zu solcher Verrätherei und größter Untreu angetrieben.

Lucas der evangelische Maler dunkt seinen Pemsel in eine schwarze Farb und Kienruß, entwirft damit den garstigen Satan und bissigen Höllhund, wie solcher Schmutzengel den gottlosen Iscarioth eingenommen, folgenden Lauts: »Es nahete das Fest des ungesäureten Brods, welches Ostern genannt wird, und die Hohenpriester und Schriftgelehrten trachteten, wie sie Jesum tödten möchten, sie fürchteten sich aber vor dem Volk, es war aber der Satan in den Judam gefahren, der mit dem Zunamen Iscarioth genannt wird.« Wobei zu merken, daß der leidige Satan nit auf solche Weis' sey in den meineidigen Apostel gefahren, als wolle er dessen Leib besitzen, wie jenen elenden Tropfen in der Gerasener Landschaft, in welchem eine ganze Legion, das ist so viel als 6666 unreine Geister wohnhaft waren; noch auf solche Weis', wie er in dem König Saul getobet, [298] welchen er ganz unsinnig und rasend gemacht hat, sondern nach Aussag und Lehr unsers h. Vaters Augustini, auch nach Lehr des h. Thomä, ist der Satan nur in den Iscarioth gefahren mit seinen bösen Einrathungen, lasterhaften Gedanken und gottlosen Anleitungen, wodurch der verkehrte und vorhin schon diebische Judas zu mehreren Bosheiten angehetzt, und endlich gar zur Verrätherei des gebenedeiten Messiä angefrischt worden, was Uebel und Schaden in der ganzen Welt verursache.

Nachdem der allmächtige Gott mit dem kleinen Wort Fiat Himmel und Erd, mit diesen 4 Buchstaben die 4 Theil der Welt so wunderlich erschaffen, und aus dem puren Nichts erhebt, ist eine fast einhellige Meinung der h. Lehrer, daß dazumal der Allerhöchste auch die lieben Engel erschaffen, als reineste Geister, vollkommene Geschöpf und überherrliche Creaturen, weil aber Lucifer der fürnehmste wegen seiner so hohen Gaben sich übernommen, und kurzum wollte gleich seyn dem Allerhöchsten, also ist er, nachdem er die Güte des Himmels gar kurz genossen, mit allem seinen Anhang durch den Erzengel Michael und dessen gesamten Alliirten von dem Himmel verstoßen worden, wovon der meiste Theil in den Abgrund, als in ein ewiges Gefängnuß und Kerker, welcher die Höll genennt wird, verbandisiret. Einer unzahlbaren Anzahl aber dieser abtrünnigen Engel seynd auf der Welt, jedoch nicht ohne bei sich habender höllischen Pein verblieben, von welchen verdammten Larven und teuflischen Abentheuern so viel Uebles in der Welt erweckt wird.

Die katholische Kirch unter andern löblichen Segnungen [299] schreibt auch die Weis' und Manier, wie man solle den bösen Feind beschwören in einem bessessenen Menschen, und zwar anfänglich wird dem Priester auferlegt, daß er gleich den Namen des Teufels soll erforschen mit diesen Worten: »Ich befiehl dir unreiner Geist, durch die Geheimnuß der Menschwerdung, des Leidens, der Auferstehung, der Himmelfahrt unsers Herrn Jesu Christi, durch die Sendung des h. Geistes, und durch die Ankunft unsers Herrn zu dem letzten Gericht, sag mir deinen Namen.« Woraus dann folgt, daß die verdammten Geister gewisse Namen haben, die ihnen zwar nit wegen ihrer Natur, sondern wegen ihrer Operation und Wirkung geschöpft worden. Aus göttlicher h. Schrift und anderer Lehrer kann man wenig Namen finden solcher bösen Gespenster, außer diese: Lucifer, Leviathan, Mammon, Asmodäus, Belzebub, Belphegor, Baalberit, Astaroth, Abaddon, Merim, Rescheph, Beemoth, Belial, Lillit etc., welche alle, nach Beweisthum der Lehrer, lauter Fürsten und Regenten der anderen verdammten Engel seyn sollen; dann zu wissen, daß auch unter dem höllischen Geschwader und unreinem Kriegs-Heer eine Ordnung gehalten werde, und also einige Befehlshaber, andere Untergebene, dieser zu dem, der zu diesem verordnet, doch alle unter dem Lucifer, als einem Oberhaupt, welcher in Person Christum Jesum dreimal in der Wüste versucht hat, insgemein aber wird der böse Feind genannt ein Rebell Gottes, ein abtrünniger Engel, ein Betrüger der Menschen, ein Entunehrer des Himmels, eine Pest der Erde, ein [300] Schlücker der Seelen, ein Erfüller des Uebels, ein Verwüster des Guten, ein Aufbringer des Tods, ein Verschwender des Lebens, ein Feind des wahren Glaubens, ein Anhänger des Irrthums, eine Wurzel aller Fehler, ein Verwirrer des Friedens, ein Aufwiegler des Zwiespalts, ein Verfolger der Wahrheit, ein Vater der Lugen, ein Kind des Verderbens, ein Mörder zu Land und Wasser, ein Haupt der Gotteslästerer, ein Meister der Zauberer, eine Geburt der Sünd, eine verdammte Kreatur, ein schwarzer Mohr, ein grausamer Höllhund, ein Abgrund des Elends, ein wildes Abentheuer, eine alte Schlang, ein vergifter Drach, ein schädlicher Basilisk, ein unbändiges Vieh, eine ungestalte Larve, ein höllischer Raubvogel, ein blutgieriger Tieger, ein unersättlicher Wolf, ein brüllender Löw, ein giftiger Scorpion, ein stinkender Kothkäfer, eine abscheuliche Krot, ein verstohlener Rab, ein ungestalter Aff, und (so ihn meistens verdrießt) ein s.v. Sau-Zucker. Ich aber bleib bei dem Namen allein, und sag: der Teufel sey ein Schelm.

Anbelangend die Anzahl der bösen Feind ist solche unermeßlich groß, also daß auch etliche aussagen, weil der dritte Theil der Engel gefallen, daß sich die Zahl der Teufel in die hundert tausend Millionen erstrecke, da doch eine Million zehenmal hundert tausend in sich begreift; eigentlich aber, und mit wohlgegründtem Beweisthum, kann man die genaue Anzahl derselben nicht wissen, wohl aber ist aller Lehrer feste Meinung, als sey der Ort, so zwischen Himmel und Erd, ganz voll mit solchen verdammten Geistern. Lactantius halt gleichfalls darvor, sofern die verdammten Geister sollten Leiber [301] haben, würden solche höllische Mucken wegen ihrer unbegreiflichen Menge beim hellen Tag den allgemeinen Sonnenschein verdunklen, deßwegen ist kein Ort fast in der Welt, worin die verfluchten Mamelucken sich nicht aufhalten, und ihr einiges Absehen auf des Menschen Untergang haben, und du sagest noch: hol mich der Teufel!

Es bleibt nun wider die bethörte Lehr und grundlose Fabel des Alkoran, in rechter katholischer Wahrheit-Geschloß, daß die abtrünnigen Engel in ihrer verdammten Halsstärrigkeit auf ewig verharren, und nit, wie die in Irrthum verblendeten Arianer und Nestorianer vorgeben, daß die Teufel sich noch vor dem jüngsten Tag durch wahre Buß und Reu werden bekehren, und zur Gnad gelangen, sondern dero Willen und verbeintes Gemüth ist also wider den allmächtigen Schöpfer erbittert, daß sie auf ewig dessen Huld und Gnad gänzlich und hartnäckig ausschlagen, und weil sie dem höchsten Gott keinen Schaden können zufügen, also suchen sie ohne Unterlaß den Menschen, welcher zum göttlichen Ebenbild erschaffen, in allweg und unaussetzlich ins Verderben zu ziehen, gleichwie mancher von Rachgier angetriebene Bösewicht, wann er sich an jemand nicht rächen kann, wenigst sucht, dessen Behausung in Brand zu stecken; also, weil der verdammte Satan nicht bemächtiget ist, seinen Grimm an dem allmächtigen Gott auszulassen, bemühet er sich, allerseits, den Menschen als eine Behausung und Wohnplatz Gottes in das ewige Feuer zu werfen.

Die Gerasener waren gar übel zufrieden, wie bei ihnen Christus der Herr die Teufel mit Speck [302] tractirt, zumalen was anders für sie hätte gehört, die Sach hat sich also zugetragen: Dazumalen seynd zwei besessene Männer zu unserem Herrn geloffen, aus welchen die bösen Geister mit ungeheurem Geschrei den Herrn gebeten, er woll' doch ihnen die Licenz ertheilen, daß sie möchten in die nächste Heerd Schwein fahren. O ihr Sau-Narren! wollt ihr denn keine bessere Wohnung für euch, als diese wilden, gerießleten, stinkenden Thier? Es ist aber zu wissen, daß kein Thier einwendig wegen Lungel, Leber, Herz, Jugeweid dem Menschen so gleich, als wie die Schwein; indem nun diese höllischen Larven wußten, daß sie die Herberg bei dem Menschen müßten quittiren und verlassen, haben sie aufs wenigst begehrt, in dasselbe zu fahren, welches in etwas dem Menschen gleichet, dadurch ihren unersättlichen Haß und größten Neid gegen den Menschen zu zeigen, in welchem sie fast die Art und Eigenschaft haben eines grausamen Thiers, mit Namen Pardal, welches dem Menschen dergestalten aufsätzig, daß es dessen Contrafet und Bildnuß, auf das Papier gezeichnet, zu viel tausend Stuck zerreißt. Es ist nit so feind ein Napellus dem Leben, ein Raubvogel der Taube, ein Wolf dem Lämml, ein Fuchs der Henne, eine Krot dem Wiesel, ein Hund der Katze, ein Schneck dem Affen, ein Adler der Schildkrot, ein Storch der Fledermaus, eine Otter der Nachtigall, ein Magnet dem Knoblauch, wie der Satan dem Menschen.

Der h. Margarittä, wie sie nach ausgestandenen größten Tormenten in Kerker gestoßen worden, ist der Teufel wie ein grausamer Drach erschienen, und mit[303] aufgesperrtem Rachen sie verschlückt, nachdem sie aber das Zeichen des h. Kreuzes gemacht, ist solcher Drach mitten von einander zersprungen, und also Margaritta so unverletzt wie Jonas aus dem Wallfisch kommen. Ein andersmal ließ sich dieser Erbfeind wie der sehen in Gestalt eines Menschen, den aber die h. Jungfrau bei den Haaren auf die Erd niedergerissen, und ihn gezwungen zu sagen, warum er doch den Leuten, welche dem wahren Gott dienen, also aufsätzig sey? worauf der Teufel bekennt, wie daß er solches aus lauter Neid thue, dann er könn' es gar nicht sehen, noch gedulden, daß die Menschen, welche von schlechten Erdschrollen zusammen gepappt, sollen erhebt werden in Himmel, woraus sie auf ewig verstoßen werden.

Aus einer andern besessenen Person hat er neben vielen Sachen auch dieß bekennt: nachdem er durch so harte Beschwörung dahin getrieben worden, er solle sagen, was für eine Buß er wollte ausstehen, dafern er wieder möchte zur Seligkeit gelangen; ich, sagte der Teufel, wann es auch in meiner Gewalt stünde, wollte lieber mit einer Seel, die von mir verführt worden, in den Abgrund der Höll steigen, als in die himmlischen Freuden aufgenommen werden.

Des frommen Job seine Kinder seynd wohl müheselig zu Grund gangen, und ist ihnen ihr eigenes Haus zu einem Grab worden, und wo sie vermeint haben in guter Ding zu essen und trinken, seynd sie den Würmern zu einer Speis worden, damal war es wohl recht verhaust; aber wo? wie? wer? wer hat das Unglück angestift? wie hat es sich zugetragen? wo ist es geschehen? in dem Haus der Eltern, sonst waren [304] die an deren Brüder und Schwestern lustig, wohlauf, in aller guten Vertraulichkeit eins gezecht, die Jungfrauen auch? was dann, es gibt wohl mehr dergleichen Bibiana; wie nun die gesamten Gäst lustig und wohlauf waren, die Gesundheiten im besten Schwung, da erhebt sich ein gäher Sturmwind, welcher so stark getobt, daß er die vier Eck angegriffen, und das ganze wohlgebaute Haus zu Boden geworfen, mit dem war der armen Gäst ihre Zech bezahlt. Origines spricht, daß nit nur ein Wind sey gangen, weil alle vier Eck seynd angegriffen worden, sondern die Teufel geschwind wie der Wind haben auf allen Seiten zugeblasen, und wollt ein jeder der erste seyn zu diesem Verderben, ja sie empfinden hierin nit einen geringen Schmerzen, wann einer dem andern vorkommt in Peinigung der Menschen. Ingentem reputant dolorem, si prior illo alius praecedant ad ejus perditionem.

Zwei und siebenzig Jünger kommen mehrmalen zu unserem Herrn voller Freuden und Jubel, bringen zugleich die gute Zeitung, daß ihnen alles sehr wohl von statten gangen, was sie für ansehnliche Wunderwerk hätten gezeigt, sogar, welches ja zu verwundern, sogar, mein Herr, sagten sie, in deinem Namen seynd uns die Teufel unterworfen; worauf alsobald der Herr diese Antwort geben: Ich sahe den Satan vom Himmel fallen wie ein Blitz. Will nun jemand wissen, warum der göttliche Mund den Satan einem Blitz oder Donnerkeul verglichen? der erwäge wohl des Donners seltsame Eigenschaft, wie daß derselbe mehrmal nur das beste treffe; wie dann schon öfters geschehen, daß der Donner das Herz im Leib, den [305] Degen in der Scheid, das Geld im Beutel, den Wein im Faß, den Fuß im Stiefel, die goldene Kette am Hals, das Mark im Bein, den Kern in der Nuß getroffen, zerpulvert, zernichtet, und weder Schalen, noch Bein, noch Hals, noch Stiefel, noch Faß, noch Beutel, noch Scheid, noch Leib verletzt worden. Also ist auch der höllische Feind beschaffen, wie der Donner oder Blitz, nur das Beste aus allen Geschöpfen suchet er, nemlich den Menschen, und in dem Menschen die Seel, und in der Seel das Heil zu verderben und zu stürzen.

Dem h. Dominico hat der Teufel einsmal bekennt, daß ihm Gott habe vorgetragen, er soll ihm etwas erwählen aus seinen Geschöpfen; willst haben, sagt Gott, den Erdboden? der Teufel antwortet mit nein, ich bin nie ein Gartner oder Bauer gewest, will auch noch nicht anfangen; willst haben das Wasser oder Flüß, Meer, Teich, Bach etc., nein, sagt der Teufel, was ist mir das Baden nutz, ich werd doch nit weißer, zudem mag ich kein Fischer seyn; willst haben die Luft? auch nit, sagt der Satan, die Luft gehört für die Vögel, ich mag sie nicht aus ihrer Herberg verstoßen; willst haben den Himmel des Firmaments, worin und woran die schönen Stern und Gestirn? das laß ich wohl seyn, sagt der Teufel, da wär ich ein Narr, daß ich sollt diese runden Scheiben alleweil um und um treiben. Quid ergo vis, o mala Bestia? was willst du dann haben, o böse Bestia? nil aliud, nisi animas, nichts anders, antwortet die verdammte Larve, nichts anders, als Seelen.

[306] Ein abgedruckter Pfeil trachtet nit also nach dem Ziel, ein starker Stein nit also nach seinem Centro, ein durstiger Hirsch nicht also nach dem Brunnquell, ein Rab nicht also nach dem Aas, wie der Satan nach dem Menschen; er siehet, er sucht, er wüth, er flucht, er malt, er schreibt, er jagt, er treibt, er liebt, er lobt, er wüth, er tobt, er wacht, er sorgt, er wart, er borgt, er hupft, er springt, er pfeift, er singt, er fahrt, er reit, er kämpft, er streit, er fliegt, er geht, er kriecht, er steht, er los't, er paßt, er ruht, er rast, er schenkt, er schmiert, er kraust, er ziert, er grabt, er wuhlt, er kußt, er buhlt, er ruft, er winkt, er holt, er bringt, er gehet, er lauft, er beisset, er rauft, er macht, er bricht, er denkt, er dicht, er hockt, er sitzt, er schnauft, er schwitzt, er schaut, er fragt, er hetzt, er jagt, er kehrt, er butzt, er lacht, er schmutzt, er siedt, er brat, er mahnt, er rath, er weicht, er flieht, er schiebt, er zieht, er zährt, er zuckt, er stoßt, er druckt, er bellt, er beißt, er flickt, er reißt, er rehrt, er brüllt, er zecht, er spielt, er führt, er fahrt, er kratzt, er scharrt, er thut alles, alles, alles auf Erden, damit nur der Mensch soll sein werden, und du unbedachtsamer, elender, gewissenloser, unbehutsamer Mensch, rufest ihn noch, er soll dich holen? Wann dich Gott nicht behüt hätte, und sonders geschirmet hätte, so wär es schon längst geschehen.

Jene Gäst in dem Evangelio, nachdem sie eingeladen worden, seynd nit erschienen bei der Mahlzeit, sondern sich lassen mit unterschiedlichen Ausreden und Vorwand entschuldigen; ja, sagt einer, ich wär[307] gern kommen, aber ich hab einen Kauf eingangen wegen eines Maierhof, und dessenthalben hab ich dießmal nit können aufwarten. Der andere wendete vor, daß er Ochsen um sein baares Geld habe eingehandlet. Der Dritte war gar stark verhindert, dann er hab ein Weib genommen; seynd also diese drei eingeladenen Gäst ausgeblieben. Aber der Teufel ist gar nit vonnöthen einzuladen, es braucht kein Rufens, er kommt ungeladen, und wann es die Güte Gottes zuließe, so wäre dieser verdammte Geist augenblicklich und urplötzlich auf den Fluch und bethörten Wunsch da, und thät dich holen, und gib Acht, damit nit der so oft beleidigte Gott einmal über dich elendes Geschöpf verhänge, wie es schon mehrmalen geschehen ist.

In Sachsen hat eine junge und reiche Tochter einem wackeren, jedoch wenig begüterten Jüngling die Ehe versprochen, der Jüngling bedankt sich dessen bester massen, sagte aber, weil er dieses Geschlechts Wankelmuth wohl wußte, er glaub schier, sie werde ihr Wort nit halten; ich, sagte sie, ich soll einen anderen heirathen? wann ich einen andern nimm, als dich, so hol mich der Teufel am Hochzeittag. Was geschieht? mittler Zeit hat ein anderer ein Ansuchen gethan, und diese für eine Braut begrüßt; weil nun April und Weiberwill sich bald ändern, also hat sie diesem, weil er bei stattlichen Mittlen, das Jawort ertheilt: wessenthalben sie der erste öfters ermahnt, sie soll sich ihres Versprechens und harten Schwurs erinnern, ungeacht aber alles dieß mußte der erste mit dem Korb befriediget seyn, und führte der andere die Braut heim. [308] Der Ehrentag wird gehalten, die Mahlzeit ist herrlich, die Befreundten seynd wohlauf, die Gäst lustig, die Spielleut fleißig, die Gemüther fröhlich, der Wein häufig, aber die Braut wegen des nagenden Gewissens-Wurms war etwas traurig, man sucht aber auf alle Weis' solche aufzumuntern. Unterdessen kommen zwei, dem Ansehen nach edle junge Herren, in das Zimmer, welche man höflichst empfangen, auch sogar zu der Tafel gesetzt, haben es für ein sonders Glück aufgenommen, daß solche Gäst das Haus würdigen mit ihrer Gegenwart. Nach der Tafel ging der gewöhnliche Tanz an, man trug einem aus diesen Herren Ehr halber die Braut an, welche er mit aller Cortesi angenommen, und zweimal gar wacker und hurtig herum getanzt, nachmals in Gegenwart der Eltern, Befreundten, Benachbarten und anderen Gästen, die Braut mit einem erschrecklichen Heulen und Geschrei in die Luft geführt, und aus aller Menschen Augen entzogen; als den andern Tag mit höchstem Wehklagen von den Eltern die Braut gesucht wurde, seynd ihnen eben die gestrigen zwei Herren begegnet, der Braut Kleider und guldene Ketten eingehändiget, mit diesen Worten: in solche Ding haben wir von dem Allerhöchsten keine Gewalt gehabt, aber wohl in die Braut, worüber sie verschwunden.

O wie oft würde solches traurige Spectacul zu sehen seyn, wann nicht Gottes Barmherzigkeit dem Satan einen Zaun einlegte, wie oft würde dieß Wildschwein den göttlichen Weingarten verwüsten, wann nit der Höchste einen Zaun darum führte, wie oft würde dieser Feind die Stadt Gottes, welche der Mensch ist, [309] zerschleifen, wann nit der Allmächtige sie verschanzte, wie oft würde dieser höllische Raubvogel die Tauben des Herrn mit seinen Klauen zerreißen, wann nicht von obenher ein Schutz käme. Wär es ihm, diesem abtrünnigen Geist, erlaubt, so würde er auf einmal, wie Nabuchodonosor die drei Knaben, also er das gesamte menschliche Geschlecht in höllischen Ofen werfen, er thät auf einmal, wie der Engel des Senacheribs Kriegsheer, alle Menschen erwürgen, er thät auf einmal, wie der Ammon gesinnt war, die Hebräer, alle Adams-Kinder ausrotten, er thät auf einmal, wie Titus Vespasianus Jerusalem, die ganze Welt zu Boden stürzen, er thät auf einmal, wie die Hund das stolze Frauenzimmer Jezabel, alle Menschen zerreißen, er thät auf einmal, wie die Erd den Daton und Abiron, alle Menschen erschlücken, er thät auf einmal, wie Joab dem Alsalon, allen Menschen den Rest geben, er thät auf einmal, wie der Engel den Habakuk, nit in die Löwengrube, sondern in Abgrund der Hölle führen, und getraust dir noch zu wünschen:er soll dich holen.

Es seynd die verdammten Geister also erbittert über die Menschen, daß sie eine Freud und sonders Wohlgefallen empfinden, wann sie dieselbe verführen. Allhier ereignet sich nit eine geringe Frag, ob auch ein solcher von Gott und dem Himmel vertriebener Engel eine Freud oder eine Ergötzlichkeit könne haben, dann gleichwie ein Seeliger im Himmel auch von dem allermindesten Leid oder Traurigkeit nit kann ergriffen werden, also folgt, daß auch ein Verdammter und ewig Verlorener von der wintzigsten Freud nit kann beglückt [310] werden. Wie es dann zu verstehen, was der gekrönte David spricht: Quid tribulant me, exultabunt, si motus fuero: »Die mich plagen, werden frohlocken, wann ich sollte bewegt werden.« Auch schreibt Venerabilis Beda, daß es seye offenbart worden, wann die Teufel einige Seelen mit sich in die Höll führen, entstehe ein großer Jubel, ein unsinniges Lachen, ein allgemeines Frohlocken unter den Teufeln.

In dem hohen böhmischen Gebürg gegen Schlesien, hat sich vor wenig Jahren ein Teufel aufgehalten, welcher mehrmalen in unterschiedlichen Gestalten, auch gar oft wie ein Mönch den Reisenden daselbst das Gleit geben, und wann solche in der Wildnuß sich stark vergangen, und derentwegen wacker gescholten, hat sich dieser Bösewicht augenblicklich auf die höchsten Bäume, wie ein Vogel reterirt, und allda ein großes Gelächter, und höhnisches Frohlocken verbracht.

In der Grafschaft Horn ist ein Frauen-Kloster, worin der Teufel einen unbeschreiblichen Uebermuth erzeigt, neben anderen Dingen, die sich nit wohl schreiben lassen, hat er den Kloster-Frauen daselbst öfters anstatt Zucker Salz in die Zucker-Büchsen geschütt, die armen Frauen bei nächtlicher Weil dergestalten an die Fuß-Sohlen gekitzlet, daß sie, wann man ihnen nit wär beigesprungen, sich müssen zu todt lachen, er hat ihnen öfters das Bett mit Unflath besudlet, und noch darüber in allen Winklen ein Gelächter verbracht.

Es giebt auch die öftere Erfahrenheit, daß die Teufel aus den besessenen Personen ein großes und helles Gelächter über ein oder die andere vorgebrachte [311] Frag hören lassen, aus welchem dann vermuthlich zu schließen, daß diese abtrünnige Bösewicht einer Freud und Ergötzlichkeit fähig seyn; alles dieß mit sicherer Wahrheit zu entörtern, muß man wissen, daß die verdammten Geister, wo und wie sie sich immer in der Luft, oder auf Erden aufhalten, stets an sich, bei sich, in sich die Höll tragen, und von der Pein nit einen Augenblick befreit seyn, weil aber solche Pein ab- und zunimmt, also kann wohl zugelassen werden, daß in Abnehmung der Pein sie eine kleine Ergötzlichkeit genießen, dann ihre große Qual bestehet in dem Neid, wann sie nemlich sehen, daß ein Mensch, ein schlechter Erdschrollen in Himmel steigt, woraus sie so spöttlich verstoßen worden. So oft aber einige Seelen in das ewige Verderben durch sie kommen, ist folgsam der Neid nit mehr gegen diesen, die mit ihnen bereits verdammt und verloren seyn, dahero solcher entfallene Neid gegen diesen ein kleiner Nachlaß der Pein, massen solche im Neid bestehet, und dieses kann ein Contento, oder Freud der höllischen Geister genennt werden, also ist der Meinung der h. Thomas de Aquin.

Dannenhero nicht mit Unfug kann gesagt werden, des Teufels seine eigene Freud bestehe in Stürzung der Menschen, Verschwendung des Heils und Verlurst der Seeligkeit, und ist seine einige Freud, wann er dem Menschen zu Seel und Leib kann schaden, seine Freud war ihm, wie er den Adam und Eva hinter das Licht geführt, und ihnen vorgelogen, sie werden, wie die Götter werden, wessenthalben, spricht Procopius, cachinnabatur Daemon, hab der Teufel dazumal überlaut gelacht im Paradeis, seine Freud war[312] ihm, wie er in dem Haus Noe den Cham, in dem Haus Abraham den Ismael, in dem Haus Isaak den Esau, in dem Haus Jacob die sauberen Brüder, in dem Haus Putiphars sein sauberes Weib zum Bösen angestift; seine Freud war ihm, wie er den Pharao wider den Mohren, die Jezabel wider den Eliam, ganz Samaria wider den Elisäum, den Achab wider den Michäam, den Nabuchodonosor wider den Daniel, den Senacherib wider den Tobiam, die Phenenna wider die Anna, die Agar wider die Sara, den Saul wider den David, den Antiochum wider die Machabäer, den Herodem wider den Joannem, den Simon Magum wider den Petrum, die Juden wider Hat angesetzt, angefrischt, angespohrt: seine Freud ist ihm, wann er dir deinem Leib, deiner Seel, deinen Kindern, deinem Haus, deiner Wirthschaft kann einen Schaden zufügen, und hierzu ist er so geschwind, wie der Wind, in solcher Eil, wie ein Pfeil, und du rufest ihn noch, er soll dich holen.

Des Teufels bin ich. Wann man zuweilen die kleinen Kinder fragt, wem gehörst du? so geben sie mehrmal die Antwort, meinem Vater, nit übel geredt. Aber große Limmel, ungeschlachte Schiefernikl, ungeberdige Phantasten (ich kanns nicht Christen nennen) geben ohne fernere Nachfrag an Tag, wem sie zugehören, des Teufels bin ich, wann ich ihm das Ding schenk, des Teufels bin ich, ich hab es selbst um einen höhern Werth kauft, des Teufels bin ich, wann dem nit also ist etc. O ihr unbehutsame Adams-Kinder, ihr wißt ja gar zu wohl, wie die Pharisäer Christo dem Herrn ein Geld gewiesen, da sie ihn mit [313] Worten begehrten zu fragen, ob man dem Kaiser soll einen Zins geben? hat der Heiland alsobald gefragt, was vor ein Bildnuß auf der Münz? und wie sie gesagt, des Kaisers, wohlan, sagt der Herr, so gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. Was tragt ihr sterbliche Menschen für ein Bildnuß an euch? Gottes ohne Zweifel, ad imaginem Dei, dann zu dessen Ebenbild hat er euch erschaffen, so gebt dann Gott diese Bildnuß, und laßt euch nit hören,des Teufels bin ich. Wißt ihr nit, was ihr in der h. Tauf durch den Göthen habt Gott versprochen? nemlich, ich widersag dem bösen Feind. Dannoch ist aus manchem ungewascheuen Maul nichts mehrers zu hören, als des Teufels bin ich; vernehmt ein wenig, wie der Teufel beschaffen.

Leopoldus, damalen Herzog in Oesterreich, welcher mit Ludovico aus Bayern, römischen König, viel Krieg geführt, begehrte auf eine Zeit von einem Schwarz-Künstler und Hexenmeister, daß er ihm soll den Teufel zeigen, dieser entschuldiget sich dessen, vorwendend, wie daß solches ohne merklichen Schaden nit könne geschehen; weil aber der Herzog noch inständiger verlangt, also hat er darein verwilliget, und in Gegenwart anderer den Teufel in so abscheulicher Gestalt in das Zimmer gebannt, daß Leopoldus alsobald aufgeschrien, satis est, es ist genug, worüber er krank in das Bett geführt worden, und bald darüber gestorben. So häßlich ist dieser Geist, und du willst noch des Teufels seyn?

Der Teufel hat die sieben Männer der Sarä, einer Tochter Raguelis, jämmerlich erwürgt.

[314] Der Teufel hat die Pest über Israel gebracht.

Der Teufel hat den Job um alles das Seinige gebracht, und zum elendesten Menschen auf Erden gemacht.

Der Teufel hat den Corinthium erschrecklich gepeiniget.

Der Teufel hat den Saul unsinnig gemacht.

Der Teufel hat den besessenen Menschen im Evangelio bald ins Wasser, bald ins Feuer geworfen.

Der Teufel hat die Apostel gereuttert, wie das Traid durch ein Sieb.

Der Teufel ist der Vogel gewest, welcher den guten Saamen in dem Evangelio hat aufgefressen.

Der Teufel hat die Tochter des Cananäischen Weibls erschrecklich gepeiniget.

Der Teufel hat, in Gestalt eines Bettlers, die erschreckliche Pest nach Ephesum gebracht, von Haus zu Haus das Almosen gesammelt, und vor das Deo gratias die Pest an Hals gehängt, bis er sich nachmals in einen großen Hund verändert, und die Stadt verlassen.

Der Teufel hat Anno 465 in Gestalt eines alten Weibs, die Stadt Constantinopel dergestalten in Aschen gelegt, daß vier ganzer Tag aneinander gebrunnen.

Der Teufel hat Anno 558 unter Regierung Ludovici II. die Stadt Mainz 3 ganze Jahr mit allen unbeschreiblichen Plagen beunruhiget.

Der Teufel hat Anno 1160 durch Zulassung und göttliche Verhängnuß, die ganze Stadt Freysing in Bayern verbrennt, wie er sich dann in unterschiedlicher Gespenstern Gestalt bei Tag und Nacht hat sehen lassen.

Anno 1551 in der Vigil Simonis und Judä, haben 5 Böhmen die ganze Nacht geschlempt, gesoffen, [315] gespielt, und etmal dem Teufel, welcher an der Wand dem h. Ertz-Engel Michael unter die Füß gemalt war, eins aus dem Vier zugebracht, zu Morgensfruhe hat man gefunden, daß ihnen allen der Teufel den Hals umgewürgt.

Der Teufel hat Anno 1585 in dem polnischen Markfleck Podlah, einen Menschen, um weil er frecher Weis' am Freitag Fleisch geessen, dergestalten grausam besessen, daß er ganz unsinnig worden, ihn endlich auch gar erwürgt.

Anno 1595 hat der Teufel einen Prädikanten in Schweizerland, weil er wider das Gnaden-Bild der Mutter Gottes zu Monte Real spöttlich geredt, in Gegenwart aller Leut von der Kanzel geholt.

Im Mainzerischen Gebiet hat ein junges Mädel einen Trunk begehrt, worüber ihr die Mutter zu trinken geben, jedoch mit dem Fluch, trink, daß du den Teufel trinkest! welcher alsobald in sie gefahren, und sie, wie ein glühender Brand, im Leid gepeiniget.

Zu Wien in Oesterreich unter dem Landhaus, zu Prag in Böhmen, zu Rom in Italia, zu Luca in Wälschland, zu Paris in Frankreich, zu Neapel in Sicilia, und an vielen andern unterschiedlichen Orten wird man noch zeigen die Wahrzeichen, wir der Teufel einige geholt hat, oder sie erschrecklich gepeiniget, und du willst noch des Teufels seyn?

Es gibt Wald-Teufel, die heißen Fauni und Silvani, es gibt Garten-Teufel, diese heißen Dusii, es gibt Gassen-Teufel, die heißen Tulii und Sarpedones, es gibt Straßen-Teufel, und diese heißen Alastores, es gibt Stuben-Teufel, und diese heißen Maues, [316] Lemures, Genii, es gibt Kammer-Teufel, und diese heißen Aschamad, es gibt Pest- und andere Krankheiten Teufel, und diese heißen Amens, Magalesius, Ormenus, Lico, Nison, Mimon etc., es gibt Seiten-Teufel, diese heißen Poredri, es gibt Zorn- und Furi-Teufel, und diese heißen Catabolici, es gibt Wahrsag-Teufel, und diese heißen Pithones, es gibt Fopp-Teufel, und diese heißen Euricleä, es gibt Freß-Teufel, und diese heißen Eurynomi etc. Ja, es ist kein Ort, wo nit die Teufel in Luft, im Feuer, im Wasser, auf Erden, in der Erden, in unzahlbarer Menge sich aufhalten, sie stehen, sie sitzen, sie kriechen, sie fliegen, sie gehen um dich, sie seyn ober deiner, unter deiner, bei dir, um dich, auf dem Löffel, auf der Gabel, auf der Feder, auf dem Gläßl, auf dem Kleid, auf der Nasen, auf den Ohren, auf dem Maul, auf dem Kopf etc., oft in Gestalt der Mucken oder Fliegen, oder Würmel, oder Sonnen-Sträubl, oder Luft, oder Rauch, oder Nebel, oder ganz unsichtbar, und er wart nur auf die Licenz, Erlaubniß und Verhängnuß Gottes in dich zu fahren, dich zu zerreißen, dich mit Leib und Seel in das Verderben zu bringen, und willst noch des Teufels seyn?


Des Teufels sein einiger Gedanken ist, dich zu foppen.


Dieser elende Fürst der Finsternuß ist sehr arm und dürftig, hat weniger Geld als ein Bettler auf der Straße, Gold und Silber findt sich in seiner Habschaft nit, seine Groschen münzen ihm die Gaißböck, seine Thaler die Roß, und seine Dukaten die Esel; Schatz und Reichthum gehören dem allmächtigen Schöpfer[317] zu, wie er selbsten bekennt durch den Propheten Hagäum: Meum est argentum, et meum est aurum etc. Der Teufel aber hat nichts, und ist dieses verruchten Schlampen sein Heirath-Gut die Armuth, und so er den bethörten Menschen, etwas spendirt, ist selbiges meistens eine verblendte Sach. Desgleichen hat gethan der böhmische Zauberer Zitho, welcher durch des Teufels Kunst einem Bäcken dreissig Schwein verkauft, und als er solche durch einen Bach getrieben, seynd anstatt der Schwein dreissig Stroh-Schüppel daher geschwommen.

Was für wunderseltsame Aussagungen und Erkanntnuß seynd nit ergangen verwichenen Jahren allhier im Steyermark von dem Hexen- und Zauber-Gesind? daß man hiervon ein großes Buch konnte verfassen. Nur von Anno 1675 bis in dieses laufende Jahr 1638. Eine bekennte, daß sie über 800 mal in einem mit zweien Rossen bespannten Kobel-Wagen oder Kutschen sey ausgefahren in der Höhe über Berg und Thal, nachmals an einem bestimmten Ort sehr herrlich tractirt worden; nach vollendeter Mahlzeit mit ihrem Liebsten, dem Teufel, welcher in schwarzem Sammet aufgezogen, und ausländerisch geredt, in alln Wohllüsten gelebt, und als sie ein großer Durst über fallen, auch derentwegen einen guten Trunk begehrt, sey alsobald ein schwarzer Gaißbock vorhanden gewest, welcher sein s.v. unreines Wasser in eine silberne Schale fallen lassen, so ihr nit anderst vorkommen, als wäre es der alleredleste spanische Wein. Ei, daß dir es der Teufel gesegne!

Eine andere sagte aus, daß sie sehr oft, die Zahl[318] wär ihr eigentlich nicht bewußt, samt vielen ihren Benachbarten und Bekannten in Gestalt großer Vögeln als da seyn: Raben und Alstern, seyen ausgeflogen, und an einem gewissen Ort ihren gewöhnlichen Gespäß vollzogen, und weil dazumal eine neue Braut darbei, welche das erstemal mit dieser Gesellschaft ausgefahren, indem sie ihrer Gedanken nach gar stattlich tractirt wurde, sagte sie aus unbehutsamer Weis' Jesus Maria, so hab ich mein Lebtag nie so wohl gelebt! worauf der Teufel sie alle verlassen, und seynd ihrer 18 Person sitzen geblieben, unweit einer Schinder-Hütte bei einem verreckten Schimmel, der bereits schon halbentheil von ihnen verzehrt war. Der Teufel sey da ein Gast!

Ein Mann mit zwei und achtzig Jahren hat bekennt, daß er bereits ein und sechzig Jahr bei diesem saubern Handwerk, aber niemalen ein größern Gespäß gehabt, als dazumalen, wie bei einer nächtlichen Zusammenkunft am Tag vor St. Veits-Tag, der Teufel ein altes Weib, weil dazumal ein Leichter abgangen, auf den Tisch geworfen, und ihr s.v. eine große Kerze in den hintern Leib gesteckt, welcher gestalten sie dritthalb Stund müßte leuchten, und haben alle Anwesende gänzlich darfür gehalten, als seye es von guter getriebener Arbeit ein silberner Leuchter. Der Teufel butz das Licht!

Ein Mädl von 14 Jahren hat ohne Tortur bekennt, wie daß sie aus Befehl des Teufels zu Lonkowiz die allerheiligste Hostie aus dem Maul heraus gezogen, selbige nachmals bei der Zusammenkunft in eine Grube geworfen, allwo solche unmenschliche Schand-Thaten vorbei gangen, welche keine ehrliche Feder getraut [319] zu beschreiben. Unter andern hab sie einmal von ihrer gehabten Mahlzeit eine ganze Pastete mit sich nach Haus getragen, des Willens, ihrem jüngern Brüderl den andern Tag etwas darvon zu spendiren, und siehe, zu Haus habe sie befunden, daß sie nichts anders mit sich gebracht, als einen alten halb verfaulten Stiefelbalg, worin drei verreckte Ratzen und etliche Erdmäus' lagen. Der Teufel freß solche Bißl!

Einer dieses Handwerks, hat ausgesagt, ein Weber, wie daß er aus Kleinmüthigkeit und äußerster Armuth seine Zuflucht genommen habe zum bösen Feind, welcher ihm dann in Gestalt eines vornehmen Kavaliers mit roth und grünem Federbusch auf dem Hut erschienen, ihm allen Reichthum und Beihilf verheißen, dafern er die allerheiligste Dreyfaltigkeit wolle verwerfen, die Tauf, und alle h. Sacramente verachten, der Mutter Gottes und allen Heiligen absagen (welche Ceremoni bei allen Hexen gewöhnlich) und ihn für einen Gott und Herrn erkennen. Nachdem nun der elende Tropf alle diese verruchten Ding eingangen, und mit dem Teufel bei unterschiedlichen Hexen-Tänzen erschienen, hat er einest gar inständig von dem Satan verlangt, er wolle ihm doch mit Geld-Mittlen verhilflich seyn, worauf der Teufel ihm eine ganze Truhe voll mit Reichs-Thaler und Silber-Kronen vorgestellt, daraus nach Belieben zu nehmen, er aber habe die beeden Säck also gestrotzt angefüllt, daß ihm unterwegs der Hosen-Nestl zerrissen, und also den Hexen und altem Geflügelwerk, welche stracks nach seiner geflogen, ein großes Gelächter verursacht; nachdem er aber nach Haus kommen, hab er nichts anders gefunden, als Blätter und zerbrockte [320] Dannzapfen. Der Teufel hol die Münz! Hundert und aber hundert, und über hundert dergleichen Begebenheiten konnten beigebracht werden, woraus nur sattsam erhellet, daß des bösen Feinds sein Gedanken nur ist, dich zu foppen. Er tractirt wenig mit kälbernem Brätl, wie Abraham die Fremdling, wenig mit gebratenem Kitzl, wie Rebecca den Isaak, wenig mit gutem Koch, wie der Habacuk den Daniel, wenig mit feisten Wachtlen, wie Gott die Israeliten, wenig mit Linsen-Koch, wie Jakob den Esau, wenig mit Milch, wie Jahel den Sisaras, wenig mit Bratfisch, wie Christus die Apostel, sondern anstatt Feder-Wildprät, gibt er Mistsinken, anstatt Speck, gibt er Schwamm, anstatt Rebhünnl, gibt er Rabenhünnl, anstatt Confect, gibt er Kuhfect, anstatt Lerchen-Fleisch, gibt er Mörchen-Fleisch, anstatt Allobatritta, gibt er Ollam putridam, anstatt Auer-Hahn, gibt er Mauer-Hahn, anstatt Wein von hieraus, gibt er Wein von Brund-dus. Pfuy Teufel! anstatt Reichthum, gibt er Irrthum, anstatt Batzen, gibt er Botzen, anstatt Seiden, gibt er Kotzen, anstatt Geld, gibt er Blätter, ist das nit ein armer Fretter?


Des Teufels sein einziges Ziel ist, dich zu betrügen.


Er verheißt viel, und halts schlecht, er verspricht viel, und giebt wenig, er verlobt viel, und zeigts gering; wie dann von einem lasterhaften Bösewicht geschrieben wird, daß solcher nicht allein in allen Sünden und Unflath herum gewühlet, sondern er war noch des verdammten Vorhabens, noch größere Missethaten [321] zu begehen, wann er nur möchte der Straf bei Obrigkeiten und Gerichten befreit seyn; worauf ihm der Teufel erschienen, alle Hülf und Beistand versprochen, wie daß er ihn aus allen Keichen und Gefängnussen erledigen wolle, wessenthalben der gewissenlose Mensch in allen erdenklichen Muthwillen und Laster sich eingelassen, Mordthaten und Schandthaten mehrmalen begangen, alle und jedesmal frei durchpassirt; nachdem er aber einst einen sondern Meuchelmord begangen, wessentwegen er in eiserne Band und finstere Keichen gefänglich geworfen worden, worin er den Teufel vermög seines gethanen Versprechens um Erledigung angesucht, welcher sich dann alsobald eingefunden, ihm eine große verschlossene Schachtel oder Gestadel dargeboten, mit Beding, er solle diese bei Leib nit eröffnen, damit dasjenige, was darin, nit gleich seine Kraft verliere; diese Schachtel soll er ganz beherzt dem Richter präsentiren, und sobald er solche werde eröffnen, sodann könn er ihm nit mehr abhold seyn, viel weniger ihn zu einer Straf ziehen. Allegro war dieses Bürschl und voller Freuden, scherzte auch immer mit der Wacht und Stockknechten, dessen sich diese Schörganten nit wenig verwunderten. Nachdem endlich die Sentenz des Tods über ihn gefällt worden, begehrte er kurzum mit dem Richter zu reden; und als solcher erschienen, reicht er ihm dar obgedachte Schachtel, mit Bitt, er woll sie eröffnen, dann hierin werde er finden, was ihn beim Leben erhalten werde; das wär viel, sagte der Richter, und wie er solche eröffnet, fand er nichts darin, als einen guten, starken, dicken, kräftigen Strick; wohlan Kerl, waren [322] die Wort des Richters, du willst mich etwann noch foppen und schimpfen, es soll aber diese Schankung dir zu Theil werden, und ließ ihn bald hierauf mit diesem Strick aufhängen, dessen sich der elende Tropf sehr beim Teufel beklagt, aber dieser verdammte Geist lachte seiner bis zum Galgen.


Des Teufels sein einiges Vorhaben ist, dich zu bethören.


Majolus erzählt, daß ein gottloser Soldat dem Laster der Unlauterkeit über alle Massen ergeben war, sogar, daß der Teufel in Gestalt eines schönen Weibsbilds ihm erschienen, mit dem er allen Muthwillen getrieben, und als er zu Morgens glaubte, er hätte die ganze Nacht eine adeliche Helena bei sich gehabt, so hat er aber, wie der Tag angebrochen, eine alte verreckte und bereits halb verfaulte Kuh in den Armen gefunden.

Vor 7 Jahren hat eine alte Hex gerichtlich ausgesagt, wie daß sie nunmehr dreißig ganze Jahr mit dem Teufel wohne, wie Mann und Weib im Ehestand, und sey die ersten Jahr dieser höllische Geist ihr meistens vorkommen, wie ein schöner, wohlgestalter, junger, adelicher Herr und Kavalier, nachdem sie aber nunmehr zu alten Jahren kommen, und alle Gestalt verloren, so thue er ihr gar nit mehr schön, sondern zeig sich mehrmalen in sehr wilder Gestalt, auch wann er schon bei nächtlicher Weil ihr beiwohne, so pfleg er zum öftesten das Bett also unflätig zuzurichten, daß sie alle Morgen eine frische Wäsch brauche Pfut, du wilder Teufel!

[323] In dem Kapuziner-Kloster zu Monte Real ist ein Pater zur heißen Sommerszeit nach der Metten im Garten spazieren gangen, woselbst ihm der böse Feind in Gestalt seines bekannten Vetters erschienen, wessenthalben sich der fromme Geistliche nit ein wenig entrüst, und alsobald befragt, wie er doch daher komme? dem er diese Antwort gab: liebster Vetter, ich bin über die Mauer herein gestiegen, was ich dem Herrn Vetter so genöthig zu vertrauen hab, ist dieses: Ihr Ehrwürden Herr Vetter wissen wohl, was sie für arme Freund haben, daß sie kaum das Brod zu essen, und dieß nicht genug; nun aber wär der Sach leicht zu helfen, daß sie ihren Unterhalt weit besser hätten, ja zu guten Mittlen gelangten; sehet, unweit dieses Klosters ist ein Schatz begraben, und ich weiß den Ort, weil aber bei solchen Dingen sich meistens die Teufel aufhalten, also kann ohne Gegenwart eines Priesters dieser Schatz nit erhebt werden. Mein Herr Vetter, sie erbarmen sich über ihre armen Befreundten; ja antwortet der Pater, dieß kann nit seyn ohne Erlaubnuß des Quardian; was? Quardian, sagt hinwieder der saubere Vetter, wann die Sach wird mehrern offenbar werden, alsdann wird auf unserer Seite ein kleiner Gewinn ausschlagen. Der gute unbehutsame Pater laßt sich überreden, folgt diesem vermascherirten Teufel, welcher ihn bei eitler Nacht auf einen hohen und gähen Felsen geführt, derenthalben etlichemal er sehr schwer gefallen; als er aber gar auf einen hohen Gipfel mußte hinauf steigen, also sagte der Pater: Jesus Maria! wo führt mich der Herr Vetter hin? worauf der Teufel die Larve abgelegt, [324] und diese Wort hören lassen: nisi hoc dixisses, de monte te praecipitassem: wann du dieses nit hättest gesagt, so hätt ich dich von diesem höchsten Felsen herunter gestürzt. So ist dann des Satans sein einiger Will und Gedanke, sein einiges Ziel und Absehen, seine einige Meinung und Trachten, dich zu foppen, dich zu verblenden, dich zu betrügen, dich zu bethören, und du willst noch des Teufels seyn?

Der Teufel zerreiß mich, wann ich das würd' ungerochen lassen. Holla! der h. Sebastianus ist mit Pfeilen erschossen worden, der h. Marcellianus ist mit einer Lanze durchbohrt worden, der h. Julius ist mit Brügel zu todt geschlagen worden, der h. Florianus ist in das Wasser versenkt worden, der h. Strato ist von zweien Bäumen in der Luft zerrissen worden, der h. Chrysanthus ist lebendig begraben worden, die h. Appollonia ist verbrennt worden, der h. Laurentius ist auf einem glühenden Rost gebraten worden, der h. Eustachius ist in einen glühenden metallenen Ochsen gesetzt worden, der h. Zephirinus ist im siedheißen Oel gebacken worden, der h. Modestus ist in zerlassenes Blei geworfen worden, der h. Silvanus ist von Löwen zerrissen worden, der h. Julianus ist von Schlangen und Ottern zerbissen worden, dem h. Andeollo ist das Haupt kreuzweis durchgehackt worden; dem h. Fusciano seynd große Nägel in die Augen, Ohren, Nasen geschlagen worden, dem h. Fausto seynd Ohren, Nasen, Lefzen abgeschnitten worden, der h. Basilissä ist die Zunge ausgeschnitten worden, der h. Dorothäus ist lebendig geschunden [325] und nachmals mit Salz und Essig gerieben worden, dem h. Benigno seynd unter den Näglen der Finger und Zehen spitzige Nadel und Dörner eingedrungen worden, der h. Jacobus, mit dem Zunamen Intercisus, ist zu viel tausend Stuck zerhackt worden, der h. Victor ist in einem Stampf völlig zerquetscht worden, die h. Tarbula ist mit einer Säg durchschnitten worden. In Summa, alle Peinen, die diese gelitten, alle Qualen, welche die 11,000 Jungfrauen zu Cöln, die 20,000 Martyrer zu Nicomedia, die 300,000 zu Rom, ja die 11,000,000 der Blut-Zeugen Christi haben ausgestanden in der ganzen Welt, alle diese thät dir der Satan gern, über gern, ja ganz begierig an, und überdieß alles noch in die ewige Gefängnuß und Verdammnuß ziehen, dafern Gottes Gewalt ihn nit abhielte, und du wünschest noch: er soll dich zerreißen?

Es ist ein Thierl, welches nicht erschaffen worden, solches hat Adam das erstemal, als er im Schweiß seines Angesichts mußte das Brod gewinnen, auf die Bahn und zugleich auf die Bein gebracht; dieses Thierl in einem Buchstaben-Wechsel heißt Saul, sonsten in seinem Namen lateinisch Laus etc., dieß soll man auf keine Weis' in Belz setzen, dann es kriecht selber daran: solche Beschaffenheit hat auch der leidige Satan, diesen schädlichen, schändlichen, schinderischen Gast soll man nicht rufen, noch weniger bitten: er soll kommen und dich zerreißen, weil er wohl ungeladen eindringt. Er hat die Eigenschaft jener Vögel, welche immerzu das Opfer des Patriarchen Abrahams wollten angreifen, und hat der h. Mann genug zu schaffen gehabt, [326] daß er dieselben mit Prügel und Stöcken abgetrieben. Er hat die Art jenes Diebs, der da nit kommt, dann daß er stehle und würge und verderbe; er hat die Manier jener Straßenräuber, welche den armen Reisenden von Jerusalem nach Jericho so übel und grausam tractirt. Es wässern ihm mehr die Zähn nach deiner Seel, als den Egyptiern nach den Knoflen, und du rufest noch?

Leo IX., römische Papst, schreibt selbst, daß seine Bas' oder Maim in einem Kloster einen sehr heiligen und unsträflichen Wandel habe geführt, und habe in ihrer Zell eine Zwerginn bei sich gehabt, mit welcher sie pflegte Tag und Nacht zu psaliren; einmal bei Mitternacht wollt diese ihre Zwerginn nach Gewohnheit zur Metten aufwecken, aber die kleine Person hatte dazumal einen so großen Schlaf, daß sie gar nicht zu erwecken war, wessenthalben sie in diese unbehutsamen Wort ausgebrochen: du Teufel, so stehe auf; überdieß ist alsobald der böse Feind in Gestalt der Zwerginn erwacht und aufgestanden, nachgehends mit ihr das Brevier gebet, da sie nun zu diesem Versicul kommen: Exurgat Deus, et dissipentur inimici ejus et fugiant a facie ejus etc. »Es stehe Gott auf, so müssen seine Feind zerstreut werden, und müssen fliehen vor seinem Angesicht, die ihn hassen.« Auf welche Wort der Teufel alsobald verschwunden, und die Flucht geben, und diese gottselige Dienerinn Gottes nit ohne sondere Reu erkennt, daß man gar nit soll den Satan rufen, noch laden, weil er ohnedas ganz willkürlich ist, uns zu schaden.

Der h. Gregorius erzählt von einem frommen [327] Priester, Namens Stephan, welcher ganz matt und müd von der Reis nach Haus kommen, und seinen Diener mit diesen unbedachtsamen Worten gerufen: komm Teufel, zieh mir die Schuh aus; siehe! den Augenblick lös'ten sich die Schuh-Riemen selbst auf, und sprang der Schuh vom Fuß, worüber der fromme Mann sehr erschrocken, alsobald dem bösen Feind befohlen, er solle von dannen weichen, dann er habe ihn nit gemeint; aus welchem allen nur gar zu klar erhellet und augenscheinlich wahrzunehmen ist, wie urbietig er sich einfinde, dahero auf keine Weis' zu rufen ist.

Es ist wohl zu glauben, daß unter anderen fast die meiste Ursach sey, wessentwegen Gott der Allmächtige verhängt, daß durch den Teufel und sein anhängerisches Zauber-Gesind so viel Schäden den fruchtbaren Aeckern und Weingärten zugeführt wird mit so ungeheurigem Schauer und Rieslwurf, alldieweil schon der allgemeine und sehr üble Mißbrauch eingeschlichen, daß man fast zu einem jeden Wort den Teufel rufet, und weilen diesem Erzfeind der Allerhöchste die Gewalt zaumet und bindet, daß er der Seele nicht allemal kann schaden, so vergunnt ihm doch das unerforschliche göttliche Urthl die Gewalt, in die zeitlichen Güter und Habschaften; wie leider dessen viel tausend Exempel konnten beigebracht werden.

Es hat diese Jahr hindurch das werthe Herzogthum Steyer einen unglaublichen Schaden erlitten durch dieses verruchte Zauber-Geschmeiß, wie es die eigene Aussagung der Hingerichteten zu Feldbach, zu Radkersburg, zu Voitsberg, zu Grauwein und anderen[328] Orten, sattsam bezeugen. Dieß tausend sechshundert acht und achtzigste Jahr, im Monat Junio, haben sie einen so großen Schauer herunter geworfen, daß deren etliche Stein auf 5 Pfund schwer gewogen, und hat man unweit der Hauptstadt Grätz gewisse große Vögel wahrgenommen, welche in der Höhe vor diesem grausamen Schauerwetter geflogen, und selbiges hin und her geführt. Einige bekennten, so nachmals verdienter Massen im Feuer aufgeopfert worden, wie sie das höchste Gut und die allerheiligsten Hostiens.v. in Sautrog geworfen, selbige mit einem hölzernen Stößel nach Genügen zerquetscht, daß auch mehrmalen ihrem Gedanken nach das helle Blut hervor gequellt, dannoch ganz unmenschlich und unbeweglich in ihrer Bosheit fortgefahren, gedachtes höchste Geheimnuß mit unflätigem Wasser begossen, und nachdem sie es mit einem alten Besenstiel gerührt, seye alsobald der klare Himmel verfinstert worden, und allerseits, wo es ihnen gefällig, der häufige Schauer herunter geprasselt. Andere haben gesagt, daß sie mit dem bösen Feind seyn ausgeflogen, und nachdem sie bei einer Eiche, woraus allerlei Wein gerunnen, eines guten Muths gewesen, haben sie hin und her etliche Händ voll Arbes aus einem schwarzen Topf oder Hafen ausgestreut, woraus ein solcher jämmerlicher Schauer worden, daß solches alles, auch ihr eigenes Treid und Erdfrüchte in Grund erschlagen. Einige haben freiwillig ausgesagt, wie daß an einem Ort, welches sie gezeigt, eine alte kleine Mauer stehe, so oft sie von besagter Mauer etliche Steinl in die Höhe werfen, so oft erstehe allemal ein großer Schauer, den sie [329] nachmalen nach Belieben austheilen. Man hat diese Mauer dergestalten zerstört, daß nit ein Stein geblieben, ja die Benachbarten haben die Steinl. in Butten hinweg getragen, aber den andern Tag stund allezeit die Mauer wie zuvor, massen sie noch heut zu. sehen.

Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Tochter, und Dienstboten in einem Haus, nach geschehener gerichtlicher Frag haben ausgesagt, daß sie gar oft vom Teufel gezwungen worden, ja sogar mit Prügel und harten Stößen gedrungen zum Schauer machen, wessenthalben sie den Schauer in Körben, im Zecker, in Säcken, im Wändl und anderen Geschirren geführt, daselbst ausgestreut, alsdann wie Storchen oder andere Vögel heimwärts geflogen; haben beinebens bekennt, daß, wann man mit geweihtem Pulver schießt, es ihnen auf der Seite sehr große Schmerzen verursache, und das Wetter sich bald zertheile. Es ist nit zu widersprechen, daß nit sehr viel große Ungewitter, schädliche Schauer und ungewöhnliche Platzregen von natürlichen Ursachen herrühren, hingegen aber ist und bleibt gar zu wahr, daß gleichwie derjenige erschreckliche Schauer, welchen Gott der Allmächtige über die Amoräer geschickt, ist durch der bösen Engel Mitwirkung geschehen, also mehrmalen durch die Teufel und dessen Hexengesind solches Uebel verursacht werde, und ist meine wohlgesteifte Meinung, daß solches der gerechte Gott unserer Sünden halber zulasse, meistens aber, weil wir sogar des Satans Namen öfter im Maul und auf der Zunge, als den Namen des wahren Gottes; ja, hätt ich so viel Groschen, als diesen Jahrmarkt [330] allhier zu Grätz, da ich solches schreibe, nur der Teufel hol mich! gehört wird, sodann wollt ich gar leicht eine große Herrschaft einkaufen. Hätt ich so viel Scheiter Holz, als in einem Dorf den Sommer durch des Teufels bin ich! gesagt wird, so hätt ich mein Lebentag genug Holz im Winter. Hätt ich so viel Ellen Leinwand, als in einem Jahrder Teufel zerreiß mich! unter der Gemein in Deutschland geschworen wird, so wollt ich fast einen Vorhang machen vor der Sonn, daß aus dem Tag eine Nacht würde; fast zu allen Worten gesellt man diesen leidigen Feind, alle Schwüre muß bereits der Teufel versieglen, und glaubt man, die Wahrheit könne nit gehen, sie muß dann auf dem Teufel reiten.


Er ist wohl ein armer Teufel.


Tobias wollte auf der Reis' in dem Fluß Tigris seine bekothigten Füß waschen, und als er zum Gestad hinzu nahete, da sprang unversehens ein großmächtiger Fisch in die Höhe, als wollt er ihn verschlücken, wie er dann dessentwegen überlaut aufgeschrien: Auweh! er frißt mich! Der Engel aber ermahnt ihn, er soll ihn nit fürchten, sondern ganz beherzt den Fisch ergreifen, welchem Rath er fleißig nachkommen, den Fisch auf das Land heraus gezogen, auch nachmals, aus Befehl des Azariä, selbigen eröffnet, und alles Ingeweid heraus genommen, darauf schafft der Engel dem Tobiä, er soll drei Ding für sich behalten, das Herz, die Gall und die Leber, weil sie sehr trefflich und heilsam zur Arznei; wie nun alles dieß geschehen, und sie beede nach der vornehmen[331] Stadt Rages ankommen, also unterfangt sich der Tobias den Engel zu fragen: mein lieber Bruder Azaria, mein sag mir doch vor, für was seynd dann diese drei Ding gut? der Engel antwortet ihm also: wann du mit dessen Gall die Augen anschmierst, welche mit einem Fell überzogen, so werden sie wieder gesund. O gedacht der Tobias, das taugt vor meinen Vater. Zum andern, sagt der Engel, wann du ein Stücklein von dem Herz dieses Fisches auf eine glühende Kohle legest, so vertreibt der Dampf die Teufel, welches nachmals mit der Sara in der Wahrheit geschehen, dero sieben Männer nacheinander der Teufel den Hals umgerieben, solche aber mit diesem Mittel verjagt worden.

Nunmehr kann man dem Teufel den Trutz bieten, ihn auslachen, ja gar foppen und bei der Nase ziehen, weil ihn zu verjagen, zu vertreiben, zu überwinden eine kleine Particul von einem Herz mächtig genug; Guraschi und Herz wider ihn, er ist gar ein armer Teufel, ein schwacher Teufel, ein blöder Teufel, ein plumper Teufel, ein kranker Teufel, ein furchtsamer Teufel, ein verlassener Teufel, ein ohnmächtiger Teufel, ein kühler Teufel, ein geschreckiger Teufel, ein lethfeigerischer Teufel, ein flüchtiger Teufel, er ist ein Hund, der bellen kann, aber nit beißen, er ist ein Dieb, der steigen kann, aber nit stehlen, er ist ein Feind, der das Schwert zucken kann, aber nit verwunden, er ist ein Gesell, der führen kann, aber nit verführen, er ist ein Vogel, der locken kann, aber nit zwingen, er ist ein Bösewicht, der drohen kann, aber nit schlagen ohne Gottes Willen und Zulassung; [332] nur einHerz wider ihn! Dem h. Hilarion ist er auf eine Zeit erschienen wie ein großes ungeheures Kameel, welchen aber der gottselige Mann nur ausgelacht, du einfältiger Narr, sprach er, du magst erscheinen wie ein Kameel oder wie ein Füchsel, wie ein Ries' oder wie ein Zwergel, wie ein Drach oder wie ein Würmel, non terres me, du wirst mich nit schrecken.

Das Wort Teifl, in einem Anagrama oder Buchstaben-Wechsel, heißt Feitl. Du Teifl bist wohl ein närrischer Feitl, daß du also prahlen magst mit deiner Macht, schau, nit ein Haar! wann du so groß wärest, als ganz Holland, du sollst mich nit holen: wann du einen Rachen hättest so groß, als ganz Frisland, du sollst mich nit fressen; wann du eine Faust hättest, so groß als ganz Sclavonien, du sollst mich nit schlagen; wann du einen Degen hättest so breit, als Sabaudia, du sollst mich nicht säbeln, wann du ein Biß hättest so groß, als Pisana, du sollst mich nicht beißen, wann du Klauen hättest so groß, als ganz Kroatia, du sollst mich nicht kratzen, ich fürcht dich nit ein Haar. Wohl recht ist der Teufel im Paradeiß in die Schlangen, in dieses kriechende Thier eintreten, dann er muß sich verkriechen mit aller seiner Stärke und Macht. Der obriste Teufel Lucifer ist mit sechzig tausend der allerärgsten Teufeln wider den einigen halb nackenden und ausgemergleten Diener Gottes Franciscum aufgestanden, und ihn bekriegt, aber mit Schand und Spott müssen abweichen.

Der Teufel ist so furchtsam, daß er wie ein Staub von dem Athem, oder Kauchen eines Priesters verjagt[333] wird; dann der Priester unter anderen pflegt in der Tauf das Kind dreimalen kreutzweiß anzukauchen, wobei er diese Wort ausspricht: Exi ab eo immunde spiritus, weiche von ihm du unreiner Geist; ja dieser höllische Feind ist also schwach, daß ihn auch ein Esel kann vertreiben, und fein recht die Esel-Ohren zeigen, also schreibt Vincentius. Wie der h. Regulus aus einem Besessenen den bösen Feind verjagt, wollt solcher alsobald fahren in den Esel des h. Manns, der ihm schon viel Jahr gedient, wie solches der arme Langohr (welches ungezweifelt den Verdiensten des h. Manns zugeschrieben) vermerkt hat, machte er gleich mit dem Fuß ein Kreuz auf die Erd, und erhebt ein ungewöhnliches Schreien, wodurch er etwann seinen Schöpfer angeruft, oder vielleicht den Teufel ausgelacht, weil sich solcher alsobald in die Flucht begeben. O Lethfeigen!

Dem armen Samson, nachdem er seine Stärke durch ein schwaches Weibs-Bild verloren, haben die Philistäer seine Augen ausgestochen, und auf einem solenen Festtag, mehr aber Freßtag, in ihren Tempel führen lassen, allda mit ihm, weil sie schon ziemlich bezecht, eine Kurzweil zu treiben, und ist wohl glaublich, daß sie ihn durch muthwillige Leut, und schlechtes Schörgen-Gesindl über die massen werden gefoppt haben, wie dann dessenthalben mit ihm ein herzliches Mitleiden zu haben gewest, dann es gar wohl eine ungereimte und höchst beschwerliche Sach scheinet, wann man einen ehrlichen Mann, wie da Samson war, so spöttlich foppet und durchlast, aber den Teufel foppen, ist schon recht, deßgleichen haben gethan viele Heilige.

Der h. Dominicus, nachdem er aus Spanien [334] wieder zuruck kommen, hielte in einem Frauen-Kloster den frommen Schwestern eine sehr geistreiche Sermon, weilen aber der Satan und leidige Teufel dem Wort Gottes gar nit hold ist, also suchte dieser Feind in allweg den Nutzen und Frucht dieser Predigt zu verhindern,. zu welchem End er sich in Gestalt eines Spatzen sehen lassen, und dergestalten unter den Kloster-Frauen hin- und hergeflogen, daß sie hierdurch nicht wenig in Anhörung des göttlichen Worts verhindert worden, Dominicus gedachte bald, daß er müßte dem Teufel die Spatzen ausnehmen, dahero er einer aus obbenannten Schwestern, mit Namen Maximilla, befohlen, sie soll den Spatzen fangen, und nur ihm überliefert, nachdem solches geschehen, hat der h. Mann diesen Vogel lebendig geropft, eine Feder nach der andern, nit ohne großes Geschrei und Toben ausgezogen, welche alle Anwesende zu einem Gelächter veranlasset, nachmals hat er diesem federlosen Schelmen geboten, nunmehr soll er hinweg fliegen, und forthin nit mehr das Wort Gottes verhindern, dieser Erz-Vogel hat sich alsobald davon gemacht, und aus Zorn die daselbst hangende Lampe um und um gekehrt, jedoch ohne Vergießung eines einigen Tropfen Oels.

Der unverschamte Feind wollt die angethane Schmach auf alle Weis' rächen, erscheinet demnach die andere Nacht, als Dominicus beim Licht geschrieben, in Gestalt eines Affen, welcher mit seinen lächerlichen Possen, und possirlichen Gebärden auf alle Weis' gesucht, den h. Mann in diesem seinen gottseligen Werk zu verhindern. Dominicus vermerkte un schwer solche Arglist, sagt also geschwind zu ihm, Schelm hatt mir [335] die Kerze, und thue mir recht leuchten, ich will dir das Hupfen vertreiben, der arme Teufel mußte hierinfalls den Gehorsam leisten, welches über alle massen ihm hart ankommen, daß er, als ein Fürst der Finsternuß, hat müssen das Licht halten, er unterließ gleichwohl nit, so viel es ihm möglich war, allerlei närrische Scherz-Sachen zu treiben, welches ihm aber der h. Mann ziemlich eingetrenkt, dann dieser saubere Aff' mußte die Kerze so lang in der Bratze halten, bis sie ganz abgebrunnen, er hat zwar derentwegen mit großem Murren die Bratzen geschüttlet, weil ihn das Licht sehr gebrennt, es hat aber der arme Teufel so lang müssen einen Leuchter abgeben, bis ihm ein ganzer Finger von der Bratzen verbrunnen, worauf ihm, nicht ohne Gelächter und Schimpf, Dominicus abzuweichen befohlen.

Da sieht man des Teufels Macht und Pracht, er wollte vorhin dem Allerhöchsten gleich seyn, ein Gott seyn, und jetzt foppt man ihn, wie einen Narren, man halt ihn vor einen Limmel, man nennt ihn einen Gimpel, man schielt ihn eine Trampel, man heißt ihn einen Maulaff, man jagt ihn wie eine Lethfeigen, man treibt ihn wie einen Esel, man trillt ihn wie einen Hund, man brüglet ihn wie ein Lamm, man tritt ihn wie einen Wurm, man schimpft ihn wie einen Simpel, man bindt ihn wie einen Dieb, man schafft ihm die nächste Arbeit.

Jener Hauptmann und wackere Soldat zu Kapharnaum, unter anderen, was er bei Christo dem Herrn vorgetragen, hat auch Meldung gethan von seinen untergebenen Soldaten und Landsknechten, was gestalten [336] dieselbigen so gehorsam seyn, dann wann er einem nur sagt, veni, komm, so kommt er. Der Teufel ist vielen heiligen Leuten noch mehr unterworfen gewesen, daß er also auf das hurtigste mußte vollziehen, was sie ihm auferlegt; dem h. Bernardo hat er müssen anstatt eines Wagen-Rad seyn, dem h. Wolfgango hat er müssen Stein zu der Kirchen tragen, dem h. Furseo hat er müssen auskehren; dem h. Francisco Olympio hat er müssen den Ranzen tragen, dem h. Patritio hat er müssen ein Feuer aufmachen. In einem Kloster, schreibt Majolus, hat er müssen einen Kuchl-Buben abgeben, und weil ihm ein Bedienter daselbst gar oft ein siedheisses Wasser, oder gar einen wilden Ausguß mehrmalen auf den Kopf geschütt, hat er denselben bei den Füßen aufgehenkt, jedoch ohne Schaden.

Der h. Erz-Bischof Dunstanus, wie seine Lebens-Verfassung bezeugt, hat dem Teufel gar einen groben Possen und Schimpf versetzt, dann bevor dieser hl. Mann zu solcher Hoheit gelangt, hat er ein Kloster-Leben geführt, und weilen auch zu gewissen Zeiten die Ordens-Leut, zur Vermeidung alles Müssigangs, sich gar löblich pflegen in einer oder anderer Hand- Arbeit zu üben, also hat auch der h. Dunstanus deßgleichen gethan; dem Teufel machte dieß nit wenig Verdruß, dahero er auf eine Zeit bei dem Fenster seiner Zell in Gestalt eines Nachbarn erschienen, und weiß nicht was von ihm um Gotteswillen begehrt, es war der h. Mann urbietig, aus christlicher Lieb, ihm hierin zu helfen, weil er aber vermerkt, daß dieser vermäscherte Teufel bald wie ein Kind, bald wie ein Mann, bald wie ein Weibs-Bild allerlei Possen getrieben, so gedacht [337] er dem Schelm eines zu versetzen, nimmt deswegen die Zange, so dazumal im Feuer lag, ganz glühend, faßt damit den Teufel bei der Nasen, und halt ihn eine lange Zeit bei dem verfluchten Schmecker, bis Andere Leut wegen des ungeheuren Geschrei zugeloffen, den Teufel ausgelacht, und beinebens Gott gepriesen, daß er seinen Dienern so große Gewalt geben über die höllischen Feind.

Aus diesem erhellet klar, wie wahr da seyn jene Wort des gekrönten Harfenisten Davids, welcher in seinen Psalmen und Liedern auch dem Teufel einen Spott anthut, mit diesen Worten: Draco iste, quem formasti at illudendum: Da ist der Drach, den du gemacht hast, darmit zu spielen. Was kann doch dem Teufel für ein größerer Spott seyn, als den ihm zur Faßnachtzeit etliche berauschte und wohlbezechte Bauern angethan; also wird glaubwürdig geschrieben, daß Anno 1589 den 19. Martii einen besessenen Menschen etliche Bauern, so dazumal von dem Wein ein Herz gefaßt, also geplagt, und den bösen Feind mit dem Namen Jesus also gepeiniget, daß er endlich mußte vor diesen berauschten Gesellen die Flucht nehmen, dann sie dem besessenen Tropfen sehr viel Weihbrunn eingoßen, und ihre Rosenkränz an Hals gehängt, worüber er sich gebrochen, und einen solchen Gestank von sich geworfen, daß die Bauern fast alle in Ohnmacht gefallen, der arme Mann aber von dem höllischen Gast erlediget worden. Pfui, pfui, pfui, pfui, einen solchem armen Teufel, der sich auch von berauschten Bauern laßt in die Flucht jagen! Der h. Benedictus hat so gar mit einer guten Ohrfeige, welche er einer besessenen [338] Person versetzt, den Teufel ausgetrieben. Also wird registrirt von einem frommen Religiosen, welcher die Gewohnheit hatte, allenthalben zu beten, welches den Satan nit wenig verdrossen. Als gedachter Religios einmal auf einem geheimen Abtritt ebenfalls andächtig psalirt, ist der Teufel ihm erschienen, und mit scharfen Worten seine Frechheit verwiesen, er soll sich schämen, daß er an einem so unreinen Ort das Gebet und heilige Wort mißbrauche, Tempel und Kirchen seynd gebührende Oerter mit Gott zu reden, und nit solche wilde Winkel etc. Ho, Ho, sagt der fromme Mann, was hast du viel Fug mir solches Kapitel zu geben, weißt du was? dasjenige, was von meinem Mund und Herzen ausgehet, benanntlich das Gebet, schenk ich meinem Gott, was aber unterhalb durchfallt, das ist ein Opfer vor dich, weil du ohne das ein unreiner Geist bist, solches hat den hoffärtigen Narren also verdrossen, daß er mit großem Heulen und Kürren verschwunden.

Jenes Abscheuen oder natürliche Grausen, welchen sehr viel Leut an einer, oder anderen Sach haben, pflegen die Philosophi oder Weltweisen Antipathia zu nennen, welches eine gesamt angeborne Entsetzung von einer Sach ist, und innerliche angesamte Feindschaft gegen derselben. Also werden Leut gefunden, die gewisse Speisen nicht können ansehen, dergleichen nur gar viel allenthalben anzutreffen. Zu Wien war vor kurzen Jahren ein bekannter Maurmeister, der keinen rothen Wein leiden können, ein anderer noch im Leben daselbst berühmter Geistlicher kann keine Ruben leiden, ein anderer ist allhier zu Grätz, der kein Butterstritzl [339] kann ansehen, und dafern er solches vermerkt, wird er ganz entfärbt, so bald man aber dasselbige anschneit, so vergeht ihm aller Widerwillen. Ein anderer, ist noch im Leben, der kann nit leiden, so man ihm bei der Tafel vorlegt, und so oft solches geschieht, wird er ohnmächtig; ein vornehmer Herr allhier kann keinen Aal sehen. Ich hab einen zu Ingolstadt gekennt der kein Wasser konnte leiden, dahero sich auch niemalen mit Brunn-Wasser, oder Fluß-Wasser gewaschen, sondern allemal mit Bier oder Brandwein, auch sein Lebtag keine Suppen geessen, und wann es Regenwetter war, so empfand er sehr große Schmerzen im Magen. Im Algei, unweit der Stadt Rieding, war ein Bauernknecht im Dorf, der konnte von Natur kein unehrliches Weib sehen, und da auch zwanzig Weiber oder junge Mägd in einer Gesellschaft beieinander versammlet waren, und nur eine darunter, welche in aller Geheim ihre Ehr verloren, so wurde gedachter junge Mensch also ohnmächtig und krank. Einer ist in Mähren gewest, der kein gespitztes Messer auf keine Weis' konnte anschauen. Scaliger schreibet von einem Edelmann aus Frankreich, wie daß selbiger ein solches Abscheuen getragen an einer Leyer, daß, wann er diese Musik nur ein wenig angehört, gleich und alsobald die Natur sich entsetzt, und aus Schrecken alles von ihm gangen. Zu Florenz war vor etlich Jahren ein deutscher Soldat, aus des Groß-Herzogs seiner Leib-Garde, welcher gar nicht von Natur konnte leiden einen Krug oder Kandl mit einer Handhab, dahero er alle Handhäb voran gebrochen, ehe er getrunken, ja er wäre vor Durst gestorben, als daß er aus einem solchen ganzen Krug[340] getrunken hätt. Es bezeuget der gelehrte Abt Hieronymus Hieruhaim, daß einer die Speck-Knedl, mit beigelegtem geselchten Fleisch nit habe leiden können, sondern dergestalten wider seinen Willen jederzeit zum Lachen bewegt worden, daß, wann man diese nicht hätte hinweg getragen, er vor lauter Gelächter wäre gestorben. Ein Schlosser-Gesell, meiner Zeit zu Neu-Oetting in Bayern, konnte keinen viereckichten Speck sehen, und hat man ihn mit einem kleinen Stückel, besser, als mit einem bloßem Schwerdt können jagen; vor einem runden oder dreieckichten Speck hat er sich auf keine Weis' entsetzt. Solcher seltsamen Antipathien ist fast eine unzahlbare Anzahl, nit allein unter den Menschen, sondern auch unter den bösen Feinden, massen solche eine sondere Antipathia oder Haß tragen gegen etliche Dinge und will ich dermalen nit viel Meldung thun von unterschiedlichen Kräutern, Wurzlen, Rauch und andern natürlichen Sachen, welche dem Teufel zuwider seynd: Hypericum, Adianthum, Pervica, Palma Christi, Ramnus, Abrotanum etc. So findt man ebenfalls in dem Buch, worin dieExorcismi oder Teufels-Beschwörung verfaßt seyn, daß ein gewißer Rauch von Schwefel, Esel-Klauen, Rauten, Asa foetida die Teufel vertreibe; das leichteste Mittel aber, welches ein jeder hat, oder haben kann, ist das h. Kreuz-Zeichen.

Ein frecher Jüngling, Namens Theodoricus, begab sich nach Lübeck, daselbst eine junge Tochter zu besuchen, gegen die er sehr heftig entzündt war, weilen aber ein anderer ihm vorkommen, ist er dessenthalben so ergrimmt, daß er aus ungezähmtem Zorn [341] in diese Wort ausgebrochen: »Der Teufel, welcher mich allhero geführt hat, der führ mich wieder hinaus.« Der eingeladene Fuhrmann war alsobald da, und führte bereits den armen Tropfen in die Lüft, ganz über die Stadt, allwo er ihn gar nit sanft in eine Kothlacke niedergesetzt, mit diesen Worten: nisi te signasses, periisses, wann du dich nit hättest gezeichnet, so wärest du zu Grund gangen, dann zu wissen, daß er dazumalen aus größter Furcht das Kreuz, ob zwar ganz unvollkommen gemacht habe.

Sonsten fürchtet sich das Wachs vor dem Feuer, wie nun allzubekannt, aber es ist schon dahin kommen, daß sich das Feuer vor dem Wachs fürchtet, will hierdurch verstanden haben die verdammten feurigen Geister, denen einen sondern Schrecken einjagt jenes Wachs, worauf das Lamm Gottes gestaltet ist, so da insgemein genannt wird Agnus Dei. Das allerersteAgnus Dei hat uns gespendirt der h. Joannes der Täufer, als er dieses Wort zu den Hebräern gesprochen:Ecce Agnus Dei, sehet das Lamm Gottes etc., die andern Agnus Dei, in und aus Wachs, spendirt der päpstliche Stuhl, dann vergleichen runde Wachs mit der Bildnuß eines Lamms pflegt der römische Papst und Statthalter Christi das erste Jahr seines Papstthums solenniter in Beiseyn der Kardinäle zu weihen, nachmals nur alle sieben Jahr; diese seynd eine sehr stattliche Hülf wider die Teufel und dero Nachstellungen, wie es aus so vielen wunderbarlichen Begebenheiten sattsam bekannt ist.

Anno 1585 ist im trierischen Gebiet ein Knab [342] mit 8 Jahren durch die Hexen verführt worden, daß er sich auch bei dero Zusammenkunft eingefunden, und aus Befehl des Teufels mußte er einen Spielmann abgeben, und die Trommel schlagen, wann dieses Zaubergesind getanzet; da er aber dessen verwiesen worden, und der Erzbischof in allweg gesucht, diesen so zarten Bissen aus dem Rachen des bösen Feindes zu reißen, auch unter anderen angewendten geistlichen Mittlen ihm das Agnus Dei an Hals gehängt worden, hat ihm solches bei nächtlicher Weil der Teufel sehr scharf verwiesen, mit Bedrohung harter Schläg, dafern er solches nit wollte beiseits legen, und sobald der furchtsame Knab diesem nachkommen, hat ihn alsobald der leidige Satan auf einen schwarzen Bock gesetzt, und mehrmalen zu der versammelten Zauber-Bursch geführt.

Anno 1586 hat zu Trier ein Zauberer durch öffentliche Bekanntnuß bestanden, wie daß die Hexen eine lange Zeit dem Erzbischof daselbst haben nachgestellt, ihm aber niemalen schaden können, außer dazumalen, als er schlafen gangen, und aus Vergessenheit sein Agnus Dei auf dem Tisch liegen lassen, zur selben Zeit sey ihm durch das Hexen-Gesind ein Trunk eingegeben worden, welcher, so er mehr gewest wäre, ihm das Leben hätte genommen, worauf der Erzbischof sich entsonnen, und bekennt, daß er bei keiner Zeit sich also übel habe befunden, als in selbiger Nacht, auch derenthalben etliche Tag müssen im Bett liegerhaft verbleiben.

Anno 1595 ist zu Jamada eine besessene Person durch ein Agnus Dei am Hals vom bösen Feind [343] erlöst worden, welches mit mehreren bestätiget Ludovicus Froes.

Fast erschrecklich ist, was ganz umständig erzählt Augustinus Castanus, wie daß eine junge Tochter wider ihren Willen von den Eltern in ein Kloster sey gesteckt worden, und weil sie nun vermerkt, daß ihr nimmermehr das Heirathen werde zugelassen, also hat sie sich mit Leib und Seel dem bösen Feind verschrieben, und ihn zu einem Liebhaber und Bruder auserkiesen, welcher dann in Gestalt eines vorhin gewünschten Jünglings durch zwölf Jahr ihr beigewohnt, nach solcher Zeit ist sie in eine tödtliche Krankheit gerathen, und weil sie in Furcht stund, als werde bald ihre ewige Straf einen Anfang nehmen, hat sie eine große Angst und häufige Betrübniß überfallen, und wollte beinebens dem sorgfältigen Beichtvater, ihre so schweren Wunden auf keine Weis' entdecken, bis endlich der fromme Pater ihr ein Agnus Dei an Hals gehängt, worauf sie alsobald mit reuvollen Seufzern ihre Sünden bekennt, auch viele Zeit derlei dige Satan sie nit berühren dürfen, so lang sie dasAgnus Dei bei sich getragen; wie oft sie aber nachmals selbiges hindann gelegt, so oft ist sie unter des Bösen Gewalt gewesen, bis endlich durch grundlose Barmherzigkeit Gottes sie auf keine Weis' mehr besagtes Agnus Dei, auch durch Hülf des Teufels, weder mit Zangen noch Reissen hat können vom Hals bringen, worüber der Satan zu Schanden worden, und sie nachgehends einen bußfertigen Wandel geführt, auch endlich eines seligen Tods verschieden.

Wie der Kriegsfürst Gedeon mit großer Macht [344] und Armee wider den Feind ausgezogen, hat ihm der Allmächtige anbefohlen, er soll unter dem Volk ausrufen lassen, wer da furchtsam sey, der soll wieder zurück kehren, und gedenk einer, da seynd zwei und zwanzig tausend gefunden worden, welche nach Haus gemarschirt, das war eine große Anzahl der Lethfeigen.

Aber noch mehr seynd anzutreffen unter den Teufeln, ja alle und jede höllischen Larven seynd furchtsam und verzagt, und kann sie der Name Jesus undMaria, das kleinste Kreuzl, das kürzeste Gebetl, ein schlechtes Bildel, sogar ein Tropfen Weihwasser in die Flucht jagen. O wohl ein armer Teufel, der von Gott und seinen Geschöpfen gefoppet wird.

Großen Dank Herr Teufel
Großen Dank Herr Teufel.

Dem ist nit also, meine fromme Kananäerinn, die Frau irret sich, die Weiber-Reden seynd nit allemal an dem rechten, Probstein gerieben, Zangen und Zungen beißen oft ihnen selbst eine Scharte, absonderlich bei dem Frauenvolk, welches mehrmalen redet, was da gesichtig, und doch nicht gewichtig, was da gewichtig, doch nit richtig, was da richtig, doch nit schlichtig; mit Erlaubniß, Frau Kananäerinn, euer Memorial ist nicht gar wohl gereimt, stilisirt, eure Bitt geht auf Stelzen, euer Anbringen scheint mehr deolugisch als theologisch, ihr schreit mit erhebter [345] Stimm unsern Heiland an, er soll euch bedrängtem Weibsbild helfen, um weil ihr eine junge Tochter habt, die übel vom Teufel geplagt wird, male a Doemonio vexaretur etc., übel! ei, das ist übel geredt, meine Frau, die Plag, so einem der Teufel anthut, ist nit übel, sondern gut; wessentwegen der Mensch nicht unfüglich sagen kann, großen Dank Herr Teufel; zumalen keine Kron im Himmel, die der Satan nit geschmiedt hat, also bezeugt es der h. Vincentius Ferrerius: es thut uns dieser abgesagte Feind wider seinen Willen nutzen.

Wie geht es Ihr Gnaden Hoch- und Wohlgeborner Herr etc., übel, sehr übel, male a Doemonio nio vexor, der Teufel hat mich vor 6 Wochen vom Pferd herunter geführt, also hab ich mir den linken Fuß recht gebrochen, welcher zwar durch Fleiß des Wundarztes wieder geheilt worden, allein hab ich mehrmalen unleidige Schmerzen, und gewiß nimmermehr einen gesunden Tag; daß dieß der Teufel gestift habe, und ein Unglück über den Hals gebracht, glaub ich gern, massen er dergestalten nit viel anderst umgangen mit dem Job, dem er die völlige Gesundheit genommen, allein das Wort Uebel in einem Buchstabenwechsel heißt so viel als Blüe, das Uebel ist eine Blüe, aus welcher viel Gutes wachset. Vorhin war bei diesem Monsignor das Beichten so rar, wie in einer Juden-Kuchel der Speck, es war bei ihm die Andacht so inbrünstig, wie die Eiszapfen im Januario, er ist die Woche einmal über das Vater unser kommen, wie die Gäns über den Haber, obenhin, ohne Gewinn, wie er aber in besagtes Unglück gerathen, [346] hat er sich alsobald mit einem stattlichen Opfer nach Zell verlobt, auch, sofern ihm Gott das Leben werde fristen, hinfüro alle Monat wenigst einmal eine reuevolle Beicht verrichten, das Officium oder Tagzeit von der unbefleckten Mutter Gottes täglich beten, ja von selbiger Zeit an, weil ihm die Gesundheit nicht mehr in voriger Vollkommenheit, pflegt er sich von allen vorhin gewöhnlichen Gesellschaften abzusondern, und da er sich vorhin in stetem Hetzen und Jagen, auch an heiligen Tagen geübt und verliebt, dermalen läßt er Füchs und Hasen seyn, und ergötzt sich mit dem Lamm Gottes, welches hinweg nimmt die Sünden der Welt; auf solche Weis' ist ihm der Teufel nutz gewest, und gleichwie aus dem Gift der Medritat wird, also weiß der vorsichtigste Gott aus dem Bösen etwas Gutes zu schmieden.

Sattsam ist bekannt der wunderbarliche Schwemmteich zu Jerusalem; bei dem sich eine große Menge der armen, kranken und presthaften Menschen hat aufgehalten, zumalen besagtes Wasser diese Eigenschaft hatte, daß, wann es der Engel bewegt, der erste, so darein gestiegen, von allem seinem Zustand erlöst und kurirt worden, hat demnach nicht das klare, sondern das trübe Wasser die Gesundheit gebracht.

Gar viel Menschen seynd also gesittet und gesinnt, so lang es ihnen klar und wohl gehet, daß sie wenig an Gott denken, macht sie also das klare Wasser nit gesund; sobald ihnen aber der allmächtige Gott durch böse Engel, massen diese Gottes Schörgen und Henker seyn, ihren Wandel betrübt macht, da werden sie an der Seele gesund; Jonas der Prophet hat [347] Gott dem Herrn den Rucken zeigt, unterdessen sein Predigtamt resignirt, den Befehl Gottes als wie nichts geacht, und fein guter Ding also fortgeseglet, keine harte Straf im weichen Wasser ihm eingebildet, sobald ihn aber drei W überfallen, W Wetter, W Wasser, W Wallfisch, Domini est recordatus et clamavit etc., da hat er angefangen zu Gott schreien, gelt es lernt dich beten?

Ein mancher Studiosus befleißt sich mehr auf die 7 Todsünden, als auf die 7 freien Künste, und gilt bei ihnen mehr eine Sophia als die Philosophia, lebt und liebt, und labt, und lobt nach allem Wohlgefallen, schaut weniger an Himmel oder in Himmel, als ein blinder Maulwurf, dem seine einige Freud ist, in der Erde herum zu wühlen und buhlen; Gott der Allmächtige erlaubt, der schafft dem bösen Feind, daß er diesem perdocto, seducto, perito, parito, parato becca et boccalaureo eine Krankheit über den Hals bringt, welches der Satan, vermittelst natürlicher Wissenschaft, gar leicht richten kann nun mehrgedachter Federhaus in dem Federbett liegerhaft wird und der Kopf anfangt zu schmerzen, die Puls zu laufen, der Durst zu plagen, das Herz zu klopfen, die Knie zu zittern, die Händ zu zapplen, die Brust zu raßlen, die Aengsten zu quälen, die Ohren zu sausen, der Magen zu grußlen, und der Doktor zu zweiflen, Domini est recordatus et clamavit, da sangt er an zu Gott zu seufzen: O Gott! O Erlöser! nur dießmal auf, nur dießmal nit sterben, ich will einen bessern Wandel führen, ich will Cauponas und Capones meiden, ich will Vino et [348] Veneri absagen, ich will Cupidini undCupediis absagen, ich will Trapplen und Tramplen verlassen, ich will ein heiliges Leben führen, ich will nimmer zum grünen Kranz ins Wirthshaus, sondern lieber zum Rosenkranz gehen, ich will nit mehrgassaten gehen, sondern den Weg Gottes, was mehr ist, mein Gott und Herr! ich will ein Geistlicher werden, und dir mein Lebtag in einem strengen Orden dienen. Mala, quae nos hic premunt, ad Deum ire compellunt, also geschieht gar oft, daß dasjenige Uebel, welches uns durch göttliche Zulassung der böse Feind anthut, uns zum Guten bringt, ja solche Unglück, welche der Satan schnitzlet, seynd mehrmal Sporn, welche uns zur Furcht Gottes antreiben, seynd Magnet, welche uns zur Andacht ziehen, seynd Fuß-Bänder, welche uns vom Uebel und Unrecht gehen abhalten, seynd Präreptores, welche uns lernen beten etc., ist also nit wahr, male a Doemonio vexor, sondern bene, großen Dank Herr Teufel, du nutzest uns viel.

Wie geht es, gestrenger Herr Junker? übel, sagt er, sehr übel, der Teufel hat meine Feind geritten, so lang, bis sie mich vom Dienst gebracht. Holla! das Wort Ibel heißt in einem Buchstabenwechsel, so viel als Blei, das Blei ist der Uhr viel mehr nützlich als schädlich, massen das schwere Gewicht machet, daß die Uhr recht gehet. Der Prophet Daniel hatte auf eine Zeit eine sehr geheimnußreiche Erscheinung, er sahe erstlich ein wildes Thier, nit ungleich einer Löwinn: Quasi leaena et alas habebat aquilae, aspiciebam, donec evulsae [349] sunt alae ejus, et sublata est de terra, et super pedes quasi homo stetit, et cor hominis datum est ei: Dieses Thier hätte Flügel wie ein Adler, nachdem ihm aber die Flügel ausgerissen worden, wurde es von der Erde erhebt, und nachmals zu einem Menschen worden. Herr Junker, dieser Spiegel ist für euch gemacht, so lang ihr in diesem kaiserlichen Dienst seyd gewest, habt ihr gelebt wie eine Bestia, euere Accidentia seynd kommen von des Kaisers Substanz, was den Deutschen Stilum anlangt, war euch keiner gleich, des Kaisers Silber leidt wohl öfter von dergleichen Erz-Dieben; im Evangelio steht nichts vom Nehmen, sondern vom Geben, date, quae sunt Caesaris, Caesari, gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist; bei euch aber hat es geheißen: nehmts dem Kaiser etc., so lang ihr in dieser Schmalzgrube seyd gesessen, habt ihr euch aus Hoffahrt und Uebermuth gar nit mehr gekennt, habt euch eingebildet, der babylonische Thurm sey um drei Spannen niederer als ihr. Euer Adjutorium simile, und Frau Gemahlinn rauschte im Taffet daher, daß sie mit dem seidenen Schweif eine ganze Gasse auskehrte, alle Tag hat man Panquet und Mahlzeiten gehalten, daß also furari und vorare selten ohne einander; nachdem aber der Teufel, nach eurer eigenen Aussag, eure Feind geritten, daß sie euch um den Dienst gebracht, und also die Flügel gestutzt worden, wie der danielischen Bestiä, sodann habt ihr euch von der Erde erhebt zu Gott, jetzt seyd ihr demüthig, aus einem Oberländer ein Niederländer worden, nach verlorenen Flüglen kein so großer Federhans mehr, [350] und schmeckt euch recht wohl, wann euch der Bauer einen guten Morgen gibt, nunmehr führt ihr einen frommen und guten Wandel, anstatt der Mahlzeiten liebt ihr den Gottesdienst, und hat sich euer Leben ganz umkehrt, wann ihr wäret beim Dienst verblieben, so wäret ihr den geraden Weg samt den eurigen zum Teufel gefahren, auf solche Weis', durch wunderliche göttliche Anordnung hilft wider seinen Willen der Teufel vielen in Himmel, er hält die Leiter selbst in Himmel, er schmiedt die Kron in Himmel, bene, non male a Doemonio vexor.

Es geschieht wohl öfter, daß uns das Böse etwas Guts ausbrütet. Plinius schreibt von Ferreo Jasone, wie daß solcher eine lange Zeit an einem Apostema oder einwendigen Geschwür unsägliche Schmerzen habe gelitten, wessenthalben er sich gänzlich entschlossen, in den Krieg zu ziehen, und an der Spitz der Armee zu stehen, damit er nur einmal den besagten Wehtagen ein Ende mache; wie es dann nit gar lang angestanden, daß gedachter Jason von einem Degen eine große Wunde empfangen, die allem Gedunken nach tödtlich scheinte, wovon er aber nit allein nit gestorben, sondern es ist ihm durch solche Wunden das so gefährliche Apostema geöffnet worden, und solchergestalten er zu gewünschter Gesundheit gelangt, dant vulnera vitam, die Wunden machen einen Gesunden.

Kaiser Paleologus, in dem vierzigsten Jahr seines Alters, hat einen so schweren Zustand bekommen, daß er ein ganzes Jahr mußte zu Bett liegen, auch war nach Aussag der Leibärzte keine Hoffnung mehr [351] seines Aufkommens, bis endlich ein verständiges Weib sich angemeldt, und der Kaiserinn einen zwar seltsamen, jedoch heilsamen Rath geben, wofern sie wolle, daß Ihre Majestät der Kaiser wieder zur vollkommenen Gesundheit komme, soll sie ihn öfter zum Zorn und Unwillen erwecken, damit hierdurch die Phlegmatici Humores und allzuschweren Feuchtigkeiten vom Haupt sich abschälen, und in die Nieder sinken. Der Kaiserinn thät solches Weiber-Recept nit mißfallen, sondern alsobald solche Curam an die Hand genommen, den guten Kaiser dergestalten geplagt mit Stich-Reden, mit Vieh-Reden, mit Trutz-Reden, mit Stutz-Reden, mit Fopp-Reden, mit Topp-Reden, mit Schmach-Reden, mit Lach-Reden, daß er schier vor Zorn aus der Haut gefahren; für ja sagte sie nein, für Wasser reichte sie Wein, für Messer gab sie Löffel, für Hansl verstund sie Stephel, für Becher setzt sie Schißlen, für Fleisch kocht sie Fischlen, Summa, in allem thät sie ihm zuwider. Das hat dem Kaiser eine solche Cholera erweckt, daß er mehrmalen feuerroth im Angesicht vor lauter Gift worden, aber solches hat in kurzer Zeit so viel ausgewirkt, daß alle kalten Feuchtigkeiten vertrieben, und er zu völliger Gesundheit mit höchstem Trost des ganzen Reiches gelanget.Majolus colloq. de contingen. Hat also diesem großen Monarchen das Plagen nit wenig genutzt, dem Gold nutzt der Hammer, dem Menschen nutzt der Jammer, der verlorne Sohn wär wohl nit gut worden, wanns ihm nit wär übel gangen; dem Weinstock nutzt das Schneiden, dem Menschen nutz das Leiden. Ignatius Lojola hat niemalen so heilige [352] Gedanken geschöpft, als da er im Feld stark verwundt worden, dem Ballen nutzt das Schlagen, dem Menschen nutzt das Plagen; Augustinus hat niemalen gedacht, von seinem Irrthum abzustehen, als wie er von einer gefährlichen Krankheit überfallen worden, der Mensch pflegt meistens gut zu thun, wann es ihm, bös gehet; wann demnach der Satan dir und mir was Böses zufügt durch göttliche Zulassung, so kann ich fugsam sagen: hab Dank, Herr Teufel!

Wie geht es Jungfrau Rosina? übel, sagt sie, eine Hex hat mich also verzaubert durch ihre Teufels-Kunst, daß ich schon drei Jahr muß ganz bucklet daher gehen, und fahrt mir ein Geschwür um das andere im Gesicht auf; ich glaub, unsre Nachbäurin sey diese Bestia gewest, dann sie war mir wegen eines jungen Kerls, welcher mir wohlgewogen, erschrecklich neidig, das Teufels-Vieh; gemach meine Jungfrau, daß sie nicht in Graben fallt, das Wort Ubel in einem Buchstabenwechsel heißt so viel als Beul, das Ubel ist ein Beul und ein Hacken, welche manchem Menschen die Gelegenheit zum Sündigen abstutzet, wann ihr Jungfrau Rosina durch des Teufels Nachstellungen nit wäret zu solchem Elend und Ungestalt kommen, so wäret ihr schon eine de communi non Virginum, der lateinische Freitag hat bei euch viel golten, und schon längst der Schnee in Schön verkehrt worden, hat euch also der Teufel sehr viel genützt. Eine junge Tochter eines sehr ungestalteten Gesichts und häßlicher Gestalt ist auf eine Zeit in einen Wald hinaus gangen, ihr Elend daselbst ganz alleinig zu beweinen, um weilen ihr die Natur so ungnädig[353] und ihr eine solche Larve gespendirt, wovon alle Augen sich entsetzen, indem sie nun also herzlich ihr Elend betrauert, nimmt sie wahr, daß der nächste Baum von freien Stucken sie anrede, mein Miedl, sagt er, warum so kleinmüthig? du mußt dir solches Unglück nit also zu Herzen nehmen; schau, da neben meiner seynd die schönsten Bäume gestanden, welche alle wegen dero guten und geraden Gestalt seynd erbärmlich umgehauen worden, und da gleich auf der nächsten Brücke liegen sie, und seufzen allezeit, so oft ein schwer geladener Wagen über sie geht; ich aber, weil ich krump, knopert und wurmstichig, bin unverletzt geblieben; also mein Miedl, wann du eine schöne Gestalt hättest gehabt, du wärest schon längst zu Grund gangen, du wärest bei Zeiten eine Zeitige, und mit einem Wort eine lautere Unlautere worden, du verstehest schon; weil du aber schändlich und wild, also bist du von schlimmen Ansuchungen befreit, und folgsam nit viel Gelegenheit zum Bösen.

Wäre der Widder des Abrahams nit mit den Hörnern in einer dicken Dornhecke hangen geblieben, vielleicht wär er nit zu einem göttlichen Opfer worden, vielleicht hätte ihn der Wolf gefressen; steckte mancher Mensch nit unter den Dörnern der Trübsalen und Widerwärtigkeiten, würde er sich etwann übernehmen, und von einem Laster in das andere fallen, der Teufel samt seinem Hexenbrut hat alle deine Aecker und Weingärten zu Grund gericht durch Schaur und Hagel, und Ungewitter? beklag dich dessenthalben nit, dann es dir sehr viel Nutzen bringt, dann anjetzo vergeht dir das Spielen, dermalen thust nicht mehr so übermässig saufen, [354] gelt es lernt dich die Flügl henken. Hätte der Teufel den weltkündigen Apostel Paulum nit also geplagt, und unaufhörlich beunruhiget, wäre derselbe vermuthlich zu Grund gangen, hat ihn also der Satan bei seiner Heiligkeit erhalten. Hab Dank Herr Teufel!

Die Esther war das allerschönste Juden-Mädl, wessenthalben sie so werth worden in den Augen des Königs Asueri, unter anderen ihren schönen Stucken seynd gewest die rothen Wangen, und rosenfarbenen Lefzen, roseo colore vultum perfusa, die christliche Kirche ist die allerauserwählteste und schönste Braut Christi, aber mit keiner Farb prangt sie also, wie mit der rothen Farb so vieler und fast unzahlbarer Martyrer, zumalen Causinus glaubwürdigst behauptet, daß über die eilf Millionen der h. Martyrer und Blutzeugen Christi gezählt werden. Wie prangt nit Rom mit dem h. Martyrer Stéphano, welcher um Christi willen sich versteinigen lassen, damit man nit allein die Armen für seelig ausschreie, beati pauperes, sondern auch die Steinreichen, wie prangt nit diese Welt-Stadt mit dem h. Martyrer Laurentio, welcher um Gottes willen sich auf einem glühenden Rost hat braten lassen, damit ihm der Himmel nit könne vorrupfen, er sey weder gesotten noch gebraten. Wie prangt nit Armenia mit dem h. Apostel Bartholomäo, welcher sich wegen des wahren Glauben hat lassen lebendig schinden, damit ihm der Himmel nit könne vorwerfen, er steck in keiner guten Haut. Wie prangt nit die Mutter aller Städt mit dem h. Martyrer Sebastiano, welcher sich Glaubens halber hat lassen mit gespitzten Pfeilen [355] durchschießen, damit ihm der Himmel nicht könne nachsagen, er sey nit spitzfindig gewest. Wie prangt nit Alexandria mit der heiligen Martyrinn Apollonia, welche ihres himmlischen Bräutigams halber ihr hat lassen alle Zähn ausreissen, damit der Himmel sehe, daß ihr die Zähn nit wässern nach dem Zeitlichen, sondern nach dem Ewigen. Wie prangt nit Cathana mit der h. Martyrinn Agatha, welche ihr hat lassen um Christi Ehr und Lehr willen ihre jungfräulichen Brüst ausschneiden, damit es der Himmel sehe, daß sie ganz offenherzig gegen Gott sey. Wie prangt nit Siracus mit der. h. Martyrinn Lucia, welche ihr hat lassen Glaubens halber die Augen ausgraben, damit sie nachmals desto besser könne Gott auf ewig anschauen. Wie prangt nit Würzburg mit dem h. Martyrer Kiliano, Augsburg mit dem h. Martyrer Quiriano, Trier mit dem h. Martyrer Crescentio, Prag mit dem h. Martyrer Wenceslaw, Costnitz mit dem h. Martyrer Paterno, Mainz mit dem h. Martyrer Albano, Regensburg mit dem h. Martyrer Emerano, Oesterreich mit dem h. Martyrer Colomano und Floriano etc., ganz Deutschland mit so vielen Martyrern und streitbaren Blut-Zeugen prangt nit wenig, dahero kein katholischer Staat anzutreffen, wo nit die h. Gebein der Martyrer Christi verehrt werden. So viel streitbare Kämpfer und Martyrer Albani, Bassiani, Datiani, Eutychiani, Feliciani, Gordiani, Herculani, Juliani, Luciani, Marciani, Nemesiani, Oceani, Pontiani, Quintiliani, Romani, Sabiniani, Tornani, Valeriani etc., seynd sie nit purpurfarbe Rosen in dem Garten der katholischen Kirche, seynd sie nit kostbare Rubin in der [356] Kron Christi, seynd sie nit schönste Korallen um den Hals der göttlichen Braut, seynd sie nit ritterliche Kämpfer unter den Fahnen Christi? ihr christlicher Heldenmuth, ihre unüberwindliche Starkmüthigkeit, ihre ruhmwürdigste Tapferkeit hat die Tyrannen getrutzt, die Pein und Tourmente verlacht, den wahren Glauben befestiget, die katholische Kirche vermehrt, das Kreuz Christi begleit, die Engel ergötzt, die Welt auferbaut, und den Himmel erfüllt, wer ist Ursach? der Teufel, dieser, dieser, dieser hat die Tyrannei erfunden, die Tyrannen Diocletiani, Martiani Maximiani, Valeriani, Aureliani, Juliani, seynd alle vom Teufel angespohrt, angefrischt, angehetzt worden, die Christen zu verfolgen, die Christen zu martern mit aller erdenklichen Grausamkeit, mit aller unmenschlichen Tyrannei, wann also der Teufel nit wäre, so hätte die christliche Kirch nit so viel Martyrer. deren, nach Causini Aussag, in die eilf Millionen gezählt werden;hab Dank Herr Teufel!

Robertus, Herzog in Normandia, war auf der Reis' begriffen in das h. Land, unterwegs aber ist er von einem so harten Zustand überfallen worden, daß er weder zu Pferd, noch weniger zu Fuß seine Reis' konnte fortsetzen, wessenthalben er Noth halber hat müssen in einer Senften und Tragsessel getragen werden, und zwar durch und von zwölf Saracenern oder armen Türken, welche in der Arbeit umwechselten, indem er nun also seinen Weg fortgenommen, hat er ungefähr einen aus den seinigen Unterthanen, welcher bereits in der Ruckkehr war aus dem h. Land, angetroffen, welcher, nach abgelegter demüthiger Reverenz, [357] den Herzog befragt, ob er nit was zu befehlen habe in seinem Land. Ja, antwortet hierüber der Herzog, sag du meinen Unterthanen, wann du wirst nach Haus kommen, daß du mich allhier habest angetroffen, wo mich die Teufel in das Paradeis getragen; er wollte so viel sagen, daß die unglaubigen Türken, als dem Teufel nit ungleich, ihn nach Jerusalem tragen. Aber in aller Wahrheit kann ernstlich gesagt werden, was dieser große Fürst scherzweis' geredt, daß nemlich einen die Teufel in Himmel und Paradeis helfen, dann all dero Verfolgungen, Versuchungen und Uebel, was sie dem Menschen anthun, seynd ein gewißer Tragsessel in Himmel. Leiden, meiden hier auf Erden, ist ein Zeichen seelig zu werden.

Jacob wollte ein Weib nehmen, aber eine schöne, reist demnach zu dem Laban, welcher zwei erwachsene Töchter zu Haus hatte, eine hat geheißen Rachel, die andere Lia, diese war ungestalt, jene aber wohlgestalt. Laban fragt den Jacob, welche ihm gefalle? ob er die Lia haben wolle, ei, so behüt mich Gott, sagt Jacob, hat sie doch stets triefende Augen, wie ein Schleif-Kübel, pfui! seynd ihr doch die Fenster angeloffen, wie in einer steyerischen Rauchstube, Auweh! hat sie doch ein paar Aug-Apfel, wie zwei Juden-Kerschen, nur diese nit, aber ihre Schwester wohl die Rachel, die ist ein hübsches Dirnl, da Laban, hast die Hand darauf, sieben Jahr will ich dir treu und redlich dienen um die Rachel, Parola! nach verflossenen sieben Jahren wollt Jacob die Braut heimführen, das Hochzeit-Mahl wurde sehr stattlich zugericht, die gesamte große Freundschaft thät sich einfinden, die Spielleut waren sehr emsig, der Tag [358] war in allen Freuden zugebracht, Jacob geht schlafen, und hofft seine schöne Rachel, aber der vortlhafte Laban führt ihm in der Finster die schändliche Lia in die Schlaf-Kammer, wie nun fruhe die schöne Morgenröth das Licht in die Kammer geworfen, und Jacob die vom Schlaf verdunkelte Augen gewischt, so hat er anstatt des Hui ein Pfui gefunden, ei der Laban hat mich wie ein anderer betrogen. In dieser Geschicht steckt ein großes Geheimnuß verborgen, welche uns zu einer guten Lehr und Unterricht dienet: es wollte Gott haben, daß der Jacob erstlich die Lia heurathe, nachmals die Rachel, das Schlechte gehet vor dem Guten, die Arbeit vor dem Lohn, die Vigil vor dem Fest, der Streit vor der Victori, das Leiden vor den Freuden, der Getümmel vor dem Himmel, Müheseeligkeit vor der Seeligkeit, Trübsal vor dem Himmelsaal; zwei Paradeis gehen nit aufeinander, es heißt patiar, ut potiar, mit Kreutzer hat Gottes Sohn den Himmel erkauft, so wird mans dir auch nit kiechlen, oportet pati, man muß leiden, laß dir das Muß schmecken, nimm nur einen Löffel voll, wer in Trübsal und Drangsal lebt, der hat ein Zeichen an sich der ewigen Auserwählung. Der Widder des Abrahams hat Gott gefallen, die Widerwärtigkeit des Menschen, die er geduldig ausstehet, gefallet nit weniger dem Allmächtigen, nutzet demnach der Teufel sehr viel, als welcher dem Menschen viel Widerwärtigkeiten zufüget, bene a Doemonio vexor, non male.

Wie ist Elias in das Paradeis kommen? wie? es antwortet die h. Schrift, daß er auf einem feurigen Wagen durch einen Sturmwind sey dahin getragen [359] worden,per turbinem. Wer in Himmel will kommen, der muß vorhero einen Sturm ausstehen, und etwas leiden; das Himmelreich ist gleich, sagt Christus der Herr, einem Saurteig, und nicht einem süssen Biscotten-Teig. Unser Herr hat seine himmlische Glori auf dem Berg Thabor seinen Apostlen gezeigt, also heißt es Bergauf, mit Mühe und Arbeit kommt man in Himmel: der h. Petrus ist durch einen Engel aus seinem. Arrest und harten Gefängnuß erlediget, und nach Jerusalem geführt worden, aber er mußte vorhero gehen per portam ferream, durch das eiserne Thor, willst in die obere Stadt Jerusalem, allwo der Platz und Schatz der Auserwählten ist, einmal kommen, so ist nothwendig den Weg zu nehmen durch das eiserne Thor, durch einen harten Wandel, durch kreuz und Trübsal, dann


Mit essen und trinken,

Mit faullenzeu und stinken,

Mit schlenklen und spazieren,

Mit leflen und galanisiren,

Mit springen und tanzen,

Mit liegen und rantzen,

Mit jagen und hetzen,

Mit complementiren und wetzen,

Mit Räppel und Schimmel,

Kommt man, weiß Gott, nit in Himmel.


Sondern durch leiden. Die Braut in dem hohen Lied Salomonis hat ihren liebsten und himmlischen Bräutigam im Bettl gesucht, aber nicht gefunden, nachdem sie aber von dem Nacht-Wachter brav ist abgeschmiert worden, und schmerzlich verwundt, sodann hat er sich gar bald finden lassen, woraus abzunehmen, [360] daß ohne Kreuz und Leiden man nicht könne zu Gott kommen. In dem Leben des h. Dominici wird registrirt, daß dieser h. Patriarch gar oft eine fromme Dienerinn Gottes, mit Namen Bona, habe heimgesucht, deroselben Beicht angehört, und sie mit dem höchsten Altar-Geheimniß gespeist, weil besagte Bona einen sehr schrecklichen Zustand hatte, also daß ihr die halbe Brust von dem Krebs verfressen, verlangte einsmals der h. Dominicus solche Wunde zu sehen, und nachdem er wahrgenommen, daß bereits die Brust verfault, und voller Würmel, sie aber gleichwol eines fröhlichen Angesichts, hat er von ihr ein einiges Würmel verlangt, welches sie ihrem h. Vater nit wollt abschlagen, allein er mußte das Bedieng eingehen, daß er solches wieder wollte zurück geben, nachdem er bereits das Würmel auf seine flache Hand gelegt, hat er samt allen Anwesenden wahrgenommen, daß dieses Würmel in das schönste orientalische Perl verkehrt worden, viel thäten es ihm widerrathen, daß er solches nit mehr zurück soll geben, aber Bona wollt kurzum ihr Perl haben, und nachdem solches Dominicus ihr wider eingehändiget, und sie solches auf ihr voriges Ort gelegt, ist es mehrmal in ein Würmel verwandelt worden. Dieser Bona, und vielen unzählbaren Servis bonis, und Dienern Gottes seynd alle Trübsal und Widerwärtigkeiten höchst angenehm gewest, ja die Apostel haben gefrohlockt, daß sie um Jesu willen zu leiden gewürdiget worden, die seraphische Theresia wollte entweders sterben oder leiden, Xaverius konnte nit ersättiget werden mit Leiden, weil sie wohl wußten, daß leiden hier auf Erden, sey ein Zeichen seelig zu werden. [361] Großen Dank dann Herr Teufel, daß wir von dir so viel leiden, daß du uns so viel Uebel anthust, großen Dank, dann dieß Uebel baut uns einen Weg und Steg in Himmel.

Das babylonische Feur hat den drei Jünglingen, Sidrach, Misach und Abdenago nit allein nit geschadt, sondern sie weit herzlicher und preiswürdiger gemacht, das baberlonische Feuer, welches der Teufel mehrmal anzündet durch Versuchungen in den Herzen der frommen Diener Gottes, thut nit allein keinen Schaden, sondern gereicht ihnen zum höchsten Lob, wann sie den Satan überwinden. Joseph ist durch die Versuchung der egyptischen Frau viel glorreicher worden, Franziscus ist durch die Versuchung, welche er zu Assis gelitten, viel herrlicher worden, dann als er solche zu dämpfen, sich nackend und bloß in einer Dornhecke herum gewaltzt, seynd alsobald an den Dornstauden, mitten im Januario die schönsten Rosen gewachsen, und noch auf heutigen Tag tragen gedachte Rosenstauden keine Dörner, die da verwunden.

Durch die Versuchung ist Thomas von Aquin weit angenehmer bei Gott dem Herrn worden, also zwar, daß auch die Engel, aus Befehl des Allerhöchsten, ihn mit der Gürtel einer ewigen Jungfrauschaft umgeben.

Der h. Bischof Ludovicus ist durch die Versuchung, die er durch des Teufels Antrieb von einer Königinn in Frankreich gelitten, viel glorreicher worden, dann weil er besagte Königinn, welche einen unziemenden Ansuch hätte, mit scharfen und grimmigen Augen angeschaut, hat Gott der Allmächtige zu einer zeitlichen Belohnung solche Augen 400 ganze Jahr unversehrt erhalten.

[362] Der h. Dominicus ist durch die Versuchung viel preiswürdiger worden, nachdem ihm ein frecher Schleppsack zum Bösen alle Anleitung geben, hat er sich ganz ausgezogen, und auf glühende Kohlen sich gelegt, damit er dergestalten Feuer mit Feuer lösche.

Hab Dank Herr Teufel, weil du mit deinen Versuchungen der frommen Diener und Dienerinn Gottes ihre Verdienste nur vermehrest, ihre Tapferkeit im Streiten an Tag gibst, ihnen die Glori vergrößerst, ihnen die Gelegenheit zu der Geduld spendirest: Nescit diabolus, quomodo illo et insidiante et furente utatur ad salutem fidelium suorum, excellentissima sapientia.

Ein armer reisender Handwerks-Gesell nahm seine Herberg bei einem sehr gewissenlosen Wirth, welcher den Gästen mehrmalen mit der weissen Kreiden es gar zu braun machte, als nun auch dieses besagter arme Tropf erfahren, und sich hierüber in etwas beklagt, der Wirth woll doch nit sub ritu duplici mit der Kreide umgehen, sein Beutel ertrag nicht solche schwere Contributiones, ist solcher dergestalten in den Harnisch kommen, daß er nit allein gedachten Handwerks-Gesellen mit groben und harten Worten angetast, sondern ihm noch darüber drei Maultaschen dergestalten versetzt, daß ihm allemal der Kopf an die Wand geprellt, welches ungezweifelt dem armen Lappen ein unwerthes Echo gewesen, und dieses war der sauere Schlaf-Trunk, welchen ihm der Wirth hinterlassen. Nachdem der tolle Wein-Jud auch sich zur Ruhe begeben, ist dem armen Gesellen eingefallen, als habe er jedesmal wahrgenommen, so oft ihm der Kopf an die Wand der Mauer [363] anprellt, daß dieselbe hohl sey, massen aus dem Hall oder Klang leicht abzunehmen, fangt demnach an das Malter in aller Stille von der Mauer zu schaben, hebt nach Möglichkeit die Ziegl heraus, und findt in aller Wahrheit, daß alldort etlich tausend Gulden vermauert, das war ihm ein gefundener Handel, wormit er sich bei der Nacht davon gemacht, damit aber der Wirth dessen einige Nachricht habe, also schrieb er mit der Kreiden auf den Tisch folgende Wort:


Hab Dank Herr Wirth um die Flaschen,

Welche bereicht meine Taschen,

In dem Haus seynd theuer die Goschen,

Weil sie kosten viel tausend Groschen.


Fast: auf gleiche Art widerfahrt es dem leidigen Satan, welcher in allweg siehet und suchet dem Menschen zu schaden, unterdessen aber mit seinen Verfolgungen verursacht er den größten Nutzen; er hat gesucht durch den Cain dem Abel zu schaden, durch den Cham dem Noe, durch den Esau dem Jacob, durch die Schwalben dem Tobiä, durch den Pharaon dem Mosi, durch die Jezabel dem Eliä, durch die Knaben dem Elisäo, durch die Gefängnuß dem Jeremiä, durch die Löwen dem Daniel, durch den Antiochum denen Machabäern, durch den Herodem dem Joanni, durch den Simon Magum dem Petro, durch Neronem dem Paulo, durch Marcimonem dem Joanni, durch Itacum dem Matthäo, durch Astiagem dem Bartholomäo, durch Justinam dem Ambrosio, durch die Donatisten dem Augustino, durch Eudoxiam dem Chrysostomo etc., und gleichwohl hat er ihnen hierdurch nit geschadet, sondern dero Glori vermehrt, dann zu wissen, daß seine Verfolgung [364] oder Versuchung auf keine Weis' zu förchten, alldieweil dieselbe uns eine Ursach der Glori und Materei des Triumphs ist; also bezeugt der h. Ambrosius.


Hab Dank Herr Teufel!

Judas vom Geiz eingenommen
Judas vom Geiz eingenommen.

Unter den Ehrsüchtigen ist Zechmeister Absalon, unter den Säufern ist Ober-Vogt der Holofernes, unter den Gleißnern ist Amtmann der Joab, unter den Undankbaren ist Vortreter der Mundschenk Pharaonis, unter den Zornigen ist Commandant der Herodes, unter den Gailen ist Ansager der Ammon, unter den Lugnern ist Schulmeister der Ananias mit Saphira, unter den Stolzen ist Kapell-Meister der Nabuchodonosor, unter den Schlemmern ist Fändrich der reiche evangelische Prasser; aber unter den Geizigen ist ein Haupt-Narr der Geizhals Judas, welcher von dem Geld-Geiz dahin veranlaßt worden, daß er ganz ehrlos, gewissenlos, gottlos seinen Herrn und Heiland verrathen und verkauft.

Wann ich zu Wien in der Haupt-Stadt und Residenz sollte und wollte einem jeden sein gebührendes Quartier überlassen, so thät ich erstlich die Gelehrten einlosiren in der Schuler-Strassen, die Ungelehrten im Stroh-Gässel, die Forchtsamen bei den drei Hasen, die Faulen, wo der Esel in der Wiegen liegt, die Prediger bei den 12 Apostlen, die Stolzen beim gulden[365] Pfauen, die Zornigen beim Hahnenbeiß, die Buhler beim blauen Bock, die Dieb auf der Sailer-Statt, die Soldaten beim blauen Säbel, die Saufer beim golden Fässel, die Groben im Sauwinkl, die Musikanten in der Singer-Straße, die alten Männer bei den drei Schimmlen, die alten Weiber auf dem alten Fleischmarkt, die Simpel in der Einfalts-Straßen, die Knaben beim gulden ABC, die Kinder im Milch-Gässel, die Wucherer auf dem Juden-Platz etc., wo aber die Geizigen? solche Welt-Narrn, Feld-Narrn, Zelt-Narrn, Geld-Narrn woltt ich einquartieren auf dem Heiden-Schuß zu Wien, dann in aller Wahrheit die Geizigen rechte Heiden seynd, und darneben nit wenig geschossen.

Numen und Nummus, Dives und Divus, Geiz und Götz, Gold und Gott, Aurum und Ara, seynd sowohl Namens als That halber nit weit von einander, dann das Gold ist des Geizigen sein Gott, den er wie ein Heid pflegt anzubeten und verehren. Der gottlose König Jeroboam, nachdem er durch Gottes Gnad die Kron und Scepter in Israel bekommen, hat er alsobald solche große Gnaden in Vergessenheit gestellt, und noch darüber zwei verguldte Kälber verfertigen lassen, damit dieselben das gesamte Volk Israel für ihre Götter erkenne; diese Ochsenköpf haben die guldenen Kälber für ihre Götter verehrt; die Geizigen aber halten das Gold für ihren Gott. Von dem wahren Gott schreibt und schreit die h. Schrift, daß wir ihn lieben sollen aus ganzer Seel, aus ganzem Herzen etc., liebt dann nit ein Geiziger Geld und Gold aus ganzem Herzen?

[366] Der h. und wunderthätige Antonius Paduanus bezeugt es, welcher in seinen Predigen gar nit schmeichlen kennte, der allzeit zu Verona und nit zu Florenz wohnte; dieser wird höflichst ersucht, er möchte doch eine Leich-Predigt machen für einen verstorbenen Herrn. Eine Leich-Predigt machen ist oft gar nit leicht, absonderlich wann man den Verstorbenen solle loben, der doch nichts Lobwürdiges gethan; der Tag wird bestimmt, die Freundschaft bekleidt sich ganz schwarz, die Erben weinen; aber solche Leut seynd gar oft beschaffen, wie die grünen Scheiter, wann sie auf den Heerd gelegt werden, auf einer Seite treiben sie Wasser, auf der andern Seite thun sie brennen; also haben oft die Erben die Wassersucht in den Augen und die Geldsucht im Herzen, singen mit dem Maul das Miserere und mit dem Herzen das Lätare. Die Kirche war mit lauter schwarzem Tuch überzogen, daß also die harten Steine auch sollen trauren, daß dieser so weichherzig gegen den Armen (scilicet) gestorben; es war die Kirche angefüllt mit lauter Zuhörer, welche ganz begierig die Predigt Antonii erwartet. O, hat ihm einer eingebildt, Antonius wird gar gewiß predigen, daß der verstorbene Herr sey gewest wie die 5 weisen Jungfrauen, dann gleichwie diese mit brennenden Lampen seynd in Himmel eingelassen worden, also ist auch dieser ein Kind der Seligkeit worden, weil er alle Samstag eine Lampe hat lassen brennen zu Ehren unser lieben Frau; ein anderer hat gehofft, Antonius werde predigen, daß der verstorbene Herr sey gewest so mäßig bei der Tafel, wie die Propheten-Kinder bei dem Elisäo, welche mit lauter Kraut vorlieb genommen. [367] Nit wenig seynd gewest, welche geglaubt haben, Antonius werde den Verstorbenen loben, daß er weit emsiger sey gewest, als die Hebräer, welche im Jahr nur dreimal nach Jerusalem in die Kirche gangen, der Verstorbene aber alle Tag. Alle, alle aus den Anwesenden hofften großes Lob von diesem großen Herrn, eine reiche Eloquenz wegen dieses reichen Herrn; aber die gebenedeite Zung Antonii konnte nit schmeichlen, sondern brach in diese ernsthaften Wort aus: ubi thesaurus tuus, ibi et cor tuum, wo dein Schatz, dort ist dein Herz; dieser verdammte Mensch hat nichts Werthers gehabt, dann das Geld, Gold war sein Gott, wessenthalben seine Seel bei dem Teufel, das Herz aber bei seinem Geld zu Haus; gehet hin, ihr werdet es also finden. Man gehet, man sucht, man schaut, man findt das Herz ganz zitternd und zapplend in dem Kasten auf dem Geldsack, woraus jedermänniglich konnte abnehmen, daß dieser verruchte Geizhals das Gold, wie einen Gott, aus ganzer Seel, aus ganzem Herzen geliebt habe. O bethörter Heid!

Die Israeliter, in Abwesenheit des Mosis, haben mit aller Gewalt den Hohenpriester Aaron dahin gebracht, daß er ihnen ein guldenes Kalb für einen Gott hat aufgesetzt, nachdem solches der eifrige Mann Gottes wahrgenommen, hat er diese Unthat und strafmäßigen Muthwillen seines Volks nit allein mit harten Worten stark gezüchtiget, sondern auch das guldene Kalb zu Pulver verbrennt, besagtes Pulver in das Wasser geworfen, woraus das abgötterische Volk mußte trinken, und ist auf solche Weis' an Tag kommen, [368] wer ein Schelm aus ihnen gewest; dann denjenigen, so unschuldig waren, hat man im wenigsten nichts angesehen, welche aber strafmäßig das Kalb angebetet, dieselben seynd ganz gulden um das Maul gewest, guldene Goschen, guldene Bärt, guldene Mäus-Köpf etc.

Die Geizigen haben nit allein guldene Mäuler, weilen sie stets vom Gold reden, guldene Zungen, weilen sie immerzu nach Gold schlecken, guldene, Zähn, weil ihnen solche alleweil nach Gold wässern, sondern auch ein guldenes Herz, weil solches das Gold wie einen Gott verehrt und liebt; ein Geiziger ist mehr goldselig als gottselig, sein Gebet ist immerzu per omnia Säckla Säcklorum, sein Glauben ist klauben, sein Mammerl ist Mammon, sein Schutz-Engel heißt Schatz-Engel, sein Namen heißt nehmen, sein Salben heißt Silber, sein Verhalten heißt behalten, sein Guraschi heißt Lagi, sein Wachs heißt Wechsel, sein Gewohnen heißt gewinnen, seine Woche heißt wuchern, sein Scheiben heißt schaben, seine Semmlen heißen sammlen, sein Viertel heißt Portel, seine Kammer heißt Kummer, sein Gold heißt Gott, das ist ja ein Spott. O Heid!

Die Burger zu Gerara hatten eine Heerd Schwein von 2000 Stuck, große, dicke, schöne, schwere, feiste und treffliche Säu; dann ob sie schon, vermög ihres Gesatz, sich von solchem Fleisch enthielten, so thäten sie dannoch wegen der guten Waid und umliegenden Eichel-Wäldern sehr viel Schwein halten, damit sie solche den angrenzenden Heiden und andern Glaubens-Genossen in der Stadt verhandlen, und hierdurch einen [369] ziemlichen Gewinn und Beschores finden konnten. Sobald aber der Herr Jesus in dieselbige Gegend angelangt, und aus den armen besessenen Leuten die Teufel getrieben, welche nachmals mit seiner Licenz in besagte Heerd Schwein gefahren, und folgends selbige alle in das tiefe Meer gestürzt, alsobald seynd die Burger haufenweis aus der Stadt zu Christo dem Herrn hinaus geloffen, ein jeder hat sich in Haaren gekrazt, und nit wenig sich beklagt des erlittenen Schadens, auch beinebens höflichst den Herrn ersucht, er wolle sich doch nit länger in ihrer Gegend aufhalten, sondern mit nächster Gelegenheit seinen Weg weiter nehmen. O ihr Sau-Narren! warum das? sollt ihr dann nit mit Händ und Füßen demüthig bitten und erhalten, damit Christus der Herr bei euch verbleibe; wie hat sich der Zachäus so glückselig geschätzt, daß ein solcher Gast bei ihm einlosirt? Herr, mein Herr, und großer Prophet, sagten die sauberen Gerasenner, gehe doch um ein Haus weiter, wir haben dich schon lieb, wann du nur weit von uns bist, rogabant, ut transiret. Warum? darum, diese gedachten, wann der Herr sollte länger bei ihnen verharren, so konnten sie nit mehr mit Säu handlen und ihren Gewinn suchen, dann wann sie wieder sollten meinen Zügel anfangen oder andere einkaufen, möchten die Teufel mehrmalen aus seiner Erlaubniß diese Schwein hinführen; also ist es besser, der Herr quittier unsre Nachbarschaft, und gehe hin, wo er herkommen, damit wir wiederum unseren Handel treiben, und Geld lösen. O ihr Geld-Angl, Geld-Ygl, Geld-Egl, Geld-Engl, Geld-Bengl, so ist euch lieber das Geld lösen, als [370] Gott der Erlöser? ihr Geizhäls! so wollt ihr lieber Gott lassen, als Gold lassen? ihr Geiz-Narren; so habt ihr in größerem Werth die gelbe oder weiße Erde, als denjenigen, der Himmel und Erde erschaffen? ihr seyd mehr als Heiden.

Zu Venedig war bei Mannsgedenken ein reicher Gesell, welcher dermassen dem Geld ergeben, daß, wann man einige Meldung von Silber oder Gold gethan, ihm alsobald die Puls geloffen aus lauter Begierlichkeit, als würde er von einem starken hitzigen Fieber angegriffen. Es hat ihn der Mammon und Geldgeiz dergestalten eingenommen, daß er Frühe, wann er aufgestanden, Abends, wann er schlafen gangen, allezeit das Kreuz-Zeichen mit einem Dukaten oder Zechin gemacht, seine Küsten und Kästen waren voller Geldsäck, und hatte einem jeden den Namen eines Heiligen also ausgetheilt, daß die vornehmere Münz den Titul hatte der vornehmern Heiligen, einen großen ledernen Sack voller Gold nannte er seinen Gott, welchen der verruchte Mensch zu heiligen Zeiten, als Weihnachten, Ostern, Pfingsten, mit Kränzel, Blumen, Ehrentitel und anderem Gepräng auf sondere Weis' verehrte; nachdem dieser Narr dem Tod auch zum Theil worden, welcher solche goldgelbe Ammerling zum besten weiß zu rupfen, hat er kurz zuvor das beste Geld ihm lassen vortragen, alle Gegenwärtigen mußten auf eine viertel Stund abtreten, unterdessen hat er Geld und Gold in das Maul, in die Ohren, in die Nase, (und was ehrlichen Ohren zuwider) sogar in andere offene Orte des Leibs gesteckt, auch nachmalens, wie andere fromme Christen pflegen [371] mit erhebten Augen gegen einem Krucifix, als er mit stets gewendten Augen gegen dem Geld seinen elenden Geist aufgeben, solche wunderliche Geschicht hat man wollen dem öffentlichen Druck anvertrauen, wofern die frommen Anverwandten solches nit hätten hintertrieben. Jedoch hat er sogar nicht können verhüllet wer den, daß nit auf einer und andern Kanzel hiervon einige Meldung eingeführt worden. O Narr! noch größer, als der Caligula, welcher sich ganz nackend ausgezogen, und sich also nach Genügen in dem Geld herum gewälzt. O Bestia! noch ärger, als jener Narr zu Costniz, der kurz vor seinem Tod das Geld anstatt des Brods in ein Koch oder Muß eingebrockt, und also am ersten Löffel voll erstickt. O Esel, noch bethörter, als jener geizige Goldschmied, welcher in seinen Todsnöthen, als man ihm ein silbernes Crucifix zu küssen gab, noch gefragt hat, wie viel Mark Silber es doch möchte haben? O Heid! und Abgötterer! undBlut-Schelm! weil du den Pluto für deinen Gott haltest, diesem deinen mammonischen Gott gebührt keine andere Ehr, als jene, welche die schöne Rachel den guldenen Götzenbildern, die sie heimlich ihrem Vater Laban entzogen, erwiesen hat, indem sie darauf gesessen; gar recht, dann auf einen solchen Kopf gehört kein anderer Hut, auf einen solchen Heerd gehört keine andere Glut, auf einen solchen Acker gehört kein anderer Pflug, auf einen solchen Tisch gehört kein anderer Krug, auf eine solche Nase gehört keine andere Brille, auf ein solches Bett gehört keine andere Hülle, auf einen solchen Fuß gehört kein anderer Schuh, auf ein solches Pult gehürt kein anderes [372] Buch, auf einen solchen Degen gehört keine andere Scheid, auf eine solche Wiese gehört keine andere Weib, und auf einen solchen Gott gehört kein anderer Spott.

Gleichwie Gott will, daß die Seinigen die zehen Gebot sollen halten, also will auch das Gold, daß die Seinigen die zehen Gebot sollen emsig beobachten und vollziehen. Das erste Gebot, sagt das Gold dem Geizigen: Du sollst allein an einen Gott glauben. Und in aller Wahrheit hat und halt und behalt der Geihzals sein Geld für einen Gott, dem er Tag und Nacht dient. Nachdem der Erz-Schalk Judas meineidiger Weis' den Herrn verrathen, konnte er nicht mehr den nagenden Gewissens-Wurm ertragen, sondern wollt bei Zeiten ganz verzweifelt ihm selbst das Leben nehmen; bevor aber hat er die aus der Kirchen-Kassa erlegten dreißig Silberling in den Tempel hinein geworfen, und nachgehends der henkermäßige Bösewicht zum Strang geeilt, aber sag her Tölpel, warum das Geld in Tempel? warum nicht viel mehr das verruchte Geld in eine Kothlacke oder wilden Misthaufen? allhier antwortet Drogo Ostiensis de Pass. derentwegen habe Iscarioth das benannte Geld in den Tempel und nicht anderstwohin geworfen, weil nemlich das Geld sein Gott war, Gott aber im Tempel forderist verehrt werde.

Das andere Gebot: Du sollst den Namen Gottes nit eitel oder umsonst nennen. Dieß halt der Geizige gar genau, dann er mit seinem Gott sobald nit umsonst hervor kommt; wie der Job um alles das Seinige kommen, und ganz nackend und bloß [373] auf dem Misthaufen gesessen, haben sich endlich die vorhin gewesten guten Freund eingefunden, und ihm die Visita geben, aber von weitem gestanden voller Furcht. Warum voller Furcht? ihr fürcht gewiß, ihr möcht auch kretzig werden? ihr fürcht vielleicht, Gott möcht euch auch also heimsuchen? nein, nein, dessenthalben hat sie keine Furcht angegriffen, sondern sie fürchteten, der arme Tropf möchte etwas von ihnen begehren; einer hat ihm einbildt, der Job werde sagen, mein Schwager, gib mir doch etliche Gulden, damit ich mir wieder kann etwas schaffen, weil ich alles verloren; ein anderer gedacht, der Job werd ihn ansprechen, mein Vetter, du siehest, in was Elend und Noth ich gerathen bin, gehe mir doch an die Hand mit einer Beihilf; der dritte hat ihn geforchten, der Job möcht sagen, mein Bruder, du weißt, wie oft ich dir habe das Maul ausgewaschen, und ist kein Zahn in deiner Gosche, der mich ein Dutzend Thaler kost, jetzt erkenns doch ein wenig, und greif mir auch mit etwas unter die Arm, derenthalben seynd sie von weiten gestanden, dessenthalben haben sie ihnen geforchten, dann es waren große Geizhäls, sie wollten. nicht gern in vanum, umsonst geben, vermög des anderten. Gebots.

Das dritte Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen. Das befiehlt auf alle Weis' das Gold den Seinigen. Die drei frommen und gottseligen Frauen, Maria Magdalena, Maria Jakobi und Maria Salome, waren so scrupulos und gewissenhaft, daß sie ihnen nit getraut, am Sabbath die Salben und Spezereien zu kaufen, wormit sie den Leichnam Jesu möchten [374] verehren, sondern haben gewart, bis der Sabbath vorbei gewest, cum pertransiisset Sabbathum. Also gebiet das Gold sehr stark den Seinigen, sie sollen doch den Feiertag heiligen; nicht alles, was sie die Woche hindurch gewunnen, am Sonntag wieder durch die Gurgel jagen, sondern denselbigen Tag sein heilgen, und das Geld ersparen.

Das vierte Gebot: Du sollst Vater und Mutter in Ehren haben. Dieß will dasGold kurzum, daß er soll gehalten werden. Ein Jünger hat einsmals von Christo dem Herrn begehrt, er wollt ihm doch licentiren, damit er könne seinen Vater begraben, welches aber der Herr ihm rund abgeschlagen, aus Ursachen, der Vater war dazumal noch nit todt, aber bei einem sehr hohen Alter, dahero hat der Jünger, welcher ziemlich interessirt war, gedacht, der Vater, weil er bei großem Vermögen, würde etwann ein Testament machen, so ihm präjudicirlich möchte seyn, derenthalben wollt er zum Vater, ihm gute Wort geben, auf alle Weis' bedienen, damit er den Rogen ziehe. Das Gold sagt also, thue Vater und Mutter in Ehren haben, damit sie dich nit enterben, thue dem Vater schön aufwarten, damit der Alte dich zum völligen Erben mache, gib der Frau Mutter gute Wort, damit auch ein gutes Trum ihrer Parapharnalien auf dich springe, honora!

Das fünfte Gebot: Du sollst nicht tödten. Dieß verbiet das Gold über alle Massen. Wie die Israeliter aus Egypten und aus der harten Dienstbarkeit des Pharaons gezogen, haben sie in der Wüste ganz unsinnig gemurrt wider Gott und wider den Moses, [375] auch sich nicht wenig beklagt, daß sie mit Fleisch nit tractirt wurden. Ei, ihr ehrvergessenen Leut und leichtfertiges Lumpengesind! habt ihr nicht eine unzahlbare Menge und Anzahl Ochsen, Kühe, Schaf und anders Vieh mit euch aus Egypten geführt, warum schlacht ihr nit etliche Ochsen? ja das Gold sagt, du sollst nicht tödten, non occides, der Geizige frißt lieber Haber-Stroh, der Haber-Narr! ehe daß er ein Kälbel absticht, er getraut ihm nicht ein Hündel abzuwürgen, er litt lieber den bittern Hunger, als daß er sollt ein 7 Wochen altes Lämml tödten lassen, Kraut und Ruben gehören vor solche Buben. Non occides.

Das sechste Gebot: Du sollst nit Ehe brechen. Bei Leib, sagt das Gold, thue nit Ehe brechen, dann es kost gar viel Geld. In der Stadt Babylon wurde ein falscher Gott mit Namen Bel verehret, dem der König alle Tag 40 Schaf, sechs große Krüg Wein, und eine ziemliche Anzahl der Semmel geopfert, welches bei nächtlicher Weil alles verzehrt worden, und war des Königs bethörte Meinung, daß solches alles der Gott Bel aufesse, damit aber der Daniel solche Thorheit an Tag bringe, hat er den Tempel dieses Abgotts einwendig über und über mit Aschen gestreuet, nachgehends mit des Königs Petschaft des Tempels Thür versieglet. Fruhe Morgens, wie der König samt dem Daniel in den Tempel getreten, und alles aufgezehrt gefunden, hat er vor Freuden aufgeschrien, und seinen Gott Bel aufs höchste gepriesen, der Meinung, als habe er so stattlich geessen und trunken, dem aber der Daniel bald das Widerspiel [376] gezeigt, da, sagt er, sehen Ihr Majestät unterschiedliche Fußstapfen in Asche, was bedeuten diese? video wahrhaftig vestigia virorum, mulierum etc., in der Wahrheit, diese seynd Fußballen der Weiber, der Männer, der Kinder; eben recht, antwort der Daniel, diese, diese fressen alles auf, wie er augenscheinlich hernach gezeigt, daß bei nächtlicher Weil die Götzen-Pfaffen samt ihren Weibern durch eine verborgene Thür einschleichen, und solches aufgesetzte Traktament verzehren.

Der Herr Joan. Amandus von Frauhofen hat sehr stattliches Einkommen, zu bestimmten Zeiten das gewisse Interesse 6 pr. Cento, was tragen ihm die Regalia nit ein wegen seiner schönen Scharschi, mit der er sten Frau hat er einen ziemlichen Rogen gezegen, was schöne Baarschaft im Geld hat er nit ererbt von seinem Herrn Vater? so hat er nicht ein geringes Patrimonium davon tragen von seinem Vetter, der gar ein karger und arger Jud war, und gleichwohl, ich weiß nicht, gleichwohl findt man nichts übriges im Haus, ja es verschwindt alles, weiß kein Mensch, wo die Sach hinkommt, er muß noch Gelder darzu zu leihen nehmen; weißt du nicht, wo die Sach hinkommt? so zeige ich es dir mit dem Daniel, vestigia mulierum etc., die Fußstapfen der Weiber, fremde Weiber, fremde Buhlschaften, fremdes Naschen nimmt ihm das Geld aus der Taschen, die bringen ihn zu solchem Ruin, dann dieses kost Geld; wie die Hebräer eine Ehebrecherinn zu Christum den Herrn geführt, und ihn um Rath gefragt, ob man soll mit dieser verfahren nach laut dem mosaischen [377] Gesetze? sag mir einer, wo dann der Ehebrecher hinkommen? wann sie in flagranti, wie sie aussagen, ertappt worden, wo ist dann dieser saubere Complex? rath nit lang, er hat sich mit Geld salvirt, er hat ihnen ziemlich müssen in Beutel blasen, so braucht es dann nit viel Probirens; solche Buhlschaften verderben die Wirthschaften, dahero das Gold auch den Seinigen scharf auferlegt, non maechaberis, du sollst nit Ehe brechen.

Das siebente Gebot, non furtum facies: Du sollst nit stehlen. Das verbiet das Gold sehr stark den Geizigen, aber dergestalten, er soll nit etwas weniges stehlen, sondern viel; dann gleichwie Gott ohne Maaß verlangt, geliebt, also begehrt auch dasGold verehrt zu werden. Unser erster Vater Adam hat nit allein den Gedanken gehabt, den Apfel, als eine kleine Pakatell zu stehlen, sondern auch dem Allerhöchsten seine Gottheit, eritis sicut Dii, lieber etwas rechtschaffenes, saget das Gold, zumalen nur die kleinen Dieb in excelsis, mit den Storchen ihr Nest in der Höhe machen, und Luftspringer müssen abgeben, die großen aber in sondern Ehren und Reputation erhalten werden, fast auf diese Weis', wie die kleinen Mucken und Fliegen in dem Spinnen-Geweb hängen bleiben, die großen Vögel aber alles durchreißen.

Das achte Gebot: Du sollst nit falsche Zeugnuß reden. Das Gold will auf alle Weis', daß man soll die Wahrheit brauchen, wann hierdurch ein Interesse zu hoffen. Petrus kommt nach Hof, will sehen, was es vor einen Ausgang werde nehmen [378] mit Christo; gleich im ersten Eingang schnarchet ihn ein Weib an, wann es noch eine gnädige Frau oder adeliche Dama wär gewesen, so konnt man den Spott nicht so groß machen, aber es war nur ein schlechtes Dienstmensch, Ancilla, ein Estherl, oder ein Sarl mit einen rupfenen Küttel, diese hat den großen Apostel also kleinmüthig gemacht, daß er gleich seinen Herrn verläugnet, er kenne ihn nicht, coepit jurare, es soll ihn der und der hinführen, wann er ihn kenne. Pfui, das heißt fliegen ohne F. Ein andersmal aber hat Petrus mit größter Auferbaulichkeit und sonderm Lob die Wahrheit gesagt, als er den Herrn demüthigist angeredt: Domine exi a me, quia homo peccator sum: Herr gehe doch von mir weg, dann ich ein sündiger Mensch bin. Warum aber gehet dermal Petrus so genau auf die Wahrheit? diese Frag wird ohne Beschwernuß aufgelöst, dann dazumal hat er die ganze Nacht umsonst gefischt, und mit dem Nihil allein das Netz angefüllt, sobald er aber auf des Herrn Wort das Netz eingeworfen, und eine solche Menge allerlei Fisch, zwar es gibt nur dreierlei, große, kleine und mittelmäßige, heraus gezogen, daß er allein hierzu nit stark genug, sondern auch andere seiner Mitsischer um Hülf ersuchen müssen, adesto, gedacht Petrus, jetzt ist die Zeit, die Wahrheit zu reden, weil es so viel einträgt. Domine exi a me, etc.

Das neunte Gebot: Du sollst nit begehren deines Nächsten Hausfrau. Nur das nit, sagt das Gold, dann du gar zu wohl weißt, daß dich dein eignes Weib viel kosten thut. Siehe, jener Bediente in dem Evangelio ist seinem König 10 tausend Talente [379] schuldig worden, – um Gottes willen, wie muß er so viel Geld anworden haben? wie? frag ein Weil, seine Frau hatte alle Wochen ein neues Modi-Kleid, und gleichwie in dem Mantel Eliä ein doppelter Geist, also in diesem Kleid eine doppelte Cresa, weil sie um den Kopf wollt allezeit steinreich seyn, also muß er blutarm werden, der vielfärbige Regenbogen ihrer Kleider hat dem Mann wohl öfter ein nasses Wetter in den Augen gemacht; der vornehme Procat an ihrem Manto hat verursacht harte Brocken an ihrem Mann, ihre kostbaren Spitz haben nit ein kleines Loch bohrt in seinen Beutel, ihre theuren Arm-Bänder haben der Armuth die Thür eröffnet, ihr stattlicher Aufzug war der guten Mittel Abzug, ihre Musch und Mäschen um den Kopf machten ein Gemisch Gemäsch in der Wirthschaft etc., geht ein solcher Unkosten auf sein eigenes Weib, bei Leib verbiet das Gold dem Geizigen, er soll nit begehren auch seines Nächsten Hausfrau, damit die Spesa nit wachsen.

Das zehente Gebot: Du sollst nit begehren deines Nächsten Gut. Allhier ist zu merken, daß eigentlich nichts auf der Welt sey, welches da konnte den Namen haben eines Guts, außer die Gnad Gottes, alle anderen zeitlichen Habschaften verdienen solchen Namen nit, in diesem Verstand befiehlt das Gold den Seinigen, sie sollen dieses Gut nit verlangen, wie dann jener bethörte Tropf in Niederland sich also verliebt in seinen köstlich erbauten Garten, daß er sich halb todt in besagten Lust-Ort tragen lassen, und mit zornigen Augen gen Himmel in diese gottslästerigen Wort ausgebrochen, du bist mir ein [380] ungerechter Gott, dann ich weder dich, noch das Deinige jemal verlangt, und anjetzo vergunnst du mir die Erde nit. Weil dann der Geizige pro suo Deo Diabolum und Diobulum hat, das Gold wie Gott anbetet und verehrt, dessen 10 Gebot auf das emsigste haltet, also kann er mit gutem Fug ein Held genennt werden.

Weil ich dann die Geizigen auf dem Heiden-Schuß zu Wien logirt hab, also erkenne ich sie nicht allein für Heiden, massen mir dieses beilegt der h. Paulus: Omnis avarus, quod est Idolorum servitus. Sondern ich sag noch darüber frisch und frei aus, daß sie geschossen seyn, und zwar großmächtige Narren. Zumalen ihnen Gott selbst dieses Prädikat zumesset: Stulte hac nocte repetent animam tuam, et quae parasti, cujus erunt?


Wie sparen, scharren und verwahren die geizigen Narren?


Wie? mit lauter Sorgen, Kummernuß, Arbeit, Drangsal, Leiden, Wachsamkeit, Abbruch, Widerwärtigkeit, Elend, Betrübniß, Hitz, Kälte, Hunger, Durst, Furcht und Schrecken, fressen sie ihre Brocken. O ihr Narren! Nachdem der reiche Prasser mehr beschaid als bescheid gethan, öfter beim Willkomm als voll komm sich eingefunden, lieber zu todt gesoffen, als zu todt geloffen, man tragt nit so viel Blattern darvon; nachdem dieser Schmer-Bauch und Weinschlauch von dem gähen Tod überfallen worden, und den geraden Weg zum Teufel gefahren, hat er sich der großen und übermäßigen Pein daselbsten heftigst beklagt, [381] forderist kam ihm unerträglich an der harte Durst, weil der Sau- und Sauf-Narr des Debuschirens schon gewohnt, wessenthalben er zu dem großen Abraham aufgeschrien um einen Trunk, auch schmeichlerischer Weis' ihn einen Vater genennt, Pater Abraham! O-O! x! es wird gewiß der Abraham einen solchen Schlenkelium zu einem Sohn haben? gleichwohl war der h. Patriarch so höflich, und hat ihn ebenfalls einen Sohn genennt, Fili, recordare, mein Sohn, sagte er, gedenk doch, was für gute Täg du allzeit gehabt hast, entgegen Lazarus so mühselig sein Leben zugebracht, jetzt muß er getröst seyn, du aber leiden, als wollte Abraham zu verstehen geben, daß zwei Himmel nit auf einander gehen, deßgleichen auch nit zwei Höll, etc.

Was Abraham dazumal dieser Schmer-Wampe von Schlampampen hat vorgeworfen, das konnt er in der Wahrheit nit objiciren einem verdammten Geizhalsrecepisti bona in vita tua, als habe solcher bei seinen Lebzeiten gute Tag empfangen, sondern mit besserm Fug konnte er einem solchen sagen, stulte recepisti mala, du Narr, du hast m der Welt gelitten, anjetzo mußt du auch ewig leiden. Alle anderen Sünder empfinden wenigst eine Lust und Gust auf der Brust in ihren Lasterthaten, aber der Geizige weiß nichts zu sagen, als von Pein und Marter.

Durch Fasten und Abbruch überwinden andere den bösen Feind, und erhalten nachmals die ewige Seligkeit. Samson wurde auf eine Zeit von sehr vielen feindlichen Truppen der Philistäer überfallen, der aber befand sich ganz allein, und was ihm die mehreste[382] Angst verursachte, hatte er kein einiges Gewehr beihanden. O wie froh wäre er gewest, so er einen solchen spitzfindigen Scepter von Holz hätte gefunden, dergleichen die Bauern in Ober-Oesterreich in ihrem Feldzug gebraucht; er wendete seine Augen hin und her, konnte aber nichts ersehen, als einen dürren Esels-Kinnbacken, welchen er ganz behend und voller Guraschi ergriffen, damit die feindlichen Truppen so beherzt und löwenmüthig angriffen, daß ihrer tausend Mann wohlbewaffneter Soldaten auf dem Platz geblieben, durch ein dürres Bein eine so feiste Victori erhalten, war ein großes Wunder.

Noch größern und preiswürdigern Sieg haben erhalten so viel und unzahlbare Diener Gottes wider die unsichtbaren Feinde und Fürsten der Finsternuß, mit lauter dürren und durch Fasten ausgemergelten Kinnbacken; dann gleichwie, nach Aussag des h. Petri Damiani, ein nüchterner Speichel allen Schlangen und Ottern den Tod bringt, also nicht weniger jagt em nüchterner und dem Fasten ergebener Mensch die höllische Schlang in die Flucht. Jene Soldaten, deren viel tausend waren, hat Gott durch den Kriegs-Obristen Gedeon auf dem Muster-Platz zu Harad hinweg geschafft, und als untüchtige Gesellen abgedankt, um weil sie sich auf ihre Wampen niedergelegt, und solchergestalten aus dem Fluß getrunken. Wordurch der Allmächtige genugsam wollte andeuten, und zu verstehen geben, daß alle diejenigen, welche zu sehr ihre Wampen versorgen und den Schmerbauch contentiren, nit zum Streit taugen wider die bösen Feind, wohl aber dieselbigen, so mit dürren Kinnbacken, wie Samson, [383] will sagen, mit ausgedürrten, und durch Hunger und Abbruch ausgemergleten Angesicht wider besagte Feind streiten und kämpfen.

Es werden freilich wohl nur gar zu viel angetroffen, welche fast gesitt und gesinnt seyn, wie der Tobias dazumal, als er von dem Raphael geführt worden zu dem Fluß, woraus sich ein großer Fisch gäh erhebt, welcher mit dem aufgesperrten Maul den Tobias also erschreckt, daß er überlaut aufgeschrien: Domine, invadit me! helft mir um Gottes willen, der Fisch wird mich fressen. Viel und nur gar zu viel seynd anzutreffen, welche ob dem Fisch, so ein Sinnbild des Fasttags, erschrecken, und machen krummere Mäuler über die Fastenspeisen, als die Propheten-Kinder im Beiseyn Elisäi, über ihren Kraut-Topf; indem sie doch wissen sollten, daß ein enges Thürl in Himmel, und feiste angeschoppte Wampen nit hinein können, angusta Porta etc., wissen sollten, daß auf einer feisten Saite übel zu geigen, also ein feister Bauch taugt zum Gebet auch nit; wissen sollten, daß gleichwie der Altvater Noe nach 40 Tagen das Fenster der Arche eröffnet, also nach 40 tägiger Fasten der himmlische Vater die Thür des Himmels eröffne; wissen sollten, daß Christus der Herr die drei und dreißig Jahr auf Erden niemal ein Fleisch gekostet, außer des gebratenen Osterlamms; wissen sollten, daß ehe und bevor der Moses die 10 Gebot aus Gottes Hand empfangen, vorhero eine strenge Fasten vollbracht hat, als könne man die 10 Gebot so leicht nit halten, ohne vorgehende Fasten und Leibs-Kasteiung; wissen sollten, daßCastitas und Castigatio [384] zwei leibliche Schwestern seyn, und eine von der andern sich hart lasse absondern; wissen sollten, daß die bösen Feind heftig den Herrn um Erlaubnuß ersucht haben, in die Schwein zu fahren, woraus erhellet, daß speckfeist der Teufel ihr Fressen sey; wissen sollten, daß Macer und Sacer nur mit einem Buchstaben unterscheiden, derentwegen sich der Heiland auf dem Berg Thabor in die Gesellschaft eingelassen des Mosis und Eliä, welche beede dem Fasten, nach laut der göttlichen Bibel, sehr ergeben waren; wissen sollen, daß die drei Knaben von dem feurigen babylonischen Ofen dessenthalben keinen Schaden erlitten, weilen sie sich vorhero von der verbotenen Speis' enthalten, und ein Fasttag angestellt, als könne einer so bald nit von einer mit unziemendem Feuer entzündten Baberl verletzt werden, welcher im Fasten sich übet; wissen sollen, daß gleichwie der Hausvater im Evangelio einen schönen Weingarten gepflanzt, und damit selbiger von aller Gefahr und Schaden sicher sey, einen guten Zaun darum geführt, et sepem circumdedit ei etc., also könne ein frommer Christ den Weingarten seiner Seele in keine größere Sicherheit stellen, als wann er ihn mit einem guten Zaun einschränkt, und den Leib mit Fasten zaundürr abmerglet; wissen sollen, daß der Mond nie eine Finsternuß leide, außer er sey im Vollschein, also der Mensch sich so leicht nit in die Werk der Finsternuß einlasse, außer er sey voll, und mit Speis' und Trank zu viel angefüllt; wissen sollen, daß Löffel und lefflen, essen und vermessen, Speis und Gespäß, Tafel und Teufel, Nachtmahl und Nachtmaul, Gula und [385] Gail, Fraß und Frauen, sitzen bei einander im besten Vertrauen.

Dahero die frommen Diener Gottes, so sich aller Vollkommenheit beflissen, nichts höhers, und einem christlichen Wandel nichts nothwendigeres gehalten, als die Fasten, und bescheidenen Abbruch der Speis' und Trank, wie dann der Allmächtige mehrmalen solches mit großen Wunderwerken bestätiget. Ich will geschweigen, daß der h. Einsiedler Konrad einen geselchten Schunken in einen Fisch, der h. Franziskus von Assis, wie auch Antonius von Padua, einen gebratenen Kapaun in einen Bratfisch, der h. Udalrikus von Augsburg ein kälbernes. Brätl in eine Forelle, die h. Agnes Politiana ein eingemachtes Fleisch in einen abgesottenen Fisch, der h. Augustinus Prediger-Ordens zwei Rebhünnl in zwei Blatteißl, wunderbarlich verkehrt haben, damit sie nur die Fasten nit möchten brechen. Ich will nit herbei fügen jenes lustige Trauerspiel, so sich Anno 1592 unweit der Stadt Breslau zugetragen, indem dazumal, zum Schimpf und Hohn des katholischen Glaubens, ein verbainter Ketzer an einem gebotenen Fasttag nit allein Fleisch gespeist, sondern noch darüber einem katholischen Bauern mit Gewalt einen guten Brocken um das Maul geschmiert, und auch zum Essen übermüthig angereizt; nachdem er aber in dem gemeinen Menschen einen frommen Widerstand erfahren, allo, sagte er dem Bauern, siehe, wie wohl dieses Bißl mir wird schmecken, Kraut aber für die Papisten, reißt beinebens das Maul in alle Weite auf; über welches alsobald Gottes gerechte Straf erfolgt, daß er auf [386] keine Weis' das offene und weite Maul konnte zusperren, umsonst war aller angewendte Fleiß und Arbeit der Doktoren und Aerzte, sondern es mußte dieser Bösewicht ein steter Maulaff seyn, und war kein Mittel zu finden, solches offene Gefriß zusammen zu schließen; hätte er fein vorhero, das Maul gehalten. Alle diese seynd große Wunder wegen des Fastens, aber folgende seynd größere Wunder in dem Fasten.

Simeon Stillites hat öfters, als einmal neben andern harten Kasteiungen vierzig ganzer Tag aneinander gefast, weder Speiß noch Trank zu sich genommen. Das heißt gefast!

Die h. Katharina von Senis hat einmal vom Ascher-Mittwoch an, bis auf die Himmelfahrt unsers Herrn, ohne einige Speiß zugebracht. Ja durch etliche Jahr hat sie keine andere Nahrung zu sich genommen, als eine wenige und wintzige Portion von Kräuter-Saft. Das war ein Fasten!

Die wunderbarliche Lidwina aus dem Marktsteck Schiddam in Holland, um das Jahr 1424 hat dergestalten ein strenges Fasten und Abbruch gehalten, daß sie inner acht und zwanzig Jahren nichts anders genossen, als allein das allerhöchste Sacrament des Altars. Das soll ein Fasten genennet werden! Die seelige Coletta durch vierzig Täg. Die seelige Elena Encelmina durch drei Monat. Der h. Abt Faustinus durch zwanzig Täg. Die seelige Clara de Agolantibus durch ein halbes Jahr, haben dergestalten gefastet, daß sie nit die geringste Speis zu sich genommen, soll das nit ein Fasten seyn? Alle diese und viel unzahlbare mehr haben durch ihr Fasten und Abbruch große Verdienste im Himmel gesammelt, [387] Gott dem Höchsten ein großes Wohlgefallen verursacht, und eine sondere Kron im Himmel geschmidt.

Entgegen die geldgierigen Geizhäls fasten ebenfalls, und dannoch samt ihrem strengen Abbruch, und harter Kasteiung fahren sie noch zum Teufel O Narren! Wohl recht Pazen und Pazo, gar gut Matto und Matthäus (dann dieser anfangs ein Geizhals war) nit übel Denari und Närrisch, stimmen Namen halber übereins, zumalen kein bessers Prädicat verdient der Geizige, als daß er einer mit dem Klafterlangen N. soll benamset werden. Der Geizige sieht so dürr und mager aus, als wäre er erst neulich von einem Nürnbergerischen Bein-Drechsler in einer Staffeta überschickt worden, seine Augen stecken im Kopf, wie zwei gläserne Knöpf in einem Flecksieder-Wammes, seine Stirn ist so glatt, wie ein alter Feuer-Kübel, den man in der Brunst zu Troja gebraucht hat. Die Wangen seynd dergestalten ausdorrt, daß sie tauglich, dafern sie an einem Stängel wären, zu einem Fliegen-Täschl, die Haar stehen so matt, wie das alte Gemieß auf einem Bauern-Dach, das Maul ist so kleinmüthig, daß es schier nit mag aufgehen, wie ein alter verroster Thür. Angel, die Stimm ist so schlecht, daß sie auch eine Glocke an dem Hals einer Schweizer-Kuh überschreit, der ganze Leib ist also dürr und ausgemerglet, daß der Bauch einer zusammen gefallenen Sackpfeife nit ungleich, mit dem Ellen-Bogen konnt er ohne sondere Mühe ein eichenes Bret durchbohren, der Narr ist dem König Pharao nicht viel ungleich, dann jener verharrt, dieser aber verbeint, und schaut ihm der Hunger bei den Augen aus, wie vor diesem in Symaria aus den [388] Fenstern, warum? etwann hat er keine Mittel? ja, ja, Mittel satt, der Sau-Narr hat bald mehr Schwein im Stall, als die Gerasener zu Christi Zeiten. Der Widerwärtige Narr hat bald mehr Schaaf auf der Weid, als der Laban. Der Ochsen-Kopf hat fast so viel Kühe, als Jacob seinem Bruder Esau geschenkt, und geschickt hat. DerGimpel hat schier mehr Geflügelwerk, als der Hohepriester Caiphas, in dessen Behausung der Hahn dem Peter die Buß geprediget. Der Haber-Narr hat weit mehr Korn und Waizen, als Joseph seinen Brüdern in das Land Kanaan mitgeben, allein aus lauter Geiz frißt er nichts, aus lauter Geiz zehrt er nichts, aus lauter Geiz braucht er nichts. Bei Leib nit ein gebratnes kälbernes Schlegel, wie Abraham seine Fremden tractirt, sondern eine blinde Wasser-Schnallen für diesen Schlegel. Bei weitem nit ein guter Brat-Fisch, wie die Apostel unserm Herrn aufgesetzt, sondern ein Linsen-Koch für diesen Stockfisch. Nur gar nicht feiste Wachtlen, wie Gott den Israeliten geschickt, sondern ein Kraut diesem Narren, dann aus Geiz traut er ihm nichts anders zu essen.

Der wackere Hof-Prediger Daniel hat ihm kein Blättl fürs Maul genommen, sondern ganz keck und beherzt den babylonischen Monarchen Nabuchodonosor unter die Nasen gerieben seine große Vermessenheit, indem er sich für einen Gott hat aufgeworfen, und beinebens angekündt die große Straf, welche bald die göttliche Gerechtigkeit über ihn werde schicken, benanntlich werde er von Leuten verstoßen werden, seine Wohnung werde seyn unter den wilden und vernunftlosen Thieren, er werde das Gras wie die Ochsen fressen: Foenum, [389] ut bos comedes etc., jedoch, sagt Daniel, Ihre Majestät folgen meinem Rath, sie geben reichliches Allmosen den Armen, etwann wird ihnen Gott diese große Straf gütigst nachsehen etc. Haec omnia venerunt super Nabuchodonosor etc. Aber alles ist über Nabuchodonosor, diesen so großen König, kommen. Sieben ganze Jahr mußte er auf allen Vieren in der Wildniß gleich anderem Vieh kriechen, und Gras fressen, aus welchem sonnenklar erhellet, daß dieser geizige König, nach Einrathung des Daniels, nicht habe Allmosen geben, sondern lieber hab wollen wie ein Ochs Gras fressen, als das Geld ausgeben, oder das Seinige verlieren. O Narr!

Seines gleichen gibt es noch viel, welche aus purem Geiz lieber wollen, wie ein Vieh leben, Hunger leiden, wie ein Hund, Gras fressen, gleichsam wie ein Ochs, als ein Geld ausgeben. Ich habe selbst einen gekennt, welcher nach seinem Tod über die siebenzig tausend Gulden in lauter Baarschaft verlassen, der aus Geiz ihm nie getraut satt zu essen, das Brod hat er Stücklweis' von den armen Schülern, welche dergleichen Proviant von dem Kapuziner-Kloster daselbst getragen, um leichten Werth erhandlet, die Beiner auf der Straße (wer weiß, ob sie nit von des Schimmel guter Gedächtnuß gewesen) hat er gar begierig aufgehebt, und ihm hiervon, welches vielen als unglaublich gedünkt, eine Suppe gekocht. Nach seinem Tod hat man ein einiges paar Schuh gefunden, in welchem fünf und zwanzig eiserne Nägel gezählt worden, sonst sagt man, die Schuh ab, und der Höll zu! aber diese hätt der Phantast wohl können mit sich tragen.

[390] Ein anderer ist gewest, den man sonst Ihr Gnaden titulirte, der also vom Geiz eingenommen worden, daß er in der Woche nit einmal zu Haus gespeist, sondern da und dort einen unverschamten Schmarozer abgeben, seine Kleider und Schuh hat er allemal auf dem Täntlmarkt eingehandlet, und also in dreissig Jahren kein neues Kleid angelegt, sein Bett war so schlecht, daß, wann es jener beim Schwemmteich zu Jerusalem gehabt, ihm vermuthlich der Herr nit hätte befohlen, er soll es mit sich tragen, tolle grabatum etc. Sein Geld, welches in 50 tausend Gulden bestanden, hat er monatlich gewaschen, dazumal aber mußte den ganzen Tag die Haus-Thür gesperrt bleiben, auch der Diener und die Magd (dieß war das ganze Hausgesind, weil er nit verheirathet) zur selben Zeit sich anderwärts müssen aufhalten, seine besten Dukaten hengte er im ledernen Säckl in einen alten Rauchfang; sein gemeiner Spaziergang war auf der Gänsweid, woselbst er die von Gänsen ausgefallenen Federkiele fleißig aufgeklaubt, und nachmals den Schülern um etliche Pfenning verhandlet; die Holz-Birn, womit die muthigen Hirten-Buben scherzweis' einander geworfen, hat er gar einsig zusammen gesucht, und für ein sonders Schlecker-Bißl kochen lassen, viel andere Sachen und Thorheiten hat er begangen, welche, so sie sollten beschrieben werden, schier dem Leser einen Argwohn der Unwahrheit möchten verursachen: O Narr! Als dieser alberne Geizhals von einem gähen und tödtlichen Zustand überfallen worden, und der Medicus heilsame Arzneyen in der Apothecke vorgeschrieben, hat er dem Diener ernstlich verboten, solche abzuholen, um weil es zu [391] viel möchte kosten, sondern darfür begehrt ein halb verschimpeltes Medritat-Büchsel, so bereits in die 12 Jahr auf einem wurmsüchtigen Kasten gelegen, wovon er eine solche Kraft empfunden, daß er gleich darauf vom Schlag getroffen, ohne Buß gestorben, und allem Vermuthen und Urthl nach zum Teufel gefahren, nach seiner hat man über die 50 tausend Gulden allerlei schönster glanzender und wohlgewaschener Münz gefunden, so alles in fremde Händ und fremde Beutl, in fremde Gewalt kommen. O Narr!

Andere mit Fasten und Abbruch erlangen die Gnad Gottes, die Nachlaß der Straf, die ewige Belohnung, der Geizhals aber verdient durch sein Fasten die Höll, das höllische Feuer, des Feuers Ewigkeit. O Narr! Viele seynd bereits in dem obern Vaterland, in Gesellschaft der Engel, im himmlischen Paradeis, welche nit halbentheil sich also gekasteiet, wie du Geizhals, dahero bist du ein Martyrer des Teufels, dessen Mutter dir einen Schein auf den Kopf setzen wird. In dem Evangelio seynd jene Arbeiter um ihrer gehabten Mühewaltung willen nach Contento belohnt worden, aber der Geizige um seine ausgestandene Fasten und Arbeit hat er des Teufels Dank. O Narr! Andere mit guter Tafel und wohlgeschmackem Bißel erreichen noch das ewige Heil, aber der Geizige mit Fasten und Schnarrmaul, mit Abbruch und Leiden fahrt noch zum Teufel. O Narr!

Christus der Herr hat zu Cana Galiläa auf der Hochzeit den besten Wein lassen auftragen, der h. Vincentius Ferrerius hat in einem Wirthshaus zwei tausend Personen mit wenig Brod gespeist, und weil der [392] Wein so sauer, auch fast halb Essig, hat er denselben wunderbarlich in den edlesten Wein verkehrt. Siehe! unser liebe Herr, und seine Heilige setzen guten Wein auf, und da heißt gesegn Gott, du aber aus Geiz saufst einen sauern, der halb Wasser, du heißts, der Teufel gesegn dirs, o Narr! Der Heiland Jesus hat sich in der Wüste erbarmt über das Volk, daß selbiges schon drei Täg wegen seiner Hunger leidt, daß du aber aus Geiz und eingewurzleter Kargheit einen Hunger ausstehest, da kann sich der Teufel darüber erbarmen. O Narr! Auf solche Weis' ist die Höll viel theuerer, als der Himmel, die Gesatz des Satans viel schwerer, als die Gebot Gottes, das Leben des Sünders viel härter, als des Gerechten, der Weg zum Verderben viel knoperter und steiniger als zum Leben, die Laster viel bedränglicher, als die Tugenden, auf solche Weis' ist Essen und Trinken viel besser, als dein Fasten. O Narr!


Wie sparen, scharren und verwahren die Narren?


Wie? mit stetem Last und Unruhe, dann der Geizige thut bald schaffen, bald schiffen, bald danken, bald denken, bald schaben, bald scheiben, bald schwäzen, bald schwitzen, bald haben, bald heben, bald suchen, bald sochen, bald trauen, bald drohen, bald grapplen, bald gripplen, bald legen, bald liegen, bald tauschen, bald tuschen, bald holen, halbe hüllen, bald rechten, bald richten, bald zählen, bald zielen, bald spüren, bald sperren, bald bergen, bald borgen, voller Kummer und Sorgen. O Narr!

[393] St. Gotthard, Bernhard, Gerhard, Medhard, Richard, Leonhard, Quinhard, Eberhart, Adelhart, seynd nit allein hart in dem Namen gewest, sondern forderist in dem Leben, indem sie ihrem Leib tractirt, wie der Baalam die Eslinn, mit ihrem Leib umgangen, wie der Gedeon mit dem Treid, ihren Leib carisirt, wie Christus die Verkäufer in dem Tempel, insonderheit haben sie ganze Nächt in dem eifrigen Gebet zugebracht, oft nit ihrem Leib eine Stund vergunnt zu schlafen, welches ihnen Gott höchst und ewig belohnt hat. Ein Geiziger vor lauter Sorgen, aus lauter Kummer, weil er stets nach mehrers wacht und tracht, schlaft oftmals nit eine Stund, schließt die ganze Nacht nit ein Aug zu, vergunnt dem Leib keine Ruh und dieß alles belohnt ihm noch der Teufel mit der Höll, o Narr!

Pharao, König in Egypten, wurde durch so vielerlei schwere Strafen von Gott gewarnet, gleichwohl nicht gebessert, sondern noch mehr erhart, deßwegen vonnöthen gewest, daß solcher haute Stockfisch nachmals im Meer eingewässert worden; unter anderen Plagen, wodurch ihn der Allmächtige begann, zu sich zu ziehen, war nit die mindeste die große und häufige Menge der Mucken durch das ganze Königreich, dieser war eine solche Anzahl und Ungestümm, daß kein einiger Mensch weder Schlaf noch Ruhe konnte haben; dann ob sie schon kleinwinzige, Thierl und kaum sichtbare Mucken waren, so plagten sie doch die Leut mit ihrem subtilen und scharfen Stahel, daß Niemand, wie er sich immer verhüllt oder eingesperrt, konnte den nothwendigen Schlaf nehmen. Das waren[394] schlimme und wohl verdrießliche Mucken, aber worvon seynd diese gewachsen? siehe, höre, liese, der Prophet Aaron hat aus Befehl Gottes mit seiner Wunder-Ruthe auf die Erde geschlagen in den Staub, percussitque pulverem terrae etc., und daraus seynd diese unruhigen Mucken augenblicklich kommen.

Was ist Gold und Silber anderst, als eine bleiche, weiße Erde? von welcher da die allerunruhigstenMucken wachsen. Warum schlaft der Geizige mehrmal eine ganze Nacht nit? darum, er macht ihm allerlei seltsame Mucken durch das Geld, so er hat, so er haben will aus dieser Erd, kommen ihm so unterschiedliche Mucken, welche den süßen Schlaf verbieten.

Jener geizige Phantast in dem Evangelio hat die ganze Nacht hindurch nit ein Aug zugeschlossen, sondern stets Mucken gemacht, auf dero Flügel diese Wort gestanden: quid faciam? was muß ich thun? ich hab dieß Jahr des Treids so viel, daß ich es gar nit kann in die Scheuer bringen? quid faciam? was muß ich thun? dermal seynd die Erdfrüchte in geringem Werth, ist also gar nit rathsam, das schöne Treid so schlecht zu versilbern; quid faciam? was muß ich thun?. leihe ich es einem Müllner, Gott weiß, wie mich etwann der Gesell wird bezahlen, dann bei ihnen ohnedas weiße Kleider und schwarze Gewissen gefunden werden, und probier es einer, wann er hinter einem Müllner und Becker auf der Gasse geht, so sag nur: da geht ein Dieb, sodann wird gleich der Müllner umschauen; quid faciam? was muß ich thun? derweil einen fremden Stadel im Bestand [395] nehmen, will mir gar nit eingehen, dann fremd und entfremden seynd gar nah verwandt, und kann einer in sein eignes Haus kaum die Salve Quardi vor den Dieben erhalten; quid faciam? was muß ich thun? – vertausch ich das Treid um Wein, so verschwindt solcher nach und nach aus dem Keller, und wird mein Weib alle Tag einen wohl protokollirten Rausch haben, dann sie ohnedas nicht viel besser, als jene, die sogar die Woll aus ihrem Pelz geschnitten, und solche um einen nassen Brustfleck vergeben; quid faciam? was muß ich thun? laß ich es ausdreschen, und gibs in das kaiserliche Provianthaus, lieber Gott, was muß ich spendiren, bis ich wieder bezahlt werd, es seynd jetzt der Beamten so viel, und will ein jeder ein guter Christ seyn (Christus heißt so viel, als unctus oder gesalbt.) Quid faciam? was muß ich thun? schick ich es in ein anders Land, allwo es freilich um einen theueren Preis verhandlet wird, was kosten mich aber die Fuhrleut? welche ohnedas schlimme Vögel, der Henker rupf sie, was halt mit Wägen umgeht, ist gemeiniglich verwegen. Quid faciam? was muß ich thun? laß ich das Treid abschneiden, und raum's nit bald aus dem Weg, so kommen die Soldaten vom furbischen Regiment, und verfuttern mirs, dann sie sonst so vertraulich, daß sie öfters mit samt ihren Pferden zu unserm Tisch sitzen.Quid faciam? was muß ich thun? fallt ein schlimmes Wetter ein, und ist das Treid nit unterm Dach, so verdirbt es, und ein solcher Wassermann thät machen, daß ich mit der Zeit in das Zeichen des Krebs käm, und folgsam meine Wirthschaft und guter Gewinn [396] zuruck gienge. Quid faciam? was muß ich thun? ich bin mir selbst nit gescheid genug, ins Spital schicken, das mag ich nicht, wann mancher Bärnschneider hätt besser auf das Seinige geschaut, dürfte er auch nit in solchem alten Weiber-Convict seyn, allein bei solchen nassen Brüdern thut zuletzt gemeiniglich der Weinzeiger auf nichts zeigen. Quid faciam? was muß ich thun? laß sehen, das ging an, wann dieß und dieß nit wär, aber auf solche Weis' ließ es sich schier praktiziren, doch ist nicht allzuviel zu trauen, ich mag meine Sach nit an Spitz setzen, wie der David den Uriam. Mit dergleichen Mucken hat er die ganze Nacht zugebracht, nit eine viertel Stund geschlafen, und als er endlich bei sich entschlossen, die Sach zum besten einzurichten, da fallt ihn unverhofft ein Steckkathar, an welchem er elend erstickt. Stulte hoc nocte repetent animam tuam. O Narr!

Die lieben und frommen Hirten seynd wohl trefflich belohnt worden auf den bethlehemitischen Feldern, weil sie daselbst gewacht haben, dann sie derentwegen die allerersten gewest, welche durch den himmlischen Kurier die neue Zeitung erhalten, daß Gottes Sohn in dem Stall geboren; aber ein solcher Geizhals durch sein Wachen und Schlafbrechen verdient noch die Höll, o Narr! Auf Wälsch heißt Ricco ein Reicher, und Riccio ein Igl, die Namen kommen mit der That übereins, dann ein Reicher voller Stahel, wie ein Igl, von dem er selbst geplagt wird. Wie unser gebenedeiter Heiland die hebräischen Geizhäls und Wucherer aus dem Tempel hinaus gepeitscht, hat er die kleinen Strickl, womit sie ihre Maaren gebunden, anstatt [397] der Geißel gebraucht. Warum daß unser Herr, der dazumal einen gerechten Zorn gefaßt, nit ein gutes Lattentrum, oder einen starken Stuhlfuß genommen, und diese schlimmen Gesellen über die Köpf damit geschlagen, es hätt besser ausgeben, als die kleinen Strick? Meiner einfältigen Meinung nach hat ihm etwann der liebe Herr gedenkt, was er sie lang wolle stark schlagen, indem sie ohnedas geschlagen genug seyn, dann in aller Wahrheit die Geizigen mehr leiden und ausstehen, als die Geistlichen in dem Kloster, die Einsiedler in der Wüste, und wird am jüngsten Tag offenbar werden, daß mancher Geizhals mehr gefast, mehr gewacht, mehr gelitten wegen des Golds, als mancher Karthäuser wegen Gott, o Narr! Siehest du diesen Bettler, welcher dort auf dem grünen Wasen mit dem Kopf auf einem Scheerhaufen liegt, und so sanft schlaft? ihn hindert keine Fliege, wer weiß, ob ihm nicht Gott im Traum eben die Leiter zeigt, wie dem Jakob, und du bethörter Tropf thust so manche Nacht wegen deiner Mucken, welche der Geiz macht, ohne Schlaf zubringen, und in steter Unruhe dein Leben führen. Die Soldaten, so bei dem Grab des gekreuzigten Herrn und Heilands haben gewacht, seynd mit Geld derenthalben bezahlt worden, dich aber wegen deines steten Wachen und Sorgen bezahlt der Teufel. O Narr!

Der gelehrte Jesuit Stengelius erzählt eine wunderliche und beinebens lächerliche Geschichte von einem solchen Geld Narrn, welche vom Geiz mehr, als Tobias vom Schwalben-Koth verblendt worden. Dieser stund in immerwährender Furcht, daß ihm ein [398] Dieb möcht über das Geld kommen, dahero er denselben guldenen Schatz bald da und dort verborgen, wie ein Hund ein Bein, war dannoch seines Sinns nie recht versichert vor dergleichen Raubvögel; einsmals fallt ihm ein, es wäre kein besserer und hierzu bequemerer Ort, solches Geld zu verbergen, als ein Baum im Garten, zumalen die Dieb ihren Raub und Beut nur in Häusern, Kästen und Küsten zu fischen pflegen, zu diesem End besiehet er ganz genau, sowohl die in seinem als auch in dem benachbarten Garten großen Bäume, worunter er einen, seines Gedunken nach, sehr tauglichen auserkiesen, welchen er nachmals in aller Geheim bestiegen, und ganz daroben, unweit vom Gipfel, wahrgenommen, daß der Baum etwas hohl sey, so da war nach seinem Wunsch; nachdem er sehr behutsam vorhero umgeschaut, ob er von jemand nit vermerkt werde, hat er geschwind den ledernen Sack voll Dukaten in besagten hohlen Baum hinein gesteckt, und mit der alten Rinde gar sauber zugedeckt, und verhüllt, darauf ganz trostvoll herab gestiegen, als sey sein Schatz bester massen verwahrt. Eben zur selben Zeit befand sich dieses Geizhals rächster Nachbar in sehr großer Drangsal und Betrübnuß, um weil er ein Haus voll Kinder, die immerzu eine Stadt in Ungarn belagern, die heißt Brod, und noch darzu die Kreditores und Schuldenforderer stets um das Haus prozessionweis gehen, das Kreuztragen aber allzeit auf ihn komme, welches alles den armen Tropfen in solche Kleinmüthigkeit gestürzt, daß er endlich beschlossen, ihm selbst lieber das Leben zu nehmen und abzukürzen, als ferners in solchem Elend verharren, wie er dann unsaumlich [399] um einen guten Strick umgesehen, womit er sich selbst möcht erdroßlen; mit solchem harten Flor vom Sailer begibt er sich eilfertig, jedoch in der Stille, in seinen Garten, willens, daselbst dieß verzweifelte Werk zu vollziehen, und siehe, wie Gottes Vorsichtigkeit so wunderlich auf Erden spielet, er steigt eben denselben Baum, worin kurz vorhero der Geiz-Narr sein Geld verborgen, nachdem er bereits den Strick um den starken Ast geflochten, wollt er vorhero umsehen, ob nit einige Leut ihn wahrnehmen, im währenden Umschauen vermerkt er was in dem hohlen Baum, schaut, greift, findt, hebt den Sack voll Dukaten heraus, was für Freuden in seinem Herzen entstanden, ist leicht zu erachten; er gedacht nicht anderst, als habe ihm die göttliche Vorsichtigkeit zu Unterhaltung seiner armen Kinder dieses so stattliche Vogelnest zugeschickt; dahero ohne weiters Nachsinnen mit dieser so unverhofften Beut den Baum verlassen, den Strick aber hangen lassen, laß Strick Strick seyn, gedacht er, mir ist lieber dieß Glück als der Strick, mir ist weit angenehmer dieß Heil als das Sail, es mag sich ein anderer daran hängen, mich lust heut nit nach dergleichen Spagat-Salat etc. Unter solcher Zeit machte ihm der obbenannte Geizhals tausend Mucken und Sorgen, also daß er manche Nacht nit eine halbe Stund konnte schlafen, war immerzu in Angst und Furcht, es möcht ihm eine Maus übern Käs, oder ein Mauskopf über die Kassa kommen. O Narr! So du nur halbentheil wegen Gott so viel thätest wachen, ich glaub, du kämst auf die Eremiten-Bank im Himmel. Die Furcht hat ihn [400] endlich so stark getrieben, daß er frühe Morgens, so bald der Tag anbrach, beschlossen, seinem liebsten Schatz eine Visita zu geben, so auch geschehen; wie nun dieser geizige Baumhäckl hinauf geklept, und leider! gefunden, daß seine Dukaten Federn bekommen, auweh! ach! das Gesicht erbleicht, das Herz fallt in die Strümpf, die Seufzer brechen, die Augen schwimmen; nun ist es aus, sagte er, trösten kann mich niemand, ist mein Geld hin, soll das Leben auch hin seyn, ist mir nur leid, daß ich nicht gleich einen Strick bei Handen hab, die Verzweiflung wollt ich mit einem Knopf auflösen; wie er also ganz entrüstet umgeschaut, da nimmt er wahr, daß gleich neben seiner ein Strick hange, den unlängst zuvor der glückselige Schatzfinder hinterlassen, diesen erwischt ganz gierig der verzweifelte Geld-Narr, und bindt also den Hals zu, der als ein Geizhals lebte. O Narr!

Unser lieber Herr war so gütig gegen seine Aposteln und Jünger, daß er ihnen selbst befohlen, sie sollen ein wenig ruhen: Quiescite pusillum. Aber der Geiz-Teufel plagt die Seinigen dergestalten, daß er ihnen weder Schlaf noch Ruhe vergunnt; der Herr hat von dem Peter und zweien Kameraden auf dem Oelberg nur eine Stund begehrt zu wachen: Non potuistis una hora vigilare mecum? aber der Geiz-Teufel will von den Seinigen, daß sie eine ganze Nacht nicht schlafen. Auf solche Weis' ist weit leichter in Himmel zu kommen, als in die Höll, auf solche Weis' darf niemand nit so viel leiden um die Seeligkeit, als um die Verdammnuß, auf solche Weis' setzt Gott den Seinigen auch in der Welt süssere Bißl auf, als der [401] Satan. Es hat zwar der h. Paulus in der achten Epistel zu den Römern ausgesprochen, daß er und die Seinigen den ganzen Tag wegen Gott leiden: Propter te mortificamur tota die, aber die Geizigen müssen über Willen bekennen, daß sie nit allein den ganzen Tag, sondern mehrmalen auch die ganze Nacht leiden wegen des Gelds. O Narrn!

Der König in dem Evangelio, wie er wahrgenommen, daß ein Limmel und grober Gesell ohne hochzeitliches Kleid unter den Gästen sich eingefunden, hat sich dergestalten darüber erzürnt, daß er alsobald befohlen, dem frechen Kerl die Händ und Füß zu binden, und in die äußerste Finsternuß zu werfen. Ein anderer Bedienter und gemeiner Haus-Knecht im Evangelio untersteht sich, dem König spöttliche Wort unter das Gesicht zu sagen, man kenne ihn wohl, was er für ein König sey, er bereich sich mit fremden Gütern, er schneidt ein, wo er nit gesäet hat, und bring den Nächsten um das Seinige etc., ei du unverschamter Gast, du wärst werth, daß dich alle Schörgen zum Galgen hinaus begleiten sollen, diesem Lottersknecht ist gleichwol keine andere Straf angethan worden, als daß man aus königlichem Befehl ihm das gegebene Geld, benanntlich ein Pfund, aufert ab illo Mnam etc., soll wegnehmen. Warum daß der erste so hart gezüchtiget worden, der weniger Uebels gestift? mit dem andern aber ist man so glimpflich verfahren, der ein größerer Schelm war? ich antwort, wie daß der Letztere eine schärfere Straf ausgestanden, als der erste, dann dem Letztern hat man das Geld genommen, der gar ein karger Vogel war, einem Geizigen aber kann [402] nichts ärgers widerfahren, als wann er das Geld verliert, Tag und Nacht, fruh und spat, Sommer und Winter, Herbst und Frühling, Werktag und Feiertag, zu allen Zeiten fürcht er, wie ein Haas, zittert wie ein Bachsteltzen-Schweif, seufzet wie ein ungeschmierter Garn-Haspel, grimmt sich wie ein Dax, schnauft wie ein Post-Klepper, und sorgt immerzu, es komm ihm einer über das Geld, wie die Rachel über die Götzenbilder des Labans, es stutz ihm einer den Beutel, wie der Hanon die Kleider den davidischen Gesandten, es zwack ihm einer vom Schatz, wie der David dem Saul vom Mantel, und so er etwas verliert, das dringt ihm durch das Herz besser, als der Nagel der Jachel dem Sisara durch den Schlaf. O Narr! was leidest du nit um die Höll!


Wem sparen, scharren und verwahren die Narren?


Wem? quae congregasti cujus erunt? wem hast gespart so viel Kühe mit so viel Mühe? wem hast gesammelt so viel Batzen mit so viel Kratzen? wem hast gesucht so viel Treid mit so viel Leid? wem hast aufgehebt so viel Wein mit so viel Pein? wem hast geschächert so viel Metallien mit so viel Travalien? wem hast gelassen so viel Häuser du Kahlmäuser?

Ich, also laut dein Testament, ich Johannes Zacharias Batzenecker, verlasse hiemit sowohl meine wenige Baarschaft, als Aecker, Gründ, samt allen Mobilien meinem Sohn, als einigem Erben Franz Jucundo etc., (das ist eine s.v. große, bloße Lug) ich verlaß, das ist nit wahr, du verlaßt nit deine durch Geiz und Kargheit zusammen geschabene Güter, [403] sondern du wirst von ihnen verlassen, das Geld, o Phantast! verlaßt dich etc., setz also deinen letzten Unwillen (dann dein Wille ist nit das Geld zu verlassen) stell dein Testament also: Ich Narr aller Narren, habe bishero mit so viel Sorgen, Mühe, Arbeit, Kummernuß, Drangsal, Wachsamkeit, Fasten, Abbruch, Leiden, so und so viel zusammen gespart, wem? meinem Sohn ohne Zweifel, und jetzt fahr ich wegen seiner zum Teufel. Bon viaggio. Wie thut der Sohn das geerbte Gut nachmals anwenden? wie? Achan unter der Armee des großen Kriegsfürsten Josue, aus angebornem Geiz konnte sich nit enthalten von der verbotenen Beut zu Jericho, sondern das Silber und Gold hat dem Gesellen also in die Augen gestochen, daß endlich die Händ darüber kommen, welches dem allmächtigen Gott dergestalten mißfallen, daß er ohne Barmherzigkeit mußte versteiniget werden. Wann man bei unseren Zeiten alle Dieb müßte steinigen, so wär vonnöthen, daß man alle Pflaster aufhebet; so bald der Achan, wohl voller Ach, unter den Steinen gelegen, hat man all das Seinige zusammen geraspelte Gut verbrennt: Cuncta, quae illius erant, igne consumpta sunt: Alles Geld ist durch das Feuer verzehrt worden. Also geschieht wohl mehrern Geiz-Narren.

Ein mancher Gispel ist wie ein Espel, diese Frucht, so lang sie frisch ist, thut keinem Menschen nutzen, wohl aber, wann sie faul, also der Geld-Narr, so lang er frisch und gesund ist, so lang bringt er dem Nächsten keinen Nutzen, wohl aber wann er faul und im Grab liegt, da freut sich und frohlocket nit wenig der hinterlassene Sohn, daß er eine so schöne Erbschaft[404] antritt, aber wie? als Achan unter Steinen gelegen, ist sein Geld durch das Feuer verzehrt worden, wann der Vater unter dem Grabstein liegt, sodann verzehrt der Sohn Franz Jucundus das verschaffte Geld durch das Feuer gar oft, vivendo luxuriose, verjagt viel durch die Venus-Brunst, verschwendt die Baarschaft auf die Buhlschaften, was der Fraus des Vaters gewunnen, das thut der Sohn mit den Frauen widerum anbringen, was der alte Narr mit und durch Wachen erworben, das thut das junge Bürschl mit und durch ungiltigen Beischlaf wieder anwerden; des alten Gecken seine Mittel, fressen anjetzo die Weiber-Küttel, o Narr! was sagst du zu diesem in der Höll?

Der tapfere Kriegsfürst Gedeon mußte aus Befehl Gottes sein Volk, welches er wider die Madianiter ausgeführt, vorhero mustern, aber wo? beim Wasser zu Harad. Der alte Zacharias Batzenecker hat viel tausend Dukaten in baarem Geld hinterlassen, worauf lauter gewaffnete Männer, gelt der Junge kann sie jetzo mustern, wo? beim Wasser auch? ja wohl nit, sondern beim Wein. Der Alle hat ihm eine ganze Woche nit getraut ein Mässel Wein zu trinken, der Sohn panquetiret jetzo die ganze Wochen; des Alten sein Wirthshaus war nur beim gulden Greif, aber der Sohn jagt jetzt den schwarzen Bären; was eine Spinnerinn viel Zeit in einem Winkel ausgemerglet, ausgearbeitet und ausgespunnen, das thut oft auf einmal der Besen einer Magd zu nicht machen; was der Vater viel Jahr mit Mühe und Arbeit erhaust, das pflegt gar oft nit ein Besen, sondern ein böser und ungerathener Sohn auf eine Mahlzeit zu verschwenden. [405] Jener Vater hat seinen Sohn, der anderwärts im Studiren war, gar ernstlich ermahnet, er soll doch gesparsamer seyn, und fein mit Speisen sich vertragen, die nit gar theuer seyn, ja antwortet hierüber der saubere Sohn, das hab ich bishero immerzu beobacht, und fleissig gehalten, mich meistens mit Rebhünnl und Fasanen contentiret, weilen solche nit so theuer, als ein Ochs oder eine Kuh. Dieß geschieht gar oft und vielmal, daß die Eltern aus Geiz ihnen nit getraut haben bei Lebs-Zeiten einen ungeschmalzenen Haber-Brei satt zu essen, anjetzo aber der Sohn wagt fünfzig Thaler auf eine Mahlzeit, was hilft nun euer sparen ihr Narren in der Höll?

Daß ein Stein Wasser gibt, ist ein Wunder, und dieß ist geschehen zu Zeiten Mosis, daß ein altes Weib mit achtzig Jahren Milch gibt, und die Stell einer Amme versieht, ist ein Wunder, und dieß ist geschehen Anno 1228 in der Sabinensischen Diöces, durch Vorbitt des h. Seraphischen Francisci. Daß es ein Eis-Feuer gibt, ist ein Wunder, und dieß ist geschehen durch die Vorbitt des h. Sebaldi. Daß ein verstohlner Raab Brod gibt, ist ein Wunder, und dieß ist geschehen dem großen Eliä. Daß aber ein Geiziger von seinem Geld und Gut etwas gibt, das ist noch ein größers Wunder, und dieß geschieht gar selten. Dahero der Geizige einer Sau, einer Viper, und einem Baum nit ungleich, dieser tragt vor andere die Früchte, also sammelt der Geizhals nur andern die Reichthümer. Eine Viper ist bei Lebs-Zeiten schädlich, aber nach dem Tod ist sie sehr nützlich, forderist in dem Medritat; ein Geizhals die Zeit seines Lebens ist [406] sei nem Nächsten mehr schädlich, als nützlich, weil er mit Betrug und Unfug viel Geld zusammen scharrt, aber nach dem Tod ist er sehr nützlich, absonderlich den Erben. Eine Sau, so lang sie lebt, ist zu keiner Sach zu brauchen, dann man kanns nit melken, wie eine Kuh, sie tragt nit Woll, wie ein Schaaf, sie zieht nit wie ein Pferd, sie tragt nit wie ein Esel, sie wacht nit wie ein Hund, sie fangt nit Mäus', wie eine Katz, zu nichts taugt sie, so bald sie aber todt ist, so ist sie in Allem zu brauchen, desgleichen ist ein Geizhals, so lang er lebt, dient er keinem, kein Mensch tragt einen Nutzen von ihm, so bald er aber hinab ins Grab, schabab kommt, da nutzt er über alle massen, absonderlich selbigem, dem sein Erbschaft zu Theil wird. Was hilft dann euer Sparen, ihr Narren?

Hugo, Cardinal, schreibt eine wunderliche Geschichte. In der Stadt Remis, sagt er, befand sich ein großer Wucherer, welcher bei nächtlicher Weil fast nichts anders gethan, als Geld gezählt; wie er einmal beim hellen Tag eine Truhe eröffnet, zu sehen, ob noch alle Dukaten darin seyn, so hört er diese klaren Wort aus den Geld-Säcken: »Wir seynd alle hier, aber gehören dem Gualtero Budello zu.« Der Geizhals ist hierüber fast in Ohnmacht gefallen, theils aus Schrecken, weil sein Geld ist redend worden, theils aus Kummer, daß dieser guldene Schatz ihn für seinen Herrn nit mehr er kennen will. Was geschieht, nach etlichen Tagen stirbt dieser Wucherer, ein gewisser Kerl aber, mit Namen Gualterus Budellus, heirath die hinterlassene Wittib, und erhalt zugleich mit ihr eine große Summa Geld, worbei er stattlich Allegro, und [407] guter Ding war, herrlich lassen aufgehen, und das so lang vom Geizhals arrestirte Geld wieder unter die Leut gebracht.

Ein anderer Geld-Narr hatte in dem Eingang seiner Haus-Kapelle unter dem Fußschamel verborgen einen großen Hafen aus Kupfer, welcher bereits schon halb voll mit den auserlesensten Dukaten; so oft nun besagter Wucherer die h. Meß daselbst gehört, hat er allemal den allmächtigen Gott inständig gebeten, er woll ihm doch so lang das Leben vergunnen, bis der Topf oder Hafen voll ist, nachdem solches Geschirr endlich durch so viel Fleiß und Gesparsamkeit angefüllt worden, hat der geizige Narr auch sein Leben geendt, nach dessen Tod die Wittib bald zu einer frischen Heirath geschritten, auch ihrem neuen Mann obbemelten Schatz angedeut, welcher sich dessen höchstens erfreut, und Gott den Herrn inbrünstig gebeten, er woll ihn doch so lang leben lassen, bis der mit Dukaten angeschopte Topf möcht leer werden.

Wem thut ihr dann sparen, ihr Narren? wem? mehrmalen einem unbekannten Menschen, einem undankbaren Gesellen, einem leichtsinnigen Verschwender, welcher so liederlich das Gut durchjagt, was ihr mit euerem Schweiß und Fleiß habt zusammen gejagt; einem manchen Geld Limmel begegnet, was da geschieht einem Obstbaum, welcher auf einem hohen Felsen stehet, wozu kein Mensch kommen kann, dessen Frucht nur die Raben genießen, es ihren Jungen zutragen, also mancher Geiz-Narr sammelt das Seinige nur dem Raben, dann sein Weib ein lustiges Raben-Vieh, die gute Verlassenschaft, das zusammen gescharrte Geld, [408] nach des alten Narren Tod einem jungen Mann anhängt, der es weiß gar gut zu reuttern.

In Aethiopia oder Mohrenland werden Ameisen gefunden, welche so groß, wie die Wölf, auch beinebens einer so ungeheuern Stärke, daß sie einen Menschen können niederreissen; diese sammlen in den hohen Gebürgen eine große Menge Gold zusammen, welches sie dermassen emsig hüten, daß kein Mensch sich getraut, um selbige Gegend zu erscheinen, bei hoher Sommers-Zeit aber, wann die Hitz zu übermässig groß ist, und sie solche nit können übertragen; pflegen sie in die tiefen, hohlen Löcher und Erd-Kluften zu schliefen, sich allda eine Zeitlang zu erfrischen, unterdessen kommen die Leut dahin, und tragen das gesammlete Gold hinweg. Ein Geizhals ist nit viel anderst beschaffen, zumalen man aus ihm hart kann etwas erpressen, wie jener gewest, der in eine tödtliche Krankheit gefallen, wessenthalben er mit den h. Sacramenten, nach katholischer Gewohnyeit, versehen worden, da man ihm aber die h. letzte Oelung geben, wollt er nur eine Hand aus dem Bett hervor bieten, und auf keine Weis' konnte überredt werden, daß er auch die andere hervor streckte, nach dem Tod endlich hat man gefunden und wahrgenommen, daß der Geiz-Narr den Schlüssel zum Geld in der andern Hand behalten; so lang ein geldgieriger Limmel bei Leben ist, kann man schwerlich etwas von ihm erhalten, so bald er aber, wie besagte äthiopische Ameisen, in die Erd schlieft, und in das tiefe Grab gelegt wird, alsdann finden sich unterschiedliche Erben, welche so arg und karg das zusammen gescharrte Gold mit vollen Freuden hinweg [409] tragen, und den Geld-Narren gleichwohl in der Höll lassen trauern, o Narren! wem thut ihr sparen? gedenkt noch anbei, daß solches durch Wucher und Unrecht erworbene Geld fast allemal bei dem Erben verschwinde.

Die Weiber seynd gemeiniglich dem Geiz mehr ergeben, als die Männer, zumalen das Evangelium sagt von einem Weib, die mit so großer Emsigkeit den verlornen Groschen gesucht, daß sie auch derenthalben das ganze Haus auskehrt; ein Mann hätt es wohl unterlassen, daß er eine so große Mühe dessenthalben auf sich genommen. Ueberdas weiß man wohl, daß Martha gar nit gern gesehen, daß ihr Bruder soll wieder zum Leben erweckt werden, in Erwägung, daß sie die von ihm erhaltene Erbs-Portion müsse zurück geben. Von einem dergleichen kargen Weib schreibt Joannes Bromiardus, daß solche auf alle Weis' gesehen, wie sie doch möge Geld zusammen rasplen, zu solchem End muß gemeiniglich der Betrug anstatt des Vortheils dienen, wie dann diese in Verkaufung der Milch allzeit das Drittel Wasser darein gossen, wodurch sie nit einen geringen Gewinn davon getragen; mit solchem ersparten Geld ist ihr Mann über das Meer gefahren, in Willens, eine andere Handelschaft zu treiben; als er nun in dem Schiff einmal sanft eingeschlafen, hat ein Aff ihm gar manierlich den Beutel Geld unvermerkt aus dem Sack gezogen, und damit ganz schleunig auf den hohen Segelbaum gestiegen, daselbst den Beutel eröffnet, und durch Anstalt der göttlichen Weisheit, um weilen das Weib jemalen das Drittel Wasser in die Milch geschütt, der [410] Aff das ganze Geld heraus gezählt, und allezeit zwei Groschen lassen in das Schiff fallen, den dritten aber ins Meer geworfen, daß also der Pfenning, so unrecht gewunnen, wieder also zerrunnen.

Wie mancher karger Phantastikus frißt auf Spatzen-Art, grabt auf Ratzen-Art, schaut auf Luren-Art, betrügt auf Fuchsen-Art, durchsucht auf Schaben-Art, stiehlt auf Raben-Art, und sammlet also eine Summa Geld zusammen, damit er einen reichen Sohn nach sich lasse; es verfließen wenig Jahr nach dem Tod des Herrn Vaters, da ist der Sohn schon verdorben, wie die Kürbes-Blätter Jonä, da ist der Beutel eingefallen, wie das Gesicht des Ammon, da seynd die Mittel verschwunden, wie Moses und Elias auf dem Berg Thabor, da hinkt die ganze Wirthschaft, wie der Jakob, nachdem er mit dem Engel gerungen, da seynd Küsten und Kästen leer, wie die Amplen der thorrechten Jungfrauen, und kommt der reiche Mopsus von Federn aufs Stroh, wie die Rachel mit ihren Götzen, Ge! Ge! Ge! wo ist der große Verlaß hinkommen? verschwunden, was zusammen geschunden, wo ist das schöne Geld hinkommen? zerrunnen, weil es also gewunnen; wo ist der große Schatz hinkommen? weil er war durch ungerechten Gewinn, also ist er hin. O Narren! wem thuts dann sparen? das hat vor meiner schon längst gesagt und klagt der Ecclesiastikus: Divitiae conservatae in malum Domini sui, pereunt enim in afflictione pessima, generavit filium, qui in summa egestate erit.

Als auf eine Zeit Christus der Herr an einem [411] Sabbath nach gehaltener Predigt aus dem Tempel gangen, hat man ihm ein Weib zugeführt, welche einen sehr schweren und elenden Zustand hatte, dann sie vom bösen Feind also zusammen gedruckt worden, daß sie 18 ganze Jahr bucklet daher gangen, und nit hat können übersich sehen, sondern immerzu mit dem Angesicht gegen die Erde; achtzehen Jahr ist viel, aber ich hab eine alte Frau von Schimmelhofen kennt, welche 80 Jahr nit gen Himmel geschaut, sondern der Geiz-Teufel hatte sie dergestalten eingenommen, daß sie alleweil nur die Erd und das Irdische betracht, von Kindheit an all ihr Gehen, Sehen, Stehen war aufs Geld. Von dem Heiland liest man, daß er nur einmal bei dem Gazophilazio gestanden, diese aber war allzeit bei dem Gazophilazio zu finden, ihre Kleidung bestund in einem Rock, der von 29 Fleck, fast wie ein eiserner Panzer, gestrickt war, ihre alte Feghaube hatte weniger Haar, als eine alte Bruthenn, wann sie mausen thut, sie brauchte einen Löffel vom schlechten Holz bei Tisch, dessen abgebrochener Stiel mit einem eisernen Draht zusammen gebunden, das Brod hat sie ihrem Menschen und Dienstmagd so dünn vorgeschnitten, daß schier eine Gefahr gewest, es möchtens einmal die Fliegen wegtragen; diese alte Trutt ist durch einen gähen Zustand in eine tödtliche Krankheit gerathen, daran sie auch gestorben; nach dero Tod seynd zwei von dem Magistrat ausgeordnet worden, welche den Verlaß sollen inventiren, die aber nach aller angewendter Mühewaltung und Fleiß nichts anders gefunden, als einen geringen hölzernen Hausrath, weil sie aber im billigen Argwohn gestanden, die alte[412] Lutzel müsse doch Geld verlassen haben, also haben sie alles und jedes durchsucht, und endlich in einem großen Schmalz-Kübel, nachdem sie das obere Schmalz hinweg geschöpft, gefunden in baarem Geld, meistens lauter Dukaten und Silber-Kronen, über die 30 tausend Gulden; weil kein Testament vorhanden, und sich kein Anverwandter eingefunden, außer ein weitschichtiger Vetter, der mit einem ziemlichen Theil sich lassen contentiren, das Uebrige aber alles in fremde Händ und Handschuh geschloffen. Et quae congregasti, cujus erunt?


Was sparen, scharren und verwahren die Narren?


Was? eine gelbe Erde, ein bleiches Metall, eine Geburt des allerniedersten Elements, ein glanzendes Koth, einen ausgekochten Dalken, eine zergängliche Sach, ein eitles Wesen, einen zusammen gestockten Faim, eine schimmernde Narrheit, etc.

Esau befand sich in einem glückseligen Stand, ein Erbprinz des großen und berühmten Patriarchen Isaaks, die väterliche Wohlgewogenheit und guten Affekt hatte er auf seiner Seite, Fug und Recht zum hohen Priesterthum konnt ihm Niemand absprechen, das Dominium über die Güter und Herrschaften gebührte ihm. Es stund mit einem Wort der Esau in Mitte des Glücks und alles gewünschten Wohlstands; endlich weil das Glück aus Flandern, und von einem geht zum andern, ist besagter Herr Esau um sein Fide Commiß kommen, alle Ehr und Hohheit und Güter verloren, ein Diener seines Bruders Jakob [413] worden. Aber was hat ihn um all sein Glück gebracht? ein schlechtes Linsen-Koch, ist ungewiß, ob es geschmalzen oder gesalzen gewest, um einen so liederlichen Bissen hat er alles das Seinige verschwendt, wie er solches nachgehends reifer erwägt, und besser zu Herzen genommen, hat er angefangen zu weinen, die Händ ober dem Kopf zusammen geschlagen, unbeschreiblich geheult und lamentiret: Ejulatu magno flevit, mehr beweint und betrauert seine begangene Thorheit, als den verlornen Glückstand, was bin ich nit für ein unsinniger Narr gewest, daß ich so eine herrliche Sach um ein spöttliches Linsen-Gefräß vertändlet.

Ich höre viel tausend Geizhäls und Wucherer in dem tiefen Abgrund der Höll, in Mitte der aufsteigenden Schwefel-Flammen, in diesem feurigen Kerker, auch wie den Esau, ejulatu magno, erbärmlich aufschreien und lamentiren. Zu Konstantinopel ist dergleichen Geld-Egel des gähen Tods gestorben, und von den hinterlassenen Erben in ein sehr prächtiges von Marmor verfertigtes Grab in der Kirche gelegt worden, des andern Tags aber ist er samt dem steinernen Gebäu weit von der Kirche gefunden worden, ejulatu magno, dieser schreit und heult in der Höll, und wird ewig nicht aufhören. Jakob de Victriac. Als einst ein öffentlicher Wucherer und Geiz-Narr mit Tod ab gangen, und vorhero das ungerechte Gut auf keine Weis', auch bei vieler Ermahnung, wollte zuruck geben und erstatten, derenthalben der Pfarrherr daselbst den Leichnam dieses Bösewichts in keine geweihte Erde legen wollen, indem aber die Befreundten [414] und Anverwandten des Verstorbenen um eine ehrliche Begräbnuß so inständig angehalten, auch durch harte Bedrohung solche erzwingen wollten, hat der Geistliche so weit eingewilliget, daß man solle den todten Körper auf ein Pferd laden, und wo selbiges werde hingehen und stehen bleiben, auch auf einem Freithof oder Gottesacker, dort soll man ihn zur Erd bestatten, womit die gesamte Freundschaft auch zufrieden, aus dero etliche mit aller Gewalt sich bemühet, das Pferd auf den Freithof zu bringen, aber dieses ist den geraden Weg mit schnellem Lauf dem Galgen zugeloffen, und daselbst stehen blieben. Dieser, dieser, ejulatu magno, weint und heult auch in der Höll, und wird dessen auf ewig kein End seyn.

Ein anderer, so Tag und Nacht durch Geiz und Wucher nach Geld getracht, ist unverhofft mit Tod abgangen, als man aber dessen Leichnam zum Grab wollte tragen, war es nicht möglich, auch nach aller angewendter Gewalt und Mühe die Todtenbahr von der Erd zu erheben, bis endlich der Pfarrer allda für rathsam gehalten, daß solchen verstorbenen Geizhals andere seines Gleichen sollen zum Grab tragen, welches sie dann ohne merkliche Beschwernuß vollzogen, hat also ein Schelm den andern müssen begraben. Dieser, dieser sitzt, schwitzt, brennt, schreit, weint, heult, ejulatu magno, daß er, wie der Esau, die ewige Kron um einen so schlechten Brocken Metall, um einen so geringen Erdschrollen, um eine so liederliche Sach auf ewig verschwendt hat.

Er hat gefischt, wer? der Petrus, wo? im Meer, wann? bei nächtlicher Weil, mit wem? mit [415] seinen Kameraden, warum? damit er möchte die Fisch verkaufen, oder selbige verzehren, wie lang? die ganze Nacht hindurch, was gestalten? mit großem Fleiß und Arbeit, aber was hat er gefangen? nihil, mein Michl, nichts; sie zogen das Netz bald hinauf, bald herab, bald hinum, bald herum, bald tief, bald seicht, bald link, bald recht, aber schlecht, was ist im Netz? nihil. Sie fischten 1 Stund, 2 Stund, 3 Stund, 4 Stund, 5 Stund, 6 Stund, 7 Stund, 8 Stund, 9 Stund, 10 Stund etc., wie viel Zentner? wie viel Pfund? wie viel Fisch haben sie gefangen? etwann 10, oder 9, oder 8, oder 7, oder 6, oder 5, oder 4, oder 3, oder 2, oder 1, nihil, gar nichts. Dem h. Abt Hermelando in Frankreich, dem h. Francisco in Italia, dem h. Bischof Ludgero in Friesland, dem h. Bischof Malachiä in Hibernia, dem seligen Joanni Lohelio in Böhmen, seynd die Fisch gar zum Gestad geschwummen, gar in das Schiff gesprungen, und sich freiwillig fangen lassen. Aber die ganze Nacht hat Petrus gefischt, und nit eines Nagel groß gefangen, gratis hat er gearbeit, nit ein Gratten hat er gefangen, nihil, nichts.

Ein Geizhals sorgt, sucht und bemühet sich nit allein eine ganze Nacht, sondern viel Jahr aneinander, schnappt nach dem Geld, wie der Wallfisch nach dem Jonas, sucht das Geld, wie die salomonische Braut ihren Liebsten, schleckt nach dem Geld, wie der Saul nach dem Honig, greift nach dem Geld, wie die Rachel nach den Götzen ihres Vaters, sammlet das Geld, wie die Ruth die Kornähre etc., nach so häufiger Arbeit, langer Arbeit, harter Arbeit, was [416] ist sein Nutz? sein Nutz ist, wie des Petri sein Netz, nihil, nichts tragt er darvon. Ich hab selbst eine kennt, welcher ihr Mann durch vieles Schaben und Graben etlich tausend Gulden hinterlassen, nachdem solcher Geiz-Narr mit Tod abgangen, und aus Unachtsamkeit dazumal (wie leicht pflegt zu geschehen) einer aus seinen Schuhen verloren war, oder wenigst nit konnte gefunden werden, ehe daß sie ein neues paar Schuh in das Grab mitgeben, hat sie ihm einen aus seinen alten Schuhen, an den andern Fuß aber einen alten Weiberschuh angelegt, wormit der arme Narr einen so weiten Weg bis in die Höll mußte marschiren; Jakob, indem er die Ruthen halb und halb geschunden, ist bei dem Laban reich worden, aber dieser Veitl ist durch sein Schinden so arm worden, daß er gar nit ein gutes paar Schuh darvon getragen, das heißt ja nihil! Wenig Zeit hernach ist sie zu der frischen andern Ehe getreten, und als ich ihr solches in etwas verwiesen, daß es nicht gar wohl, ja ziemlich ungereimt stehe, indem sie so bald wieder heirath, da ihr voriger Mann noch warm im Grab liege, was? sagt sie, warm? warm? wann er noch warm, so soll ich ihn blasen, damit er kalt werde. O Bestia! Ein solcher Egel kommt mir vor, wie ein Igel, dieser bei fruchtbarer Herbstzeit kriecht aus seiner tiefen Herberg hervor, steigt auf einen vollen Apfelbaum, und wirft das beste Obst herab, nachmals wälzt er sich unter dem Baum hin und her, daß also die Aepfel alle an seine ausgestreckten Stachel angespießt werden, mit welchem Raub und reicher Beut er sein Loch zufüllt, dieß Willens, mit diesem [417] Proviant den Winter hindurch zu bringen, wann er aber zu dem engen Loch will hinein schliefen, alsdann streift er alle gestohlenen Aepfel herab, und bringt folgsam nichts mit sich in die tiefe Erd,nihil. Wen, zeslaus, König in Böhmen, ist also aus das Geld gangen, daß er derentwegen die hussitische Ketzerei in seinem Königreich gestattet, dann er pflegte zu sagen, daß ihm diese Gans (Hus heißt in deutscher Sprach eine Gans) guldene Eier lege. Wenzeslaus, was hast du mit dir in das Grab getragen?nihil, nichts. König Ferdinandus zu Neapel war dem Geldgeiz also ergeben, daß er in der Stadt Capua sogar einen Tribut gelegt (salva venia) auf den Urin. Ferdinand, was hast du mit dir in die Erd gebracht?nihil, nichts. Craffto Gaßlariensis hat einen unbeschreiblichen Schatz zusammen gescharrt, und wie er einmal nach vollbrachtem Mittagmahl in die Kammer getreten, seinem Geld die Visita zu geben, hat man gefunden ihn mit umgeriebenem Hals, kohlschwarzem Angesicht und erbärmlicher Gestalt. Craffto, Craffto, was hast du aus so großem Reichthum mit dir in das Grab getragen? nihil, nichts. Reginerus, Bischof in Meissen, hat mehr und emsiger gesucht Mnam, quam animam, ist mehr goldselig als gottselig gewest, massen er Tag und Nacht nichts anders gethan, als seine silberne und guldene Münz von einem Sack in den andern gezählt, welches dann den göttlichen Augen dergestalten mißfallen, daß er von dem urplötzlichen Tod überfallen, und mit aufgesperrtem Maul auf dem Geld gefunden worden. Reginere, sag an, was hast du aus allem diesen Schatz mit dir genommen? nihil, nichts.

[418] Weil ihr dann wißt, daß ihr allen Reichthum, Geld und Gut müßt verlassen, vielleicht noch dieses Jahr, etwann noch diesen Monat, wer weiß, ob es nit geschieht diese Woche, ist ungewiß, ob nit morgen, es kann seyn, dann es öfter geschehen, noch diese Stund, und ihr nichts werd mit euch tragen, nihil, nichts, wie kann euch doch einfallen, daß sich euer Herz so gar in diese öde, schnöde, eitle und zergängliche Sach kann verlieben? wie ist es doch möglich, daß euere Augen von diesen nichtigen, flüchtigen Gütern mehr verblendt werden, als die Augen des ältern Tobiä von dem Schwalben-Koth? Der Mathusalem hat neun hundert neun und sechszig Jahr gelebt auf Erden, und gleichwohl ihm kein Haus gebaut, in Erwägung, daß er alles muß durch den Tod verlassen, und du alter Narr, und du alte Ofenkachel schabest, und grabest, und tappst Tag und Nacht nach Geld, da du doch eine kleine Zeit zu leben hast.

Judas der grobe und stolze Narr
Judas der grobe und stolze Narr, in Erwägung, daß er Procurator und Hauspfleger sey, unterstehet sich vor allen andern Apostlen zu sitzen bei dem Füßwaschen, ja vermuthlich hat er gar dem Peter das erste Ort nit vergunnt.

Den 14. Tag des Monats Nisan, welches bei uns der April ist, am Donnerstag nach dem Palm-Sonntag hat der gebenedeite Heiland Jesus, nach dem [419] Gesetz der Hebräer, gegen späten Abend das Oster-Lamm geessen in einem Haus eines sehr reichen Edelmanns, dessen Namen, nach Aussag Greg. Nazianceni, Gausanii, Maldonati, Adrichomii, Cornelii, und anderer mehr, soll geheißen haben Joannes, mit dem Zunam Marcus, so nachmals ein Gespann und Mitgesell gewest ist des Pauli und Varnabä in dem Predigt-Amt: dieser war bei sehr großen Mittlen und Reichthum, welches aus dem unschwer abzunehmen, weil er einen stattlichen großen Saal mit kostbaren Teppich und Spalier ausgeziert zu dieser Solennität bereitet hat, auch das gebratene Osterlamm in keiner gemeinen Schüssel, sondern in einem von Smaragd verfertigten Geschirr, wie noch in der berühmten Stadt Genua zu sehen, aufgetragen worden. In besagtem hohen und schönen Saal hat der demüthigste Heiland den 12 Apostlen die Füß gewaschen, und zwar folgender Gestalt: Erstlich hat denselbigen Abend der liebste Heiland eine dreifache Mahlzeit gehalten, die erste war nach dem Gesetz, in dero er mit seinen Apostlen, nebst allen gehörigen Ceremonien, das Oster-Lamm verzehrt; die andere war die tägliche und gewöhnliche Mahlzeit, dann wo viel Gäst, und großes Hausgesind sich eingefunden, kleckte das Oster-Lamm nit dieselbige zu sättigen, derenthalhen vonnöthen war, daß man auch andere Speisen nach demselbigen aufgetragen; die dritte Mahlzeit ist gewest diejenige, worin er das höchste und heiligste Altargeheimniß an- und eingestellt; nachdem nun die Apostel die erste Mahlzeit, benanntlich des Oster-Lamms vollbracht, und auch bei der anderen Tafel schon ziemlich in die Schüssel griffen, dann Ihr Gnaden Herr [420] Joannes Marcus sehr wohl tractirt, ist der Heiland Jesus aufgestanden, coena facta, und angefangen den Apostlen die Füß zu waschen, und ist sehr wohl zu glauben, wie der h. Joan. Chrysost. Origines, Euthimius, Theophilactus vorgeben, daß der unverschamte Judas, als ein stolzer aufgeblasener Limmel, das erste Ort habe eingenommen, und folgsam der himmlische Pelican vor diesem Galgen-Vogel zum allerersten niedergeknieet. Dieser hoffärtige Iscarioth hat eine sehr große Bruderschaft.

Allhier günstiger Leser, laß dir keinen Eckel oder Grausen ankommen, wann ich eine, und vielleicht ziemlich lange Reis' vortrage, worin ich die Stell eines Doctors der Medicin eine geraume Zeit vertrete, und meines Erachtens nicht einen geringen Nutzen dem Nächsten gebracht. Erstlich hab ich meinen Gradum genommen zu Padua, daselbst meine Doctrin so wenig als sie ist geschöpft von dem h. Antonio de Padua, der aus lauter Demuth den seraphischen Orden angetreten, um weil derselbige pranget mit dem Namen Minor, der Mindere, welches er je und allemal in seinem ganzen heiligen Lebens-Wandel sattsam erwiesen hat, absonderlich dazumal, wie er in der Kuchel die Häfen abgewaschen, da er doch von Gott erkiesen war zu einem Gefäß der Auserwählung, vas electionis, forderist dazumal, als er von einem undiscreten Quardian, da man sonst manchen Prior dessenthalben beschuldiget, daß er scharf und grob sey, zumalen von dem Esau gesagt wird: Qui Prior egressus est, ruffus erat et hispidus etc., in Mitte des Refectori zu Messana wegen eines Mängels, den er nie begangen, scharf ermahnt [421] worden, welches er doch mit verwunderlicher Demuth alles übertragen, wie dann noch auf heutigen Tag daselbst, wo der h. Mann geknieet, kein Stein kann fest gemacht werden, zur ewigen Gedächtnuß seiner Demuth, sondern ein eisernes Gätter darüber gezogen, damit es allen kundbar sey, daß Antonius Namen und That halber ein Minor-ita gewesen sey. Von diesem paduanischen Doctor hab ich meine Recept erlernt, mit welchen ich nachmalens große Krankheiten curirt hab, benanntlich:

Nachdem ich in eine vornehme Stadt angelangt, und bei dem Thor, woselbst die Soldaten mehr mannlich, als manierlich mit mir umgangen, meine Profession und Arznei-Kunst geoffenbart, ist gar eine kleine Zeit unterloffen, daß ich bin nach Hof berufen worden, allwo ich durch etliche hohe Bedienten zu dem König geführt war, welcher sich dazumal sehr unpäßlich befunden, wessenthalben man mich ersucht, ich wolle doch Kraft meiner Wissenschaft aussagen, was dieß vor ein Zustand sey? ich ohne ferners Nachsinnen habe die Krankheit alsobald erkennt, wie daß es ein sehr gefährliches Uebel sey, Ihr Majestät, sagte ich, sie seynd stark geschwollen und aufgeblasen, das ist übel. Et vos inflati estis.

Aufblasen seyn, das ist ein harter Zustand. Der gebenedeite Heiland wollt auf keine Weis' seine Gottheit und Menschheit verhüllen mit der Gestalt des gesäuerten Brods, in dem höchsten Altar-Geheimnuß, und auf allweg den Sauerteig ausgeloschen, darum vielleicht, weil derseldige aufblähet, dann man wird zuweilen Brod und Semmel finden, welche dergestalten [422] einwendig hohl, daß bald der Bäck, sein Helfer, der Mischer, der Lehr-Jung, all ihr Geld konnten darein verbergen, dessen Ursach ist der Sauerteig, der also aufblaset, darum etwann wollte der Heiland Christus das allerheiligste Abendmahl nit einstellen in dem gesäuerten Brod, weil er dem ausblasenen Ding spinnfeind ist, absonderlich den aufgeblasenen und stolzen Gemüthern.

Gott der Allmächtige hat mehrmalen große Wunder gewirket durch die vernunftlosen Thiere, aber nie durch den Pfauen. Wie der h. Medardus, dazumal noch ein Knab auf dem flachen Feld, in Mitte eines Platz-Regens gestanden, ist die ganze Zeit ober seiner ein Adler mit ausgespannten Flügeln gestanden, daß nit ein Tropfen den frommen Knaben benetzt. Das war ein adeliches Dach.

Der h. Jungfrau und Martyrinn Katharinä hat 12 Täg nacheinander, da sie in der harten Gefängnuß gelegen, eine Taube die nothwendige Nahrung zugetragen. Das war ein köstlicher Kostherr.

Dem h. Columbano hat ein Rab einen Handschuh gestohlen, aber auf des h. Manns Befehl denselben wieder zurück gebracht. Das war ein leidiglicher Dieb.

Die h. kildariensische Abtissinn Brigitta hat die Wild-Enten zu sich berufen nach ihrem Wohlgefallen, und ganz freundlich mit ihnen gescherzt. Das war mit diesen wilden Vögeln kein wildes Gespäß.

Zu Cisterz haben die daselbst wohnenden Storchen gegen spate Herbst-Zeit ihre Abreis' nit wollen nehmen, bis sie die Benediction von dem P. Prior [423] selbigen Klosters empfangen. Das waren fromme Herren von Thurn.

Den h. Franciscum in der Wüste Avernä hat alle Nacht ein Falk zu der Mette aufgeweckt, und mit ihm die Horas gesungen. Das war ein seltsamer Choralist.

Die selige Ida Lovoniensis hat alle Hennen und Hahnen eines Orts zum Meß hören geruft, welche dann ganz schleunig mit aufgereckten Köpfen sich eingefunden, und nit abgewichen, bis das Evangelium geendet worden. Das war ein andächtiges Geflügelwerk.

Der h. rhemensische Erzbischof Remigius war also sanftmüthig, daß sogar die Spatzen mit ihm über Tafel geessen, und die Brösel zusammen klaubt. Das waren vertrauliche Treid-Dieb.

Der selige Simon Assisias hat zu Prufort in Piceno den Alstern, so in großer Anzahl daselbst ihre Nester gemacht, ernstlich geboten, sie sollen ihre Wohnung anderwärts nehmen, worauf sie augenblicklich abgereis't, und noch auf heutigen Tag keine dergleichen Vögel daselbsten gesehen worden. Das war ein geschwätziger Gehorsam.

Anno 1663 litt Ihr Gnaden Herr Johann Jakob Freiherr von Weichs unbeschreibliche Schmerzen an dem Stein, welchen, wo nit zu wenden, jedoch zu lindern wußte seine Frau Gemahlinn Maria Constantia, dafern sie nur ein Vögerl beihanden hätte, so insgemein das Königl genennt wird, welches aber dazumal, als den 21. Dezember nit auch mit Geld zu bekommen war; nachdem sie aber ihre Andacht und Zuversicht geschöpft zu dem h. Cajetanum, da ist unverhofft [424] ein solches Vögerl dem Baron in das Zimmer geflogen, welches sich freiwillig in den daselbst angezündten Kamin gestürzt, woraus nachgehends die gewünschte Medizin zubereit worden, und also gedachten Zustand vertrieben. Das war eine große Sach mit diesem kleinen Vögerl.

Unzahlbar viel dergleichen Wunder lies't man in den Büchern, Kroniken und Lebens-Verfassungen der Heiligen, wie der Allmächtige so große Mirakul gewirkt durch und mit allerlei Geflügel. Aber niemalen geschieht einige Meldung von dem Pfauen, wodurch sonnenklar abzunehmen, wie feind und abhold Gott dem Stolzen und Aufgeblasenen sey, massen der Pfau eine Abbildung der Hoffart. Adam befand sich in einem so vornehmen Stand, daß ihn alle Thier vestra Dominatio mußten tituliren, massen ihm der Allmächtige solchen Ehren-Namen selbst ertheilt, Dominamini piscibus maris etc., weil er aber sich nachmals übernommen, und sich hoffärtig aufgeblähet, gar wollte einen Gott spendiren, also hat ihm der Höchste den Hochmuth genommen, daß er aus einem vestra Domonatio ein vestra damnatio worden; der ex limo erschaffen, ein Limmel worden, so gehts, hohe Steiger fallen bald.

Agar, eine Kammer-Jungfrau bei Ihro Gnaden Frau Sarai, wie sie bei dem Abraham schwanger worden, indem es dazumal zuläßig, hat sich nicht allein der Leib aufgeblähet, sondern auch das Gemüth, gestalten sie sich derenthalben übernommen, die Frau Sarai nit wenig veracht, ich, dacht sie, bin ein rechtschaffnes Weibsbild, durch mich wird des Abrahams [425] Stammhaus wieder übersich kommen, wie wird man mich mit der Zeit nit ehren? meine Frau ist nit weit her, aber ich bin von der fruchtbringenden Gesellschaft, sie wird weder Kinder tragen, weder Ehr davon tragen etc., weil sich diese stolze Krott also hoffärtig aufgeblähet, hat sie müssen die Herberg raumen, und spöttlich aus dem Haus gestoßen werden. So gehts, hohe Leut stoßen bald mit dem Kopf an.

David hat es dazumal schändlich übersehen, wie er das ihm untergebene Volk hat lassen zählen, wodurch er sich in etwas aufgebläht, in Erwägung, daß er so viel Vasallen unter seinem Gouerno. Lieber David, dasmal hast du die Saiten auf deiner Harfe zu hoch gestimmt; Gott hat ihn derenthalben hart gezüchtiget, und viel tausend der Seinigen durch die Pest hingerissen, das Zählen hat Zahlen kost. So gehts, hohe Felsen werden bald vom Donner getroffen.

Nabuchodonosor hat sich wegen seiner Macht und Herrlichkeit so stark übernommen, daß er endlich sich für einen Gott aufgeworfen, wessenthalben er in ein wildes Thier verkehrt worden, der zuvor solches Stroh im Kopf hatte, mußte nachmals Gras fressen, wie ein Ochs; ist also bei ihm das super-bos zusammen kommen, und hat müssen auf der Erd kriechen, der zuvor gar zu hoch übersich gangen. So gehts, hohe Sänger werden bald heiser.

Aman hat sich also aufgeblähet, daß er vermeint, alle Kniee sollen sich vor seiner biegen, aber das heißt das Glück über die Kniee abbrechen, er ist endlich nach seinem Wunsch alleinig hoch angesehen worden, weil er an lichten Galgen kommen. [426] So gehts, hohe Bäum werden bald vom Wind gebrochen.

Herodes, der König, ist so weit im Hochmuth gewachsen, daß er sich wie ein Gott aufgeblähet, und weil ihm das lateinische Laus so wohlgefallen, hat der Allmächtige verhängt, daß ihn das Deutsche lebendig gefressen, massen er von der Lauskrankheit und Würmen lebendig verzehrt worden. So geht es, hohe Gebäu leiden bald Schaden.

Aufblasen seyn, das ist halt ein harter Zustand; wegen des stark blasenden Winds wäre bei einem Haar das Schiffel der Apostel zu Grund gangen, daß sie also genöthiget worden, mit dem Domine salva den Herrn aufzuwecken; aber durch die aufgeblasene Hoffart seynd schon unzahlbar viel zu Grund gangen: der Pharao, der Kore, der Abimelech, der Saul, der Jeroboam, der Moab, der Balthasar, der Antiochus, der Micanor, der Absalon, der Lucifer, diesen Schelmen hätt ich bald vergessen, und viel tausend andere seynd durch und an diesem Zustand und Krankheit verdorben. Weil ich dann sah, daß eben dieses Anliegen auf der Seite des Königs war, als der wegen seines Reichs, wegen seiner Macht, wegen seiner Victori und Sieg nit wenig aufgeblasen, ja schon allbereit dem macedonischen Alexander das Prädikat Magnus vom Titel weg gekratzt, andere Fürsten und Potentaten nit vor gut gehalten, ja wider allen Fug und Gerechtigkeit aus lauter Ehrgeiz die benachbarten Länder mit Krieg überfallen, also hab ich ihm bei Zeiten ein Recept vorgeschrieben, wie folgt:


[427] Recip:
Vor solches Aufblähen
Esel-Milch â 3 VI.
Kürbes-Blätter â 2/3 1.

Angelica mit Spir. Vin. bereitet. Dos 3) B distillirt in Aschen, ist trefflich gut vor diesen Zustand.

Wann ihr Majestät dieß nit bei Zeit brauchen, so ist kein Aufkommens mehr, dieß einige Mittel ist noch vorhanden.

Die Eselsmilch nimm ich von jener Eslin, worauf unser lieber Herr und Heiland kurz vor seinem bittern Tod den prächtigen Einzug gehalten nach Jerusalem, diese Eslin, dafern sie reden konnte, wie ihre Befreundten bei dem Balaam, würde sattsam Zeugnuß geben, wie flüchtig und nichtig alle Ehren und Würden dieser Welt seyn, massen der gebenedeite Herr und Heiland in besagtem herrlichen Eintritt alle erdenkliche Ehr empfangen; zumalen das gesamte Volk ihm entgegen gangen, mit allgemeinem Jubel und Frohlocken bewillkommnet, sogar, wie etliche darvor halten, haben die steinernen Bilder der alten römischen Kaiser auf den Pallästen und vornehmen Gebäuden sich gegen den Herrn demüthig geneigt, die hurtigen Knaben und fröhliche Jugend ihn mit grünen Palmzweigen verehrt, lauter Osanna, Osanna in Excelsis. Kaum daß vier Tag verflossen, hat sich das Blättl gewendt, da hats nicht mehr geheißen: Osanna, sondern subsana verunt me; nit mehr gebenedeit, der da kommt, sondern kreuzige ihn, kreuzige ihn; nit mehr die Zweig von dem Palmbaum, sondern der bittere Kreuzbaum selbst hat ihn empfangen; nit mehr die [428] Kleider auf die Erd gebreit, sondern er ist der seinigen selbst beraubt worden: nit mehr Rex Israel, sondern non habemus Regem, nisi Caesarem. Wie ist so gar nit zu schauen, noch zu bauen, noch zu trauen auf die Glori der Welt: Macrinus, ein großer Kaiser, Galienus, ein mächtiger Kaiser, Gordianus, ein siegreicher Kaiser, Becius, ein herrlicher Kaiser, Gallus, ein berühmter Kaiser, Volusianus, ein stattlicher Kaiser. Quintilius, Aurelianus, Numerianus, Sicinius, Constans, Constantinus, Junior, Julianus, Valens, Gratianus, Valentianus, lauter Kaiser, Monarchen der Welt, Herrscher des Erdbodens, Obsieger der Feinde, Vermehrer des Reichs, was noch? arme Tropfen, indem sie eine kleine Zeit den Scepter geführt, die Kron getragen, mit Purpur geprangt, ihre Herrschung aber bald geendt, also zwar, daß aus besagten hohen Welthäuptern nicht einer des natürlichen Tods gestorben, sondern alle meuchelmörderisch umgebracht worden.

Die Kürbesblätter zu diesem Recept spendirt mir der Prophet Jonas, welche er außer der großen Stadt Ninive auf einer Höhe abgebrochen, daselbst hat der Allmächtige bei heißer Sommerszeit im Augenblick lassen einen großen Kürbes aufwachsen, welcher ihm mit seinen breiten und schattenreichen Blättern die Sonnenhitz mit höchster Begnügung abgewendet; unterdessen aber, da Jonas ganz sanft unter diesem grünen Dächel und schönen Umbrell eingeschlafen, wollte Gott dem Propheten zeigen, wie alles auf der Welt der Unbeständigkeit unterworfen, hat er einem Wurm anbefohlen, er soll ganz schleunig die Kürbes-Stauden [429] abnagen, welches dann er unweigerlich gar bald vollzogen, ist also geschwind verdorrt und verdorben, was so schön florirt.

Diese Kürbesblätter seynd eine eigentliche Abbildung aller zeitlichen Hohheiten, Ehren und Würden, welche sogar ihr Losament zu Konstanz nit haben, sondern bald wie ein Blatt verdorren, wie ein Rauch vergehen, wie ein Schatten verschwinden, wie eine Blühe verwelken, wie ein Wasser versinken, wie ein Licht erlöschen, wie ein Schall verklingen, und zu nichts werden.

Tausend andere zu geschweigen, scheint allein genug dasjenige, was der gerechte Gott verhängt hat über den französischen König Henrich, dieß Namens den Vierten, weil solcher sich seines Wohlstands und Hohheit übernommen, und schon dergestalten aufgeblasen war, daß er allen anderen Monarchen den Trutz geboten; die Kron Spanien an unterschiedenen Orten mit großer Kriegsmacht überfallen, das benachbarte Flandern beunruhiget, den mailändischen Staat hart und feindlich angetast, und dero Kriegsvolk an sich gezogen, nach dem berühmten Königreich Neapel mit aller Macht getracht, die ganze Welt fast in Schrecken und Zittern gesetzt, weil ihn der angestammte Ehrgeiz immerzu mehr gekitzlet, glaubte er, daß die Lilien nicht übel stunden in dem Garten, allwo der römische Reichsapfel wachset, zu welchem ungerechten Zweck er bereits viele deutsche Gemüther an sich gebracht, wie dann noch das verruchte Geld viel Allemannier zu Kahlemanner macht, und die parisische Waar viel leonische Herzen verdirbt; mit einem Wort, [430] Henricus und Henrici hohes Glück florirte, wie die Kürbesblätter Jonä, nach allem Wunsch und Gefallen; aber Geduld ein wenig, wann der Mond voll ist, so hat er nichts, als das Abnehmen zu erwarten; Henricus, seines Sinns nach der Höchste, wart ein wenig, Simon Magus, wie er geflogen, dort ist er gefallen. Henricus schon halb vergwißt des römischen Reichs-Apfels, hör ein wenig, Tantalus hatte den Apfel schon vor dem Maul, hat schon darnach geschnappt, aber gleichwohl nit ertappt, est Deus in Israel, Gott hat die Kron dem Habsburg gespendirt, und nit dem Hättsburg: Domus Austriaca hat in Ablativo caret, die Lerchen seynd des Adlers, durch göttliche Dispensation Schwestern worden; Henricus hat die Macht, was schadts, Potentia est prima brevis, er ist allirt, was irrts, aus dem alliren kann bald ein alieniren werden, ist wohl öfter geschehen; er thäte bishero allzeit überwinden, ich lach hierzu, Victoria ist generis foeminini, und dieß ist allzeit unbeständig. Henricus biets, das Haus Oesterreich päst, aber Gott halts darfür, ludens in orbem terrarum, und gewinnet das Spiel mit einem Buben und schlechten Kerl, mit Namen Ravigliae, welcher Anno 1610 den König Henrich auf öffentlichem Platz zu Paris in seiner Karozen mit einem Dolch jämmerlich, im Beiseyn des ganzen Hofstaats, ermordt. O Wunder! ein Bub sticht einen König, o Wahrheit, alle Ehr und Hohheiten seynd Kürbesblätter Jonä! o Gerechtigkeit Gottes! ein schlechtes Messer schneidt einen so starken Hochmuth ab.

Cyrus, König in Persien, wie er von Tomyri [431] ist enthaupt worden. Attila, König in Ungarn, wie er gäh bei der Nacht im Bett erstickt. Heliogabalus, römischer Kaiser, wie er in einer Senkgruben ermordt worden. Eduardus XI., König in Engelland, wie er s. v. in einem Abtritt mit einem Bratspieß durch den hintern Leib erstochen worden. Kaiser Commodus, wie er im Bad erdroßlet worden. Sigismundus, König in Burgund, wie er in einem Brunn ertränkt worden, Edwinus, König der Northumbrier, wie er in der Keiche gestorben. Pyrrhus, König der Epiroter, wie er von einem Weib mit einem Ziegelsteine erworfen worden. Josias, König der Juden, wie er durch einen Pfeil erschossen worden. Saul, König in Israel, wie er durch einen Degen umkommen. Sigthunius, König in Schweden, wie er mit einem Prügel zu todt geschlagen worden. Wie Mustapha, des türkischen Solimanni Bruder, mit einem Strick erdroßlet worden. Wie die 5 König der Amoräer seynd an das Kreuz genaglet worden. Wie Agag, ein König der Amaleciter zu Stücken zerhauen worden, wie Kaiser Jovinianus vom Rauch erstickt, wie Ludovicus, König in Ungarn, in einem Morast ersoffen, wie Benadab, König der Syrier, von seinem Diener erhängt worden, wie Pharao, König der Aegyptier, im rothen Meer zu Grund gangen, haben sie sonnenklar, augenscheinlich, handgreiflich erfahren, daß alle königliche Hohheit nit mehr privilegirt sey, als die Kürbesblätter Jonä, und was allen diesen begegnet, das kann auch dir großer Monarch, auch dir gekröntes Haupt, auch dir unüberwindlicher Obsieger, widerfahren; dahero blas' dich nit auf, gedenke, was du bist, das [432] bist du, Nos Dei gratia, durch Gottes Gnad, und wann dieser dir solche entzieht, bist du nichts.

Es ist ein großer, ein weiter, ein langer, ein breiter, ein hoher Unterschied unter dem Nehmen: dann es gibt Wegnehmer, es gibt Abnehmer, es gibt Umnehmer, es gibt Ausnehmer, es gibt Einnehmer, es gibt Aufnehmer, es gibt Zunehmer, es gibt Uebernehmer; beim Wegnehmen hat sich Achaz befunden, wie er in der Stadt Jericho geraubt hat; beim Abnehmen hat sich der Isaak befunden, wie er in seinem Alter an Leibskräften abgenommen; beim Umnehmen hat sich der David befunden, wie er wegen großem Frost und Kälte so viel Kleider umgenommen, gleichwohl nit hat können erwarmen; beim Ausnehmen haben sich die drei Marien, benanntlich Maria Salome, Magdalena und Jakobi befunden, wie sie die köstlichen Specereien ausgenommen; beim Einnehmen hat sich der Holofernes befunden, wie er das Nachtmahl eingenommen in Gegenwart der schönen Judith; beim Zu nehmen hat sich der Job befunden, wie er an Leibsgestalt und Habschaften wieder hat zugenommen; beim Uebernehmen hat sich der Teufel befunden, wie er sich seiner Gestalt und Hohheit übernommen, und dem Höchsten hat wollen gleich seyn. Aber welches Nehmen thut zum mehresten nehmen? rath und reim, reim und rath.


Wegnehmen thut der Dieb.

Zunehmen thut die Lieb.

Umnehmen thut der Kalte.

Adnehmen thut der Alte.

Einnehmen thut der Saufer.

Ausnehmen thut der Kaufer.

Aber

[433] Uebernehmen und Hochmuth.

Pflegt auch das meiste Nehmen, und thut nie gut.


Göttes Gnad, der Engel Huld, der Ehren Bestand, der Menschen Gunst, des Stands Wohlfahrt, der Güter Wachsthum, des Hauses Segen, des Leibs Nutzen, der Seelen Heil thut nehmen das Uebernehmen. Von Häuptern die Kron, von Händen den Scepter, von Achseln den Purpur, vom Thron den Sitz, vom Herrscher das Reich, von Kriegsfürsten die Victori thut. nehmen das Uebernehmen. Uebernimm dich dann großer König, blähe dich auf, wie ein Absalon, welcher wollte der Israeliten König seyn, mußte aber Eichel-Bub bleiben. Wachs im Hochmuth, wie ein Domitianus, welcher wollte ein Gott seyn, mußte aber im Elend sterben; veracht alle anderen, wie ein Antiochus, welcher glaubte, daß es ein Verwandter des Gott Jupiter sey, mußte aber zulezt lebendig verfaulen, also halt für gewiß, daß Hochmuth eine Vigil sey des Falls, ein Vorbot des Verderbens, ein Prophet des Unglücks, ein Schlüssel zum Elend. Mit wenig Worten, das Uebernehmen ist ein unfehlbares Zeichen des Abnehmens, merks König!

Angelica zu dem Recept gibt ein Angelus oder Engel, welcher aus göttlichem Befehl einen hochmüthigen Kaiser sehr stattlich gedemüthiget, dieser war Jovianus, der wegen seiner Macht, herrlichen Siege, großen Reichthum, und allerseits willfährigen Glücks-Standes sich also übernommen, daß er bereits ihm eingebildet, es sey etwas mehr, als Menschliches an ihm, wessenthalben ihm ein Engel mit sehr artlichem Fund [434] seine Thorheit gewiesen. Es hat sich ereignet, daß besagter Kaiser Jovianus einmal bei heißer Sommers-Zeit, unweit seiner Residenz-Stadt, in einem sehr herrlichen Lust-Garten eine kühle Luft geschöpft, und weilen nicht allein daselbst die schattenreichen Bäume, das annehmliche dicke Gehölz, die ordentlich ausgesetzte grüne Hecken alle Augen ergötzten, sondern auch ein schöner Wasser-Teich, welcher von da und dort herquellenden Brunn-Adern allerseits bereicht wurde, also ist dem ohne das wohllustigen Kaiser eingefallen, sich in diesem silberfärbigen Wasser zu baden, und darmit die von übermäßiger Sommers-Hitz ermatte Glieder zu erquicken, zu welchem End er alle hohen Kavalier, adeliche Bediente, und gesamten Hofstab von sich geschafft, mit dem ernstlichen Befehl, daß sie ausser des Walds warten, und auf gegebenes Zeichen wieder daselbst erscheinen sollen, welcher gnädigste Willen dann in allweg vollzogen worden; wie nun Jovianus in Mitte dieses nassen Gespäß und angenehmer Erfrischung sich befunden, da hat ein Engel einem fast lächerlichen Spiel den Anfang gemacht, als welcher die ganz ähnliche Gestalt, das natürliche Gesicht, und eigene Geberden des Kaisers Joviani an sich genommen, dessen prächtige Kleidung, so er der Kaiser unter einen Eichbaum gelegt, angezogen, und sich also vor dem ganzen Hofstaat gezeigt, worauf dann alle hohen Ministri, alle adelichen Aufwarter, die ganze stattliche Leib-Guardi Ihr Majestät ihren allergnädigsten Herrn unterthänigst empfangen, und selbige (unwissend des wunderseltsamen Wechsel-Spiels) nach dero Residenz samtlich begleit; unterdessen stiege der wahre Kaiser Jovianus aus seinem [435] Lust-Bad, fande aber nit mehr seinen kaiserlichen Purpur und Aufzug unter dem Eichbaum, sondern anstatt dessen einen groben Bauern-Pfaidt, und einen schlechten sehr zerlumpten Holzhacker- Küttel, ob welchem sich der Kaiser nit wenig befremdt, als der nit fassen konnte diese so seltsame Metamarphosin, daß so bald der Sammet und Seiden sich in Zwilch und rauhen Loden verkehrt, schreit demnach mit wohlerhebter Stimm, pfeift, ruft, schafft, begehrt, bitt, drohet, flucht, klagt, es wollte aber niemand ihm eine Antwort geben, ausser das geschwätzige Echo oder Widerhall, mußte also aus dringender Noth der hochmüthige Kaiser in das rupfene Hemmet schliefen, und die zotige Bauern-Joppe anlegen, voll des Zorns und Grimmens, wie er mit seinem Hofstaat wolle verfahren, nachdem er aber auch ausser des Walds und dicken Gehölz seine Bediente nit mehr angetroffen, hat er nit anderst können, als in diesem so geringen Aufzug seinen Weg nach dem nächsten Geschloß eines Edelmanns zu nehmen, allwo er (zumalen er durch göttliche Verhängnuß nit erkannt wurde) nach vielen Bärnhänters-Titlen und höhnischen Worten mit Gewalt abgeschafft worden. Nach solchem so harten und unverhofften Willkomm begibt er sich in die Stadt, und folgends nach Hof, woselbst er mit trutzigem Gesicht durch die Schildwacht zu dringen sich unterfangen, aber nit allein von derselben mit guten Pfüff und wieder holten Schlägen empfangen, sondern auch in Verhaft genommen worden. Diese neue Begebenheit kam bald zu den Ohren des Kaisers (der ein Engel war) auf dessen Befehl der alberne Mensch vorgestellt wurde, und erhebte sich bei männiglich ein langwieriges Gelächter, in Erwägung, [436] daß dieser Phantast so trutzig und eigensinnig kurzum wolle Kaiser seyn, welches dann vielen aus den geheimen Räthen für verdächtig vorkommen, und ob schon die meisten glaubten, daß solche Einbildung von einem verruckten Verstand herrühre, so wäre dannnoch der vornehmen Minister einhelliger Schluß, man soll diesen frechen Narren einem Roß an den Schweif binden, und also anderen zu einer Warnung durch die Stadt schleppen; wie es dem elenden Joviano dazumal um das Herz gewesen, ist gar leicht zu gedenken; indem er mit so armseligen Bauern-Zotten umhängt, einen anderen ihm ganz ähnlichen Kaiser auf dem Thron gesehen, und darüber solle eines so schmähen Todes sterben: welches letztere ihn veranlaßt, daß er mit aufgehebten Händen, mit weinenden Augen, und vielen Seufzern um Pardon seines Lebens angehalten, mit kräftiger Verheißung, daß er nimmermehr sich der kaiserlichen Hohheit wolle anmassen, worüber ihm das Leben gefristet, und er mit männiglichem Spott und öffentlichem Hohn den Pallast und die Stadt verlassen, seine Herberg, weil sonst dazumal nichts anderst in der Nähe, bei einem armen Klausner und Einsiedler in seinem hölzernen Hüttl genommen, allwo er nit allein mit aller Lieb und Freundlichkeit empfangen, sondern noch von dem h. Mann des ganzen Handels umständig bericht worden; wie daß Gott der Allmächtige hierdurch seinen Hochmuth habe wollen dämpfen, damit er hinfüran sich nimmermehr soll übernehmen, sondern gedenken, daß er ein Mensch sey, wie andere, dessen Glück und Wohlfahrt nicht in eigener Macht, sondern in Gottes Händen stehe; worauf er mit vorigem Purpur [437] und kaiserlichem Ornat wieder in den Pallast gebracht worden, der Engel aber, als vermeinter Kaiser, verschwunden, und also dieses ganze Wunderspiel keinem Menschen, als dem Joviano und dem Einsiedler bekannt war.

Es ist halt des übergebenedeiten Heilands Natur, die Uebermüthigen zu züchtigen, es ist des Allerhöchsten Gewohnheit, die Hochmüthigen zu dämpfen, es ist des Allerhöchsten Brauch, die großen Prahl-Hansen zu erniedern: stutzen thut der Gärtner den Burbaum, wann er zu hoch wachset, stutzen thut Gott den Menschen, wann er in seinen Gedanken zu hoch steiget, fangen thut der Kaiser den Fisch, der in der Höhe schwimmet, fangen thut Gott den Menschen, der nach Höhe und Hohheit trachtet, nichts nutz ist die Waagschale, welche übersich steiget, nichts nutz ist der Mensch, so in seiner Einbildung gar zu hoch steiget;Deus superbis resistit.

Das letzte Stuck in obbenenntem Rezept ist die Asche, worin alles voll distillirt werden; solche Asche spendirt mir der Prophet Daniel, wie er von der Bildnuß des stolzen Königs Rabuchodonosor schreibt, was gestalten solche ein ganz guldenes Haupt gehabt, die Brust von bestem Silber, der Leib von Erz und Eisen, die Füß von Erd, so bald aber ein kleines Steinl diese getroffen, ist alles zu Boden gefallen und zu Staub und Asche geworden; nit allein die erdenen Fuß, sondern auch das guldene Haupt, alles, alles, nit allein die Brust von Silber, sondern auch der untere Leib von Eisen. Pariter, alles, alles, so merk es wohl hoch: und übermüthiger König, nit allein die Füß, sondern auch das Haupt ist zu Asche worden, [438] nit allein die gemeinen Leut, armen Leut, schlechten Leut, werden vom Tod angetast, sondern auch reiche, guldene Häupter werden zu Asche, pariter, in Erwägung dessen, was Ursach hast du zu stolzieren? unter dem Gesetz zu Sterben bist auch du, unter die Sensen des Tods gehörst auch du, unter die Kinder des Adams wirst gezählt auch du, du, ja du, und erwäge wohl, daß der Tod nicht weiter hat nach des Königs Hof, als nach dem Bauern-Hof. Cäsar der römische Monarch, nach verlorner Schlacht mußte sich mit der Flucht salviren, wie er aber zu einem großen Fluß kommen, allwo weder Brucken noch Schiff vorhanden, so ist er gezwungen worden aus dringender Not, seinen kaiserlichen Purpur samt aller Pracht abzulegen, daselbst am Gestad liegen lassen, und er Mutternackend also hinüber geschwummen, nichts mit sich genommen, als das Buch seiner Commentarien, welches er stets mit einer Hand in die Höhe gehalten. Unser Leben ist nichts anders, als ein stets rinnender Fluß, und ein Tod, ist nothwendig auf das andere Gestad der Ewigkeit hinüber zu kommen; aber nackend und bloß werden wir alle durchpassiren, auch große Monarchen, und da wirst du hochmüthiger König nichst mit dir tragen; Kron und Thron hinten lassen, Münz und Provinz fahren lassen, Schatz und Platz stehen lassen, nichts mit dir nehmen, als ein Buch, worin dein Lebens-Wandel verfaßt, das betracht wohl, sodann wirst du bald den Hochmuth fallen lassen.

Nachdem ich von Hof meinen Abschied genommen, zumalen ich vermerkt, daß mein vorgeschriebenes Rezept nit gar angenehm war, hab ich bei mir selbst beschlossen, meine Reis' in das h. römische Reich zu nehmen, [439] und als ich mich auf den Weg bereits wollte machen, da laufte ein Laggey in rother Liberec gar hurtig herbei, mit höflichster Bitt, ich wollt mich doch nur ein wenig zu seinem gnädigen Herrn, der dazumalen bettliegerig war, befügen, welches ich ihm auf keine Weis' wollte abschlagen, und als ich in dessen herrliche Behausung angelangt, wurd ich unverweilt zur Herrschaft hinein geführt, woselbsten ich ohne ferners Nachsinnen alsobald den Zustand erkennt, auch ohne Scheu ausgesagt, wie daß Ihre Gnaden leiden sehr große aufsteigende Aeng sten. Dieser war ein Kavalier bei Hof, und beängstigte sich sehr, wie er doch möchte höher steigen. Dann ein Hof-Herr, und ein Hofft-Herr ist fast eins, zumalen selbiger immerzu hofft weiter zu kommen, und zu höhern Aemtern promovirt zu werden. Ein solcher ist nit viel ungleich jenem armen Bettler auf dem Weg, welcher unaufhörlich und fast ungestüm Christum den Herrn angeschrien; die Apostel faßten hierüber nicht einen geringen Unwillen, increpabant eum, und gaben ihm einen guten Filz, der ohne das keinen Hut hatte, er soll das Maul halten, welches er ohne das nit viel gebraucht zum Essen, er soll nit schreien, wie ein Zahn-Arzt, der ohne das wenig zu beissen, und zu nagen hatte; increpabant eum, vielleicht haben sie ihn einen schlimmen Sch. Socium geheissen, dann wohl öfter dergleichen Straßen-Bettler auch Straßen-Räuber abgeben, und nicht selten krumme Bettler gerade Dieb seyn; etwann haben sie ihn für einen faulen Kerl gehalten, der sein Brod lieber beim Bettelstab, als beim Regiments-Stab sucht, aus solchen Bettel-Leuten werden nachmals gute Beutel-Leut, und [440] was sie mit dem Bettel-Sack nit gewinnen, das pflegen sie mit Sackgreifen einzubringen; increpabant eum, er soll sich schamen ins Herz hinein, daß er ein solches ungeheueres Geschrei verführe, daß sie also nit vernehmen noch verstehen konnten die h. Lehr, so ihnen der Herr auf dem Weg gebe, at ille magis. Aber dieser Bettler, ungeachtet der harten Droh-Wort, Schmach-Wort, Schelt-Wort, Stich-Wort, Schimpf-Wort der Aposteln, ungeacht des Ausfilzens, Ausmachens, Ausscheltens, Ausgreinens, Ausputzens der Jünger, hat noch ärger geschrien; in wem bestunde dann sein Suppliciren und Anbringen? Domine, ut videam, Herr, ich bitte, ich schreie, ich rufe, um was?damit ich doch sehe. Daran war ihm sehr viel gelegen.

O mein Gott, wie bemühet sich nit mancher Hof-Herr! Der Kinder Zebedäi Mutter hat sich nur einmal gebuckt, wie sie für ihre zwei Söhn von dem Herrn eine höhere Scharge begehrt, aber dieser buckt sich schon etliche Jahr zu Hof, fast mehr als eine Passauer-Kling. Des Jüngern Tobiä Hündl hat, vermög h. Schrift, mit dem Schweif nur einmal geschmeichlet, aber dieser schmeichlet schon so lange Zeit mit dem Maul, Händ und Füßen. Die Samaritaner haben aus Hungers-Noth gar das Tauben-Koth vor eine Speis' genossen, aber dieser hat eine Zeit hero zu Hof wohl gröbere Brocken geschlicket, schon vor 5 Jahren her hat er alle 5 Sinn daran gespannt, schon von 4 Jahren her hat er mit allen Vieren sich bemühet, schon von 3 Jahren her hat er alle Treu erwiesen, schon von 2 Jahren her hat er auf 2 Achslen [441] getragen, schon von einem Jahr her hat er nur einem Herrn gedient, er hat aufgewart, wie ein Pudel-Hund, er hat Reverenz ge macht und mit den Füßen gescharrt, wie eine Bruthenne, er hat aufgeschnitten, wie ein Wurm-Arzt, er hat allenthalben angeklopft, wie ein Baum-Häckel, er hat geseufzet, wie eine Turtel-Taub, er hat gewacht, wie eine Schnee-Gans, er hat gesucht, wie ein Spür-Hund, er hat untergraben, wie ein Königl, er hat sich hin-und hergewendt, wie ein eiserner Gockl-Hahn auf einem Thurm, er hat sich in alles gefunden, und zu allem brauchen lassen, wie ein Hut eines Hans Supp, er ist hin- und hergangen, wie ein Rad, er hat ein und anderen Patron umfangen, wie der Wintergrün einen Baum, er ist stets gehupft, wie eine Bachstelz, warum? in wem besieht dann sein Verlangen? es muß wohl der Mühe werth seyn, zu was Ziel und End stehet er mehr aus, als ein Mönch im Kloster, ein Einsiedler in der Wüste? Augustissime, serenissime Domine, ut videar, damit er möge, nit wie der Bettler sehen, sondern angesehen seyn, sein flectamus genua ist nur wegen des levate, sein bucken ist nur wegen des aufstehen, sein dienen ist wegen des bedient werden, sein erniedern ist wegen des hoch seyn, er leidt halt sehr an den aufsteigenden Aengsten.

Zu Jerusalem war ein Schwemmteich nahe bei der Porte des herrlichen Tempels, worin man die Schaaf pflegte zu waschen und säubern, ehe und bevor sie in dem Tempel geschlachtet, und aufgeopfert seyn worden, bei solchem Schwemm-Teich befand sich eine sehr große Menge der kranken und presthaften Personen, [442] weilen nemlich zu gewissen Zeiten ein Engel vom Himmel benanntes Wasser bewegt, worvon nachmals der erste, so hinein getreten, die gewünschte Gesundheit erhalten, ein Jeder wollt bei dieser Motion der erste seyn, dahero war bei ihnen das stete schauen, wachen, umsehen, aufmerken, betrachten, warten, hoffen, seufzen, verlangen, begehren, es war bei ihnen kein anderer Gedanken, als in der Motion der Erste zu seyn.

Ein Hof eines großen Monarchen ist diesem Schwemmteich nit viel ungleich, ubi est multitudo languentium, allwo auch eine große Anzahl der Kranken, unter andern Suchten aber, die daselbst regieren, ist meistens die Ehr-Sucht, da will ein jeder in der Motion, oder besser geredt, in der Promotion der Erste seyn, dieser bemühet sich mehr, als ein Jakob um die schöne Rachel, jener sucht eifriger, als das Weibel den verlornen Groschen im Evangelio; ein anderer geht keck darein, wie der Edelmann Joseph zum Pilatus, der spendirt, und laßt sich nit wenig kosten, und sey ihm, wie es wolle, aus den drei Königen von Orient ist gleichwohl voran gangen, der das Gold getragen; es seynd nit wenig, welche suchen durch die Weiber promovirt zu werden, als wie der Peter, so auch zwar zu seinem Unglück zu Hof durch ein Weib sich eingedrungen, per ancillam ostiariam. Ein jeder will der Erste seyn, ein jeder will den Alt singen, ein jeder sucht Reputation, das ist ein schönes Wort bei Hof, aber eine theuere Waar.

Der Saul mußte auf Befehl seines Vaters Cis die Eslin suchen, er ist von einem Berg zum andern gestiegen, da einen Bauern gefragt, dort einen Burger [443] ersucht, bald einen Reisenden angeredt, ob er keine Eslin hab gesehen? vom Feld in das Dorf, vom Dors in die Stadt, von der Stadt auf das Land, ist Saul mehr geloffen, als gangen, Bauer sey kein Lauer, sag her, hast keine Eslin angetroffen? Bruder sey kein Luder, bekenns, hast keine Eslin gesehen? Knecht bestehs doch recht, hast keine Eslin wahrgenommen? was suchst du Saul mit so vielen Sorgen? was? wann dazumal Saul wäre der griechischen Sprach kundig gewest, so hätt er geantwortet: O nos, O nos geht mir ab, das suche ich.

Was sucht dieser Kavalier zu Hof? was prätendirt er bei den hohen Ministern? was supplizirt er bei der Herrschaft? was ist sein Begehren? Echo, Ehren?Honos suchet er, Honos geht ihm ab, er will höher ankommen, als er jetzo stehet, das Kraut Ehren-Preiß sucht er im Hofgarten, das Gloria in excelsis sucht er in der Hofmusik, das Officium primae classis sucht er im Hof-Brevier, und solches zu erhalten, nimmt er kein Gewissen, eine größern Fleck von der Ehr des Nächsten, als der David von des Sauls Mantel abzuschneiden, er macht ihm keine Scrupel, des Nächsten Fama schwärzer zu machen, als gewest die Dama, so der Moses geheirath, die war eine Mohrinn, er acht es wenig, wann er dem Mit-Competenten einen größern Prügel unter die Füß wirft, als gewest jener Strecken, mit dem der Jakob den Fluß Jordan durchgewaden.

Pontius, mit dem Zunamen Pilatus genannt, nach Aussag Baccarii, Lucii Dextri, Caltoni etc., wie dann von diesem Geschlecht vor kurzen Jahren noch [444] einige zu Rom vorhanden, gestalten aus einem Epitaphio oder Grabschrift daselbst in der Kirche des h. Vaters Augustini zu sehen, dieser war Landpfleger in Judäa, sonst ein geborner Franzos von der Stadt Lyon, wo die falschen Waaren herkommen, seiner Geburt nach einer Jungfrau Sohn, und war seine Mutter eine gemeine und arme Müllners-Tochter; obberührter Scribent, forderist Mallonius bezeugen, daß sein Vater sey genennt worden Tirus, Stand halber ein Freiherr, welche dazuzeit Reguli benamset waren; wie dieser einst stark berauscht, gar zu große Gemeinschaft pflegte mit gedachtem Schleppsack, also hat er unehelich und unehrlich mit ihr erzeugt den Pontium, woraus leicht abzunehmen, cum partus sequatur ventrem, was so schlimme Stammen vor eine Frucht können tragen; wie dann dieser Pilatus von Natur ein Erz-Schelm war, der noch als ein kleiner Knab seinen leiblichen Bruder ermordt, auch nachmals durch geheime Nachstellungen den Sohn des französischen Gesandten zu Rom umgebracht, wessenthalben er mußte in die Flucht gehen, gleichwohl aber hat er durch vieles Bemühen und Bitten seines Vaters die Landpfleger-Stell in Judäa erhalten unter dem Kaiser Tiberio, nachdem sein Vorfahrer Valerius Gratus mit Tod abgangen, in währender seiner Amts-Verwaltung hat er alle erdenklichen Laster und Unthaten begangen, absonderlich die Tempel Gottes verwüst und entunehret, sogar die Galliläer, so in dem Tempel oder Berg Garitim in Samaria ihr Opfer vollzogen, hat er jämmerlich niederhauen lassen, daß also das Menschen-Blut mit dem Blut des Schlacht-Viehes vermischt [445] worden. Dieser Pontius, wegem so heftiger Klagen bei dem Tiberio, und absonderlich wegen schmählichen Tods Christi, ist aller seiner Ehren und Aemter entsetzt, und nach langem Arrest und harter Abstrafung von Rom bandisirt worden, der nachgehends zu Wien in Frankreich, nach Zeugnuß Eusebii, eines elenden Tods gestorben, indem er aus großer Melancholei, nagendem Gewissen, zeitlichem Spott sich selbst mit einem Dolch erstochen. Oft mehrgedachter Pilatus war ein Haupt-Statist und gewissenloser Politikus, der in allweg suchte, den unschuldigen Jesum vom Tod zu salviren, sobald ihm aber das gesamte Volk und forderist die Hohenpriester gedrohet: Si hunc dimittis, non es amicus Caesaris, »Wann du diesen wirst frei lassen, so bist du kein Freund des Kaisers.« Holla! gedachte Pilatus, würd ich bei dem Kaiser in Ungnad gerathen, sodann thut er mich von meinem Hochamt stoßen, verliere ich solche Charge, so ist alle Ehr und Reputation hin; ei so seys, lieber diesen Unschuldigen lassen kreuzigen, lieber das Gewissen auf die Seiten gesetzt, lieber die Gerechtigkeit fahren lassen, als Reputation verlieren. O Thorheit!

Dergleichen seynd bei dermaliger Welt nit wenig anzutreffen, denen eine Reputation werther ist, als alle Gebot Gottes und der Kirche, wann man schon weiß, daß dieß und dieß Amt und hohe Officium ohne Gewissens-Verletzung nit kann verricht werden, gleichwohl hinauf wegen der Reputation; wann man schon erkennet, daß die eigenen Talente weder tüchtig noch wichtig seynd vor eine solche Amts-Verwaltung, dannoch [446] hinauf wegen der Reputation; wann schon hierdurch dem Nächsten eine große Unbild zugefügt wird, indem er wegen langer bishero treu geleisten Diensten solches Amt verdient hat, dannoch hinauf, quocunque modo et motu, wegen der Reputation. O meine Reputation, weil du die Natur und Eigenschaft des Feuers hast, als welches immerzu in die Höhe trachtet, also wirst du auch dein Losament nehmen beim Feuer, und zwar beim ewigen.

Weil ich dann bei solchem obbemeldten Kavalier den üblen Zustand, benanntlich die aufsteigenden Dämpf und Aengsten aus dem Magen wahrgenommen, also hab ich ihm ohne Verweilung folgendes Rezept vorgeschrieben:


Vor die aufsteigenden Aengsten.


Recip:
Galgan. a tto 1.
Majoran. a 2/3 1.
Weiß Lilien. 311.

Distillirs aus einem gläseren Alemb: in Asche, ist trefflich gut vor diesen Zustand.

Anbelangt die Wurzel Galgan, wachset solche in dem Königreich China, die Chineser nennen sie insgemein Lavandoa, diese Wurzel sonst in rothen Wein gesotten, und über den Magen gelegt, stärkt denselben; aber mein Galgan wachset in Judäa, und an dieser ist der stolze Ammon erstickt. O wie viel verlangen die Hof-Suppen, indem doch so harte Brocken darinnen! O wie manche begehren den Hof-Trunk, da doch ein schlechtes Proficiat dahinter! O [447] wie viel suchen das Hof-Papier, indem doch so bald eine Sau darauf gemacht wird! O wie manche greifen nach der Hof-Karte, da doch öfter Bastoni untern Füßen, als Denari in Händen! O wie viel trachten nach den Hof-Keglen, indem doch dem hunderten der König nicht fallt nach seinem Wunsch und Verlangen! O wie manche laufen nach der Hof-Musik, worin doch öfter in B duro, als in B moll der Gesang lautet! O wie viel wollen haben den Hof-Kalender, in dem doch allemal ein Schalk-Jahr! O wie manche eilen nach dem Hof-Pflaster, worauf man doch so bald stolpert! O wie viel suppliciren um die Hof-Waaren, worunter doch das meiste leonisch! O wie manche reteriren sich auf die Hof-Pastein, und leiden so stark von der Contrascarpe! O wie viel suchen den Hof-Favor, und finden doch, daß Favor und Favonius geschwind, wie der Wind, versausen! Das hat der stolze Ammon sattsam erfahren, dieser war Prior in dem Hofstaat des großen Königs Asueri: Exaltavit eum, et Prior sedebat etc., er war das einige Favoritl des Königs, wer zu Hof hat wollen eine Gnad fischen, der mußte den Ammon vor einen Angel brauchen, wer zu Hof hat wollen das Prämium nehmen, der hat den Ammon müssen zum Präceptor haben; Reverenz von allen Leuten, Bazialemani von allen Orten, Cortesia von allen Ständen, wurde dem Ammon erwiesen; in summa summarum, er war Summus zu Hof, wessenthalben er nit wenig sich übernommen, und solches Uebernehmen thut alles nehmen. O wie ist Menschengunst so gleich einem Dunst, der bald vergeht! O wie ist [448] großer Herrn Gnad so gleich einem Schneepfad, so von geringem Wind verwehet wird! Ammon der vornehmste Kavalier bei Hof, der angenehmste Rath bei Hof, kommet in eine gähe Ungnad, und wird durch ernstlichen Befehl des Königs Asueri an den lichtenGalgen aufgehängt, und dieß ist die Wurzel Galgan, welche in dem Recept stehet: Gebt Acht ihr großen Herren bei Hof, steigt nit zu hoch, damit euch das Fallen nit zu hart ankommt, der Schwindel ist meistentheils bei Hof anzutreffen, zu Hof ist manchesmal das Glatteis mitten im Sommer, und ist man des Fallens nie versichert, der Teufel streuet nirgends mehr Arbes, als auf der Hof-Stiege, es ist der Ammon nit allein, welchem die aufsteigenden Aengsten den Garaus und Kehraus gemacht haben, sondern er hat seines Gelichters mehr, denen der Uebermuth den Hals gebrochen, es ist halt wahr, daß Stultus, Stolperer und Stolz, wachsen auf einem Holz.

Als Jakob der Patriarch einst auf dem freien Feld seine Nachtherberg genommen, und zu solchem End etliche Steine zusammen klaubt, welche ihm anstatt eines Haupt-Polsters dienten der Hoffnung, auf diesen harten Federn eine sanfte Ruhe zu schöpfen; siehe aber, in Mitte der Nacht thut er wahrnehmen eine Leiter, welche von der Erde an bis in den hohen Himmel hinauf sich erstreckte, oben aber war der allmächtige Gott, welcher mit beeden Händen die Leiter gehalten.

Wann einem Gott die Leiter haltet, da ist leicht zu steigen, und ist man vor dem Fall versichert, also ist hoch gestiegen der David, welcher aus einem schlechten [449] Hirten-Buben ein großer König worden, weil er sich aber dessen nit übernommen, also hat ihm Gott die Leiter gehalten. So ist auch hoch gestiegen der Joseph, welcher aus einem Sclaven und Diener ein Vice-König, und Landpfleger in Egypten worden, weil er aber seinen Glück-Rossen den Demuth-Zaum eingelegt, also hat ihm Gott die Leiter gehalten.

Also seynd hoch gestiegen Joannes, der zwei und zwanzigste römische Papst, dessen Vater ein Schneider. Benedictus der Zwölfte, dessen Vater ein Müllner. Urbanus der Vierte, dessen Vater ein Schuster. Sixtus der Fünfte, dessen Vater ein Vignarvolo oder Weinzierl etc., weil sie aber sich in dieser Höhe allzeit erniedriget, und das Wort Humilis von Humo, als eines jeden Menschen eigentliches Stammhaus hergezogen, also hat ihnen Gott die Leiter gehalten, daß sie nit gefallen. Aber die aus Ehrgeiz in die Höhe steigen, Reputation halber in die Höhe trachten, und in der Höhe sogar nit mehr herunter schauen, sondern sich übernehmen, denen haltet der allmächtige Gott die Leiter nicht, sondern er zieht ihnen solche noch auf die Seite, Deus superbis resistit, daß sie also spöttlich herunter plaschen. Wer ist höher kommen bei dem Hof des Davids, als der Joab, welcher ein General Feldmarschall war über die ganze Armee, weil ihm aber das super omnes die superbiam gebrochen, also hat ihn Gott lassen jämmerlich ermorden. Wer hat mehr golten bei dem Kaiser Tiberio, als Sejanus, dem zu Ehren sogar metallene Statuen seynd aufgericht worden, weilen ihm aber der Nieder zuwider, und sich in solcher Hohheit [450] übernommen; also hat ihn Gott also gestürzt, daß er schändlich um das Leben gebracht, und sogar der Begräbnuß unwürdig geschätzt worden. Wer ist mehr gewest bei Hof des Kaisers Arcadii, als Ruffinus, in dessen Händen die ganze Regierung stund, weil aber Hof-Arbeit und Hoffart die nächsten Verwandten, also hat ihn Gott spöttlich lassen fallen, und gar ermorden. Wer ist höher gestiegen beim Hof des Kaisers Justiniani, als Belisarius? sogar, daß der Kaiser hat lassen Münz prägen, allwo auf einer Seite die Bildnuß des Kaisers, auf der andern das Contrafet des Belisarii zu sehen war; weil ihm aber der Dampf der Hoffart also in die Augen gestiegen, daß er sich übernommen, also hat ihn Gott dergestalten herunter gestoßen, daß ihm beede Augen ausgegraben worden, und er auf freier Straße, wie ein blinder Bettler, das Almosen gesucht. Das heißt: primus, Echo, imus.

Carolus de Biron, Marschall in Frankreich, Alvarus de Luna Constabel, und erster Minister in Spanien, Walterus, Graf Atholiä in Schottland, dieser und dieser N. N. vornehme Herr in Deutschland, Minister bei Hof, seynd alle, alle, wie der stolze Ammon, mit höchster Schand und Schaden zu Grund gangen, weil sie sich in ihrem Glück übernommen.

Das andere Stuck in dem obgesetzten Recept ist der Majoran; dieses Kräutel wachset allenthalben, wann der Teufel seinen bösen Saamen aussäet, wie bei dem Evangelisten Matthäo zu lesen, so wachst lauter Majoran daraus, welches so gar unter den Aposteln und Jüngern des Herrn wahrgenommen worden, weilen[451] nemlich unter ihnen in Gegenwart Christi ein ziemlicher Zank entstanden, und wollte ein jeder Major seyn: Facta est contentio inter eos, quis eorum videretur esse Major. O mein Gott, so findt man so gar bei frommen und heiligen Leuten auch Competenzen! und zeigt sich nit selten ein hohes Geistel auch bei denen Geistlichen, und glaub mir, die Frau Superbia isset nicht wenig Kloster-Suppen; der Teufel gesegn ihrs: So bald unser lieber Herr vermerkt solches procedere wegen des praecedere, hat er geschwind den gesamten Aposteln die Lehr geben, es soll bei Leib keiner sich übernehmen, sich auf keine Weis' anmaßen des Titels Major, sondern lieber Minor heißen, das Laster der Hoffart rühre eigentlich von dem Teufel her, welcher Limmel schon im Himmel ein solches Getümmel wegen der Präcidenz gemacht, das Paradeis sey nur für die Demüthigen gebauet, und nit für die Hoffärtigen.

Es ist ein gar enges und niederiges Thürl in Himmel, angusta porta, ein Major, ein großer Hans, ein stolzer Super-Gast kann nit hinein, in dieses Engelland ist kein anderer Weg, als aus Niederland, und der nicht baarfuß gehet, der ist des Teufels mit Haut und Haar. Holla! versteht mich recht, ich red Lateinisch, und mein es gut Deutsch; parvus heißt so viel, als demüthig, nisi efficiamini, sicut parvuli. Willst du ein absonderlich Glück haben Zachee? willst du, daß deinem Haus ein großes Heil widerfahre, willst du, daß Christus der Welt Heiland ein Gast sey festinans descende, herunter mit dir, [452] verlaß die Höhe, eile in die Niedere etc., die niedere Demuth wird allein von Gott hoch geacht.

Die Demuth Mariä hat gemacht, daß sie aus einer Magd, ecce ancilla Domini, einer Königinn des Himmels und der Erde worden. Die Demuth Magdalenä hat gemacht, daß sie ein Jubiläum und vollkommenen Ablaß hat gefunden bei den Füßen Jesu. Die Demuth Petri hat gemacht, daß er mit seinem exi a me, quia homo peccator sum, zum hohen Papsithum gelangt; die Demuth des offnen Sünders hat gemacht, daß ihm die Gnaden-Porten offen worden; die Demuth Pauli hat gemacht, daß er in dritten Himmel (wären wir unterdessen nur im ersten) verzuckt worden; die Demuth der Niniviter hat gemacht, daß sie mit dem Aschen, den sie aus ihre Häupter gestreuet, haben das höllische Feuer gedämpft; die Demuth Matthiä hat gemacht, daß er des schelmischen Judä redlicher Successor worden; die Demuth Francisci hat gemacht, daß er dem stolzen Vogel Lucifer in sein Nest gesessen.

Sonst sagt man, Sonnen-Hitz, Nadl-Spitz, und Weiber-Witz seynd nit wehrhaft, aber in aller Wahrheit, ein witziges Weib ist jene gewest, welche ihr einiges Heil hat gesucht und gefunden an dem Saum und untersten Theil der Kleider Christi, also ist aller Menschen Heil nur in der niedern und tiefen Demuth anzutreffen, und ist bei Gott dem Herrn keine werthere und größere Zahl, als das Nulla der Nullität und Nichtigung seiner selbst, und ist wohl zu glauben, daß homo, humus und humilis die nächsten Verwandten miteinander seyn.

[453] Das dritte Stuck in dem Recept seynd weiße Lilien: diese Blume ist eine aus den vornehmsten, gleichwohl aber übernimmt sie sich nit ihrer Hohheit, sondern neigt ihr silberfarbes Haupt allzeit gegen die Erde, auf solche Art soll ein vornehmer Herr und Kavalier beschaffen seyn, und fein niemalen wegen seines hohen Standes stolziren, sondern öfters die Erde anschauen, als sein natürliches Stamm-Haus und rechte Mutter, wessenthalben er mit dem geringsten Bettler verbrüdert ist. Nichts schöners stehet, als wann bei großen Herren und Ministern alles und nichts aus einer Schüssel essen, wann nemlich ein solcher Herralles hat, alles kann, alles weiß, und fastalles regiert, und dannoch nichts aus ihm macht, nichts von sich halt.

In dem Buch Levitici hat Gott der Herr den Priestern befohlen, daß, wann sie in seinem Tempel ihm Vögel aufopfern, sodann sollen sie die Federn an das Ort werfen, wo die Asche liegt: Plumas projiciet in locum, ubi cineres effundi solent. Ein vornehmer Herr, ein adelicher Felix, ein gnädiger Herr Fortunatus, wann er schon hoch im Thron und Reputation stehet, so muß er doch nit hoch im Ton seyn, bei Leib nit fliegen, sondern die Federn dahin, wo die Asche liegt, werfen, und gedenken, er sey ein Mensch, wie andere, werde zu Staub und Aschen werden, wie andere. Der Hauptmann zu Kapharnaum ist über alle massen von Christo dem Herrn gelobt worden, ja so gar hat der gebenedeite Heiland ausgesagt, daß er seines gleichen in ganz Israel nit hab angetroffen, es hat dem Herrn die Demuth dieses Offiziers so wohlgefallen, um weil er gesagt hat: Et ego [454] homo sum, »ich bin auch ein Mensch etc.« Er war ein Kavalier und gut vom Adel, hat vielleicht geheißen von Rittersberg, oder Streitbar-Hofen, bei stattlichen Mittlen und Herrschaften, von einem alten Haus und guter Casata, gleichwohl hat er gesagt und bekennt, et ego homo sum, er sey ein Mensch etc. Also mein vornehmer Herr und Minister, wann du schon bei Hof auf der ersten Bank sitzest, wann dich der Landfürst und die Landfürstinn fast verehren und anbeten, wie Sonn und Mond den Joseph, wann durch dein Ja und Nein schon muß alles geschlossen seyn, so hüt dich doch, daß Exaltatio und Exultatio nicht zusammen kommen, du bist kein Gott, und wann du glaubest, daß du besser seyest, als andere, alsdann heißt Minister in einem Anagrama Mentiris, sprich lieber mit obbenentem wackern Kriegs-Offizier aus Demuth, et ego homo sum, und ich bin auch ein Mensch. Der Prophet Ezechiel hat den Wagen Gottes bespannt gesehen mit 4 Thieren, benanntlich mit einem Löwen, Ochsen, Adler und Menschen. Und vermerkt wohl mein h. Vater Augustinus, daß der Adler sich nicht erhebt über die anderen Thier, sondern hat auch den Ochsen neben seiner gelitten, desgleichen soll sich der Adel auch nit übernehmen, sich nit mehr achten, als einen gemeinen Ochsen, will sagen, einen armen und arbeitsamen Menschen, die gemeinen Leut nicht, wie öfters pflegt zu geschehen, schlechte Kanalien taufen, sondern die liebe und werthe Demuth zeigen, welche Lection ihm aus der Schul Christi zu lernen aufgeben worden: Discite a me, quia mitis sum, et humilis corde.

[455] Diese meine Kur bei obbesagtem Kavalier hat mir nicht gar übel gelungen, und halt vor gewiß, daß er so bald die aufsteigenden Aengsten nit werde leiden, dafern er sich das Recept halt, aber die Galgan-Wurzel machte ihm fast ein Grausen. Als ich mich nun daselbst beurlaubet, und für meine wenige Mühe sattsam contentirt worden, auch kaum 6 oder 7 Schritt von gedachtem Pallast hinweg gangen, da begegnet mir eine Karoze mit zweien schönen Leipziger-Rappen bespannet, worin ein sehr schön aufgeputztes Frauzimmer saße, welche, so bald sie mich erblickt, geschwind hat lassen stillhalten, und mich, utcumque lato modo, bittlich ersucht, ich wollt mich doch zu ihrem Herrn, dessen Wohnung unweit vom guldenen Feder-Busch, ein wenig bemühen, damit er mit mir wegen seines Zustands sich möchte berathschlagen; wir ich mich dann dessen nit geweigert, sondern den geraden Weg dahin genommen, auch seine Krankheit gar bald erkennt, und hatte er und seine Madam fast einen Zustand, dann beede die Gedächtnuß schier ganz verloren, war also nothwendig ihnen ein Recept zu verschreiben ad confortandam memoriam.


Recip:
Krebsen – – – Lib. 11.
Ehren-Rosen, id est, malva hortensia M. II.
Spirit. Tartari – – – Unc. 111.

In einem Malvasier gesotten, und darvon getrunken, stärket die Gedächtnuß.

Dieser hat seine Studia absolvirt mit wenigem Unkosten, zumalen er seine Suppe von einem Kloster supplicirt, das Bett-Geld durch die Nacht-Musik und Litaneyen singen gesammlet, endlich ist er bei einem[456] Flecksieder ein Präceptor (der Zeit heißt mans schon Hofmeister) worden, und weil er Ihro Gnaden des Herrn von Lugeck Dienst-Mensch, bei dem sie sehr viel golten, geheirath, also ist er durch dessen viel vermögende Recommendation ein Kanzelist worden, jetzt ist er so weit droben, daß man ihm die Gnad gibt; aber er, samt ihr haben die Gedächtnuß verloren, sie gedenken nit mehr, wer sie gewest seynd, sie kennen die vorigen Freund nit mehr vor lauter Hoffart. Der große Mann Elias hat auf eine Zeit gesehen, daß ein kleines Wölkel, nubecula parva, aus dem Meer sich erhoben, welches nach und nach höher gestiegen, und endlich so groß worden, daß es den ganzen Himmel bedeckte. Ich, und du, und er, wir und ihr, und die haben schon öfters mit Augen gesehen, daß ein gemeiner Mensch ist hoch gestiegen, aus einem Kleinen ein Großer worden, aus einem Diener ein Herr, aus einer Magd eine Frau, aus einem Anhalter ein Verwalter, aus einem Thorsteher ein Vorsteher, haben aber auch mehrmalen erfahren, daß die Ehren einen solchen verkehren. Martha sagte einmal Christo dem Herrn, als die Red war von ihrem verstorbenen Bruder Lazaro, jam foetet, er stinkt schon, ich sags und klags von solchen, so bald er von einem schlechten Menschen übersich kommt, und hoch steigt, foetet, er stinkt schon vor lauter Hoffart.

Es ist einer gewest, seines Handwerks ein Schneider, welcher aber durch das Glück also erhoben, daß er gar ein Gnädiger Herr worden, Berg und Thal im Namen und Titel geführt, etwann von Nadelsberg, von Steppenthal, von Fingerhuts-Hofen, von Zwiernan, [457] von Ellen, von Flickingen etc., er ist auf der Gassen daher gangen mit solchen constantinopolitanischen Schritten, als wollt er den Staub von dem hohen Berg Olympo wegblasen, er hat den Kopf in der Höhe getragen, wie des großen Alexandri Reitpferd, er hat die Arm beederseits unterstützt, als wollt er dem Atlas helfen den Himmel tragen, er prahlte bei Leuten, denen sein großes Stammen-Haus (scilicet) nit bekannt, daß er sey hochgeboren, und es war dem also, dann seine Mutter, als eine arme Haut, hat droben unterm Dach gewohnt, er sagte, daß er wolhgeboren sey, und ist wahr, dann sein Vater war ein Kotzenmacher, der stets mit Woll umgangen, er berühmte sich, daß sein Ahnherr oder Gros-Vater schon von gutem Geblüt gewesen, und das ist nit zu laugnen, dann er ist ein Fleischhacker gewest; dieser stolze Gesell hat von einem sehr berühmten Maler begehrt, daß er ihm sein Stamm-Wappen und Ritters-Helm solle und wolle auf eine Tafel malen, dem es der Maler in allweg zugesagt, und versprochen, damit er aber dem aufgeblasenen Gesellen unter die Nasen reibete, von was geringem Herkommen er sey, und sich also in dem großen Glück nit mehr kenne, wer er vorhin gewesen, also hat er nichts anders auf den Schild gemalt, als ein Häftel, benanntlich dieses Zeichen

, welches dem tollen Kerl also verschmacht, daß er unverweilt den Maler, wegen solcher angethaner Schmach und Injurii, bei dem Gericht angeklagt, dann er wäre der Meinung, als habe ihn der Maler durch das Häftel wollen schimpfen, daß er ein Schneider sey gewest; wie es dann in der Sach nit anderst war, aber es wußte ihm dieser Künstler [458] stattlich zu helfen, indem er vor dem Gericht hoch betheuert, daß er dem Willen dieses (Titl.) Gnädigen Herrn sey in allweg nachkommen, als der nichts anders verlangt in seinem Wappen-Schild, als einen Löwen, und da sey er gemalt; was? sagt der neue Edelmann, ist das ein Löw, der Maler schwört dem Teufel ein Ohr ab, es sey ein Löw, jedermann sahe aber, daß es ein gelbes Häftel, bis endlich der Maler die Geheimnuß entdeckt, und den Kalender zum Zeugen genommen, in welchem durch das

der Stier, durch das

der Mars, durch das

die Venus, durch das

der Krebs, durch das

der Widder etc. und durch das

der Löw entworfen und vorgestellt wird.

Hannibal Carus, ein sehr gelehrter Kopf, hat einem reichen Bauern, welcher kurzum ein schönes und vornehmes Wappen für sich und seine ganze Freundschaft verlangte, diesen Rath geben: er solle nemlich in den Schild malen lassen drei Stuck, erstlich ein Treid-Körnel, zum andern ein Weinstock, drittens einen Birnbaum, welche drei Ding in italienischer Sprach zusammen gesetzt also lauten, gran vitu peru, auf deutsch, ein großer Spott, dann nicht eine geringe Schand, wann sich einer seines Herkommens schamet.

Bei großer Hungersnoth schickte der alte Jakob, der liebe Patriarch seine Söhne nach Egypten, damit sie daselbst um das baare Geld sollten Treid einkaufen, wie sie nun bei dem Vice-König Joseph allda ankommen, hat ihm kein Mensch traumen lassen, daß sie seine leiblichen Brüder wären, auch sie selbst kennten den Joseph nicht mehr; Joseph zog in Sammet und Seiden auf, wurde von einem großen Hofstaat bedient, [459] jedermann biegte die Knie vor ihm, das ganze Land nennt ihn einen Allergnädigsten Herrn etc., diese Gesellen aber hatten gar einen schlechten Aufzug, der Ruben einen Rock, worin bald mehr Fleck, als Tag im Jahr, der Simeon gieng so liederlich daher, als wär er in einer Tändler-Butten gesteckt, der Levi tragte ein Bauern-Joppen an, die etwann schon zwei Jahr älter, als er, der Judas hatte ein Kleid, so nit besser, als ein ungarischer Gebeneck, der Nephtali ist halt aufzogen, wie ein Schaaf-Hirt, mit einem rauhen Schaaf-Fell, der Isachar war also zerlumpt, daß schier das ganze Kleid aus dem Leim gangen, der Gad hatte den Vortl, daß ihn kein Schuh gedruckt, weil er baarfuß gangen, der Dan zog so schmutzig auf, als hätt er ein halbes Jahr mit Schmeer gehandelt, der Zabulon hatte eine Tracht von groben Loden, mit Zwilch gefüttert, der Aser hatte einen Rock aus solchem Sammet, woraus man die Mehl-Säck macht, alle ins gesamt zogen auf, wie arme Bauern, wie schlechte Hirten, wie gemeine Leut, Joseph aber in Sammet und Seiden, in Silber- und Goldstück, in aller Pomp und Herrlichkeit, und gleichwohl, o das ist schön und löblich! und gleichwohl hat er sich ihrer nicht geschämt, sondern bei dem ganzen Hofstaat des Königs, in Gegenwart so vieler Adels-Personen und Hof-Bedienten öffentlich bekennt: fratres mei venerunt etc., diese seynd meine leiblichen Brüder von Vater und Mutter.

O wie wenig Joseph gibt es bei der Welt, ein mancher Stolzenhofer, der mit seinen lateinischen Complementen etwann eine reiche Wittib ins Netz gebracht, und schon mit einer dicken Perücke, wie eine Nacht–Eul [460] unterm alten Kirchen-Dach daher prangt, schamt sich seiner Freundschaft, will nit haben, daß der Kämplflicker zu Bürstenfeld ihn soll einen Bruder heißen, will nit leiden, daß seine eigene Mutter soll mit ihm über Tafel essen. Ich habe selbst einen Doctor gekennt, dessen alter und betagter Vater ein Bauer, und bei ihm die Wohnung hätte, als ich ihn fragte, wer der alte Tättl sey? so gab er mir die Antwort, er sey ein armer Bauer, dem er aus Barmherzigkeit die Unterhaltung schaffe, welches dem Alten die Thränen aus den Augen gelockt, und endlich in diese Wort ausgebrochen: der Doctor kommt vom Bauern her, und nicht der Bauer vom Doctor.

Ein Fuchs, nach höflichem Willkomm und freundlicher Ansprach, fragt einmal das Maulthier, was Geschlechts und Herkommens es sey? dieß antwortet, es sey ein Geschöpf Gottes; wie seltsam ist das geredt, sagt hinwieder der Fuchs, ich frag nur, wer seine Eltern gewest? das Maulthier schämte sich, daß sein Vater schinderischer Gedächtnuß ein Esel gewest, wußte aber beinebens, daß seine Mutter ein Pferd sey aus dem Hofstall, sagte also, ich bin ein nächster Bluts-Verwandter Ihr königlichen Majestät Leib-Pferd. Gar viel desgleichen seynd anzutreffen, welche sich ihres Herkommens schämen, und prahlt mancher, sein Vater sey ein Landmann gewest, der doch nur ein Fuhrmann war, sagt oft einer, sein Vater sey ein Rathsherr gewest, da er unterdessen nur als ein Raderherr das Wagner-Handwerk trieben. Ich habe selbst einen gekennt, welcher vorgeben, sein Vater sey ein Musikant gewesen, indem er doch als ein Calcant [461] nur die Blasbälg getreten. In Indien soll ein König Mogor, schreibt Englgrave, diesen Brauch in seiner Regierung haben, daß er die allergeringsten Leut, vom niedersten Herkommen, wegen erwiesener heroischer Thaten zu höchsten Ehren und Aemtern erhebet; damit sie aber sich nit übernehmen, sondern allezeit des vorigen schlechten Stands gedenken, also hat erstgedachter König gar weislich geordnet, daß einem jeden in einen Schild das Zeichen seines vorhin geübten Handwerks solle voran getragen werden; ist also manchem Hofrath eine Scheer, manchem Obristen ein Binder-Schlegel, manchem General ein Schuster-Kneipp, manchem Minister ein Hammer und eine Beißzang vorgetragen worden etc. Wann der Zeit ein jeder Edelmann, oder wenigst der hochmüthig prahlt wegen seines Adels, sollte in seinem Wappen-Schild führen dasjenige Instrument, wormit sein Vater oder Ahnherr sein Stückl Brod gewunnen, glaub mir, ein mancher hätt nichts anders, als ein Bügel-Eisen, als einen Schreibzeug, eine Geißel, einen langen Spieß, einen Wein-Zeiger, einen Hobel, eine Schaufel etc., in seinem Wappen zu zeigen, weil seine Eltern oder Voreltern, Schneider, Schreiber, Fuhrleut, Sauschneider, Wirth, Tischler, und gar Todtengräber abgeben, und gemeiniglich solche, die vom Stall zum Saal kommen, pflegen meistens sich zu übernehmen, und andere verachten.

Der David ergriff einmal seine Harfe, spielte mit Freuden, und tanzte vor der Arche des Herrn mit aller Macht, Michol seine gnädige Hausfrau sah zum Fenster herab, et despecit illum in corde [462] suo, verachtet ihn in ihrem Herzen, und hieß ihn ein Scurram, eine Raupe, und gar einen Schliffel und Schweracken. Wäre ich damal David gewesen, ich wollt ihr etc., aber warum meine Frau Michol, verachtest du deinen Herrn den David? warum? sagt sie, wer ist dann der David? ein gewaltiger Herr, bei meiner Treu, er ist halt ein rothkopfeter Hirten-Bub gewest, man weiß gewiß nit, sein Vater war der Isai, ein armer Schaf-Hirt gewest, man kennt ihn gewiß nit, de post foetantes etc., auf ein Wort, Madam, mein wer ist dein Herr Vater gewest? mein Herr Vater? der König Saul, der, so auf einmal dreißig tausend Mann aus dem Haus Juda, der dreimal hundert tausend Mann aus dem Haus Israel wider die Kinder Ammon ins Feld geführt, der ist mein Herr Vater gewest. Meine Frau Michol, laß dir sagen, ein armer Mann aus dem Geschlecht Benjamin, mit Namen Cis, hatte seine Esel verloren, und er sprach zu seinem Sohn, (deinem Herrn Vater, merks!) mach dich auf, gehe hin, und suche mir die Esel, mein was ist ehrlicher, Schaf hüten, oder Esel treiben? David, dein Mann, den du verachtest, war ein Schaf-Hirt, Saul, dein Vater, mit dem du prangest, war ein Eseltreiber, seines Herkommens gar ein schlechter vom Adel, und noch ein Stuck schlechter, als David. O wie viel Leut haben eine so schlechte Gedächtnuß, daß sie sogar nit mehr denken, wer sie gewest seyn, ist also nothwendig, daß sie sich meines Recepts halten, in welchem das erste Stuck die Krebse, wordurch ich sie will ermahnt haben, daß sie öfters sollen mit ihren Gedanken zuruck [463] gehen, wie die Krebse, und fein mehrmal erwägen, woher sie kommen, und in was schlechtem Stand sie gewest seyn. Der Prophet Ezechiel hat in einem geheimnußreichen Gesicht wahrgenommen einige Thier, so nicht allein vornher Augen trugen, sondern auch hinterhalb; bei solchen Leuten, welche da aus geringem Stand zu großen Ehren erhebt worden, wär es hoch nothwendig und nutzlich, daß sie auch auf dem Rucken Augen hätten, damit sie sehen könnten, woher sie kommen. Da geht eine auf der Gasse daher mit einem Vortreter, der Kopf ist mehr ziert, als ein aufgesteckter Maibaum, die Haar seynd zusammen gewispelt, als wärens durch einen Strauben-Modl gossen, die Mäschen gezogen, wie der erste Buchstabe in einem Pergamenten-Lehrbrief, der Hals ganz bloß, wie ein Aff beim End des Rückgrads, der Rock so lang, wie der Biber von hintenher, die Schuh bald so gespitzt, als ein Schuster-Aal, wessenthalben kein Wunder, daß sie manchem Pfuy die Augen aussticht. Wer ist diese? ihr Mann stehet trefflich wohl, allein das date, quae sunt Caesaris, Caesari, wird in seinem Evangeli-Büchel nit gefunden, das Töchterl und Semi-Fräule, die mit ihr geht auf der Seite, heißt Francisca, Athanasia, Gandolpha, Hedwig etc., (Urschel und Lisel seynd gar gemeine Namen) sie grüßt Niemand auf der Gasse, weil sie ihres Gleichen nicht siehet, sie rauscht für die Kirch-Thür hinein, wie der Wind im Eichwald, man soll bald eine Meß lesen, heraus gehen, fein bald, o der ungeschickte Sakristan! sie bildet ihr ein, jedermann solls anbeten und verehren, wie die Philistäer ihren Abgott Dagon, weilen [464] ihr Mann beim Bret sitzt, nur her, venite adoremus. Ei du stinkender Grind-Schüppel, es wär wohl herzlich zu wünschen, du hättest ein paar Augen auf deinem stolzen Buckel, damit du könntest sehen, woher du kommst; ist nit dein Vater ein armer Nachtwächter gewest? hat sich nicht deine Mutter mit der Studenten-Wäsch erhalten? ist nicht dein Bruder im Seminario gestorben? hat dich nit der Meßner bei St. Salvator aus der Tauf gehebt? ist nit dahie ein Holzmesser dein Vetter? ei daß dir des Henkers Badwäschel den Kopf zwack wegen deiner stinkenden Hoffart, man hat dich noch wohl gekennt, wie du um das Fleisch in die Bank gangen, und den Kuchel-Zecker an dem Arm getragen, du stolzer Siech!

Das andere Stuck in dem Recept seynd Ehren rosen, lateinisch malva hortensia, wordurch soll verstanden werden, daß ein Hoffärtiger, der nicht mehr sich seiner vorigen Armuth erinnert, die Ehr verliert; ein Demüthiger aber, der sich seines geringen Herkommens nicht schamet, alle Ehren verdient. Der König Saul laßt den David zur Audienz rufen, und thut ihm sehr stattliche Offerten anerbieten; was da? etwann eine schöne Herrschaft samt vielen reichen Unterthanen, die sich da lassen öfter barbieren, als seine Schaf? nichts dergleichen; etwann eine große Summa Gelds, wormit er reicher wurde, als durch seine Schäfereien, dann Pecunia mehr gilt, als Pecora? nichts dergleichen; etwann ein vornehmes Officium zu Hof, dann ja in Aula lustiger zu leben, als inCaula? nichts dergleichen, sondern der König Saul offerirt ihm seine Prinzessinn zu einem Weib, [465] was? sagt David, ich soll des Königs Eidam seyn? ich?quis sum ego? bin ich doch ein armer Tropf, mein Vater ist ein armer Mann, welcher etliche seiner Söhn in Krieg schickt, mich aber samt andern zum Schaf-Hirten braucht, damit er uns nur erhalte, ich bin ein gemeiner Kerl, der nichts kann, als etwann mit dem knoperten Hirtenstab meine Schäfel in einer Disciplin zu halten etc. Weil solchergestalt der David sich seines Herkommens nit geschamt, sondern in allweg sich solcher großen Ehren unwürdig geschätzt, also ist er derenthalben bei dem König und dem gesamten Hofstaat in großer Aestima gehalten worden. Dem großen Erzbischof Wilegiso zu Mainz ist es eine sondere Ehr gewest, daß er seines schlechten Herkommens nit vergessen, und in sein Wappenschild ein Rad setzen lassen, zur ewigen Gedächtnuß, daß er eines Wagners Sohn sey gewest; Amico, dem vornehmen aquilanischen Bischof und nachmals creirten Kardinal, ist es eine Ehr gewest, daß er in seinem Wappen ein Lämml geführet, zu einer steten Erinnerung, daß er ein Schafhirt gewesen. Thomä Villanovano, diesem Erzbischof ist es eine Chr gewest, wie er in Mitte der Bischöf gesessen, und wahrgenommen, daß ein armer Bauer zu unterst des Saals unweit der Thür gestanden, den er als seines Vaters Bruder gekennt, dessentwegen ihm alsobald entgegen gangen, denselben sehr freundlich empfangen, und in Gegenwart so vornehmer Herren eine lange Ansprach, anbelangend seine armen Freund, mit erstgedachtem Bauersmann gehalten. Benedicto dem XI., römischen Papst, ist es eine Ehr gewest, wie er seine Mutter in fürstlichem Aufputz nit[466] wollt erkennen, wohl aber, wie sie sich als eine arme Wäscherinn in schlechten Kleidern gestellt hat. Demjenigen vornehmen Herrn ist es eine Ehr gewest, welcher auf seinem Saal einen Back-Ofen lassen aufrichten, wordurch er nit wollte vergessen, daß sein Vater ein Bäck gewesen, er aber durch seine emsigen Studien und geschöpfte Wissenschaft so weit kommen. Demjenigen reichen und hochansehnlichen Mann ist es eine Ehr gewest, welcher sein Häferl, wormit er sich durch die Bettel-Suppe vorhero erhalten, gar fein in Silber lassen einfassen, und nachmals bei den Mahlzeiten als ein sonders Ehren-Geschirr auf die Tafel gesetzt, daraus getrunken, und also stets zuruck gedacht, wer er gewesen, damit er sich in gegenwärtigem Glücksstand nit übernehme. Eine Ehr ist es einem jeden, der sich demüthiget, und sagt man insgemein, ist das nit ein lieber und wackerer Herr, er redt mit einem jeden, vor allen Leuten zieht er den Hut ab; ist das nit eine feine Frau, sie macht wohl nichts aus ihr, sie heißt mich noch allezeit ihre Schwester; aber eine Schand ist es demjenigen, der sich nit mehr kennet, und sich hochmüthig aufbäumt, ist das nicht ein stolzer Narr! der Esel meint, er sey dem babylonischen Thurm befreundt, ist das nicht eine stolze Krott! die Höppin stinkt vor Hoffart, sie ist ein hoffärtiger Teixl, sie schaut einen nit mehr an.

In einer vornehmen Stadt hat ein armer Bauer Holz auf den Markt getragen, und weil solche Bürd ziemlich groß, und die Gassen nit gar breit, damit er mit seinem Holzkram nit möcht einen stoßen, also hat er immerzu geschrien: »auf die Seite!« Diesem[467] Bauern begegnete unter andern ein sehr hochtrappender Limmelius, welcher 19 Wochen, 3 Täg und anderthalb Stund außer seiner Heimath und Vaterland gewest, dahero seine Muttersprach gar schlecht mehr geredt, dieser hoffärtige, gradirte und grandirte Mopsus wollte aus Stolzheit dem zweifüßigen Esel nit weichen, wessenthalben ihn der Holztrager übern Haufen gestoßen, dergestalten, daß ihm die Perücke hinweg geflogen, und gleich damalen einem vorbei getriebenen Gaisbock auf die Hörner gefallen, so je allen Gegenwärtigen sehr lächerlich vorkommen, daß solches Stroblnest von einem vor Hoffart stinkenden Narrn zu dem andern gerathen; das hat den seidenen Bravantio dergestalten verschmacht, daß er solche Injuri, wann er auch 3 Pfund Cremor Tartari eingenommen, nit hätte verkochen können, dahero er seine Klag so hitzig vorgetragen bei Gericht, daß besagter Bauer alsobald durch scharfen Befehl sich stellen müssen, die wider ihn gelegten Klag-Punkte zu beantworten; der Bauer (besser geredt) der Lauer erscheint, stellt sich aber, als wäre er stumm und könne nit reden, man drohet ihm ernstlich, er soll reden, dieser deut immerzu mit den Fingern, bald in die Höhe, bald in die Nieder, bald auf die Seite, bald krumm, bald gerad, bald ernstlich, bald lächerlich, bald traurig, bald lustig, man konnt nichts anders vernehmen, als nit gar halbe Wörter, ho-hu-ha-hei-oia-oe-huo, die Richter glaubten nit anderst, als könne der arme Tropf nit reden, sondern sey ein elender Stumm, mit dem man mehr mit Mitleiden, als mit Straf verfahren solle, es könne also dem hochgeehrten Herrn N. N. [468] als Kläger dießfalls keine Satisfaction ertheilt werden etc., was? sagt dieser, so glaubt ihr, solcher Bösewicht sey ein Stumm? ein Schelm ist er, ich will es mit glaubwürdigen Leuten bezeugen, daß er reden kann, hast du nit (also redete er den Bauern an) hast du nit immer geschrien: »auf die Seite, auf die Seite!« ja, ja, ja; wann dem also ist, sagten hinwieder die Richter, so fällt der Herr selbst das Urthel wider sich, dann so der arme Tropf ermahnt, man wolle ihm ausweichen, hat diesen Spott und Fall der Herr seiner Hoffart und nicht des Bauern Bosheit zuzumessen, jetzt fallt mir der Name ein dieses stolzen Narrn, er hat Hathanasius geheißen, dann er eine lange Nase darvon getragen, der Spott laufet gemeiniglich dem Hoffärtigen mit Hasenfüßen nach.

Das dritte Stuck in dem Recept ist Spiritus Tartari, die Lateiner wissen schon, daß Tartarus auf deutsch die Höll heißt, welche dem Hoffärtigen nit wird ausbleiben. Foris canes, hinaus was Hund seynd, sagt uns der Herr, die gehören nit in das Haus meines Vaters, sondern welche, wie die Hund neidig seynd, gehören in die Höll, aber diese seynd noch nit die ersten darin gewest.

Der Himmel ist ein Schafstall, und da werden alle Böck ausgeschlossen, dann welche, wie die gailen Böck in Unzucht leben, haben nichts anders zu gewarten, als die Höll, aber diese seynd nit die ersten darin gewest. Wie Gott der Allmächtige die Welt aus nichts erschaffen, Spiritus Domini ferebatur super aquas, da schwebte der Geist Gottes ober dem Wasser, aber der Hölle Geist schwebt ober dem Wein, [469] dahero alle Vollsaufer ihm zugehörig, aber diese seynd gleichwohl nicht die ersten in der Höll gewest. Im Himmel ist das ewige Licht, dahero die Blinden nit darein taugen, wessenthalben alle verblendeten Ketzer in die Höll fahren, allwo die ewige Finsternuß, aber diese seynd dannoch nit die ersten darin gewest. Die ewige Seligkeit ist ein Lohn, merces vestra copiosa etc., dahero die Faullenzer alldort nichts abzuholen, sondern die Trägen müssen die Höll ertragen, aber diese seynd dannoch nit die ersten allda gewest. Im Himmel ist ein ewiger Fried, dannenhero die Geharnischten daselbst nit werden eingelassen, sondern alle Zornigen, die so geschwind im Harnisch, steigen in die Höll, aber dannoch seynd diese nit die ersten darin gewest. Weil die dritte Person in der Gottheit eine Taubengestalt an sich genommen, sodann gelten bei ihm die Raben gar nichts, wessenthalben alle, so wie die Raben stehlen, in die Höll verstoßen werden, nichts destoweniger seynd diese nit die ersten darin gewest. Nichts unreins geht in Himmel ein, nihil coinquinatum etc., weil dann viel Geld zählen schwarze Händ macht, also gehören die Geizigen hin unter, aber doch seynd diese die allerersten nit gewest darin, sondern die Hoffärtigen, als da war Lucifer, dieser Spiritus Tartari samt seinem Anhang waren die allerersten in der Höll, diese haben zum allerersten den Abgrund eröffnet, und wäre Adam samt seinem Weib, welche um 9 Uhr Vormittag erschaffen, und um 3 Uhr Nachmittag mit Ruthen ausgestrichen und des Paradies verwiesen worden, wie etliche darvor halten, der erste beim Teufel gewest wegen der Hoffart, [470] dafern nit die grundlose Barmherzigkeit Gottes durch das bittere Leiden und Sterben Jesu ihn mit uns errettet hätte.

Der Dank war nit gar groß, den ich von diesem neugebackenen Edelmann habe eingenommen, welches mir schier ein wenig in die Nasen gerochen, in Erwägung, daß meine Salbe noch allzeit gut, bei diesem aber allein in Unwerth kommen, dahero ich diese, meine widerigen Mucken auszutreiben, eine beliebige Gesellschaft gesucht, und dieselbige bald nach allem Wunsch angetroffen in des Herrn Albanii, als meines sehr werthesten Freunds eigener Behausung, woselbst schon fast eine halbe Stunde bei einander gesessen, ein reicher Handelsmann, damal ein Wittiber, sodann seine größern Töchter, item ein Doctor; aus allen Reden, so sie damal führten, konnt ich leicht abnehmen, daß sie allesamt etwas unpäßlich, und gaben mir gar deutlich zu verstehen, daß ich ihnen, vermög mei ner wenigen Wissenschaft, möcht einen Rath ertheilen, oder ein Mittel vorschlagen, wormit sie könnten diesem Uebel abhelfen. Dazumal war mir dieses Ansuchen nit gar angenehm, weil mir die kurz vorher ergangene Kur nit nach allem Wunsch ausgeschlagen, ich konnt es aber dannoch dem lieben Albanio wegen der alten Hacken und schon lang gepflogener Freundschaft nit weigern, habe demnach des reichen Handelsmanns Zustand alsobald erkennt, und gar wohl gesehen, daß er einen schweren Fluß in Augen, und also den Nächsten, forderist der arm ist, nit viel ansehen thut, woraus ich ihm dieses kurze Recept gemacht:


[471] Recip:

Feigenblätter in der Sonn gedörrt, und mit Schwefel zerrieben, nachmals in frischem Wasser gesotten, darmit die Augen öfters gewischt, vertreibt die Flüß.


Die Reichen leiden sehr stark an solchem Augen-Fluß, daß sie also nicht bald einen armen Menschen können ansehen, sondern sich ihrer Mittel übernehmen, dann viel Güter machen hohe Gemüther; der evangelische Prasser hätt gar gewiß den armen Lazarum allzeit grüßt, und ihm ein bonna dies geben, wann er nit viel Mittel hätt gehabt, weil er aber ein steinreicher Vogel war, also hat er den Armen nit viel geacht; die babylonische Bestia und Unzucht in Apocaylpsi, weil sie um und um mit Gold und reichem Geschmuck geziert war, wollt auch den hoffärtigen Namen und das stolze Prädikat haben, Babylon Magna. Aber mein Herr Goldecker, übernimm dich nit wegen deines Reichthums, brauch die Feigenblätter, und stell dir vor Augen jenen Feigenbaum, welcher an dem Weg gestanden: unweit Bethania stund überaus ein schöner Feigenbaum, unter dem ein mancher Reisender bei großer Sonnen-Hitz im Schatten gelegen, er war über und über mit den annehmlichen Blättern bedeckt, daß einem von fern gedunkt, es stehe daselbst einer mit einem grün-sammeten Rock, er streckte die Aest allerseits aus, als wollt er einen Chor-Regenten abgeben, und den so lieblich singenden Vögeln zu der Musik den Takt geben; in selbiger Gegend war kein Baum, der so sauber aufgezogen, und einer so adelichen Statur, als eben besagter Feigenbaum; ich glaub wohl, wie die Bäume ihren Reichstag celebrirt, [472] und die Wahl eines Königs haben vorgenommen, dafern dieser Feigenbaum wäre gegenwärtig gewest, daß er unfehlbar hätte die Kron erhalten, auch wäre seine Resignation nit, wie seines Mitbruders, so dazumal bei dem Reichstag gegenwärtig, angenommen worden wegen der gar zu herrlichen Gaben, die an ihm zu finden waren, und gleichwohl so gut, so herrlich, so reich er gestanden, ist er dannoch durch die ergangene Exkommunikation Christi des Herrn augenblicklich verdorben.

Laß dir dieß ein Exempel und eine Witzigung seyn, mein reicher Vogel, und thue nit wegen deines Reichthums stolzieren, hast du gute Mittel, gute Küttel, gute Titel, gute Schnittel, gute Hüttel, so übernimm dich nit, hast gute Herrschaften, Habschaften, Wirthschaften, Handelschaften, übernimm dich nit, sonst laßt dich Gott, der alle Hoffart hasset, fallen, daß du auch verdirbst, wie der Feigenbaum. Wer ist besser gestanden im Reich und Reichthum, als eben der König Nabuchodonosor? Felder und Wälder ohne Zahl, Geld und Zelt in Ueberfluß, Schätz und Plätz nach allem Wunsch, Haus und Schmauß, wie sein Herz verlangte, hatte dieser reiche Gesell; weil er sich aber übernommen, so hat ihn Gott lassen also arm werden, daß er nit ein Stückel Brod in seiner Gewalt hatte, sondern mußte Gras anstatt Käs essen. O elender Tropf!

Der Amerling ist unter den Vöglen einer aus den stolzesten, er prangt mit seinem gelben Brustfleck daher, als wann er des Vogel Phönix sein Schwager wär, den ganzen lieben Sommer hindurch ist er so[473] stolz, daß er einen Bauern nicht anschaut, der Gimpel, so doch in halb Scharlach aufzieht, darf sich vor seiner nit sehen lassen, er residirt gemeiniglich bei den Landstraßen, damit nur alle Vorbeireisende seine Person mögen anschauen, ja, so bald jemand seinen Weg vorbei nimmt, alsdann schwingt sich dieser stolze Gesell ganz schnell auf einen hohen Baum, und wiederholt allda sein hochmüthiges Gesang und Liedel:Edel, edel bin ich, edel bin ich. Aber laß den lieben Sommer vorbei gehen, laß den fruchtbaren Herbst verschleichen, laß den rauhen Winter herzukommen, wann alles über und über mit Schnee bedeckt, sodann bleibt der stolze Amerling mit seiner Muteten wohl aus, er singt nit mehr, edel, edel bin ich, sondern er hocket dem Bauern vor die Thür; er sitzt ihm auf den Mist, er hupft ihm gar unter die Pferd, er spaziert vor der Scheuer und singt,Vetter, Vetter, Vetter. Also soll auch auf keine Weis' der Mensch stolzieren wegen seines Haab und Guts, und sich etwann deswegen besser und mehr schätzen, als andere, es kann der Allmächtige gar leicht machen, daß er durch mancherlei Unglück um all das Seinige kommt, und nachmals bei einem gemeinen Menschen, den er vorhero nit angeschaut, Hilf suchen muß, ja gar, wie der Amerling dem Bauern vor die Thür kommet. Der Laban hat seine guldenen Götzen verloren, Gott kann auch zulassen, daß du um dein Geld und Gut kommest. Der reiche Job hat dergestalten alles verloren, daß er kein gutes Hemmet mehr hatte anzulegen, und war doch ein großer Fürst, dieß Elend kann auch Gott über dich verhängen. Aaron und Moses haben durch [474] Wirkung Gottes das Wasser in Blut verkehrt, das kann auch durch göttliche Zulassung geschehen, daß du blutarm wirst, deßwegen übernimm dich nit; der Reisende von Jericho nach Jerusalem hat all das Seinige müssen im Stich lassen, und ist noch darzu halb todt gehauet worden, das kann auch dir gar leicht widerfahren.

Nach dem Tod Recesuindi, Königs in Spanien, Anno 672 haben die Fürsten des Reichs nach einer neuen Wahl eines Königs getracht, und hat sie für rathsam gedunkt, daß sie die Namen etlicher tauglicher Männer hierzu dem Papst Deodato sollen übersenden, und nachmals denselben vor ihren König krönen, der Ihro Heiligkeit vor andern beliebig scheinte, der Papst aber hat alle diejenigen ihm vorgestellte auf die Seite gesetzt, und beinebens sie ins gesamt erinnert, daß es der göttliche Wille sey, demjenigen die Kron auf das Haupt zu setzen, dessen Namen Bamba, worauf sie allerseits emsigst nachgesucht und endlich einen Lusitaner bei dem Ackerbau besagten Namens angetroffen, den sie unverweilt zu dieser Hohheit erheben wollten, welches aber der fromme Bamba in allweg geweigert, ja solches nur für einen Schimpf und Foppspiel ausgelegt, und endlich aber zugesagt, jedoch mit dem Beding, wann der dürre Stab, welchen er dazumal in die Erde gesteckt, werde blühen, und siehe Wunder! den Augenblick hat erstgedachter Stab angefangen zu grünen, und in Beiseyn alles Volks, die schönste Blühe hervor getrieben, woraus sattsam zu erkennen war, daß Gottes Wille sey.

Dieß war ein groß Wunder, indem ein dürrer Stab ist gewachsen, hat blühet und floriret, aber es [475] geschieht noch wohl öfter, daß ein Bettelstab aufkommt, florirt, und zu großem Reichthum gelangt. Gedeon war ein Drescher, welches ja kein adeliches Exercitium und gleichwohl nachgehends durch göttliche Anordnung ist er ein Kriegsfürst worden, zu großer Beut und Reichthum gelangt. Es geschieht mehrmalen, daß ein armer Erd-Dampf in die Höhe steigt, und nachgehends zu einem Regen wird, man hat schon öfter gesehen, daß ein armer Tropf ist hoch kommen, und ein reicher Regent daraus worden etc., aber übernimm dich nit wegen deines Reichthums, sonst, was Gott hat geben, das thut er wunderbarlich wieder zurück nehmen, und da bestehst du, wie ein gerupfter Plato. O wie viel dergleichen weiß ich, etwann du auch, welche Reichthum halber im Vollmond gestanden, aber Hoffart halber in das Abnehmen kommen.

Der rothe Löw, oder reiche Berg-Knapp ist weit bekannt, als welcher die hohe Schul zu Prag soll erbaut haben, und seinem König eine ganze Tonne Gold geliehen, auch nachmals den Schuld-Brief in einer verdeckten guldenen Schüssel dem König für ein Bescheid-Essen aufgesetzt, und ihn darmit ver ehrt. Dieser war anfangs so arm, daß er mit dem Geld, welches sein Weib aus dem verkauften Schleier gelöst, hat angefangen zu hausen, und einen Berg-Knappen abgeben, weil aber sein Weib die Fersen blutristig gestoßen an einer Gold-Ader, so aus der Erd hervor langte, ist er nach und nach so reich worden, daß er keinem Fürsten gewichen, weil sie sich aber dessen übernommen, und sich hochmüthig verlauten lassen, es sey Gott unmöglich, daß sie sollt arm werden, also sey sie dergestalten [476] elend und armselig worden, daß sie, wie die verworfenste Bettlerinn, auf einem Misthaufen gestorben.

So wird auch erzählt von einem gewissen Herzog im römischen Reich, daß er in allen seinen Sachen hochmüthig und aufgeblasen sich erwiesen, weil er nemlich in großer Macht und Gütern gestanden; es ermahnete ihn dessen nit selten der Kaiser Friederich, sprechend, wann das End gut ist, so ist alles gut, dann es sahe der weiseste Monarch wohl vor, daß der Fall dem Hochmuth auf dem Fuß nacheile, solchen heilsamen Rath thäte der Herzog nicht allein verwerfen, sondern noch hierüber den Kaiser schimpfen, indem er ihm aus Zwilch einen schlechten Bauern-Küttel machen lassen, der Saum aber dieses Kleids war mit kostbaren guldenen Spitzen verbrämt, und als sich wegen dieses so wunderlichen Aufzugs der Kaiser nicht wenig befremdt, auch gefragt, was solche Kleidung bedeute, gab der übermüthige Herzog diese Antwort: »wann das End gut ist, so ist alles gut,« wordurch er die gegebene Ermahnung ausgelacht. Weil aber Hoffart allemal mit dem Untergang niederkommt, und die Stolzheit nichts anders gebähret, als den Fall, also ist auch diesem widerfahren, daß er nachmals spöttlich im Krieg gefangen, und gar mit Stricken gebunden worden.

Von dem großen Goliath sagt die h. göttliche Schrift, wie er mit dem David einen so ungleichen Duell eingangen, daß er sey von Fuß-Sohlen an, bis hinauf in lauter Harnisch gewest. Das liebe Deutschland und ganze römische Reich ist viel Jahr hero immerzu im Harnisch, an allen Orten Krieg und Waffen, [477] und hat dieser leidige Kriegslauf viel tausend um das Ihrige gebracht, auch meistens an den Bettelstab gezogen, warum dieß? ich habe zwar das göttliche Protokoll nit durchblättert, noch hierinfalls einige Offenbarung gehabt, aber ich glaub dannoch, daß solche Ruthen habe gebunden der Uebermuth, welchen die Adams-Kinder fast allemal treiben, so oft sie im günstigen Glückstand und Wohlstand sich befinden; glaub mir, der Tummel rühr die Trummel, und der zu große Segen zieh den Degen zum Kriegen.

Das andere Stuck im Recept ist der Schwefel, den hab ich dazumal aus der Erd graben, wie sich diese eröffnet, und den Dathan und Abiron lebendig verschlickt, dieser Schwefel ist aus der Höll, wohin bemeldte Bösewicht lebendig gestiegen; weil daselbst der Schwefel in der Menge, nach Aussag Johannis. Dieser Schwefel ist sehr heilsam für den Fluß in Augen; wann jemand aus Hochmuth sich übernimmt, den Nächsten nicht anschaut, ja alle veracht, der betrachte wohl das Schwefel-Feuer in jener unglückseeligen Ewigkeit, wormit Gott alle Stolzen und Hoffärtigen unaufhörlich züchtiget, welches ihm leicht allen Hochmuth dämpfen wird. Fragst du, was Unthat halber der Dathan und Abiron lebendig zum Teufel gefahren? lebendig von der Erd verschlickt worden? lebendig in das ewige Schwefel-Bad gestiegen? darum, weil sie hochmüthig waren.

Dieses reichen Herrn anwesende Tochter war sehr bleich, und also allem Ansehen nach nicht gar wohlauf, wie sie es dann selbsten bestanden, es war aber die Krankheit leicht zu erachten, dann sie sehr aus[478] dem Maul geschmeckt, und hatte sie einen stinkenden Athem, will sagen eine stinkende Hoffart, dahero ihr alsobald diese Mittel vorgeschrieben:


Recip:

Nichts, dieß ist gar ein vortrefliches Mittel, wann man Fruhe und Abends, forderist bei nüchtern Magen etliche Unzen einnimmt.


Hoffart ist bei den Weibern die anderte Erbsünd und das tägliche Brod. Es kann gleichwohl nit eine unartige Frag seyn, warum der böse Feind der Eva in Gestalt einer Schlange versucht im Paradeis? warum ist er nit als eine Katz herein getreten, welche nachmalens mit ihrem Schmeichlen und Heuchlen sich an den weißen Füßen Evä herum gestrichen, und durch annehmliches Murren und Sumpsen der schönsten Madam ein Wohlgefallen gemacht hätte? warum nit in ein kleines Hündl? dann dem Frauenzimmer ohne das solche Bologneser-Flöh sehr werth und angenehm seynd, auch solche schönen Hunds-Nasen mit vielen Privilegien versehen. Warum nit in eine Taube? da hätt er können der holdseligen Eva auf die Achsel sitzen, mit dem Schnabel dero zarten Ohrnwäschl kitzlen und mit dem gewöhnlichen Gurugu, Gurugu, weiß nicht was für Heimlichkeiten in das Ohr sagen? warum nit in einem Papagei? zumalen vornehme Damen ohne das gern dergleichen gefiederte Schwätzer in ihren Zimmern aufhalten, und seynd die armen Geistlichen und Diener Gottes gar oft nicht sicher, daß sie nit von solchen indianischen Ploderen auf öffentlicher Gasse Pfaffen, Pfaffen genennt werden, welches sie von den Ehren- und Tugend- bedürftigen Zimmer-Menschern, oder kothseligen und heillosen Lageien erlernt. Warum nit in einen [479] Hasen, in einen Fuchsen, in einen Rehbock, oder anders Thier? wie so gleich nur in eine Schlang? sehr viel und unterschiedliche Ursachen werden dessenthalben von den Lehrern und Scribenten beigebracht, deren ich allhier nicht gedenken will, sondern ist meine gar wenige und winzige Meinung, der Teufel habe deswegen durch Einschlag mit ihr parlirt, damit er ihr einen Spiegel weise, worin sie ihre schöne Gestalt ersehe, und nachmals in eine Hoffart gerathe; dann gar gewiß ist, wann sich eine Schlang ganz zusammen rollt, so kann sich der Mensch darin ersehen, wie in einem Spiegel, weilen nun vermuthlich dazumal die Eva in dergleichen lebendigem Spiegel ihre holdseligste Gestalt und schönstes Angesicht wahrgenommen, hat sie desto leichtern Glauben geben dem Satan, wie er ihr vorgelogen, daß sie werde eine Göttinn werden, eritis sicut Dii. Von dannen rührt ursprünglich her, daß die Weiber den Hoffart-Kitzel haben und kein stolzers Thier auf Erden anzutreffen, als dasjenige, welches Zöpf tragt.

Die h. Schrift in dem Buch Genesis am 30. Kapitel V. 14 u. flg. registrirt, daß der Ruben hab seiner Mutter der Lia etliche Alleraun vom Feld nach Haus gebracht, so bald die Rachel in Erfahrenheit gebracht, hat sie alsobald ganz inständig von ihrer Schwester die Alleraun begehrt, oder wenigst nur einen Theil derselben, was? sagt die Lia, ist es nit genug, daß du mir meinen Mann genommen hast, willst mir noch die Alleraun auch nehmen? es ist zu wissen, daß die Alleraun, in Latein Mandragorae genannt, gewisse Wurzel seynd, welche fast Händ und Füß haben, wie die Menschen, und also solche den [480] kleinen Männlein nicht viel ungleich, warum aber die Rachel so inständig angehalten um die Wurzel? ja so gar sagte sie der Lia, meine liebe Schwester, wann du mir die Wurzel spendirest, so will ich dir heut Nacht meinen Mann überlassen, Parola, wie es dann auch also geschehen, es muß unfehlbar die Wurzel eines großen Werths und Wirkung seyn gewest, weil die Rachel sogar den Mann auf eine kleine Zeit darum geben, glaubwürdig ist es, sagt Menochius, daß in demselbigen Land die Alleraun-Wurzel einen sehr lieblichen Geruch von sich geben, massen in den Canticis stehet: Mandragorae dederunt odorem, und also hab sich die Rachel darmit angestrichen, oder sonst zur Schönheit gebraucht, auf mancherlei Weis'. Es war aber die Rachel ohne das schön, was schadt es, die Weiber wollen nit allein schön seyn, sondern auch schön bleiben, ja, wann es möglich wäre, noch schöner zu werden, darum zieren sie sich, als wie der Esel am Palmtag.

Von dem Gedeon bezeugt die h. Bibel, wie daß er von dem Allmächtigen Gott habe ein Zeichen begehrt, wordurch er möchte vergwißt seyn, daß er ihm wolle in dem Feld und Krieg beistehen; das Zeichen aber war dieß, er nahm ein dürres Schaaf Fell, legte es unter dem freien Himmel nieder, und sagte, mein Gott und mein Herr, wann der Morgen-Thau wird allein fallen auf dieses Fell, der ganze Erdboden aber wird trucken bleiben, sodann will ich glauben etc., wie es dann nicht anderst geschehen. Gedeon bitt noch einmal, con licenza, mein Gott und Herr, vergieb mir dießmal noch eins, er legte mehrmalen das Fell [481] an voriges Ort, und sagt, wann der Morgen-Thau wird fallen auf den ganzen Erdboden, daß alles naß seyn wird, außer des Fells, sodann will ich unfehlbar darvor halten, daß du mit und durch mich große Wunder werdest wirken, und ist auch nach seinem Begehren geschehen. Es ist nit auszusprechen, wie emsig, wie sorgfältig, wie genau der Gedeon in aller Fruhe das Fell geschaut, ob dasselbige naß oder trucken, Gott vergelt es dir, mein Gedeon, diese Arbeit.

Aber mein Gott, die Weiber tragen noch größere Sorgen auf ihre Haut und Fell, das beschauen sie alle Stund im Spiegel, obs naß, obs trucken, obs weiß, obs roth, obs bleich, obs hübsch, obs glatt, obs gelb, obs einfärbig, obs vermischt, obs rein, obs bemailiget, obs glanzend, obs dunkel, obs fröhlich, obs traurig, obs gesund, obs krezig, obs sauber, obs besudelt, obs recht oder schlecht sey; ob die Wangen noch prangen, ob die Nasen ohne Masen, obs Maul nit faul, ob die Augen noch taugen. Oel, Wasser, Pulver, Salben, Balsam, Butter, Kräuter, Wurzel, Blumen, Wein, Essig, Schwamm, Tüchel, Kämpel, Bürsten, und aller Plunder muß für das Gesicht allzeit in Bereitschaft stehen, ja kein Verlurst kommt sie härter an, als der Schönheit. In Tractu Melovicensi war eine Frau sehr wohlgeneigt den Ordens-Leuten St. Francisci, und denselben aus frommer Freigebigkeit sehr viel Almosen in das Kloster geschickt, einmal hat sie etwas für die lieben Geistlichen einkauft, weil sie sich aber auf dem Markt gar zu lang verweilt, und derenthalben in etwas zu spat nach Haus kommen, hat sie der eifersüchtige Mann nit allein mit harten Streichen[482] sehr übel tractirt, sondern sie noch bei den Haaren auf dem Saal dergestalten hin- und hergeschlept, daß er ihr alle Haar ausgerauft, und also die arme Haut fast einem geputzten Kalbs-Kopf gleich gesehen, sie empfand allerseits sehr große Wehtagen, aber forderist schmerzte sie der Verlurst ihrer schönen Haare, Ultramarin um die Augen, schad nit, Berggrün auf den Wangen, schad nit, Kugel-Lack unter der Nasen, schad nit, schüttgeld auf dem Rucken, schad nit, sagt sie, das wollt ich noch alles gern verschmerzen, dann ich in kurzer Zeit mich wollt ausheilen, aber die Haar hin, und gar hin, diese Schöne war hin, ach! das thät ihr ganz melancholische Gedanken machen; aber Frau warum deswegen so melancholisch? seyd ihr doch gar eine fromme und tugendsame Frau und Matron, schad nit, auch sonst fromme Weiber wollen schön seyn, dahero diese so inständig den h. Antonium Paduanum, welcher große Diener Gottes sich dazumal in demselben Convent aufgehalten, gebeten und ersucht, er wolle sie doch heimsuchen, welches er auch gethan, und auf so vieles Bitten und Anhalten, durch ein Wunderwerk, ihr die Haar auf das Haupt völlig erstattet. Schön seyn, schön bleiben, schön werden, schön machen, schön kleidt seyn, schön reden, schön gehen, schön wohnen, schön genennt werden, wollen die Weiber. Die Weiber haben eine widerige Natur, das ist so viel gesagt, als die Weiber haben eine Natur, wie der Widder, dann so oft eine Heerd Schaaf vorbei geht, so wird man in allweg wahrnehmen, daß der Widder niemal, weder hinten nach, noch in der Mitte, sondern allemal will vorgehen, eine gleiche Beschaffenheit ist bei diesem Geschlecht, [483] und will eine der andern vorgehen an der Schönheit: Die Phrinis war bei ihrer Zeit die allerschönste, als sie einsmals zu einer Gesellschaft kommen, worbei eine ziemliche Anzahl anderer Frauen sich eingefunden, welche allesamt sehr herrlich aufgeputzt scheinten, und glaubte eine jede aus ihnen, daß sie um 2 Pfund, 3 Loth, anderthalb Quintl schöner sey, als die andere, welches der edel-schönen Phrinis nit ein wenig in ihre Allabaster-Nase gerochen, dann sie gar wohl wahrgenommen, daß diese Weiber-Gesichter, der Natur zur Beihülf, unter einem fremden Pemsel gewest, fangt dem nach ein Spiel an, welches bei uns Deutschen ins gemein das Müttern, oder eigentlich das Müssen genennt wird, in welchem ein Spielgespann unweigerlich, so das Verlieren an ihn kommt, thun muß, was ihm wird auferlegt. Wie nun die Ordnung die schöne Phrinis getroffen, Allo! sagt sie, und laßt alsobald ein frisches Brunn-Wasser herbei tragen, was ihr sehet, das ich thue, das sollt ihr gleichmässig nachthun, worauf sie alsobald ihr holdseliges Gesicht gewaschen, welches aber hierdurch nur schöner worden, so bald aber die anderen gefirneisten Muster desgleichen gethan, und dardurch der falsche Anstrich das Valet geben und Abschied genommen, alsobald haben dero Gesichter eine Gestalt gehabt, wie eine dreijährige Brandstatt, und hat sich die Phrinis nit wenig begnügt befunden, daß sie die Schönste geblieben.

Recipe für euch saubere Docken, damit der stinkende Athem vergehe, samt der stinkenden Hoffart; sagt her, was ist euere Gestalt, mit dero ihr so sehr pranget? nihil, nichts, eine pure Eitelkeit, nehmt [484] dießNichts Fruhe und Abends ein, etliche Löffel voll, wo nit in Magen, wenigst in das Herz, ihr werd sehen und spüren, daß euer Zustand gewendt werde, forma bonum fragile. Wie der Job Gut und Blut verloren, Kinder und Rinder verloren, Land und Pfand verloren, und gleichwohl nit die Geduld, also hat ihm der Allmächtige diesen Verlurst doppelt erstattet, und wann er vorhero tausend Ochsen gehabt, sodann hat ihm Gott zwei tausend darfür geben. Unter andern hat ihm der Allerhöchste auch 7 Söhn und drei Töchter widerum geschenkt, von den Töchtern aber bezeugt die h. Schrift, daß sie die allerschönsten Mädel seyen gewest im ganzen Land: Non sunt autem inventae mulieres speciosae, sicut filiae Job, in universa terra. In keiner Stadt, in keinem Markt, in keinem Geschloß, in keinem Dorf hat man so schöne Menscher gefunden, als wie des Jobs seine gewest, die Gestalt der Lamia, das Gesicht der Flora, die Schönheit der Lucretia, die Wangen der Clelia, die Stirn der Livia, der Mund der Cleopatra, die Augen der Penelope, die Haar der Lais, seynd kaum ein Schatten zu nennen gegen den schönen Töchtern des Jobs; kein Mensch kann es ihm einbilden, wie hübsche Mädel diese gewest seyn; aber hört, was ihnen Job für seltsame Namen geben, die erste nennte er Dies, ein Tag, die andere Cassia, ein Rauch, die dritte Cornustibium, ein Anstrich, warum dieß? keiner andern Ursach halber, als daß er hierdurch das eitle Nichts der schönen Gestalt möchte zeigen. Dann wie lang währt ein Tag? etliche Stund, alsdann heißt es gute Nacht; wie lang währt ein Rauch? eine kleine Zeit, [485] ja, vergeht oft so geschwind, wie der Wind; wie lang dauert ein Anstrich? gar nit lang, so ist hin alle Prang, also währt, dauert und bleibt der Weiber Gestalt gar eine kleine Weil, forma bonum fragile.

Der David hat jenes Schwerdt, mit dem er dem Goliath den Garaus und Kehraus gemacht, in dem Tempel aufgehängt, als ein sonders Kennzeichen und Gedächtnuß seiner Victori; es ist aber dieses Schwerdt gleichwohl mit der Zeit verrostet; was seynd oft schöne, aufputzte und aufgemutzte Gesichter anderst als Schwerdter, die manchen das Herz verwunden, aber wart eine Weil, so werden auch diese rostig und laufen an, wie eine Becklhauben bei Frieds-Zeiten. Wie lang bleibt das österreichische Wappen roth und weiß in dem Angesicht? nit lang, es stehet eine kleine Zeit an, da kommt das Moscowitische Wappen darein, so da ist eine Bärnhaut; mein wie lang glänzt das weiße Helfenbein auf der Stirn? nit gar lang, es stehet eine kurze Zeit an, da wird ein ungestalter Tuftstein daraus, ja das ganze Angesicht, wie eine Grott, in dero Mitte anstatt der Wasser-Kunst, die triefende Nasen; mein wie lang hangt der rothe Fürhang an den Wangen? nit gar lang, es steht eine kleine Weil an, da zerreißt er, als wie im Tempel zu Jerusalem, velum templi scissum est, sch-ön; sch-ändlich, w-ohlgestalt, w-ild, f-ein, f-alten, h-übsch, h-äßlich, r-oth, r-otzig fangen von einem Buchstaben an, und mag das Kräutel oder Blümel Tausendschön noch so hübsch blühen, so thut es doch bald verwelken und verdorren. Achan, als ein Dieb, hat zu Jericho gar einen schönen rothen Mantel gestohlen: Pallium coccineum valde bonum. Es [486] mag ein Weib noch so schöne rothe Wangen haben, so ist sie nit sicher von Dieben, die sie entfremden, es gibt der Dieb so viel, daß mit dero Namen die Medici und Aerzte ganze Bücher anfüllen, dann eine jede Krankheit ist ein solcher Lauer, welcher besagte Waar hinweg tragt: die Frau Cillerle ist wohl einmal inniglich schön gewest, aber die Blattern haben es verderbt; die Frau Clarl hat ihres gleichen nit gehabt, aber seit der verwichenen Krankheit siehet sie ihr selbst nimmer gleich; die Frau Theresel war vor diesem, wie Milch und Blut, aber von der Zeit an, daß sie ein Kind getragen, siehet sie wild aus. O ich bin, sagt eine 60jährige Abspulerinn, auch einmal schön gewest, und hätt ich, wie das lange Geld im Schwung gangen, einer jeden den Trutz geboten etc., so seyd ihr dann, nach selbst eigener Bekanntnuß, einmal schön gewest? gewest? gewest? aber jetzt nicht mehr, was prangt ihr dann mit solchem israelitischen Manna, welches so bald wurmstichig wird, was stolzirt ihr dann mit solchen Kürbesblättern Jonä, welche so bald verwelken, was übernehmt ihr euch dann wegen solcher brennenden Amplen der 5 Jungfrauen, welche sobald erlöschen? gedenkt wohl, betrachtet es recht, daß aus all euerer Gestalt so baldnichts wird, sodann wird euch bald der Uebermuth vergehen, das Geistel sinken, die Demuth wachsen, und der Gestank der großen Hoffart aufhören.

Der Mundbäck des großen Königs Pharaonis, weil er saumselig, hat müssen in die Keiche schliefen, deßgleichen auch sein Mitkollega der Mundschenk, sonst ein sauberes paar Brüder, diese hatten bei nächtlicher[487] Weil beede einen Traum, und weil der Joseph ein Traumausleger war, also hat ihm der Mundbäck den seinigen erzählet; mir, sagt er, hat getraumt, als trag ich drei Körb auf meinem Kopf, voll mit Brod, und ist mir natürlich vorkommen, als fressen mir die Vögel aus dem obern Korb, etc. Auweh! sagt Joseph, der Traum ist nit weit her, und du hast nit weit heim, weiter nit, als zum Galgen; dieser Traum war gar zu schlecht, weil ihm die Vögel aus dem obern Korb, gefressen; die untern zwei Körb waren zugedeckt, in welchen das gemeine, schwarze Gesindel-Brod, der obere aber, in dem die gute, schneeweiße Mundsemmel, stund unversorgt offen, und also den Vögeln frei, dieses ist bei der jetzigen Welt noch stark im Schwung; was ist anderst die Seel des Menschen, als ein schönes Mundbrod des Königs der Himmel, und wenig gibt man Acht auf dieses, wie oft kommen die Vögel und höllischen Raben darüber, und fressens weg! ein schwarzes Gesindelbrod ist aber der Leib, diesen verwahrt man, diesen verwöhrt man, diesen verwacht man, diesen versorgt man, diesen versiehet man, und versichert man aufs allerbeste, forderist bei den Weibern. Das Götzenbild Adramelech haben die Sepharäer verehrt. Das Götzenbild Asima haben die Hemathäer venerirt. Das Götzenbild Astaroth haben die Sidonier angebetet. Das Götzenbild Gad haben die Agrier adorirt. Das Götzenbild Nergel haben die Cathäer verehrt. Das Götzenbild Remphan haben die Israeliter angebet. Und das Götzenbild Kasnedam verehren fast alle Weiber bei uns Christen; pfui! heißt das Christen seyn! auch sogar wollen sie, [488] daß alle diesen Spott-Götzen sollen veneriren; das Wort Kasnedam leset zuruck, sodann werdet ihr finden, daß es Madensak heißt, und dieser ist euer wilder, schändlicher, muffender, siechiger, stinkender, garstiger, sterblicher Leib, den ihr also aus Hoffart zieren, palliren, schmieren und veneriren thut. Was ist euer Leib? ein sauberer Dalken, ein verguldtes Pfui, ein mit Zucker kandirter Saukäs, ein mit Schnee überdeckter Misthaufen, eine alabasterne Senkgrube, ein geschmucktes Wurmnest, ein gefürneister Sautrog, ein verschamerirtes Kaspel-Schaff, ein verdecktes Luder, eine ausgeweißte Schinderhütte, ein glasirter Kothhaufen, ein freundlicher Wust, ein verblümeltes Unkraut, eine gefrorne Kothlacke, ein vermäntleter Gestank, ein schönes Aas, ein annehmliches Grausen, ein adelicher Mistfink, ein nobilirter Erdschrollen, ein balsamirter Bockstall, ein holdseliger Bau-Bau, ein glatter Unflath, ein süßes Gift, ein lederner Sack, worin lauter Unlauterkeit etc., habt ihr dann Ursach, mit diesem Kothtrampel zu stolzieren? ist es dann der Mühe werth, daß man wegen dieses Aiter-Geschirr soll zum Teufel fahren? Filii hominum usqueque gravi corde!

Ich kann es mit meinem Gewissen bezeugen, daß mir eine, dermal sehr andächtige Kloster-Person erzählt, so bereits noch bei Leben, wie daß sie, als ein lustiges Welt-Kind, nichts anders habe in das Kloster gezogen, als folgende Geschicht: (hier aber wird Ort, Namen und Zeit verschwiegen, weil annoch eine große Freundschaft vorhanden) Eine sehr adeliche Dama, bei der sie in Diensten war, ist nach kurzer Krankheit [489] mit Tod abgangen, und die erste Nacht, als sie noch unbegraben gelegen, zu ihr ganz lebhaft in die Kammer getreten, mit dem ernstlichen Befehl, sie soll sie nach Gewohnheit aufputzen, und alle Furcht hindan legen, dann ihr nichts übles widerfahren werde, welchem sie ganz zitternd nachkommen; und als der prächtige Aufputz nunmehr fertig, ist der böse Feind, jedoch in falscher Schönheit eingetreten, besagte Dama umarmet, und sie lebendig in dero Angesicht in den Abgrund geführt, auch soll der Todten-Körper Morgens frühe nit mehr seyn gefunden worden, sondern die leere Todten-Truhe; nachmals jedoch mit aller Behutsamkeit zum Grab bestättiget worden, damit solche erschreckliche Begebnuß nit ruchbar werde; obbenannte Kammer-Jungfrau aber, welche in dieser traurigen Sach und Tragödie selbst eine Person agirt, ist wenig Tag hernach mit jedermanns Verwunderung in ein Kloster getreten, die Geschicht auch niemand, als ihrem vertrautesten Gewissens-Rath entdeckt. Ob nun dieß gebaut sey auf eine unfehlbare Wahrheit, will ich es dermalen lassen dahin stehen; aber gewiß ist doch, daß die Höll sehr angefüllt mit dergleichen stolzen Kreaturen.

Der Doktor, welcher sich in dieser Gesellschaft befunden, war meines Erachtens ein guter Jurisconsultus, und so viel ich von andern vernommen, ein sehr berühmter Historicus, indem er bereits etliche sinnreiche Schriften in Druck verfertiget; sobald dieser seinen Zustand mit wenigen Worten entdeckt, hab ich gleich die Krankheit getauft, und gesagt, er leide sehr an dem Ohrensausen, und habe auch gern, wann [490] man von ihm löblich rede, worauf ich dieses Recept vorgeschlagen:


Recip.

Ostrucium, sive Smyrion Hortense, auf deutsch, Meister-Wurz, ein Stückel von dieser über die Ohren gelegt, vertreibet das Sausen.


Mit dem Esau möcht ich gern geredt haben, wie er so theuer das Linsen-Muß von dem Jakob erkauft, und selbes nachmal so begierig aufgeessen, dann ich hätt ihn befragt, wie er sich auf diese Speis' befinde, zumalen die Arzneierfahrnen vorgaben, daß die Linsen von Natur den Magen und Leib aufblähen, wird also der Esau dazumal ziemlich aufgebläht seyn gewesen. Aber meiner Meinung nach blähet die Doctrin und Wissenschaft die Gemüther noch mehr auf, und heißt es meistens studeo, studui, stolz etc. Scientia inflat, spricht der h. Paulus, 1. Corinth. K. 8.

Der übermüthige Abimelech, nachdem er allerseits großen Schaden zugefügt, hat auch zu Thebes einen festen Thurm, worauf sich sehr viel Leut retiriret, wollen in Brand stecken, und als er solches gleich wollte werkstellig machen, siehe! da hat ein Weib von oben herab ihm einen großen Stein auf den Schädel geworfen: Et confregit cerebrum ejus, und hat ihm das Hirn zerbrochen. Die sieben freien Künste werden allemal wie die Weibsbilder entworfen und vorgebildet. O wie manche aus diesen hat oft einem schier das Hirn zerbrochen! viel Jahr, oft bei Tag und Nacht, siehet man, dicht man, wacht man, tracht [491] man, wie man der Natur heimlichen Wirkungen nachschleiche, und dieselben ertappe.

Was die Ursach sey, daß ein Koch von einem weizenen Mehl, da es um dieselbe Zeit, wann der Weizen auf dem Feld in der Blüthe steht, nit zusammen gestockt, sondern je länger es beim Feuer, je dünner es werde?

Was die Ursach sey, daß alles Brod im Back-Ofen sich schäle, und die Rinde von der Schmolle sich zertheile, wann man nur ein Laibel heraus zieht, und selbes neugebacken von einander schneidet?

Was die Ursach sey, daß immer gelbe Mail oder Fleck in der Hand auffahren, das Herz klopft, und gar oft das Blut aus der Nase schweiße, zur selben Zeit und Stund, da meinem Bruder 300 Meilen von hier etwas widriges begegnet?

Was die Ursach sey, daß die Beeren-Feiste in einem Büchsel zur Winterszeit, da die Beeren in der Höhlen und Wäldern zunehmen, auch wirklich wachsen und sich vermehren?

Was die Ursach sey, daß eine Kindsmutter eine reiche Spinn bekomme, die vorhero Mangel gelitten, wann sie einen Bissen Fleisch oder Brod, so eine andere milchreiche Ammel im Maul zerbissen, hinunter isset?

Was Ursach sey, daß viele von dem dreitäglichen Fieber frei und los werden, wann sie die Nägel an Händ und Füßen abschneiden, und nachmals solche an einen lebendigen Fisch oder Krebs gebunden in einen rinnenden Fluß werfen?

Was Ursach sey, daß die ungestalten Wärzen im [492] im Gesicht oder Händ vergehen, wann man dieselben mit einer Speckschwarte streicht, und solche nachmals in die Sonn gegen Mittag hängt?

Was Ursach sey, daß eine runde Kugel, so man sie ins Wasser wirst, allzeit mit demselben Theil in die Höhe schaue, mit welchem sie vorhero an dem Baum in die Höhe gestanden?

Was Ursach sey, daß ein Dukate oder anders Gold im Maul gehalten, ganz weiß werde, wann man nur eine Zehe am Fuß in ein Quecksilber oder Mercuri steckt?

Was Ursach sey, daß ein gesottener Krebs, wann man dessen Schweif in ein Glas Wein hängt, das ganze Glas aussaufe?

Was Ursach sey, daß gar oft im heißen Sommer augenblicklich die Frösch auf der Straße wachsen, wann ein warmer Regen in Staub fallt?

Was Ursach sey, daß die Belzer, so vorhero als Zweigel abwärts gebrochen worden, nur in die Dicke wachsen, so sie aber aufwärts abgenommen worden, in die Höhe nachmalens wachsen?

Was Ursach sey, daß fast allemal ein Zank unter den Gästen entstehe, wann man einen Stein, in den vorhero ein zorniger Hund gebissen, auf die Tafel legt?

Was Ursach sey, daß viel das gefährliche Seitenstechen kuriren, wann sie in ihren Trunk ein Messer hängen, wormit ein Metzger oder Fleischhacker das Vieh abgestochen?

Was Ursach sey, daß ein Kind nit geschreckt wird, wann man demselben etwas von einer Eselshaut in die Wiege legt?

[493] Was Ursach sey, daß diejenigen, so bald nit können verzaubert werden, welche aus einem Hechten-Kopf ein Gräten bei sich tragen, so wie ein Kreuz gestaltet ist?

Was Ursach sey, daß der Esel die Ohren hängt, die Schwalben auf der Erd fliegen, die Flöh sehr ungestüm beißen, wann bald ein Regenwetter einfällt?

Solche Ursachen suchen oft einige emsiger, als der Saul die Esel seines Vaters, sie suchen es mit größern Sorgen, als der Laban seine Götzen-Bilder, und wann sie nach viel Zeit und Jahren etwas ergriffen, zu was dient ihm diese Wissenschaft? zu nichts anders, als daß sie hiervon aufgebläht werden. Scientia inflat, da prangt man mit dem Titel Bacalaurei, Magistri, Candidati, Doctores etc., da müssen Flügel an das Wammes, ein Ring an Finger, ein Gestreng an Titel etc., da sitzt der Plato auf der Zung, der Aristoteles schaut zum Fenster heraus, der Diogenes hockt auf den Achseln, der Sallustius liegt im Hosensack, der Seneca steckt in Handschuhen, der Horatius sitzt bei den Füßen, und die saubere Hoffart im Herzen.

Der Prophet Ezechiel hat einmal ein wunderliches Gesicht gehabt, er hat gesehen, daß ein Buch vom Himmel kommen, und war zugleich der Befehl, er soll das Buch essen, comede volumen, und nachdem er solches genossen, ist er ein wunderlicher Mann worden, ein ansehnlicher und heiliger Prophet worden; viel sitzen ob den Büchern, schöpfen eine Wissenschaft weit tiefer, als der Brunn gewest, wo unser Herr von der Samaritaninn den Trunk begehrt, solviren [494] und lösen auf alle Quästiones und Fragen, die weit schwerer, als der Stein vor dem Grab Christi,erat quippe magnus, erdenken solche Argumenta, die weit schärfer, als der Säbel, wormit der Peter dem Malcho das Ohr gestutzt, ersinnen solche Rationes, die weit spitziger, als der Nagel, den die Jahel dem Sisarä durch den Schlaf geschlagen, bemühen sich mehrer und länger um die schöne Wissenschaft, als der Jakob um die schöne Rachel, welcher sich doch 14 Jahr hart strapaziret, und also nit eins, wie Ezechiel, sondern fressen fast alle Bücher; was folgt aber endlich? was? scientia inflat, meistens die Hoffart, da kitzlet der Titel: SS. Theol. Doctor, trutz laß ihn einer aus, wann man einem zuschreibt, da heißt es: nos legem scimus, hic est filius fabri, wir seynd aufgeraumte Köpf, dieser und dieser hat nit weit in die Bücher geschaut, da will man allzeit oben schwimmen, wie das Eisen Elisäi, und wachst man in der Wissenschaft so weit, daß man sich selbst nit mehr weiß.

Wer ist gelehrter und erlauchter gewest, als eben Origines, dessen Vater ein glorreicher Martyrer und Blutzeug Christi; dieser Origenes war zu seiner Zeit in dem 18. Jahr schon ein Lehrer aller Lehrer benamset, dieser Origenes war so heilig und vollkommen, daß ihm mehrmal der Heiland Jesus selbst erschienen; dieser Origenes war so gelehrt, daß er 6000 Bücher zusammen geschrieben, wie es Epiphanius bezeuget. Aber lies' weiter, dieser, dieser Origenes hat wegen seiner Scienz und Wissenschaft sich übernommen, hat das Sausen in Ohren gelitten, und gern [495] gehört, daß man allerseits von ihm redet, daß er endlich aus Hoffart alle anderen Lehrer minder gehalten, als sich, sogar wider die Glaubens-Artikel der römischen Kirche sich aufgelehnt, und als ein Ketzer von derselben gehalten worden, daß man also vermuthen kann, er sey wegen solcher Hoffart zum Teufel gefahren, ob zwar einige seyn, die vorgeben, als habe er seinen so harten Fall bereuet.

Tertulianus, ein Glanz, eine Schanz, ein Kranz der katholischen Kirche; Tertulianus, ein Bekehrer, ein Lehrer, ein Vermehrer des christlichen Glaubens; Tertulianus, ein Dämpfer, ein Kämpfer wider alle Irrthümer; Tertulianus war einer solchen Wissenschaft, daß ihn der h. Hieronymus über alle gepriesen, und gleichwohl dieser Tertulianus hat das Sausen in Ohren bekommen, indem die ganze Welt so lobwürdig von seiner Doctrin geredt, sich dessen übernommen, und aus Hoffart, weil ihm ein anderer in dem Papstthum vorgezogen worden, wider die Kirche Gottes angefangen zu streiten, und hat dieses ausgeloschene Licht also gestunken, daß man es in der ganzen Welt gerochen.

Simon de Tornaro, eine Fackel und Mirakel der theologischen Wissenschaft zu Paris, war in solchem Ruhm und Preis, daß man seine Lehr als eine ziemliche Portion von einer himmlischen Scienz gehalten, ist aber endlich von der Hoffart also angeblasen worden, daß er freventlich sich verlauten lassen, er hab des armen Jesuli seinem Gesatz nit wenig Schutz gehalten, und wann er wollt, so konnt er gar leicht mit so starken Beweisungen das völlige Gesatz Christi umstoßen.

[496] O wie viel tausend und tausend sitzen in der Höll, verweilen in der Höll auf ewig, die alle wegen ihrer Wissenschaft in Hoffart, und folgsam in das Verderben gerathen, wie viel besser wäre es ihnen gewest, wann sie anstatt der oft unnöthigen, spitzfindigen Doctrin hätten mit einem Pachomio Körb geflochten in der Wüste, wie viel steigen mit der frommen Einfalt auf der Leiter Jakob in Himmel, da unterdessen die bescheidensten Köpf von Gott verworfen werden, wie es jene erschreckliche Geschicht zu Neapel sattsam bezeugt, allwo viel hochgestudirte und hochgelehrte Religiosen verdammt worden wegen der Hoffart.

Zur Zeit Urbani des Fünften, römischen Papstes, um das Jahr Christi 1350 hat ein einfältiger Tropf gelebt, mit Namen Alaun, der zwar als ein junger Knab in die Schul geschickt worden, aber ganz und gar nichts fassen konnte, als die zwei Wort allein: Ave Maria; dahero wohl kein Doktor aus ihm worden, sondern ein gemeiner Bettler, der von Haus zu Haus das Brod gesammlet, und brauchete er keine solche Wohlredenheit, wie andere Bettler, sondern sein ganzes Reden, weil er gar zu plump und untüchtig, ist gewest das öftere Wiederholen des Ave Maria, das gratia plena war ihm allzuschwer; männiglich hielt ihn für einen albern Menschen und angebrennten Einfalt; aber der Einfältige gefallt oft der gähen Zweifaltigkeit mehr, als ein Hochgelehrter und Witziger; wie dieser Alaun mit Tod abgangen, und ihn die benachbarten Bauern bei dem Brunn begraben, allwo erstgedachter armer Schlucker seine Wohnung hatte, ist aus dem Grab eine schneeweiße Lilie heraus gewachsen, [497] auf dessen Blättern mit guldenen Buchstaben geschrieben waren diese Wort: Ave Maria, woraus leicht abzunehmen war, in was Glorie und Seligkeit diese fromme Einfalt bei Gott stehe, da unterdessen ein Anaxagoras, Pythagoras, ein Anthistenes, Sokrates, ein Chrysippus, Lysippus, ein Anaxarchus, Plutarchus, ein Focion, Xenophon, lauter Oracula der Wissenschaft in der Höll braten. O wie viel hochgelehrte Männer, weltberühmte Doktores, ansehnliche Magistri, treffliche Prediger wünschen annoch in jener Welt, daß sie lieber hätten in der Kuchel die Schüßlen gewaschen, im Klostergarten die Erd umgraben, im Chor psaliret, und andächtig betracht, als daß sie zu Kanzlen erhoben, in Dignitäten gesetzt worden, worin sie die Hoffart übervortlet.

Das Weibl im Evangelio hat den Groschen verloren, wessenthalben sie ein Licht angezündt, und das ganze Haus durchsucht, oben gesucht, unten gesucht, in der Mitte gesucht, auf der Seite gesucht, vorn gesucht, hinten gesucht, in der Stube gesucht, in der Kammer gesucht, in der Kuchel gesucht, im Keller gesucht, unterm Dach gesucht, um und um gesucht, und nachdem sie ihn nach viel angewendter Arbeit gefunden, da ist nichts anders heraus kommen, als dascongratulamini mihi, etc. Deßgleichen seynd nit wenig Prediger, welche viel Jahr durchsuchen, durchblättern, durchgrüblen, durchlaufen, durchlesen, ein Aloysium Abrizium, ein Ludovicum de Tamaso; ein Reginaldum Scambati, ein Franciscum Panigarola, ein Aloysium Juglarem, ein Cornelium Mussum, ein Paulum Olivam, ein Augustinum Mascardum etc., und [498] viel hundert andere Bücher, damit sie subtile Concept, scheinbare Raritäten, sinnreiche Lehrstuck, aufputzte Gedicht auf die Bahn oder Kanzel bringen, und nachmals zu einem vergelts Gott nichts anders haben, als das congratulamini mihi, eine eitle Ehr, ein schallendes Geschrei, ein begieriges Lob, ein gemeines Glück wünschen etc. O wie weit höher wird solche in der Glorie übersteigen (wann sie doch noch dahin gelangen, welches sehr zweifelhaft) ein frommer und demüthiger Einfalt, ein gottseliger Simplicianus. Raderus erzählt von einem, der so einfältig war, daß er nichts anders beten konnte, als diese ungereimten Wort: Miserere tui Deus, »Gott erbarm dich deiner,« und ist doch dadurch zu solcher Heiligkeit gelangt, daß er mit trucknen Füßen über das Wasser gangen. Ein anderer war, der im Brauch hatte, nichts anders zu beten, als das ABC, nach Vollendung desselben sagte er, o mein Gott, ich weiß, daß alle Gebet im ABC begriffen seynd, jetzt klaub dir aus, was dir wohlgefällig. Viel dergleichen stehen bei dem Allerhöchsten in größern Gnaden, als ihr Clarissimi, Excellentissimi, Ingeniosissimi, Doctissimi, Eximii Domini, Domini etc., die ihr gar oft mehr nach dem Lob schnappt, als ein Hungeriger nach dem Laib, und thut euch die Ohren nichts mehrers kitzlen, als hohe, herrliche Titel, dahero titulare und titillare fast gleich seyn: um Gottes willen, braucht dieß mein vorgeschlagenes Mittel im Recept, nemlich dieMeisterwurze, damit der so gefährliche Zustand gewendt werde; unter diesem Namen verstehe ich unsern lieben Heiland selbsten, der mehrmal [499] bei und von dem Evangelisten genennt wird Magister, einMeister, dieser, o Demuth über alle Demuth! dieser kurz vor seinem Tod hat sich vor den Apostlen niedergeworfen, und ihnen die kothigen Füß gewaschen, diejenigen Händ, welche Himmel und Erd erschaffen, die erniedrigen sich anjetzo zu den Füßen der Menschen, auch sogar zu den Füßen des verrätherischen Judä! nach solchem Werk der tiefesien Demuth wendet sich der Herr zu den Aposteln, und sprach: Vos vocatis me Magister et bene dicitis; sum etenim, etc. Ihr nennet mich Magister, gar recht, dann ich bin einer: der gebenedeite Heiland Jesus ist ein Magister, ja, und wir seynd seine Discipel, die Lektion, so er uns aufgibt, bestehet nur in 36 Buchstaben, nur in 7 Wörtern, benanntlich: Discite a me, quia mitis sum et humilis corde, die Demuth ist über alle Scienz und Wissenschaften, ihr möcht können, was Suarecius und Vasquccius, diese vornehmen Theologi, ihr möcht können, was Cato und Plato, diese vornehmen Philosophi, ihr möcht können, was Bartholus und Baldus, diese vornehmen Juristen, wann ihr aber besagte Lektion nit könnt, so seyd ihr ungelernige Eselsköpf in der Schul dieses Magisters.

Weil nun der Tag sich gegen den spaten Abend neigte, und der Weg nit gar nahet in die Herberg, also hab ich mich von dem Herrn Albanio schön beurlaubet, und ganz allein nach Haus geeilet, allwo einer schon über zwei Stund meiner gewart, dieser hatte eine so lange Nase, daß er, wie er zu der Stuben-Thür hinein getreten, die Nase schon zum andern Fenster hinaus gelangt, er bat mich hintersich und [500] fürsich, auch neben großen Offerten, ich wollt doch auf Mittel gedenken, damit er dieser Nase los werde; das war eine N – A – S – E!

Ich entschuldigte mich alsobald, daß ich kein Chirurgus noch Wundarzt sey, und gedachte bei mir, was key ich mich um deine Nase; forderist hatt ich schon Nachricht hiervon, daß ihm, dem stolzen und hoffärtigen Narrn, Gott der Herr selbsten diese Nase gemacht, wie er dann mit allen deßgleichen Gelichters nit anders umgehet.

In dem Land Sennar, dazumal hätt es können heißen, seynd Narrn, waren die Nachkömmling des gerechten Alt-Vaters Noe zusammen kommen, und einer dem andern zugesprochen: Bruder weißt was, helfen wir einhellig zusammen, und laßt uns einen Thurm bauen so hoch, bis in Himmel hinauf, eine hübsche Höhe, wer wird aus euch oben den Knopf aufsetzen? wohlan ihr lieben Kammeraden; lege ein jeder die Händ an, viel Händ machen bald ein End, wir werden uns einen ewigen Namen hierdurch machen, celebremus nomen nostrum, die Leut werden tausend Jahr nach uns sagen, das seynd Kerl gewest. Ein jeder ließ sich zu solchem Werk anfrischen, weil die Arbeit mit Preis-Geld, Lob-Batzen und Glori-Groschen soll bezahlt werden, graben demnach ein Fundament, legen eine Grundfest, bauen aus der Erd, erheben die Gemäuer, fahren in die Höhe, und zwar so hoch, daß man nach Aussag des h. Hieronymi, fast zwei Stund hinauf zu steigen hatte, wie nun der Allmächtige Gott gesehen, daß diese Gesellen gar zu hoch wollen, da hat er sie alle zu Schanden gemacht, indem [501] er dero Sprachen verkehrt, in einem Augenblick hat ein jeder eine andere Sprach geredt, einer Griechisch, der andere Lateinisch, der dritte Hebräisch, der vierte Böhmisch, der fünfte Crabatisch, der sechste Crainerisch, möcht gern wissen, welcher aus ihnen Deutsch geredt etc., welche Sprach-Vermischung sie an aller Arbeit verhindert, denn so einer Kalch begehrt, brachte ihnen der andere Ziegel, wann einer um Stein geschrien, hat ihm der andere Malter zugereicht, es schaute ein Narr den andern an, und haben gar leicht erkennt, daß wegen ihres Hochmuths von Gott diese lange Nase komme.

Kaiser Friederich sollte in ein Kloster auf eine Zeit, aus zweien einen Abt zu erwählen, und war einer aus diesen, welcher solche Hohheit suchte durch Spendiren, wie dann Munia und Munera leicht gefangen werden, und also oft besser das Schmieren, als Peroriren: Indem nun der gute Kaiser im Zweifel stund, wen er zu der vacirenden Dignität soll erheben, gab ihm ein vornehmer Minister unterthänigst den Rath und Einschlag, weil diese Mönch, vermög ihrer Regel und Satzungen, ein jeder muß eine Nadel bei sich tragen, zum Zeichen der evangelischen Armuth, damit er ihm die Kleider selber flicke, also sollen Ihre Majestät fragen den ersten Prätendanten, ob er eine Nadel bei sich habe, woraus man erkennen kann, ob er seiner Regel gemäß lebe. Wie nun beede auf bestimmte Zeit bei dem Kaiser erschienen, und der Ehrsüchtige ihm nichts anders eingebildet, als Abt zu werden, und weil sein Competent ein einfältiger Mensch und gemeiner Chor-E-sel, und da der Kaiser gefragt, als woll er einen eingezogenen Schiefer aus dem Finger ziehen,[502] haben Ihr Ehrwürden keine Nadel bei sich? O nein, sagte er, Ihre Majestät, aber mein Gespann wird wohl eine bei sich tragen (du hasts wohl getroffen, acu tetigisti) und als der einfältige und demüthige Mann mit seinem Nadel-Büchsel heraus gewischt, ist er als ein hochwürdiger Abt nach Haus gewischt, der andere Stolze aber mit Schand und Spott gestanden, das war eine lange Nase!

Der allmächtige Gott hat nun gänzlich beschlossen, aus den Kindern Isai einen König über Israel zu stellen, zu solchem End, aus Befehl des Allerhöchsten, geht der Prophet Samuel zu erstgemeldtem Isai, der gar ein gemeiner, aber redlicher Mann war zu Bethlehem, und schafft ihm, er soll alle seine Söhne lassen erscheinen, einer muß König daraus werden, wie dann solche alsobald sich eingefunden, der Eliab, der Abinedab, der Samma und noch andere sieben, es muß noch einer abgehen, sagt Samuel, ich werde ja können eilfe zählen, adhuc reliquus est parvulus, ja Herr, ein kleiner Bub ist noch daraus, und hüt die Schaaf' auf dem Feld, daß man auch diesen laß holen, sagt Samuel, wie auch dieser erschienen, gedacht ihm der ältere, mit Namen Eliab, es wirds doch keiner, als ich, ich bin ein braver Kerl, und ist wahr, dieser Eliab war ein halber Riß, die anderen Brüder konnten ihm untern Füßen durchschliefen, wessenthalben er nicht wenig hoffärtig, und kann wohl seyn, daß er einem oder dem andern aus seinen Brüdern gesagt hat in der Still, Bruder, es wirds doch keiner als ich, du wirst viel bei mir gelten, ich will dich wohl nit also in Bauern-Arbeit strapiziren, wie der Vater, als [503] er dann vermeint, jetzt, jetzt werde der Samuel ihn herfür rufen und ihm die Kron darbieten, so hat aber Gott den allergeringsten, nemlich den David erwählt, und folgsam der große Limmel Eliab blutroth da gestanden, das war eine lange Nase! Das geschieht noch auf heutigen Tag in unterschiedlichen Wahlen, forderist bei den Geistlichen, allwo gar oft derjenige zur Hohheit erwählt wird, von dem die wenigste Meinung, und derselbige das Kürzere zieht, der aus Ehrsucht das Gloria in excelsis wollte singen.

In einer gar bekannten Stadt, die ich unterdessen Veripolis oder Wahrburg nennen will, hat sich ein Student befunden, welcher ein unerhört stolzer Stultus, ich getraue es mir nit deutsch zu sagen, dieser in seiner großen Armuth und Bedürftigkeit hat das Geld, was ihm seine armen Eltern zur geringen Unterhalt beigeschafft, zur Hoffart und Kleider-Pracht angewendt, unterdessen aber bei den P.P. Kapuzinern auf dem Berg die Suppe abgeholt. Wie er auf eine Zeit mit diesem Kuchel-Proviant und Suppen-Häferl unter dem saubern Mantel herab gestiegen, ist ihm auf der nächst entlegenen Brucken eine bekannte Jungfrau begegnet, die er nach Gebrauch sehr höstich salutiret und eine kleine Weil in gar freundlicher Ansprach beieinander gestanden; wohl recht liest man das WortLöffel hintersich und fürsich Leffel, dann ja das löfflen auf allen Seiten; die Jungfrau, vom angebornen Vorwitz angespornt, fragt doch, was er unter dem Mantel trage? er antwortet, es sey seine Laute, auf welcher er zur Zeit-Vertreibung in der Höhe des Berges gespielt habe, und zieht hierauf den Mantel noch besser [504] zu sich, das curiose Flügel wollt kurzum die Laute sehen, der stolze Monsieur ruckte immerzu mit dem Häferl unter den Arm, bis er endlich dasselbe wegen Feiste und Schmutz hat auf die Erd fallen lassen, daß also die Knödel und Brocken, diese Lauten-Trümmer auf der Brucken herum kugelt, und eingan zes Duell dessenthalben unter den Hunden entstanden, der stolze Studenten-Knecht aber, ungezweifelt durch sondere göttliche Schickung, der noch allemal durch den Psalmisten sagt, confundantur superbi, ist zu größten Schanden worden, und also gestanden mit der langen Nase.

Von der Frau Sunamitis kommt Nachricht ein bei dem Elisäo, diesem großen Mann Gottes, wie daß ihr einiger Sohn sey mit Tod abgangen, welches dem guten Propheten sehr zu Herzen gangen, und damit er sich dankbar einstelle um alle empfangenen Gutthaten, gebiet er also seinem Discipul Jezi, er soll seinen eigenen Stab nehmen, sich ganz schleunig zu gedachter seiner Kost-Frau begeben, unb daselbst den todten Jüngling zum Leben erwecken, der Jezi macht sich auf den Weg, die bekannten Leut, so ihm begegnet, fragten ihn, wohin? buon giorno Padre santo, wohin so eilends? ihr müßt gewiß ein wichtiges Geschäft haben, daß ihr euer Einsiedler-Hütten verlaßt, und über Land reis't? was dann, sagt Jezi, meine Verrichtung ist nit schlecht, ich muß einen Todten auferwecken, einen Todten? ja freilich, den und da, da und den, Auweh! sagten die Leut, das ist ein Mann, der verdient ein unsterbliches Lob, wir Nachbauern sollen ihm die Händ unterlegen, seines gleichen hat die Welt dermalen nit, das hat dem Eremiten Jezi in seiner rauhen Kutten so [505] wohlgefallen (pfui! ein Religios in rauher Kutte und baarfuß soll noch darzu hoffärtig seyn?) daß er ihm nit ein wenig eingebildet; wie er nun zu der todten Leich kommen und den Knaben mit dem Wunderstab oben und unten Kreuzweiß angerührt, so hat sich halt der Todte nit wollen rühren, und da ist der stolze Pfaff zu Schanden worden, und mit einer großmächtigen Nase gestanden.

Es ist ein Doctor gewest, welcher bei jedermann wollte hoch angesehen seyn, und war bei ihm eine jede Parola ein Prahlen, da doch sein Hirn und Verstand erleucht gewesen, wie der fünf thörrichten Jungfrauen ihre Amplen, in seinem Zimmer auf allen Stellen stunden große, kleine, dicke, dünne, alte, neue, gute, schlechte, hohe, niedere, schwarze, weiße, gelbe, grüne, offene, geschlossene, lateinische und deutsche Bücher, und scheinte fast seine Wohnung zu seyn ein Tummel-Platz des Justiniani, und damit er ihm bei den Leuten noch einen größern Namen machte, hat er ober der Thür eine große Stell aufgericht, und darauf lauter Mauer-Ziegl nacheinander gestellt, dieselbe in Papier eingewicklet und aussenher darauf geschrieben, Acta deren und des, daß man also darfür gehalten, er habe sehr große Proceß zu führen, aber wie ihn auf eine Zeit eine ziemliche Gesellschaft heimgesucht, worbei er mehrmalen nur das eigene Lob hervorgestrichen, hat jemand die Stuben-Thür so starck zugeschlagen, daß ein solcher steinener Proceß von der Stell herunter gefallen und einem aus den Anwesenden ein großes Loch in Kopf gemacht, da hat einer mit lachendem Maul dem stolzen Doctor gesagt, er habe freilich schwere Proceß, die [506] einem so gar den Kopf zerbrechen, ist also dieser große Federhans und Prahler gestanden mit einer langen Nase.

Agar, ein Dienst-Mensch bei dem großen Patriarchen Abraham, so bald sie groß Leibs worden, hat sie sich übernommen, ihre eigene Frau die Sara veracht, pfui, sagt sie etwann zu der Sara, was ist die Frau nutz, solche Weiber gehören auf den Täntelmarkt, die keine Waar haben in die Wiegen zu legen, ein Weib ohne Kind, ist wie ein Blasbalg ohne Wind, es wäre dem Abraham nützlicher gewest, wann er die nächste beste Sau-Dirn hätte geheirath, wäre doch solches Sauzimmer auch ein Frauzimmer worden, so sie nur hätte Erben tragen, mein Herr hat Ursach, euch hinfüran nicht mehr als eine Magd zu halten, da wäre ich wohl eine große Närinn, daß ich euch sollt aufwarten, es ist immer schad, daß ein solcher unfruchtbarer Baum, wie ihr Sara seyd, soll in einem so schönen Garten stehen, meine Sara, gebt lieber eine Bet-Schwester ab, weil ihr doch keine Bett-Schwester könnt seyn etc., despexit Dominam suam etc., das war eine stolze egyptische Krot! Es stehet eine kleine Zeit an, Gott hat es also verhängt, daß Agar, welche vermeint eine große Frau zu werden, hat müssen mit einem Binkel untern Armen, mit einem gestumpften Kütterl am Leib, dem bösen Buben Ismael an der Hand zum Haus hinaus wandern, vor der Thür ist draussen, gehe mir aus dem Gesicht, fort mit der Höppin, nur geschwind, sonst wird man dir die Stiegen weisen, muß seyn, so seys halt, die Frau Sara schlagt nach ihr die Thür zu, da ist die stolze Agar (ein andersmal übernimm dich mehr) gestanden mit einer großen Nase.

[507] Nicolaus Causinus erzählt, daß in einer volkreichen Procession sey auch unter andern eine sehr stolze Frau gangen, welche ihr eingebildt, der Apelles könnte mit aller seiner Maler-Kunst ihre schöne Gestalt nit entwerfen, sie hatte den Kopf so zierlich aufgeputzt, daß alle Haar, die zwar nur falsch, weil ihr wegen einer Krankheit die rechten ausgefallen, nach der Kraus-Regel gericht, die Scheidel war so schön gestellt, daß diese Lausstrassen, wie ein lateinisches Ypsilon hat hergesehen, in Summa, sie glaubte, St. Nicola könne keine schönere Docken einlegen, wie sie ist, da sie nun also mit falschen Federn daher gerauscht, ist ungefähr, oder besser geredt, durch Gottes Willen, ein Aff aus einem Kaufmanns-Gewölb heraus gesprungen, den geraden Weg ihr auf die Achsel und dero Haarlocken, Bändel, Hauben, Zierräthen, Geschmuck, und allen Pracht also vom Kopf gezogen, daß sie mit ihrem calvinischen Grind, wie ein geputzter Kalbskopf vor männiglich zu Schanden worden, und auf öffentlicher Gassen gestanden mit der großen Nase.

Simon Magus ein Haupt-Hexenmeister und Zauberer hat Wunder-Sachen zeigt bei seiner Zeit, er hat gemacht, daß die steinernen und hölzernen Bilder daher gangen wie die lebendigen Menschen, er hat sich mitten in Feuer und Flammen gesetzt, und ihm doch nit ein Haar verletzt worden, er hat aus Kieselsteinern das beste Brod, die schönste Semmel gemacht, er hat sich in unterschiedliche Thier verwandelt, er hat bisweilen hinten- und vornher ein Gesicht gehabt, zu Zeiten hat er sich in lauters Gold verkehrt, er hat gemacht, daß in Häusern alle Geschirr sich selbst bewegt und die Kandel im [508] Keller, das Schaf zum Brunn, die Teller auf den Tisch gangen, er hat gemacht, daß vor seiner vielerlei, allerlei Schatten gangen, die er für Seelen der Abgestorbenen ausgeben, er hat gemacht, daß Selenna, ein gemeiner Schleppsack, in dem Thurm, worin sie verhaft gelegen, aus den Fenstern auf einmal zugleich heraus geschaut, und sich dem Volk um und um gezeiget, er hat aus der Luft einen neuen Menschen erschaffen, viel andere Wunder hat er durch seine Teufels-Kunst erwiesen, neben andern hat er wollen fliegen, und wie er mitten im Flug war, in Beiseyn einer großen Menge Volks, hat Gott dem Satan den Gewalt genommen, worauf der saubere Simanl mit Schand und Spott herunter platzt, und die Füß gebrochen, da ist er gelegen mit einer langenNase.

In Prato Fiorito wird erzählt von einem Abt, welcher einen kleinen Knaben bei sich hatte, denselbigen aber sehr scharf hielte, theils wegen etlicher kleinen Verbrechen, nachmals auch, damit der Knab in Tugenden und Furcht Gottes möcht auferzogen werden; weil aber einem andern Religiosen in selbem Kloster das Maul gestunken nach der Abtey, hat solcher aus Ehrsucht dahin getracht, wie er möchte den Abt aus dem Weg räumen, zu diesem End gab er besagtem Knaben ein Gift-Pulver in aller Geheim, mit dem Rath und Schlag, er solle dieß in der Still seinem Abt zu Morgens auf die Suppen strähen, er werde bald erfahren, daß sein Herz besser und frömmer werde, dann solches Pulver habe diese Kraft und Wirkung; der Knab folget dem boshaften Rath, jedoch hat er die Hälfte des Pulvers ihm vorbehalten, zu dem Ende, dafern sein [509] Herr über eine lange Zeit möcht wiederum bös werden, daß er solches Mittel geschwind bei Händen hätte. Nachdem nun der Mönch durch erwähntes Gift zur Abtey gelangt, und den Knaben sehr werth und lieb gehabt; weil aber Gottes gemeiner Brauch ist, alle Stolzen zu stürzen, und ihnen einen langen Schmecker anzuheften, also ist es auch hier nit anderst geschehen, dann etlich Tag nach angetrettener Abtey, gedacht der Knab, daß er zwar dermalen einen lieben und frommen Herrn habe, allein seye doch eine Furcht, er möcht mit der Zeit auch bös werden, Holla! sagte der Knab bei sich selbst in kindlicher Einfalt, ich will dißfalls vorkommen und den andern Theil des Pulvers ihm geben, alsdann bin ich versichert, daß er alleweil werde fromm und gütig bleiben, welches er dann in solcher Geheim werckstellig gemacht hat, wordurch der ehrsüchtige und stolze Gesell auch auf gleiche Weis', wie er mit seinem Vorfahrer umgangen, sein gottloses Leben geendet, und also gestorben mit einer langmächtigen Nase.

Die Hebräer haben einmal eine Ehebrecherinn zu unserm Herrn in Tempel geführt, dieselbige ernstlich angeklagt, wie daß sie laut vieler Zeugen Aussag in flagranti, aber nit in fragranti, sey ertappt worden, weil nun ihnen, vermög des Mosaischen Gesetz, obliege, dergleichen Uebertretor gebührmässig zu züchtigen, und zwar lebendig versteinigen, was er dann darzu sage? wir seynd ehrliche Leut, und haben noch von unsern Vor-Eltern her die anverwandte Tugend-Lieb, dergleichen Lasterl und Schleppsäck können wir nit gedulden, er soll doch auch seine Meinung beitragen, ob man die Fettel soll versteinigen? wie unser Herr vermerkt, daß diese [510] stolzen Vögel vermeint, sie seyn besser und gerechter als andere, sodann hat er das andertemal auf die Erd geschrieben, worvon die hochmüthigen Pharisäer und Schriftgelehrten blutroth worden, und mit einer langen Nase gestanden, weil unser Herr alle dero geheimen Laster und Schelm-Stückel auf die Erde protocollirt.

Indem ich nun die Kur rund abgeschlagen wegen solcher langen Nase, weil ich darfür gehalten, ich möcht doch kein Lob darvon tragen, zumalen es meine Profession nit war, er aber noch inständiger angehalten, und fast mit weinenden Augen gebeten, so sagte ich, der Sach sey leicht zu helfen, nur untersich übersich, das Wort empfand sehr hoch der Nasutus, und glaubte, ich wollt ihn foppen, dann er war der Meinung, als soll er die Nasen umkehren, welches sehr gefährlich, dafern einer unter einem Schwalben-Nest schlafen sollt, wie Tobias, sondern ich wollt hierdurch zu verstehen geben, daß er sollte wohl und vielmal zu Gemüth führen, daß Gott fast jederzeit pflegte das untersich übersich kehren, verstehe die Demüthigen, so untersich seyn, übersich helfen.

Nachdem sich der Patriarch Abraham also gedemüthiget, daß er vor dem Angesicht Gottes bekennt hat, er sey nichts, als pulvis et cinis, Staub und Aschen, solcher Aschen hat nachmals eine so gute Lauge gemacht, daß er fünf König ziemlich den Kopf gewaschen und sie überwunden, das heißt untersich übersich.

Nachdem Moses freimüthig sich also erniedriget, daß er von sich selbsten ausgeben, tardioris linguae ego sum, er habe gar eine harte Zunge, und könne vor großen He-He-Herren nit recht re-re-reden, da [511] hat ihn Gott nit allein zu einem Haupt der Israeliter, sondern so gar zu einem Vice-Gott des Pharaonis gestellt. Das heißt untersich übersich.

Der Gedeon hat in einem so niedern Stand gelebt, daß er so gar das Treid in der Scheuer selbst ausgedroschen, nachgehends aber hat ihn Gott zu einem Erlöser des ganzen Israel gemacht, der da die Sach wider die Ephraiter stattlich mit dem Degen ausgedroschen. Das heißt ja untersich übersich.

Wie der Saul aus demüthigem Gehorsam seines Vaters Eslin gesucht, da ist er von dem Esel aufs Roß gesessen, und den Eselstupfer mit dem Scepter vertauscht, da ist er von langen Ohren zu langen Ehren kommen. Das heißt ja untersich übersich.

Der David war halt ein rothkopfetes Hirten-Bübel, das war die ganze Charge, weil er aber Demuth halber nichts auf sich gehalten, ist er von Schafen zum Schaffen kommen, und König in Israel worden. Das heißt ja untersich übersich.

Die Esther war ein armes Juden-Mädel, von einem unbekannten Herkommen, indem sie aber sich wegen dero edlen Gestalt nichts übernommen, da sonst selten Schön und Schein beieinander seynd, also ist sie vom niedern Ton zum höchsten Thron gestiegen, und eine gekrönte Königinn worden. Das heißt ja untersich übersich.

Weilen sich Petrus in dem Schiffel freiwillig vor einen Sünder erkennt, und daß er nicht werth sey der Gegenwart Christi, also hat er mit seinem gehe von mir, das komm herzu der höchsten Ehren erhalten, und für die Schnallen seiner schlechten [512] Fischer-Hütte die Schlüssel des Himmels eingenommen.

Als Paulus ein Paulaner worden, und in den Orden der Minimorum eingetreten, sich also Mininum Apostolorum erklärt, so hat ihm Gott die ganze Welt für eine Diözes geschenkt. Das heißt ja untersich übersich.

Indem Johannes Baptista sich aller hohen Prädikaten geweigert, mit denen ihn die Pharisäer komplementirten, ja sogar sich unwürdig erkennt, die Schuhriemen des Herrn aufzulösen, also hat ihn Gott mehr hervor gestrichen, als alle Menschen, non surrexit Major, und seynd die Händ, welche sich zu den Schuhriemen erniedriget, in dem Fluß Jordan gar über das Haupt Christi erhebt worden. Das heißt ja untersich übersich.

Weil die übergebenedeite Jungfrau Maria sich eine Dienerinn und Magd des Herrn genennt, also ist sie wegen solcher Erniedrigung dergestalten hoch worden, daß sie alle Chör der Engel übersteigt, und wegen der drei Wort: Ecce Ancilla Domini, ist sie würdig worden, das ewige göttliche Wort einzufleischen. Das heißt ja untersich übersich.

Alexander Philosophus ist aus Demuth gar ein Kohlenbrenner worden, damit er nur von der Welt nit geehrt werde; Gott hat aber dieses Kohlenbrenners Demuth mit der Kreide also aufgezeichnet, daß nachmals dieser Kohlenbrenner ein Bischof worden, der sich gewaschen hat. Das heißt ja untersich übersich.

Der h. Gregorius Magnus hat sich gar in ein [513] Faß lassen einschlagen, und auf den nächst entlegenen Berg tragen, damit er nur zum höchsten Papstthum nit gezogen werde, es hat ihn aber Gott durch eine feurige Saul verrathen, hat also müssen aus diesem hölzernen Futteral heraus schliefen, und gleich in den allerwürdigisten Purpur einschliefen, der erst in dem Faß gesteckt, per vas ein Papst worden, das heißt ja untersich übersich.

Hilarius, piktaviensischer Bischof, wie er in das Concilium zu Selencia kommen, und daselbsten unter denen versammelten Vätern keinen Sitz mehr gefunden, hat er sich auf die Erd niedergesetzt, aber Gott hat bald seine Demuth erhöhet, indem die Erd unter seiner sich in Gestalt eines Thrones oder Sitzes aufgebäumt, und mit samt dem Bischof erhebt, daß er also höher, als alle andern gesessen. Das heißt ja unter sich übersich.

Carolus Boromäus, ein vornehmer Kardinal und Erzbischof, hat sich also gedemüthiget, daß er mehrmalen auf der Reis' seine Diener überhebt, und anstatt derselben den Ranzen getragen, auch war seine Freud, mit Bettlern und armen Leuten umzugehen; nach dem seligen Hinscheiden ist er also von Gott erhebt worden, daß allein in seiner Canonisation und solenner Heiligsprechung über die hundert und fünfzig Million Ablaßpfenning mit seiner Bildnuß durch die ganze Welt ausgetheilt worden. Das heißt untersich übersich.

Franciscus von Assis, dieser heilige Patriarch hat sich dergestalten erniedriget, daß er sich den größten Sünder genennt, mehrmalen einen Strick an Hals gehängt, als eine Malefiz-Person, in einem [514] schlechten Sack, wie der elendeste Bettler daher gangen, nach seinem Tod hat ihn Gott also erhoben, daß sein seraphischer Orden durch die ganze Welt ausgebreitet worden, ja in der ganzen Christenheit nit eine Stadt, nit ein Dorf, ja wenig Häuser, worin einer nit den Namen Francisci tragt. Das heißt untersich übersich.

Wer also wohl erwägt dieses untersich, übersich, der wird das placebo Domino in einem niedern Baß singen, der wird das de Profundis in allen Orten intoniren, der wird dem Teufel folgen in jenem Rathschlag, mitte te deorsum, laß dich hinunter, der wird mit Magdalena bei den Füßen sitzen, der wird mit der Samaritaninn aus dem tiefen Brunn schöpfen, der wird sich mit der Rebekka auch über die Kameel erbarmen, der wird auf dem Hochzeit-Mahl das letzte Ort nehmen, damit er das ascende superius erwarte, der wird Jesu Christo unserm Heiland nachfolgen, der von der Krippe an, bis auf den bittern Kreuz-Stamm die Demuth, Demuth, Demuth gesucht, die Demuth, Demuth gelehrt, die Demuth, Demuth, Demuth gezeigt, sogar sich wie ein Erdwurm treten lassen, humiliavit se usque ad mortem, propter quod et Deus exaltavit illum, derenthalben er also erhebt worden, daß er bereits sitzet zu der rechten Hand des himmlischen Vaters.

[515][516]

Vierter Band

Unser Herr und Heiland prophezeit vom Juda Iscarioth
[5]Unser Herr und Heiland prophezeit vom Juda Iscarioth, daß er bald werde ein öffentlicher Schelm werden.

Nachdem der allerdemüthigste Jesus den Apostlen allen die Füß gewaschen, hat er sich wiederum mit erstgedachten lieben Nachfolgern zu Tisch gesetzt, allwo sie die übrigen Speisen und aufgetragenen Richten verzehrt, zumalen das gebratene Oster-Lämmel nit alle konnte sättigen, unter währendem diesen Abendmahl aber hat sich der Heiland lassen ganz merksam verlauten, wie daß einer in diesem Collegio sey, der ihn werde verrathen: Amen dico vobis, quia unus vestrum me traditurus est: »Wahrlich sag ich euch, einer unter euch wird mich verrathen.« Ob schon der gebenedeite Heiland nit klar hat ausgesprochen, bei wem er werde verrathen werden, so konnten doch die hierüber bestürzten Apostel leicht vermuthen, daß niemand anderer werde seyn, als die Hohenpriester, weil solche des Herrn öffentliche Feind waren, und ihm aller Orten nachstellten; es hat aber der sanftmüthige Jesus des Verräthers [5] Namen derenthalben nit entdeckt, damit dem Iscarioth nicht etwas Böses sollte widerfahren; dann wohl zu glauben, dafern die Apostel in Erfahrenheit hätten gebracht, daß Judas dieser Schelm werde seyn, daß sie ihn hätten lebendig zerrissen:Fortassis eum discerpsissent Apostoli, und so schon die andern Apostel hierinfalls glimpflicher wären umgangen, und etwann den Judam mit ernstlichen Worten abgemahnt, so hätt sich doch der Petrus, der dazumal gar eifrig war (den Malchum um Bericht) nit enthalten können, daß er ihn nit zwischen die Ohren gehaut, ja gar den Rest geben, wie darvor halt der englische Lehrer Thomas; dazumal hat der göttliche Messias sattsam an Tag geben, daß ihm alle künftigen Begebenheiten bekannt und offenbar seynd, und nit dem Menschen, außer seinen göttlichen Offenbarungen; dahero die Wahrsager, Planetensteller, Zigeuner und dergleichen Lumpengesind in allweg zu verwerfen seynd.

Die Wissenschaft künftiger Ding ist allein in dem allwissenden Gott, dem nichts verborgen, nichts verdeckt, nichts verhüllt, nichts vergraben, nichts vermäntlet, nichts versperrt, nichts unbekannt, dieser ist ein Aug, so alles siehet, ist ein Schlüssel, so alles eröffnet, ist eine Uhr, so auf alles zeigt, ist ein Maaß, so alles mässet, ist eine Hand, so alles aufdeckt, dieser hat von Ewigkeit her gesehen, was da gewest ist, was da noch ist, was da noch seyn wird; was, wer, wie, wo, wann; wann es gewest ist, was, wer, wie, wo, wann es ist; was, wer, wie, wo, wann es seyn wird; von diesem allhabenden, allmächtigen, allwissenden Gott seynd etliche im Gesatz der Natur, im Gesatz [6] Mosis, im Gesatz Christi, erleucht worden, daß sie künftige Ding haben vorgesagt, und derenthalben Propheten genennt worden, im Gesatz der Natur war Adam, Enoch, Noe, Abraham, Joseph etc., im Gesatz Mosis waren Isaias, Ezechiel, Jeremias, Daniel, Osea, Joel, Amos, Abdias, Jonas, Michäas, Nahum, Habakuk, Sophonias, Aggäus, Zacharias, Malachias, Samuel, Gad, David, Natan, Semei, Azarias, Jehu, Elias, Elisäus etc., im Gesatz Christi alle Apostel, viel Martyrer, eine unzahlbare Anzahl der Beichtiger, nit wenig heil. Jungfrauen und Auserwählte Gottes, welche aber alle gewest seynd wie ein Amper, der das Wasser von sich selbsten nit hat, sondern aus dem tiefen Brunn, gewest seynd wie eine Orgel, welche von sich selbst nit pfeift, sondern von einer andern Luft angeblasen wird, gewest seynd wie ein Licht, welches von sich selbst nicht ist, sondern von einem andern augezündt wird.

Unweit der Stadt Sichar hat sich der gebenedeite Heiland bei einem Brunn niedergesetzt, weil er sich etwas müd befunden wegen der Reis', kaum daß er allda eine kleine Ruhe geschöpft, da kommt ein samaritanisch Weib, Wasser zu holen; dieses Weib war gar eine saubere et cetera, sobald ihr unser Herr aber die Wahrheit gesagt, und ihr mit wenig Worten die verborgenen Huesten-Stückel entdeckt; holla! sagte sie, Video, quia Propheta es tu, Herr, ich sichs, ich merks, ich glaubs, du seyest ein Prophet. O wie wohl hat dieses Weib, welche nachmals durch die sondere göttliche Gnad aus einem üppigen Schleppsack eine Apostlin worden, und die ganze Stadt [7] Sichar zu dem wahren Licht und Glauben gebracht; wie recht hat sie den Herrn einen Propheten genennt, massen er von Erschaffung der Welt hero immerzu künftige und verborgene Ding hat offenbart, ich will dermalen geschweigen, daß Gott alles und jedes, was im neuen Testament ein- und angestellt worden, im alten Testament durch Figuren schon habe vorgedeutet, sondern allein ein wenig vortragen, wie wunderbarlich Gott mehrmalen künftige gute und böse Begebenheiten habe vorgekündt.

Ehe und bevor Gottes Sohn ist Mensch worden, und aus einer unbefleckten Jungfrau geboren, hat der alte Simeon in der Synagog zu Jerusalem die Schrift ausgelegt, und als er zu diesem Text Isaiä kommen:Ecce Virgo concipiet etc., »Siehe, eine Jungfrau wird empfangen, und gebären einen Sohn« etc., hat er das Wort Jungfrau ausgelegt, und darfür junge Tochter geschrieben, der Meinung, es sey nit möglich, daß eine Jungfrau könne gebären, des andern Tags aber war das Wort Jungfrau wie anvor zu lesen, und nachdem es er etlichmal durchzogen, und doch allemal im vorigen Stand gefunden, hat er endlich das Wort Jungfrau mit guldenen Buchstaben wahrgenommen, worauf ihm von dem h. Geist geoffenbaret worden, daß er nit werde sterben, er sehe dann zuvor den versprochenen Messiam.

Zuvor als Titus die weltkundige Stadt Jerusalem mit Kriegsmacht überzogen, und alles zerstört, daß nit ein Stein auf dem andern geblieben, seynd wunderliche Sachen und Zeichen geschehen, unter andern [8] am vornehmen Fest des ungesäuerten Brodes, bei den Juden im Monat April hat ein Ochs, so zum Schlachtopfer geführt worden, ein Lämmel geworfen. Item, so hat man wahrgenommen in der Luft ganze Armeen miteinander fechten; nachgehends haben bei nächtlicher Weil die Priester im Tempel ein ungewöhnliches Getöß gehört, und anbei diese Wort vernommen, migremus hinc, laßt uns von dannen weichen.

Zuvor als Balduinus von Palleologo dem Kaiser vom Reich und Kron verstoßen worden, hat das gemalte Pferd an der Wand des Pallasts, worauf der h. Ritter Georgius gemalt, bei der Nacht erschrecklich geschrien.

Zuvor als Anno 1269 ein erschreckliches Blutbad in dem Königreich Polen worden. Anno 1510 eine große Kriegs-Empörung in Italia. Anno 1518 eine große Unruh in Sachsen. Anno 1393 eine große Niederlag in Normannia. Anno 930 ein einheimischer Krieg in Frankreich. Anno 1066 in Engelland eine grausame Schlacht unter der Regierung Haraldi. Anno 454 der tyrannische Einfall des Attilä. Anno 603 der grausame Tod des Kaisers Mauritii samt seiner Gemahlinn und Kindern. Anno 745 die grassirende Pest in Syria und Griechenland. Anno 1456 der Kaiser Friedrich zu Wien von seinen eignen Burgern bekriegt. Anno 1530 der harte Bauernkrieg und Aufruhr in Deutschland. Anno 1532 die gefährliche Belagerung der Stadt Wien von Solimann. Anno 1620, 24, 30 der traurige Zustand in ganz Deutschland, ja zuvor, als unser dermal siegreich regierende römische Kaiser Leopoldus schon das zweitemal preiswürdigsten [9] Krieg geführt wider den Erbfeind, hat Gott unterschiedliche Zeichen in Himmel gesetzt, große, feurige Kometen in die Höhe gestellt, gewaffnete Kriegsmänner, blutige Schwerter, feurigen Kriegsmarsch am Himmel, als auf einem Papier oder Schreibtafel entworfen, damit wir gesamte Adamskinder sehen, daß er derjenige Gott sey, der alle künftigen Ding vorweiß, video, Domine, quia Propheta es.

In dem Pallast des Kaisers Valentiniani und Valentis haben von freien Stucken die alten Besen angefangen zu blühen, darauf ist geschehen, daß ganz arme und gemeine Leut zu großen Ehren erhoben worden.

Hildebrandus, ein kleiner Knab und Sohn eines Zimmermanns, hat auf kindische Art die kleinen Scheitlein seines Vaters auf die Erd zusammen gelegt, wie eine Schrift, daß man also aus diesen hölzernen Buchstaben hat lesen können folgende Wort: Dominabitur a mari, usque ad mare, »er wird herrschen vom Meer bis zum Meer etc.,« worauf ist hernach geschehen, daß dieser römischer Papst und Gregorius der Siebente genennt worden.

Kaiser Reonis, des dritten Sohns Konstantinus, wie er von dem Patriarchen ist getauft worden, hat er s.v. mit eigenem Koth das Taufwasser besudlet, woraus der h. Mann abgenommen, daß er ins künftig alles Heiligthum entunehren werde.

Die Mutter des h. Dominici hat einen Traum gehabt, als trag sie im Leib ein Hündel mit einer brennenden Fackel; die Mutter des h. Andreä Corsini hat einen Traum gehabt, als hab sie einen Wolf geboren, der in die Karmeliterkirche geloffen, und daselbst[10] unter der Kirchen-Thür in ein Lämmel verkehrt worden; die Mutter des h. Francisci hat nicht können niederkommen, als in einem Stall; die Mutter des h. Philippi Benezii hat einen Traum gehabt, als trag sie eine große Flamme im Leib; die Mutter des h. Ethelwaldi hat einen Traum gehabt, als ob ihr ein guldener Adler aus dem Maul geflogen, und nachdem er hin und her geschwebt, endlich seinen Flug in Himmel genommen. Wie der h. Julianus geboren, hat er zwei Finger in die Höhe gehebt, als woll er, wie ein Bischof, die Benediktion geben; die Mutter Aeneä Silvii, der nachmalens römischer Papst worden, und Pius Secundus genennt, hat einen Traum gehabt, als gebär sie ein Kind mit einer Bischofs-Infel; Joannes der Täufer hat in Mutterleib einen fröhlichen Sprung gethan; der h. Benedictus, Abt, da er noch in Mutterleib verschlossen, hat gesungen als in einem Chor; der selige Jakobus Picennus hat mit seiner Mutter, da er noch nit geboren, geredt; die Mutter des h. Columbani hat einen Traum gehabt, als gehe aus ihrem Schoos eine glanzende Sonn hervor; der h. Edmundus ist also rein und sauber von Mutterleib kommen, daß er gar kein Bad vonnöthen hatte; der h. Nicetius ist auf die Welt kommen mit einem Kränzel von Haaren auf dem Kopf, wie ein Religios; der selige Franciscus Fabrianensis, wie er geboren, hat nicht, wie alle Menschen pflegen, geweint, sondern gelacht; der selige Eremit Petrus aus Schottland, wie er als ein kleines Kind getauft worden, hat er überlaut gesprochen: Amen; der Ecuperantius, 8 Tag nach seiner Geburt, hat sich mit deutlichen [11] Worten gegen Gott bedankt, daß er ihn hat lassen auf die Welt kommen; der h. Agnellus hat den 20. Tag nach seiner Geburt die Mutter Gottes mit heller Stimm gegrüßt: Ave Maria; Alsatius, Graf in Flandern, den dritten Tag nach seiner Geburt, hat aufgeschrien: vacuate mihi Domum, leeret mir das Haus aus; der h. Rochus, wie er geboren, hat ein rothes Kreuzel auf der Brust mit sich auf die Welt gebracht. Mit allen diesen Zeichen, Vorboten, Gesichtern und Geschichten, wollte Gott der Allmächtige schon vordeuten, was große Leut, apostolische Männer, eifrige Diener ins künftig diese werden seyn, video, quia Propheta es tu. O gütigster Gott, da siehet man ja, daß du alles künftige weißt, und dir nichts verborgen.

Vor dem Tod Ludovici XI., ist ein großer Comet erschienen. Vor dem Tod Ludovici Balbi ist eine solche Finsternuß an der Sonn gewest, daß man um Mittagzeit die Stern am Himmel gesehen. Vor dem Tod des Kaisers Henrici IV. ist ein heller Komet erschienen. Vor dem Tod des Königs Alexandri in Polen ist eine feuerige Kugel zu Krakau ober dem Rath-Haus gesehen worden. Vor dem Tod Matthiä Corvini seynd zu Ofen in Ungarn alle Löwen verreckt. Vor dem Tod Mauritii, des Churfürsten in Sachsen, ist zu Berlin von seiner steinenen Bildnuß das Haupt von freien Stucken abgefallen. Vor dem Tod des Kaisers Andronici hat die Bildnuß des h. Pauli geweint. Vor dem Tod Caroli, Maximiliani, Matthiä, Ferdinandi der römischen Kaiser seynd große Erdbeben, traurige Kometen, und viel andere Wunderding wahrgenommen worden. [12] Vor dem Tod der h. Theresiä ist etlichmal ein strahlender Stern vor ihrem Fenster vermerkt worden. Vor dem Tod Alphonsi VI., Königs in Spanien, haben alle Steine in der Kirche St. Isidori drei Täg häufig Wasser geschwitzt.

Die Stund ihres Todes haben vorhero gewust durch göttliche Offenbarung Arnulphus Bischof zu Suession, mit Arnulpho Dominicus, Stifter des Prediger-Ordens, mit Dominico Francisca Romana, mit Francisca Romana Gertrudis Nivellensis, mit Gertrude Amicus Casliensis, mit Amico Benedictus Abt, mit Benedicto Cäsarius der Bischof, mit Cäsario der Bischof Eligius, mit Eligio der Bischof Eugenius, mit Eugenio der Bischof Gramatius, mit dem Gramatio die polnische Hedwigis, mit Hedwige der Bischof Hubertus, mit Huberto Ignatius Lojola, mit Ignatio Joannes Chrysostomus, mit Chrysostomo Joannes Qualbertus, mit Qualberto Maria Aegyptica, mit Maria der Bischof Oswaldus, mit Oswaldo Petrus de Worano oder Celestinus der Fünfte, mit Celestino Philippus Nereus, mit Nereo der Erz-Bischof Rembertus, mit Remberto der Bischof Richardus, mit Richardo der Bischof Salvius, mit Salvio der Abt Severinus, mit Severino der Erz-Bischof Spiridion, mit Spiridione Thomas Aquinas, mit Aquinate Thomas de Villanova, mit Villanovano der Priester Trudo, mit Trudone der Kardinal Matthäus, Bischof zu Cluniac, mit Cluniacensi der Bischof Andreas Corsinus, mit Corsino der Abt Aichardus, mit Aichardo die Aebtissinn Aldegundis, mit Aldegunde der Bischof Eucharius, mit Euchario der Trierische Maternus, mit Materno viel tausend andere [13] unter welchen die vornehmste die seeligste Mutter Gottes Maria, alle diese haben durch göttliche Offenbarung ihren Tod vorgewußt, ja es gibt noch etliche Ort und Freundschaften, welche gewiße Vorboten ihres Todes haben. Zu Vallisolet ist eine Begräbnuß eines Ritters von Kastilien, welcher im Chor der h. Clarä liegt, so oft einer aus dessen Freundschaft mit Tod abgeht, pflegt zuvor ein gewisses Getöß in dem Grab gehört zu werden. In Italia ist ein Geschloß, mit Namen Montauri, allwo ein adeliches Haus ist, und so oft jemand aus demselben soll sterben, so erscheint allemal eine große Flamme ober dem Geschloß, dieses große Privilegium soll ihnen der h. Franciscus Assias bei Gott zu wegen gebracht haben, um weil sie ihn oftermal beherberget haben. Drei vornehme Geschlechter in Italia, in der Landschaft Insubria, haben noch auf heutigen Tag diese Gnad von Gott, benanntlich das Torellische, Plische und Gonzagische Haus, so oft jemand aus besagtem hohem Geschlecht mit Tod abgehe, so erscheint allemal etliche Tag vorhero in dem Zimmer, wo die Leich soll liegen, eine Frau ganz schneeweiß bekleidet, und glaubt man, daß eine aus diesem Haus eines Ehebruchs sey falsch beschuldiget und derentwegen in weisser Leinwath eingewicklet, von dem hohen Geschloß gestürzt worden. Zu Messana haben die Kloster-Jungfrauen ein Maria-Bildnuß, welches sie nennen de Malfino, solches ist immerzu in einem Tabernackel eingesperrt, dessen Schlüssel die Aebtissin bei sich tragt, so oft sich aber besagter Tabernackel freiwillig eröffnet, ist es ein unfehlbares Zeichen, daß eine aus ihnen werde von der Welt scheiden. In dem Kloster Mauritii in [14] Sabaudia seynd in einem Wasser-Teich so viel Fisch, als Geistliche gezählt werden im Convent, so oft auch ein todter Fisch auf dem Wasser obenher schwimmet, ist es ein unfehlbares Zeichen, daß ein Geistlicher daselbst das zeitliche Leben enden werde. Zu Venedig in der Kirche St. Danielis bei den Kloster-Frauen, ist begraben der Leib des h. Martyrers Joannis, woselbst ein ewiges Wunderwerk zu sehen, dann so oft eine aus besagten geistlichen Töchtern soll mit Tod abgehen, so pflegt allemal ein Monat oder Wochen vorhero das eiserne Gätter bei dem Grab sich von freien Stucken ungewöhnlich zu erschüttlen, und ein großes Getöß zu verursachen, worauf sich eine jede selbigen Convents zu dem Tod bereitet. Zu Spoleti in Umbria, ruhet der unversehrte Leib der heiligmässigen Mutter Marinä.Ord. Canon. Regular. Lateranensium, wobei dieß ewige Wunder geschieht, so bald jemand daselbst in der Gegend erkrankt, laßt er bei gedachtem Grab ein Licht aufstecken, sofern der Kranke soll wieder zu voriger Gesundheit gelangen, so brennt die Kerze völlig aus, soll er aber sterben, sodann löschet die Kerze allezeit aus, wann sie auch öfters angezündt wird. In dem Clarisser-Kloster zu Hesdin, weil allda die h. Coleta viel Jahr einen h. Wandel geführt, ist auf den heutigen Tag zu beobachten, daß allemal ein gar lieblicher Geruch das ganze Kloster durchstreiche, so oft eine 14 Tag hernach das Zeitliche endet. In Böhmen ist ein sehr hoch-adeliches Grafen-Geschlecht, so oft jemand aus demselben stirbt, wird jederzeit zuvor in dem Geschloß und Stamm-Haus eine alte und betagte Frau gesehen, und soll sie auch öfter beim hell-lichten [15] Tag erscheinen: alle diese Ding rühren her von dem allmächtigen, allwissenden Gott, welcher dergleichen Vorboten aus seiner grundlosen Güte schicket, damit der Mensch recht und vollkommen sich könne zu diesem letzten Kampf präpariren. O auserlesenister Jesu! so können wir allesamt nit anderst reden, als was da gesagt hat die reuevolle Samaritaninn: »Videmus, quia Propheta es tu, wir bekennen es gar gern, daß du alles weißt, das Vergangene, das Gegenwärtige und das Künftige, du allein, und kein anderer, außer deiner göttlichen Offenbarung und Eingebung, Propheta es tu, tu, du bist ein Prophet aller Propheten,quia Propheta magnus surrexit etc., du, du allein kannst vorsehen, was ins künftig Böses oder Gutes, Glück oder Unglück, Freud oder Leid werde kommen.«

Es haben zwar viel andere große Diener Gottes manche Wunderding vorgesagt und prophezeit, aber mein Jesu, durch dein Licht, durch deine Hülf, durch deine Unterweisung, unter so viel tausend ist gewest der h. Joannes Evangelist, welcher in der Insel Patmos sein Apocalypsin, worinnen viel künftige Sachen werden vorgesagt, beschrieben. Der h. Franciscus von Assis ist einsmals von dem vornehmen Kavalier Matthäo de Rubeis, aus dem Haus Ursini, bittlich ersucht worden, er wolle doch seinem Kind, dem jungen Herrl die Benediction und h. Segen ertheilen, Franciscus hat das holdselige Kind auf seine Arm genommen, und ihm den verlangten Segen geben, beinebens aber auch dem Vater prophezeit, daß dieses Kind werde zu höchsten Ehren kommen, und römischer Papst werden, auch seinem Orden viel Guts erweisen, welches der Ausgang [16] bekräftiget, und ist er auf dem Sitz Petri Nicolaus der Dritte genennt worden. Zur Zeit des wunderthätigen Antonii Paduani war ein Notarius, ein Ausbrut von einem Schelmen, dem der lateinische Freitag vor allen Dingen angenehm war, so oft der h. Mann diesem begegnet, hat er allemal seine Kappe abgezogen, und mit den Knien Reverenz gemacht bis auf die Erd, das thät diesem Welt-Bürschel nit ein wenig in die Nasen rauchen, weil er der Meinung war, als werde er hierdurch nur geschimpft, derenthalben den h. Mann einsmal mit tausend Saprament-Worten angetast, warum er ihm so große und ungewöhnliche Reverenz mache? dem Antonius mit dieser Antwort begegnet: lieber Mensch, ich habe vielmal mir gewunschen, daß ich möcht ein Martyrer werden, aber Gott hat es nicht haben wollen, dir aber prophezeie ich, daß du werdest ein streitbarer Blutzeug Christi werden, welches alles bei dem Notario nichts anderes, als ein Gelächter verdient; es ist aber nit lang angestanden, so ist erstgedachter Notarius mit dem podiensischen Bischof nach Jerusalem abgereißt, und daselbst wegen des wahren Glauben Jesu Christi die Marter-Kron erlanget. Solche Gnad der Prophezeiung haben meistens alle Heilige und großen Diener Gottes gehabt, welches man sattsam in dero Legenden und Lebens-Verfassung allenthalben finden kann; und ist wohl zu glauben (salva S. Romanae Ecclesiae authoritate) daß dergleichen Gab von Gott habe gehabt der gottselige Mann und eiferige Religios Pater Stredonius, aus der Soc. Jesu, welcher schon längst, und vor viel Jahren solche Wunderding vorgesagt von unserem allergnädigsten Kaiser Leopold, und dessen[17] Regierung, welche alle dermalen ganz handgreiflich wahr zu seyn, jedermann bekennen muß, ich will dermalen nit beifügen die Prophezeihung wegen der vergangenen Eroberung Neuhäusl und Ofen, so zu Rom von dem h. Cajetano durch einen unseren frommen Religiosen ergangen, zumalen dieß bei dem Päpstlichen und Kaiserlichen Hof gar zu wohl bekannt, allein laß ich der römischen Kirche hierinfalls das rechte Urtheil und Meinung.

Ich gib mich für keinen Propheten aus, sonst möcht man mir vorwerfen: Num et Saul inter Prophetas? ob zwar das donum prophetiae auch bei einem schlimmen Menschen kann gefunden werden, dergleichen Saul und Kaiphas etc., allein wird man mich nit einer Frechheit beschuldigen, wann ich mit Isaia unserm allergnädigsten Kaiser Leopold werde eben dasjenige prophezeihen, was gedachter Prophet dem König Achaz vorgesagt, als solcher von zweien Haupt-Feinden, die zwar weit von einander entlegen, mit Kriegs-Waffen überfallen worden: Egredere in occursum Achaz et dices ad eum noli timere et cor tuum ne formidet, a duabus caudis titionum fumigantium istorum in ira furoris Rasin regis Syriae et filii Romeliae etc. Gehe hinaus dem Achaz entgegen, und sprich zu ihm: fürcht dir nicht, und dein Herz sey unerschrocken vor den zweien am End rauchenden Lösch-Branden, im grimmigen Zorn Rasin, des Königs in Syrien, und des Sohns Romeliä. Es ist unnöthig, mit Fingern darauf zu deuten, wer diese beide am End rauchende Lösch-Brand seyn, die in allem Grimmen das Durchleuchtigste [18] Haus Oesterreich antasten und dasselbige zu Boden zu stoßen gesinnet seynd, non erit sic; sagt Gott durch den Propheten, es wird nit also seyn, daß Achaz soll verlieren, also sag ich ebenmäßig, non erit sic, auf den Lilien-Blättern wachst ein Würmel, das will den Reichs-Apfel an- wo nit gar abbeißen, es wird nit also seyn, einer am End rauchender Lösch-Brand der ottomanische Erbfeind ist bereits schon dämpft, raucht nit mehr stark, welcher Rauch uns vor diesem ziemlich in die Augen gebissen.

Ob schon Gott der Allmächtige der einige ist, dem alles Künftige bewußt und offen stehet, nach ihm aber sehr viel Heilige und Diener Gottes, welche aus göttlicher Offenbarung viel Sachen prophezeihen, so seynd doch unter den frechen Adams-Kindern nit wenig anzutreffen, welche sich gottlos unterfangen, Propheten und Wahrsager abzugeben; aber so man die Wahrheit will bekennen, so gibt es wenig rechte Propheten, Brodfretter aber genug, unter denen nit die geringste seynd die Astrologi, dießfalls aber werden diejenigen nit beschimpft, welche aus sonderer Wissenschaft wegen Lauf der Planeten, Beschaffenheit der Stern, Conjunctur der Himmels-Gestirn künftiger Zeiten, Sonnenschein, Finsternuß, Hitz, Kälten, Feuchtigkeiten, Suchten, und andere dergleichen natürliche Ding vorkünden, zumalen dieß eine sehr löbliche Scienz und Wissenschaft, welche auch gehabt haben Adam, Abraham, Enoch, David, Salomon, Job, und viel andere große, heilige Männer, im alten und neuen Testament, sondern es werden allhier diejenigen wahnwitzigen Phantasten und superbescheidenen Maulaffen verstanden, welche aus der Konjunctur [19] der Konstellation dem Menschen die Nativität stellen, und weiß nicht was für künftige Ding prophezeien; in dem Mond suchen sie alle Schublädl aus, ob er doch fünfzehn tausend, sieben hundert und fünfzig Meil hoch stehet, und in 28 Tägen den Himmel durchjagt, gleichwohl kehren sie ihn um und um, und finden allerlei Menschen-Händel darin. Ueber dem Mond stehet der geflüglete Mercurius sieben tausend acht hundert und sieben und siebenzig Meil, welcher in drei hundert Täg den Himmel ummarschirt, dem suchen sie alle Falten aus, wo etwann ein Laus oder Lob steckt einer sondern Wissenheit und Doctrin; über diesen stehet die Venus, just so weit, wie Mercurius vom Mond, hat ihr Losament nit weit von der Sonne, umgeht den Himmel in drei hundert und dreißig Tägen, bei dieser suchen sie unter allem Aschen die Kohlen, und wissen auch unter den Eiszäpfen ein Feuer zu erwecken. Ueber die Venus stehet die Sonn acht und zwanzig tausend, vier hundert und fünfzehn Meil, diese gehet immer fort auf der Ordinari-Post, gleichwohlen zählen ihr die Astrologi alle Strahlen, welche sie zusammen fassen und wie einen Besen zusammen binden, wormit sie alle Ehren und Hochheiten zusammen kehren. Ueber diese ist der Planet Mars fünfzehn tausend sieben hundert und fünfzig Meil, welcher fast in anderthalb Jahr den Himmel umlauft, dem zerklopfen die Astrologi sein eisenes Wammes und Hosen, daß alle Guraschi durchfallt, und sie nachmals sehen können, wo Fried und Krieg sich ereignen. Jupiter voller Manier stehet ober dem Mars sieben tausend acht hundert und fünf und siebenzig Meil, desen streichen die Astrologi, wie einen [20] Katzenbalg, und wissen mit ihm also die Karten zu mischen, daß er fast allemal Herz wirft. Ober dem Jupiter stehet Saturnus so hoch, daß mans schier nit wissen kann, sonst in dreißig Jahren erfüllt er seinen Lauf, ist ein Futteral über alle Holzschlegel, mit dem sich die Herren Sterngucker gar nicht können vergleichen, weil er ihnen die Scheiten von seinen subtilen Geberden immerzu ins Gesicht wirft, mit dem Saturno, als mit einer Latern suchen die Astrologi alles Uebel in der Welt. Ober diesem Planeten stehet der Leut-Stern drei und zwanzig tausend fünf hundert und ein und zwanzig Meil, verdienen also die Astrologi ein ehrliches Trinkgeld, wann sie so oft auf- und absteigen. Weil nun alle Stunden einem gewissen Planeten unterworfen, diese aber bei den zwölf Zeichen des Himmels ihre Einkehr nehmen, also pflegen aus solchen die Astrologi oder Sternseher wahrsagen, und vorkünden den ganzen Lauf des künftigen Lebens.

Ein Kind geboren in der Saturnus-Stund, sagen sie, wird hochtrapend und stolz, wie da gewest Antonius Leva, ein General bei dem Kaiser Carl dem Fünften, als solchen einmal mit seinen podagraischen Füssen bei diesem Monarchen gestanden, hat der Kaiser ein herzliches Mitleiden gehabt, daß er so hart stehe, er aber gab die Antwort, daß er weit größere Wehtage leide an dem Kopf, als an den Füßen, wollt hierdurch zu verstehen geben, daß er auch gern möchte, wie andere Grandes die Ehr haben, daß er dürfte mit bedecktem Haupt vor dem König stehen.

Ein Kind geboren in Jupiters-Stund, sagen sie, wird sehr weis' und vernünftig, wie da gewest jener[21] geheime Minister eines vornehmen Fürsten, welcher in allem seinem eigenen Kopf folgte, und der andern Räth ihr Gutachten fast nichts geschätzt, als solcher große Fürst auf eine Zeit ausgeritten, fragte er den geheimen Minister, ob er nit ein gutes Pferd reite? ja, ja, antwortet der Minister, Euer Majestät reiten ein sehr stattliches und überaus starkes Pferd, dann es tragt den König samt allen Räthen, wollt hierdurch andeuten, als sey er Fürst und ganzer geheimer Rath zugleich.

Ein Kind geboren in Martis-Stund, bekommt rothe und krauste Haar, sagen sie, und wird sehr blutbegierig und mörderisch, wie da gewest die bömischen Weiber unter der Valascha, so in einer Nacht alle ihre Väter, Männer, Brüder und Söhn umgebracht und ermordet.

Ein Kind geboren in der Stund Solis, sagen sie, wird schön von Angesicht, und wird zu großen Ehren kommen, wie da kommen ist Lechus, welcher aus einem Bauern ein König worden, und Scepter und Kron in Polen gehalten, aber sein Bauern-Küttl hat er lassen in Mitte des Pallasts aufhängen, damit er nit vergesse, wer er einmal gewesen sey.

Ein Kind geboren in der Venus-Stund, sagen sie, wird freundlich im Angesicht, aber sehr gail und unzüchtig, wie da gewest Athenarius ein gothischer König, welcher sich also vernarrt in seine saubere Pynthia, daß, wann sie ihm die Haar auskämpelt, er unterdessen ihr die Schuh ausputzt.

Ein Kind geboren in der Mercuri-Stund, wird sehr fröhlich und leutselig, sagen sie, und wird die Studien überaus lieben, wie da gewest Aristoteles, von [22] dem Alexander Magnus bekennt und aussagt, daß er dem Aristoteli, als seinem vorigen Präceptor, mehrer schuldig sey zu danken um die gegebene Wissenschaft, als seinem Vater Philippo um das Leben.

Ein Kind geboren in des Monds Stund, sagen sie, wird gemeiniglich schiecklen in den Augen, und fast jedermann betrügen, und durch List übervortlen, ein solcher ist gewest der Laban, welcher dem Jakob die gewisse Parola geben, er wolle ihm die schöne Rachel in die Kammer führen, hat indessen die garstige Lia hinein practicirt.

Es haben nit weniger Wirkung, sprechen die Astrologi, auch die zwölf Himmels-Zeichen in dem Menschen, benanntlich Widder, Stier, Zwilling, Krebs, Löw, Jungfrau, Waag, Scorpion, Schütz, Steinbock, Wassermann, Fisch.

Der unter dem Fisch geboren, der wird ein böses Weib bekommen, die wird er alle Tag brüglen, am Samstag aber zweimal, damit sie weiß, wann die Wochen aus ist.

Der unter dem Wassermann geboren, der wird ein redliches Gemüth tragen, bei dem wird die Zung vom Herzen nit weiter seyn, als Bisanz von Constantinopel, der wird in Noth und Tod ein guter Freund bleiben.

Der unter dem Steinbock geboren, der wird mit der Wahrheit umgehen, wie der Meßner mit dem Palm-Esel, diesen braucht er das Jahr nur einmal, er wird die Wort vergulden, wie die Apothecker ihre Pillulen, sein Maul wird vor Lugen riechen, wie des Lazari Grab.

[23] Der unter dem Schütz geboren, der wird viel Feind bekommen, die ihm allerseits nachstellen und verfolgen, er wird seyn wie eine Taube unter den Raben, wie ein Pelz unter den Schaben, wie ein Käs unter den Ratzen, wie eine Maus unter den Katzen.

Der im Scorpion geboren, der wird zornig werden, der wird seyn wie eine Orgel, wann man diese nur anrührt, so schreit sie; er wird seyn wie ein Kriegsstuck, wann man dieses nur ein wenig dupft, so kracht's; er wird seyn wie ein Spiegel, wann man diesen nur ein wenig anhaucht, so macht er ein finsteres Gesicht; er wird seyn wie eine Juden-Kersche, wann man diese nur ein wenig anrührt, so wirds bitter.

Ein Kind geboren in der Waag, wird nicht gar alte Jahr erreichen, sondern im 49. Jahr gehängt werden, so es in dem Zeichen des Stiers wird stehen; wann besagtes Zeichen eine Schnöllwaag wäre, so möcht er wohl an einem Schnöllgalgen ersticken.

Ein Kind geboren in der Jungfrau, wird eines sehr hübschen und wohlgeschaffenen Gesichts seyn; aber in dem Löwen wird es allezeit Nachstellungen leiden von seinen nächsten Befreundten, und wird vermuthlich ein Frater an ihm ein Verräther, ein Vetter ein Fretter, ein Bruder ein Luder, eine Bas' ein Aas, ein Schwager ein Schlager, ein Nachbauer, ein Nachhauer werden.

Ein Kind geboren im Löwen, wird einer saubern Gestalt seyn, und wird absonderliches Glück zu hoffen haben; wird viel seyn, wann ihm die Ochsen nit Kälber tragen, wann sich die Hasen nit selber jagen,[24] wann sich der Acker nit selber baut, und der Speck freiwillig schlieft in das Kraut.

Ein Kind geboren im Krebsen, wird eines guten und vollkommenen Leibs seyn, aber sehr vielen Krankheiten unterworfen, wird den Leib stets müssen flicken, wie Petrus und Andreas ihre Fischernetz.

Ein Kind geboren im Zwilling, wird einen Zutritt bei großen Herren haben, durch eine reiche Heirath zu großen Mittlen gelangen, aber wegen Untreu seines Weibs wird er eine so harte Stirn bekommen, wie der große Hammer, in der Schmiede, der heißt Jackel.

Ein Kind geboren im Stier, wird Leib halber nicht zu klagen haben, aber wann es eine Tochter ist, wird sie gar hart zu einer Heirath kommen, in ihrem eigenen Vaterland nit sterben, sondern an einem Ort, mit einem Wort, wo da und dort viel seynd ermordt.

Ein Kind geboren im Widder, wird eines frischen und fröhlichen Angesichts seyn, es soll sich aber sonderlich hüten von einem rothen Bart, denn es dürfte ihm einer den Rest geben, dem die Fuchsschweif zum Maul auswachsen.

Dergleichen After-Reden, phantastische Gedicht und freundliche Lugen bringen die nasenwitzigen Sterngucker ganz buttenweis auf den Markt, füllen ganze Bücher an, drohen den Ländern, schrecken große Städt, verargwohnen große Ministros, kitzlen große Häupter, versprechen viel Victori, verkünden viel große Todfäll, erzählen viel Unruhen, schwätzen viel von geheimen Rathschlägen, ermahnen und warnen vor dem Unglück etc., und da hört man bisweilen reden, der und [25] der (er muß doch ein stattlicher Astrologus seyn) trifft meistentheils ganz natürlich zu, ja es muß keine leere Sach seyn, indem schon so viel hochverständige und berühmte Astrologi auf ein Punktum haben zugetroffen. Agrippina, eine Mutter des Kaisers Neronis, König Herodes, Vespasianus, Domitianus, Nerva, Severus, Leo, Justinianus, Constans, Theophilus, Theodosius, Heraclius, lauter römische Kaiser, haben in der Wahrheit alles erlebt, was ihnen von den Astrologis ist vorgesagt worden.

Galeatius Maria, Herzog zu Mailand, hat aus einem sehr gelehrten Astrologo vernommen, daß ihn werde sein eigener Vasall ermorden; der Herzog fragt hierüber den Astrologum, was dann er für ein End werde nehmen, ich, sagt dieser, werde von einem Holz, so von oben herab fallt, erschlagen werden; damit du, versetzte hinwieder der Herzog, selbst erfahrest, daß deine Scienz grundlos sey, also sollst du noch heut durch das Schwert den Kopf verlieren; wie nun dieser durch die Schörgen zum Pallast hinaus geführt worden auf den Richtplatz, und gleich zum Thor wollte hinaus gehen, da ist der Thurm, worin der armen Sünder Glocken geläut worden, eingefallen, und den Astrologum ein großer Träm samt vielen andern erschlagen, daß also seine Prophezeihung den wahren Ausgang genommen, der Herzog aber ist am Fest des h. Stephani in öffentlicher Kirche, in Gegenwart des ganzen Hofstaats von einem seiner Vasallen erstochen worden.

Joannes de Lignamo hat seinem eingebornen Sohn die Nativität gestellt, und aus der unglückseligen Constellation [26] wahrgenommen, daß sein Sohn solle gehängt werden; damit er dann diesem Spott möcht entgehen, hat er den Sohn zu dem Studiren, und folgsam zum Priesterthum gebracht, und also vor solchem Unglück schon vermeint, in Sicherheit zu stehen; nachdem aber erstgedachter vornehme Geistliche von der Gesandtschaft bei dem Papst Martinum dem Fünften, wohin er von dem Magistrat zu Bononien geschickt war, unverrichteter Sach zuruck kommen, ist er durch andere Mitbürger bei nächtlicher Weil gehängt worden, daß er also auch mit der Kutte der Konstellation nit entwichen.

Bei dem Hof des Kaisers Friedrich des Anderten hat ein Astrologus allemal einem Grafen daselbst, mit Namen Rudolph von Habsburg, die größte Reverenz gemacht, und als dessen Ursach der Kaiser befragt, gab der Astrologus zur Antwort, nach deinem und deiner Söhne Tod, deren noch 10 im Leben seynd, wird dieser und seine Nachkömmling das Kaiserthum besitzen.

Marselius Ficinus, ein berühmter Astrologus, hat Julio dem anderten römischen Papst aus der Constellation seiner Genitur, als er noch ein Knab war, vorgesagt, daß er werde als Statthalter Christi auf dem Stuhl Petri zu Rom sitzen.

Carolus Quintus, weil er den Steinbock in seiner Nativität bekommen, ist von allen Astrologis als glückselig erkennt worden, weil auch der Kaiser Augustus in diesem Zeichen geboren; der Ausgang hat es gezeigt, daß er eben an demselben Tag ist Kaiser worden, eben am selben Tag den König Franciscum aus Frankreich gefangen, eben demselben Tag den [27] Sieg erhalten, daß also der Constellation nit wenig zuzuschreiben.

Weilen Venedig den Anfang genommen hat unter der Constellation des Jupiters Anno 421 im April, also ist damal von den Astrologis vorgesagt worden, diese Stadt und Regierung werde eine aus den vornehmsten der ganzen Welt seyn, und solle bei dero hohen Räthen und Republik der Scepter bleiben bis Anno 1888.

Wegen dieser und andern wenigen prahlen die Astrologi, daß sie haben zugetroffen; aber sagt her, ihr Gestirn-Gaffer, ihr Planeten-Ploderer, ihr Firmaments-Bären, verzeiht mir, daß ich so unhöflich rede, es ist die Ursach, weil ich in meiner Nativität eine Constellation gehabt, die mich zum Feind aller solchen Astrologen gemacht, ihr Sterngucker, ihr Himmels-Pfleger, ihr Licht-Putzer, sagt her, wie oft habt ihr nit zugetroffen? so oft 1000000000000000000000000000000000000000000 0000000000 etc. so oft, und noch hundert tausendmal so oft.

Herbei Astrologe, sag her die Ursach, warum Jakob und Esau, die doch in einer Constellation geboren, so unterschiedliche Sitten gehabt, indem der eine fromm, der andere aber ein Erzschelm worden?

Mach das Maul auf, Astrologe, und beantwort dich, ob diejenigen alle, so zu Wien Anno 1679 an der Pest gestorben, deren über 80,000 gewesen, in ihrer Genitur, (welches in Ewigkeit nit wahr) und Constellation gleich gewest? indem doch der Tod gleich war.

Wehr dich, hast ein Herz? Astrologe, und widerlegs, warum Alexander der 6te, Julius der 2te, [28] Clemens der 7te, Honorius der 4te, Leo der 10te, Calixtus der 2te, seynd zu den höchsten Ehren gelangt, indem doch der Aspekt dero Geburtsstern nichts absonderlich von ihnen vorgedeut?

Laß dich hören, Astrologe, und sag die Ursach, warum der Bequius, der Joannes von der Wehrt, der Aegidius von Hose, seynd aus gemeinen Bauern-Söhnen und Handwerks-Bürschlen vornehme General und Kriegshelden worden; andere aber, die eben in demselben Punkto und Augenblick wie sie geboren, seynd Hasenherz und Lethfeigen geblieben?

Mach mir den Kopf auf, Astrologe, warum so viel tausend Türken in der eroberten Festung Griechischweissenburg seynd durch der Christen Faust erlegt worden, und eines gleichen Tods gestorben, dero Constellation und Geburts-Aspecten ganz unterschieden war.

Setz dich nieder, so wirst nit müd, mein Astrologe, und sag mir, was wird aus diesem Kind werden, mit welchem die Frau Anna Pollixena noch groß Leibs geht, weil es in diesem und diesem Augenblick empfangen worden, und also folgsam der Influenz der Constellation schon unterworfen, du getraust ihm gar gewiß das Thema nit zu stellen, weil du noch nit vergwist, ob es werde auf die Welt kommen; zum anderten konntest du hierinfalls leicht einen harten Fehler begehen, und etwann sagen, er werde ein vornehmer Doktor werden, und drei Weiber zur Ehe nehmen, daß es doch unterdessen ein Mädl. Es geht in einem hin, mein Astrologe, red nur dießmal, weil du noch nit weißt, was dieses Kind werde handlen, weil es noch nit geboren; wie kannst du dann so frech [29] aussprechen, was Paulus und Petrus ins künftig werden thun, indem sie doch mit diesen Gedanken noch schwanger gehen?

Ich gib euch, meine Herrn Astrologi, einen guten und heilsamen Rath, damit ihr möcht am jüngsten Tag bei demjenigen bestehen, der da richten wird die Lebendigen und die Todten, so nehmt euere Stern mit euch, setz sich einer auf den Fisch, und schwimm dahin, setz sich ein anderer auf den Steinbock, und spring dahin, reit einer auf dem Löwen, und eil dahin, laß sich ein anderer von dem Zwilling auf dem Buckel tragen dahin, hock einer dem Stier zwischen die Hörner, und lauf dahin, halt sich ein anderer dem Widder am Schweif, und laß sich schleppen dahin, spann einer den Krebs und Scorpion in Wagen, und laß sich führen dahin, der Wassermann wird einen Fuhrmann abgeben, nehm jemand die Jungfrau an der Hand, und gehe dahin, und so euch der göttliche Richter befragen wird, warum ihr dieß und dieß gethan? dieß und dieß unterlassen? sodann habt ihr die Entschuldigung gleich an der Hand, und sagt, der Stern, das Gestirn sey die Ursach, als welche über euern Willen prädominirt und geherrscht, ob aber dazumal ihr den Heiland Jesum in einem guten Stern werd finden, zweifle ich stark, ja ich sag rund heraus, nein, nein, dann sofern die Stern Ursach seyn des Bösen, so müssen sie selbst in Abgrund steigen, da kann der Fisch und Krebs gesotten werden, und der Stier und Widder gebraten; seynd sie aber Ursach des Guten, so steigen sie in Himmel zu der ewigen Belohnung, gib aber Acht, Astrologe, daß dich der Scorpion [30] alldort nit zwicke, seynd aber alle diese Himmels-Gestirn nur also beschaffen, daß sie den Menschen, forderist den menschlichen Leib nur incliniren und neigen, so bleibt doch unser Will' in seinem Freiherrn-Stand, und folgsam kann der Astrologus nicht wissen, künftige Ding vorzudeuten und zu prophezeihen, sondern dieß ist von dem allwissenden Gott allein vorbehalten, laßt euch also eine Witzigung und eine Lehr seyn, ihr solchergestalten wahrsuchende und wahrsagende Adams-Kinder, was da schon längst Gott durch den Propheten Isaiam gesagt hat: »Laß dir jetzt helfen, die aus dem Lauf des Himmels wahrsagen, und nach den Sternen gucken, und rechnen die Monate, daß sie daraus weissagen, was dir begegnen soll; siehe, sie seynd worden wir Stopplen, das Feuer hat sie verbrennet, sie werden ihre Seel nit retten von der Gewalt der Flammen.«


Ob der Teufel ein Prophet sey?


Das Wahrsagen hat dem Teufel das erstemal nit gerathen, indem er im Paradeis den ersten zweien Menschen prophezeihet, eritis sicut Dii ihr werd wie die Götter seyn, auf dieß eritis ist erratis kommen, und seynd solche wackere Götter aus ihnen worden, daß sie auch von Flöhen nachmals seynd getrutzt gewesen. Von selbiger Zeit an will der Satan noch allemal einen Propheten abgeben, dessen Waaren doch meistens seynd die Unwarheiten, und ist er beschaffen, wie eine blinde Henn, die bisweilen, und gar selten ein Haber-Körnl findt. Ob schon die höllischen Geister nach ihrem [31] spöttlichen Abfall, und begangenem Frevel die natürliche Wissenschaft, welche eine sondere Gab der Englen, nit verloren, so können sie doch ohne göttliche Offenbarungen künftige Ding und Begebenheiten, welche von dem freien Willen abhangen, nit unfehlbar wissen, und wann sie schon bisweilen welches doch gar selten geschieht, etwas prophezeihen und vorsagen, so den wahren Ausgang nimmt, ist doch solche Vorsagung und Vordeutung nit auf eine gründige Wahrheit gesteift, sondern viel mehr auf eine Muthmaßung, wegen vieler bishero gehabter Erfahrenheit gebaut, dann dieser Geister subtilester Verstand weit schärfer und genauer alle Sachen durchdringet, als der Menschen Witz, so von den leiblichen Dämpfen und Hinternussen verduncklet, aller Ding Umständ und Ursach nit so gut durchgrüblet; daß also morgen Nachmittag soll ein trübes Wetter einfallen, kann ein böser und verdammter Geist leicht wissen,in suis causis, und derentwegen mit Wahrheit solches vorkünden. Daß aber Paulus über drei Täg sich werde beim blauen Mond Sternvoll trinken, und nachmals einer halb verwittibten Dienstmagd die Ehe versprechen, weiß kein Teufel aus allen, ob schon in allweg der Satan durch innerliche Versuchung den Paulum dahin leitet, auch den verliebten Gegentheil hierzu anreizt, so kann er doch nit für gewiß prophezeihen, Paulus werde, dieses thun, zumalen alles noch von dem freien Willen Pauli abhanget, wormit er kann wählen, oder nit wählen, und dieses allein ist dem Allerhöchsten bewust, welcher den Schlüßl zu dem menschlichen Herzen hat, und vermög seiner göttlichen Allwissenheit von Ewigkeit her vorgekennt, Paulus werde dieß thun, und [32] dieses lassen. Es hat aber mehrmalen gar oft auf eine Nadelspitz zugetroffen, was der Teufel durch die Oracula oder Götzenbilder in der blinden Heidenschaft prophezeiht und vorgesagt, wie aus wenig hier beigefügten Geschichten und seltsamen Begebenheiten zu ersehen.

Aeschylus, von Athen gebürtig, wollte kurzum wissen, was für einen Tod er werde nehmen, wessenthalben er das Oraculum um Rath gefragt, woraus er die Antwort erhalten, daß er durch etwas von obenherab werde umkommen; welche Antwort den guten Gesellen also behutsam gemacht hat, daß er in Sicilia, wo er dazumal sich aufgehalten, sich niemal unter ein Dach begeben, sondern jederzeit unter dem freien Himmel sich aufgehalten, wie er dann auf eine Zeit bei heller Mittag-Sonne auf einem niedern Felsen gesessen, und dazumal ein Adler mit einer Schildkrote in der Höhe geflogen, welcher den Glatzkopf des Aeschyli vor einen Stein angesehen, und derentwegen die harte Schildkrot darauf herunter geworfen (auf solche Weis' wissen die Vögel die Nuß aufzubeißen) durch welches der gute Aeschylus hat müssen das Leben lassen, wie ihm der Teufel hat prophezeiht.

Dem schottländischen König Machabäo hat der Teufel durch ein altes Klappermaul wahrgesagt und prophezeiht, daß er werde umkommen durch die Hand eines Menschen, der nit geboren worden, auch werde er eh und bevor nit überwunden werden, bis der Wald Birene zu dem Geschloß Dorus, worvon er ziemlich weit entlegen, kommen werde, welches alles dem aberglaubigen Machabäo einen solchen Trost gemacht, daß er ihm eingebildt, er werde unsterblich und unüberwindlich [33] seyn, es ist aber eine kleine Zeit angestanden, da hat ihn der Feind belagert in besagtem Geschloß, und ein jeder Soldat aus dem birenischen Wald einen dicken Ast mit sich getragen, den Graben des Geschloß darmit zu füllen, worvon der ganze Wald aus und abgehauen worden; Machabäus aber ist nachgehends umgebracht worden von Magdulpho, welcher nit geboren, sondern von Mutterleib geschnitten worden.

Philippus, König der Macedonier, hat aus dem delphischen Oraculo vernommen, er werde das Leben verlieren durch einen Wagen, wessenthalben er in dem ganzen Königreich die Wägen abgeschafft, auch niemalen in die Stadt, so den Namen Wagen hatte, ob sie schon mit aller Lustbarkeit versehen, ziehen wollen; endlich ist er von Pausania umgebracht worden, welcher auf dem Degengefäß durch saubere Arbeit einen Wagen gestochen tragte.

In Gotia siehet man noch auf den heutigen Tag zwei Gräber mit großen und hohen Felsen, worunter zwei leibliche Brüder liegen, denen in ihrer Jugend von einem Teufels-Künstler vorgesagt worden, daß einer den andern werde ermorden; solchem Uebel zu entgehen, haben sich beede von einander abgesondert, und einer gegen Aufgang, der andere gegen Niedergang der Sonne, in weit und entfernte Länder verreis't, zuletzt in dem betagten Alter seynd beede wieder nach Haus in ihr Vaterland gekehrt, weil ein jeder der Meinung, sein Bruder sey schon mit Tod abgangen; wie die nun bei der Stadt Jonac einander begegnet, und einer den andern, als unbekannte Fremdling, höflich gegrüßt, haben sie sich nach kurzer [34] Ansprach, wie die Reisenden pflegen zu thun, beede unter einem grünen und schattenreichen Baum niedergesetzt; unterdessen fangen dero Hund an zu raufen, welches verursachte, daß auch sie anfangs in harte Wort und Zank, nachmals auch zum Fechten gerathen, daß einer den andern tödtlich verwundt, und endlich, nachdem sie sich beede erkennt, einander ganz freundlich umfangen, und also wegen der Wunden ein Bruder in des andern seinen Armen die Seel aufgeben.

Damit aber der Leser an dergleichen alten Geschichten nit einen Eckel oder Grausen fasse, so will ich aus vielen Tausenden, dergleichen ihm selbst viel bekannt, nur etliche beitragen, welche vor kurzen Jahren sich haben zugetragen, ob zwar mit solchen, die noch täglich, forderist bei den aberglauberischen Deutschen im Schwung gehen, ganze Bücher könnten angefüllt werden.

In dem Herzogthum Bayren, der Ort wird verschwiegen, hat sich eine junge Tochter von andern Mägden überreden und anführen lassen, daß sie acht Tag vor der h. Weihnacht, auch bei nächtlicher Weil, hat geleßlet, also pflegen sie solches aberglaubische Werk zu nennen; neben andern teuflischen Ceremonien hat sie auch in einen Spiegel geschaut, damit sie sehen möchte ihren künftigen Bräutigam, und siehe, da hat sie in demselben augenscheinlich wahrgenommen, daß einer in einer schwarzen Kutte und weißem Chorrock sie angelacht, worüber solche also erschrocken, daß sie ganz ohnmächtig zu Boden gesunken, auch drei ganze Wochen schier bis in den Tod im Bett zugebracht, dann sie war der bethörten Meinung, als würd' sie [35] müssen einen Geistlichen heirathen; o wohl eine boshafte Einfalt! erst nach verflossenen zwei Jahren hat sie den Pfarr-Meßner selbigen Markts genommen, welcher nach Brauch des Orts, fast wie ein Geistlicher mit einer Kutte und Chorrock pflegt daher zu gehen, hat also dasjenige zugetroffen, welches ihr der Teufel durch den Spiegel vorgedeut.

In Schwaben, nächst Allgey, ist dergleichen vorwitziges Mensch gewest, welche doch kurzum wissen wollte, was ihr für ein Mann beschaffen sey, zu solchem End hat sie an dem Abend des h. Apostels Thomä sich ganz allein in die Kammer versperrt, dieselbige ganz ohne Kleidung, doch zuruckwärts ausgekehrt; sodann ist ihr der Teufel erschienen wie ein Schmied, derselben aber einen solchen Zwicker mit der Beißzang versetzt, daß sie viele Wochen nicht sitzen konnte; in anderthalb Jahren hernach, wider alles Verhoffen, hat sie einen Schmied-Gesellen geheirath, mit welchem sie in stetem Zank und Hader ihr Leben müheselig zugebracht.

In Ober-Oesterreich ist ungefähr vor 10 Jahren ein junges Mädel von einer alten Megera unterricht worden, dafern sie zu wissen begehre, was für ein Mann ihr zu Theil werde, so sollte sie ein Wachs nehmen, selbiges über einen ausgebreiteten Kalender halten, und wo das Wachs kreuzweis werde hintropfen, dort soll der Name stehen ihres künftigen Bräutigams, auch anbei erfahren durch Einschauen eines Wasserschaffs, wie ihr Liebster aussehe; indem allem diesen das unbehutsame Mädel nachkommen, hat sie wahrgenommen, daß der kreuzweise Wachs-Traf gefallen [36] auf den Namen Leonhard; in dem Wasserschaff aber hat sie, ihres Gedunken nach, das Gesicht vermerkt eines rothkopfeten Schreibers, von dem sie doch nichts wissen noch hören wollte; gleichwohl nach etlichen Jahren ist ihr solcher wunderbarlicher Weis' zu Theil worden, dessen Namen auch war Leonhard.

Hundert und über hundert könnten dergleichen beigefügt werden, welche, so sie nit den Anhang göttlicher Beleidigung in sich hätten, wohl des Lachens werth wären, woraus jemand gar leicht glauben kann, daß die Teufel künftige Begebenheiten wissen, und derentwegen wahrsagen und prophezeihen können, hierauf ist die Antwort, daß die Teufel bisweilen zutreffen, aus zweierlei Ursachen; erstlich haben diese höllischen Gesellen eine langwierige Experienz und Erfahrenheit, kraft dero sie vermuthlich, nit gewiß, künftige Zufäll und Begebenheiten wissen; dann aus dieser und jener Inclination und Neigung, aus solchen und solchen Umständen, aus der und der Gelegenheit, ist schon mehrmalen das und das geschehen, also glauben und hoffen sie, daß bei angeregten Ursachen, welche sie gar leicht können zusammen bringen, könne und werde wiederum dieß und dieß geschehen, ob sie zwar aus tausend kaum einmal die Wahrheit treffen.

Die andere Ursach ist, daß auch der Allerhöchste bisweilen durch seine unerforschlichen Urthel dem Teufel einige künftige Ding, so auch von freiem Willen ihr Wesen nehmen, entdecket und offenbart, dem Satan nit zu einer Gnad, sondern dem sündigen Menschen zu einer Verhängnuß; dieses tausend sechs hundert acht und achtzigste Jahr ist dem römischen Kaiser [37] Leopoldo und der gesamten Christenheit ut octo glückselig gefallen; dem ottomannischen Erbfeind aber hat das acht und acht nichts als Ach und Ach verursacht, indem ihm durch die heroischen christlichen Waffen der vornehme Hauptsitz Griechischweissenburg aus den Klauen gerissen worden; bei erstgedachter glücklicher Eroberung hat sich neben anderen denkwürdigen Dingen auch eine türkische Wahrsagerinn eingefunden, welche wegen der fliegenden Haare und wilden Gestalt eine Copei einer Höll-Furie scheinte zu seyn, diese wurde dannoch bei den Muselmännern für eine h. Frau gehalten, zumalen sie viel Wunderding vorgesagt; wann sie von jemand wurde ersucht und wegen gewissen Sachen befragt, schaute sie allemal in eine krystallene Kugel, woraus sie nachmals ihre prophetischen Sprüch geschöpft; dann wohl zu glauben, daß durch gewissen Pact der Teufel in benanntem Krystall seinen Sitz hat gehabt, sehr viel heimliche Ding hat sie entdeckt, und manchem nach der Schnur seinen ganzen Lebenslauf, auch die verborgensten Gedanken geoffenbart; allein von künftigen Sachen wollte sie nit viel merken lassen, und so schon etwas weniges aus ihr erpreßt worden, hat sie doch allemal eine Sach mit sehr dunklen und nit mit klaren Worten vorgetragen, woraus leicht zu schöpfen war, daß der Teufel nit viel wisse, was da geschehen werde, wohl aber, was da geschehen ist; diese saubere Sybilla hat Ihr Gnaden Herr Obrister Kisel durch einen Dragoner lassen abreviren und in die Donau werfen, auf einen solchen Kopf gehört eine solche Lauge.

Der König Saul hat dergestalten die Hexen und[38] Zauberer in seinem Reich ausgerottet, daß nur ein einiges altes Weib, die eine Zauberinn und Wahrsagerinn gewest war, übergeblieben, und zwar zu Endor. Bei diesen unseren Zeiten seynd dergleichen Fettel nit zu Endor, sondern an allen Enden anzutreffen, welche sich unterfangen, wahrzusagen; und wo rühren her so unzahlbar viel Aberglauben, mit denen sie allerlei künftige Sachen vorschmecken, als eben von diesen abgeschabenen Feh-Hauben, ehrbare und tugendliebende Matronen werden hierinfalls nicht getroffen, sondern nur diejenigen altgebackenen und tiefaugigen Nachtgrillen, welche in allem ihren Thun und Lassen einen prophetischen Aberwitz spüren lassen, worvon die zarte Jugend mehrmal nit wenig Schaden leidet.

Christus der Herr rühret mit Worten dem Judas das Gewissen
Christus der Herr rühret mit mehrmalen wiederholten Worten dem gottlosen Judas das Gewissen.

Nachdem der gebenedeite Heiland mit größter Demuth den Apostlen die kothigen Füß gewaschen, und schon, vermög seiner göttlichen Allwissenheit, vorgesehen, daß der schlimme Iscarioth ihn verrathen werde, also hat er in allweg gesucht, dieses irrende Schäfel wieder auf den rechten Weg zu bringen, zu solchem End hat er ihm öfter mit fast deutlichen Worten [39] das Gewissen gerührt, und zwar zum erstenmal sagte er: »Ihr seyd rein, aber nit alle.« Merks, Tölpel Judas, das geht dich an! Das andertemal ließ er sich verlauten mit diesen Worten: »Der das Brod mit mir isset, der wird seine Fersen wider mich aufheben.« Merks, Büffel Judas, das ist auf dich geredt. Das drittemal gab er noch deutlicher zu verstehen: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, einer aus euch wird mich verrathen.« Merks, Erzschelm, das ist ein Stich auf dich. Zweifelsohne durch dergleichen Wort hat der lasterhafte Judas unschwer können abnehmen, daß seine vorgenommene Bosheit dem Herrn schon bekannt sey, dann sein Gewissen wurde hierdurch nicht wenig beunruhiget, und hoffte der liebste Heiland, daß durch solchen Gewissenswurm der elende Tropf sollte zur Buß und Pönitenz bewegt werden; vermuthlich ist es gar wohl zu glauben, daß Judas sey mit untergeschlagenen Augen allda gesessen, wie ein anderer Schelm, und sich nit getraut, einen andern recht anzuschauen, aus Furcht, man möcht ihms im Gesicht ansehen, daß er der ehrvergessene Mammeluck sey; dazumal hat der nagende Gewissenswurm bei dem Juda schon den Anfang genommen.


Die verfluchte Niederkunft.


Weil Robertus, König in Frankreich, ein Großvater Philippi, wider der Kirche und aller Bischof Willen sich vermählet mit einer nächsten Blutsverwandtinn, also hat ihm solche das erstemal einen Sohn geboren mit einem Gänskopf und Kragen, zu [40] augenscheinlicher Straf seiner begangenen Frechheit. Das war eine unglückselige Niederkunft.

Anno 1575 hat ein spanischer Soldat in Geldern eine adeliche Tochter zur Ehe genommen, und weil er wahrgenommen, daß sie groß Leibs sey, also hat er ihr aus angebornem Zorn gewunschen, sie möcht den lebendigen Teufel tragen; nit lang hernach ist solche niederkommen, aber nit Kinds-Mutter worden, dann sie eine Frucht auf die Welt gebracht, welche zwar an dem untern Theil des Leibs einem Kind gleichte, der obere Theil aber wie ein Teufel ausgesehen. Das war eine elende Niederkunft.

In Deutschland hat ein vornehmer Edelmann sich also in das Jagen und Hetzen verliebt, daß er auch solches, auf öftere Abmahnung seiner Frau, an den Feier- und Gott geheiligten Tägen nit unterlassen; endlich, aus göttlicher Verhängnuß, hat ihm sein Gemahl geboren ein Kind mit einem natürlichen Kopf eines Windspiels oder Jagdhunds. Das war eine gräuliche Niederkunft.

In Holland ist ein Weib drei ganze Wochen in Kindsnöthen gelegen, und als man ihr treulich eingerathen, sie soll ihre Zuflucht nehmen bei der gebenedeiten Mutter Gottes Maria, als einer sonderbaren Patroninn und Fürsprecherinn; sie aber sprach hinwieder diese gottlosen Wort, weil sie eine Ketzerinn war, was ihr dieses Kebsweib könne helfen, aber die schwere Hand Gottes ist nit lang ausgeblieben, dann nit lang hernach hat sie anstatt eines Kindes etliche todte Schweinl auf die Welt gebracht. Das war eine säuische Niederkunft.

[41] Anno 1625 zu Perdonan in Friaul hat ein adeliches Weibsbild eine arme Bettlerinn mit harten Worten angetast, als hab sie die zwei Knäbel, so sie auf den Armen getragen, nicht ehelich noch ehrlich erzogen; ist aber nicht lang angestanden, daß besagte Frau selbst in eine Hoffnung kommen, und aber ein Kind geboren mit sieben Köpfen, der mittere ein Aug auf der Stirn, und mit zweien langen Geis-Hörnern versetzt gewesen. Das war eine ungestalte Niederkunft.

Aber es ist noch eine andere Mutter, die hat eine verfluchte Niederkunft, diese ist eine ungestalte, eine garstige, eine schändliche, eine wilde, eine wüste, eine rotzige, eine stinkende, eine muffende, eine krätzige, eine schäbige, eine triefaugige, eine lausige, eine zerlumpte, eine bucklete, eine blinde, eine krumme, eine siechige, eine schiecklete, eine grindige, eine grobe, eine säuische, eine tramplische, eine schwarze Teufels-Mutter, die Sünd, und diese gebähret einen großen und langen, und dicken, und giftigen, und wilden, und schmerzlichen, und abscheulichen, und verdrießlichen, und beissenden, und nagenden Wurm in dem Gewissen. Das ist eine verfluchte Niederkunft.

Herodes, der König, ist sauber gewest, das kann nit widersprochen werden, sauber am Leib, sauber an der Seel, sauber vor Gott, sauber vor der Welt, sauber auswendig, sauber inwendig, sauber in Gedanken, sauber in Worten, sauber in Werken, und ist doch derjenige Herodes gewest, welcher seines Bruders Weib gehabt, ist der Herodes gewest, der so viel auf das Tanzen gehalten, ist der Herodes gewest, welcher so viel unschuldige Kinder erwürgen lassen, ist der Herodes [42] gewest, welcher Joannem Baptistam enthaupten lassen; dieser ist im Leben und Tod sauber gewest, man muß aber das Wort Sauber von einander lesen, nachmals heißt es so viel als Sau-ber, ein solcher ist er gewest wegen seines schändlichen und allzusträflichen Wandels, wessentwegen Joannes als ein beherzter und gewissenhafter Hofprediger ihm stets vor der Thür, auf der Gasse, heimlich und öffentlich, mit dem non licet eine scharfe Ermahnung gethan, es sey nit erlaubt, es sey nit recht, es sey die größte und schändlichste Aergernuß, daß er seines Bruders Weib habe; dieß so oft intonirte Liedel hat der et cetera dergestalten mißfallen, daß sie nit ausgesetzt, bis Herodes Joannem hat lassen aus dem Weg räumen; nach einer Zeit kommt dem König zu Ohren, es sey einer da, der sehr wunderbarlich in Wort und Werk, man haltet ihn bereits für den Messiam, dann er mache die Blinden sehend, die Krummen gehend, die Kranken gesund, treibe die Teufel aus, und weiß nit was dergleichen mehr, so bald solches Herodes vernommen, sagt er, Joannes Baptista surrexit a mortuis, der Joannes ist gewiß von Todten auferstanden? mein wer hat den Herodem an Joannem gemahnt? er hat ja gewußt, daß er schon längst durch das Schwert hingericht worden, weder sein Obrist-Hofmeister, weder sein Obrist-Kammerer, weder sein Obrist-Stallmeister, weder seine Kammer-Herren und Kammerdiener, haben ihn daran gemahnt, die Hofnarren noch weniger, wie hat dann der König unter so viel tausend Geschichten und Geschäften und Zeitungen an Joannem gedacht, dessen doch der ganze Hof schon [43] längst vergessen? frag nicht lang, der nagende Gewissenswurm in seinem Busen, das verletzte Gewissen hat ihn daran gemahnt, darum ist das böse Gewissen einPrügel, was mehr? ein Igel, was mehr? eineLaus, was mehr? eine Maus, was mehr? einHahn, was mehr? ein Zahn, was mehr? einHund, was mehr? eine Wund, was mehr? einDorn, was mehr? ein Horn, was mehr? eineRegel, was mehr? ein Egel, was mehr? eineSag, was mehr? eine Waag, was mehr? einSturm, was mehr? ein Wurm. Ein Wurm, der alleweil nagt, ein Sturm, der alleweil plagt, eine Waag, die alleweil wägt, eine Sag, die alleweil sägt, ein Egel, der alleweil beißt, eine Regel, die alleweil weis't, ein Horn, das da alleweil wetzt, ein Dorn, der alleweil verletzt, eine Wund, die alleweil blüt, ein Hund, der alleweil wüth, ein Zahn, der alleweil macht, ein Hahn, der alleweil kracht, eine Maus, die alleweil frißt, eine Laus, die alleweil nist, ein Igel, der alleweil hägt, ein Prügel, der alleweil schlägt. O eine verfluchte Niederkunft der Sünd! Bei dem Hündel des Tobiä hat es doch bisweilen geheißen: gusch! bei den Hunden des reichen Prassers, welche dem armen Lazaro das Geschwür geleckt, hat es doch zu Zeiten geheißen: gusch! bei den Hunden, welche der stolzen Jezabel die Beiner abgenagen, hat es doch zuweilen geheißen: gusch! aber bei dem bösen und bellenden Gewissen heißt es niemalen gusch! sondern spat und fruh, schreit immerzu, gibt nie eine Ruhe, was nur einer thue.

David, der König, nachdem er alt worden, hat er einen wunderlichen Zustand bekommen, operiebatur[44] vestibus et non calefiebat, es hat ihn stets und immerdar gefroren, daß er Tag und Nacht gezittert, man hat Fuchs-Pelz, man hat Mader-Pelz, man hat Zobel-Pelz, man hat Lämmel-Pelz über ihn gedeckt, hat gleichwohl nichts ausgeben, sondern er fort und fort gezittert, weder Better, weder Decken, weder Kotzen, weder Polster, weder Tuchet, konnt ihm das Zittern vertreiben, non calefiebat; im Juni, im Juli, im August, in der größten Hitz hat er nit können erwarmen, sondern allezeit gezittert, non calefiebat. Er hat Wein getrunken, er hat Meth getrunken, er hat gewürzte Speisen geessen, er ist beim Kamin gesessen, non calefiebat, es war halt die vorige Kälte, und hat er nit aufgehört zu zittern. Er ist gangen, er ist geritten, er ist gesessen, er ist gelegen, non calefiebat, beim Tag, bei der Nacht, Vormittag, Nachmittag, beim trüben Wetter, beim schönen Wetter, non calefiebat, hat er allezeit gezittert, in Summa, nichts wollt helfen für dieses Zittern. Es werden zwar dessen unterschiedliche Ursachen von denen Schriftgelehrten beigebracht, mir gefallt dießmal jenes, was etliche glossiren, die da sagen, daß David derenthalben stets habe gezittert, weil ihm das Gewissen immerzu habe geprediget von dem Todschlag, den er an Uria begangen. Ja einige wollen, daß ihm, dem König, sey vorkommen, als sehe er stets vor seiner den ermordten Uriam, dahero habe er bekennt, peccatum meum contra me est semper. Wie ist dir, großer König Alexander? mir ist nit wohl, sagt dieser, von der Zeit an, daß ich meinen besten Freund Clytum hab umgebracht, hab ich nie eine[45] Ruh, ja es wär kein Wunder, wann ich mir selbst das Leben nähme. Wie ist dir Orestes? mir ist gar nit recht, sagt dieser, dann seithero ich meine Mutter Clytemnestra hab ermordt, hab ich nie eine Ruhe vor meinem Gewissen. Wie ist dir Erice, König in Schweden? mir, sagt dieser, ist überaus übel, dann von der Zeit hero, daß ich meinem Hofmeister das Leben hab unschuldiger Weis' genommen, hab ich nit eine gute viertel Stund, ja das Gewissen plagt mich also heftig, daß ich gar muß von Sinnen kommen. Wie ist dir grausamer Blut-Egel und römisches Abendtheuer Nero? mir, sagt dieser, ist gar nit wohl, und seithero ich meine leibliche Mutter tyrannischer Weis' entleibt hab, hab ich nicht eine friedsame viertel Stund genossen, ja es dunkt mich, als sehe ich sie immerzu Tag und Nacht vor meiner. Wie ist dir Sünder, wann du hörest vom gähen Tod, von dem Teufel, von der Höll, von der ewigen Straf, von dem strengen Richter, vom Verlust der Seligkeit, vom tiefen Abgrund, vom jüngsten Tag? mir ist nicht wohl, mir zappelt das Herz, mir graus't der Buckel, mir stehen die Haar, sagst du, mich nagt, schlagt, jagt, klagt, zwackt, fragt, hackt, prägt das verletzte Gewissen. O verfluchte Niederkunft der Sünd mit dem Gewissens-Wurm!

Vor vielen Jahren hatte zu Wien in Oesterreich ein vermöglicher Becker einen Bedienten, seiner Meinung nach den allertreuesten, aber Gott allein hat den Schlüssel zu den Menschen-Herzen, und gleichwie uns im Sommer bei nächtlicher Weil mehrmalen vorkommt, als sehen wir strahlende Lichtel fliegen, da unterdessen [46] nichts anders ist, als schlechte Käferl und Würmel, also halten wir oft einen Menschen für gut Kordabon, da unterdessen derselbe mit Bernhäuter-Zeug gefüttert ist; ein solcher war erstgedachter Bösewicht, welcher aller Treu und Gutthaten vergessen, bei nächtlicher Weil, wider alles Vermuthen und Glauben, den Herrn, seine Frau und gesamte Familie jämmerlich ermordt hat, ein einiges kleines Töchterl war noch übrig, welches in aller Frühe mit seinen Docken spielte; als nun solches unschuldige Kind der blutbegierige Mörder auch wollte hinrichten, hat dasselbe auf möglichist schön gebeten, er woll ihrer doch verschonen, sie woll ihm alle ihre Docken und Bilder und Hausrath schenken; dieses hat zwar anfangs das unmenschliche Gemüth in etwas besänftiget, aber gleichwohl von dem rasenden Zorn dahin getrieben, daß er auch das arme Tröpfel grausam erwürgt, worüber er sich alsobald in die Flucht begeben, und samt dem besten Raub nach Passau kommen, allwo er durch gerichtliche Hand in Verhaft gezogen worden, und bald hernach auf ergangene Aussag solcher begangener Mordthat halber lebendig gespießt worden; weil ihm aber das Herz nit getroffen worden, hat er eine ziemliche Zeit in diesen großen Tormenten gelebt; indem nun viel, wie pflegt zu geschehen, hinaus geloffen, und ihn möglichster Weis' zur Geduld und Uebertragung dieser zeitlichen Straf ermahnt, gab er endlich mit wehmüthigen Klagen diese Antwort: ich, allerliebste Leut, ich leide zwar unbeschreibliche Schmerzen an meinem Leib, und weil mir der Spieß alles Ingeweid durchbohrt, aber alle diese Pein und Marter seynd nichts gegen diejenigen, die [47] ich in meinem Gewissen leide. Wann ich gedenke, wie inniglich mich das kleine kindische Mädel um Frist ihres zarten Lebens gebeten; diese Erinnerung ist mir weit über alle Qual und Tortur an diesem Spieß. O erschrecklicher Gewissenswurm! Es gibt Leut, die einen hart und scharf anklagen, wann man aber ihnen spendirt, remunerirt, gratifizirt, so schweigen sie still, aber das beleidigte Gewissen schweigt nit, man versprech ihm, was man will, wie man will, wo man will, sondern es schreit stets: »das hast gethan, das und das;« wann man einem Kind, welches da weint, schreit, kürrt, das a ja pupeja zusingt, oder einen rothen Apfel darreicht, so schweigt es, und schlaft; aber das verletzte Gewissen laßt sich nit einsingen, schlaft nit, sondern schreit immerzu: »das hast gestift, das und das, diese Straf liegt dir ob.« Wann ein Karren oder Wagen gurretzt und kürrt, und man ihn schmiert, so schweigt er still, und halt seine mit Eisen beschlagene Goschen, aber das böse Gewissen laßt sich nicht schmieren, nicht besänftigen, sondern schreit alleweil, Tag und Nacht. Ein Spiegel ist zwar ein solcher gläserner Prediger, der einem natürlich die Wahrheit in Bart reibt, hast eine krumme oder stumpfe Nase, so sagt er's, hast einen lux- oder fuchsfarben Bart, so sagt er's, hast feiste, weiche oder bleiche Wangen, so sagt er's, hast ein großes oder bloßes Maul, so sagt er's, verschweigt nichts, aber gleichwohl in der Finster halt er's Maul; aber das beleidigte Gewissen schreit ohne Aufhören, vermantlet nichts, verhüllt nichts, verblümlet nichts, verschweigt nichts, schreit nit allein beim Tag, sondern auch bei der Nacht:

[48] »das, das, das hast gethan.« Das sechste Gebot hast so und so oft übertreten, in deinem Amt hast so und so viel beuntreut, wann schon der Kaiser stillschweigt, und nichts begehrt, so schreiet dir doch das Gewissen in die Ohren, gib es wieder.

Ammon, der vornehmste Minister bei dem König Asuero, hat so viel bei Hof golten, als der Pamphili im Spiel, ist allezeit oben geschwummen, wie das Pantoffelholz, hat das Herz des Königs nach sich gezogen, wie der Magnet das Eisen; nachdem aber seine böse Tück und Untreue an Tag kommen, hat der verfolgte redliche Mardochäus die Kirschen bei Hof erhalten, der Ammon aber die Stängel. Nach diesem laßt die Königinn Esther ein stattliches Panquet zurichten, eine überaus herrliche Mahlzeit, worzu auch der Ammon eingeladen worden; aber hört etwas seltsames! die Trabanten und Lakei des Königs haben den Ammon gezwungen und genöth, er hat müssen kommen, compulerunt, nun hui Ihr Excellenz, hat es geheißen, die Speisen seynd schon fertig, der König wartet Ihrer; hui, geschwind, wir dürfen ohne Sie nit nach Hof, presto! presto! der Ammon weigert sich so stark, zu dem königlichen Panquet zu kommen, daß sie ihn endlich mit Gewalt dahin getrieben, compulerunt, ein anderer hielt es ihm vor die allergrößte Ehr in der ganzen Welt, und Ammon will nit; ja, gedacht der Ammon, der Henker geht mir vorn Augen um, ich hab so viel Uebels wider die Königinn und ihre Landsleut angestift, ich glaub lauter, ich werde bei dieser Mahlzeit harte Brocken müssen schlicken. Aber Ammon, wie weißt du daß? [49] hast du dann hiervon einige Nachricht, oder sonst anderwärts hero ein Licht? nein, sagt er, nein, aber es geht mir also vor, O Furbo, sags recht heraus, dein schlimmes und gottloses Gewissen sagt dirs, es ist dir vorgangen, aber durch Antrieb des nagenden Gewissenswurms, daß du werdest gehängt werden, das böse Gewissen ist ein solcher Wecker, ein solcher Richter, ein solcher Anklager, ein solcher Wahrsager, ein solcher Zeug, ein solcher Kalender, ein solches Protokoll, ein solches Register, ein solches Geläut, ein solches Wurmnest, eine solche Uhr, eine solche Kanzlei, eine solche Trompete, die immerzu hallt und schallt, keit und schreit, foppt und tobt, dupft und stupft, zahnt und mahnt, scherrt und beschwert, kurrt und murrt, buckt und druckt, rauft und zauft, blerrt und rehrt, bindt und schindt, daß nie eine Ruhe. O verfluchte Niederkunft der Sünd mit dem Gewissens-Wurm!

Was hier folgt, ist kein Gedicht, sondern eine gewisse Geschicht. Eine vornehme Fürstinn in Niederland hatte ein sehr köstliches Kleinod verloren, welches auf eine große Summa Geld geschätzt worden, und weil sie, nach allem angewendten Fleiß, solches nit mehr konnte erfragen, hat sie bei ihr gänzlich beschlossen, die Zauberer und Schwarzkünstler um Rath zu fragen, zu solchem End ein großes Geld öffentlich demjenigen verheißen, der ihr das entfremdte Kleinod wieder zuwegen bringet; nachdem solches ein frischer, junger Mensch erfahren, gedachte er, einmal ein Stückel zu wagen, und einen Studenten-Possen zu probiren; begibt sich dahero ganz muthig und unerschrocken [50] zu der Fürstinn, sein Name war Monsieur le Ratt, das ist, Herr Ratz mit dem Zunamen, und verspricht der Fürstinn ihrem gnädigsten Willen nachzukommen und das verlorne Kleinod einzuhändigen, jedoch mit dem Geding, daß sie ihn drei Tag nacheinander in ihrem Pallast öffentlich, daß jedermann kann zuschauen, lasse traktiren, welches alles die Fürstinn urbietig zugesagt und gehalten; unser Herr Ratz setzt sich zur Tafel, alle fürstlichen Bedienten warten auf, eine große Menge Volk schaut zu, worunter auch einer aus denjenigen, die das Kleinod entfremdt, unbekannt gestanden, dem Herrn Ratzen schmeckt das fürstliche Traktament nit übel, nachdem nun der Ratz den Ranzen ziemlich angeschoppt, steht er von der Tafel auf, schaut alle Umstehenden ernstlich an, und bricht endlich in diese Wort aus: »den ersten hab ich,« (er verstund aber den ersten Freßtag), der Dieb, so unter dem Volk gegenwärtig, glaubte gänzlich, (was das böse Gewissen nir thut?) er habe ihn durch das Anschauen vermerkt, und mit dieser Red getroffen, eilet demnach in aller Still zu seinen Diebs-Kameraden, Brüder, sagt er, der Diebshenker hol mich, der Kerl ist ein Zauberer, er hat mich ersehen. Des andern Tags wird mehrmal eine stattliche Mahlzeit zugericht, worbei Herr Ratz sich sehr wohl befunden, und war der Zulauf des Volks noch größer, als des vorigen Tags; es wollte aber die Fürstinn recht erfahren, ob dieser ein solcher Künstler sey, der die verborgenen Sachen wisse; zu solchem End ließ sie zu dem Confect eine verdeckte Schüssel auftragen, worunter ein lebendiger Ratz gesteckt, welches sonst niemand gewußt, [51] als sie und ein Bedienter, dem Herrn Gast wird auferlegt, er wollte rathen, was in der verdeckten Schüssel verborgen; Oime! schreit er auf, kratzt hinter den Ohren, und sagt: Ratz, Ratz, du bist gefangen; er vermeinte solches von seiner eigenen Person, weil er diesen Zunamen hatte, daß er dermal sey in seinem Possen-Handel ertappt; das Volk aber und die fürstlichen Bedienten glaubten, wie man die Schüssel aufgedeckt, er hab solches auf diesen gefangenen Ratzen geredt, und folgsam ihn für einen Zauberer gehalten, welches dem Herrn Monsieur le Ratt sehr wohlgefallen, dahero nach vollbrachter Mahlzeit mehrmalen aufgestanden, und noch kecker als zuvor alle Umstehenden angeschaut, endlich aufgeschrien, »ich hab schon den andern.« Er verstund den andern Freßtag; der andere aus den interessirten Dieben war auch dazumal gegenwärtig, avisirt deßwegen in der Still die anderen Mitdieb, es sey noch wahr, was sein Kamerad gestern gemeldt, der Kerl sey ein Zauberer, und er hab ihn mit allem Fleiß erschrecklich angeschaut, auch noch darüber gewußt, was in der verdeckten Schüssel verborgen gewest; was das böse Gewissen thut? Den dritten Tag ließ die Fürstinn sehr herrlich auftragen, und war überaus eine große Menge Volks vorhanden, weil allenthalben schon ausgeschrien worden, der Herr Ratz sey ein Wahrsager. Nachdem sich dieser listige und lustige Vogel nach allem Wunsch bei dieser Tafel begrast, hat er sich wieder aufgehebt, und alle um und um ganz genau angeschaut, endlich aufgeschrien: »gut, gut, ich hab den dritten.« Er verstund den dritten Freßtag. [52] Nach diesem begibt er sich von dem Saal in ein anderes Zimmer, und macht ihm Mucken, wie er sich möcht manierlich aus dem Staub machen; ihm aber ist in der Still einer auf dem Fuß nachgefolgt, und vor seiner auf die Knie niedergefallen, bittend, Herr, sagt er, ich hab's gestern und vorgestern meinen zweien Kameraden nit recht glauben wollen, aber heut hab ich es leider! selbst erfahren, daß ihr ein Zauberer seyd, und habt mich gleich gekennt, wie ihr umgeschaut, ich bitt demnach um Gottes willen, er verschon unser Ehr und guten Namen, wir stellen uns ein mit hundert Thalern; ja, antwort Herr Ratz, aber wo ist das Kleinod? da, da, und gibt ihm's mit Zittern und Weinen. Wer war damal getröster, als unser Herr Ratz, der ein so wunderlicher Rathsherr worden, er brachte das gestohlene Kleinod mit sondern Freuden zu der Fürstinn, bekommt eine sehr stattliche Remuneration, und bekennt anbei den ganzen wunderlichen Verlauf, hochbetheuernd, daß er die Zeit seines Lebens nichts um die schwarze Kunst habe gewußt; allein habe diese drei Kerl ihr eigenes böses Gewissen selbst geoffenbart und an Tag geben.

Es ist auf solche Weis' das böse Gewissen eine Uhr, die alleweil auf die begangenen Laster zeigt; es ist ein witterisch und wütherisch Meer, welches immerzu tobet! es ist ein Musikant, der alleweil auf der Zitter schlagt; es ist ein rother Apfel, der einwendig wurmstichig; es ist ein Hecken voller Dörner, die immer sticht; es ist ein Richter, der ganz unparteiisch; es ist ein Schmied, der mit dem Hammer der Furcht stets auf den Ambos des Herzens schlagt; wer ein[53] böses Gewissen hat, der zittert, wie ein eschpes Laub, wann er nur eine Maus hört rauschen; wer ein böses Gewissen hat, der fallt ineinander, wie ein kaltes Eierschmalz, wann er nur einen Wind hört sausen; wer ein böses Gewissen hat, der erbleicht, wie ein ungarischer Stiefelbalg, wann er nur von der Höll hört reden; wer ein böses Gewissen hat, der schaut mit den Augen aus, wie ein abgestochener Geisbock, wann er nur von Gottes Gericht etwas höret; wer ein böses Gewissen hat, dem thadert die Brust, wie ein Mühlbeutel, wann er nur einen Schatten an der Wand siehet; wer ein böses Gewissen hat, der schaut so sauer aus, wie ein Essig-Topf, wann er nur an die Straf denkt; eine Schlaguhr im Sack, ein Stroh im Schuh, ein Husten im Hals, eine Lieb im Herzen, ein böses Gewissen, und ein halb Dutzend Schergen, die lassen sich nit leicht verbergen.

Ein großer Hunger ist entstanden in dem Lande Kanaan, dahero der fromme Jakob alle seine Söhn, außer dem jüngsten, nach Egypten geschickt, daselbst Treid einzukaufen; wie solche aber angelangt, hat der Joseph, als ein bevollmächtigter Landesverwalter, sie mit harten Worten angeschnarcht, und gefragt, wer sie seyn? woher sie kommen? wir, sagten sie, seynd ehrliche Leut; ja ehrliche Leut, Schelm seyd ihr, setzt hinwider Joseph, ihr seyd gar gewiß Ausspäher und Verräther; das nit, mein Herr, sondern wir begehren um unser baares Geld ein Treid einzukaufen; ei, so kauft, daß euch etc., fort mit euch in die Keichen, vor solche Gesellen gehört kein anderes Futteral, fort mit euch, bis auf einen weitern Bescheid; die wurden [54] fein sauber in Arrest geführt, der erste ist voran gangen, die anderen hintennach, sobald sie in der Gefängnuß ganz allein gewest, da haben sie keinen andern; Diseurs geführt, als diesen, gelts, jetzt wird's uns eingetrenkt, gar gewiß ist dieses Uebel über uns kommen, weil wir so spöttlich mit unserm Bruder Joseph umgangen. Merito haec patimur, quia peccavimus etc. Wer mahnt euch an Joseph? diese Sach ist schon längst vergessen, denkt doch der Vater Jakob selbst nit mehr daran, es ist schon eine geraume Zeit, daß dieses geschehen, wer mahnt euch an diese alten Geschichten? wer? das böse, das nagende, das unruhige, das ungestümme, das verletzte Gewissen, dieser wilde, wachtsame, wüthende Wurm des Gewissens.

In einer gewissen Stadt des römischen Reichs wohnte ein burgrechter Schneider, bei guten Mittlen, und gar eines ehrbaren Wandels, dem auf eine Zeit sein eigener Gesell einen Fleck pr. dritthalb Ellen Tuch entfremdt; der gute Meister Nickel suchte solches Zwickel über und über, es wurde aber nichts gefunden; Weib, weißt du es nicht? nein; Gesell, wißt ihr es nicht? nein; Kinder, wißt ihr es nicht? nein; Bub, weißt du es nicht? nein; Menscher, wißt ihr es nicht? nein; ei das muß der Teufel seyn. Nach langem und vielen und emfigen Suchen fallet der gute Meister in den Argwohn, als hätte der Gesell den Griff gewagt, und weil ihn der Zorn in etwas übergangen, also hat er fein rund heraus gesagt, und den Gesellen des Diebstahls beschuldiget; worauf der Gesell geschworen, der Teufel soll ihn von der Bank herunter führen, wann er einen Faden entfremdt hab! bald auf diese [55] Red läutet jemand an, und weil das Glöckel gleich nahe bei dem Gesellen gehangen, also hat er, wie er öfters pflegte, das Fensterl eröffnet, zu fragen, wer da läute? dazumal hatte Zeit halber s.v. der Sauhirt eingetrieben, und bei dem Haus des obbenannten Meisters ein großes Schwein sich an der Mauer gerieben, und zugleich ungefähr das Strickel zum Glöckel ertappt; wie nun der Gesell gäh hinaus gafft, zu fragen, wer dann läute, er aber die große Sau wahrgenommen, gedacht er alsobald an seinen erstergangenen Schwur, der Teufel soll ihn holen, und glaubte, jetzt sey er da, dahero ganz bleich von der Bank hinunter gesprungen, dem Meister zu Füßen gefallen, und mit aufgehebten Händen um Verzeihung, gebeten, auch freimüthig bekennt, er habe den Diebstahl begangen, und sey urbietig alles wieder zu erstatten, was das böse Gewissen nit thut! O verfluchte Niederkunft des Gewissens mit dem nagenden Wurm!

Nachdem der Herr Jesus fünf tausend Mann wunderbarlich in der Wüste gespeist, hat er seine Apostel auf einem Schiffel voran geschickt, über das Meer nach Bethsaida zu fähren; wie nun diese in Mitte des Meers mit den widerspenstigen Winden ziemlich duellirten mit ihren Rudern, und war es bei nächtlicher Weil, so ist ihnen daselbst der Heiland erschienen, welcher sich zeigte, als wolle er vorbei gehen, die guten Apostel haben ihn nie erkennt, sondern sie seynd erschrocken, daß ihnen die Haar gen Berg gestanden, und überlaut aufgeschrien, dann sie haben nit anderst vermeint, als sey es ein Gespenst, der Bau, Bau: Putabant esse phantasma. Daß dazumal [56] die lieben und frommen Apostel ein böses Gewissen haben gehabt, das glaub ich nit, außer der Judas möcht schon ein Schelm seyn gewest; aber sonst seynd alle diejenigen, welche eines bösen Gewissens, nit anderst beschaffen, indem sie so voller Furcht und einwendigen Schreckens, daß sie ein jedes Getös bei der Nacht für ein Gespenst halten, putabant esse phantasma.

Es ist einer gewest nit gar eines niedern Standes und Verstandes, welcher frisch und gesund schlafen gangen, bei der Nacht aber ein jämmerliches Geschrei erhebt, als wollt ihn jemand erwürgen; sobald nun die Bedienten eilfertig zugeloffen, hat er sie um Gottes willen gebeten, sie sollen alsobald um einen Beichtvater gehen, ja nit gehen, sondern laufen, er schwitzte am ganzen Leib, und schlug ihm das Herz wie einem Landbetller an der Hausthür: die Ursach seiner Furcht und unerhörten Schreckens war dieß: unter seinem Bett stund ein Krügel voll mit Milch, worvon er denselben Tag etwas gebraucht zu einer Farb, dann er ergötzte sich bisweilen mit Malen: unwissend seiner war eine Katz hinein geschlichen, welche mit dem Kopf in das enge Krügel also hinein gedrungen, daß sie nachmals denselben nit mehr konnte heraus ziehen, derentwegen das Krügel allemal in die Höhe gehebt, und wieder aus die Erd geschlagen; so oft er geschrien, war alles still worden, so bald er aber vermeinte, eine Ruhe zu haben, so ist das Klopfen wieder angangen, welches er für ein unfehlbares Gespenst gehalten, und also ernstlich geforchten, es möcht ihn der Schwarze holen, dann das böse Gewissen ängstigte ihn [57] solchergestalten, daß er eilfertig um einen Beichtvater geschickt, auf solche Weis hat diese Katz wunderbarlich einen großen Mauskopf gefangen. Was das böse Gewissen nit thut!

In Spanien ist auf eine Zeit eine Mordthat begangen worden, allwo sehr viel gegenwärtig gewesen, die doch alle sich entschuldiget und geläugnet, und man also hinter den Thäter nit sonnte kommen, dahero der verständige Richter alle halb nackend ausziehen lassen, und einem jeden an die bloße Brust griffen, dem das Herz zum stärksten geschlagen, den hat er für den schuldigen Thäter gehalten; und gar wohl, nach ergangener Aussag zugetroffen, das böse Gewissen verschweigt nichts.

Der König Balthasar hat ein sehr kostbares Panquet angestellt, und dazu eingeladen seine Obristen, deren tausend waren; tausend Obriste können ein ehrliches saufen, es waren lauter solche fromme Offizier, von gemeinen Soldaten war gar keiner dabei, die armen Teufel haben dazumal auch schon müssen fasten, wie es jetzo der Brauch; nachdem die Gesund- Trunk, Mund-Trunk, Rund-Trunk, Schlund-Trunk, ziemlich herum gangen, und alles im besten Allegoro, da siehet der König Balthasar durch eine unsichtbare Hand an die Wand diese drei Wort schreiben: Mane, Thecel, Phares, der König ist hierüber also erschrocken daß er ganz erbleicht, an allen Gliedern gezittert, und ihm beede Knie, wie zwei Schlegel, stets zusammen geschlagen, was allhier das meiste zu verwundern ist, daß der König einen guten, dicken, starken, festen, faisten Rausch gehabt, und gleichwohl hat er ihm also [58] geforchten, da doch Bacchus und Mars befreundt seynd, und kein bessers Necept für die Furcht, als ein paar Viertel Wein, dann Wohlgemuth, Rittersporn und Weinrauten, wachsen gern beieinander. Da wird geantwort, daß solche unermeßliche Furcht sey verursacht worden von dem bösen Gewissen des Königs, welcher mit lang vorhero den Tempel zu Jerusalem ausgeraubt, und allerlei gotteslästerische Thaten begangen, das böse Gewissen geißlet einen mehr, als Christus der Herr die Hebräer in dem Tempel, das böse Gewissen schlagt einen ärger, als der Prophet Balaam seine Eslin, das böse Gewissen rauft einen stärker, als der Eichbaum den Absalon, das böse Gewissen nagt einen heftiger, als der Wurm die Kürbesblätter Jonä, das böse Gewissen beißt einen grausamer, als die elisäschen Bären die Knaben, das böse Gewissen hammert einen gräulicher, als der Tubalcaim das Eisen, das böse Gewissen foppt einen stärker, als die Philistäer den Samson, das böse Gewissen macht aus einer Mucken einen Elephanten, aus einer Arbes einen Berg Olympum, aus einem Tüpfel ein Stadelthor, aus einem jeden Getös etwas Bös.

Zu Neapel war ein gottloser Spieler, welcher alles das Seinige durch das mißgünstige Glück verloren, und hierdurch in solche Furi gerathen, daß er nit allein in allerlei gotteslästerische Wort ausgebrochen, sondern auch ganz rasend in die Kirche geloffen, und daselbst eine gemalte Bildnuß der Mutter Gottes an der Mauer mit bloßem Degen so übel zugericht, daß das häufige Blut allerseits herab gerunnen, wie man es noch sieht in der Jesuiter-Kirche daselbst, allwo[59] besagtes Bild mit vielen Wunder-Zeichen leuchtet; dieser gottlose Thäter ist gleichwohl entgangen, und ganz sicher bis nach Florenz kommen, allwo er sich eine Zeitlang aufgehalten. Nun hat es sich begeben, daß allda bei der Nacht ein großer Todtschlag und harte Mordthat begangen worden auf der Gasse; weil dann sehr viel, Leut um den Entleibten herum gestanden, wie zu geschehen pflegt, worunter auch obbenannter Thäter war, also haben die Schörgen und Gerichtsdiener den Mörder allenthalben gesucht, und sonderlich einem jeden aus den Umstehenden stark in das Gesicht geschaut, endlich von freien Stucken den neapolitanerischen Spieler angegriffen, sprechend: du mußt der Bösewicht seyn, dann wir sehen es dir im Gesicht an; dieser bekennt alsobald seine Schuld, ja, sagte er, ich bin ein Uebelthäter, unschuldig zwar an diesem Todtschlag, aber etwas anders habt ihr mir in Augen angesehen, und erzählt anbei den ganzen Verlauf samt allen Umständen, was er zu Neapel begangen. Was das böse Gewissen nit thut! welches den Menschen also einwendig quält und plagt und peiniget, daß man es auch in Augen und äußerlicher Gestalt erkennen kann.

Unter andern Plagen, die der gerechte Gott über den verstockten König Pharao geschickt, durch die Händ der zwei Brüder, nemlich Moses und Aaron, war nit die mindeste die große Menge der Frösch, dann es waren dieser Grünhösler eine solche Anzahl, daß fast kein Ort ohne Frösch, oder kein Frosch ohne Ort; sie hupften sogar dem König selbst auf die Tafel, und sobald man nur eine Schüssel aufgedeckt, da waren [60] schon ein paar Frösch hinein plascht, der Henker freß solche Brocken; in der Stuben, in der Kammer, auf den Bänken, auf den Stühlen, auf dem Bett, ja allenthalben waren diese Maulaffen, und hat einer fast sein eigenes Wort nicht gehört, so haben diese Pfundgoschen geschrien, früh und spat, bei Tag und Nacht, war das immerwährende quackitzen, acht, acht, gib acht, gib acht, acht, acht, gib acht, gib acht; das hat den König dergestalten verdrossen, daß er die zwei wundertätigen Brüder hintersich und fürsich gebeten, sie wollen doch machen, daß er dieser Froschmäuler los werde.

Ein jeder Sünder und gottlose Mensch leidet eben diese Plag in seinem Herzen, das verletzte Gewissen schreit ihm unaufhörlich zu: gib acht, gib acht, man kann ihm das Maul nit stopfen, es laßt sich mit keinem Gespäß besänftigen, es schweigt nie still, sondern fort und fort: gib acht, gib acht. Wann er auf dem Wasser fahrt, gib acht, gib acht, daß du nit ersaufst, und vom Wasser den geraden Weg zum ewigen Feuer kommst. Wann er zur heißen Sommerszeit ein Wetter im Himmel vermerkt, gib acht, gib acht, daß dich der Donner nit erschlag, und also unverhofft blitztodt werdest. Wann er bei einer alten baufälligen Mauer vorbei geht, gib acht, gib acht, daß dir nit ein Stein auf den Schädel fall, und dir den letzten Stoß in die Höll gebe. Wann er bei der Nacht einen Fall oder Getös hört, gib acht, gib acht, daß du nit des gähen Todes sterbest, und folgsam zum Teufel fahrest. Wann er siehet einen Todten begraben, gib acht, gib acht, [61] daß dir nicht auch bald solches widerfahre, wie schlecht wirst du bestehen bei dem strengen Richter. Wann er von einer grassirenden Pest oder Seuche etwas hört, gib acht, gib acht, daß dieses Uebel über dich nit komme, wie hart würde deine Verantwortung seyn; auf solche Weis schreit ihm das verletzte Gewissen ohne Unterlaß zu.O verfluchte Niederkunft des bösen Gewissens mit dem nagenden Wurm!

Der h. Corbinianus, Bischof zu Freising, hatte einen Esel samt einem kleinen Glöckel am Hals ganz allein auf der Weid gelassen; diesen hat auf eine Zeit ein gewissenloser Mensch hinweg geführt, und in seinem Haus verborgen; der gute Langohr hat ihm das Maul bald stopfen lassen mit einem Büscherle Heu, aber das Glöckel wollt nit schweigen, sondern immerzu kling, kling. Er verschoppt's mit Hadern, hat aber nichts geholfen, sondern alleweil kling, kling, kling; er bindt den Klächel mit einem starken Riemen, hat es aber nit verhindern können, sondern fort und fort kling, kling. Er grabt's gar in die Erd ein, es war aber umsonst, und blieb bei dem alten kling, kling, so lang und so viel, bis der h. Mann seine Esel wieder bekommen. Das verletzte Gewissen ist ganz natürlich also beschaffen, es schweigt nimmermehr still, bist beim Faß oder Gespaß, so meldt es sich, bist beim Brauß; oder Schmauß, so rührt es sich, bist beim Krug oder Pflug, so spreizt es sich, bist beim Bett oder Bret, so bewegt es sich, bist beim Lust oder Gust, so reispert es sich, bist bei Leuten oder Fröhlichkeiten, so gibt's doch keine Ruhe.

Laß dir erzählen etwas, so wohl lachenswerth [62] ist. In einem Kloster, so mir gar wohl bekannt, hat ein guter Geistlicher und einsamer Religios seine wenige Freud und kleine Ergötzlichkeit gehabt in dem Vögelfangen, welchen winzigen Gespäß er in dem Klostergarten vollbracht; einmal bei später Herbstzeit hat er in der Fruhe sehr viel Maisen gefangen, und weil er unterdessen keine andere Behaltnuß bei sich hatte, also hat er vorn in Busen etliche Maisen gesteckt. Nun hat es sich zugetragen, daß gleich dazumalen ein vornehmer Kavalier in die Kirche kommen, welcher gar bald und schleunig eine h. Meß verlangt, der Sakristan, damit er nicht weit herum zu laufen hab, ruft gleich diesen Pater, geschwind, geschwind, der und der Kavalier warte, nur geschwind; der gute Mann, als der sonst alles eilfertigen Gehorsams Liebhaber gewesen, eilt alsobald in die Sakristei, und vergißt die Maisen im Busen, wie er mit dem Kelch zum Altar hinaus gangen, da fingen die Maisen an zu pippen und schreien. O Gott! wem war äugster, als dem guten Geistlichen, das Gesicht wurde über und über mit der rothen Farb überzogen; er sucht in dem Buch die Meß auf, die Maisen melden sich in dem Busen alleweil; wie er endlich die h. Meß angefangen, und in dem Consiteor zu dem mea culpa komnen, da hat er mit der ganzen Faust auf die Brust geschlagen dreimal, und dadurch den wispelenden Vöglen den Rest geben.

Wer ein böses und verletztes Gewissen hat, der tragt solche Maisen im Busen, die immerzu zwittern und schreien, seynd's keine Maisen, so seynd's doch Masen, verstehe Mackel und Unflath in dem Gewissen, woraus [63] ein stets nagender Wurm erwachst, das hat erfahren der Adam, wie er vor dem Angesicht Gottes geflohen, und hinter dem dicken Gesträuß sich verborgen. Das hat erfahren der Kain, welcher die erste Stadt gebaut und aus einem groben Bauern ein verzweifelter Burger worden. Das hat erfahren der Saul, wie ihm der David einen Fleck vom Mantel gestutzt. Das hat erfahren der König Achab, wie er den frommen Naboth aus dem Weg geraumt. Das hat erfahren jener Hauspfleger in dem Evangelio, wie sein Herr die Reittung von ihm begehrt. Das hat erfahren Kaiser Domitianus, welcher das Zimmer, wo er wohnte, mit lauter Spiegel lassen verhängen, damit er allerseits sehe, ob ihm nicht einer nach dem Leben trachte. Das hat erfahren der gothische König Theodorikus, dem stets des entleibten Römischen Symachi Haupt und Todtenkopf vor Augen schwebte. Das erfahrt ein Jeder, der einige Sünd und Unthat begangen.

Der Job aus der Landschaft Hus, hat aufgebissen manche harte Nuß, indem er mit Erlaubniß der göttlichen Majestät von dem Teufel so stark ist geplagt worden; erstlich kam ihm ein Bot mit dieser schlechten Zeitung: Die Sabäer seynd eingefallen, und haben alle Ochsen und Esel weggetrieben, die Knecht alle niedergemacht; ich allein bin entronnen, dir solches zu verkündigen. Und als dieser noch redete, kam ein anderer, und sprach: die Chaldäer machten drei Haufen, und überfielen die Kameele, und nahmen sie hinweg, und die Knaben hauten sie nieder, und ich bin allein entronnen, dir solches zu verkündigen. Dieser hatte noch nicht ausgeredt, siehe, da kam ein anderer hinein und [64] sprach: als deine Söhn und Töchter im Haus ihres ältesten Bruders aßen, und Wein tranken, da erhub sich gähling ein heftiger Wind, und zerschütterte die vier Eck des Hauses, daß es zu Boden fiel, und erschlug deine Kinder; ich allein bin entronnen, dir solches zu verkündigen. Es kann einem billig seltsam vorkommen, warum der Teufel jedesmal alle ermordt, allezeit aber einen übergelassen, der dem Job das Uebel konnte ankünden.

Auf gleiche Art geht es mit dem bösen Gewissen her, in demselben bleibt allemal einer übrig, der das Böse ankündet, und dieser ist der nagende Wurm, der stets mit der Zeitung kommt, das und das, und das ist geschehen; es wirst dem König und Landsfürsten vor, daß er die Frau Justitia läßt in schlechten Bärnhäuter-Zeug kleiden; es wirst dem Adel vor, daß oft unter einem offenen Helm ein offener Schelm stecke, und aus dem nobilis ein stets nobis heißt, nobis ihr Bauern: es wirst der Geistlichkeit vor, daß sie oft genauer gehe auf den Zehent, als auf die Zehen Gebot, und befleißet sich besser, ein Wirth, als ein Hirt zu seyn: es ropft der Obrigkeit vor, daß sie oft weniger Augen haben, als eine Spital-Suppe, dahero wegen der Fahrläßigfeit das Gute abweiche und das Böse einschleiche. Es ropft dem Soldaten vor, daß der Martius mit dem Oktober so gut freund seye, dahero kein Wunder, daß das Wein-Faß so manches Nesas ausgebrüt. Es wirft den Kaufleuten vor, wie oft sie kurze Ellen in die lange Auszügl gebracht, und das alte Testament für das neue feil boten. Es ropft den Bürgervor, daß sie am Sonntag und Feiertag öfter den Weinzeiger, als Uhrzeiger anschauen, und ihnen die Bruder-schaften zum liebsten, wo auch die Schwestern darbei [65] sitzen. Es wirst den Bauern vor, daß sie zu geistlichen Sachen Esel, im Betrügen aber Füchs abgeben, und so ihnen schon viel Traid auf dem Acker wachst, so finden sie doch mehr Haiden im Gewissen. Es wirft denen Dienstboten vor, wie viel ihnen das Abtragen ein ganzes Jahr hab eingetragen, und haben sie so gut gewirthschaftet, wie der Bock im Kraut-Garten. Es wirst den Bettlern vor, daß ihnen oft ihr falscher Grind hab mehr genutzt, als manchem Bauern ein rechter Grund, und seye ihnen nie besser gangen, als wann sie gehunken. Es wirst den Weibern vor, wie viel sie mit Kuchel-Zecker und Kuchel-Zucker den Mann schon verschwärzt, und gleichwohlen das eigene Essen nit so viel kost, als das fremde Lefflen. In Summa, wie die Boten dem Job, alles was geschehen, verkündiget, also das verletzte Gewissen, alles was begangen, andeut und anzeigt.

Kein Pein noch Tortur kann grausamer seyn, als, welche der unmenschliche Tyrann Mezentius erdacht. Dieses menschliche Unthier ließ einen todten Körper, der schon etlich Tag im Grab gelegen, wiederum herausnehmen, welcher bereits voller Gestank, Eiter, Fäule und Würm war, den befahl er auf einen nackenden lebendigen Menschen zu binden, dergestalten, daß Brust auf Brust, Händ auf Händ, und Gesicht auf Gesicht gelegen, und also der Todte ein Henker und Peiniger müssen abgeben, zumalen dieser mit den vcrglasirten Augen, mit dem stinkenden Maul, mit der eiterigen Nase, mit der kalten Brust, unaussprechlich peinigte, und forderist die aus dem todten Aas hervorwimmelnde Würm den Unterliegenden lebendig verzehrt. O erschreckliche Pein!

Nit viel ungleich begegnet allen denjenigen, die eines [66] bösen Gewissens seynd: dann was ist die Sünd anders, als ein stinkendes Todten-Aas, welches das Gewissen immerzu dem Menschen vor die Augen stellt? Und was kann schmerzlicher seyn, als dieser Anblick? was kann peinlicher seyn, als dieser Gestank? wer kann beschwerlicher seyn als diese Last? was kann grausamer seyn, als dieser Wurm? was kann härter seyn, als diese Bürde? was kann erschrecklicher seyn, als diese Larve? eine Larve, so abscheulich, eine Bürde, so unerträglich, ein Wurm, so stets naget, eine Last, so immer drucket, ein Gestank, so allzeit frisch, ein Anblick, so nie verhüllt; der Anblick ist über alle Gespenster, der Gestank ist über alle Unflath, die Last ist über alle Berg, der Wurm ist über alle Thier, die Bürde ist über alle Aengsten, die Larve ist über alle Schrecken. O verfluchte Niederkunft des Gewissens mit dem nagenden Wurm!

Simon Majol. verzeichnet eine wunderliche Geschicht, daß nemlich ein alter, aber beinebens sehr reicher Mann seye gewest, mit Namen Pandochäus, dem eine einige Tochter war, welche ins künftig sollte seyn eine völlige Erbin aller großen Verlassenheit, weil nun eine solche Agnes, wie ein Magnes, gar leicht die Gemüther an sich zieht, also hat um solche geworben ein Jüngling, so bei obbemeldtem Pandochäo in Diensten war, diesem aber thät der Alte seine Bitt auf alle Weis' weigern, in Bedenkung, daß er gar bei geringen Mittlen, und niedern Herkommens, da nun auf eine Zeit der vermögliche Pandochäus samt seiner Frau und jungen Tochter auf etlich Tag ausgereist, hat er die ganze Haus-Verwaltung gedachtem Jungling bestermaßen anbefohlen, als der bishero eine löbliche [67] Treu allemal spüren lassen, unter solcher Abwesenheit des Pandochäi hat sich ereignet, daß ein sehr reicher Handelsmann daselbst die Einkehr und Nachtherberg genommen, dem der angesezte Hausherr bestermaßen aufgewart, durch das Geld aber dahin gelockt, daß er besagten Kaufmann bei nächtlicher Weil jämmerlich ermordt, den Körper im Stall begraben, und sich mit der spolirten Hab- und Baarschaft nit wenig bereicht; als Pandochäus wieder samt den Seinigen gesund nach Haus gelangt, hat er an der gehabten Verwaltung ein sonders Wohlgefallen getragen, der verstellte Böswicht aber gab vor, wie daß ihm unter der Zeit Brief seyn eingeloffen, wodurch er wegen; Absterben eines und des andern nächsten Anverwandten mußte zu Haus erscheinen, bitte demnach auf das Schönste, Pandochäus wollt ihm auf 4 oder 5 Wochen licentiren, verheiße aber beinebens, daß er sich wieder emsigst wollt einfinden, und zu mehrer Versicherheit gab er ihm seinem Herrn etwas von Geld aufzuheben: Pandochäus konnte es dem, wie er vermeinte, treuen. Dienen nit abschlagen, und ertheilt ihm hierinfalls alle. Willfährigkeit, mit welcher der Mensch abgereist, sich da und dort eine Zeitlang verweilt, und bevor 4 Wochen verflossen, mit sonderm Kontento zurück kommen, dem Pandochäo eine ziemliche Summa Geld, welche er als eine empfangene Erbs-Portion vorgeben, da es unterdessen ein geraubtes Gut war, aufzubehalten, anvertraut, wodurch des Alten Gemüth sich weit anders befunden, und also an der Heirath mit seiner Tochter, bald eine Richtigkeit geschlossen worden. Es stunden wenig Jahr an, ist dieser Glücks-Vogel also [68] weit kommen, daß er daselbst mit gesamter Gutheißung zu einem Stadtrichter erwählt worden, unter der Zeit aber litte er also von dem nagenden Gewissens-Wurm, daß er manchesmal seinem eigenen Weib bekennt, daß ihn bereits das Leben verdrießig gedunke, sagte aber die Ursach dessen nit; wie er einmal sollte auf das Rathhaus gehen, und denselben Tag das Urthl sprechen über einen armen Sünder, begehrte er zuvor etwas zu essen, dem seine Frau alsobald einen Kalbskopf, weil ihm sonst dergleichen Speis wohlschmeckte, in einer verdeckten Schüssel aufgesetzt, so bald der Herr Stadtrichter die Schüssel abgedeckt, da schreit er überlaut auf, erbleicht in dem ganzen Angesicht, beklagt sich, daß man ihm einen todten Menschenkopf auf die Tafel getragen, und wollt er ihm dießfalls, obschon alle das Widerspiel gesagt, an seiner Meinung nichts nehmen lassen, dahero ganz traurig und entrüstet von dem Tisch nach dem Rathhaus gangen, und nachdem er allda mit gewöhnlichen Ceremonien das Urthl gefällt über den gegenwärtigen Missethäter, hat er zugleich sich selbsten angeklagt, und ein gleiches Urthl über sein eigenes hartes Verbrechen gefällt, alle Umstehenden glaubten, es seye etwan der gute Herr durch waserlei Zustand etwas im Hirn verwirrt worden, und von der heftigen Melancholei der Verstand verkehrt, denen aber allen hat er umständig zu verstehen geben, daß er in aller Wahrheit seine Missethat bekenne, dann ihm nie mehr möglich seye, den bißhero so scharf nagenden Gewissens-Wurm länger zu leiden, zu mehreren Urkund sollen sie in seinem Haus an dem und dem Ort graben, und da werden sie den ermordeten [69] Menschen finden, welches dann alles, nach eigener Aussag, zugetroffen, und hat dieser nachmahls, laut eigener Bekanntnuß und Urthl, lieber enthaupt werden und sterben, als länger in dem elenden Stand des bösen Gewissens leben.

Wer das böse Gewissen vergleicht einem bösen Weib, der thut recht, ein recht bös Weib ist ein Teufels-Roß, ein Teufels-Rueß, ein Teufels-Thür, ein Teufels-Thor, ein Teufels-Leder, ein Teufels-Luder, ein Teufels-Handel, ein Teufels-Hund, eine Teufels-Zang, eine Teufels-ung, ein Teufels-Bret, eine Teufels-Brut, ein Teufels-Buch, ein Teufels-Pech, ein Teufels-Stamm, ein Teufels-Stimm, ein Teufels-Rad, ein Teufels-Red; eine solche Red thut nichts als klagen, ein solches Rad thut nichts als plagen, eine solche Stimm thut nichts als schreien, ein solcher Stamm thut nichts als keien, ein solches Pech thut nichts als beschmieren, ein solches Buch thut nichts als verführen, eine solche Brut thut nichts als wachen, ein solches Bret thut nichts als krachen, eine solche Zung thut nichts als reissen, eine solche Zang thut nichts als beißen, ein solcher Hund thut nichts als bellen, eine solche Hand thut nichts als stehlen, ein solches Luder thut nichts als grausen, ein solches Leder thut nichts als pfnausen, ein solcher Ruß thut nichts als schwärzen, ein solches Roß thut nichts als schmerzen, ein bös Weib murrt, kurrt, summt, brummt, stutzt, trutzt, platzt, kratzt, socht, pocht, siedt, wüth, rümpft, stumpft den ganzen Tag, gibt keine Ruhe, keinen Fried, keine Rast, keine Lust, keine Lieb, kein Lob, den ganzen Tag währt diese Plag, die ganze Zeit, ist man so keit, alleweil allarmo, [70] daß Gott erbarm, eben auf solche Weis' tobt und wüth ein böses Gewissen. Derjenige, so von Jerusalem nach Jericho gereist, und auf dem Weg unter die Mörder gerathen, ist übel zugericht worden, aber ein böses Gewissen ist noch mehr verwundt. Die Schwieger Simonis war mit einem starken Fieber behaft, und dessentwegen sehr gezittert, aber ein böses Gewissen macht noch mehr zittern. Bei dem Bett, und Haupt-Kissen des Holosernis ist ein scharfer Dolch gehangen; aber die Sünd hängt noch einen schärfern Dolch in das Gewissen. Die Egyptier haben bei ihrer erschrecklichen Finsterniß einen großen Schrecken gelitten, aber ein böses Gewissen jagt noch einen größern Schrecken ein. Jener Wurm ist scharf gewest, durch dessen Blut alle Stein zum Tempel Salomonis seynd gespalten worden, aber der Wurm, so das böse Gewissen nagt, ist noch schärfer. Das Meer hat sehr getobt, wie das Schiffel samt den Apostlen hat sollen zu Grund gehen, aber ein böses Gewissen tobt noch heftiger. Des David Igel hat sich in einen hohlen Felsen verschlossen, petra refugium herinaceis, aber in dem bösen Gewissen steckt noch ein gräulicherer Igel. Der Hahn hat dreimal krähet, wie Petrus den Herrn verläugnet, aber ein böses Gewissen krähet unaufhörlich. Absalon ist mit einer dreifachen Lanze durchstochen worden, aber ein bös Gewissen wird stets durch den Gewissens-Wurm durchbohrt. O verfluchte Niederkunft des bösen Gewissens mit diesem Wurm!


[71] Allegro!


Allegro! schreit hingegen ein gutes, ein frommes, ein unbeflecktes Gewissen. Drei Engel, in Gestalt dreier Männer, kommen auf eine Zeit zu dem Abraham, welchen der fromme Patriarch alle möglichsten Ehren erwiesen; Gesottenes und Gebratenes, so viel die eilfertige Sara hat können zurichten, aufgesetzt; endlich thut ihm einer eine neue Zeitung ankünden, wie daß er werde einen Erben erzeugen mit seiner Frau, und zwar einen jungen Sohn; wie solches die Sara gehört, konnte sie das Schmutzen nit erhalten, in Bedeutung, daß sie schon ein neunzigjähriges Weib, und soll erst ein Kind tragen, eine seltsame neue Zeitung für ein altes Weib. Es ist aber gleichwohl durch sondern göttlichen Willen geschehen, daß Sara groß Leibs worden, und wie sie eine glückselige Niederkunft gehabt, und einen frischen Sohn auf die Welt gebracht, hat sie solchen Isaak genennt, welches so viel heißt, als risus, ein Gelächter, ist also Sara mit einem Gelächter niederkommen.

Eine solche von Gott gebenedeite Sara ist das gute Gewissen, welches nichts anders gebäret, als ein Gelächter und unbeschreibliche Freuden. Das gute Gewissen ist ein Garten, worin nichts anders wachset, als Augen-Trost; das gute Gewissen ist ein Kalender, worin nichts anders stehet, als schönes Wetter; das gute Gewissen ist ein Brevier, worin nichts anders gelesen wird, als Dominica lactare; das gute Gewissen ist ein Tempel, worin die vornehmsten Patron: Hilarion und Gaudentius; das gute Gewissen ist ein Lämmel, welches nichts anders tragt, als Woll, Woll; [72] das gute Gewissen ist eine Schildwacht, allwo man nichts anders schreit, als gut Freund; das gute Gewissen ist eine Hochzeit, worauf das Herz vor Freuden tanzt.

Wie das verlorne Bürschel von Schweinfurt und Magdeburg wieder nach Haus kommen, vivendo luxuriose, das Seinige also durchgejagt, daß er nit ein gutes paar Hosen am Leib gehabt, weil solche Lumpenhund mit schlechten Fetzen umgehen, so müssen sie endlich zerrissen seyn; der liebe alle Vater ist ihm gleichwohl um den Hals gefallen, wo sonst ein Strick kätt hingehört, und ihn alsobald von Fuß auf hat lassen kleiden, auch eine sehr stattliche Mahlzeit zurichten lassen; damit aber an der Freud keinerseits ein Mangel sey, also hat man um wackere Spielleut geschaut, da ist das Geigen, Pfeifen, Blasen, Trommeln, Singen, Springen angangen, Juhei-Ju-Ju-Juhei, trararum-trararum-Ju-Ju-Ju; der andere Bruder, wie er nach Haus kommen vom Acker, gedacht, was tausend Veitl fangt der Alte an? es wird ja der Geck nit geheirath haben? endlich vernimmt er durch die Bedienten, daß sein sauberer Bruder wieder sey ankommen, deswegen sey solches Freudenfest angestellt; ich will glauben, daß eine große Freud und Fröhlichkeit sey damals gewesen, aber der Jubel in einem guten Gewissen ist unermeßlich größer, die Freuden in einem guten Gewissen seynd unsäglich häufiger, die Ergötzlichkeit in einem guten Gewissen ist unbeschreiblich besser. Ihr Luderer, all euer Essen und Vermessen, ihr Ueppige, all euer Singen und Springen, ihr Buhler, all euer Kussen und Bussen, haben nit ein Quintel Freuden, was da zentnerweis gefunden [73] wird in einem guten Gewissen. Dieses ist ein Paradeis der Wollüste, eine lustige Wohnung Gottes, eine göttliche Freud, eine freudenvolle Freiheit, eine freie Ergötzlichkeit; an diesem ist alles Guts, an diesem ist alles fröhlich, und dieses ist alles ring, aus diesem ist alles sicher, bei diesem ist alles glücklich.

Ein armer Geistlicher ist einmal über Land gereist, und auf dem Weg unter die Mörder und Straßenräuber gerathen, welche Raubvögel alsobald von ihm ein Geld wollten erpressen, weil sie aber wegen seiner freiwilligen evangelischen Armuth nichts konnten erhalten, also haben sie ihm auferlegt, entweder soll er ihnen in aller Eil eine Predigt machen, oder sie wollen ihm den Kehraus singen; der fromme Mann besinnet sich dessen nit viel, sondern steigt alsobald auf einen alten Stock, und fangt folgende Predigt an: In Nomine Domini vergleich ich euer Leben dem Leben unsers lieben Herrn (die Gesellen spitzten die Ohren hierüber, und hofften eine Lob-Predigt) unser Herr hat viel gelitten auf dieser Welt, ihr leidet auch nicht wenig; unser Herr ist von einem Ort zum andern gangen, ihr seyd auch flüchtig hin und her; unser Herr hatte nur einen Rock, ihr, glaub ich, habt auch nicht mehr, als diese Kleider; unser Herr hat sich in der Wüste 40 Täg aufgehalten, ihr seyd noch länger in diesem Wald und Wüsten; unser Herr ist vom bösen Feind versucht worden, euch reit der Teufel eine ganze Zeit; die Juden zielten täglich dahin, wie sie unsern Herrn möchten fangen, auch der Land-Profoß lauert euch stets auf, wie er euch mag ertappen; unser Herr ist mit Geißlen und Ruthen hart geschlagen [74] worden, ihr habt vermuthlich auch schon einmal einen Gang durch die Stadt gewagt, und ausgestrichen worden; unser Herr ist unschuldiger Weis verurtheilet, und zwischen zwei Schächern ans Kren; gehängt worden, ihr werd't auch einmal, doch schuldiger Weis', gerädert oder gehängt werden; unser Herr ist gestorben, und in die Höll gestiegen, daselbst die Altväter zu trösten, ihr habt nach dem Tod einen Vorthl, daß ihr nicht dürft in die Höll steigen, sondern der Teufel wird euch selbst holen, Amen. Die Predigt war aus; wie? sagten die Bösewichte, trauest du uns so keck dieß in das Gesicht zu sagen, sollst du uns nit mehr gelobt und erhebt haben, damit du dein Leben konntest salviren? fürchtest du nicht, daß wir jetzo gleich dir werden den Rest geben; gar nichts, antwort der Geistliche, nit ein Haar, dann ich hab Gott bei mir, in meinem Gewissen bin ich mir nichts Böses bewußt, also hab ich nicht Ursach zu fürchten, nit Ursach zu traueren, sondern zu lachen und frohlocken, dann laßt ihr mir das Leben, so kann ich noch länger Gott dienen, und meine Verdienste vermehren, nehmet ihr mir das Leben, so befördert ihr mich in die Seligkeit, und thut mir die Thür auf in Himmel; diese Wort hat der fromme Mann mit Lachen geredt, und mit Reden gelacht, dann ein gutes Gewissen kann nie traurig seyn.

Der ein böses Gewissen hat, der wird wohl melancholisch aussehen, der wird em Gesicht haben, wie eine sauere Kraut-Brühe, der wird nichts anders seyn, als ein Angst-Haas, der wird zu Haus hocken, wie eine Bruthenn, der wird eine Stirn machen, wie ein[75] Holzäpfel-Krämer, der wird eine Quintessenz seyn des Unlusts, der wird sich weniger spreizen, als ein gestumpfter Kehrbesen, der wird dem Tod sein nächster Schwager seyn, dann des Tods Schwester heißt Melancholia; aber wer ein gutes Gewissen hat, der wird zu allen Zeiten fröhlich seyn, in allen Begebenheiten ruhig seyn, in allen Gefahren sicher seyn, in allen Drangsalen getröst seyn, an allen Orten aufgemuntert seyn, in allen Sachen unbekümmert seyn; zu allen Sachen wird er lachen, zu allen Dingen wird er singen, zu allen Brocken wird er frohlocken, zu allen Keiereien wird er sich erfreuen, und allezeit seyn allegro.

Nachdem der tyrannische Herodes den heil. Jakobum aus dem Weg geraumt, und hierdurch merklich gespürt, daß solches dem jüdischen Volk angenehm und wohlgefällig, also hat er auch den ersten Papst in die Gefängnuß geworfen, in Willens, denselben nach dem hochfeierlichen Osterfest hinzurichten. Petrus war also an zwei eiserne Ketten augeschmiedt, mit vielen Soldaten stark verwacht, und gleichwohl hat er dieselbe Nacht sehr wohl geschlafen, da er des andern Tags sollte geköpft werden: Erat Petrus dormiens etc., um Gottes willen, sagt ein jeder, und denkt ein jeder, wie konnt ich doch die Nacht lang schlafen, wann ich wußt, daß ich zu Morgens um einen Kopf zu kurz käm? wie konnt mir doch bei der Nacht der Kopf so schwer seyn, wann ich wüßt, daß ich des andern Tags sollt um einen Kopf ring er werden? wie konnt ich doch hei der Nacht Bretter schneiden, wann ich wußt, daß man mir sollt zu Morgens den Kopf abschneiden? Erat Petrus dormiens. Ungeacht alles dieß ha [76] Petrus gut, sanft, ring, ohne Sorgen, ohne Angst, ohne Kummer, nichts Mucken, nichts Zausen, nichts Grillen, bei der Nacht in der Keichen, bei der Wacht in den Ketten geschlafen, und gut geschlafen. Es ist sich aber über solches so stark nit zu verwundern, dann er hatte ein guts Gewissen, und ein guts Gewissen ist das beste Kissen, worauf der sanfteste Schlaf. Der ein gutes Gewissen hat, der hat keine Furcht, fürcht keine Trübsal, betrübt sich niemal, sondern stets allegro.

Thomas Morus, dieser engelländische und englische Kanzler, hat vor dem Tode und bei dein Tod immerzu ein fröhliches Gesicht gezeigt, und Scherzwort hören lassen; als er in dem Thurm verhaft gelegen, und der König nochmal zu ihm geschickt, und fragen lassen, ob er in voriger halsstärriger Meinung verbleibe, so hat er dem König lassen andeuten, wie daß er sich anderst resolvirt; als man aber verlangte, er wolle solches schriftlich geben, sagte Morus mit lachen, dem Mund, er sey bishero des Willens gewest, ihm lassen durch den Barbierer den Bart wegzuschneiden, nunmehr sey er anderst gesinnt, und wolle warten, bis der Bart mit samt dem Kopf werde abgeschnitten, und folgsam in einer Arbeit. Als eben dieser an das Ort hinauf gestiegen, wo er sollte enthaupt werden, hat er einen Beistehenden gebeten: mein lieber guter Freund, reich mir deine Hand her, und hilf mir hinauf, herunter will ich dir keine Ungelegenheit machen; wie ihn der Scharfrichter um Verzeihung gebeten, dem gewöhnlichen Brauch nach, so hat ihm Thomas einen Kuß geben, und zugleich ein engelländischcs Goldstück, [77] meldend, es habe ihm kein Mensch solche Gnad erwiesen, als er.

Diesem tapfern Kämpfer war nit ungleich Joannes Fischerus, roffensischer Bischof, dem Paulus, der dritte römische Papst, den Kardinalhut geschicket; als er in der Keiche war, und ihm der gottlose König Henrich sagen lassen, es hab ihm zwar der Papst den Kardinalhut geschickt, aber er will bald machen, daß er werde keinen Kopf haben, worauf er solchen Hut trage; nicht lang hernach ist lautmährig worden, daß Fischerus solle sterben, und derentwegen der Koch denselben Tag nichts zugericht, dahero der fromme Bischof gefragt, warum er dann kein Mittagmahl koche? ich glaub, sagte der andere, dieser Tag werde ihm der letzte seyn; was schadt es, versetzte hinwider Fischerus, er solle gleichwohl ein Mittagmahl gerechtlen, ist es aber, daß er Vormittag noch soll sterben, so könne er, der Koch, ein Gast seyn, und das Mittagmahl verzehren; da ihm Wolfingamus, der Geschloß-Hauptmann, fruhe Morgens angedeut, wie daß er durch ein königliches Edikt zum Tod sey verurthlet, und denselben Tag müsse sterben, fragt noch der Bischof, um was Stund? als aber Wolfingamus geantwort, um 9 Uhr, so laßt mich doch noch ein paar Stund schlafen, weil es erst 5 Uhr, dann ich heut Nacht gar wenig geschlafen, worauf er dann zwei Stund überaus wohl geruhet, nachmals hat er dem Diener anbefohlen, er soll ihm die besten Kleider herzu tragen, dann, sagt er, heut muß ich sauber aufziehen, weil heut mein Hochzeit-Tag, ist also mit fröhlichem [78] Herzen singend zum Tod gangen. Das Gewissen kann nicht anderst, als allegro stehen.

Wie Petrus Richardus, aus der Societät Jesu, ein h. Martyrer in Engelland, in der Gefängnuß von vielen Lottersbuben sehr schimpflich traktirt worden, unter andern einer ihm stets vorgeworfen, daß Petrus nicht allein die Schlüssel empfangen, sondern es seyn ihm auch eine ganze Burd Schlüssel eingehändiget wor den, dem endlich der Kämpfer Christi lachend geantwort: Petrus habe die Schlüssel zum Himmel bekommen, er aber die Schlüssel zum Keller, das könne man gar leicht wahrnehmen aus seiner rothen Nase.

Als Alexander Briantus, welcher auch unter Elisabetha um Christi Ehr und Lehr willen gestorben, auf der Folterbank erschrecklich gestreckt und gereckt worden, hat er mit fröhlichem und freundlichen Angesicht den Nortonum, so den Henker hiezu ermahnt, angeredt: mein Kerl, ich bin dir obligirt, weil du mir mehr hast geben, als Gott, dann Gott hat mir einen Leib geben, der nit gar lang, du aber hast mich noch um eine gute Spann länger gemacht.

Paulus, dieser Welt-Apostel, dieser tarsenische Prediger, dieses Gefäß der Auserwählung, diese erschallende Welt-Trompete, diese Haupt-Saul der Kirche, dieser Lehrer, Bekehrer, Vermehrer des christlichen Glaubens, wie er gefangen worden, bunden worden, prüglet worden, ausgestrichen worden, gesteiniget worden, verrathen worden, verspott worden, versenkt worden, verwiesen worden, verschmäht worden, gepeiniget worden, verstoßen worden, und für einen Verräther des Lands, Verführer des Volks, Verwerfer des Gesatz, [79] Verderber der Synagog, Vernichter des Glaubens, Verbanner des Friedens gehalten werden, da hat er gelacht, da hat er gefrohlocket, da hat er jubilirt, da hat er bekennt, daß er einen solchen Ueberfluß der Ergötzlichkeit in seinem Herzen empfinde, daß er schier vor Freuden nit weiß, was er thue: Repletus sum consolatione, superabundo gaudio in omni tribulatione nostra. Und solche Freud und Trost hatten keine andere Mutter, als das gute Gewissen, keine andere Wurzel, als das gute Gewissen, keinen anderen Ursprung, als das gute Gewissen, allegro.

Die Propheten-Kinder, ihren Hunger zu stillen, haben auf eine Zeit Kräuter gesucht, weil sie aber unerfahrne Fratzen gewest, also haben sie anstatt der heilsamen Kräuter lauter wilde Colloquinten gesammlet; nachdem sie solche kocht, und ein jeder von solcher Speis' gekost, haben sie wahrgenommen, daß solches Gefräß bitter, wie eine Gail. Oime! was haben sie für Gesichter geschnitten, einer machte ein krummes Maul, wie ein lateinisch S, ein anderer machte ein gespitztes Maul, als wollt er Federmesserl vomiren, der dritte machte ein groß Maul, als wollt er einen Backofen schlücken, alle insgesamt haben aufgeschrien: Mors in olla, der Tod ist im Hafen etc. Nachdem aber der Mann Gottes Elisäus ein wenig weißes Mehl darein gesträhet, so ist wunderbarlich alle Bitterkeit vergangen. Ein böses Gewissen ist ganz gleich diesem Kraut-Topf, dann es auch voller Bitterkeit, sobald aber das weiße Mehl der Unschuld darein kommt, da wird alles süß, über Zucker und Honig. Da ertrinkt der Pharao, da singt der Moses, [80] da erwürgt Samson den Löwen, da sindt man den Honig-Fladen, da wird der Achan versteiniget, da findt man den Schatz, da fallen die Mauern zu Jericho, da erklingen die Posaunen, da muß der Ismael aus dem Hans, da hat der Isaak gute Täg da hängt man den Pfisterer, da beschenkt man den Weinschenk Pharaonis, da fallt der Dagon, da erhöht man den Bunds-Kasten, da wälzt man den Stein von dem Grab, da siehet man die Auserstehung, alles in Fried und Freud. Allegro.

Ein Religios und Ordensmann hat vor einem großen König geprediget; weil aber dieser Geistliche sehr guter Leibsgestalt, und wohl gespickt und gespeckt, also hat ihn der König befragt, woher es komme, daß er so leibig und faist sey, indem er doch einen harten Orden, große Kasteiungen, öftere Fasttäg, und gar eine schlechte Tafel habe, entgegen aber theils seine Hof-Herren und Hof-Leut bei dem Ueberfluß und herrlichen Tractament so bleich, so dürr, so mager seyn, und weniger Faisten haben, als eine Saite auf einer Baßgeige? die Ursach, sagt der Pater, allergnädigister Herr, die Ursach ist, weil sie das rechte Kreuz nit machen, wie ich; es wollte der König kurzum wissen, was dann dieß für ein Kreuz? worauf der Pater mit der Hand auf seine eigene Stirn griffen, als wollte er das lateinische Kren; formiren, und darzu gesprochen: ohne Prozeß; nachmals mit der Hand an die Brust, ohne Weib, wiederum mit der Hand auf die rechte Seite, ohne bös Gewissen, nachgehends mit selbiger Hand auf die linke Seite, und sprach zugleich, diese seynd die besten Bissen, [81] Amen. Und damit du es noch deutlicher fassest, also hab ich dir solches Kreuz herbei gesetzt, nemlich:



Es ist ein Kraut, welches in der Apothecke Buglosa genennt wird, auf deutsch insgemein Ochsenzung; dieses Kraut hat scharfe, faiste, harrechte, schwarze und grüne Blatter, so ziemlich schmal und spitzig seynd, auf seinem dünnen Stengel bringt es braunfarbe Blümel, und nach denselben den Samen, welcher gleich siehet den Natter-Käpplen, dieses wachst neben den Straßen und an rauhen Orten, blühet im Brachmonat; dieses Kraut Buglosam in Wein eingenommen, oder einen Syrup vom Ochsenzung-Saft, stärkt das Herz, vertreibt die Melancholei, und macht ein fröhliches und lustiges Gemüth. Sonst pflegt man zu sagen, Kraut für die Narrn, aber dieses möcht wohl für bescheide Leut gehören, und will es glauben, daß es im Wein eingenommen, forderist in zwei oder drei Maaß auf einmal, lustige und fröhliche Leut mache, allein das Rezept taugt nicht für tugend-liebende Leut, welche sich weiter eines andern Mittels bedienen, benanntlich des guten Gewissens.

[82] Der h. Romualdus, Stifter der Camaldulenser, uneracht, daß er im steten Fasten und Abbruch, auch in strengen andern Bußwerken sein Leben zugebracht, zeigte ein- und allemal ein so fröhliches Angesicht, daß alle, die ihn nur angeschaut, lustig und aufgemuntert worden. Der h. Dominikus, ein großer Patriarch des Prediger-Ordens, hat mehrmal hoch betheuert, daß nichts auf Erden sey, welches ihn könnte betrüben. Der h. Ignatius Lojola, ein Urheber der Sozietät Jesu, hat allen den Seinigen verboten, sie sollen niemal ein trauriges Gesicht zeigen, ja, wie er vernommen, daß einer aus den Seinigen zu Rom, mit Namen Franciscus Casterus, öfter im Brauch habe zu lachen, hat er denselben lassen zu sich rufen, und ihn gestärkt, er soll nur steif lachen, und sich in Gott dem Herrn rechtschaffen erfreuen. Die selige Maria Magdalena de Ursinis hat ihren geistlichen Töchtern und Novizinnen gar oft zugesprochen, wann sie es lachend vermerkt, sie sollen nur lustig und guter Ding seyn, dann sie haben nit Ursach, zu melancholisiren. Der große heilige Einsiedler Antonius war eines so fröhlichen und aufgemunterten Angesichts, daß ihn jemand, der ihn doch nie gesehen, aus vielen hundert Mönchen gekennt. Der h. alte Tättl Philippus Nereus hat manchesmal eine solche Freud im Herzen empfunden, daß er überlaut aufgeschrien und gejuchetzt; es hat der überhaufige Trost und Lieb im Herzen also sein Gemüth ostermal erhitzt, daß er geweint und gelacht untereinander, und ihm gar die Rippen auseinander getrieben, alles dieses Allegro, alle diese großen Freuden, aller dieser einwendige Jubel rührt her von einem guten Gewissen.

[83] Dir Apostel fahren einmal mit unserm lieben Herrn aus dem Meer, siehe, da entstehet ein unverhofftes Ungewitter, der Südwind tobte wider den Ostwind, der Ostwind stritt wider den Westwind, daß also das Meer in solches Wüthen gerathen, die Wellen dergestalten Berg auf Thal ab gestiegen, daß man alle Augenblick vermeint, das arme Schiffel, mit welchem die Wellen wie mit einem Vallen spielten und scherzten, werde zu Grund gehen. Paschasius ist der Meinung, dieses Wetter sey vom Teufel gemacht worden, als die da sich bemüheten dazumal, daß der Herr nicht in die Gerasener Landschaft sollte kommen, wie er dann nachmals daselbst ausgestiegen, und die Teufel in eine Heerd Schwein zu fahren erlaubt; in währendem diesem erschrecklichen Wetter hat unser lieber Herr geschlafen hintenher im Schiff auf einem Kiß. Viele heilige Lehrer suchen und forschen und fragen nach, was doch dieses für ein Kiß muß gewesen seyn, auf dem der Herr in dem grausamen Sturmwetter so ruhig geschlafen? einer sagt, es sey von Holz gewest, ein anderer, es seyen zusammen gerollte Strick gewest, der dritte, es seyen alte zusammen gewicktete Fischer-Netz gewest; ich aber halt mit etlichen, die da sagen, dieß Kiß sey das gute Gewissen gewest. Dann wer solches hat, veracht alle Gefahren, verlacht alle Drohungen, verspott alle Gewalt, steht allezeit allegro, es mag Himmel, Erd, Luft, Feuer, Wasser, Menschen, Teufel, Pest, Krieg, und alles Uebel einfallen, so wird doch, der ein gutes Gewissen hat, den Muth nicht fallen lassen, sondern allezeit allegro.

Judas wird auch einer aus den ersten Priestern des neuen Testaments
[84] Judas der gottlose Mensch wird auch einer aus den ersten Priestern des neuen Testaments.

Nachdem der Weltheiland mit seinen zwölf Apostlen das Osterlamm, vermög des mosaischen Gesatz, verzehrt, und auch das gewöhnliche Abendlnahl vollbracht, hat er noch vor dem bittern Tod eine ewige Gedächtnuß seiner unermeßlichen Lieb wollen hinterlassen, zu solchem End nahm er das Brod, danket, und brach es, und gab es ihnen, und sprach: das ist mein Leib, der für euch gegeben wird, das thut zu meiner Gedächtnuß; deßgleichen nahm er auch den Kelch, nachdem er zu Abend gegessen hatte, und sprach: dieß ist der Kelch, das neue Testament in meinem Blut, das für euch wird vergossen werden. Nun ist allzugewiß und wahr, daß durch die oben angezogenen Wort: Das thut zu meiner Gedächtnuß, der Heiland Jesus, kraft seiner göttlichen Macht, alle zwölf Apostel habe zu Priester geweiht, und zugleich selbige als Bischöf gestellt, außer daß er ihnen dazumal noch nit die Gewalt ertheilt hat, die Sünden zu vergeben, welche Gewalt erst nach der glorreichen Urständ Christi auf sie gefallen; seynd demnach diese zwölf Apostel, worunter sich auch der verruckte Judas befunden, wahre Priester worden, wie es dann Luther selbst nit widerspricht; zumalen sie die Gewalt bekommen, Brod und Wein in den wahren Leib und Blut Christi zu [85] verwandlen, und ins künstig das h. Meßopfer in seiner Kirche zu verrichten, auch seynd sie dazumalen, doch inadaequate, in die h. bischöfliche Würde gesetzt worden. O Iscarioth, du verbainter Böswicht! sattel doch um von deinem gottlosen Vorhaben, in Bedenkung, daß dich der Heiland Jesus, uneracht ihm deine boshaften Gedanken schon bekannt, in eine so große Dignität und priesterlichen Ehrenstand erhoben.

Geseng Gott, der Trunk ist tausend Gulden werth, nur einen guten katholischen Trunk, und keinen lutherischen, dann die Katholischen gehen auf einem Grund, proficiat et Deus benedicat, noch eimnal eingeschenkt, so ist es recht. Der h. Bischof Martinus war bei der Tafel des Kaisers als ein lieber und werther Gast, man reicht ihm dar einen Becher mit Wein; der Kaiser gedacht gleichwohl, Martinus werde so höflich seyn, und ihm den Becher zustellen, aber der h. Bischof gibt selben seinem Kapellan: trunken, geseng Gott! dardurch zu zeigen, daß ein Priester eines so hohen und vornehmen Stands sey, daß er auch den gekrönten Häuptern soll vorgezogen werden.

Die Japonier nennen ihre Geistlichen Tundos, die Türken nennen sie Muselmänner, die Römer, vor diesen, nannten sie Druiden, die Egyptier nennen sie Caliphen, die Tartarn nennen sie Sei, die Indianer nennen sie Brachmänner, aber wir Deutsche nennen siePriester. Derenthalben, sagt Suetonius, sey in diesem deutschen Wort ein Fehler eingeschlichen, dann vor Zeiten waren sie Preisester genennt, das ist so viel, als Preißwürdigster.

Lach, daß dir das Maul zerreiß, du Schelm, [86] dieser war der böse Feind, welcher in allweg dahin gedacht und tracht, wie er möge die ersten Menschen im Paradeis von ihrem Glückstand stürzen, zu solchem Ende hat er die Eva versucht, weil er schon wußte, daß Mulier so viel als Mollior, das ist, weichherzig sey, zumalen sie aus einer Rippe formirt worden, welche ohnedas leicht zu biegen: schwätzt ihr vor, lügt ihr vor, daß, wann sie werden von dem verbotenen Confect essen, alsdann werden sie wie die Götter seyn: Eritis sicut Dii. Parola, ja dieses unbedachtsame Ehevolk laßt sich bereden, aber nach vollbrachtem Ungehorsam und groben Verbrechen sahen sie, daß sie im Götter, sondern Fretter werden, aus Glückseligen Müheselige, aus Unsterblichen Sterbliche, welches dem Teufel also wohlgefallen, daß er von freien Stucken überlaut gelacht, nach Aussag des h. Ambrosii, cachinnabatur daemon, ei so lach, daß du etc., aber hör, du verruckter Geist, was du dazumal ihnen spöttlich vorgelogen, ist anjetzo im neuen Testament wahr worden, dann was seynd die Priester auf Erden, als Götter? dahero, als der Herr Jesus einmal den Peter gefragt, mein Peter, was sagen die Leut von mir? was haltst du Peter von mir, du und die anderen Apostel? anfangs fragt der Herr, was die Leut von ihm urthlen? nachmals fragt er, was die Apostel von ihm halten? als wären diese keine Leut, sondern mehr als Leut, ja rechte Götter auf Erden, dahin zielt jener Spruch: Nolite tangere Christos meos, Diis non detrahes.

Geben die Engel Soldaten ab? ja, dann es steht noch ein Engel Schildwacht mit einem flammenden[87] Schwert vor dem Paradeis, und schreit: wer da?

Geben die Engel noch gute Wirth ab? ja, dann ein Engel dem Jakob einen Vorthl gezeigt, reich zu werden, da er dem Laban eine lange Nase gedrehet mit den geschecketen Schafen, ob welchen sich der Jakob zu gescheket gelacht.

Geben die Engel Zuchtmeister ab? ja, dann ein Engel den Propheten Balaam gestraft dazumal, wie der Engel durch den Mund der Eslin geredt hat, dieß war ein bescheider Eselskopf.

Geben die Engel Proviantmeister ab? ja, dann ein Engel dem Eliä ein Brod gebracht, welches ihn also gestärkt, daß er 40 ganze Täg bis auf den Berg Horeb ungeessen gewandert, das Brod muß besser seyn gewest, als zu Zeiten der Proviant der Soldaten.

Geben die Engel Brautführer ab? ja, dann ein Engel, benanntlich der Raphael, dem Tobiä ein Weib zugebracht, und was noch mehr ist, ein frommes Weib.

Geben die Engel Postmeister ab? ja, dann ein Engel den Habakuk beim Schopf genommen, und geführt bis nach Babylon, dem Daniel ein Mittagmahl in bringen. Es ist gut, daß der Habakuk keine Parokka getragen; wann der Zeit einen der gute Engel in den Himmel bei den Haaren ziehen will, so bleiben ihm die falschen Haar in den Händen.

Geben die Engel Medikos und Aerzte ab? ja, dann ein Engel die presthaften Leut beim Schwemm-Teich kurirt hat, wann die Engel allezeit Doktores [88] wären, würden die Todtengraber ein geringes Einkommen haben.

Geben die Engel Schiffleut ab? ja, dann ein Engel die zwei heiligen Schwestern, Magdalena und Martha, welche in ein ganz löcheriges Schiff gesetzt worden, ganz glückselig und ohne Schaden bis nach Marsilien geführt. Wer einen solchen Schiffmann hat, der kann wohl singen: laßt uns fahren, uit mehr sparen, laßt uns, etc.

Geben die Engel Musikanten ab? ja, dann sie in der Nacht, da Gottes Sohn geboren, auf den bethlehemitischen Feldern sehr lieblich gesungen, und war diese Feldmusik weit edler, als eine Tafelmusik, die gar oft eine Teufelsmusik.

Geben die Engel alles ab? ja alles, auch Priester? das allein nit. Das Manna oder Himmelbrod, welches Gott der Allmächtige den murrerischcn Israelitern, deren in die drei Millionen gewesen, so reichlich gespendirt, habt ihr Engel schon können zurichten. Das Mittagmahl, wo die sorgfältige Martha mit dem Kochlöffel so sehr beschäftiget war, habt ihr Engel wohl können präpariren. Jenes Brod, welches die Raben, dieses sonst verstohlene Rabenvieh, dem Eliä gebracht, habt ihr Engel wohl backen können, aber das allerheiligiste Abendmahl zuzurichten, das wahre Lamm Gottes aufzuopfern, unter ein kleines weißes Brod die Gottheit und Menschheit einzuschließen, ist über euere Gewalt, ihr Engel, und stehet solches allein in der Gewalt und Vermögen eines Priesters, dessen Macht und Hohheit, wo nicht der göttlichen gleichet, [89] wenigst kann er ein wahrer Vice-Gott auf Erden genennet werden.

In Niederland hat ein vornehmer Kavalier einem berühmten Maler ein Kupferblättl, in der Größe eines Funfzehners, geben, soll ihm um baare Bezahlung, was es auch immer möchte austragen, darauf die Gesellschaft der h. Ursulä, benanntlich eilf tausend Jungfrauen malen; dieser merkte, daß ihn der Kavalier nur zu schimpfen begehre, in Erwägung, daß kaum eilf tausend Tüpfel auf dieses Blättl konnten gebracht werden, wollte also Schimpf mit Schimpf vergelten, und sagt es dem gnädigen Herrn zu, er woll es nach Verlangen inner acht Tagen verfertigen; kaum daß solche Zeit verflossen, wollte der Kavalier, von sonderm Vorwitz angespornt, das kleine Wunder sehen; der Maler aber hatte nichts anders auf erwähntem winzigen Kupfer entworfen, als ein kleines Städtlein mit zwei Thoren, unter dem ersten Thor stund eine Jungfrau gemalen, mit einer Fahn, als wollt diese zur Stadt heraus gehen, unter das andere Thor stellte er gleichfalls eine Jungfrau, als wollte solche in die Stadt hinein gehen; sobald dieses der Kavalier unter die Augen gebracht, holla! sagt er, das heißt dein Versprechen nicht nachkommen, massen er nit eilf tausend Jungfrauen, wie er verlangte, wahrnehme, sondern nur zwei, welches ja von der großen Zahl sehr weit; worauf aber der Maler ganz höflich geantwortet, gnädiger Herr, die Jungfrau mit der Fahn, so zur Stadt heraus geht, ist die h. Ursula, welche diese so große Prozession führt, die Jungfrau, welche zum Thor hinein geht, ist die allerletzte unter dieser Schaar, [90] die anderen so viel tausend gehen alle durch die Stadt, die man jetzo nicht sehen kann; hat also mit einem witzigen Schimpf den Kavalier quittirt, und zugleich zeigen wollen, daß unmöglich sey, auf ein so kleines Blättl etwas so großes zu bringen.

Was damal unmöglich gewest, macht alle Tage möglich ein gottgeweihter Priester, welcher mit etlichen Worten, wenigen Sylben, unter ein kleines Blättel der Hostien stellt denjenigen Gott, der da Himmel und Erd mit seiner unermeßlichen Größe einfüllt; denjenigen Gott, für welchen Paulus sich hat enthaupten lassen, damit er desto bequemer durch die niedere Thürdes Himmels möge eingehen, und mit dem Kopf nit anstoßen; denjenigen Gott, für welchen Bartholomäus sich hat schinden lassen, damit ihm der Himmel nicht könne vorropfen, er stecke in keiner guten Haut; denjenigen Gott, für welchen Laurentius sich hat braten lassen, damit ihm der Himmel nit könne vorwerfen, er sey weder gesotten noch gebraten; denjenigen Gott, für welchen sich Stephanus hat vorsteinigen lassen, damit der Himmel sehe, daß nicht allein selig die Armen im Geist, beati pauperes Spiritu, sondern auch selig, die also steinreich seynd, wie Stephanus; denjenigen Gott, für welchen Apolonia hat lassen alle Zähn ausreißen, damit der Himmel sehe, daß ihr die Zähn allein wässern nach dem Ewigen; denjenigen Gott, für welchen Lucia ihr hat lassen die Augen ausgraben, damit sie desto sicherer Gott könne anschauen; denjenigen Gott, für welchen Agatha ihre Brüst hat lassen ausschneiden, damit der Himmel sehe, daß sie redlich und offenherzig mit Gott meine; denjenigen [91] Gott, für welchen Emeranus ein Martyrer in Bayren, Kilianus ein Mariyrer in Franken, Justus ein Martyrer in Schwaben, Colomanus ein Martyrer in Oesterreich, Wenzeslaus ein Martyrer in Böhmen, ihr Blut vergossen etc., diesen, diesen, diesen wahren allmächtigen Gott, Schöpfer Himmels und der Erde, Erlöser der Welt, stellt der Priester unter der Gestalt des Brods und Weins auf den Altar. O venerabilis Dignitas Manuum! schreit mein h. Vater Augustinus auf! Derjenige Gott, der dem Jakob gnädig gewest, dem Esau streng gewest, der dem David gnädig gewest, dem Saul streng gewest, der dem Josue gnädig gewest, dem Ammon streng gewest, der denen drei Knaben im Ofen gnädig gewest, den Sodomitern streng gewest, der dem Jonä im Wasser gnädig gewest, dem Pharaoni streng gewest; derjenige Gott, der mit dem Adam geredt hat im Paradeis, mit dem Abraham geredt hat im Thal Mambre, mit dem Mosi geredt hat im Dornbusch, mit dem Josue geredt hat im Feld, mit dem Kain geredt hat auf dem Acker, mit dem Aaron geredt hat in dem Tempel; derselbige Gott, auf die Wort des Priesters, steigt von dem hohen Himmel auf den Altar unter die Gestalt des Brods, ja, es stellet der Priester die glorreiche Menschheit Gottes zugleich unter dieses weiße Zirkele, daß also darin diejenigen Augen, mit welchen der Heiland Jesus den Peter nach der Verläugnung so anmuthig hat angeschaut, darin diejenigen Ohren, welche des blinden Bettlers auf dem Weg, das miserere mei erhört haben, darin derjenige guldene Mund, welcher den Lazarum von dem Grab hervor [92] gerust, darin diejenige Brust, worauf der liebste Jünger Joannes gelegen, darin diejenigen Händ, welche dem Malcho das Ohr wieder angeheilt, darin diejenigen Seiten, in welche der Thomas seine Finger gelegt, darin derjenige Leib, den die übergebenedeite Jungfrau unter ihrem Herzen getragen, ja eben derjenige, der da sitzt zu der Rechten seines himmlischen Vaters, der da richten wird die Lebendigen und die Todten, eben dieser mit aller seiner Wesenheit laßt sich durch den Priester von seinem himmlischen Thron herunter, ziehen auf den Altar. O venerabilis Dignitas manuum! Wie der alte und fast blinde Isaak vermerkt hat auf seinem Bettel, daß er bald werde die Welt beurlauben, hat er noch, vor Ertheilung seiner väterlichen Benediktion und Segen, noch einen Appetit gehabt nach Wildprät; ei du lieber Tättl, ein Pannadel, oder ein Milchkoch für dich, und nit ein Wildtprät; basta, es lustet ihn halt nach einem Wildprät, und zwar alles dieses nicht ohne Geheimnuß, zu dem End ersucht er seinen Sohn Esau, dem von rechtswegen, das Majorat gebührete, er woll doch hinaus in Felder und Wälder gehen, und ein Wildprät aufsuchen, nachmals woll er ihm die väterliche Benedikton ertheilen; Esau kommt alsobald und ganz schleunig dem Begehren nach, unterdessen aber ist die Frau Mutter, die Rebekka, da gewest, und hat eine arge List erdenkt, weil ohnedas Lust und List wachst auf der Weiber Mist, und dem Jakob, als ihrem liebsten Sohn, kleine Kitzel-Fell um die Arm gebunden, aus Ursach, weil der Esau, sein Bruder, so rauh und haaricht gewest, ihn solchergestalt mit einem gebratenen [93] Kitzel zum Isaak geschickt, welcher Alte in allen Sachen betrogen worden, außer die Sprach hat er kennt. Fünf Sinn hat der Mensch, benanntlich das Gesicht, das Gehör, den Geruch, den Geschmack, und die Fühlung; der Isaak ist betrogen worden im Gesicht, dann er hat vermeint, es stehe vor seiner der Esau, es war aber der Jakob; er ist betrogen worden im Geruch, dann er hat vermeint, es sey der Geruch der esauischcn Kleider, und seynd des Jakobs gewest; er ist betrogen worden in dem Geschmack, dann er hat vermeint, er esse Wildprät, so war es aber nur ein Kitzel; er ist betrogen worden in der Fühlung, dann er hat vermeint, er rühre die rauhe Hand an des Esau, und waren nur Kitzel-Fell; ist also in vier Sinnen betrogen worden, außer im Gehör nit, das Gehör war allein nit übervorthlet, vox quidem, vox Jakob est, dann er sagte klar, es sey die Stimme Jakobs. Dasjenige, was der Priester hat auf bem Altar, was er da tragt in den Monstranzen, was er da mit aufgehebten Händen dem ganzen Volk zeigt, übervorthlet 4 Sinn des Menschen, das Gesicht, dann wir sehen es für ein Brod an, und ist mit dem Geschmack, dann in der Nießung kommt es uns vor, wie ein Brod, ist doch keins; in der Fühlung oder Anrührung, dann wir meinen, als rühren wir ein rundes Brod an, und ist nit; dem Geruch, dann es scheint ein ungesäuertes Brod zu seyn, und ist nit; allein das Gehör wird nit betrogen, dann wir hören und glauben, daß Jesus gesagt hab: Hoc est corpus meum, das ist mein Leib, das ist mein Fleisch und Blut; wir glauben, zumalen der Glaub [94] durch das Gehör, daß von Jesu Christo die Gewalt allein sey geben worden den Priestern seine allerheiligiste Gottheit und Menschheit unter der Gestalt Brods und Weins aufzuwandeln. O venerabilis Dignitas manuum!

Aaron hat das Wasser in Blut verkehrt, das ist viel. Franziskus hat das Wasser in Wein verkehrt, das ist viel. Thomas Aquinas hat Scherzl Brod in Rosen verkehrt, das ist viel. Der selige Friderikus zu Regensburg hat das Brod in Holz-Scheiten verkehrt, das ist viel. Der h. Peregrinus hat das Brod in Marmor verkehrt, das ist viel. Die h. Brigitta hat das Fleisch in Schlangen verkehrt, das ist viel. Der h. Fechinus hat ein Stuck Speck in ein Pflugeisen verkehrt, das ist viel. Der h. Amalltius hat den Honig in Pech verkehrt, das ist viel. Der h. Kentingernus hat den Sand in Treid verkehrt, das ist viel. Die h. Kunegundis hat den Staub in Waizen verkehrt, das ist viel Der h. Antonius Paduanus hat Fleisch in Fisch verkehrt, das ist viel. Der h. Martyrer Quirinus hat das Wachs in Stein verkehrt, das ist viel. Der h. Simon Stylita hat einen Wurm in Perlen verhehlt, das ist viel. Aber ein Priester verkehrt, verwandelt, verwechselt alle Tag Wein und Brod in Fleisch und Blut, in Gottheit und Menschheit Christi Jesu, das ist noch mehr und über alle andere Wunder. Du wirst ja an dem nit zweifeln, sonst bist du ärger, als einOchs. Dann nicht weit von Ingolstadt hat ein Bauer das höchste Altar-Geheimniß in seinen obenher hohlen Hirtenstab gesteckt, zu dem Ende, damit er bel der Vieh-Heerd dasselbe [95] möchte verehren, zumalen er nicht konnte, wie andere in die Kirche gehen, diesen Stab hat er mehrmalen in die Erde gesteckt und darvor seine Andacht verricht: als er aber einmal unwissend besagten Stab, weil er sonst auch andere dergleichen hatte, in das ungestüme Vieh geworfen, auch denselben wieder wollte aufheben, so vermerkt er, daß die Erd sich zurückzieht, und sinke, beinebens nimmt er wahr, daß alle Ochsen und Kühe aus ihre Kniee, um diese Gruben um und um gefallen, welches eine sattsame Ursach war, daß man daselbst eine schöne Kirche unter dem Namen Salvator erbaue hat.

Du wirst ja an dem nit zweifeln, sonst bist ärger, als ein Esel. Dann wie der heilige und wunderthätige Antonius Paduanus einem verbainten Ketzer wollte zeigen, daß in aller Wahrheit unter der Gestalt des Brods seye der höchste Gott samt seiner glorreichen Menschheit, hat er einen durch drei Täg ausgehungerten Esel zu dem Futter-Sack geführt, beinebens aber auch die guldene Monstranzen samt diesem Himmelbrod in Händen gehalten, worauf das hungrige Vieh das Futter, geweigert und vor diesem heiligisten Sakrament auf die Kniee niedergefallen.

Du wirst ja an dem nit zweifeln, sonst bist ärger, als ein Hund. Dann zu Ulipson ist ein wunderlicher Hund gewest, welcher allen lauen Christen oder hartnäckigen Ketzern hätte können ein Präceptor seyn, dann besagter Hund je und allemal, so oft er das Glockenzeichen, vernommen, daß man das höchste Gut zu einem Kranken getragen, in die Kirche geloffen, und mit allen viehischen Ceremonien dieses heiligiste [96] Geheimnuß bis zu dem Kranken begleit, von dannen wiederum bis in die Kirche, so er unterwegs einige angetroffen, die nit seynd niederknieet, solche hat er mit aller Ungestümm angebellt, auch öfters gebissen und verletzt.

Du wirst ja an dem nit zweiflen, sonst bist ärger, als eine Bestia. Dann wie zu Wechesend ein vermessener Dieb aus der Kirche daselbst das Ciborium oder güldene Geschirr samt 5 heiligsten Hostien geraubt, und sich darmit in die Flucht begeben, so ist aber durch göttliche Verhängnuß geschehen, daß, uneracht er vermeint, er sey einen weiten Weg schon von dannen, er allezeit zu Herrnthal, so nicht weit von dannen, stehen geblieben, wie er endlich solches wahrgenommen, hat er fest glaubt, dieß komme von den heiligisten Hostien her, dahero selbe der verdammte. Bösewicht in den nächst vorbeirinnenden Fluß zu werfen sich entschlossen; weilen er aber auf keine Weis dies Wasser erreichen konnte, also hat er sie in ein Loch, welches die Königl ausgraben, hinein geschüte; in diesem Ort Herrnthal ist er wegen anderer Ursachen etlich Tag hernach zum Strang verurtheilt worden, und als er bereits auf der Leiter in eine traurige Hohheit steigen wollte, hat er freiwillig geoffenbart, daß er an besagtem Ort 5 heiligiste Hostien in die hohle Erd geworfen; worauf man alsobald einige geschickt, welche die Wahrheit erkundigen sollten, welche dann samt vielem Volk nit ohne höchste Verwunderung gefunden, daß die heiligsten Hostien in dem grünen Gras gelegen, da doch alles um und um mit Schnee bedeckt war, die Königl aber in einem Kreis um und [97] um gekniet, und diesen ihren Schöpfer verehrt und angebetet.

Du wirst ja an dem nit zweiflen, sonst bist ärger, als der Teufel. Dann Joannes Herold schreibt, daß ein Geistlicher habe wollen die Wahrheit erfahren, ob eine gewisse Person, die, man ihm vor geführt, besessen sey; derentwegen eine noch nit consecrirte Hostie hat auf die Zung gelegt, welche sie alsobald mit Zähnen zerrissen, zerbissen, meldend, daß von solchem Brod seine Furcht noch Schrecken eingejagt werde; wie aber nachmals obbewähnter Priester eine wahre allerheiligste Hostie ihr in den Mund geben, da hat der verdammte Geist angefangen zu toben und wüthen, und mit ungeheuerem Heulen bekennt, dieser sey der wahre lebendige Gott, durch dessen allmächtige Gewalt er vertrieben werde, worüber er dann unverzüglich diese Herberg verlassen. O venerabilis Dignitas manuum!

Auf dem Berg Thabor muß es wohl herrlich seyn hergangen, weil der liebe Petrus sich resolvirt, allzeit dort zu bleiben, wessenthalben er aufgeschrien:Bonum est nos hic esse, es brauch weiter nichts, als drei Tabernackel, einen für Christo, den andern für den Moses, den dritten für den Elia, bonum est etc., wo willst dann du bleiben, Peter? ich gedacht, er bleib bei meinem Herrn, wo werden dann deine anderen zwei Apostel bleiben? ich hab auf sie weiter nit gedenkt, sagt er, und eben dessenthalben ist alle diese Glorie verschwunden, dir Peter zu einer Straf, weil du allein dich zu versorgen getracht, und deines Nächsten vergessen. Aber sagt her ihr lieben [98] und frommen Apostel, warum hat euch allein der gebenedeite Jesus seine Glorie gezeigt? ich glaub darum, weil die ersten Buchstaben von eueren Namen zusammen gezogen nichts anders zeigen, als Pii, dann P-etrus, J-oannes, J-acobus, seynd euere Namen gewest, woraus etwann zu schließen, daß keine die ewige Glorie zu hoffen haben, als welche da pii oder fromm und gottselig leben. Aber noch eins, meine heiligen Apostel, was habt ihr dann gesehen auf diesem hohen Berg Thabor? vestimenta ejus facta sunt alba, sicut nix, wir antworten, sie haben Jesum gesehen in schneeweißen Kleidern, Bonum, sag ich auch, bonum, bonum, ich gratulire von Herzen wegen dieses eueres großen Glücks; aber wir Menschen und Adams-Kinder seynd nit weniger glückselig, indem wir nit allein alle Tag, sondern noch öfter sehen unsern wahren Heiland Jesum Christum in schneeweißen Kleidern, und diesen zeigt uns der Priester auf dem Altar in seinen Händen. O venerabilis Dignitas manuum! Dem h. Columbano hat ein Rab den Gehorsam geleist, und das gestohlene Gut wieder zuruck gebracht: wollte Gott, es wären alle Dieb also beschaffen. Dem h. Bischof Aldebrandro haben die Schwalben den Gehorsam geleist, und auf Befehl das Maul gehalten; wollte Gott, es wären alle Schwätzer also beschaffen in der Kirche. Dem h. Wereburgä haben die Gäns den Gehorsam geleist; wollte Gott, es wären alle Kinder also beschaffen. Der h. Hieronymo hat ein Löw den Gehorsam geleist, und auf seinen Befehl den Esel auf die Weid und wieder zuruck getrieben; wollte Gott, es wären alle Dienstboten [99] also beschaffen. Dem h. Corbiniano hat ein Bär den Gehorsam geleist, und ihm seinen Ranzen bis nach Rom getragen: wollte Gott, es wären mehr Bärnhäuter so ehrerbietig gegen den Geistlichen. Dem h. Norberto hat ein Wolf den Gehorsam geleist, und das entfremdte Lämmel wieder zuruck gebracht; wollte Gott, es wären alle Leut solche Wolfgang. Dem h. Kentingerno haben die Hirschen den Gehorsam geleist, und auf sein Begehren einen Pflug gezogen; wollte Gott, es wären mehrer dergleichen, die ihrer vorgesetzten Obrigkeit thäten gehorsamen, aber dermalen gibt es mehr, die den Krug, als den Pflug ziehen. Dem Josue hat sogar die Sonn den Gehorsam geleist, und auf sein Schaffen stillgestanden; wollte Gott, es wäre mancher Sohn wie die Sonn. Aber einem Priester, o Wunder! einem Priester, o höchste Gewalt! einem Priester, o unermeßliche Würde! thut gar den Gehorsam leisten der allerhöchste Gott, und stellt sich auf eine kleine, wenige, kurze Wort auf den Altar, samt aller seiner Gottheit und Menschheit, unter der Gestalt des Brods. O venerabilis Dignitas manuum! Was der Heiland Jesus auf eine Zeit gesagt hat, als er eine so große Menge Volk bei sich gehabt, die bereits schon den dritten Tag keine Speis' noch Nahrung empfangen. Misereor super turbam, quia jam triduo sustinent me: Ich erbarme mich über das Volk, dann sie schon drei Täg bei mir verharrt, und haben nichts zu essen, also hat der Heiland Jesus vor seinem bittern Leiden und Tod gedacht, daß die Menschen bereits drei Zeiten gewartet, die Zeit des natürlichen Gesatz, die Zeit des geschriebenen [100] Gesatz, und nunmehr die Zeit des Gnaden-Gesatz, und bishero nichts zu essen gehabt, verstehe keine Speis' für die Seel, also hat er sich erbarmt, und in dem letzten Abendmahl solche göttliche Speis' eingestellt, zugleich auch den hohen Priester-Stand angeordnet, dessen Gewalt seyn soll, Wein und Brod in sein wahres Fleisch und Blut zu verwandlen.

Du wirst ja an dem nit zweiflen, sonst führ ich dir einen unter die Augen, der wird dich zu Schanden machen, dieser heißt Blasius, hat ein paar Backen, wie ein Sackpfeifer, ein himmelblaues Kleid an, darin von Gold sehr künstlich gewürkte Vögel: damit du es aber recht fassest, es ist das Element der Luft. Wie Anno 1453 in dem Delphinat die Soldaten eine Kirche ausgeraubt, und zugleich auch die Monstranzen samt dem höchsten Gut mit sich in einem Felleisen geführt bis nach Taurin, allwo der Esel, so besagte Felleisen getragen, nächst der Kirche des h. Sylvesters etlichemal stillgestanden, endlich auf die Knie niedergefallen; solche Felleisen haben sich von freien Stucken eröffnet, und ist die guldene Monstranz in die Höhe geflogen, daselbst sehr lang in der freien Luft stehen geblieben, endlich zur Ankunft des Bischofs mit der gesamten Clerisei herunter gefallen, die heiligiste Hostie aber ganz strahlend in der Lust geblieben, bis der Bischof einen Kelch untergehalten, darein sie langsam herunter gestiegen; Zeugnuß dessen gibt die ganze Stadt Taurin, alle Nachbarschaft, und forderist besagte allerheiliglste Hostie, so in der prächtig aufgebauten Kirche St. Joannis daselbst noch unversehrt verehrt und angebetet wird.

[101] Du wirst ja an dem nit zweiflen, sonst führ ich dir unter die Augen eine wackere Dama, die wird dich zu Schanden machen, Floriana von Bergen genannt, bekleidet sehr prächtig, in einem grün-sammeten Rock, mit einem geblumten Procatinen Manto, in den Händen haltet sie ein Büscherle Blumen und Korn-Aehre, und damit du es recht fassest, diese ist das Element der Erde. Dann in Niederland, in dem Dorf Ascä, hat ein Weib einem Juden die allerheiligiste Hostie, die sie zur österlichen Zeit empfangen werde, dergestalten versprochen, dafern er ihr mit einem neuen Kleid möchte verhilflich seyn, welches der gottlose Rabbiner alsobald zugesagt; nachdem sie nun ihr lasterhaftes Vorhaben in das Werk gesetzt, und bereits auf dem Weg war, solches höchste Altargeheimnuß ihm zu überliefern, da ist sie in Reu überfallen, und auf alle Weis' entschlossen, solche Unthat zu unterlassen; weil sie aber diese sich nit mehr getrauete, in die Kirche zu tragen, also hat sie selbige in einen dürren und in etwas schon zerspaltenen Baum eingesteckt, worvon alsobald die Erd, dieses sonst vernunftlose Element, bewegt worden, daß sie dem dürren Baum alsobald einen so häufigen Saft gespendirt, daß er urplötzlich hat angefangen zu grünen und blühen.

Du wirst ja an dem nit zweiflen, sonst führe ich dir unter die Augen einen, der dich ziemlich wird zu Schanden machen. Dieser heißt Ignatius Prenner, Gesicht halber sehr roth und gefärbt, sogar auch rothe Haar, seine Kleidung ist sehr schön und adelich, in hoch neckerfarben Aufzug, mit aschenfarben Atlas und Bändern ausgemacht, und damit du [102] es recht wissest, dieß ist das Element des Feuers. Dann Anno 1591 zu Presburg in Ungarn sich einige Juden eingefunden, welche die allerheiligiste Hostie sehr schmählich mit Messern traktiret, welches der Höchste nicht wollt ungerochen lassen, dann alsbald bei heiterem Himmel der Donner eingeschlagen in das Haus, wo diese Unthat begangen worden, worvon das ganze Haus, Mann, Weib, Kinder, samt andern zu Aschen verbrunnen; der Tisch alleinig aber samt der darauf liegenden Hostie nit ohne höchstes Wunder unversehrt geblieben.

Du wirst ja an dem nit zweiflen, sonst führe ich dir eine wackere Frau unter die Augen, diese heißt Mariana von Wasserburg, sehr sauber von Gesicht, ist ein Zeichen, daß sie gar oft ins Bad gehet; ihre Kleidung bestehet in gewässertem Doppel-Taffet, die Farb fast meergrün, sie ist ziemlich bleich im Angesicht, woraus abzunehmen, daß sie nur eine Wasser-Trinkerin; damit du aber recht vernehmest, es ist das Element des Wassers. Dann Anno 1250 haben zu Erfurt zwei verwegene Bösewicht bei nächtlicher Weil das Ciborium samt neun heiligisten Hostien aus St. Martini-Kirche entfremdet, das allerheiligiste Sakrament in ein Tüchel gewicklet, und in eine schändliche Kothlacke geworfen; nach verfloßnen 5 ganzen Monaten hat einer aus diesen freiwillig seine begangene Bosheit entdeckt, auch zugleich den Ort angedeut, wohin sie besagte Hostien geworfen; siehe Wunder! allda hat man in Mitte der Lacken das Tüchel samt dem heiligisten Sakrament unversehrt und ganz trucken gefunden, auch wahrgenommen, daß die ganze [103] Lacke mit einem sehr dicken Els überzogen war, außer das Oertl, wo dieses Himmelbrod gelegen.

Etwas Denkwürdigeres liest man in göttlicher h. Schrift. Was da? Der König David ließ auf eine Zeit von freien Stucken nachfragen, ob dann nit noch jemand vorhanden sey aus dem Haus Saul? worüber man allerseits emsige Nachfrag gethan, und endlich den König David allerunterthänigst bericht, wie daß noch bei Leben sey einer, mit Namen Miphiboseth, aber dieser sey ein elender Tropf und ein lauterer Krüppel; was schadt es, sagt David, daß man ihn ohne weitere Verweilung alsobald zu mir bringe; solchem königlichen Befehl ist man eilfertig nachkommen, und besagten Miphiboseth zu dem König geführt, lier gute Mensch war arm, was noch? krumm an beeden Füßen, ja so elend, daß er sich selbst einem todten Hund verglichen; uneracht dieß befiehlt David gleichwohl, daß dieser elende Krüppel dir Zeit seines Lebens bei seiner königlichen Tafel soll sitzen, und mit Ihro Majestät speisen. Comedes Panem in mensa mea semper. Das ist wahrhaftig viel, sag man was man will, daß ein so großer Herr und Monarch einen so armen Tropfen, müheseligen Spitaler, krummen Menschen, elenden Stelzentreter, schlechten Krucken-Kramer zu seiner Tafel laßt; ei das ist viel, ei was sagst? verwunderst dich so stark dessen? ei reiß das Maul nicht gar zu stark auf. Sag mir, was kann doch ärmer und elender seyn, als der Mensch, nachdem er im Paradeis gefallen, claudus factus est.


[104]
Der Mensch ist ein Schatten, der bald vergeht,
Ist ein Gras, das nir lang steht.
Der Mensch ist ein Faim, der bald abfließt,
Eine Blum, die bald abschießt.
Der Mensch ist ein Rauch, der nit lang währt,
Ein Feuer, das sich selbst verzehrt.
Der Mensch ist ein Wasser, das bald abrinnt,
Eine Kerze, die bald abbrennt.
Der Mensch ist ein Glas, das bald zerbricht,
Ein Traum, der zeiget nicht.
Der Mensch ist ein Wachs, das bald erweicht,
Eine Rose, die bald erbleicht.
Der Mensch ist ein Fleisch, das bald stinkt,
Ein Schiffel, das bald versinkt.

Ein elender Krüppel, ein müheseliger Tropf, ein armer Dalken, ein wüster Limmel, ein stinkender Maulaff, ein lausiger Mistfink, ein krätziger Trampel, ein wurmstichiger Pfnauser, ein wilder Bengel. Ein armseliger Gesell ist der Mensch, weit elender, als der Miphiboseth; und dannoch, ungeacht alles dieses hat der Herr und Heiland aus überschwänglicher Lieb dem Menschen zu seiner göttlichen Tafel einen freien Zugang gestattet, bei welcher Tafel ihm der Priester das wahre Himmelbrod, den weißen Honig-Fladen, das himmlische Manna, den wahren Leib Jesu Christi auftragt und aufsetzt.

Du wirst ja an dem nit zweiflen, sonsten mußt mit mir im Deutschland herum reisen, da wirst du allenthalben, ganz klar, ganz augenscheinlich, ganz handgreiflich erfahren die große Macht des Priesters in der Conseerirung. Laßt uns den Weg anfangs nehmen nach Deggendorf in Unter-Bayren, daselbst wird [105] man dir zeigen eine allerheiligiste Hostie, mit der die verruchten Hebräer also schmählich um gangen, daß sie neben anderen auch dieselbe mit Pfriem und Messern durchstochen, woraus das häufige Blut geflossen; jetzt glaubst ja recht, daß dieses eine göttliche Speis sey, und wie glückselig derjenige, der diese genießt. Dann hat so große Gnad an Leib und Seel bekommen jene arme Haut, so an dem schweren Blutgang gelitten, wie sie nur den Saum der Kleidung Jesu hat angerührt, was wird erst empfangen derjenige, so den ganzen wahren Leib Jesu Christi, unter der Gestalt des Brods unter sein Herz bringt, und denselben tragt, wie ihn getragen hat die übergebenedeite Jungfrau Maria.

Von Deggendorf laßt uns geraden Weg geben nach Tyrol, alwort zu Seefelden wird man zeigen eine allerheiligiste Hostie, welche allbereits noch roth ist, uno mit großen Wunderzeichen leuchtet, dann ein Edelmann allda wollte zur österlichen Zeit auch zum Altar des Herrn gehen, aber es gedunkte seinem Hochmuth unrecht zu seyn, daß er auf gleiche Weis' gespeist werde, wie seine Bauern; damit dann ein Unterschied sey zwischen einem wackern Mann und einem Acker-Mann, also hat er von dem Pfarrherrn auch mit Drohworten verlangt, eine große Hostie, dem Priester gleich, zu genießen; und wie ihm solche der Priester bereits dargereicht, da ist die Erd mit ihm gesunken bis auf die Knie, und als er sich derenthalben wollte anhalten an dem Altar, so ist dieser wie ein Wachs erweicht, daß also der Edelmann geschwind die Straf Gottes erkennt, seine Unthat oder Frevel bereuet, der Priester aber die h. Hostie wieder zurück[106] gezogen, so noch auf den heutigen Tag mit höchster Andacht aufbehalten wird. Jetzo glaubst ja, daß der Priester auf dem Altar aufwadle den wahren lebendigen Gott und Heiland der Welt, und wie glückselig derjenige sey, der dieses Brod der Engel genießt. Dann ist nach Aussag des h. Vincentii Ferrerii der erste Schächer Dismas dessentwegen bekehrt worden, weil der Schatten des gekreuzigten Jesu auf ihn gangen, und ihn berührt; massen Adrichomius schreibt, daß der Herr und Heiland etwas höher gehangen, als die zwei Schächer, und zwar mit dem Gesicht gegen Occident oder Niedergang der Sonne, und weilen es dazumal schon Nachmittag war, auch die Sonn bereits noch geschienen, also ist der Schatten von dem Arm und halben Leib Christi gefallen auf den Schächer, so rechter Hand gehangen, und dieß sey die Ursach, dieß habe so viel gewirkt, daß der Dismas bekehrt worden. Hat nun derjenige Schatten von dem Leib Christi dem Dismas so viel genutzt, daß er mehrmals gar heilig worden, was wird nit erst für eine Wirkung haben in dem Menschen der wahre Leib Jesu Christi, mit der Gottheit und Menschheit, unter der Gestalt des Brods, welches du empfangst aus den Händen des Priesters?

Von Tyrol schlagen wir uns hinüber in Ober-Bay ren auf den Berg Andechs oder h. Berg, allwo ein sehr berühmtes Kloster, Ord. St. Benedicti, stehet, daselbst wird man neben anderen schönen und h. Sachen auch zeigen drei allerheiligiste Hostien, deren zwei der h. Papst Gregorius und eine Papst Leo sollen consecrirt haben, und ist eine, wegen Mißglauben[107] einer vornehmen Matron, zu Rom ganz blutroth, die andere aber in pures Fleisch verkehrt worden; diejenige aber, so Papst Leo consecrirt, zeige noch einen rothen Jesus-Namen.

Nunmehr glaubst du ja, daß dir der gottgeweihte Priester nichts anders darreiche, als den wahren Heiland Jesum, und wie glückselig derjenige sey, dem dieses allerheiligiste Altar-Geheimnuß theilhaftig wird. Dann wie unser lieber Herr einmal in ein Schiffel eingetreten, und über das Meer gefahren, so hat dasselbe erschrecklich angefangen zu toben, und seynd die Wellen ganz sausend und brausend auf und ab gestiegen. Ein frommer Contemplant hierüber spricht, daß dazumal das Meer nit sey zornig gewest, sondern vor lauter Freuden habe es getanzt und gesprungen und gesungen, weil es so würdig worden, daß der Heiland es heimgesucht. Was soll erst dem Menschen für eine Freud und Jubel seyn, wann er diesen gar in seinen Leib, in sein Herz durch das allerheiligiste Sakrament empfangt? Dahero der h. Catharinä Senensi nach der h. Kommunion das Herz voll Freuden also aufgehupft, daß es merksam die umstehenden Schwestern wahrgenommen.

Von dem h. Berg haben wir so gar weit nit nach der schönen und berühmten Reichsstadt Augsburg, allwo man das große Wunder erzählen wird, welches sich Anno 1199 zugetragen, als dazumalen die perengarianische Ketzerei wieder eingeschlichen; indem in selbiger Stadt die allerheiligisten Hostien in den Händen des Priesters vor dem gesamten Volk und Clero in wahres Fleisch verwandlet, und in Ansehung[108] aller sich vermehrt, welches annoch mit höchstem Wunder allda in der Kirche des h. Kreuz zu sehen ist. Demnach glaubst du ja, daß in den Händen des rechten Priesters nit ein Brod, sondern Christus selbst unter der Gestalt des Brods dir werde dargereicht zu einer göttlichen Speis'. Und wie glückselig derselbe sey, der dieses himmlische Traktament genießet, dann hat das Grab, in welches der todte Leichnam Jesu Christi gelegt worden, so schön glanzt, wie die Sonne, nach Aussag des h. Gregorii Nisseni; wie viel mehr wird glanzen und scheinen deine Seel, wann in dir wird seyn nit der todte Leichnam, sondern der lebendige Heiland Jesus.

Von Augsburg nehmen wir unsere Reis' nachFreiburg, allwo uns ein jeder daselbst erzählen wird, was sich Anno 1346 hat zugetragen. Unweit dieser Stadt war allda eine große Menge des jungen Volks versammlet, und weil das helle und heitere Wetter ihnen auch günstig gewesen, also haben sie einen Tanz gehalten, und allen Uebermuth getrieben; in währendem diesem Freudenspiel hat der Priester das allerheiligiste Sakrament zu einem Kranken vorbei getragen, dem sein Mesner, nach heiligem Gebrauch, mit einem Glöckel vorgetreten; wie sie nun mehrmal ermahnt worden, daß sie sollen aufhören zu tanzen, hat eine aus ihnen sich gottlos hören lassen, daß ihres Vaters Schwein viel dergleichen Glöckel am Hals tragen; da sie nun immer fort getanzt, hat sich augenblicklich und urplötzlich eine Wolke zertheilt, und einen solchen Wasserguß herab geschütt, daß hierdurch das ganze Thal, alle Häuser, alle Menschen, alles Vieh, jämmerlich [109] zu Grund gangen, auch hat man sie todt nit mehr gefunden, außer etliche kleine Kinder in den Wiegen, so auf den Bäumen gehängt. So glaubst du ja gänzlich, daß unter der Gestalt des ungesäuerten Brods in den Händen des Priesters sey der wahre lebendige Gott samt seiner Menschheit, derjenige, der da richten wird die Lebendigen und die Todten, und wie glückselig derjenige sey, der diesen verhüllten Gott in seinem Herzen einlosirt mit reinem Gewissen. Dann hat Zachäus so viel und herrliche Gnaden darvon getragen, weil er nur einmal diesen Heiland in seinem Haus beherberget; was Heil wird erst einem begegnen, der öfter durch eine eifrige Kommunion solches höchste Altargeheimnuß zu sich nimmt.

Von Freiburg laßt uns nach Mainz reisen, ist zwar ein langer, jedoch sehr lustiger Weg, in dieser schönen und sehr großen Stadt werden wir mit Verwunderung anhören, was sie glaubwürdig von einem Priester ausgeben. Als einmal in Thüringen ein Priester das höchste Gut zu einem Kranken getragen, und daselbst nach vollbrachter heiliger Speisung die Finger in einem Geschirr voll Wasser abgewaschen, mit dem Befehl, man solle nachmals dem Kranken dieß zu trinken geben; es ist aber unvermerkt geschehen, daß dem Priester ein kleiner Partikul in das Wasser gefallen, worvon alsobald das Wasser sich in Blut verkehret, der Partikul aber in pures Fleisch sich verwandelt, welches der Erzbischof von Mainz mit großer Solemnität in seine Residenzstadt eingeführt, daselbst besagtes höchste Gut auf den Altar gelegt, und mit vielem Gebet den Allmächtigen ersucht, daß dieses möchte wieder, [110] zu mehrerer Glaubens-Stärkung, in vorige Gestalt verkehrt werden, so dann auch geschehen, und zeigt man noch das Geschirr, worinnen dieses Wunder erschienen. Nunmehr glaubst du ja kräftig und stark, daß der Priester die unermeßliche große Gewalt habe, das Brod in das Fleisch und Blut Jesu Christi zu verwandlen, und wie glückselig derjenige sey, den der Priester zu dieser Tafel führet, bei welcher sich der h. Franciscus Assisias so wohl befunden, daß er oftermal mit bloßen Füßen auf das Eis und Schnee getreten, damit er vor Hitz nit möchte verbrennen, die er von diesem höchsten Sakrament bekommen. Es hat dem h. Philippo Nerio so wohl geschmeckt, daß er oft mit bloßen Armen die kalten marmorsteinernen Saulen umfangen, sich zu kühlen, weil er also von besagter Speis' erhitzt worden. Es hat die h. Katharina Senensis eine solche Ersättigkeit bei der Tafel gefunden, daß sie dreißig ganze Tag nichts anders genossen, als dieses Himmelbrod. Es hat die selige Idda einen solchen Gusto genossen an diesem Manna, daß, wann sie nur die Tüchel des Altars gewaschen, und an dieses Engelbrod gedenkt, ihr nit anderst gewest ist, als brenne sie im ganzen Leib. Es hat solche göttliche Richt dem h. Dominico, Patriarchen der Prediger, also wohl geschmeckt, daß er zum öftesten unter währender h. Meß verzuckt, in der Luft gehangen, ganz und gar versenkt in diese göttliche Süßigkeit.

Von Mainz aus wollen wir uns begeben nach Cöln am Rhein, daselbst werden wir hören und sehen, was sich Anno 1331 begeben. Einer allda hat nie mit rechtem Glauben das höchste Gut genossen, dahero [111] er solches wieder mußte auswerfen, welches dann alsobald in ein kleines Kind verwandlet worden, und siehet man noch auf den heutigen Tag in der Kirche Corporis Christi daselbst das Grübel in der Erd, welches der Fall dieses göttlichen Kindes zur ewigen Gedächtnuß gemacht hat, besagter Ort leuchtet mit vielen Wunderzeichen. Auf solche Weis' wirst du ja beweglich glauben, daß dir der Priester, unter der Gestalt des Brods, als unter einer weißen Wolke darreiche denjenigen Heiland, welcher für dich und mich am Stamm des h. Kreuzes gelitten und gestorben. O unergründliche, unermeßliche, unsägliche, unbeschreibliche, unerdenkliche, unerhörte, unersehene, unbegreifliche Lieb meines Jesu! indem er sogar unter der Gestalt des Brods in dem Menschen wohnen will; gelt Teufel, du hast dazumalen eine lange Nase bekommen, wie du den Heiland Jesum auf die Zinnen des Tempels geführt, und ihm eingerathen: mitte te deorsum, er soll sich hinab stürzen auf den Ort, wo man diese Schlachtopfer verricht. Aber bei der jetzigen Gnadenzeit, auf die kurzen heiligen Wort eines Priesters, laßt sich Jesus Christus gar von dem hohen Himmel herab auf den Altar in dem heiligen Meßopfer so vielfältig alle Tag und Stund.

Von Cöln nehmen wir unsern Weg nach Frankenland, und recte dem Marktfleck Durn zu, würzburgischer Diözes, allda können wir gar leicht erfahren jenes Wunder, welches vor zwei hundert und achtzig Jahren geschehen. Dazumalen hat ein Priester eine gar kurze Meß wollen lesen, und derentwegen die h. Ceremonien in aller Eil und schnelle gemacht, also[112] zwar, daß er unbehutsamer Weis' den consecrirten Kelch umgeschütt auf das Corporal, worüber alsobald die Gestalt des Weins in pures Blut verkehrt worden, und zwar in Mitte des Corporals sah man die Bildnuß des gekreuzigten Jesu, in den 4 Ecken aber das Angesicht mit der dörnernen Kron; es hatte zwar der Priester, als der hierüber sehr entrüst war, solche seine Unbehutsamkeit zu verhüllen, besagtes Corporal verborgen, doch aus zwangendem Gewissen es noch vor seinem Tod entdeckt und offenbart.

Jetzt glaubst du ja, daß dir der Priester in der guldenen Monstranzen den wahren Heiland der Welt zeige, ob es schon deinen Augen nit also vorkommt, und daselbst Gott gleichsam unter der weisen Wand der Gestalten des Brodes stehe. En ipse stat post parietem nostrum, respiciens per fenestras, prospiciens per Cancellos.

Von diesem Ort dann stellen wir unsere Reis' an nach Bamberg, der Weg wird uns nicht reuen, dann ja was denkwürdiges allda vorbei qana. en. In dieser Stadt hat ein vermessener Bösewicht aus der Kirche des h. Martini das Ciborium samt den h. Hostien entfremdt, diese aber auf einen Acker, außer der Stadt ausgeschütt; als nun kurz hernach etliche Weiber um selbige Gegend das Gras abgeschnitten, haben sie mit höchster Verwunderung an demselbigen Ort lauter kleine Kinder wahrgenommen, welche dergestalten geglanzt, daß einige Weiber hierüber gar erblindt, solches Wunder haben gleichfalls die Geistlichen und andere Leut gesehen, worvon sie also erschrocken, daß sich keiner getraut, hinzu zu treten, bis endlich, nach [113] allgemeinem dreitägigen Fasttag der Bischof Wesingus mit gesamter Procession dahin kommen, die allerheiligisten Hostien in ihrer vorigen Gestalt andächtig erhebt, auch zu dessen ewiger Gedächtnuß ein Frauenkloster daselbst unter der Regel des h. Dominici erbaut, dero Kirche beim h. Grab genennt wird. Jetzo glaubft du ja ohne einigen Zweifel, daß der Priester die große Gewalt habe, unter die weiße Gestalt des Brods zu stellen denjenigen wahren Heiland Jesum, welchen die übergebenedeite Jungfrau und Mutter Gottes Maria zu Bethlehem in weiße Windlein eingefäscht.

Ein Betrug war jener und nit ohne Arglist, mit welchem die Michol des Königs Saul, als ihres Herrn Vaters ausgeschickte Trabanten, hat übervorthelt, dann diese aus königlichem Befehl sollten den David gefangen nehmen; Michol aber läßt in aller Geheim den David zum Fenster hinab, anstatt seiner aber legte sie ein Bild ins Bett, bekleidete dasselbe mit des Davids Rock, und das Gesicht bedeckte sie mit einem rauhen Kitzfell; wie nun die Soldaten ankommen, hat sie Frau Michol bald abgefertigte, mit dem Vorwand, wie daß ihr Herr, der David, krank im Bett liege, massen sie es selbsten sehen; die guten Leut glaubten wahrhaftig, es seye unter diesen Kleidern der David, unterdessen aber war es nur ein hölzernes oder steinernes Bild. Weit anders ist es mit dem heiligisten Sakrament des Altars, denn was dessen äußerliche Bekleidung oder Gestalt anbetrifft, scheint es nichts anders zu seyn, als Wein und Brod, unterdessen aber ist unfehlbar darunter der wahre Leib Jesu Christi. Daß Adonis in eine Blum, daß Daphnis in einen [114] Lorbeerbaum, daß Aktäon in einen Hirsch, daß Progne in einen Vogel, daß Dirce in einen Fisch, daß Echo in eine Stimm, daß Hierias in einen Fluß seye verändert worden, ist ein pures Gedicht und Fabelwerk der Poeten, daß aber Wein und Brod durch wenig Wort eines geweihten Priesters in das Fleisch und Blut Jesu Christi verkehrt werde, ist eine unwiderlegliche Wahrheit.

Von Bamberg aus hatten wir noch viel Oerter zu besuchen in Teutschland, als da seynd Sternbach, Röthlingen, Weddingen, Stein, Clar, Wien und viele andere, allwo wir allenthalben dergleichen Wunder wollten erfahren, aber ich siehe und merke schon, daß du unfehlbar glaubest, der Priester habe die große Macht, in dem h. Meßopfer Wein und Brod in die wahre Gottheit und Menschheit zu verwandeln. Man kann es unterdessen glauben, daß ein Alchymist ein Stück Eisen in einen Brocken Gold könne verändern; aber was wird nit für eine Zeit hiezu erfordert? was Kohlen blasen ist nit vonnöthen? was Arbeit kost es, indem er will der Sonne in das Handwerk greifen, was Quecksilber, und geh weg Silber braucht es, was für Sachen und Waaren gehören nit darzu? Aber ein Priester bei dem Altar mit wenig Worten verkehrt nit Eisen in Gold, sondern Wein und Brod in das kostparste Fleisch und Blut Jesu Christi,O venerabilis dignitas Manuum. Aus welchem Allem gnug und sattsam abzunehmen ist, in was Ehren die Gott gewidmete Priesterschaft solle gehalten werden, massen zu solchem selbst veranlasset der geistliche Nam und gewönliche Titel: Ihr Ehrwürden. Aber wo steht [115] solches geschrieben? Antwort: in den zehen Geboten; laßt sehen!

Das erste Gebet: sollst an einen Gott glauben, denselben möglichst verehren etc. Wann du dir läßt wahrsagen von einer alten hydropolitanischcn Fechhauben, oder wann du dich härter machst durch die Passauer Zettel, als da gewest des Samson Dusacken, welcher ein Kinnbacken von einem Esel gewest, so ist es schon wider dieß Gebot.

Das anderte Gebot: du sollst den Namen Gottes nicht eitel nennen. Wann du die Fluchwort herauswirfst wie eine alte Huesterin die Kathar-Splitter, oder wann du so spöttlich von Gott redest, wie König Alphonsus in Spanien, welcher in diese gotteslästerlichen Wort ausgebrochen: Wann er wär gegenwärtig gewesen, wie Gott im Anfang die Welt erschaffen, so wollt er die Sach viel besser eingericht haben etc., so ist es schon wider dieß Gebot.

Das dritte Gebot: du sollst die Feiertäg heiligen. Wann du den Sonntag hindurch gut pamphilianisch bist, oder deine Andacht hast im Wirtshaus beim weißen Kreuz, sodann ist es schon wider dieses Gebot.

Das vierte Gebot: du sollst Vater und Mutter in Ehren haben. Wann du deiner vorgesezten Obrigkeit einen Burzelbaum wünschest, wie im alten Testament der Heli gemacht, so zuruckgefallen, und den Hals gebrochen, so ist es schon wider dieß Gebot.

Das fünfte Gebot: du sollst nit tödten. Wann du deinem Mitbeamten den Tod wünschest, auf daß du mögst an seine Stöll kommen (ich sage nit Stell [116] kommen) und also geschieht wie in einem Schöpfbrunn, allwo ein Amper hinabfallt, der andere anstatt seiner in die Höhe steigt, so ist es schon wider dieß Gebot.

Das sechste Gebot: du sollst nicht ehebrechen. Wann du die böse Gelegenheiten nit meidest, und glaubst, du seyest sicherer bei der Rosina, als Moyses bei dem Dornbusche, und geschehe dir weniger bei der Baberl als den 3 Jüngling in dem feurigen Ofen zu Babel, so ist es schon, wider dieß Gebot.

Das siebente Gebot: du sollst nit stehlen. Wann ein bestes Einkommen nit bestehet in Wein und Traid, sondern in Zwiebeln, scilicet der Unterthanen, und bei dir ein jeder Bauer Barthlme heißt, so ist es schon wider dieß Gebot.

Das achte Gebot: du sollst nit falsche Zeugnuß geben. Wann du den Tischlern ins Handwerk greifest, und deinen Nächsten da und dort verläumdst, dann ob es schon im Kalender steht: heut ist gut Haar abschneiden, so findt man doch nit, daß es gut seye, die Ehr abschneiden, so ist dann schon wider dieß Gebot.

Das neunte Gebot: du sollst nit begehren deines Nächsten Weib. Wann du im Spital liegst mit den alten aber nicht kalten Richtern zu Babylon, und in fremden Kucheln schmarotzen willst, so ist es schon wider dieß Gebot.

Das zehnte Gebot: du sollst nit begehren deines Nächsten Haus oder Acker etc. Wann du den accipiter im Wappen führst und also auf fremdem Wasen thust grasen, so ist es schon wider dieß Gebot.

Wider welches Gebot ist es dann, wann man die Gott geweihte Priester entunehret? nit wider das [117] zehnte, nit wider das neunte, nit wider das achte, nit wider das siebente, nit wider das sechste, nit wider das fünfte, nit wider das vierte, nit wider das dritte, nit wider das anderte, wohl aber wider das erste, dann, indem dir forderist geboten wird, du sollst an Einen Gott glauben, und denselben verehren, so wird zugleich dir auch befohlen, du sollst den Priester ehren, der da an statt Gottes ist. Verehrt man so stark das Grab, in welchem der todte Leichnam Christi 3 Tag gelegen, verehrt man zu Rom die Krippe, worin der neugeborne Heiland gelegen, verehrt man in der ganzen Welt das Kreuz, worauf der Seligmacher gestorben ist, wie viel mehr soll man verehren den Priester, welcher täglich mit Jesu Christo umgehet, denselben anrührt, denselben genießt, denselben aufopfert, denselben auch anderen darreicht und spendirt. Es ist so gar nit zu verwundern, daß der h. und seraphische Franziskus gesagt hat, daß, wann ihm ein Heiliger vom Himmel und ein Priester zugleich begegnen, so wollt er anfangs dem Priester die Händ kussen, und nachmals erst dem Heiligen eine Reverenz machen. Es ist sich so gar nit zu verwundern, daß die selige Maria Oegniacensis sogar die Fußstapfen der Priester kußt und verehret hat. Es ist gar nicht zu verwundern, daß zwei Engel dem h. Lausanensischen Bischof Bonifacio bei der h. Meß gedient haben, und zu der Wandlung seine schwache Arm beederseits in die Höhe gehebt und sanft wieder niedergelassen.

Daß ein Engel dem h. Eboracenusischen Bischof Oswaldo zum Altar gedient, und ihm wie ein Knab ministriret. Daß ein Engel dem Petro Morouo, so[118] nachmals römischer Pabst und Cölestinus genennt worden, das Meß-Gewand und gehörige Paramenten gebracht hat. Daß ein Engel dem bituricensischen Bischof Astrosigilo zum Händwaschen das Wasser hat aufgossen: es ist alles dieß so stark nit zu verwundern, indem Gott selbst die Priester in großen Ehren gehalten.

Im alten Testament hat der allmächtige Gott befohlen, daß man einen jeden, der da schäbig an der Haut worden, soll zum Priester führen, damit derselbe hierüber sein Urthl und Meinung lege, ob es ein Aussatz seye oder nie, wann es sich aber ungefähr zugetragen, daß der Priester einen Fehler begangen, und vorgeben, es seye kein Aussatz, da es doch unterdessen in aller Wahrheit einer gewesen, damit dann dieser seinen Kredit bei dem Volke nit verliere, und etwann einer oder der andere ganz unverschamt rede: der Pfaff hat gelogen wie ein anderer etc., der Pfaff versteht nichts, man soll ihm anstatt des Zehen die Zähn zeigen etc.; also hat Gott allemal in dergleichen Begebenheiten durch ein augenscheinlich Wunderwerk solchen Aussatz gereiniget, damit nur der Priester, so dazumal übel geurthlet, nit zu Schanden werde, sondern in vorigem Respekt und Ehr verbleibe.

Der Heiland Jesus, als ein sanftmüthigistes Lämml, hat sich in seinem ganzen bittern und fast unmenschlichen Leiden niemalen beklagt, als dazumal, wie er von dem frechen und gottlosen Malcho einen harten Backenstreich empfangen; die zusammengerottete Juden und hebräische Lottergesind haben ihn im Garten gefangen und hart gebunden; o ihr Schelmen habt euer Lebtag kein so edel-schönes Blumen-Büschele bunden, [119] als dieser Nazarenus, id est, floridus. Mein Jesus aber beklagt sich hierüber nie. Sie haben ihn mit Geißlen und Ruthen tyrannisch zerfleischt und zerschlagen; o ihr Dieb habt euer Lebtag kein so edles Traid ausgedroschen, als dieses, Frumentum Electorum! Mein Jesus aber beklagt sich über dieses Alles nit. Sie haben ihm eine dörnerne Kron in sein heiligistes Haupt gedruckt. O ihr Mörder habt euer Lebtag keine so schöne Rosen an den Dörnern gefunden, als diese! mein Heiland aber beklagt sich dessenthalben nicht. Sie haben ihm einen harten Kreuzbaum auf die Achseln geladen. O ihr Böswicht habt euer Lebtag kein bösers X. durch einen Schuld-Brief gemacht, als dieses! mein Erlöser aber beklagt sich nit. Sie haben ihm seine Kleider ausgezogen, nackend und bloß vorgestellt. O ihr Henkersgesind, habt euer Lebtag die Wahrheit also bloß nit bei euch gehabt, als dießmal!Ego sum veritas, und mein gütigister Gott und Herr beklagt sich dessen nit. Sie haben ihm die zartesten Hände durchbohrt, und also an den Kreuzbaum genaglet. O ihr verruchten Gesellen, ihr habt euer Lebtag das Glück nit also an Nagel gehängt, wie dießmal. Und gleichwohl mein sanstmüthigster Jesus beklagt sich derenthalben nit, ja in seinem ganzen schmerzhaften Leiden hat er sich niemalen beklagt, als allein dazumalen, wie dieser gewissenlose Malchus ihm einen Backenstreich versetzt, dazumal hat Jesus sich beklagt, und gefragt: Warum schlagst mich? Es ist aber allhier zu wissen, daß der geduldigiste Jesus nit so hart empfunden den Backenstreich, als die ihm angethane falsche Bezüchtigung,[120] zumalen dieser verruchte Raup und Gassenschlenkel dem allerunschuldigsten Jesu vorgeworfen, als gebe er dem Hohenpriester keinen Respekt und thue dessen Würde und hohen Stand nit verehren; sic respondes Pontifici? Derentwegen hat der Herr gefragt und zugleich auch begehrt, man soll es ihm beweisen, wie und wann Er wider die Ehr und Respekt des Hohenpriesters gehandlet habe. Daß man ihn einen Verführer des Volks genennt, einen Teufelskünstler geheißen, einen Vollsaufer ausgeschrien, einen falschen Propheten titulirt, für einen Gotteslästerer gehalten etc., das hat er alles gelitten. Aber daß man ihn einen Verachter und Entunehrer des Priesterthums soll halten, das wollt er nit leiden, massen er die ganze Zeit, da er auf Erden gewandlet, je und allemal bestens sich beflissen, die Priesterschaft zu verehren.

Es verwundert manchen, warum doch die büßende Maria Magdalena die Alabasterbüchse, worin die kostbare Salbe, habe mit allem Fleiß gebrochen: facto alabastro, es war Magdalena dazumal wohl eine schlechte Wirthin, man hätt ja dasselbe Geschirr nachmals zu etwas anders können gebrauchen, facto alabastro. Magdalena hat hierinfalls ganz bescheid und weislich gehandlet, dann sie gedacht, daß es sich nicht wohl schicke, daß man eine Sache, die zur Ehr und Dienst Gottes gewidmet, soll anderwärts hin brauchen. Merkt es wohl, ihr Gott gewidmete Priester, legt euere eigne Hohheit auf die Waag, betrachtet euere fast göttliche Würde, und laßt euch bei Herrschaften und Orten, wo ihr euch aufhaltet, nit zu anderen Sachen brauchen, als allein zu dem Dienst Gottes. [121] Pfui, wie ungereimt stehet es, wann man euch zu allen Hausdiensten und gar bald zu der Stuben auskehren brauchet, indem doch euer Stand auch die Würde und Hohheit der gekrönten Häupter übersteigt und übergipfelt.

Allhier kann ich nit umgehen, dasjenige beizutragen, was sich Anno 1570 in Italien hat zugetragen; daselbst hat eine vornehme adeliche Dama dem Herrn Pfarrer, als der die Seelsorg auf ihrer Herrschaft gehabt, durch einen Lakei lassen andeuten, daß er mit der h. Meß soll warten, bis sie in die Kirche komme; weil es aber eine lange, eine breite, eine große, eine dicke, eine seine Zeit braucht, bis sich die Weiber waschen, putzen, zieren, krausen, flechten, binden, malen, streichen, schmucken etc., also ist das gemeine Volk hierüber ungeduldig worden, zumalen es schon bereits um Mittagszeit war, und etliche von weiten dahin kommen, und den Herrn Pfarrer so weit angetrieben, daß er den gewöhnlichen Gottesdienst gehalten. Wie nun hernach diese Dama mit aller Pracht in die Kirche gefahren, da haben ihr die Leut angedeut, wie daß sie sich weiter nit darf bemühen, dann der Gottsdienst sey schon vorbei; uneracht dieß hat sie dahin geeilt, und allda mit vielen Schmachworten den guten Priester nicht allein schmählich traktirt, sondern auch, o Weibergift, auch den Teufel übertrifft! ihm durch eine gottlose Hand einen harten Backenstreich versetzt, und also wieder nach Haus gekehrt. Aber Gottes Straf ist keineswegs ausgeblieben, dann weil sie dazumal groß Leibs war, hat sie etlich Zeit hernach eine Tochter geboren ohne rechte Hand, welche nachgehends [122] erwachsen, auch mit einem vornehmen Edelmann verheirath worden, jedoch alleweil ohne rechte Hand; hat recht gesehen, daß Gott recht gestraft ihre Mutter, weilen sie dem Priester so unrecht gethan.

Es führt aber dieser und diese Geistlichen einen schlechten Wandel, er lebt, daß einem möcht grausen, Presbyter soll sonst so viel heißen, als praebens Iter, das ist ein Wegweiser. Ja wohl Wegweiser. Sacerdos heißt so viel, als Sacra Dos, ein heiliges Grab, ja wohl heilig. Ein Geistlicher heißt so viel, als ein purer Geist ohne Leib, ja wohl ohne Leib. Diesen findt man öfter beim Bier, als beim Brevier, öfter beim Plempel, als beim Tempel, öfter beim Tänzel, als auf der Kanzel, öfter beim Keglen, als beim Reglen, er geht mehr auf das Schmer, als auf die Kinderlehr, er acht mehr die Schäferei, als die Sakristei, er sindt sich öfter beim Müssiggang, als beim Kreuzgang, er ist lieber ein Bettbruder, als ein Betbruder, er hat lieber dieHeras, als die Horas, ihm seynd werther die Brocken, als die Glocken, man findt ihn öfter beim Labeten, als beim Domina labia, etc. Und ein solcher dunkt noch alle Tag ein seine Lefzen in das Blut des wahren Lamms Gottes, seine Weih ausgenommen, er ist nit einen Haller werth, und wie soll ich diesen Pfaffen verehren? come? wie?

Das Wort Esel heißt zurück lese, lese mein Schmäler, was dem Esel am Palmtag für eine Ehr widerfahren, wie unser liebster Heiland mit männiglichem Frohlocken nach Jerusalem eingeritten, da hat ihn das Volk sehr herrlich empfangen; unter anderen haben die Hebräer ihre eigenen Kleider ausgezogen,[123] und auf die bloße Erde gebreit, damit der Esel darüber gehe: diese Ehr geschah nit dem Esel, sondern demjenigen, so darauf gesessen, also soll man in allweg einen gottgeweihten Priester verehren, nit weil er dieser und dieser Mensch ist, und etwann wie ein Vieh lebt, sondern weil er fast eine göttliche Würde tragt. Gott der Allmächtige ist dem Mosi in einem Dornbusch erschienen, ein wunderliches Ding ist dieses, daß er ihm nicht einen andern Baum oder Gesträuß erwählt; warum nit einen Cederbaum, ist er doch der allerhöchste? warum nicht einen Eichbaum, ist er doch der stärkeste? warum nicht einen Palmbaum, ist er doch der allersiegreicheste? warum nicht einen Oelbaum, ist er doch der allerbarmherzigiste? warum gleich einen Dornbusch? und mit dem Mosi aus dieser Dornhecke, wo Altern und Schlangen sich verschliefen, eine ziemliche Weil geredt? Hör du mein Schmäher, es ist dir zu einem Unterricht gewest, daß du sollest auch mit aller Ehrerbietsamkeit den Priester auf der Kanzel und im Beichtstuhl hören, und gedenken, wann er schon ein wilder Dornbusch, voller Laster und Untugenden, daß gleichwohl Gott aus ihm rede. Was fragst du darnach, so du von einer Hand ein Geld bekommst, dieselbe sey schön oder krätzig, was achtest du, wann dir ein Medikus oder Arzt eine gute Medizin gibt, er sey gleich krumm oder einäugig, dem Samson hat der Trunk hauptsächlich geschmeckt, obschon solchen ihm ein Eselskinnback gespendiret hat.

Der Elias ist gespeist worden von einem Raben, welcher ein nichtsnutziger, garstiger, verstohlener Galgenvogel, der fromme Mann hat gleichwohl den Proviant [124] mit Dank angenommen. Die Zimmerleut, so bei der Arch Noe gearbeit haben, seynd schlimme Schelmer gewest, wie sie dann dazumal nit anderst gewachsen, der gute Patriarch hat dannoch dero Arbeit für genehm gehalten. Der Samson hat die Finger geschleckt nach dem Honigfladen, und es weiter nicht geacht, daß solches in dem Rachen eines tobten Aas, benanntlich eines todten Löwens, gefunden worden. Also mußt du das h. Priesterthum derentwegen nit verachten, um willen dieser oder jener einen ärgergerlichen Wandel führt, sondern gedenk, daß seine Lehr und heiligiste Sakramente, welche er dir nach christlichem Gebrauch mittheilet, gleichwohl hoch und himmlisch zu schätzen seynd. Saul ist ein blutgieriger Tyrann gewest, ein rachgieriger König gewest, ein geldgieriger Monarch gewest, ein ehrgieriger Gesell gewest, grausam, gräulich, grob, greinerisch, grimmig, grändig, grollerisch gewest; die Gerechten hat er beneidt, die Beneidten hat er verfolgt, die Verfolgten hat er unterdrückt, die Unterdrückten hat er aus dem Weg geräumt, er hat wider Gott, wider Gottes Gebot, wider Gottes Gebieter, wider Gottes Lehr, wider Gottes Lehrer, wider das Gesatz, wider Gottes Gesetzgeber, wider Gottes Volk, wider Gottes Propheten gehandlet, und dannoch hat ihn der David allzeit verehrt und venerirt, nit weil er schlimm gewesen, sondern weil er gesalbt gewesen, habebat sanctitatem non vitae, sed unctionis.

Es ist schon eine alte Geschicht, daß die stolze Jezabell von den Hunden gefressen worden, um weil sie die Priester Gottes verfolgt. Es ist schon vielmal [125] gehört worden, daß zwei und vierzig Knaben von den Bären seynd zerrissen worden, weil sie den Mann Gottes Elisäum nur ausgelacht und einen Kahlkopf genennt haben. Das weiß ein jeder, daß die Israeliter von feurigen Schlangen seynd gebissen worden, indem sie wider Gott und seinen Priester Moses gemurrt haben. Das ist bereits schon ziemlich bekannt, daß Henricus der achte, König in England, ganz verzweifelt gestorben, weil er die Geistlichen und Priester Gottes verfolget, massen seine letzten halb todten Wort keine andern gewesen, als diese: O Monachi, Monachi, o Geistliche, Geistliche! Aber dieß wirst du etwann noch nit oft gehört haben, was sich vor 10 Jahren ungefähr in einer vornehmen Stadt zugetragen, allwo eine Person nit gar geringen Standes tödtlich erkrankt; es war aber diese Person ein abgesagter Feind aller Geistlichen, weil dann solcher urplötzliche Zustand den nahenden Tod vorgekündt, also hat man ganz schleunig um einen Beichtvater geschickt, welcher dann unverzüglich dahin geeilt; unterdessen ist der rechte Diener in die Apotheck geloffen, der Teufel aber seine Gestalt an sich genommen, und die zwei guten Patres zu dem verstandnen Ort geführt: solcher Ort war von dem Kloster nit eine halbe viertel Stund entlegen, und gleichwohl seynd die Patres um 6 Uhr Nachmittag ausgangen, und erst um 11 Uhr in der Nacht daselbst angelangt, ganz unwissend, daß sie so viel Zeit angewendt. Sobald sie nun zu der Behausung besagter Person kommen seynd, ist der Diener verschwunden, die Zeitung aber war, daß die Person vor einer Viertelstund Tods verblichen; ob solches diesem Priesterfcind [126] von Gott sey zur sondern Straf verhängt worden, laß ich es dem verständigen Leser über, und ermahne ihn, daß ein Priester und Geistlicher nie weniger privilegirt sey, als jenes Wildstuck des Kaisers, auf dessen Hals-Band stund: »Caesaris sum, noli me tangere. «

O Schelm Judas, was thust
O Schelm Judas, was thust? fürchtest dann nicht, daß der Erdboden dich lebendig verschlucke? sorgst dann nit, dast dich tausend Donnerkeul in den Abgrund erschlagen? wie kannst du so keck seyn, und diese göttliche Speis genießen mit einem unreinen Herzen?

O Adams-Kinder! o christliche Seel! und forderist ihr gottgeweihten Priester! ich bitte euch um Jesu Christi willen, um seiner fünf purpurfarben Wunden willen, um eurer eigenen Seelen Seligkeit willen, tretet doch mt in die Fußstapfen des verruchten Judä, gebt acht, daß euch diese göttliche Speis per anagramma oder Buchstabenwechsel nit eine tödtliche Speis werde.

Es hat dir allmächtige Gott an dem Fall des Adams ein solches Mißfallen gehabt, daß er sogar derentwegen der Erde einen harten Verweis und Filz geben,Maledicta terra, und dieselbe vermaledeiet, aber ich kann die Erd nit anderst als loben und benedeien, [127] in Erwägung, daß dieselbe so cortes und höflich ist gewest bei dem Tod Christi, dann, sobald der Heiland Jesus mit großem Geschrei seinen Geist aufgeben, hat die Erd gleich etliche Gräber eröffnet, also daß die Heiden und Juden dazumal mit Augen gesehen, wie die von Marmel und Alabaster kostbar geschlossenen Gräber von freien Stucken, ohne einige Handanhebung sich aufgeschlossen, und die todten Körper daselbst öffentlich gesehen worden, dann es war die Erd so keck, daß sie sich unterstanden, weil sie nunmehr durch das Blut Jesu geweicht worden, und dem todten Leichnam Ehristi ein Grab offeriret, weil er kein eignes hatte, ja er soll ihm eins aussuchen aus etlichen nach seinem Wohlgefallen, Monumenta aperta sunt. Und seynd diese Begräbnusse und steinerne Krüste also offen geblieben von dem Freitag an bis aus den Sonntag. Es wollt aber der gebenedeite Heiland kein Grab aus diesen erwählen, weil es ihm nit wenig darob graust, indem stinkende Körper darinnen gelegen; sondern er hat wollen gelegt werden in ein nagelneues Grab, so da aus einem Felsen ausgehauen, worinnen noch Niemand gelegen; er ist der schönste unter den Menschenkindern, dessentwegen begehrt er auch einen schönen Ort, er ist das wahre Lamm Gottes, derenthalben will er in keinen Saustall, er ist der wahre Baum des Lebens, dessenlhalben will er in dem Paradeis stehen, er ist die wahre Sonn der Gerechtigkeit, darum will er in einem Himmel seyn, er ist das wahre Manna oder Himmelbrod, dahero will er in einem verguldten Kasten oder Arche des Bunds seyn, er ist die wahre kostbare Perl, sodann [128] er will in Gold eingefaßt seyn; ziehe vorhero die kothigen Schuh aus, Moses, wann du willst zu dem Dornbusch hinzu treten, worinnen Gott verborgen, keie dich fort, schlagts den Schlengel die Stiegen hinab, weil er kein hochzeitliches Kleid an hat, will er bei dieser Mahlzeit erscheinen, so ziehe er gleichwohl sauber auf, das Haus wohl sauber ausgekehrt, ehe man diesen weißen Groschen darinnen findt, daß man die Erd mit Kleidern recht bedeck, auf daß nichts Kothiges gesehen werde; wann dieser Jesus einreitet, spei vorhero die Schlang das Gist aus, ehe und bevor sie aus diesem Brunnen trinkt, ein Cherubin muß seyn, der dieses Feuer will kosten, in Summa, rein, heilig und unbemailigt muß seyn derjenige, der diese göttliche Speis will nehmen, sonst ist mit ihm diese Speis ein Spieß.

Der verlorne Sohn in dem Evangelio ist wohl ein liederlicher Vogel gewest, wie er geheißen hat, das weiß man nit, vielleicht Damascenus, weil er bey den Damasen sich meistens eingefunden; woher er gewest ist, das ist unbekannt, vielleicht aus Schottland, indem er ziemlich schottenauerisch gelebt hat, vivendo luxuriose, was Stands er gewest, ist allbereit nit bewußt, wohl aber zu glauben, daß er ein Edelmann gewest seye, weil er in die Länder gereist; er war immerzu wie der Himmel, das ist, stern voll; er war stets wie der ungelöschte Kalch, den die Feichte erhitzen thut; er war alleweil wie eine abgebrokte Blum, die ohne Krügl verwelken will; ein nichtsnutziger Mensch ist er gewest; holla, das ist gefehlt, er ist viel nutz gewest, aber nur den Wirthen, ein leichtfertiger Mensch [129] ist er gewest; holla, das ist nit recht geredt, er ist ein schwärer gewest, aber nur ein Sünder, ein Verschwender ist er gewest; holla, das trifft nit zu, er ist gsparsam gewest, aber nur in Tugenden. Nachdem dieses saubere Weltkind meistens von Hunger angetrieben, wieder nach Haus kommen, und dem lieben alten Vater unter die Augen, da war sein erstes Absesehen, Umsehen, wie er möcht etwas zu essen sehen,fame pereo, aber gmach du Lumpenkramer, sollst du mit einem so liederlichen Aufzug zu der Tafel gehen? Ey nur das nit, gschwind schafft der Herr Vater, daß man das beste Kleid herbey bringt, keits die Fetzen und das halb verfaulte Hemet auf den Mist hinaus, Schuh und Strümpf her, alles neu, Hemet und Tätzl her, alles sauber, Rock und Kleid her, alles das beste, und noch darzu einen guldenen Ring an den Finger. Wie nun der edle Junker also sauber und gallant aufgeputzt war, da ist ihm erst erlaubt worden zu der Tafel, und zu diesem köstlich angestellten Panquet zu gehen.

Assuerus mit seiner Mahlzeit kann sich verbergen, Vitellius mit seinen Schlecker-Bißlen kann sich verkriechen, Albinus kann mit seinen Speisen zu Haus bleiben, Heliogabalus mit seinem Panquet kann stillschweigen, dann alle diese und andere müßten weichen der kostbaren Tafel, worauf gesetzt wird unter der Gestalt des Brods und Weins, der wahre Leib Jesu Christi; aber nur nit zu dieser Tafel mit einem schändlichen Aufzug, ihr christlichen Gäst! nur nit mit einem bösen und unreinen Gewissen, es muß der Mensch vorhero gleichsam ganz himmlisch seyn, denn auch das Manna bei [130] den Israelitern nur auf das Himmelsthau gefallen ist, es muß der Mensch vorhero ganz rein seyn, denn auch Abraham den Englen die Füß gewaschen, ehe und bevor er sie zur Tafel berufen. Es muß der Mensch vorhero ganz sauber seyn, dann sich Aaron und seine Söhn gewaschen, ehe sie zu dem Altar gangen. Elias begehrt von der Wittib ein Brod, aber vorhero ein Wasser, das ist recht. Die Brüder des Joseph in Egypten setzen sich zu der Tafel, aber waschen sich vorhero bei dem Brunn, das ist recht. Petrus eilt zu Christo dem Herrn auf dem Gestad, aber begibt sich vorhero in das Meer, das ist recht. Dann rein, sauber, unbefleckt, heilig, englisch und himmlisch muß der seyn, so diese göttliche Speis will genießen, sonst ist ihm diese Speis ein Spieß.

Rit weit von der großen Reichsstadt Köln ist ein Ort, mit Namen Belle, woselbst einem Priester was Wunderliches begegnet: Dann als dieser auf eine Zeit die h. Meß wollte lesen, und nach dem Evangelio bereits die Hostien auf das Korporal gelegt, so ist solche von freien Stücken hinweg gesprungen, der gute Priester glaubte, als seye dieß ungefähr geschehen, dahero die Hostie wieder an das vorige Ort gelegt, so aber mehrmalen, durch eigene. Bewegung, noch weiter auf dem Altar gesprungen, und da er sie das dritte Mal auf das Korporal gebracht, alsdann ist sie gar von dem Altar auf die Erd hinab geschnellt, worauf der Priester den Knaben, so dazumalen zum Altar diente, anbefohlen, er solle besagte Hostien aufbehalten und eine andere herbei bringen, welche der Priester nachmals ohne einige Verhinderung gebraucht, und [131] also das heilige Opfer vollbracht, gedachte widerspenstige Hostien aber, weil er geargwohnt, als müßte hierin ein Geheimniß verborgen seyn, hat er nach Köln zu etlichen gelehrten Geistlichen getragen, und ihnen die seltsame Begebenheit ganz umständlich erzählt, welche dann sich nit wenig über dieß verwundert, die Ursach aber dessen nicht erfinden können, bis endlich einer aus ihnen solche Hostien gegen dem Licht gehalten und bald vermerkt, daß ein Mackel in ihr, und wie man sie nachmals erbrochen, hat man gesehen, daß aus Unachtsamkeit eine kleine Wanze oder stinkende Käferl darein gebacken worden; woraus alle gar leicht könnten abnehmen, daß derentwegen durch ein Wunderwerk diese Hostie drei unterschiedliche Mal von dem Korporal hinweg gesprungen, weil Gott als ein Brunn und Ursprung aller Reinigkeit nit wollte seyn, wo da ein stinkendes Käferl oder Würmel ist; aus welchem eine leichte Schlußred zu machen ist, daß Gott viel weniger einkehren will bei einem Menschen, wo nichts als Gestank und Unflath der Sünden ist; daß dieser Heiland der Welt, dessen Kleidung auf dem Berg Thabor wie der Schnee war, nit logiren will an einem Ort, wo alles Koth und. Laster ist; daß dieser allerschönste Menschen-Sohn nur sitzen wolle bey dem klaren Brunn Samariä, und nicht bey einer trüben Mistlacken; daß diese schneeweiße göttliche Münz nur will gefunden werden in dem Maul des Fischs, welchen Petrus aus dem Wasser und nicht aus dem Koth gezogen; dann dieser allerheiligiste Leib nur will eingewicklet werden in eine schneeweisse und saubere Leinwath, die Joseph von Arimathäa aus den Kalvari-Berg gebracht; ja dieser [132] Gott, und einige Gott, und unser Gott, und wahrer Gott, und schönster Gott, gegen den alle andere Schönheiten eine Ungestalt, gegen den die Sonn eine Finsternuß, gegen dem das Gold ein Bley, gegen den der Schnee ein Kien-Nuß; dieser allmächtige ewige Gott will nit anderst liegen, als in einem saubern, und schön glanzenden, und rein, und unbefleckten Herzen. Hat er doch auch dieses allerhöchste Abendmahl anfangs nit eingestellt und celebrirt in einem finstern Winkel, schwarzen Rauchstuben, oder schlechten Bauernhütten, sondern in einem großen, hohen, schön gepflasterten Saal,Caenaculum grande.

Noe wollt doch sehen, ob der große Sündfluß noch die Wassersucht oder Schwindsucht habe, zu dem Ende hat er einen Raben ausgelassen, damit er die Avisa und Nachricht bringe, wie die Sach bestellt seye. Der schwarze Dieb hat das Heimgehen vergessen, das war das Deo gratias, um weil ihn der fromme Patriarch so lange Zeit gefüttert, und beym Leben erhalten. Ueberdieß schickt der Noe eine weisse Taube aus, des gänzlichen Vertrauens, diese werde escandide berichten, wie es mit der Sündfluth eine Beschaffenheit habe, als aber dieselbe nit fand, wo ihr Fuß ruhen konnte, kam sie wieder zuruck in die Arche. Mit Erlaubnuß Noe, daß ich ein Wort reden darf, hat der Rab, dieser Galgenvogel ein Ort gefunden, wo er hat stehen oder sitzen können, warum nit auch die Taube? Allhier ist die Antwort, daß unter diesen zweyen ein großer Unterschied seye; der Rab, dieser garstige Ludersack hat sich auf die Aas und todten Körper gesetzt, so da ober dem Wasser geschwummen, [133] aber die schneeweiße Taube, weil sonst kein anderes Ort war, hat sich auf die stinkende Muffti nit wollen setzen. Pfui! nur das nit, sondern lieber wieder in die Arche. Eben ist also beschaffen unser Heiland Jesus unter der Gestalt des Brods in dem allerheiligisten Altar-Geheimnuß, in diesem würdigisten Sakrament; er will nit seyn an einem wilden und übelriechenden Ort, er will nit wohnen in einem Menschen wo aller Wust und Unflath der Sünden ist, er will nit, er will nit. Das hat gesehen der Kaiser Carolus, dann wie seine Soldaten alle zu diesem höchsten Abendmahl gangen, so hat er wahrgenommen, daß in der heiligisten Hostie ein kleines holdseliges Kind etlichen mit vielem Liebkosen und freundlichisten Gebärden sich freiwillig zu genießen, anerboten, bei etlichen aber mit Händ und Füßen Widerstand gethan, und sein heiligistes Angesicht abgewendt; er will nit, er will nit. Im Luzernerthal hat einer aus Schamhaftigkeit eine gewisse Todsünd verschwiegen, und also mit unreinem Gewissen das höchste Gut empfangen, er hat aber nit anders vermeint, als schlücke er einen großen schweren Brocken Blei hinunter, der ihm auch hätte das Herz abgedruckt, wofern er sich nit hätte bekehrt, und eine vollkommene Beicht abgelegt; er will nit, er will nit. Dann in dem Kloster St. Francisci zu Cäta hat sich allda ein gottloser Wucherer in St. Antoni Kapelle lassen begraben, worauf gleich die erste Nacht zwei erschreckliche Männer dem Sakristan befohlen, er soll einen Kelch nehmen, wie auch einen Chorrock und Stola mit sich in die Kirche zu dem Grab des besagten Wucherers befügen, allwo sie augenblicklich den [134] Körper ausgegraben, dem Pater anbefohlen, den Kelch zu dem Maul zu halten, und wie einer aus diesen vermäskerten Teufeln dem Körper einen starken Stoß an das Gnäck geben, ist die heiligiste Hostie aus dem Maul in den Kelch gesprungen, den Leib aber diese zwei höllischen Geister durch die Mauer hinweg geführt, welches Loch noch auf heutigen Tag gesehen wird; er will nit, er will nit. Dann zu Achia Picent hat eines frommen Kriegs-Offiziers Weib, Namens Cassandra, ihr Leben mit schändlichem Ehebruch zugebracht, und zu Vermantlung ihrer Laster öfters zur heiligen Kommunion getreten, allemal aber das höchste Gut mit dem Tüchel wieder aus dem Mund gezogen; wie sie nun tödtlich erkrankt, auch ohne Bekanntnuß dieser Gottlosigkeit das heiligiste Altargeheim. nuß zu einer Wegzehrung genommen, und also ihre verdammte Seel aufgeben, hat man sie gar ehrlich in die Kirch St. Mariä Majoris daselbst zur Erde bestattet, des andern Tags aber sie der Mesner wieder mit halbem Leib außer des Grabs gefunden, dahero selbige wieder in die Grube geworfen, und mit eitlem großen Stein zugedeckt; als nun der Mesner, der Glöckner, auch das drittemal dieß Spektakel ersehen, wurde er hierüber ungeduldig, und gab ihr mit dem Fuß einen ziemlichen Stoß auf die Achsel, worvon alsobald die allerheiligiste Hostie ihr aus dem Mund gesprungen, welche ein Priester mit höchster Ehrerbietsamkeit aufgehebt: der verdammte Körper aber nach Verdiensten auf das Feld und Schinderplatz geschleppt worden. Er will nit, er will nie wohnen bei einem [135] unsauberen Gewissen, in einem sündigen Herzen, in einem lasterhaften Menschen, er will nit.

Der prächtige Einzug zu Jerusalem bestund nit, wie bei den alten Römern der Brauch war, in Löwen und Tiger-Thieren, sondern in einem sanftmüthigen Esel, nit in vornehmen und kostbaren Tapecereien, sondern in der Aufbreitung der Juden-Röck, nicht nach dem herrlichen Kapitolium; sondern nach dem Tempel Salomonis, nit mit vielen Kavalieren und Adel, sondern mit gemeinem Volk, und was das mehrerist war, wollt der Heiland Jesus in diesem Einzug begleit seyn mit hebräischen Knaben, hinter seiner, vor seiner, neben seiner, um seiner, nichts als kleine Knaben, mir Palmzweigen in den Händen, mit heller Stimm schreiend:Benedictus etc. Die Kinder seynd unschuldig, darum werden sie genennt Pueri, welches so viel als puri, und heißt Bue so viel als pur, diese, diese mußten ihn begleiten. Merks wohl mein Christ, wann du willst, daß Jesus in Gestalt des Brods bei dir eintrete, so ist vonnöthen, daß allenthalben um ihn herum nichts alspuritas, die Reinigkeit sey und die Unschuld, das Volk Israel soll das gewöhnliche Osterlamm essen, ja, aber es soll vorhero durch den Fluß Jordan passiren und sich waschen. Ihr Apostel sollt mit Jesu das Osterlamm essen, ja, aber an demselben Ort, wo euch einer wird mit dem Wasserkrug begegnen; dir ist, o unermeßliche Gnad! wann es möglich wär, so thäten auch dessenthalben die Engel dich benedeien, dir ist aus überschwänglicher Lieb erlaubt, daß du selbst und könnest das wahre Lamm Gottes, so hinweg nimmt die Sünden [136] der Welt, genießen; aber wasche vorhero wohl das Gewissen, reinige wohl das Herz, gedenke, was jener tapfere Soldat gethan. Zu Capharnaum war ein Hauptmann, wohl ein rechter Hauptmann, dessen Knecht schwerlich krank gelegen, also, daß an seinem Aufkommen gänzlich gezweifelt wurde, was thut der liebe und fromme Kriegs-Offizier? er gehet in eigner Person zu Christo dem Herrn, fallt ihm zu Füßen, und bitt ganz inständig um die Gesundheit seines Knechts, der gütigiste Jesus, wie er dann fast auf eine jede Supplikation Fiat geschrieben, gibt auch da keine andere Antwort, als ja, ja, ich will kommen. Sobald solches der Hauptmann gehört, daß Christus wolle zu ihm kommen, hat er alsobald höflich protestirt, mein Herr sprechend, das ist nit vonnöthen, es ist gar zuviel für mich, was willst du dich in eigner Person so viel bemühen, mein Herr, nur da geblieben, die Sach kann mit einem Wort gericht werden. Herr Hauptman, wie so seltsam? Herr Offizier, ihr geht stark irr, warum wollt ihr nit zulassen, daß Messias, dieser versprochene Heiland, in euer Haus komm? ei, das ist die größte Ehr etc., ich weiß, ich glaubs, ich spürs, ich finds, ich halts, ich schätz, ich siehs, ich kenns, daß die größte Ehr meinem Haus thät widerfahren, sagt der Herr Hauptmann, aber ihr meine Leut wißt nit, wie alles bei mir so säuisch ist, von der Zeit, daß dieser mein Knecht erkrankt, und sonst der allerfleißigiste ist, stehet alles über und über, da liegt ein Strohsack, dort steht eine Pitsche Bier, da stinkts von Taback, dort liegen etliche Blätter von einer Trapulirkarte, da findt man andern Unflath,[137] dann es schon etliche Wochen nit ausgekehrt worden, und also schickt es sich gar nicht, daß der Herr Jesus soll in ein so unaufgeraumtes Haus kommen. Der Soldat verdient alles Lob.

Es schickt sich nit, daß der wahre Heiland der Welt unter der Gestalt des Brods, o vermessener Mensch! durch eine Kommunion in dich eingehe, worin noch liegt aller Unflath der Sünd; es schickt sich nit, daß du, o frecher Gesell, mit einem stinkenden Athen sollst dem König aller Könige in der heiligen Kommunion ein Bußl geben; es schickt sich nicht, daß du, o garstiger Böswicht! sollst mit deiner unflätigen Zunge das Blut sutzlen aus der offenen Wunde Christi in der h. Kommunion; thust du aber dieß, o unwürdiger Kommunikant, so gedenk, daß dir diese göttliche Speis sey ein tödtlicher Spieß.

Dieses allerhelligiste Sakrament ist wie eine Rose, aus welcher die Bienen das Honig saugen, die Kothkäfer aber den Tod. Das Honig hat gesogen der h. Abt Aleydes, so oft dieser das höchste Gut empfangen, es ist ihm nit anderst vorkommen, als hätte er ein großes Geschirr voll mit Honig ausgeessen. Den Tod hat darvon bekommen jener, von dem der h. Cyprianus schreibt, welcher unwürdiger Weis' dieses göttliche Manna genossen, nachmals aber nichts anders empfunden, als das Maul voller Asche, welches ein ungezweifeltes Zeichen war des ewigen Feuers, so ihm nicht ausgeblieben.

Dieses höchste Altar-Geheimnuß ist wie die Arche des Bunds, welche in dem Haus Obededom lauter Glück und Segen, bei den Philistäern aber lauter[138] Strick und Degen verursachet. Glück und Segen hat hiervon empfangen der h. Sylvanus, ein Discipul des h. Bernardi, welcher, so oft er kommunicirt, ein so glanzendes Gesicht davon getragen, wie die Sonn, und haben seine Kleider ausgesehen, wie der pure Schnee. Strick und Degen hat darvon getragen jener gewissenlose Priester, von welchem Bollandus meldet, weil er ein unlauteres Leben geführt, also ist ihn, das Blut Jesu in dem Kelch in lauter zerlassnes Pech verwandelt worden.

Diese göttliche Speis ist wie das Blut des Abels, dann solches ihm, dem Abel, den Himmel eröffnet, wider den Kain aber Rach geschrien. Also hat es auch den Himmel eröffnet dem frommen Kaiser Otto, weil solcher vor seinem Tod, wegen des allzugroßen Magenweh, das höchste Gut nit konnte genießen, hat er wenigist begehrt, daß man ihm solches doch wolle vor das Bett tragen, damit er es noch einmal könnt verehren; als man ihm solches nit geweigert, siehe Wunder! da hat sich das Herz Ottonis eröffnet, und von freien Stucken dem Priester die h. Hostien aus den Händen gesprungen, und in dieses eröffnete inbrünstige Herz sich verborgen. Es hat aber solches Engelbrod Rach geschrien wider den magdeburgischen Erzbischof Udonem, welcher unwürdig das heiligste Sakrament einen Tag vor seinem Tod zu empfangen, aus Befehl des göttlichen Richters dasselbe wieder in einen Kelch mußte auswerfen, und nachmals zur ewigen Straf verurtheilet worden.

Es ist dieses höchste Altar-Geheimnuß wie die Sonn, welche der Blum und allem Gewächs ein Aufgang, dem Schnee aber ein Untergang. Ein Aufgang[139] ist es gewest der seligen Catharinä Bononiensi, welche wegen vielen Kasteiungen und stetem Abbruch sehr bleich und mager im Angesicht gewesen, so oft sie aber kommunicirt, hat sie wie Milch und Blut eine Gestalt gehabt, und nicht anderst geschienen, als wären ihr die schönsten Rosen auf ihren holdseligen Wangen. Ein Untergang aber ist gewest demjenigen, welcher mehrmal unwürdig zu dieser göttlichen Tafel gangen.

Es schickt sich dann gar nicht, ja es ist mörderisch, tyrannisch, verrucht, vermessen, verdammlich vor dem Himmel, vor der Erd, vor den Engeln vor den Menschen, wider die Majestät Gottes, wider die Liebe Gottes, wider die Ehre Gottes, wider die Gegenwart Gottes, zu lauter Schaden, zu lauter Verderben, zu lauter Unheil, zu lauter Verdamnuß, weit ärger als der Hebräer ihr Neid, Haß, Bosheit, Verfolgung, Schmach, Hohn, Schimpf, Qual, Pein und Tod, so sie Christo haben angethan, denn sie wußten nit, daß er Gottes Sohn wäre, sonst hätten sie ihn nit gekreuziget. Wann man dieses höchste Gut unwürdig genießt, das heißt nachgefolgt dem gottlosen Juda Iscarioth, das heißt Jesum in den weißen Kleidern verspotten, wie geschehen ist zu Hof Pilati und Herodis, das heißt mit den jüdischen Scherganten das heiligiste Angesicht Jesu verspiben, das heißt mit dem gottlosen Malcho diesem göttlichen Angesicht einen harten Backenstreich versetzen, das heißt den wahren Heiland Jesum nit durch den Bach Cedron, sondern durch die Kothlacken schleppen, das heißt den eingebornen Sohn Gottes auf ein neues wiederum kreutzigen. Die Unehr, welche der König Ammon den davidischen Abgesandten [140] angethan, als er sie so spöttlich hat lassen entblößen, ist nit so groß. Die Unehr, welche die Michol ihrem königlichen Gemahl angethan, als sie ihn vom Fenster herab so höhnisch ausgespöttelt, ist nit so groß. Die Unehr, welche die Philistäer dem gefangenen Samson angethan, als sie ihn wie ein Vieh tractirten, ist nit so groß. Die Unehr, welche der Nabuchodonosor dem Daniel erwiesen, als er ihn zu den Löwen in die wilde Grube werfen lassen, ist nit so groß. Die Unehr, welche der Pharao dem unschuldigen Joseph erwiesen, wie er ihn samt andern in den finstern Kerker werfen lassen, ist nit so groß, als die Unehr, welche der Mensch, dieser so schlechte Erdklotz, dem Heiland und Seligmacher Jesu Christo anthut, wann er die h. Kommunion genießt.

O Essen vermessen! Förcht ihr euch nicht, daß nit alsobald alle Geschöpf in Harnisch kommen, und ihrem Schöpfer die augethane Schmach rechnen? Gwiß ist es, wofern es die grundlose Barmherzigkeit Gottes nicht verhütet, daß eine solche, nach der unwürdigen Kommunion, alsobald die Engel selbst in tausend Stucken thäten zerreissen. Förcht ihr euch nicht, gottlose Priester, daß euch der gerechte göttliche Grimmen nit augenblicklich überfalle, wann ihr mit sündigen Händen das allerheiligiste Geheimnuß also tractiret, habt ihr dann nie gelesen? ja gar oft; daß, wie Gottes Sohn geboren, ihn die gebenedeyte Mutter und Jungfrau Maria, nach tausend und tausend Bussel, in eine schlechte Krippe und Heu gelegt habe, reclinavit eum in praesepio. Warum hat sie nit dem liebsten Joseph dieses göttliche Kind auf seine [141] Arm geben, es wäre ja ein weit bessers Ort gewest, als das spitzige Heu? Aber vernehmt die Antwort von dem heiligen Joanne Chrysostomo de Nat. Dom. daß sich Joseph nit getrauet habe, dieses göttliche Kind anzurühren, er schätzte sich gar zu unwürdig; und ein Priester mit befleckten Händen soll sich alle Tag getrauen, mit diesem umzugehen? Erwäget wohl, was im alten Testament dem Leviten Ozä widerfahren, weil er nur die Arche des Bunds aus keiner üblen Meinung angerührt, hat ihn Gott alsobald mit dem gähen Tod gestraft. Dessen Ursach gibt Abulensis, so ich allein in Latein herbei füge: Erat immundus et tetigit Arcam, nam tradunt Hebraei, quod praecedenti nocto iste Oza cognovit uxorem suam? was wird dann demjenigen für eine Straf und Züchtigung zu gewarten seyn, die in weit üblerm Stand das Allerhöchste traktiren. Omnino audent Agni immaculati sacras contingere carnes, et intigere in sanguine Salvatoris, carnes nefarias, quibus paulo ante (proh dolor) carnes meretricias attrectarunt. Förcht ihr euch nicht, daß einmal dasjenige begegne, was da widerfahre dem Tyrannen, welcher die heilige Edocia hat lassen martern. Als solcher die heiligiste Hostien, so außer der Schooß dieser Heiligen gefallen, schmählich traktirt, ist alsobald das Feuer aus diesem heiligisten Himmel-Brod heraus gefahren, und hat den gottlosen Menschen zu Staub und Asche verbrennt. Förcht ihr euch nit, daß Jesus Christus unser Heiland und Seligmacher euch einmal den Sentenz der ewigen Verdammnuß über euch schreiben werde, wie da geschrieben [142] hat Pabst Theodorus, welcher das heiligiste Blut Jesu Christi aus dem Kelch in den Schreib-Zeug gegossen, und nachmals die Excommunikation wider den Pirrhum Patriarchen zu Constantinopel geschrieben. Förcht ihr euch nit, daß euch einmal das geschehe, was einem Priester in Deutschland geschehen, welcher eines gar sündhaften Wandels, und gleichwohl alle Tag das h. Meßopfer verricht, dem aber auf eine Zeit die allerheiligiste Hostie, aus den Händen verschwunden, und wie er eine neue consecrirt, auch diese, so gar die dritte ihm von unsichtbaren Händen hinweg gerissen worden, weil der gebenedeite Heiland nie mehr wollte in einer so befleckten Wohnung einkehren. Förcht ihr euch nit, daß dieses Manna oder Himmelbrod also beschaffen sey, wie das Schaubrod im alten Testament, Panis Facierum, welches zwei Gesichter hatte, und von den Priestern und Leviten gebacken worden. Eine Figur und Vorbildung des allerheiligisten Sakraments des Altars, so ebenfalls zwei Gesichter, und zeigt das Gesicht der Barmherzigkeit diejenigen, die es würdig genießen, das Gesicht aber des Zorns und Grimms diejenigen, so es unwürdig empfangen.

Erschreckt euch dann nit, was jenem Novitzen bei denen PP. Kapuzinern in der neapolitanischen Provinz begegnet, als dieser vorhero ein vornehmer Edelmann war, viel aber durch Uebermuth ermordt, endlich sich bekehret, und bei besagten frommen Ordensmännern ein Novitius und Clericus worden; so hat sich dieß Wunder mit ihm ereignet, daß, wann er zu Altar gedient, alle Altar-Tücher, so er berührt, seynd blutig worden, wodurch Gott hat wollen andeuten,[143] daß dieser nie würdig sey, die h. Sachen des Altars anzurühren, dessen Händ sich vorhero mit so viel Menschenblut bemailigt; hat nun Gott einen solchen zu einem Priester nit wollen haben, dessen Leben vorhin sünderhaft, wie weniger will er leiden einen bei dem Altar, der in wirklichem Unflath lebt. Fürcht ihr euch nicht, daß einmal dasjenige über euch komme, welches da kommen ist über jene Donatisten, welche das höchste Gut den Hunden vorgeworfen, so aber ihren Schöpfer erkennt, und besagte Böswicht zerrissen. O wehe euch und allen denjenigen, so in des verruchten Judä Fußstapfen treten!

Judas der schlimme Schelm, neben andern Untugenden
Judas der schlimme Schelm, neben andern Untugenden, achtet auch das heilige Gebet nit viel.

Als der Herr Jesus das Oster-Lamm nach dem Gesatz Mosis mit seinen Apostlen genossen, auch diese zwölfe ins gesammt zu Priestern geweiht, und das heiligiste Altar-Geheimnuß und würdigiste Sakrament, benenntlich sein wahres Fleisch und Blut, unter der Gestalt des Brods und Weins eingestellt, hat er sich mit den Seinigen zum Gebet und Lobgesang, nach Gebrauch der Hebräer, begeben, maßen diese nach Einnehmung des Oster-Lamms sich wieder zur Tafel sezten, und ein gewisses Dank-Lied gesungen, auf die Weis' [144] und Art, wie dermalen die Geistlichen im Chor pflegen zu psalliren, und solle dieser Gesang, so der liebste Heiland mit den neuen Priestern andächtigst verbracht, bestanden seyn, nach Aussag Pauli Burg, Baron, Francis. Tirini etc. Sylveir. tom. 5 fol. 159 in 6 Psalmen, deren Titul Alleluja, nämlich:Laudate pueri Dominum: In existu Israel: Dilexi quoniam exaudiet: Credidi: Laudate Dominum omnes gentes: Confitemini Domino quoniam bonus. Und seynd diese der hundert und zwöfle, 13te, 14te, 15te, 16te und 17te. Dann weil in diesen Psalmen begriffen seynd die häufigen Gnaden und Gutthaten, so das Volk Israel von dem ällmächtigen Gott empfangen, also pflegten auch die Hebräer nach dem Osterlamm solche zu singen, und aus gleiche Weis' hat sie auch chorweis gesungen mit den Seinigen der Herr Jesus, und dazumal ist er, weil es Festum primae Classis war, Hebdomadarius gewest, und zu allererst den Psalmum intonirt. Zur selben Zeit ist Judas der Schelm aus, dem Chor geblieben, dann sobald er das höchste Gut mit verdammtem Gewissen empfangen, und unwürdig kommunizirt, hat er sich alsobald aus dem Staub gemacht, exivit continuo etc., und also bei dem Gebet und Deo gratias nit geblieben, ja es ist gar vermuthlich, daß er eine ziemliche Zeit vorhero sich mehrmalen, von dem Gebet, so der Herr Jesus mit seinen Nachfolgern ausgestellt, habe abgeschrauft, mit dem Vorwand, als müsse er in Procurators-Geschäften dieses und jenes zu Unterhaltung des apostolischen Collegii beischaffen, ist ihm also die Versaumung des Gebets [145] nit wenig beförderlich gewest zu seinem Untergang, in Erwägung dessen sag ich zu allen


Oremus, laßt uns beten!


Oremus, laßt uns beten, dann das Gebet ist ein guldener Schlüssel, mit welchem wir den Schatz-Kasten Gottes eröffnen; das Gebet ist ein Band, mit dem wir dem Allmächtigen können die Händ binden, daß er uns nit kann strafen, das Gebet ist ein guldener Amper, mit welchem wir aus dem Brunnen der göttlichen Güte alle Gaben und Gnaden können schöpfen; das Gebet ist ein Posaunenschall Gedeonis, mit dem wir die starken Ringmauern, oder besser geredt, die Sündmauern unserer Begierden umwerfen, das Gebet ist eine Ruthe Mosis, mit der wir den wahren Felsen Iesum erweichen: das Gebet ist eine Leiter Jakob, auf welcher wir können in den Himmel hinauf steigen, und daselbst unsere Klag dem höchsten Gott anbringen; ja das Gebet ist allmächtig, weil es alles vermag bei Gott.

Wie Gott der Allmächtige der Welt den Kopf so hart gewaschen mit dem allgemeinen Sündfluß; zwar auf solchen Kopf gehört keine andere Lauge; und dazumalen in der Arche Noe das menschliche Geschlecht, so nur in 8 Personen bestanden, erhalten worden, hat er uns in dieser schwimmenden Schul sehr viel Lehr geben. Erstlich waren in dieser Arche drei Gaden oder Stöck, und in dem alleruntersten mußten die Ochsen und Esel aus göttlicher Anordnung seyn, woraus zu lernen, daß man Ochsen- und Eseloköpf nicht solle hinauf promoviren. Item so ist die Arche auf dem [146] Wasser und Wessen allzeit empor geschwummen, und je mehr die Wellen zugenommen und gewachsen, je höher ist die Arche gestiegen, aus welchem abzunehmen, daß die Trübsale machen, daß sich die Leut gen Himmel erheben, und bei Gott dem Allmächtigen ihre Zuflucht suchen. Item ist diese Arche erst in hundert Jahren verfertiget worden, wie es fast alle heiligen Lehrer bezeugen, erst in hundert Jahren? So seynd dann alle Zimmerleut dazumal auch schon so faul gewest, wie anjetzo; dieses Schiff hätte man gar wohl in Jahr und Tag können verfertigen, aber gleichwohl ist hundert Jahr daran gearbeitet worden, dann die Arbeit ist ihnen wunderbarlicher Weis' unter den Händen verschwunden, dann es wollte der allmächtige Gott, daß Noe eine so lange Zeit solle daran arbeiten, damit. sich etwann unter der Zeit die Leut möchten bekehren, so barmherzig, gutherzig und mildherzig ist Gott. Eins ist zwar vor allem wohl zu erwägen, daß Gott in gedachter Arche nur ein Fenster, und dieses ganz obenher, wodurch Noe nur den Himmel konnte anschauen, habe zugelassen; ja, was sich noch mehr zu verwundern, so hat Gott dieses Schiff, vermuthlich durch die Engel, mit Pech lassen einwendig und auswendig überziehen, damit nicht die geringste Kluft offen stünde, bituminavit circa eam Dominus ita, ut justus videre non posset generalem omnium interitum, ne compassione commotus, Deum pro suis oraret, et sic Dei potentiam preces impedirent.

Darum hat Gott also genau besagte Arche lassen verbicken, damit oben auf der Seite der Noe nit [147] möchte durch ein Klüftel hinaus schauen; dann Gott hat gesorgt, so fern dieser fromme Patriarch hinaus guckt, und den allgemeinen Untergang siehet, sodann wird er mich bitten, und folgsam meine Allmacht binden, daß ich weiter nit mehr strafen kann, so mächtig ist das Gebet, daß sich auch die Allmacht Gottes davor gleichsam förcht.

Zwei und zwanzigmal wird Gott in der h. Schrift ein Herrscher genennt. Achthundert vier und siebenzig mal wird Gott in der h. Bibel ein Herr genennt, sechs und siebenzig mal wird Gott in der h. Schrift allmächtig genennt, drei und zwanzig mal wird Gott in der h. Bibel der allerstärkste genennt; aber o Wunder! das Gebet überwindt mehrmal diesen allerstärksten, überwältiget diesen allmächtigen, herrscht über diesen Herrn und Herrscher, Omnipotens est Oratio, cum sit una, omnia potest. Zu Sodoma hat das geringe Gewicht mehr golten, als das schwere, dann der gerechte Gott gänzlich die schweren Sünder daselbst zu vertilgen, bei sich entschlossen hatte, denLoth aber, weil er gerecht und gewissenhaft, wollte er samt Weib und Töchter von solcher Straf befreien. Dahero zween Engel dahin gesandt, welche diese bei den Händen hinaus geführt; es war aber ein ernstlicher Befehl, daß Niemand, unter großer Straf, solle umschauen, weil aber Curiositas gen. faeminini, also hat sich des guten und frommen Manns sein Weib nit enthalten können, sondern alsobald, wie sie das erschreckliche Donnern und Krachen, Fallen und Knallen, Rasseln und Prasseln, hinter ihr gehört, umgeschaut, worüber sie alsobald in eine Salz-Saul verkehrt [148] worden, und wie der gute Loth vermeint hat, er habe eine Sodomiterinn zu einem Weib, so hatte er eine Salzburgerinn; warum aber? o gerechter Gott, züchtigest du solche mit einer so seltsamen Straf? Warum hast sie nicht etwann stockblind lassen werden? Dann auf das Uebel sehen hat sich gar wohl gereimt nit mehr sehen. Nein, nein, sagt Gott, es muß diese Straf seyn, und keine andere, es muß das offene Maul in ein Salzbüchsel verkehrt werden, dann Gott hat bereits wahrgenommen, daß diese gute Frau schon das Maul aufgethan, und also hat er gesorgt, sie möchte bitten für die Stadt, und folgsam konnte seine göttliche Gerechtigkeit ihren Lauf nit haben, dahero augenblicklich sie in eine Salzsaul verwandlet worden; bekennt es demnach Gott selbst, daß das Gebet so mächtig sey, und könne sogar seine göttliche Allmacht überwinden.

Von dem h. schottländischen Priester Columba wird eine wunderliche Geschicht erzählt; bei diesem hat ein armer Tropf in seiner großen Noth die Zuflucht genommen, welcher sich mit vielen beweglichen Worten beklagte, wie daß er in eine solche äußerste Armuth gerathen, daß ihm unmöglich sey, fürohin sein Weib und Kinder zu erhalten, welches alles den h. Mann zu großem Mitleiden bewogen; dahero alsobald dem armen Schlucker befohlen, er soll sein geschwind und hurtig aus dem nächsten Wald einen guten, starken, dicken und zähen Prügel herbei bringen, welchem Befehl der gute Tropf schleunig nachkommen, und gedachte doch beinebens, es werde ja dieser Kirchtag nit für seinen Buckel gehören; sobald er solchen Stecken [149] herbei getragen, hat ihn der h. Priester mit dem Messer zugespitzt, nachmals dem hungerigen Tropfen mit diesem Befehl eingehändiget, gehe hin, sagte er, dieser Stecken soll dir seyn ein Angel, ein Netz, eine Gabel, wormit du allerlei Nahrungsmittel fangen wirst, auch soll dieser weder dir noch den Deinigen schaden können. Wer war muthiger und froher als dieser Tropf, welcher in aller Eil nach seiner armen Hütte geloffen, und dem Weib diesen hölzernen Willkomm gezeigt, hierauf denselben in dem nächst entlegenen Wald in die Erd gesteckt, fruhe Morgens gleich an dem Spieß einen Hirschen gefunden, ein andersmal einen Hasen, bald ein Wildschwein, jetzt einen Rehbock, daß also seine Kuchel stattlich versehen war, auch Weib und Kinder fast nie ohne schmutziges Maul gewesen, ja sogar konnte er den Ueberfluß um Geld versilbern. Weil aber öfters zu geschehen pflegt, daß die unbehutsamen Adams kinder das Glück oft selbst die Stiege hinunter schlagt, also ist es auch hier nit anders ergangen; dann das Weib, vermuthlich durch den bösen Feind dahin veranlaßt, machte dem Mann unnöthige Sorgen, mein Kind, sagte sie, die Sach wird in die Länge nit gut thun, und haben wir mit der Weil den grüßten Schaden zu förchten, dann dir selbst wohl bewußt ist, wie hart und scharf bei uns die Todtschläg gestraft werden, und wie bald kann es geschehen, daß bei nächtlicher Weil ein Mensch sich an diesem Wunderholz spießen thut, und wem würde solches Uebel zugemessen, als eben uns? Ja wann das Ding wird unter den Leuten lautbar werden, was gilt es, sie halten dich für einen Zauberer, und mich für [150] eine Hex? Du bist halt eine seltsame Doktorinn, sagte der Mann, und redest wie ein Weib, du sollst wissen, daß, wie mir der heilige Priester den geweihten Spieß geben, hat er mich anbei versichert, daß kein einiger Schaden zu besorgen sey. Es hätte solches schon sollen dem Weib die Zung arrestiren, aber sie thät immer und immer von dem Spieß reden; sogar förchten ihnen die Weiber vor dem geweihten Prügel, bis endlich der gute Mann wegen des steten Penzen und Wehklagen dahin bewogen, daß er den Spieß von dem Wald abgeholt, nach Haus getragen, und in einen finsteren Winkel gelehnt; siehe aber, des andern Tags ist schon der Haushund daran gesteckt; das gab dem Weib noch mehreren Anlaß zu schreien und klagen und schmählen, dahero der gute Mann den Spieß in einen großen Teich oder Weiher gesteckt, damit solchergestalten weder Mensch noch Vieh daran komme, aber auch des andern Tags war ein solcher großer und zappelter Fisch daran, daß ihn kaum der Mann konnte nach Haus tragen; über dieses legte er den gespitzten Prügel gar auf das Dach, und glaubte, alldort sey der sicherste Ort, wohin weder Mensch noch Vieh steigen werde, es ist aber eine kleine Zeit angestanden, da hangte ein großer Vogel am Spieß; letztlichen durch unaufhörliches Klagen und Mahnen des Weibs hat er denselben geweihten Glückspieß zerspalten, und in das Feuer geworfen, er aber samt den Seinigen wieder an vorigen Bettelstab kommen, und also erfahren, daß die Eva den Adam, ihn aber sein Weib, wegen des Holzes betrogen.

Diesem wunderseltsamen Spieß kann in allweg [151] mit allem Fug das h. Gebet verglichen werden, als welches auch eine Gabel, ein Angel, ein Netz, eine Mäschen, ein Strick ist, wormit man alles kann fangen; das hat man sattsam erfahren im alten und neuen Testament, im alten Testament der Abraham, im neuen Testament der Abban; der erste hat durch das Gebet im größten Alter einen Sohn erhalten, der andere hat durch das Gebet das Wasser also fest gemacht, daß er mit trucknen Füßen darüber gangen. Im alten Testament der Moses, im neuen Testament die Musa; der erste hat durch das Gebet die Ameleciter überwunden, die andere hat durch das Gebet die seligste Mutter Gottes vor ihrem Tod zu sich gezogen. Im alten Testament der Loth, im neuen Testament Kaiser Lotharius; der erste hat durch das Gebet die Stadt Segor erhalten, der andere hat durch das Gebet Victori erhalten. Im alten Testament der David, im neuen Testament der Davinus; der erste hat durch das Gebet den Sieg wider den Goliath bekommen, der andere hat durch das Gebet viel tödtliche Krankheiten kurirt. Im alten Testament der Clias, im neuen Testament der Eligius; der erste hat durch das Gebet den Himmel geschlossen und eröffnet, der andere hat durch das Gebet die Teufel ausgetrieben. Im alten Testament der Salamon, im neuen Testament der Salaon; der erste hat durch das Gebet die Weisheit gefunden, der anderte hat durch das Gebet verdient, daß ihm eine Lilie aus dem Grab gewachsen, mit der Ueberschrift: Ave Maria. Im alten Testament der Josue, im neuen Testament der Joscius; der erste hat durch das Gebet die Feind [152] überwunden, der andere hat durch das Gebet die Beständigkeit in der Marter erhalten. Im alten Testament Jonas, im neuen Testament Jonius; der erste hat durch das Gebet sich aus dem schwimmenden Kerker erlöst, der andere hat durch das Gebet die Markerkron erhalten. Im alten Testament die Machabäi, im neuen Testament der Machutes; die ersten haben durch das Gebet siegreiche Waffen geführt, der andere hat durch das Gebet die Wölf und wilden Thier zahm gemacht. Im alten Testament die Judith, im neuen Testament Judocus; die erste hat mit dem Gebet den Holofernem überwunden, der andere hat durch das Gebet verdient, daß ihm eine Taube die Speis gebracht hat. Im alten Testament Susanna, im neuen Testament Suso; die erste hat sich durch das Gebet von falschen Anklägern frei gemacht, der andere hat durch das Gebet viel Sünder bekehrt. Im alten Testament Anna, im neuen Testament Anno; die erste hat durch das Gebet einen Sohn, benanntlich den Samuel erhalten, der andere hat in dem cölnischen Gebiet durch das Gebet einen fruchtbaren Regen zuwegen gebracht. Im alten Testament Ananias, im neuen Testament Aninas; der erste hat in dem Ofen Babylon durch das Gebet dem Feuer die Zähn ausgebrochen, der andere hat durch das Gebet einen frischen Brunnen erweckt. Mit einem Wort, das Gebet ist mächtig und allmächtig. Das hat erfahren unter den Päpsten der Leo, unter den Bischöfen Leontius, unter den Priestern der Leodatus, unter den Mönchen der Leonardus, unter den Martyrern der Leodegarius, unter den Klosterfrauen die Leonora, unter [153] den Jungfrauen die Leocadia. Das Gebet ist mächtig und allmächtig, das hat erfahren Henricus, ein Kaiser, ein Heiliger, Wenzeslaus, ein König, ein Heiliger, Hermenegildus, ein Herzog, ein Heiliger, Ethlvoldus, ein Fürst, ein Heiliger, Leopoldus, ein Markgraf, ein Heiliger, Elzearius, ein Graf, ein Heiliger, Rochus, ein Freiherr, ein Heiliger, Elphigius, ein Edelmann, ein Heiliger, Ansbertus, ein Burger, ein Heiliger, Isidorus, ein Bauer, ein Heiliger, Servulus, ein Bettler, ein Heiliger. Das Gebet ist mächtig und allmächtig, das hat erfahren der Abraham auf dem Berg, das hat erfahren der Isaak auf der Ebene, das hat erfahren der Jakob auf dem Feld, das hat erfahren der Jeremias in dem Kerker, das hat erfahren der Daniel in der Löwengrube, das hat erfahren die Esther in dem Pallast, das hat erfahren der Jephte in der Schlacht, das hat erfahren die Sara zu Haus, das hat erfahren der Tobias auf der Reis', das hat erfahren der blinde Bettler auf der Straße, das hat erfahren die Cananäin auf der Grenz, das haben erfahren die Apostel auf dem Meer, das hat erfahren der rechte Schächer auf dem Kreuz. Das Gebet ist mächtig und allmächtig, dann es macht, es bricht, es netzt, trucknet, es verwundt, es heilt, es bindt, es laßt, es hitzt, es kühlt, es steckt, es schwebt, es sperrt, es eröffnet, es bringt, es vertreibt, es erhärt, es weicht, es kürzt, es verlängert. Verlängert hat durch das Gebet der heilige Vater Augustinus ein Holz. Verkürzt hat das Leben einem Kind zu seiner Seligkeit durch das Gebet die h. Theresia. Erweicht hat das Eisen durch das Gebet der [154] h. Willebrordus. Erhärt hat durch das Gebet das Brod in Stein der h. Bischof Herkulanus. Vertrieben hat mit dem Gebet die selige Jungfrau Maria de Subsidio schwere Wetter. Bracht hat durch das Gebet die selige Agnes Politiana die schönsten Rosen mitten im Winter. Eröffnet hat durch das Gebet die Kerker der h. Cathbertus. Versperrt hat durch das Gebet der h. Fechinus ein Haus, daß die Dieb nit haben können einbrechen. Geschwächt hat durch das Gebet der h. Bischof Wulstanus einen Felsen wie ein Wachs. Gestärkt hat durch das Gebet der h. Gallus ein Glas wie einen Stahl. Kühlt hat durch das Gebet die h. Reparata, das zerlassene Blei, daß es wie ein Schnee worden. Gehitzt hat durch das Gebet der h. Kiceranus einen kalten Bach, daß er wie ein warmes Bad worden. Gelöst hat durch das Gebet der h. Bischof Eligius die Band der Gefangenen. Gebunden hat durch das Gebet der h. Germanus die Räuber, daß sie nicht haben stehlen können. Geheilt hat mit dem Gebet der h. Franciscus de Paula viel Krankheiten. Verwundt hat durch das Gebet die Feind bei der Stadt Mutina der h. Geminianus. Getrucknet hat durch das Gebet der h. Antonius Paduanus die Kleider, daß sie nach dem Regen wie zuvor gewest. Genetzt hat durch das Gebet der h. Bischof Polycarpus die Treid-Felder, daß sie ganz verdorrt wieder haben angefangen zu grünen. Gebrochen hat durch das Gebet der h. Bischof Rhembertus die eisenen Bande und Ketten der gefangenen Christen. Gemacht hat wieder ganz das gebrochene Eisen durch das Gebet der h. Guignerus.

[155] Das Gebet ist mächtig und allmächtig, dann mit diesem hat Joannes der Evangelist die Spitz-Ruthen in Gold, die Kieselstein in Edelgestein verändert, mit diesem hat Joannes der Abt einen giftigen Basilikum umgebracht, mit diesem hat Joannes Gualbertus einen großen Baum federring gemacht, mit diesem hat Joannes Reomensis das Getreid vermehrt, mit diesem hat Joannes Capistranus den Regen vertrieben, mit diesem hat Joannes Bonus die glühenden Kohlen gedämpft, mit diesem hat Joannes Dei das Brod vermehrt, mit diesem hat Joannes Eleemosynarius einen Gottlosen ins Meer versenkt, mit diesem hat Joannes Ravellus einem reißenden Fluß einen Zaum angelegt, mit diesem hat Joannes Maranus Wasser in Wein verwandelt, mit diesm hat Joannes Silentiarius die Löwen zu Schutzherren und Sekundanten gemacht, mit diesem hat Joannes Saguntinus dem Wasser das Nasse genommen, mit diesem hat Joannes Lohelius das Geld vermehrt, mit diesem hat Joannes a Cruce viel Wunder gewirkt, mit diesem hat Joannes Agnus den Mantel zu einem Schiffel gemacht auf dem Wasser, mit diesem hat Joannes Vincentius einen Adler zu einem Diener gemacht, mit diesem hat Joannes Fassatius den Wein vermehrt, mit diesem hat Joannes Marinonius ein Brod vom Himmel erpreßt, mit diesem hat Joannes Tertinrius S. Fran. einen Brunn erweckt, mit diesem hat Joannes Prutanus einen Schiffbruch verhüt, mit diesem hat Joannes Angelus einen gespaltenen Ast wieder ganz gemacht, mit diesem hat Joannes Austriacus die [156] Victori erhalten etc. Es bleibt dabei, das Gebet ist mächtig und allmächtig.

Oremus, so laßt uns beten, aber mit reinem Herzen! Weißt du warum? Petrus hat die ganze Nacht gefischt, und gleichwohl nichts gefangen; weder Häring, weder Blateißl, weder Stockfisch, weder Volken, weder Aalen, weder Bräxen, weder Rothäugl, weder Hausen, weder Grundlen, weder Größling, weder Hechten, weder Bärben, weder Karpfen, weder Berstling, weder Schlein, weder Schaiden, weder Wallfisch, weder Stierl, weder Koppen, weder Junin, war ihr Gewinn, nihil. Die ganze Racht hat Petrus mit den Seinigen das Netz über die hundertmal ausgeworfen, bald oben gefischt, bald unten gefischt, bald in der Mitt gefischt, bald auf der Seite gefischt, bald um und um gefischt, aber allenthalben nichts gefischt; des andern Tags aber haben sie das Netz auf das Wort des Herrn nur einmal ins Meer geworfen, und gleich eine solche Menge der Fisch gefangen, daß es schier das Ansehen gehabt, als sey allen Inwohnern des Meers dieses Netz für ein Arrest anerboten worden; warum die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen? und warum des Tags nur einmal gefischt, und eine solche Menge gefangen? du wirst antworten, daß solches die Gegenwart Christi, so nichts anders als Glück kann bringen, verursacht habe; du redest gut, oder du wirst vorgeben, daß solches der schleunige Gehorsam habe verdient, den sie Christo dem Herrn angethan; du redest gar weislich; aber Sanct Lucas malt dieses Fischergesicht gar schön, und spricht: daß sie zu Morgens die Netz haben sauber ausgewaschen, [157] und darüber einen so reichen Zug gethan, lavabant retia; bei der Nacht war ihnen das Netz voller Koth, voller Leim, voller Pimfen, voller Gestreiß, voller Holz, voller Stein, voller Unflath, darum kein Wunder, daß sie nichts gefangen, wie sie aber das Netz sauber gewaschen, und allen Wust ausgeleert, da ist ein guter Fischer-Profit erfolgt.

Manche eilen in die Kirche mit einem Sack voll Bücher, daß ein Müller-Esel genug daran zu tragen hätte, sie beten, daß ihnen das Maul staubt, und fast truckner wird, als der Weg durchs Meer, den die Israeliter passirt; sie beten, daß die Zung müder wird, als der Samson, wie er die tausend Philistäer mit dem dürren Kinnbacken erschlagen; sie beten so lang, daß schier vonnöthen, der Mesner jag sie zum Tempel hinaus, wie der Herr die Hebräer, und erhalten gleichwohl nichts, nihil; fischen so stark, so eifrig, so lang, und fangen gleichwohl nichts, nihil; warum? das Netz ist voller Koth, Unflath, das Gewissen ist voller Sünden, das Herz ist voller Geilheit, das Gemüth ist voller Haß und Rachgierigkeit, die Zung ist voller Ehrabschneidung, die Händ seynd voller Diebstahl, darum erhört Gott der Herr ihr Gebet nit, das Gebet eines Sünders ist ein Gräuel vor den Augen des Allerhöchsten, fein vorhero das Netz sauber gewaschen, und nachmals wird am Fang kein Zweifel seyn.

Aesopus erzählt eine Fabel, daß der Gott Jupiter habe eine sehr prächtige Hochzeit gehalten, und sobald solches allen Thieren kundbar worden, etwann durch ein Ladschreiben, so haben diese nit weniger wollen, [158] als ihre Schuldigkeit ablegen, und ein jeder aus ihnen dem großen Jupiter ein Hochzeitpräsent demüthigist und unterthänigist überbringen. Das Lämmel hat ihm einen halben Zentner der schönsten Woll geben, der Elephant ist mit einem schönen Stuck Helfenbein aufgezogen, woraus ihm der Jupiter konnt einen Kämpel und andere Sachen machen, der Pfau hat ihm seinen schönen Schweif offerirt für einen Fliegenwadel, die Kuh hat etlich Viertel Milch gebracht, die Henn hat ein Kerbel frische Eier dargereicht, der weiße Schwan hat einen guten Buschen Federkiel auf den Tisch gelegt, der Fuchs hat seinen langen Epilogum für einen Staubbesen dargeben, endlich die Schlang, als ein sehr schlaues Thier, begibt sich ganz hurtig in einen Garten, bricht daselbst eine frische purpurfarbene Rose ab, und schleicht durch alle Thier durch und durch, bis sie endlich zu dem Thron des Gott Jupiters gelangt, dem sie mit allen schmeichlerischen Reverenzen die zeitige Rose offerirt, und war der gänzlichen Meinung, als werde sie eine große und sondere Ehr aufheben, aber der Ausgang zeigte das Widerspiel, massen der große Jupiter den Kopf geschüttelt, mit Vermelden, daß er von allen Thieren mit sonderem Wohlgefallen etwas annehme, aber von der Schlange nit, a serpente non.

Laß Fabel Fabel seyn, bei dem allein seligmachenden Gott ist es eine Wahrheit, daß er gern, ja mit höchstem Wohlgefallen, das Gebet als ein kostbares Präsent von uns annehme, und gar gern; das hat man gesehen in dem h. Bernardo, welcher im Capitelhaus betend etliche Spann von der Erd verzuckt [159] war; das hat man gesehen in dem h. Francisco, welcher mehrmalen in dem Gebet, so er in der Wüste verricht, also in die Höhe erhebt worden, daß ihm gar der Menschen Augen kaum nach konnten sehen; das hat man gesehen in dem h. Dominico, welcher in dem Gebet mehrmalen also verzuckt war, daß man ihn fast nirgends besser finden können, als zwischen Himmel und Erd; das hat man gesehen in der h. Theresia, welche in dem Gebet fast niemal die Erd berührt; das hat man gesehen in dem h. Benediktiner Mauro, in dem h. Augustiner Nicolao Tolentinate, in dem heiligen Prämonstratenser Gilberto, in dem h. Cisterzienser Roberto, in dem h. Karthäuser Hugone, in dem h. Dominikaner Ferrerio, in dem h. Franciscaner Bernardino, in dem h. Carmeliter Alberto, in dem h. Jesuiter Francisco Xaverio, in dem heiligmäßigen Kapuziner Matthäo a Bascio, welche alle in dem Gebet weit und hoch von der Erde entfernt, und gen Himmel erhebt waren, woraus leicht abzunehmen ist, wie angenehm Gott dem Herrn das Gebet sey, aber das Gebet eines Gerechten, a serpente non, aber von der Schlange nimmt er nichts an, das Gebet eines Sünders macht ihm Grausen. Es ist keine Musik, sondern ein Getös, es ist kein Weihrauch, sondern ein Gestank, es ist keine Blum, sondern ein Unkraut, es ist ein Kuß, aber von einem stinkenden Maul, es ist ein Zuckerkandel, aber liegt in einer Mistbutte, es ist ein Memorial, aber eine große Sau darauf, es ist ein Pfeil gen Himmel abgedruckt, aber vorhero in Koth eindunkt, es ist ein Legat zu Gott geschickt, aber voller Krätzen und Siechthum, [160] es ist ein Edelgestein, aber in Pech und Blei eingefaßt. Das Opfer Kains schaut Gott nit an, weil er ein schlimmer Gesell war; den Jonas erhört Gott im Schiff nit, weil er ein ungehorsamer Mensch war; den Weihrauch des Core, Datan und Abiron riecht Gott nit, weil sie übermüthige Rebellen waren; das Lob von dem Besessenen nimmt Gott nit an, weil es der Teufel geredt; das Gebet des Sünders, so lang er seine Missethaten nit bereuet, und des festen Vorhabens nit ist, sich zu bessern, mag Gott nit, nit, nit will Gott, nit, nit, nit erhört Gott, nit, nit, nit.

Wer der erste Schlosser und Schmied ist gewest, zeigt die h. Schrift, und wer der erste Organist und Musikant gewest, zeigt auch die h. Schrift, diese waren zween leibliche Söhn des Lamech, zween leibliche Brüder, aber in ihrer Kunst sehr unterschieden, einer hat geheissen Tubal, dieser war der erste Musikus, der andere Tubalcain und der war der erste Schmied oder Schlosser. Ich will nun setzen, diese zwei haben in einem Haus gewohnt, der Organist oberhalb, der Schmied aber zu ebener Erd, beede aber treiben zu einer Zeit und Stund ihr Gewerb, sag mir ein wenig, wie gefällt dir die Musik? mir gefällt sie nit, sagst du, der Schmied unterhalb, der grobe Flegelius verderbts, dann oberhalb ziehen sie die Bläsbälg auf für die Orgel und untenher für das Eisen hitzen, oberhalb schlagen sie auf der Orgel, unterhalb auf dem Ambos, oberhalb klingen die Pfeifen, untenher guritzen die Feil und Raspel, oberhalb schlagen sie auf der Zittern, untenher schlagen sie mit dem Hammer, daß es alles zittert, oberhalb seynd die Kapell-Knaben, untenher die [161] Schlosser-Buben, obenher Apollo, untenher Vulkanus, obenher die Engel, unterhalb wie die Bengel, oberhalb ist das Gesang Ne Mi Fa Sol, unterhalb ist ein Klang, daß ihn der Bettler hol, dessentwegen ist die Mutter nichts nutz.

Eine solche Musik ist das Gebet eines Sünders, dann obschon in dem obern Zimmer, benenntlich in dem Mund, eine schöne Musik, so wird doch solche wegen des untern Getös in dem sündigen Herzen ganz verderbt, in dem obern Stock thut man Gott loben, in dem untern Stock thut man Gott schmähen, die Zung ist ein Zittern Davids, das Herz eine Lanze des Saul, die Zung psallirt mit dem David, das Herz galanisirt mit der Bersabäa, die Zung betet Gott an, das Herz opfert dem Belial, in dem Mund ist der Jakob, in dem Herzen ist der Esau, du grüßest so oft die Mutter Gottes mit dem Ave, und bist Wandels halber gar kein Engel, du sprichst so oft Vater unser, unterdessen bist ein Absalon, der wider seinen Vater streitet, du machst eine Musik mit der Cäcilia, unterdessen tanzt dein Herz mit der Herodias, deine Zung verehrt Gott mit dem Weihrauch, wie der Aaron, und dein Herz betet das guldene Kalb an, wie die Israeliter; mit Einem Wort: das Gebet des Sünders ist Gott nicht angenehm. Discipulus registrirt von einem Jüngling, wie daß solcher nach Art der frechen und schlüpferigen Jugend gelebt, aber aus frommer Gewohnheit öfters den h. Rosenkranz gebeten habe, dem aber die seligiste Mutter Gottes einst erschienen und ihm einen sehr kostbaren Malvasier in in einem wilden, unfläthigen und garstigen Geschirr [162] dargereicht, ob welchem der Mensch nit ein geringes Grausen und Abscheu getragen, meldend, daß ihm der gute Trunk nit mißfalle, sofern er nur in einem saubern Geschirr wäre, worauf die Mutter Gottes geantwortet, wie daß ebenmäßig ihr das Gebet, so er aus Gewohnheit ihr aufopferte, ein sonders Wohlgefallen thäte verursachen, dafern es nur aus einem reinen Herzen herrühre; aber solchergestalten sey es ihr keineswegs angenehm. Es ist zwar das Gebet ein Band, mit dem man kann Gott dem Allmächtigen die Händ binden, aber in dem Mund des Sünders bricht dieses Band; es ist zwar das Gebet eine Blum, so Gott dem Herrn wohlriechet; aber in dem Mund des Sünders verwelkt diese Blum; es ist das Gebet ein Degen, mit dem man den Feind kann jagen; aber indem Munddes Sünders wird dieser Degen rostig.

O wie bescheid hat jenes kananäische Weib gehandlet, als sie bei ihr selbst entschlossen, daß sie woll Christum den Herrn bitten, und ihm eine Supplikation überreichen wegen des üblen Zustands ihrer Tochter, als welche der böse Feind so hart peinigte, sehr weislich hat sie gehandelt, indem sie die göttlichen Oerter Tyrus und Sidon verlassen und zu Christum dem Herrn getreten und gebeten; dann wer durch das Gebet will bei dem Allmächtigen eine gute Audienz und Gehör haben, der muß vorher die Sünden verlassen, sonst ist solches Gebet bei ihm nit angenehm.

Wie Moses seines Schwähers Jethro Schaaf gewaidet, unweit dem Berg Horeb, da ist ihm Gott erschienen in einem brennenden Dornbusch, dahero der Moses gleich wollte hinzu treten, dieses Wunder über Wunder zu sehen; es ist ihm aber bald ein Befehl [163] entgegen kommen, er solle auf keine Weis' hinzunahen, es seye dann, daß er vorhero die Schuh abziehe; solve, etc. das ist recht gewest. Will jemand zu Gott treten und durch das Gebet mit ihm reden, so sey's; die Audienz wird ihm nit versagt, aber es heißt vorherosolve, dir Schuh herunter, es druckt dich der Schuh, es druckt dich das Gewissen, solve, aufgelöst, vorhero durch einen Beichtvater, welcher die Gewalt hat zu binden und zu lösen; das Gewissen muß gereinigt seyn, nachmals wird die Bitt, sofern es der Seelen Heil nit schädlich ist, gar nit abgeschlagen werden. Wie ungereimt wäre es, so du aus lauter Bosheit einem großen König seinen einigen Erbprinzen sollst ermorden, und nachgehends gleich mit blutigen Händen zu dem König eine Gnad', e.g. eine Summa Geld oder ein vornehmes Amt begehren, solches würdest du auf keine Weis' erhalten, außer du thätest dich vorhero mit ihm versöhnen und Pardon erhalten. Was thust du anders durch die Sünd, als auf ein neues den wahren eingebornen Sohn Gottes, Jesum Christum, auf das Kreuz naglen und tödten, wie soll dann Gott dein Gebet erhören und dir in deinem Begehren will fahren? Wohlan dann, versöhne dich mit ihm vorhero durch eine reuevolle Beicht, nachmals bring dem Memorial oder Bittschrift hervor, an dem Fiat ist gar nit zu zweifeln, sonst findt dein Begehren nit statt.

Die Israeliten konnten das Murren nit lassen in der Wüste, ja sie haben so gar spöttlich, viel geschmählt wider Gott selbsten. O ihr gewissenlose Böswicht, ist das das Deo gratiatis? das Verbrechen war zu groß und konnt es der Himmel nit ungerochen [164] lassen, dahero ein gähes Feuer von der Höhe gestiegen und den äußern Theil ihres Lagers mit solcher Ungestüm angetast, daß gleich alles in Asche gelegt worden. So bald solches unverhoffte Uebel die Israeliter wahrgenommen, seynd sie, wie billig, in größter Furcht gestanden des allgemeinen Untergangs, dahero ganz eilfertig zu der Zelt Mosis geloffen und mit aufgehebten Händen geschrieen, er soll doch für sie den allmächtigen und dermal erzürnenden Gott bitten. Hört ein wenig, ihr saubere Gesellen, warum lauft ihr dem Mosi übern Hals? warum rennt ihr nicht mit gleichen Füßen zum Tabernakel Gottes, zum Altar Gottes, und verrichtet daselbst einige Opfer, wodurch Gott möchte versöhnet werden? ihr wißt ja, daß das allgemeine Gebet weit kräftiger die Wolken durchdringe, als das Gebet eines Menschen allein? ja, sagen sie, wir wissen's, daß viel Pfeifen in der Orgel weit lieblicher klingen, als eine Pfeife allein; wir wissen's, daß mehrere Hämmer eine Thür ehender können einschlagen, als einer allein; wir wissen's, daß zu Ninive nit einer allein, sondern alle, sogar Ochs und Esel haben den Herrn um Pardon gebeten: Homines et jumenta, etc.; aber wir wissen auch, daß Gott der Herr die Sünder nicht erhört, so lang sie die Besserung nit versprechen; wir wissen auch, daß wir alle wider Gott haben gemurrt und also sehr viel und große Schelmen unter uns, dahero glauben wir, daß unser Gebet bei dem Allmächtigen nit werde angenehm seyn.

Großen Dank um die Wahrheit, eine saubere Lehr aus der Wüste, dasmal ist ein jeder JUD aus [165] euchJuris Utriusque Doctor. Wahr ist es, daß Gott dem Herrn das Gebet eines Sünders nicht angenehm seye, weilen solcher nur ein Freund Gottes mit dem Maul und Kuß, nicht aber mit dem Herzen will seyn, wie der verdammte Iscarioth; dahero vonnöthen ist, daß jenes wahr werde, was einmal der Heiland Jesus dem apostolischen Kollegio vorgetragen: Si duo consenserint, etc. Wo zwei von euch auf Erden sich vereinigen über ein Ding, was sie auch bitten werden, dasselbe wird ihnen widerfahren von meinem Vater, der im Himmel ist. Diese zwey seynd der Mund und das Herz, wann solche sich recht vereinigen, und das Herz in Heiligkeit mit dem betenden Mund übereins stimmt, alsdann kann alles von dem mildherzigsten Gott erhalten werden, und wird man handgreiflich sehen, daß das Gebet mächtig und allmächtig seye.

Oremus, laßt uns beten, aber mit Aufmerksamkeit! Wie der himmlische Gesandte Gabriel mit tiefster Reverenz die übergebenedeite Jungfrau Maria gegrüßt, Ave Maria, so liest man bei keinem Evangelisten, daß sie den Erzengel hätte hinwiederum gegrüßt, da man es doch für eine Unhöflichkeit und große Unbescheidenheit aufnimmt, wann man dem grüßenden nit wieder mit gleicher Freundlichkeit begegnet, wer hat weniger von der Höflichkeit gekost, als der gemeine Bauersmann? und dannoch, so man ihn begrüßt, wird er mit allen bäurischen Ceremonien sich bedanken, und sprechen: dank euch Gott mein Herr, grüß euch Gott auch, und seyd mir Gott willkomm. Ungeacht dieß alles, liest man nit, daß die seligste Jungfrau Maria [166] hätte dem Erzengel Gabriel um sein so höfliches Ave gedankt, viel weniger wieder gegrüßt. Es war ein Erzengel, ein Abgesandter vom Himmel; er war kommen, diese zu begehren für eine Tochter Gott des Vaters, für eine Mutter Gott des Sohns, für eine Braut Gott des heiligen Geistes, für eine Frau des Himmels, für eine Königin der Engel, es war an dieser Gesandtschaft gelegen die Menschwerdung des Sohns Gottes, die Erlösung des menschlichen Geschlechts, die Erhebung der katholischen Kirche, die Einsetzung der Sakramente, die Widerstattung des Heils, die Ueberantwortung des Paradeis, ja es hätte keine wichtigere Ambassada nit können seyn, als diese, und gleichwohl gibt auf den ersten Gruß dem Erzengel die seligste Jungfrau keine Antwort; warum? warum? merks wohl, darum, darum, sie war im Gebet, und redete mit Gott, und also wollt sie das erstemal auch einem Erzengel nit ein Gehör geben: Turbata est, quia salutata ab Angelo, orationes interrumpere cogebatur, et patet ex hoc, quod bis jam Angelus eam fuerit allocutus, antequam responderet. Aus welchem unschwer abzunehmen, wie übel und unbesonnen die Menschen handlen, wann sie in dem Gebet einem jeden beifallenden Gedanken so leichtes Gehör vergunnen, indem solches auch einem Erzengel die seligste Jungfrau geweigert. Wer mit dem Maul im Gotteshaus, und mit dem Herzen im Wirthshaus ist, wer mit dem Maul thut psaliren, und mit dem Herzen trapuliren, wer mit dem Maul bet den Rosenkranz, und mit dem Gedanken ist zu Schenkenschanz, wer mit dem Maul sagt, Ave Maria, [167] und mit dem Gedanken sagt, willkomm Christoph, wer mit dem Maul sagt, Vater unser, und mit dem Gedanken bei der Mutter ist, wer mit dem Maul bet in der Domkirche, und mit dem Gedanken ist auf dem Tummel-Platz, wer mit dem Maul sagt, Deus in adjutorium, und mit dem Gedanken beim adjutorium simile sibi ist, wer mit dem Maul bet die Litanei, und mit dem Gedanken ist bei der Schelmerei, wer mit dem Maul thut Gott loben, und mit dem Gedanken ist bei dem Maisenkloben etc., der soll wissen, daß sein Gebet eine Nuß sey ohne Kern, ein Baum ohne Frucht, ein Brunn ohne Wasser, ein Leib ohne Seel, eine Blum ohne Geruch, ein Buch ohne Schrift, ein Thurm ohne Glocke, ja gar eine Suppe ohne Brocken.

Von dem h. Adalberto liest man, daß er auf einmal in zwei Orten sey gewest, dann wie er zu Rom die h. Meß gelesen, hat er das Memento für die Abgestorbenen 2 ganze Stund lang gemacht, und als er dessenthalben von Ihro päpstlichen Heiligkeit einen Verweis bekommen, hat er sich entschuldiget und bekennt, wie daß er unter der Zeit sey zu Prag bei der Leichen-Begängnuß seiner zwei umgebrachten Brüder gewesen, zu Urkund dessen hab er einen Handschuh daselbst gelassen.

Der h. Bernardus hat sich, Geschäfte halber, drei Jahr zu Rom aufgehalten, unterweilen aber ist er zugleich auch in seinem Kloster zu Claravall gewesen, daselbst das Kloster und dessen Beschaffenheit samt allen Geistlichen allda besichtiget.

Der heilige und wunderthätige Antonius Paduanus[168] hat zu einer Zeit auf der Kanzel geprediget, und zugleich auch im Chor gesungen.

Der h. Ignatius Lojola ist zu Rom gewest und zu gleich in der Stadt Cöln, allwo er einem frommen Mann aus der Sozietät erschienen.

Der h. Franciscus Xaverius ist zu einer Zeit in zweien Schiffen gewest. Dieses alles ist durch sondere Schickung Gottes zu größerer Glorie der Heiligen geschehen.

Aber es geschieht mehrmalen, und zwar zu unserm größten Schaden und Nachtheil, daß wir in zwei Orten zugleich uns aufhalten, in der Kirche mit dem Leib, und zugleich mit dem Gedanken anderwärts.

Neben anderen Schäden, die der starke Samson denen Philistäern zugefügt, ist nicht der geringste gewest wegen der dreihundert Füchs, und müssen diejenigen Nasenwitzigen wissen, so diesen Glaubensartikel in Zweifel setzen, daß erstlich in Palästina die Menge dieser Thier sich aufgehalten, zum andern ist wohl zu glauben, daß Gott der Allmächtige mit allem Fleiß ihm so viel Füchs habe zugeschickt, daß er sie leicht hat fangen können; dann hat Gott können machen, daß alle Thier in der Arche Noe eingetreten; hat Gott können machen, daß eine so unzahlbare Menge der Wachtlen in das israelitische Lager gefallen; hat Gott können machen, daß eine so große Anzahl allerlei Fisch in das Netz Petri eingangen; so hat Gott nit weniger können schaffen, daß sich drei hundert Füchs so leicht haben eingefunden, welchen der Samson allen die Schweif zwei und zwei zusammen gebunden, in der Mitte aber eine brennende Fackel, sodann alle frei [169] laufen lassen, welche dann ganz rasend und wüthend in die philistäischen Treid-Felder hin- und hergeloffen, und folgsam alles, sowohl das abgeschnittene als noch gestandene in Asche gelegt. Die Philistäer haben ihr Lebtag an diese Schweif gedenkt, und konnten sie nit genug bedauren diesen großen Schaden, so sie von solchen Schweifen erlitten.

Aber glaub mir, die ausschweifigen Gedanken im Gebet verursachen noch größern Schaden; dieses seynd die Vögel, welche den guten Saamen des Gebets auszehren; diese seynd der Pöbel und Volk, die einen verhindern, daß er mit dem Zachäo den Herrn Jesum in dem Gebet nicht kann betrachten; diese seynd das rauberische Feder-Wildprät, so dem Abraham die geopferte Kuh stets antasten; diese seynd die Kinder, welche den Vater Sennacherib im Tempel also plagen; diese seynd die Nachtwächter, welche die Braut des Geliebten also schmählich traktiren; diese seynd die Teufel, welche das Gebet, als eine Tochter der katholischen Kirche, also plagen, wie da geplagt ist worden die Tochter des kananäischen Weibs; diese seynd die Straßen-Räuber, welche das Gebet wie den Reisenden nach Jericho also stark verwunden.

Gotschalkus serm. 10 erzählt, daß auf eine Zeit drei Bauern-Töchter auf einen Kirchtag, Gesellschaft halber, mit einander gangen, und auch an demselben Ort Vormittag bei dem Gottesdienst verblieben, welchen ein sehr frommer und heiligmäßiger Priester gehalten; unter währendem h. Meßopfer hat dieser ein wunderliches Gesicht wahrgenommen, dann er sah, wie da ein Engel einer aus besagten Bauern-Töchtern[170] ein Kränzel von rothen Rosen auf das Haupt gesetzt, nit lang hernach hat er mehrmal vermerkt, daß ein Engel der andern aus diesen Gespänninnen ein Kränzel von schön weißen Rosen auf den Kopf gelegt, bald hernach hat er gesehen, daß der Teufel der dritten aus diesen Dorf-Mädeln einen neuen Pelz um das Maul geschlagen, und nachgehends ihr auf der Achsel mit der Sackpfeife eine Musik gemacht. Nach vollbrachtem Gottesdienst ruft obbenannter fromme Seelsorger die 3 Bauerntöchter zu sich, ob sie bei der h. Meß haben gebet? die Antwort war bei allen dreien ja, ja, ja; was hast du dazumalen für Gedanken gehabt bei dem Memento in der heiligen Meß? ich, sagte die erste, habe betracht die dörnerne Kron, so unserm Herrn uns größtem Schmerzen ist auf das Haupt gesetzt worden; gut, gut, dessenthalben hat dir Gott ein Kränzel von rothen Rosen auf das Haupt gesetzt. Was hast du zur selben Zeit gedacht? ich, sagte die andere, thäte dazumal bei mir erwägen die liebreiche Kindheit unsers lieben Herrn Jesu Christi; gut, gut, derenthalben hat dich Gott mit einer weißen Kron von Rosen verehrt. Was seynd dir unter dem Gebet dazumal für Gedanken eingefallen? mich, sagte die dritte, hat nit wenig verdrossen, daß ihr ein so großer Kerzenbrenner seyd, und den Gottesdienst so lang gemacht; dann ich hab mir gedenkt, und nicht wenig gesorgt, ich möchte auf den Markt zu spat kommen, dann ich des Willens bin, einen Pelz einzukaufen, und nachmals, so es die Zeit zulaßt, den Tanzboden heimsuchen; so ist dann auch, sagt der h. Mann, dieß dem Lohn, daß dir der Teufel den Pelz um das [171] Maul geschlagen, und mit dem Dudelsack auf der Achsel pfiffen, dieß ist dein Lohn.

Wann es der allmächtige Gott öfter thäte zulassen, daß wir mit Augen konnten sehen, was dieser fromme Priester gewürdiget worden zu sehen, o was seltsame Sachen und Begebenheiten würden sich nit ereignen, wie manchem Edelmann würde der Teufel die Jagd, oder die Magd um das Maul schlagen, wie mancher Dama die Karten oder die Schwarten, wie manchem Geistlichen den Wein oder den Brein, wie manchem Burger den Hobel und Zobel, wie manchem Studenten die Hetz oder das Netz, wie manchem jungen Kerl die Flaschen oder die Zaschen, wie mancher Dirn den Steffel oder den Löffel, wie manchem Bauern den Pflug oder den Krug.

In dem weltkundigen Tempel Salomonis seynd vor diesem zehen große und stets währende Wunderwerk geschehen; erstlich, wann viel hundert tausend Personen zusammen kommen, so ist der Tempel nie zu klein gewest; zum andern, wann sie gestanden, waren sie ganz eng zusammen gepreßt, so sie aber sich auf die Erd niedergeworfen, hat keiner den andern geirret; drittens, ist am Tag des Gottesdienstes kein Priester durch waserlei Zustand verhindert worden; andere dergleichen mehr zu geschweigen, war dieß nit das geringste Wunder, daß, ob schon viel tausend Ochsen, Schaf, Lämmer, allda seynd geschlacht worden, gleichwohl auch mitten im Sommer und größter Hitz nit eine einige Mucken ist gesehen worden. O Wunder und über Wunder! hat nun Gott in dem salomonischen Tempel, so nit viel ungleich einer Fleischoder [172] Metzgerbank, die Mucken nit wollen leiden, wie weniger will er es gedulden in seinem Tempel, der Zeit, allwo er mit seiner allmächtigen Gottheit und Menschheit residirt; doch sag mir, wo machen die Leut mehr Mucken und Grillen, als in der Kirche? ist dann nit das bereite Sprichwort, heut hab ich in der Kirche daran gedacht, heut ist mir in der Meß eingefallen, ich könnt die Sach so und so anstellen etc. O verdammte Mucken! was ist zu halten von dem Gebet, wie folgt:

Vater unser, der du bist im Himmel, unterdessen gedenkt er, Egidi-Markt kommt auch alsgemach herzu; geheiliget werde dein Nam, wo muß ich jetzt einkehren, weil mein voriger Wirth ist gestorben; zukomm uns dein Reich, tröst ihn Gott, haben wir nit oft gesoffen, daß ein Grausen war; dein Will gescheh, wie im Himmel, beim blauen Kühfuß soll kein übles Wirthshaus seyn; also auch auf Erden, es ist um eine Prob zu thun; gib uns heut unser tägliches Brod, wann ich nur konnt die zwei Stuck alten Procat anwehren; und vergib uns unsere Schulden, für Meßgewänder taugten sie schon; gleichwie wie wir vergeben unsern Schuldigern, für das Frauenzimmer ist es keine Modi mehr; führ uns nit in Versuchung, für unsern Herrn ist es schon gut; sondern erlöse uns von allem Uebel, der Pfaff macht's heut lang;Amen, was gilt es, sie warten mit dem Essen auf mich. Ein schönes Gebet eines Kaufmanns.

Gegrüßt seyst du Maria, will gern sehen, [173] wann der Meister Paul meinen Rock wird fertig machen; du bist voller Gnaden, der Schind-Bub der Päschi wird ja die Labet-Karten nit vergessen; der Herr ist mit dir, ich muß dem Kutscher sagen, daß er Nachmittag bei Zeiten einspannt, du bist gebenedeit unter den Weibern, der Kaufmann soll unterdessen das Auszügl nur da lassen, es findt schon mehrere Geschwistrige; und gebenedeit ist die Frucht deines Leibs Jesus, potz tausend, wie gänzlet sich diese Fräule auf, sie macht aus dem Kopf gar ein Storchen-Nest; heilige Maria Mutter Gottes, mein Herr hat dasmal das Podagra gar zu lang; bitt für uns arme Sünder, ich muß einmal auf Maria Zell, und dorten beichten, dann es kennt mich kein Geistlicher; jetzt und in der Stund, wußt wahrlich nit, wann er soll sterben, ob ich wollt eine Wittib bleiben; unsers Absterbens Amen, was gilts, der Koch hat schon mehr mit dem Kellner gefruhstuckt. Ein schönes Gebet eines Frauenzimmers!

Es ist kein Wunder, daß der allmächtige Gott jenen Pfarrherrn wegen solcher Mucken und ausschweifenden Gedanken nit gestraft hat; dieser hatte auf einen Festtag etliche seiner guten Freunde und Nachbauern zur Tafel eingeladen, und weil die Solennität an einem Fasttag gefallen, also hat er sich bestens beflissen, seine Gäst mit einem guten Stückel Fisch zu bedienen, zu welchem Ende er selbst alle gehörige Anstalt in der Kuchel gemacht; weil aber unterdessen das schwierige und ungeduldige Volk in der Kirche den Herrn Pfarrer mehrmal durch öftere Boten ersucht, [174] er möchte doch, nach altem Brauch, den h. Gottesdienst halten, also konnte er nit weniger, als hierinfalls den Bauren willfahren, dahero aus der Kuchel eilfertig in die Kirche, von dannen ohne geziemende Vorbereitung zu dem Altar geloffen; mit dem Gedanken aber befand er sich in seiner Kuchel, und forderist haben sich diese Mucken angemeldt, wie er schon nahe war bei der Consecrirung, dann damal gedacht er an die Fisch, und stund in großen Sorgen, das Gesind möcht sie bald zu viel salzen, oder zu wenig salzen, bald zu viel sieden, oder zu wenig sieden, bald in diesem bald in jenem fehlen, welches dem Allerhöchsten also mißfallen, daß durch seine göttliche Verhängnuß der Teufel in abscheulicher Gestalt bei dem Altar erschienen, welcher in einer Bratze einen Fisch, in der andern das Salz gehalten, mit dem Verlaut, sehe hin Koch, und nit Priester, salz und richt die Fisch selber zu, damit du nachgehends ohne dergleichen ausschweifige und sträfliche Gedanken das höchste Opfer vollziehest, worauf er mit hellem Gelächter verschwunden, der Priester aber seinen Wandel gebessert.

Beten und nit aufmerken ist schießen ohne Kugel, beten und nit aufmerken ist schiffen ohne Ruder, beten und nit aufmerken ist fliegen ohne Federn, malen mit abgestandenen Farben ist das Beten und nit aufmerken, streiten mit gestumpften und rostigen Waffen ist das Beten und nit aufmerken, läuten mit einer zerklobenen Glocke ist das Beten und nit aufmerken. Der Wurm zerbeißt dem Jonä die Kürbesblätter, das ist schad! der Achan vergrabt den kostbaren Mantel, das ist schad! der Pharao ertränkt die Kinder, das [175] ist schad! die Rachel stiehlt die guldenen Bilder, das ist schad! der David zerschneidt dem Saul den Mantel, das ist schad! und die Unaufmerksamkeit oder Ausschweifigkeit zerreißt und stiehlt, und ertränkt, und vergrabt, und zerbeißt das heilige Gebet, das ist immer und immer schad!

Wie recht hat Abraham damal gethan, uns allen zu einer Nachfolg, als er, durch Befehl Gottes, auf dem hohen Berg seinen Sohn wollte aufopfern, hat er den Esel nit lassen an den Ort des großen Opfers gehen, sondern den Dienern geschafft: Exspectate hic cum asino, »Wartet allhier unter dem Berg mit dem Esel.« Auf gleiche Weis' soll ein jeder eifrige Christ, wann er zu dem h. Meßopfer gehet, bei der Kirchenthür seinen Sorgen und Wirthschafts-Gedanken sagen, exspectate hic, wartet da meiner, es schickt sich nit, daß ihr in diesen Ort hinein sollt gehen, allwo ich allein wird mit Gott reden, wartet meiner, nach dem Gottesdienst wollen wir schon wieder zusammen kommen, wartet meiner, damit ich in der Audienz bei Gott nit mög irr werden, dann ein Gebet ohne Aufmerksamkeit ist eine zerlumpte Bauernbraut, so dem himmlischen Gespons gar nicht gefallen thut. Massen auf eine Zeit an einem vornehmen Festtag, da alle Chorherren und Geistlichen Nachmittag das Completorium gesungen in der Kirche, ist eine Stimm vom Himmel erschallen, non est auditus, nisi raucus, »es ist keiner gehört worden, als der heisere,« dieser war ein frommer und verachter Tropf, so daselbst in einem Winkel wegen seiner schlechten Stimm mehr blerret als [176] gesungen; gleichwohl ist er allein von Gott gehört worden, weil er andächtig war, die anderen, ob sie schon heftiger geschrien, als die Juden am Palmtag, seynd nit gehört worden, weil dero Gemüther und Gedanken anderwärts herum schweiften.

Oremus, laßt uns beten! aufs wenigst kurz und gut. Unser lieber Herr verbiet, daß einer seinen Bruder soll einen Narren nennen. Ja, bei dem Evangelisten Matthäo am 5. Kapitel und zwei und zwanzigsten Versikul stehet geschrieben: wer da sagt, du Narr, der wird des höllischen Feuers schuldig seyn; dahero mein Bruder darf ich dir dieses Schellen-Prädikat nit geben, allein du und andere werden es für ungut nicht aufnehmen, wann ich sag, daß ihr geschossen seyd, jedoch mit dem Beding, wann ihr nit schießen wollt, merks wohl, bedenks wohl, behalts wohl, alle diejenigen seynd geschossen, die nichtschießen wollen, verstehe aber hierdurch die öfteren Schußgebetel, massen solche weit besser die Wolken durchdringen, als oft lange aber laue Gebet.

Wie Lazarus mit Tod abgangen, und solches Christo dem Herrn zu Ohren kommen, so hat er sich also bald nach Bethania begeben, die zwei Schwestern Martha und Magdalena, zu trösten, ja er hat sich gar verlauten lassen, als woll er denselben von Todten wieder erwecken, welches schier den zwei Schwestern nicht gar recht war, zumal sie gesagt, er stinke schon,jam faetet; etwann war es ihnen nur wegen der Erbschaft, die sie müßten wieder zuruck geben, wann er sollt wieder zum Leben auferstehen, dann die mehresten Weiber arg und karg seynd. Ungeacht [177] alles dieses ist der Herr und Heiland zu dem Grab gangen, und nachdem er daselbst seine Augen gen Himmel gewendt, ist er bald hernach in diese Wort ausgebrochen: »Ewiger Vater, ich dank dir, daß du mich erhört hast;« dieß gedunkte die Umstehenden sehr wunderlich zu seyn, dann keiner hat ihn gesehen beten, keiner hat ihn gehört beten, und gleichwohl bedankte er sich gegen seinen himmlischen Vater, daß er ihn erhört habe; es ist aber zu wissen, daß unser Herr dazumal ein Schußgebetel in seinem Herzen verricht, welches so stark wirkend gewest, daß es alsobald die Wolken durchgedrungen, und zu dem Thron Gottes kommen ist, und daselbst das geschwinde Fiat erhalten. Dahero ist es nicht an der Größe gelegen, sonst erlauft eine Kuh einen Hasen, es ist nit an der Dicke gelegen, sonst tragte ein Eichbaum bessere Frucht, als ein Feigenbaum, es ist nit an der Länge gelegen, sonst gilt mehr eine Spitzruthe, als ein Scepter, es ist nit an der Tiefe gelegen, sonst wär ein Rührkübel besser, als ein Pokal, sondern es ist alles an der Güte gelegen. Wann alles wäre gelegen an der Größe, so hätte der David den Goliath nit überwunden, wann alles wär gelegen an der Dicke, so hätt die Rebekka lieber die Wagen-Ketten genommen, als die Armbänder von dem Isaak, wann alles wär gelegen an der Länge, so hätte der Aaron einen Wiesbaum genommen, und nit eine Ruthen, sondern es ist alles gelegen an der Güte, kurz und gut.

Weißt du, wer der rechte Schächerer gewest, der mit Christo dem Heiland gekreuziget worden? dieser ist gewest ein geborner Egyptier, Aberglaubens [178] halber ein Hebräer, und soll, nach Aussag des h. Anselmi, Petri Damiani, Joan. Damasceni, die seligste Mutter Gottes, als sie nach Egypten geflohen mit dem göttlichen Kind, unter die Mörder gerathen seyn, unter denen auch dieser, mit Namen Dismas, war, so durch übernatürlichen Anblick des göttlichen Kindes dahin bewogen, daß er seinen Mitgespan abgehalten, und also diese drei erschaffene heilige Dreifaltigkeit unbeschädiget gelassen, sein Vater war auch ein Mörder und Straßenrauber, (eine saubere Freundschaft!) dieser Dismas ist etlich dreißig Jahr ein solcher Bösewicht gewest, auch noch am Kreuz ein größerer Gotteslästerer, als der Gesmas, sein Mitkamerad, und gleichwohl ist dieser noch heilig worden, massen sein Fest celebrirt die katholische Kirche den 25. März, und weil von ihm keine Reliquien vorhanden, also ist vieler Lehrer Aussag, daß er mit Christo dem Herrn samt dem Leib am Ostertag sey auferstanden, und bereits mit glorreichem Leib und Seel im Himmel. Eine ziemliche Partikul von seinem Kreuz wird in der Domkirche zu Bari in Italia verehrt; es ist glaublich, daß er am jüngsten Tag, wann Jesus samt allen Auserwählten aus dem Himmel in das Thal Josaphat sich wird begeben, er der Dismas das Kreuz in dieser Prozession werde voran tragen, solche Prozession aber werde führen der h. Erzengel Michael. Wie ist doch dieser große Sünder zu so großer Heiligkeit kommen? wie hat doch er den vollkommenen Ablaß aller seiner Sünden so geschwind erhalten? etwann hat er etlich Tag aneinander gebetet? das nit, sondern mit acht einigen Worten hat er die acht Seligkeiten [179] bekommen, mit diesem so kleinen aber eifrigen Gebet: »Herr gedenk an mich, wann du in dein Reich wirst kommen.« Ist also nit an der Länge gelegen, sondern an der Güte. Kurz und gut.

Der h. Friardus ist ein Bauer gewest, aber kein solcher, wie jener, dessen Fuß noch heutiges Tags zu Freising in Bayern bei S. Sigmund in der Kirche hangt, und schon von unerdenklichen Jahren unversehrt ist, dann wie dieser Bauer anstatt des Kreuzgangs auf den Kerschbaum gestiegen, und ihn dessenthalben sein Nachbauer ermahnt, er soll auch mit der Gemein nach Freising Kirchfahrten gehen, dem er aber übermüthig geantwort, er wollt nit, daß er einen Fuß zu Freising in der Kirche hätte, worüber alsobald ihm der rechte Fuß, als wär er mit einer Hacke abgehauen worden, herunter gefallen, den gleich der Hund, so dazumal unter dem Baum gelegen, in das Maul gefaßt, und den geraden Weg vor der Prozession hergetragen, bis in die Kirche St. Sigmund, woselbst er den Fuß bei dem Altar niedergelegt, so annoch zur ewigen Gedächtnuß aufbehalten wird. Dieser Bauer hat nit gern gebet, wohl aber der h. Friardus, so immerzu im Gebet war, du glaubst etwann, als habe er alle Tag 6 h. Messen gehört, und 14 Rosenkränz verricht; o nein, wer wollt seine Arbeit versehen haben? er war auf dem Acker bei dem Pflug, auf dem Dehnen bei der Drischel, auf dem Hof bei der Holzhacke, er hatte keinen Büchersack, wie etliche, dann er gar nicht lesen konnt, sondern mitten in seiner harten Arbeit hat er geschossen, etliche heilige Schußgebetel eilfertig zu Gott abgedruckt, welches Gott weit [180] gefälliger war, als mancher ihr langes und laues Beten, wann sie auch alle Psalmen des Davids sollten ablesen; seine Mitbauern lachten und spotteten diese so kleine Andacht; und zwar in dem heißen Sommer, wie sie von den überlästigen Mucken und Wepsen gar zu ungestüm geplagt wurden, foppten sie den h. Mann Friard, er woll doch mit seinem Gebet, weil er so geschwind damit fertig, ihnen die Wepsen vertreiben, worauf der h. Mann nur das kleine Kreuzzeichen gemacht, und augenblicklich alle vertrieben. Bauern seynd Lauern, so lang sie dauern, aber nit alle, massen dieser ein Heiliger gewest, und so gern gebet, aber kurz und gut.

Das Gebet der Apostel, wie sie in der Ungestüm des Meers zu dem Herrn gerufen, war nit lang, und doch kräftig: »Herr erhalt uns, wir gehen zu Grund.« Das Gebet der Kananäin, wormit sie zu dem Herrn um den Wohlstand ihrer Tochter geschrien, war nit lang, und dannoch mächtig: »Herr du Sohn David, erbarm dich meiner, meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt.« Das Gebet des Hauptmanns zu Kapharnaum, wie er um die Gesundheit seines Dieners angehalten, war nit lang, und dannoch stark: »Herr, sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.« Das Gebet des offnen Sünders, wie er im Tempel gestanden, war nit lang, aber doch mächtig: »Gott sey mir Sünder gnädig.« Das Gebet des blinden Bettlers auf dem Weg, als unser Herr mit vielem Volk vorbei gangen, war nit lang, [181] und dannoch kräftig: »Jesus, du Sohn David, erbarm dich meiner.« Kurz und gut.

Es ist ein gewisser Soldat gewest, der eines lustigen Kopfs war, dieser tragte immerzu einen rothen Hut, als er mit solchem einmal auf der Wacht gestanden, und fast hergesehen, wie ein Gockl-Hahn mit dem rothen Kamm, hat ihn der Hauptmann scherzweiß angeschrien: Hahn, sagte er, wann wirst einmal krähen? ei Herr Hauptmann, gab er zur Antwort, es krähet sich zu Morgens nit viel, wann man den Abend vorhero nit geessen hat; dahero solcher stets angehalten um sein Monat-Sold, welches den Herrn Offizier dergestalten verdrossen, daß er ihm hat gebieten lassen, wofern er noch im geringsten dessenthalben werde Meldung thun, so soll er unfehlbar henken. Dem Hahn war solche Hennen-Steigen auf alle Weiß zuwider, und wollt nit gern aufsitzen, wo die Raben ihr Proviant suchen; gleichwohl unterfangte er sich, noch einmal den Herrn Hauptmann zu überlaufen, jedoch ließ er beinebens sagen, daß, wann er mehrere Wort sollte vorbringen, als drei, sodann woll er ohne Widerklag henken, auf solches Versprechen ist er fürgelassen worden, und hat der schlaue Gesell nit mehr geredt als drei Wort, nämlich: Geld, oder, Abschied, welches dem Herrn Offizier also wohlgefallen, daß er ihm den verlangten Sold unverzüglich erlegen lassen. Kurz und gut.

Der Elisäus hat kurz, aber gut gebeten, wir er den Eliam, als solcher im feurigen Wagen entzuckt worden, um den Mantel und doppelten Geist ersucht. Die seligiste Mutter Gottes hat kurz, aber gut gebeten, [182] wie sie den Herrn Jesum bei der Hochzeit zu Kana um einen Wein angesprochen. Der Aussätzige hat kurz, aber gut gebeten, wie er den Heiland, als solcher vom Berg herabgestiegen, um die Gesundheit begrüßt. Der Fürst hat kurz, aber gut gebeten, wie er den Herrn angesprochen, daß er doch wolle die Händ über seine verstorbene Tochter legen. Wir können nit alle mit dem h. Pachomio, von Aufgang der Sonne, bis zu Niedergang beten. Wir können nit alle so lang beten, wie der h. Keiwing, dem in die aufgehebte Händ eine Amsel ihre Eier gelegt, er aber so lang gebeten, bis dieser Vogel die Eier ausgebrütet hat. Wir können nit alle mit der heiligen Martha hundertmal bei Tag, und hundertmal bei der Nacht, die Kniee biegen in dem Gebet. Wir können nit alle mit dem h. Einsiedler Paulo alle Tag dreihundert Gebet verrichten. Wir können nit alle mit dem h. Antonio, diesem großen Mann Gottes in Egypten, die ganze Nacht hindurch im Gebet verharren, also daß er oft die Sonne angeschnarcht, warum sie so bald aufgehe. Wir können nit alle so lang und so viel beten, massen es unsere Geschäfte nit zulassen, und hat doch auch der h. Petrus Damianus einen starken Verweis geben dem Stadtpfleger Zinthio, daß er eine ganze Zeit in der Kirche hocke, und seinen Dienst, zu merklichem Schaden des gemeinen Wesens, unverrichtet lasse; wir können nit alle stets mit der Magdalena bei den Füßen Jesu sitzen, sondern müssen auch mit der Martha zu der Wirthschaft schauen, seynd doch auch die Apostel, mit Gutheißen des Herrn, in die Stadt Samaria gangen, und daselbst nothwendige Nahrungsmittel eingekauft, [183] da doch Gott sie leicht durch übernatürliche Weis hätte können speisen; aber wir können wohl, und gar wohl öfter auch mitten in Geschäften und Arbeit, ein Schuß-Gebetl zu Gott schicken, kurz und gut, wir können wohl, und gar wohl, alle Tage eine hl. Meß hören, kurz und gut, wir können wohl und gar wohl, Frühe und Abends etwas wenig beten, kurz und gut, wir können wohl, und gar wohl, vor und nach dem Essen beten, kurz und gut.

Oremus, laßt uns beten, aber um etwas, so unserer Seelen-Heil nit schädlich ist! Es ist ein Edelmann gewest, der allenthalben den Namen und Ruhm gehabt eines sehr freygebigen Herrns, von dem sattsam bekannt war, daß er keinen Armen ohne Trost von seiner Thür gelassen; als solches auch in Erfahrenheit gebracht ein abgedankter Soldat, wollt er auf keinen Weg diesen Gnadenort umgehen, sondern läßt sich daselbst durch den Kammerdiener ansagen, auch sich beinebens verlauten, daß er neben Begrüßung, wegen eines Zehrpfennings, noch andere Ding mit Ihro Gnaden zu reden hätte, bat also um die Lieb und Höflichkeit, daß er mittelst seiner möchte vorkommen; der Kammerdiener schmeckt schon anvor den guten Braten, so dieser werd bekommen, gab also anfangs eine abschlägige Antwort, wie daß es dermal nit seyn könne, weil Ihr Gnaden in andern wichtigen Geschäften verhindert seyn; als aber der noch inständiger angehalten, gab der Kammerdiener so weit das Jawort, jedoch soll er ihm treu und redlich versprechen, das, was er bekommen werde, mit ihm recht zu theilen, und halben Part zustellen, welches der gern und urbietig zugesagt, sodann auf solches Verheißen den freien Zutritt [184] erhalten bei dem gnädigen Herrn, woselbst er mit vielen Umständen diesen und jenen Feldzug erzählte, was Gefecht und Treffen da und dort vorbeigangen, wie sie ein und anders Ort nit ohne blutige Köpf erobert etc., welches alles dem Edelmann so werth und angenehm war, daß er ihm auch ein halb Dutzend Thaler vor einen Zehrpfenning dargereicht, es ersuchte aber der schlaue Soldat noch um eine andere Gnad den Kavalier, benanntlich um ein paar Goschen, mit dem Vorwand, wie daß solches in seinem Land der Brauch wäre, und hielt es man für eine sondere Ehr, wann jemand von adelichen Händen begoscht wurde, welches zwar erstlich der höfliche Kavalier gar weislich geweigert, indem er aber hierzu so heftig erbeten wurde, wollt er auch dießfalls dem guten Supplikanten nit ungünstig seyn, berührte ihm demnach beederseits die Wangen, fast auf die Manier, wie die Mütter pflegen aus Lieb ihre Kinder zu tätschlen: nach solchem beurlaubt sich der begnügte Soldat auf das allerbeste, des Willens, seinen Weg anderswo hinzunehmen; kaum aber, daß er zur Thür hinausgetreten, verlangte der Kammerdiener die Hälfte von dem vermög des Contrakts, was er bekommen, zu welchem sich der listige Gesell gar willfährig gezeigt, auch mit der Hand so lang in dem Sack gegriffen, bis er die rechte Stiegen erreicht, allwo er ganz hurtig mit der Hand herausgewischt, und dem geldgierigen Kammerdiener einen solchen Backenstreich versetzt, daß er den Trippel mit den Füßen und Kopf die Stiegen hinuntergesungen, nit ohne erbärmliches Geschrei und Wehklagen, welches alles im Geschloß, und nit weniger den Edelmann aus [185] seinem Zimmer bewegt, so sich nit genug über das vermessene Stuck des Menschen verwundern thäten, und war schon an dem, daß man ihm die eisernen Bande soll anwerfen. Es hat aber gedachter Gesell die ganze Begebenheit und Ursach beigebracht, wie daß er habe müssen dem Kammerdiener zuvor versprechen den halben Theil dessen, was er werde bekommen, sonst wäre er nit angesagt worden, demnach dann der gnädige Herr ihm, jedoch auf Bitten und Ersuchen, zwei Goschen geben; also habe er nit weniger thun können, und die Hälfte ihm lassen zukommen, begehre auch hierauf ein Recepisse, und gebräuchlich quittirt zu seyn.

Dergleichen Bitt wird man so leicht nit hören, sagst du, wie dieser abgedankte Soldat gethan hat, dann wer wird so albern und thorrecht seyn, und um harte Stöß bitten? wer will das Maul aufthun um eine Maultaschen? wer will suppliciren, daß ihn einer soll abschmieren? wer ist der unverständige Tropf, der eins begehrt an Kopf? seynd doch die Holzäpfel süsser, als die Ohrfeigen; der Mensch bitt meistens, ja allzeit nur um etwas guts, rogat ea, quae pacis sunt, sagst du, ich sag aber anders, daß nämlich die bethörten Adams-Kinder gar oft und vielfältig um etwas übels bei Gott dem allmächtigen anhalten und bitten, und begehren mehrmalen mit weinigen Augen, mit aufgehebten Händen, mit inbrünstigem Gebet etwas, was ihnen nicht gedeihen thäte, ja sogar verhinderlich wäre an dero Seelen Seeligkeit, dahero kein Wunder, daß der allwissende Gott solche Gebet nit erhört, wie es gar deutlich bezeugt der h. Jakobus in seiner vierten Epistel: »Ihr bittet, und erlanget [186] nichts; dieweil ihr übel bittet, nämlich daß ihrs in eueren Wollüsten verzehrt

Um Gottes Willen, Herodes! was bist du für ein Phantast gewest, indem du der jungen Tänzerinn Bitt und Anbringen so bald erhört hast! wie sie um das Haupt Joannis Baptistä angehalten, hat der König hierauf alsobald geantwortet: ja, ja, du verfluchtes ja! Es hätte sollen Herodes ihr einen rechten Verweis geben, still mit dergleichen Reden und Anbringen, du junge Läppin, gehe viel lieber wieder zum Tanz, dergleichen Gaißen steht der Kapriol besser an, als mit solchen Dingen anzuziehen; sollst du begehren von dem Haupt des ganzen Reichs das Haupt eines tugendreichen Manns? daß, wer nit allein den Joannem köpft, sondern auch zugleich meine Reputation abkürzt? Das stund rühmlich, wann ein König den Kopf eines Heiligen zu den Füßen einer heillosen Etcaetera legen thäte, ich müßte nur kein Hirn im Kopf haben, wann ich dem Joanni soll den Kopf nehmen, du unverschamtes Wisperl, schau, daß du durch dein Tanzen nicht thust fallen, und zwar in meine Ungnad, aber dir sey es verziehen, und schreibe es deinem kindischen Unverstand zu, aber mich wundert sehr deine Mutter, daß sie eine solche Närrinn ist, und dir hat solches mögen befehlen, sag du ihr, sie soll den Kopf mit Ruhe lassen, oder ich werd meinen Kopf aufsetzen, und etwas zeigen, daß sie wird im Kopf kratzen; mit dergleichen und andern scharfen Worten hätte der König Herodes diesen Schleppsack sollen von sich wegweisen, aber die Mutter war eine arge Huesten, welche der Tochter befohlen, sie solle diese Bitt [187] und Anbringen thun, wann der König bei der Tafel sitzt, und bereits schon ziemlich bezecht ist; also sagt Herodes, wann ich nit hätt einen so starken Rausch gehabt, und wär recht beim Verstand gewest, ich hätte wohl nit gethan, noch zugelassen, was sie gebeten.

Glaubst und meinst du, daß Gott der allmächtige gleich also beschaffen sey, wie der berauschte Herodes, und deine unverschamte Bitt werde erhören? wann du bittest um zeitlichen Wohlstand, welcher dir dienen würde zu allem Uebermuth? um zeitliche Ehr, welche dir das Gemüth in allem Hochmuth würde aufblähen? um zeitliche Gesundheit, so dich anspornen thäte zu allen Wollüsten? Gott erhört auf solche Weis deine Bitt nit, wann du auch schreien sollest, wie der David: Raucae sunt factae fauces meae, »ich hab mich ganz müd gerufen, mein Schlund ist heiser worden

Es heißt, wau, wau, pfui, das Ding beißt.

Eine Mutter hat ein kleins, ein schöns, ein liebs Kind, mit Namen Franzl, dieses sieht auf den Tisch, worauf der Vater pflegt zu notiren, concipiren, protocolliren, ein Federmesserl liegen; sobald es nun darnach mit seinen zarten Brätzlen tappen will, alsobald räumts das Kinds-Weib auf die Seite, und sagt,wau, wau, pfui, es beißt, und gibt ihm anstatt dessen ein Feigen. Gott eignet ihm selbst öfters zu den Titel und Namen einer Mutter, liebt uns wie eine Mutter, labt uns wie eine Mutter, tragt uns wie eine Mutter, tränkt uns wie eine Mutter; mittelst kommt ein läppisch Kind, oder kindischer Lapp und Tidltapp, schreit, weint, bitt, begehrt, ruft und seufzt[188] um die Gesundheit, Gott aber der weigert ihm dies Begehren, erhört seine Stimm nicht, er mag schreien, wie Jonas im Wallfisch, dessen Stimm gar bis in Himmel gehört worden, wau, wau, es beißt, sondern gib ihm anstatt der Gesundheit dieses scharfen Messers eine Feigen, eine gute Ohrfeigen, schlagt ihn mit einem Zustand, dann er siehet seiner göttlichen Allwissenheit vor, wann er sollte des Supplikanten Bitt erhören, den krummen Weg des Verderbens würde gehen; derentwegen kann ein solcher kranker und mißlsüchtiger Mensch von sich selbst sagen, was die zwei Schwestern Martha und Magdalena von ihrem Bruder ausgesprochen: Ecce, quem amas infirmatur, »Herr siehe, den du lieb hast, der liegt krank

Wie der Heiland der Welt von der zartesten Jungfrau Maria, mit Frohlockung der Engel, mit Zittern der Teufel, mit Trost der Menschen, mit Jubel des Himmels, mit Freuden der Erde, geboren, wie diese Sonn aufgangen, wie dieser Gnadenthau gefallen in Mitte des Winters, wie diese Liebsflammen ausgebrochen in Mitte der Kälte, wie Gott hinter der Wand der Menschheit das erstemal sich sehen lassen, wie Gott seine Unmäßigkeit in ein Spann langes Kindel eingeschränkt, wie der allerreichiste Gott zu Bethlehem auf Bettelart geboren, wo ist er das erstemal zu finden gewest? wo? sagt her, ihr wachtsamen Schafhirten auf den bethlehemitischen Feldern? wo? in praesepio, beim Krippel, ja im Krippel. Gut, gut, ein armer, kranker und presthafter Mensch, dessen fast alle Glieder mit besondern Krankheiten behaft seynd, ist [189] ein lauteres Krippel, aber glaub du mir, daß bei diesem Krippel Gott gefunden wird, er ist fromm und andächtig, er lebt in der Geduld und Gottesfurcht, er betracht das Obere und das Ewige, er acht sich nit viel des zeitlichen Gespäß, er ist darum sanctus, weil er nit sanus ist; wann er aber frisch und gesund wär, so wär er er ein Bruder und Luder, wie andere, ein Saufer und Raufer, wie andere, wär ein Schuler und Buhler, wie andere, wär ein Schlemmer und Demmer, wie andere, wär ein Presser und Fresser, wie andere, wär ein Penzer und Schlenzer, wie andere, wär ein Klauber und Rauber, wie andere, wär ein Fetter und Fretter, wie andere, und viel ärger; weil er aber krank am Leib, so ist er gesund an der Seel, weil er einen Zustand in Gliedern, so hat er einen Wohlstand im Gewissen. Ist also kein Wunder mehr, daß Gott sein Gebet nit erhört, wann er schreit und ruft um die Gesundheit, wau, wau, es beißt, da ist Gott gnädig, wann er ungnädig ist, da gibt Gott viel, wann er dieß nit gibt.

Der h. Leo schreibt, daß eine Frau zu Amsterdam immerdar krank, und meistens liegerhaft war, welche dann unaufhörlich geseufzt nach der Gesundheit, und derenthalben sich verlobt zu dem allerheiligisten Sakrament, welches in selbiger Stadt sehr miraculos, auch, in Abwesenheit ihres Manns, sich tragen lassen in die Kirche zum Altar, wo sie so inbrünstig um die Gesundheit gebeten, daß sie endlich von Gott dem Allmächtigen erhört worden, auch frisch und gesund, nit ohne sonders Frohlocken nach Haus, und folgsam zu ihrem Mann geloffen; o guldener Mann, sprach [190] sie, siehe, Gott hat mich von meiner so langwierigen Krankheit frisch und gesund gemacht, Gott sey Dank, Lob, Ehr und Preis von Ewigkeit zu Ewigkeit, Gott sey gebenedeit und gelobt zu tausend und tausend und hundert tausendmal, daß er mich erhört hat, jetzt, mein Mann, kann ich mit dir stehen und gehen, wie du willst, wo du willst, wann du willst, wohin du willst. Der Mann erfreute sich nit wenig hierüber, allein thät er die Sach etwas reifer bei sich erwägen, und fragt endlich, mein Weib, hör mich ein wenig, hast du aber Gott den Allmächtigen gebeten um die Gesundheit mit diesem Beding, sofern es deiner Seligkeit nit soll verhinderlich seyn? nein, sagte sie, mein Mann, das hab ich weiter nit hierzu gesetzt; so gehe dann hin, schafft er, und bitte unsern Herrn also. Die folgt, geht, bitt, mein Herr, ich hab es schändlich vergessen, ich hätt dich sollen anrufen um die Gesundheit, jedoch daß es meinem Seelenheil nicht schädlich sey; kaum aber, daß sie solche Wort ausgesprochen, ist sie wieder an Händ und Füß erkrummt, woraus leicht abzunehmen war, daß ihr die Gesundheit sehr schädlich wär gewest, und der allmächtige Gott vorgesehen hat, daß sie mit gesundem Leib hätte viel Sünden begangen, wäre stolz und hoffärtig in Kleidern aufgezogen, und allen Uebermuth gezeigt hätte, dahero Gott ihr solches Messer wieder aus den Händen gerissen, wau, wau, hats geheißen, es beißt.

Bittet, so wird euch gegeben, klopfet, so wird euch aufgethan, schreit, so werdet ihr erhört; das Gebet tritt kecker ein bei Gott, als der arimathäische Joseph bei Pilato; das Gebet dringt stärker durch die [191] Wolken zu Gott, als das blutflüßige Weib durch das Volk zu Christo; das Gebet findet ehender der Hacken einen Stiel, als der Elisäus dem Eisen; das Gebet ist mächtig und allmächtig, wie kommts dann, daß diese nit erhört wird? sie verlobt sich auf alle Kirchfahrten, sie besucht alle Kapellen, sie ziert alle Altär, sie nimmt zu Vorsprecher alle Heilige, und bitt um einen Erben, kann aber gleichwohl nichts erhalten. Gott sey's geklagt, bin ich doch armseliger, als der Feigenbaum auf dem Weg, den unser lieber Herr wegen der Unfruchtbarkeit exkommunizirt hat! wau, wau, sagt Gott, es beißt.

Unser Herr ist wie ein Medikus oder Arzt, wann ein Kranker im Bett liegt voller Hitz, und lauft ihm der Puls, wie ein Has' bergauf, die Zung ist ihm so trucken, wie der Paß durchs rothe Meer, das Geblüt ist ihm erhitzt, wie die Zeit in Hundstägen, er bitt und bitt nur, nur um ein einiges Gläsel Wein; es kann nit seyn, sagt der Medikus, bei Leib nit, ein gesottenes Wasser dafür; o das ist wohl abgeschmack, spricht der Patient, er bitt und bitt um einen Trunk Bier; es soll nit seyn, sagt der Medikus, das gar nit, ein gesottenes Wasser dafür; o das mag ich nicht, spricht der Kranke. Auf gleichem Schwung und Art macht es der allmächtige Gott, diese bittet ihn, bittet ihn mit aufgehebten Händen, bittet ihn mit gebogenen Knien, bittet ihn mit weinenden Augen, bittet ihn einig und alleinig um einen Erben, und Gott erhört ihre Bitt nit, schlagt ihr alles rund ab, weil er siehet, daß es ihr höchst schädlich wäre. Der David hat mit allen seinen Weibern [192] Kinder erzogen, allein mit der Michol nicht, mit der Tochter des Königs Saul nit, und darum, diese war gar eine stolze und übermüthige Frau, wie man es sattsam hat können abnehmen; da sie ihren Herrn und König ausgelacht, und für einen Narren gehalten, als er vor der Arche des Herrn getanzt hat, dessenthalben hat ihr Gott auch auf vieles Bitten und Beten keine Kinder geben, weil er hat vorgesehen, daß sie solche in allen Untugenden würde auferziehen.

Es melden sich zwei Supplikanten bei Gott an, unter denen wohl ein großer Unterschied, einer heißt Paulus, der andere heißt Teufel, was ist das nit für ein Unterschied? Paulus ein Bekehrer, der Teufel ein Verkehrer, Paulus ein Führer, der Teufel ein Verführer, Paulus ein Engel, der Teufel ein Bengel, Paulus ein Schutzherr, der Teufel ein Schmutzherr, Paulus ein Hüter, der Teufel ein Heuter, Paulus eine Fackel, der Teufel eine Mackel, Paulus ein Schatz, der Teufel ein Fratz, Paulus ein Posaunenklang, der Teufel eine böse Schlang, Paulus ein Apostel, der Teufel ein Apostata, Paulus ein Lämmel, der Teufel ein Trämmel, Paulus ein Rösel, der Teufel ein Esel, Paulus gebenedeit, der Teufel vermaledeit, und dannoch, und dannoch hat Gott die Bitt des Teufels erhört, und die Bitt des Pauli nit erhört, wie der Satan begehrt von Christo, in die Heerd Schwein mit den Seinigen zu fahren, fiat, das hat er erhalten; wie Paulus gebeten, und öfter als einmal, daß ihn doch Gott möcht befreien von dem Geist der Versuchung, und hat es nit erhalten, so hör ich wohl [193] kann der Teufel besser beten, als Paulus? das nit, sondern die Abschlagung der Bitt ist dem Paulo über alle Massen nutzlich gewest, dann so ihm Gott hätte den Geist der Versuchung hinweg genommen, alsdann hätte er sich übernommen, und wäre in eine eitle Ehr gerathen; Exauditus est Daemon ad damnationem, non exauditus est Paulus ad saluationem. S.P. Augustin.

Ein Burger ist zu Alexandria gewest, welcher den heiligen Erzbischof Joannem inständig ersucht, er wolle doch für seinen Sohn bitten, damit er möge durch Gottes Hilfe wieder frisch und gesund zu Land seglen; gut, der Mann betet Tag und Nacht, und nachdem er lang gebeten, da kommt die Nachricht, der Sohn sey vor einer halben Stund ersoffen; der Vater wollte schier über eine so traurige Zeitung ihm selbst das Leben nehmen, und klagte nicht wenig, wie daß Gott doch so wunderlich sey, und sogar auch das Gebet eines Heiligen nicht erhöre, worauf aber der heilige Erzbischof die Antwort geben: dein Sohn, sprach er, ist ein Kind der Seligkeit, sofern er aber länger hätte gelebt, wäre er Sünden halber in das ewige Verderben gerathen. Geschieht also gar oft, daß Gott dir und mir eine Bitt abschlagt aus Barmherzigkeit, die er sonst aus gerechtem Zorn erhören thät.

Oro heißt auf Lateinisch: ich bete, und oro heißt auf Wälsch ein Gold, und sonst in der Wahrheit ist das Gebet, wie das Geld oder Gold, bete, fangt von dem Buchstaben an G G, und bete nach Laut dieses Buchstaben, G G machen große Wunder, [194] und wirken große Wunder, ja man kann nichts stärkeres finden, als das Gebet, zumal mit demselben der heilige Gregorius Thaumaturgus gar einen großen Berg von einer Seite zu der andern geschoben. Das Gebet ist mächtig und allmächtig, und gleichwohl wird mancher nit erhört, der um Gut und Habschaften bittet, ja zuweil das Vater unser also betet: »Vater unser, der du bist im Himmel, geheiliget werde dein Nam, zukommeunsdeinReichthum;« ja es betet manche alleweil, es betet immerdar, es betet unaufhörlich, sie ruft für einen Vorsprecher an den heiligen Christoph, der tragt unsern Herrn auf der Achsel, den heiligen Antonium Paduanum, der tragt unsern Herrn auf einem Buch, den heiligen Joseph, der führt unsern Herrn an der Hand, die heilige Gertraud, die tragt unsern Herrn im Herzen, sie bitt und bitt, daß ihr Mann doch möcht ein bessers und einträglicheres Amt und Dienst bekommen etc., und erhalt dannoch nichts, gar nichts, warum? wau, wau, sagt Gott, das Ding beißt.

Gott der Allmächtige ist wie ein Baum, wann dieser noch unzeitige Früchte tragt, so man ihn schon schüttlet, so laßt er die Aepfel oder Birn so leicht nicht herunter fallen, und thut er gar weislich hierin, dann er gedenkt, das unzeitige Obst ist nicht gesund, ja sehr schädlich. Gott wird von dieser N. auf alle Weis', durch alle Weis' ersucht, gebeten, geplagt, er soll doch ihrem Mann weiter hinauf helfen, und ihm, wie jenem Gast bei der Mahlzeit, mit dem ascende superius gnädig seyn, kann aber gleichwohl nichts erbitten, dann Gott sieht, daß solches ihren Seelen[195] werde schädlich fallen; der heil. Hieronymus schreibt in Regul. Mon., daß ein junger Mönch zu einem alten heiligen Vater kommen um einen heilsamen Rath, ob er soll ein Bisthum annehmen; der gute alte Tättl schafft ihm, er soll sich auf den Tisch legen, und etlichmal hin und her walzen, der vollzieht diesen Befehl; nachmals sagt ihm der Alte, er soll sich gleichfalls also auf der Erd hin und her walzen, das thut er auch; endlich fragt ihn der heilige Vater, wo er sicherer gewest sey? auf der Erd (antwort der andere), dann auf dem Tisch, bekennte er, wär ich bei einem Haar hinunter gefallen, und der Nase eine Ader gelassen; also auch, setzt hinwieder der Alte, ist viel leichter und sicherer, in einem niedern Stand selig zu werden, als in einem hohen. Wie dann solcher Geistliche nach dem Tod dem Alten noch erschienen, und bekennt hat, scito Pater, quia nunc essem de numero damnatorum, si fuissem de numero Episcoporum, wisse, mein heiliger Vater, daß ich jetzo wäre verdammt, so ich wär kommen zu diesem Amt. Gott erhört darum ihr Gebet nit, weil er, vermög seiner Allwissenheit, wohl weiß, daß es ihm und ihr eine Gelegenheit wär zur ewigen Verdammnuß, er sieht vor, daß er würde bei solchem Amt schädliche Partiten einbrocken, er sieht vor, daß sie würde in Uebermuth und Kleiderpracht wachsen; dann jetzt die Weiber beschaffen seynd, wie des egyptischen Königs Pharao seine Zauberer, von welchen gnugsam bekannt ist, daß sie dem Mosi und Aaron sehr viel nach gethan, der Aaron schlagt mit der Wunderruthe in das Wasser, und verkehrt alles Wasser in pures [196] Blut. Dieses Element ist gar blutroth worden, und hat sich geschamt, daß der Pharao Gott dem Herrn nit den Gehorsam geleist hat; des Königs Zauberer und Teufels-Künstler seynd gleich da gewest, welche mit ihrem fix fax, halli malli, pambra dambra, auch nach gethan, und das pure Wasser in Blut verkehrt; viel Lehrer wissen nicht, woher die Zauberer dieses Wasser genommen, zumal Aaron vorhero alles Wasser in Flüssen, Brunnen in Bächen, zu Blut gemacht? etliche seynd der Aussag, als haben sie von freien Stucken frische Brünn graben, andere seynd der Meinung, als habe ihnen der böse Feind, durch dessen Beihilf sie diese Künste getrieben, solches Wasser anderwärts hero gebracht. Sey ihm, wie ihm wolle, was der Aaron gethan, das haben die Zauberer viel müssen nachmachen, der Aaron Wasser in Blut, die Zauberer auch Wasser in Blut. Dergleichen siehet man noch heutiges Tags gar oft und viel, tragt eine einen schönen neuen Zeug, so thuts die andere nach, tragt eine neue Modispitz, so thuts die andere nach, und will ihre Ehr auch auf den Spitz setzen; tragt eine einen neuen geblümten Procat, so thuts die andere nach, und will auch, daß auf ihrem Mistbettel sollen Blumen wachsen. Der Mantel des Eliä ist mit einem doppelten Geist gefüttert gewest, unter dem Weiberkleid steckt noch ein höherer Geist, der gute Mann muß allerlei, auch ungerechte Regalien, suchen, damit er nur der Regerl ihre Hoffart versehe etc., jetzt weißt du, warum du Gott so vielfältig, so mannigfältig, so tausendfältig gebeten, er woll dir eine Leiter, wie dem Jakob halten, damit[197] du könntest höher steigen, und bist gleichwohl nie erhört worden, da sich doch ein Felsen von dem Mosi hat lassen erweichen, er siehet vor, daß es bei dir nit anderst würde gehen, so er deine Bitt thäte gewähr machen; wir beten gar oft, wie der König Midas, welcher, nach Aussag der Poeten, bei den Göttern inständig angehalten, und um aller Elementen Will gebeten um die einige Gnad, das, was er möchte anrühren, alles zu Gold würde; Midas wird erhört, aber zu seinem höchsten Nachtheil und Schaden, welches er zu spat bereuet, als er seine thorrechte Bitt erkennt, dann was er angerühret, war augenblicklich in pures Gold verwandlet, Hut und Kappen, Strümpf und Schuh, Stühl und Bänk, das wär aber noch hingangen, aber wie auch die Speisen, ein jedes Brod, Stuck Fleisch, und eine Bratwurst zu Gold worden, ja er konnte sogar nit die Nasen schneizen, hat er wollen, daß solche nit in einen Gold-Klotzen verkehrt werde, wessenthalben er nothwendig hat müssen vor Hunger sterben; wir bitten auch gar oft, schreien zu Gott, seufzen gen Himmel um die Gesundheit, um Reich thum, um Ehr etc., unterdessen ist dieses uns zum höchsten Verderben. Wann Absalon nit wäre schön gewest, so wär er niemal im Hochmuth also gewachsen; wann Nabuchodonosor nicht wäre reich gewest, so wäre er niemal in solchen Uebermuth gerathen; wann David nicht wäre gesund gewest, so hätt er niemal den Ehebruch begangen; ist also das zeitliche Glück gar oft ein Riegel, welcher uns den Himmel versperrt, kann also mancher beten und bitten:


[198]
Gott Vater vom Himmel, erbarm dich nit unser.
Gott Sohn, Erlöser der Welt, erbarm dich nit unser.
Gott heiliger Geist, erbarm dich nit unser.
Heiligste Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, erbarm dich nit unser.
Heilige Gottesgebärerin, bitt Gott nit für uns.

Wann wir etwas werden bitten, um etwas schreien, etwas suchen, was unserer Seel soll schädlich seyn, sondern o Gott! du willst uns das Zeitliche also geben, daß wir dadurch das Ewige nit verlieren.

Oremus, laßt uns beten den heiligen Rosenkranz! Habt ihr Bäume, nach laut göttlicher Schrift, können einen Reichstag ausschreiben, und seyd zusammen kommen, du hochmüthiger Cederbaum, du sanftmüthiger Oelbaum, du hartnäckiger Nußbaum, du prahlender Palmbaum, du gelbzipfeter Citronibaum, du scharfer Birkenbaum, du grober Eichbaum, du fauler Nespelbaum, du fruchtbarer Kerschenbaum, du geiler Feigenbaum, du nasenwitziger Maulbeerbaum, du spitzfindiger Kestenbaum, du verführlicher Aepfelbaum, du gleisnerischer Pfersichbaum, du melancholischer Kittenbaum, du ehrsüchtiger Lorbeerbaum, du furchtsamer Espenbaum, du heiklicher Lindenbaum, du verleffelter Buchsbaum, du schmarotzischer Tannenbaum, ihr alle insgesamt, vom groben und subtilen Holz, habt ihr können einen König aus euch erwählen: Ierunt ligna, ut ungerent super se Regem. Warum nit auch die schönen Blumen, dieses edelste Gewächs des Erdbodens, warum sollen diese nicht ebenfalls auch einen Reichstag halten, und einen König unter ihnen [199] erwählen? Wohlan dann ihr edlen Blumen, ihr schönen Blumen, ihr rothen Blumen, ihr blauen Blumen, ihr weißen Blumen, ihr gelben Blumen, ihr vielfärbigen Blumen, ihr hohen Blumen, ihr niederen Blumen, ihr Gartenblumen, ihr Feldblumen, wohlan, sagt eure Meinung, gebt eure Stimm, fällt euer Urthel, wer soll unter euch König seyn? wer? Dich Schlüsselblum befrage ich im Anfang, weil du die erste im Frühling, und von den Lateinernprimula veris genennt wirst, wem gibst du deine Stimm? ich, antwortet diese, erwähle die Rose. O wie recht, durch die Schlüssel-Blum wird verstanden der päpstliche Stuhl, dem die Schlüssel des Himmels eingehändiget worden.

Wie der gebenedeite Jesus gefangen worden in dem Garten, haben sich zwei Wunder ereignet; das erste: als sie den Heiland befragt, wen sie suchen? Jesum von Nazareth, worauf er bekennt, ego sum, ich bins; kaum daß er diese zwei Wort ausgesprochen, seynd die Soldaten, Schörgen, Henkersknecht und Lottersgesind, deren etlich 100 an der Zahl, alle und allsamt zu Boden gefallen, als hätte sie ein gäher Donnerkeul getroffen; die heiligen Lehrer wollen, daß derentwegen diese losen Bursch seyen also niedergeplatscht, weil ihnen dazumal der Herr Jesus das erschreckliche Gesicht hat gezeigt, welches er einmal am jüngsten Tag zeigen wird allen Verdammten. O Gott! das andere Wunder war nicht weniger, wie Petrus aus allen die Guraschi gefaßt, und ganz alleinig wider ein so großes Volk vom Leder gezogen, dem Malcho ein Ohr abgehaut, hat er nit allein dessenthalben [200] kein Lob darvon getragen, wie er etwann verhofft, sondern gar einen Verweis bekommen, und hat der Herr Jesus alsobald durch ein Wunderwerk das Ohr wieder angeheilet; es ist wohl zu glauben, wann Petrus einen andern hätte zwischen die Ohren gehaut, daß unser lieber Herr etwann nit viel gesagt hätte, aber dem Malcho wollt er nichts Böses lassen widerfahren, erat servus summi Pontificis, weil er ein Bedienter des Hohenpriesters, wodurch der Heiland wollte sattsam lehren und andeuten, wie man den Hohenpriester verehren solle. Dieser Hohepriester war eine Figur des römischen Papstes, welcher dann auch Summus Pontifex genennt wird, welcher in allweg als ein wahrer Vicari und Statthalter Christi soll verehrt, und was er befiehlt und ausspricht, für heilig und heilsam gehalten werden. Was hat aber dieser sichtbare Vice-Gott und Haupt der christlichen Kirche von dem h. Rosenkranz ausgesprochen? Antwort, samt dem römischen Papst Honorio dem Dritten, welcher den Orden des h. Dominici vollmächtigst bestätiget und eingesetzt, werden gezählt 66 römische Päpst, benanntlich: Gregorius 9, Cälestinus 4, Innocentius 4, Alexander 4, Urbanus 4, Clemens 4, Gregorius 10, Innocentius 5, Hadrianus 5, Joannes 20, Nicolaus 3, Martinus 2, Honorius 4, Nicolaus 4, Cälestinus 5, Bonifacius 8, Benedictus 11, Clemens 5, Joannes 21, Benedictus 12, Clemens 6, Innocentius 6, Urbanus 5, Gregorius 11, Urbanus 6, Bonifacius 9, Innocentius 7, Gregorius 12, Alexander 5, Joannes 22, Martinus 3, Eugenius 4, Nicolaus 5, Callistus 3, Pius 2, Paulus 2, Sixtus [201] 4, Innocentius 8, Alexander 6, Pius 3, Julius 2, Leo 10, Hadrianus 6, Clemens 7, Paulus 3, Julius 3, Marcellus 2, Paulus 4, Pius 4, Pius 5, Gregorius 13, Sixtus 5, Gregorius 14, Innocentius 9, Clemens 8, Leo 11, Paulus 5, Gregorius 15, Urbanus 8, Innocentius 10, Alexander 7, Clemens 9, Clemens 10, und der annoch regierende, heiligste und preiswürdigste Vater der Christenheit, Innocentius der 11, alle diese haben den heiligen Rosenkranz für einen Schatz der Kirche, für einen Schutz der Menschen, für eine Schanz der ganzen Christenheit gehalten, auch viele aus ihnen den h. Rosenkranz mit schönsten Preisnamen und stattlichen Ehrentiteln schriftlich erhoben. Daß zwar David habe gehabt eine Schlinge, mit der er den Goliath überwunden, nicht weniger sey uns der h. Rosenkranz eine Schlinge, mit welcher wir wider den höllischen Goliath victorisiren; daß zwar die Israeliter haben genossen ein Manna, in dem sie alles gefunden und empfunden, nicht weniger sey uns der h. Rosenkranz ein Manna, in dem wir alles, in allem, für alles finden; daß zwar Jesus Christus mit wenig Strickel eine große Anzahl der wucherischen Rabbiner aus dem Tempel gejagt, nicht weniger sey der h. Rosenkranz uns eine Geißel, vor der sich alle höllischen Larven förchten, ja es ist dem h. Papst Pio dem V. von dem Allmächtigen offenbart worden, die ansehnliche Victori, so unsere christliche Armada wider den Erbfeind Anno 1571 erhalten, als dazumal über die dreißig tausend der ottomannischen Erbfeind geblieben. Wem gibst du die Stimm, du schöne Königs-Kron? diese Blum wird von den [202] Lateinern genenntCorona Imperialis oder Lilium Imperiale; ich, sagt diese, gib meine Stimm der schönen Rose, Impera nobis, durch diese Blum werden verstanden die gekrönten König und Monarchen, welche ebenfalls mit größtem Nutzen den h. Rosenkranz verehren.

Im 3. Buch der Königinn Cap. 10 wird mit allen Umständen ganz ausführlich beschrieben der prächtige Thron des Königs Salomon, dergleichen Werk in der ganzen Welt, in allen Königreichen niemal gesehen worden. Der Thron war von dem edlesten Helfenbein, und mit lauter purem Gold überzogen, auf diesem Thron sah man 6 Staffeln, worauf beederseits 6 Löwen vom reinsten Gold stunden, und welches ja wunderlich, auf einer Seite waren zwei Händ, auch von Gold, diese hielten das Kiß oder Sitz des Thrones. O wie recht! ihr König und gekrönte Monarchen sollt wissen, daß euere Kron und Thron nit besser kann erhalten werden, als durch die zwei Händ, eine Hand ist, welche den Degen führt, die andere Hand ist, welche den h. Rosenkranz haltet, das ist wohl eine guldene Hand. Vespasianus, Domitianus, Trajanus, Adrianus, Gordianus, Valentinianus, Aurelianus, Florianus, Numerianus, Diocletianus, Maximinianus, Julianus, Jovinianus, Martianus etc., römische Kaiser, haben zwar in einer Hand den Degen getragen, aber weil ihnen die andere Hand abgangen mit dem Rosenkranz, also hat ihre Kron müssen fallen, ihr Glück müssen wurmstichig werden, und ihre Majestät müssen spöttlich zu Boden sinken, hinken und stinken; wann aber da der Degen und der [203] Segen, da die Lanz und da der Rosenkranz, da die Kanonen und da dieCanones, da das Salve und da das Ave Maria, da die Schanz und da der Rosenkranz, erhalten dem König seine Substanz. Das hat betracht Friedericus der Dritte, römischer Kaiser, wie die Stadt Cöln Anno 1475 von den gefährlichen Kriegs-Empörungen wunderbarlich durch den heiligen Rosenkranz ist erlöst worden, hat dieser Kaiser eine sehr schöne Procession mit 4 Churfürsten angestellt in die Dominikaner- oder Predigerkirche allda, und mit höchster Auferbaulichkeit den h. Rosenkranz gebetet, auch sich in die Erzbruderschaft einverleibt, mit dem kräftigen Vorhaben, hinfüran wider seine Feind, sowohl die Globos als auch Globulos zu brauchen; dem ist mit höchstem Trost und Nutzen nachgefolgt Ferdinandus der Erste, der Anderte, der Dritte, der Vierte; dem ist nachgefolgt der annoch höchst regierende römische KaiserLeopoldus, welcher in währender Belagerung der Hauptstadt Wien von dem ottomannischen Erbfeind, nit allein alle gehörige Anstalt gemacht zu einer. Gegenwehr, sondern auch seine Armee unter den Schutz der übergebenedeiten Mutter Gottes zu Passau eiferigst befohlen, und wer weiß, ob ihm nicht schon dazumal sein marianisches Herz zu Passau den Paß über die Sau nach Griechischweissenburg hatte prophezeiht.

Wem gibst du deine Stimm, du schönes BlümelTag und Nacht? diese Blum wird genennt von den Lateinern Parietaria; ich, sagt diese, gib meine Stimm der schönen Rosen, Impera nobis. Durch diese Blum werden angedeut die Geistlichen und Religiosen beedes Geschlechts, als die Tag und Nacht [204] im Chor Gott loben und preisen, diese verehren forderst den h. Rosenkranz.

Dem großen Patriarchen Abraham kommt von Gott ein scharfes Dekret, er solle und wolle, wolle und solle unverzüglich seinen Sohn, den einigen, den liebsten, ihm aufopfern auf dem Berg Moria; dieser Berg hätt dem heiligen Patriarchen wohl sollen seyn ein Jammerthal, aber gleichwohl hat er sich alsobald dem Willen Gottes ergeben, so sey's, sagte er, es ist billig, daß ein Geschöpf seinem Erschöpfer soll einen willfährigen Gehorsam leisten, nimmt demnach den Sohn mit sich auf benannten Berg, und als er bereits den Säbel gezuckt, Willens, den Kopf in einem Streich dem Isaak herunter zu hauen, damit also der Kopf ein Hauptopfer würde, da ist ihm ein Engel in die Hand gefallen, mit dem ernstlichen Befehl, er soll nit darein schlagen, sondern anstatt seiner den Widder aufopfern, so hinter seiner in der Hecke hange, worauf der eifrige Mann Gottes wieder eingesteckt, und gedachten Widder dem Allmächtigen mit fröhlichem Herzen geschlachtet; daß diese Dornstaude habe zugleich auch Rosen gehabt, ist wohl zu glauben, ist also der Widder nit allein unter den Dörnern gewest, sondern auch unter den Rosen. Dieser Widder ist eine Figur gewest aller Geistlichen und Religiosen, als welche auch ein Opfer Gottes seynd unter den Dörnern der strengen Observanz und steter Kasteiungen, es seynd aber auch diese zugleich unter den Rosen, zumal kein einiger Orden, der den heiligen Rosenkranz nie liebet, dann von der Zeit an, da der h. Dominicus über die hundert tausend Ketzer durch den h. Rosenkranz [205] bekehrt hat, da sich alle Glocken zu Tolosa von freien Stucken selbst geläutet haben, wie er das erstemal den h. Rosenkranz geprediget; von derselben Zeit an, da der selige Alanus nit hat können genug aufzeichnen und schreiben nur die Wunder, welche durch den h. Rosenkranz seynd gewirkt worden, hat diese marianische Andacht bei allen Geistlichen dergestalten zugenommen, daß nit ein einiger Orden ist, welcher nit ein oder das andere Wunderwerk zählet, so da seine Ordensleut durch den h. Rosenkranz gewirkt hätten; und weil deren fast alle Bücher gedenken, scheinet unnöthig, selbige beizufügen. Der berühmte Liebhaber Mariä, Antonius de Probes, St. Francisci-Ordens, hat es wohl angriffen, als dieser aus Gehorsam nach der Stadt Vicenz gereist, unterwegs aber ein so unerhörtes Wetter entstanden, daß der häufige Platzregen fast dem ganzen Land und Gegend daselbst den Untergang gedrohet, er aber, der gottselige Mann, unter dem freien Himmel sich befunden; damit er aber gleichwohl ein Dach habe, und nit also in das Bad komme, hat er seinen hölzernen Rosenkranz auf den Kopf gelegt, zugleich sich der übergebenedeiten Mutter Gottes befohlen, wodurch dann geschehen ist, daß er in Mitte des Platzregens von allem Wasser befreit, und nicht von einem einigen Tropfen berührt worden.

Wem gibst du deine Stimm, du schöne Ringelblum? diese Blum wird von den Lateinern genenntCaltha oder Calendula etc.; ich, sagt diese, gib meine Stimm, und erwähle die schöne Rosen, Impera nobis etc., durch diese Blum können verstanden werden die Eheleut, massen der Ring ein [206] Sinnbild ist des Ehestands, welche noch allemal handgreiflich erfahren, was Nutz und Schutz ihnen der heil. Rosenkranz gebracht habe.

Bekannt ist jene Geschicht, von welcher die h. Schrift im Buch Josue registriret; dieser berühmte Kriegsfürst wollte mit aller Gewalt die feste Stadt Jericho einnehmen, schickte aber zuvor 2 wohlerfahrne Männer aus, welche gedachten Ort wohl und genau sollen besichtigen und ausspähen; nachdem aber solches der König dieser Stadt in Erfahrenheit gebracht hat, schaffte er alsobald ernstlich, man solle besagte Männer aufsuchen, dann sie sollen unfehlbar des Tods seyn; die armen Tropfen reterirten sich hierüber unverzüglich in das Haus der Rahab, welche zwar ein Weib war eines gar schlechten Wandels, ja eine öffentliche Madam etc., gleichwohl aber zeigte sie den guten Leuten alle Lieb, und verbarg sie, verhüllte sie, verdeckte sie, vertuschte sie dergestalten, daß sie nit ertappt, noch gefunden, sondern beim Leben erhalten worden; solche Gutthat mußte ja vergolten werden, dahero ihr befohlen worden, sie solle ein rothes Strickel vom Fenster herab hängen, zum Zeichen der Salva Quardia, worauf der ganzen Armee ernstlich vorgetragen worden, sie sollen nach Eroberung der Stadt bei Leib und großer Straf demjenigen Haus kein Leid anthun, allwo sie werden sehen ein rothes Strickel vom Fenster herab hangen. Wie nun nachgehends die Stadt Jericho eingenommen, und alles von des Josue seinen Soldaten verbrennt, versengt, verhergt, verzehrt worden, ist allein unverletzt geblieben das Haus der Rahab, wo dieses Strickel herunter gehangen.

[207] Wie oft ist der Ehestand ein solches Jericho, wo alles über und über gehet, wie oft ist der Ehestand ein Garten, wo nichts anders wachst, als Trübnuß; wie oft ist der Ehestand ein Jubelier-Laden, wo nichts anders seynd, als Schlaguhren; wie oft ist der Ehestand ein Tisch, worauf man nichts anders setzt, als Krüg und Flaschen; wie oft ist der Ehestand eine Mahlzeit, wo man mit nichts anders traktirt, als mit Gestössens; wie oft ist der Ehestand ein Ofen, wo man mit nichts anders einheizt, als mitPrügel; wie oft ist der Ehestand eine Karten, wo man nichts anders spielt, als Bastoni; wie oft ist der Ehestand eine Erzgrube, woraus man nichts anders grabt, als Zank-Eisen, wie oft ist der Ehestand ein ABC, worin der größte Buchstab das W; wie oft ist der Ehestand ein Spital, worin die größte Sucht die Eifer-Sucht; wie oft ist der Ehestand ein Himmel, worin nichts anders gesehen wird, als Unstern; wie oft ist der Ehestand eine Jagd, allwo man zum öftesten fangt die Elend-Thier; wie oft ist der Ehestand eine Prozession, wo allzeit das Kreuz voran geht; wie oft ist der Ehestand ein Tempel, worin nur St. Nothburga und nicht St. Felicitas verehret wird; wie oft ist der Ehestand ein Wald, in welchem alles Holz wachst, außer der Segenbaum nit; wie oft ist der Ehestand ein Ort, ein Jericho, wo alles über und über geht, aber allein dasjenige Haus ist frei, in dasjenige Haus darf weder Feindschaft noch Unglück einfallen, wo das rothe Strickel herunter hangt, wo der h. Rosenkranz unter den Eheleuten fleißig gebetet wird. Zu Barcelona in Spanien [208] wird man in der Kirche der PP. Dominikaner bei dem Rosenkranz-Altar einen scharfen Dolch sehen hangen, fragst du dessen die Ursach, so wird man dir umständig erzählen, wie daß allda ein Mann von der Eifersucht dahin getrieben, sein Weib mit einem scharfen Dolch hat wollen er morden, und als er bereits den Stich gethan auf die Brust, die unschuldige Tröpfinn aber um Hülf angeruft die Königinn des h. Rosenkranz, den sie mehrmal eifrigst gebetet, sodann hat sich der scharfe Dolch also zusammen gebogen, als wär er zu einem linden Wachs worden, welches eine Ursach geben, daß sie nachmals in größter Einigkeit gelebt. Auf der ersten Hochzeit zu Cana Galliläa ist schon ein Mangel bei diesen neuangehenden Eheleuten gewest, nemlich der Mangel des Weins; o wie oft ist in einem Ehestand nit allein dieser Mangel, sondern ein Mangel der Einigkeit, ein Mangel des Segens, ein Mangel des Glücks, ein Mangel der Kinder, ein Mangel der Lebensmittel etc. Gleichwie nun die seligste Mutter Gottes den Mangel des Weins ersetzt hat auf der Hochzeit zu Cana, mit ihrer Vorbitt, also ersetzt sie noch alle Mängel im Ehestand, dafern ihr nur, liebe Eheleut, diese Himmelsköniginn verehrt mit dem Rosenkranz.

Wem gibst du deine Stimm, du schöner Wildling? diese Blum wird von den Lateinern genenntVolubilis oder funis arborum; ich, sagt diese, gib meine Stimm, und erwähle die schöne Rosen, durch diese Blum können gar füglich verstanden werden die armen Wittiben, massen diese Blum sich hin und her wind, und sucht, wo sie etwann eine Staude [209] oder einen Baum kann finden, woran sie sich erhalt, damit sie nicht auf der Erd bleibe, und gar mit Füßen getreten werde, wohl ein rechtes Sinnbild und Ebenbild einer Wittib; aber getröst, wann ihr vermeint, verlassen zu seyn von männiglich, und sich fast Niemand euerer annimmt, so wendt und windt euch um Rosenstauden, ihr Windling, verstehe den h. Rosenkranz, alsdann werdet ihr nit verlassen werden.

Gedenkt an jene Wittib, welche ganz armselig zu Sarepta wohnte; dahero, wie sie der Prophet Elias befragt, wie es ihr gehe? sagte sie, gar schlecht, dann sie gehe bereits um ein Holz, sodann woll sie ein Feuer aufmachen, ein Brod backen, und nachmals sterben. Diese Wittib ist hernach durch ein großes Wunderwerk erhalten worden.

Es ist zu glauben, daß diese drei Stuck haben bedeut den ganzen heil. Rosenkranz, massen das Holz weiß, das Feuer roth, das Brod gelb, fast die drei Farben des heiligsten Psalters haben vorgekündt; gewiß ist es doch, daß eine Wittib mit diesen drei Stucken nit kann verlassen werden. Liest man doch von der arragonischen Wittib Elisabeth, wo dieselbe einen schönen Tempel erbaut, daß sie den Tagwerkern und Bauleuten das erstemal, anstatt ihres Lohns, lauter Rosen in die Händ geben, welche Rosen aber in das schönste Gold verändert worden, in die schönsten guldenen Pfenning. Und geschieht wohl öfter, daß Rosen in Geld, will sagen, Rosenkränz in Geld-Mittel verkehrt werden. Also schreibt Joan. Bonifacius in Histor. von einer sehr armen Wittib, welche ein langes Recht führte mit einem sehr reichen Vogel, [210] weil sie aber nicht zu spendiren hatte, der Reiche entgegen dem Richter große Schmiralien zuschickte, also hat dieser gewissenlose Richter die Sentenz wider die arme Wittib gefällt, und hat sie müssen mit der langen Armuth das Kürzere ziehen. Indem sie nun keine Zuflucht bei den Menschen gefunden, hat sie ihr höchstes Vertrauen gesetzt in die allerseligste Himmels-Königinn Maria, als eine allgemeine Schützerinn und Schirmerinn der Wittib und Waisen, auch ihr einen Rosenkranz sehr andächtig aufgeopfert, worüber es sich hat zugetragen, daß, wie besagter Richter das ungerechte Urthel wider sie wollte ablesen, er dreimal nacheinander, wider seinen Willen und Jung, das Recht auf ihre Seite ausgesprochen, und den reichen Gesellen zur Abstattung aller Anforderung gezwungen.

Die Gärtner pflegen die kleinen Blumen-Zwiebel, so an und um den großen Zwiebel stehen, Kindl zu nennen, aus welchen nachmals auch schöne Blumen erwachsen; sagt dann an, meine Kindl, wem gebt ihr die Stimm? wir, antworten diese, geben unsere Stimm einhellig der schönen Rosen. O wie recht!

Durch solche Blumen-Kindl können gar wohl verstanden werden die Kinder und liebe Jugend, die man vor allem zu dem h. Rosenkranz erziehen soll. O wie schön wäre es, wenn Vater und Mutter das thäten, was der himmlische Vater bei Erschaffung der Welt gethan! den ersten Tag, als am Sonntag, hat er erschaffen Himmel und Erde; den Himmel, als einen Ort seiner göttlichen Residenz, welcher so groß, nach Aussag der Scribenten und Lehrer, daß, wann Gott die himmlische Wohnung sollte gleich austheilen[211] unter seine Auserwählten und Heiligen, so konnte einem jeden so viel eingeraumet werden, als da der ganze Erdboden groß ist, indem doch der Heiligen fast eine unzahlbare Anzahl, massen allein Martyrer und Blutzeugen in die 11 Millionen gezählt werden; so hoch aber ist dieser Himmel, daß ein Mensch inner acht tausend Jahren kaum dahin möcht gelangen, so er auch alle Tag hundert deutsche Meil verrichten thät.

Den andern Tag, als am Montag, hat der allmächtige Gott erschaffen das Firmament samt den andern Himmeln, deren, nach laut der Weltweisen, 10 seyn sollen; darein hat er unterschiedliche Stern und Gestirn und Planeten gesetzt; das Firmament aber ist so weit von dem Erdboden entfernt, daß, wann ein Mühlstein sollt von dannen herunter fallen, derselbe inner 92 Jahr nit würde die Erd erreichen, so er auch alle Stund 200 Meilen thät messen.

Den dritten Tag, als am Erchtag (Dienstag), hat der himmlische Vater erschaffen alle Bäume, Pflanzen und Kräuter, welche wegen dero Menge und Unterschied sehr zu verwundern seynd, gestalten in dem neuen Hispaniola Bäum angetroffen werden, so groß, daß die Leut darauf wohnen, und Hütten bauen, auch bisweilen auf einem Baum über die zwei hundert Personen gefunden werden.

Den vierten Tag, als am Mittwoch, hat Gott erschaffen Sonn, Mond etc., die Sonn im Zeichen des Widders, den Mond zum allerersten im Zeichen der Waag, dahero die Welt im Frühling soll erschaffen seyn. Die Sonn ist hundert und sechs und sechzigmal größer, als der Erdboden; in einer Meil lauft [212] und postirt sie zehenmal hundert tausend, hundert und vierzig tausend Meil, nach Aussag Clavii. Der Mond aber ist neun und dreißigmal kleiner als die Erd; die Stern aber, auch die winzigsten, seynd achtzehenmal größer, als die Erd.

Den fünften Tag, als am Pfingsttag oder Donnerstag, hat der Allmächtige erschaffen Fisch und Vögel, deren beede Geschlechter höchst zu verwundern seynd, dann Elianus bei dem Majolum vorgibt, daß in dem inländischen Meer so große Wallfisch angetroffen werden, daß zuweilen eine Grätte zwanzig Klafter lang, so dick aber, daß sie kaum drei Männer umfassen können, dahero ganze Häuser davon erbaut werden.

Den sechsten Tag, als am Freitag, hat der Allmächtige alle Thier auf Erden erschaffen, auch das Kunststuck, das Meisterstuck, das Hauptstuck, nemlich den Menschen, und wie er diesen aus einem Leimschrollen kreuzweis auf der Erde erschaffen, hat er ihm das Leben eingeblasen und einkaucht, inspiravit ei spiraculum vitae, es ist aber wohl zu merken, wann man pflegt zu keuchen, so sagt man nichts anders, als den Buchstaben H H. Also sollen die Eltern ihren Kindern vor allem andern einkauchen den Buchstaben H H, was bedeut aber dieser? schaut nur ein wenig in die Betbücher, daselbst in die Litanei der Heiligen, da werdet ihr vor einem jeden Namen den Buchstaben H finden, welches so viel heißt als Heilig; gleich vom Anfang, ihr Eltern, muß man die Kinder nit zu dem Zeitlichen und Irdischen, wie meistens pflegt leider zu geschehen, ziehen und gewöhnen, [213] sondern zu den heiligen Sachen, heiligen Andachten, unter welchen den Vorzug hat der heilige Rosenkranz; habt ihr dann nie gehört, was die h. Schrift sagt von der Thamar? als solche groß Leibs war mit zwei Knäbeln, welche zur Zeit der Niederkunft mit einander gestritten, und wollte ein jedes den Vorgang haben, endlich streckt der Zara sein Händel aus Mutterleib, dem alsobald die arge Hebamm ein rothes Bändel um den Arm gebunden, worauf er sich wiederum in Mutterleib retirirt, und ist nachmals der Phares, sein Bruder, zum ersten geboren; rathet nun, wer aus diesen ist vorgangen? wer hat das Glück und Majorat erhalten? etwann der Phares, weil er der Erstgeborne? o nein, sondern der Zara mit dem Bändel an der Hand. Also könnt ihr leicht errathen, welches Kind werde zum besten fortkommen, welches Kind aus den eurigen werde zum besten gerathen, und vor Gott und der Welt zum besten stehen, dasjenige nemlich, welches ein Bändel an der Hand, einen Rosenkranz in Händen, welches zum eifrigsten ist in dieser marianischen Andacht.

Es ist sich höchst zu verwundern über die hochberühmte Klosterfrau Anna Almaida, von dero glaubwürdig geschrieben wird, daß, wie sie noch als ein kleines Töchterl mit dem Rosenkranz gespielt hat unter dem Fenster, und aus Unachtsamkeit des Kindsweibs in die Löwengrube hinunter gefallen, allwo dem guten Töchterl nit allein der geringste Schaden nit geschehen, sondern es hat auch noch dem Löwen, einer ungeheuren Größe, den Rosenkranz an Hals geworfen, und ihm mit diesen Worten zugesprochen: »Mein [214] Löw, friß mich nit, dann ich werde zu Castell eine Klosterfrau werden;« worüber das grimmige Thier wie ein zahmes Lämmel vor ihr gestanden, und sie nachmals die Zeit ihres Lebens, forderist in dem Kloster, eine sondere Liebhaberin ist gewest des h. Rosenkranz.

Wem gebt ihr die Stimm, ihr schönen, rothen, weißen und vielfärbigen Magenblumen? diese wird von den Lateinern genennt Papaver; ich, sagt eine jede aus ihnen, gib meine Stimm, und erwähle die schöne Rosen; durch diese können fügsam verstanden werden die Sünder, als Saumagen, die nur nach dem Irdischen trachten.

Es kommt einmal ein reicher Gesell zu unserm Herrn, und fragt ihn, mein Herr, was muß ich doch thun, damit ich das ewige Leben erlange? quid faciendo etc., gehe hin, antwortet der Heiland, verkauf all dein Hab und Gut, gibs den Armen, und folg mir nach; vor fünfthalb hundert Jahren hat man dem sündigen Menschen schon eine andere Antwort geben können, dann, wofern einer dazumal den h. Dominikum hätte gefragt, was er thun müsse, damit er ein Kind der Seligkeit werde, so hat ihm ungezweifelt der h. Vater geantwortet, er soll den h. Rosenkranz eifrig beten, dann wer sich in diesem alldächtigst übet, wird nit verloren werden; dahero die seligste Mutter Gottes dem seligen Alano geoffenbaret, daß die Andacht zum heiligen Rosenkranz ein sehr großes Zeichen sey der Prädestination und ewigen Auserwählung. Es hat zwar Gott der Herr dem Mosi befohlen, er soll die Schuh ausziehen, und fein hübsch in [215] die Dörner treten, wann er woll zu ihm in den Dornbusch kommen, uns Menschen zu einer Unterweisung, daß Niemand zu Gott gelange, er trete dann zuvor in die Dörner, und wandere den harten Weg; aber seithero der h. Rosenkranz ist aufkommen, geht man nit mehr in Himmel auf Dörnern, sondern auf Rosen, weil die Andacht zum Rosenkranz ein rechter Weg in Himmel. Man hat den 12jährigen Jesum verloren zu Jerusalem, und nach drei Tägen ist er wieder gefunden worden; habt ihr Sünder Jesum verloren, so habt ihr Gott verloren, habt ihr Gott verloren, so habt ihr Gottes Gnad verloren, habt ihr die Gottesgnad verloren, so habt ihr den Himmel verloren, habt ihr den Himmel bald verloren, so habt ihr alles verloren; aber getröst ihr gebrechlichen Adamskinder, nach drei Tagen ist Jesus wieder gefunden worden, nach dem Rosenkranz, so da dreifach ist, werdet ihr auch wieder durch sondere Vorbitt der Mutter Gottes den Heiland finden.

Zu Noe Zeiten hat Gott der Herr das Venus-Feuer mit Wasser gelöschet, und den ganzen Erdboden mit dem Sündfluß überschwemmt; so lang die Welt steht, ist keine größere Stockfischbrühe gewest, als diese, dann was waren die Menschen dazumal anderst, als solche Fisch ohne Köpf, ja gar ohne Sinn und Verstand, indem sie die zeitliche Freud der ewigen vorgesetzt; wann hat aber dazumal der Zorn Gottes nachgelassen? wann hat sich Gott wieder lassen erbarmen? wann? nach hundert und fünfzig Tagen hat das Wasser angefangen abzunehmen, nach hundert und fünfzig Tagen ist Gott dem Herrn der grimmige [216] und gerechte Zorn vergangen: Coeperunt minui post centum et quinquaginta dies. Wer weiß, ob nit diese hundert und fünfzig Täg haben bedeut die hundert und fünfzig englische Grüß, so da seynd in dem ganzen h. Rosenkranz und Psalter? gewiß ist es doch, daß sich nach solchen der Zorn legt, und er sich des Sünders wieder erbarmt, dann hat die Esther den Grimm des großen Königs Assueri besänftiget, wie sie ihn gebeten mit ganz röslichtem Angesicht, so wird nicht weniger der arme Sünder den Zorn des allmächtigen Gottes wenden, wann er mit dem h. Rosenkranz wird aufziehen.

Gewiß ist es, daß ein Jüngling in einer Tod-Sünd gestorben, weil er aber täglich den h. Rosenkranz gebetet, sodann hat ihn Gott nit lassen verdammt werden, sondern durch Vorbitt seiner übergebenedeiten Mutter ihn wieder zum Leben erweckt, bis er eine reuvolle Beicht abgelegt. Cantiprat.

Gewiß ist es, daß ein Mann bei nächtlicher Weil öftermal aufgestanden, und sich in die nächste Kammer begeben; als aber die Frau ihn dessenthalben befragt, wo er hingehe? er ihr zur Antwort geben, daß er eine schöne Jungfrau heimsuche, er verstund aber die Bildnuß der seligsten Jungfrau, vor welcher er pflegte den h. Rosenkranz zu beten; ist hierüber die Frau in eine solche Eifersucht gerathen, daß sie ihr selbst die Gurgel abgeschnitten; weil sich aber dessen der bekümmerte Mann bei der Mutter Gottes beklagt, daß solches Elend ihrenthalben geschehen sey, also ist durch Hülf und Beistand Mariä, der Himmelsköniginn, diese wieder zum Leben kommen, und [217] bekennet, daß die Errettung von der ewigen Verdammnuß, so sie durch eigene Mordthat verdient, sey dem h. Rosenkranz zuzumessen.

Gewiß ist es, daß eine romanische Katharina, eine engelländische Helena, und viel tausend andere große Sünder und Sünderinnen durch den h. Rosenkranz seynd bekehrt worden, und folgsam durch den Bußweg in das ewige Vaterland gelangt.

Man muß auch der Knöpf nit vergessen, deren so große Anzahl in dem Garten; so sagt dann her, es möcht euch sonst verschmähen, so man euerer wohl umgehen sollt, sagt her, wem gebt ihr eure Stimm? es ist uns anjetzo nit recht gelegen, sagen diese, und warum sollen wir gleich die letzten seyn in der Wahl? ihr seyd halt grobe Knöpf, daß man die Phantasten nit solle vor den Blumen setzen? ihr müßt doch wider euern Willen bekennen, daß die Rosen die würdigste sey zu der Kron.

Durch die Knöpf können verstanden werden die bösen Feind, welche noch zur Zeit des h. Dominici haben müssen aus einer besessenen Person gezwungener Weis' aussagen, daß Niemand könne verdammt werden, welcher in Uebung des h. Rosenkranz verharret, auch sey die höllische Herrschung nach dem h. Kreuz durch nichts also geschwächt worden, als durch den h. Rosenkranz; dahero so gut, als David mit fünf Steinen in seiner Tasche ist ausgangen wider den Großschädel Goliath, also kann nit weniger ein marianischer Christ sich vor dem höllischen Goliath wehren mit den 5 Gesetzlen des h. Rosenkranz, und hat dieser jeffeische Psalmist können den Teufel mit seiner [218] Laute verjagen aus dem Saal, wie viel mehr werden die höllischen Larven vertrieben durch den heil. Rosenkranz. Noch zur Zeit des h. Dominici hat ein Herr dem Teufel, so in sichtbarer Gestalt ihm nachgestellt, einen hölzernen Rosenkranz an den Hals geworfen, damit diesen schwarzen Prahler zu Boden gezogen, mit Füßen getreten, und ihm solche gute Püff und Stöß versetzt, daß dem Teufel allemal hernach gegraust, und sich nicht mehr blicken lassen; nachdem auch gedachter Kavalier diese seine eigene Geschicht an die Mauer eines sehr herrlichen Geschloß, so wegen Ungestüm der höllischen Gespenster nie konnte bewohnt werden, mit Farben auf allen vier Ecken hat lassen entwerfen, hat solches die verdammten Gäste und Geister dermassen verdrossen, daß sie mit großem Getös und Heulen besagten Platz geraumt haben.

Also ist durch einhelliges Stimmen der Blumen, sogar auch der groben Knöpf, die schöne Rosen zu einer Königinn der Blumen erwählt und erkiesen wor den. Impera nobis. Sobald eine königliche Wahl vorbei gangen, pflegt man alsobald durch unterschiedene Kurier solche der ganzen Welt kundbar zu machen. Die lieben Engel seynd diese schnellen Boten, welche der ganzen Welt solche fröhliche Post bringen; neue Zeitung, ihr großen Monarchen! die Rosen ist Königinn worden, eure Kron wird sich hoffentlich untergeben dem Kranz, nemlich dem h. Rosenkranz; neue Zeitung, ihr Geistliche, die Rosen ist Königinn worden, in eueren Versuchungen kann nichts bessers stärken euch, als der Rosenbalsam des h. Rosenkranz; neue Zeitung, ihr Beängstigte, die Rosen ist Königinn [219] worden, euch kann nichts besser kühlen und erfrischen, als die Rosenblätter des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr Kranke, die Rosen ist Königinn worden, euch kann keine bessere Kraft geben, als der Rosen-Syrup des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr Sünder, die Rosen ist Königinn worden, ihr könnt euere Stückel nit besser verblümlen, als mit den Rosen des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr armen Wittib und Waisen, die Rosen ist Königinn worden, ihr könnt euern Gewinn und Unterhaltung nit besser suchen, als beim Rosenwasser des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr Bauern und Ackersleut, die Rosen ist Königinn worden, ihr könnt euere Aecker nicht besser umzäunen, als mit den Rosenstauden des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr gesammten Adamskinder, die Rosen ist Königinn worden, euch kann Niemand besser in das Paradeis wieder bringen, als die umgekehrte Eva, das ist so viel, als Ave des heiligen Rosenkranz.

Judas der Tölpel achtet gar wenig den Tempel
Judas der Tölpel achtet gar wenig den Tempel.

Nach dem allerwürdigsten Abendmahl, worin das heilige Priesterthum und höchste Altargeheimnuß eingestellt worden, hat der gebenedeite Jesus mehrmal eine Meldung gethan von der bevorstehenden Verrätherei, ja sich noch ausdeutlicher, als zuvor verlauten lassen, daß ihn einer gottloser Weis' werde seinen Feinden übergeben, und zwar einer aus dem apostolischen[220] Collegio; diese Red hat fast die bestürzten Apostel ganz geist- und seelenlos gemacht, dahero einer den andern mit erbleichtem Gesicht angeschaut, und waren die lieben Leut eines so gutmeinenden Gemüths, daß sie auf keinen einen Argwohn schöpften; wer hat ihm eingebildt, daß der Iscarioth sollt zu einem Schelm werden? Als nun der Herr und Heiland auf dero gesamtes Forschen und Fragen den schlimmen Menschen nit wollt entdecken, so hat Petrus dem Joanni, so alles bei dem Herrn golten, höflich gewunken, er soll ihn fragen dessenthalben, dann der gute Petrus getraute sich dasmal nit zu fischen, weil er in Furcht stund, er möchte derenthalben einen Verweis bekommen, indem er kurz vorhero wegen der Fußwaschung eingebüßt. Joannes unterstund sich zu fragen, wer doch derselbe sey, der ihn also meineidig verrathen werde? worauf ihm der Herr Jesus ganz still und in der Geheim, daß die andern Apostel nit hören konnten, gesagt hat: »Der die Hand mit mir in die Schüssel dunkt, der wird mich verrathen.« Darauf hat er alsobald einen Bissen Brod in die Suppe eingedunkt, und dem Iscarioth dargereicht. O was Schelme gibt es in der Welt! so ist dann auch sogar nit zu trauen denjenigen, die mit einem aus der Schüssel essen; nach solchem Bissen, den ihm der Herr so wohl gesegnet, ist der lose Mensch, aus Antrieb des bösen Feinds, ganz unverweilt davon gangen. Dermal ereignet sich eine Frag, warum der Herr und Heiland des Verräthers Namen nit geoffenbart? die Antwort ist eben diejenige, welche da gewest, als der Herr das Haus und den Menschen [221] nit geoffenbart, wo er mit den Seinigen das Ostermahl und Abendmahl wollte halten, dann dazumal hat er allein den zweien befohlen: »Geht in die Stadt, und es wird euch ein Mensch begegnen, der ein Lagl mit Wasser tragen wird, demselben folget nach, wo er hinein gehen wird etc.,« daselbst woll er dem Gesatz nach die Ostern celebriren; derentwegen aber hat der gebenedeite Herr das Haus und den Menschen nit angedeut, weil er vorgesehen, es möchte der gewissenlose Judas solchen Ort den Hebräern anzeigen, und solche nachmals ihn daselbst würden fangen mit großem Tumult, Aufruhr, Getümmel, auch gar Raufen und Schlagen, welches wider allen gebührenden Respekt wäre gewesen desselben heiligen Orts, zumal es durch die Einstellung des heiligsten Sakraments schon zu einer Kirche worden. Sogar will der Herr nit, daß die Kirchen und Tempel sollen entunehrt werden, und dieß ist eben die Ursach, warum der Heiland des Verräthers Namen nicht geoffenbart, damit nemlich besagter Ort, als schon ein Tempel, nit möchte geschändt werden; dann hätte der liebste Jesus ausgesagt, daß Judas ihn soll verrathen, o was Tumult wär damal nit entstanden! der Schelm hätt des heiligen Orts öffentlich geflucht und gescholten, und allerlei Stämperei, wider allen Respekt des Tempels, angehebt; dann der Tölpel achtete nit viel den Tempel, ja es ist muthmaßlich, daß er mit einem oder dem andern wäre gar in die Haar gerathen, der grobe Raupp und Lotters-Gesell, es war wohl zu wünschen, daß Iscarioth dießfalls keine Brüder hatte, aber:


[222] Respekt!


Wie unser Heiland Jesus seinen Apostlen eine sehr h. Predigt gehalten von dem jüngsten Tag, ist er endlich in dieses Wort ausgebrochen, respicite etc.; ich aber schrei heut und allemal der ganzen Welt zu das einige Wort Respekt, Respekt geget die Kirchen und Gotteshäuser; aber leider! solcher Respekt ist sehr wenig und gering, und scheint hierin eine größere Theuerung zu seyn, als damal gewest ist zu Samaria, wie selbige Stadt der syrische König Benedab mit großer Kriegsmacht belagert, massen dazumal ein Eselskopf um achtzig Silberling, und der vierte Theil von einer Maaß Taubenmist um fünf Silberling verkauft worden.

Dazumal ist die Sonn bei Mitternacht aufgangen, wie nemlich Gottes Sohn geboren, und endlich nach so vielfältigem Versprechen bekleidt in dem Stall Bethlehem erschienen; dazumal ist alsobald den Englen von Gott dem Allmächtigen befohlen worden, sie sollen geschwind und eilends als gefüderte Kurier diese Zeitung den Menschen ankünden, welchen Befehl sie als gehorsamste Boten unverzüglich vollzogen, und solches den Hirten in selbiger Gegend mit sonderm Freuden- und Jubelschall angedeut mit diesen Worten: »Ihr werdet das Kind finden in Windlen eingewicklet, und in einer Krippe liegen.« Ihr, meine lieben Engel, warum bringt ihr solche fröhliche Post zum allerersten den Hirten, diesem gemeinen Bauernvolk? warum nit den gekrönten Häuptern in Asia? warum nicht den Hohenpriestern zu Jerusalem? [223] warum nit den Propheten, und sonst frommen Leuten zur selben Zeit? Wann man bei uns sollte ehender einem Bauern einen guten Morgen geben, als einem Edelmann, einem Bischof etc., so würde solcher nit für einen Engel, sondern für einen Bengel gehalten werden; wie kommts dann, daß ihr allen, sogar dem Zachariä und der Elisabeth die gemeinen und zerlumpten Hirten vorzieht? etwann darum, weil der Herr Jesus hat wollen von einer demüthigen Jungfrau geboren werden, also wollt er auch zum allerersten solchen demüthigen Leuten bekannt werden? also thut dafür halten der seraphische Bonaventura. Etwann darum, weil der Heiland wollte abgeben einen guten Hirten, und mit dem Kreuzstab das verlorne Schäfel in der Wüste suchen, also wollte er bei seines Gleichen zu allererst kundbar werden, also glaubt der englische Thomas. Etwann darum war der Himmel corteser und höflicher gegen diese Hirten, weil solche wachsam waren bei nächtlicher Weil, wie er, dann der Himmel mehr offene Augen hat bei der Nacht, als beim Tag? also legt es aus der ehrwürdige Beda. Es ist aber wohl zu glauben, daß die liebsten Engel derentwegen solche fröhliche Zeitung zu allererst den Hirten gebracht, weil dazumal derselbe Stall schon zu einer Kirche worden, indem Gottes Sohn darin mit Gottheit und Menschheit wohnte, also haben sie geforchten, es möchten die Hirten, als grobe und ungeschickte Kerl, in den Stall hinein platzen, alldorten sich ungebärtig niederlegen, schlafen, schnarchen, und Breter schneiden, wie sie dann öfters bei grobem Wetter ihr Retirada unter diesem Dach [224] gesucht; damit dann solchem heiligen Ort und Tempel von gedachten ungeschickten Leuten und grobem Gesind keine Unehr zugeführt werde, also haben ihnen die Engel mit deutlichen Worten angedeut, daß nemlich der Heiland der Welt darin geboren sey. Respekt, Respekt demjenigen Haus, allwo Gott wohnet; dann ja in dem Haus, in welchem Gott anhört das Rufen der Nothleidenden, in welchem Gott den Schatzkasten eröffnet seiner Gnaden, in welchem Gott die himmlische Spend austheilet unter die Menschen, in welchem Gott seinen Thron setzt, und willfährige Audienz gibt allen Adamskindern, in welchem Gott, als in einem göttlichen Provianthaus, die Seelen speist, einem solchen Ort gebührt ja der größte Respekt. Es ist kein Haus, wo der Ammon mit der Thamar soll lefflen; es ist kein Haus, wo der David auf die Bersabäa soll gaffen; es ist kein Haus, wo die Schwester Aaronis soll murren; es ist kein Haus, wo der Achan auf Diebstähl soll gedenken; es ist kein Haus, wo die Dalila soll vorwitzig ausforschen; es ist kein Haus, wo die Jezabel sich soll aufpflänzlen; es ist kein Haus, wo der Mundschenk Pharaonis soll den Traum erzählen; sondern es ist ein Bethaus, wo Gott soll verehrt werden. Respekt!

Als auf eine Zeit Kirchweih gewest zu Jerusalem, hat sich der Herr Jesus auch dahin begeben in diesen herrlichen Tempel, aber ist nit gar hinein gangen, sondern in Portiku, im Vorhof heraus ist er auf und ab spazieren gangen; warum aber dieß? darum, er hat vorgesehen, wie es dann bald hernach geschehen, daß die Hebräer und Juden mit ihm wollen [225] reden, und allerlei Sachen ausforschen, dessenthalben ist er außerhalb des Tempels geblieben, dann er gedachte, wie daß es sich gar nit reime, in der Kirche viel reden und disputiren, Respekt! Das Oratorium muß nit seyn einParlatorium, da muß man nit plodern, sondern imploriren, da ist es ungereimt procari, sondern precari, etc. Der Gedeon hat in seinem Haus wohl dreschen können, aber da laßt sich kein Handel ausdreschen; der Noe hat in seiner Arche wohl Affen können haben, aber da hinein schicken sich keine Maulaffen; der Job hat wohl können in seinem Haus die Haar abschneiden, aber da laßt es sich nicht die Ehr abschneiden; der Abraham hat wohl können in seinem Haus ein gutes Brod aufsetzen, aber da laßt es sich nit mit Scherzel umgehen; die Rahab hat wohl können in ihrem Haus die Ausspäher verbergen, aber dahero muß man nit zum Ausspähen kommen. Respekt!

Meines h. Erzvaters Augustini Lehr und Aussag ist, daß durch den allgemeinen Sündfluß sey zwar der ganze Erdboden überschwemmt worden, aber durch sondere göttliche Schutzung sey das irdische Paradeis von solchem harten Bad gänzlich befreit gewesen, und folgsam unversehrt geblieben. Dahero es noch in demselben wollustigen und vollkommenen Stand ist, wie es anfänglich vom Anbeginn der Welt durch die göttliche Allmacht erschaffen worden, auch ist von selbiger Zeit an nit ein Blättel von einem Baum gefallen; die Ursach soll seyn, warum der Allmächtige solchen Ort so stark respektirt, weil nemlich darin gewachsen derjenige Kreuzbaum, worauf sein eingeborner Sohn [226] Jesus auf dem Berg Kalvariä drei Stund solle ruhen; dann wie Gott der himmlische Vater nach dem schändlichen Fall des Adams Nachmittag in das Paradeis sich begeben, hat er nit alsobald den gebührenden Zorn über den ungehorsamen Menschen ausgossen, sondern sich in dem Paradeis etwas abgekühlt, auf und ab spazieren gangen, unterdessen ein Holz auserkohren, woran sein eingeborner Sohn drei Stund hangen solle, dulce lignum tunc notavit etc. Jetzt kann ihm ein jeder eine leichte Folgred schließen, hat nun Gott wollen, daß dem Paradeis nichts übles geschehe, sondern aller Respekt ertheilt werde, weil darin der Baum gestanden, auf dem er drei Stund geruhet; wie viel weniger will er zulassen, daß soll ein Tempel oder Kirche entunehret werden, worin er nit einen dreistündigen Sitz, sondern eine stete Wohnung mit seiner Gottheit und Menschheit hat. O Respekt!

Anno 1509 ist durch das erschreckliche Erdbeben, so achtzehn Tag gewehrt, fast die ganze Stadt Konstantinopel zu Boden gefallen, und seynd in die dreizehn tausend Menschen zu Grund gangen, auch die mehresten türkischen Tempel und Moscheen übern Haufen gefallen; allein, nicht ohne große Wunder seynd alle Christenkirchen unversehrt verblieben, auch derjenige Thurm, welchen die Türken nach Eroberung der Stadt an den Tempel Sophiä gebaut, ist völlig zu Trümmer gangen, ohne einigen Schaden der Kirche; sogar ist das Malter und Kalk, welchen die Türken über die katholischen Bilder an der Mauer dieses Tempels gezogen, so manierlich herunter gerissen, als hätt man's mit allem Fleiß herab geschält, und folgsam [227] um und um hergesehen, als wäre die Kirche auf ein neues gemalt worden. Merks, auch die Erd selbst hat einen Respekt gegen die Kirchen.

Anno 1210 hat der Graf Mondfort die Belagerung bei Minerba aufgehebt, die Zelt aber, so von lauter Gesträuß und Stauden waren, in einer überaus großen Menge lassen anzünden, worauf ein solches Feuer alsobald entstanden, daß einem gedunkt, es gehe eine ganze Stadt in Flammen auf, weil diese Hütten durch lange Sommerhitz ganz erdorrt, das Feuer leicht an sich gezogen; es ist aber nit ein geringes Wunderwerk verspürt worden, dann unter einer so großen Anzahl ist in der Mitte derselben gestanden eine gleiche Hütte, worin der Priester, als in einer Feldkapelle, das allerheiligste Meßopfer gehalten, und diese ist, ungeacht, daß alle, auch die nur einen Schuh davon entlegenen Hütten, in Aschen verbrennt, also frei und unverletzt geblieben, daß man nit das mindeste Wahrzeichen eines Brandes daran konnte wahrnehmen. Merks, auch das Feuer tragt einen Respekt gegen die Kirche.

Wie der berühmte Kriegsfürst Josue mit dem Volk Israel zu dem Fluß Jordan kommen, da war kein Schiff, was mehr? keine Brücke, was mehr? der Fluß über alle Massen tief, und gleichwohl sollten alle durchmarschiren, welches dann auch glücklich vorbei gangen; denn sobald die Priester mit der Arche des Bunds zum Fluß hinzu getreten, den Augenblick ist das obere Wasser des Flusses stillgestanden, und sich wie ein großer Berg in die Höhe gebäumt, das andere aber ist seinen Weg fortgerunnen, und also der [228] schönste, truckneste Weg und sicherste Paß dem ganzen Volk gewest. Wie kommts, daß dieser Fluß Jordan, wie ein anderer Hofmann, so cortes gewest? ob er schon ein Waschküttel war, so hatte er gleichwohl den Verstand, daß man soll einen Respekt tragen gegen die Kirche, in welcher so heilige Sachen aufbehalten waren. Merks, auch das Wasser tragt einen Respekt gegen die Arche, in der doch nur die Tafel Mosis, die wunderthätige Ruthe, und das süße Manna gewesen; was Respekt und Ehrerbietsamkeit gebührt dann einem Tempel und Kirche, in welcher der wahre Heiland der Welt samt seiner Gottheit und Menschheit seinen Sitz hat.

Der Kaiser Theodosius ist nie in die Kirche getreten, es sey dann, er habe vorhero seine kaiserliche Kron und Waffen bei und vor der Kirchenthür abgelegt; und du? und du? Die Mutter des heil. Gregorii Nanzianzeni hat ihr Lebtag dem Altar in der Kirche den Rucken nie gezeigt, auch niemalen in derselben einigen Speichel ausgeworfen; und du? und du? Die Hebräer haben also ihren Tempel verehrt, daß keinem, außer dem König, erlaubt war, zu sitzen; und du? und du? Die Türken haben einige bestellt, welche da in ihrer Moschee und Tempel auf das Volk Achtung geben, und so sie jemand in Ungebärden oder Reden ertappen, wird solcher alsobald durch öffentlichen Schimpf hinaus geschleppt, und zu großer Geld-Straf verurthlet; und du? und du? Die Mohren gehen niemal in die Kirche, als mit bloßen Füßen, auch reiten sie niemal bet einem Tempel vorbei, wo sie nit absteigen; und du? und du? Die arianischen [229] Ketzer selbst, nachdem sie die Stadt Rom erobert, haben keine einige Kirche geplündert, ja, allen denjenigen Pardon ertheilt, welche sich in die Kirche reterirt; und du? und du? Die Heiden, die Türken, die Ketzer, die Barbaren verehren ihre Tempel, tragen einen Respekt gegen die Kirche; und du? und du? katholischer Christ? tragst so wenigen und geringen Respekt gegen diese Mutter, welche dich mit so herrlicher Speis versiehet, gegen diese Braut Christi, welcher alle Engel aufwarten, gegen dieses Paradeis, in welchem der Baum des Lebens steht, gegen diesen Saal, worauf Gott in seiner Majestät sitzt, gegen dieses Haus, welches nichts als ein Bethaus.

Gott, unter der Gestalt dreier Fremdling, kommt zu dem Abraham, und wird von ihm auf das allerhöflichste tractirt; nach dem Essen fragt er den Abraham, wo sein Weib sey? und deut ihm beinebens an, wie daß sie werde einen männlichen Erben bekommen, von dem sein Stamm und Nam unzahlbar vermehrt werde. Die Sara, wie nun der Vorwitz auch den heiligen Weibern anhängig, guckte in der Still durch eine Klumpse hinter der Thür, zu losen, was diese für Reden führen, und wie sie vernommen, daß sie noch soll einen Sohn tragen, indem sie doch schon über 80 Jahr alt, hat sie in der Geheim gelacht; ob schon solches der Abraham weder gehört, weder gesehen, gleichwohl war es Gott nit verborgen, dahero den frommen Patriarchen alsobald mit ernstlichem Angesicht gefragt, warum die Sara gelacht habe? auch fast derentwegen der Sara einen kleinen Verweis geben. Aber mein Gott! soll dann das ein Verbrechen [230] und Unrecht seyn, daß die gute Frau hinter der Thür ein wenig geschmutzt hat? zum andern ist sie gar ein gutes Ehrenweib, indem sie bestanden, daß sie alt sey, postquam consenui, welches die hunderte nit bekennt, dann sie allemal die Jahr zuruck ziehen, wie Isaias die Sonnenuhr des Achaz; so ist es auch schier lachenswerth, daß das alte Mütterl soll ein Kind tragen, sey ihm, wie ihm woll, Gott dem Herrn hat das Lachen nit gefallen, dann es war wider den Respekt Gottes und des Orts, wo Gott gegenwärtig ist, wo der Tempel Gottes ist, wie dazumal dieser Ort war, weil solche Mahlzeit daselbst das allerheiligiste Abendmahl vorgedeut, da gebührt es sich nicht zu lachen, sagt Gott. O gebenedeiter Heiland! ist sogar das wenige heimliche Schmutzen und Lachen nit recht in deiner Gegenwart, und zwar das Lachen hinter der Thür, wie sträflich soll dann seyn, wann man mitten in der Kirche, nächst bei dem Altar, zur Zeit des allerheiligsten Meßopfers, ja in Gegenwart des allerhöchsten Guts lacht, schwätzt, greint, flucht, zankt, murrt, drohet, schreit, ruft, buhlt, scherzt, forscht, fragt, gafft, schlaft, greift, stiehlt, raubt, stoßt, gumpt, druckt, trutzt etc.; wie sträflich soll dann seyn, wann man aus einem Gottshaus macht ein Rathhaus, ein Komödiehaus, ein Lusthaus, ein Wirthshaus, ein Tanzhaus, ein Posthaus, ein Schulhaus, ein Buhlhaus, ein Kramerhaus, ein Zeughaus etc. O wo bleibt der Respekt! Maria und Joseph haben Jesum gefunden im Tempel, auf solche Weis' verlieren die Menschen den Herrn Jesum im Tempel; der offene Sünder hat Gott versöhnt im Tempel, auf solche [231] Weis' erzürnen die Adamskinder Gott im Tempel; der krumme und elende Mensch hat durch Petrum die Gesundheit bekommen vor dem Tempel, auf solche Weis' verlieren gar viel die Gesundheit der Seel im Tempel. Respekt, Respekt!

Wie der gebenedeite Heiland im Garten von etlichen hundert zusammen gerotteten Soldaten und anderm hebräischen Gesind angetast worden, Malchus aber mit einer Latern voran gangen, und den andern geleucht, da hat der beherzte Petrus alsobald vom Leder gezogen, und diesem Gesellen, dem Malcho, über den Kopf gehaut, weil er aber den Kopf auf die linke Seite gewendt, also ist der Streich auf das Ohr gangen, und solches wurz herunter gehaut, sonst ist gewiß, daß er dem Kerl hätt den Kopf zerspalten. Dieser Säbel oder Schwert wird in Paris gezeigt, es hat aber der gute Peter dessenthalben gar ein schlechtes Lob davon getragen, ja sogar einen Verweis von unserm Herr bekommen, der Ursach halber, weil kurz zuvor der Peter mit diesem Degen das Osterlamm abgestochen, welches eine Figur gewest des wahren Lamms Gottes in dem allerheiligsten Sakrament des Altars, dahero es der Herr für ungereimt ja für sträflich gehalten, daß man ein Ding, so schon zu geistlichen Sachen gewidmet, solle zu weltlichen brauchen. Quod enim Deo dedicatum est, non ad humanos usus est, transferendum ibi. O Respekt!

Der Kaiser Nero, so oft er geessen, es sey zu Mittag oder zu Nachts gewest, ließ allemal in seiner Gegenwart die Tatzien zerbrechen, aus dero er getrunken, [232] damit dieselbe eines andern Mund nit berühre. Gott hat nit wollen leiden, daß der gewissenlose König Balthasar soll aus den Geschirren trinken, die zu seinem Tempel in Jerusalem gehört haben, viel weniger kann er gedulden, daß Tempel und Kirchen, so zu seiner göttlichen Ehr gewidmet, sollen gar zum Sündigen gebraucht werden. Gott hat durch ein stetes Mirakul und Wunderwerk gemacht, daß in dem Tempel Salomonis, ungeacht das Jahr hindurch so viel tausend und tausend Vieh geschlacht, geschunden und geopfert worden, nit der allermindeste üble Geruch vermerkt worden, gestalt man doch in unsern Fleischbänken, forderst im Sommer, das Widerspiel erfahrt, Gott hat dazumal nit wollen gedulden den Gestank des Fleisches in dem Tempel, wie viel weniger wird er leiden den Gestank derjenigen geilen Böck, welche in die Kirche nur gehen, wie der Esau in den Wald, ein Wildprät zu suchen und auszuklauben, dann weil ihnen anderwärts die Gelegenheit und Zusammenkunft abgeschnitten wird, also muß die Kirche dienen zu einem Buhlplatz. O wo bleibt der Respekt!

Was schreien anderst, als Respekt, alle diejenigen Wunderwerk, welche Gott gewirkt hat bei Erbauung oder Weihung der Kirchen? Wie zu Zeiten des Kaisers Konstantini Magni Josephus ein bekannter Jud in Tiberiade eine Kirche wollte bauen, und hierzu die Kalköfen außer der Stadt angezündt, so aber durch Zauberei und Teufelskünste der Hebräer auf keine Weis' wollten brennen, bis endlich Josephus in Gegenwart vieler tausend Juden ein Wasser in ein Schaff geschütt, mit dem Finger ein Kreuz durchgezogen, [233] und alsdann in dem Namen Jesu mit solchem Wasser in allen Oefen das Feuer erweckt hat.

Gregorius mit dem Zunamen Taumathurgus, der wunderthätige h. Bischof, hatte in Willens, eine schöne Kirche vom Grund aufzubauen, weil aber ein großer Berg im Weg gestanden, und kein rechter Platz vorhanden, also hat er demselben befohlen, er soll unverhinderlich mit seiner großen Wampe sich anderstwo hinsetzen, welchem Befehl der hohe Berg ganz gehorsam nachkommen, und für die neue Kirche alsobald einen Ort geraumt.

Franciscus de Paula, dieser große h. Mann hat wahrgenommen, daß ein großer Stein, so zum Kirchengebäu gehörig, wegen ungeheurer Schwere nit konnte geführt, noch getragen werden, also hat er nur das h. Kreuzzeichen darüber gemacht, worauf er wie eine Feder so gering worden.

Der h. canturriensische Bischof Dunstanus wollte eine neu aufgerichtete Kirche weihen, wie er aber gefunden hat, daß solche nit, katholischem Brauch nach, gegen Orient oder Sonnen-Aufgang gebaut worden, also hat er dieselbe alsobald mit den Händen samt dem Fundament um und um kehrt.

Wie Leo der 4te, römischer Papst, wollte mit so vielen Prälaten, als Tag im Jahr seynd, benanntlich 365, die sehr stattliche Kirche unserer lieben Frau zu Aachen, so von Carolo Magno erbaut, hochfeierlich einweihen, ihm aber 2 Prälaten abgingen, also seynd 2 verstorbene Bischöf, Monulgus und Gondulphus aus ihren Gräbern daselbst hervor gangen, dieser heiligen Dedikation beigewohnt, und zu End derselben,[234] nach erhaltener päpstlicher Benediktion, wieder zu ihrem Ruhebettlein sich begeben.

Die Kirche zu unserer lieben Frau zu Lack, unweit Brüssel, die Kirche unserer lieben Frau zu Avinion, welche die h. Martha, geweste Wirthin unsers Herrn, erbaut, die Kirche bei St. Veit zu Prag, die Kirche des h. Geistes zu Magella, die Kapell unserer lieben Frau zu Einsiedel in Schweizerland seynd von Gott selbst geweiht und consecrirt worden.

Diese und noch viel tausend andere wunderliche Begebenheiten schreien nichts anders, als Respekt gegen die Kirche. Wie Petrus mit den Seinigen auf den Befehl des Herrn das Netz in das Meer geworfen, und eine solche Menge der Fisch gefangen, daß sie allein das Netz nit konnten ziehen, dahero sie den andern Kameraden und Fischern mit den Händen gewunken, annuerunt sociis, sie sollen doch kommen, und ihnen helfen das Netz heraus ziehen. Warum hat Petrus nit mit heller und lauter Stimm geschrien: »Kommts, meine lieben Brüder, kommts, ei so eilts, daß euch der Bettel hol!« Warum hat er nit mit diesen oder dergleichen Worten ihnen gerufen? Respekt, gedachte Petrus, unser lieber Herr ist da gegenwärtig, man muß so still seyn, so viel es möglich ist, auch sogar nit reden, viel weniger schreien; merkt das wohl, ihr adeliches Frauenzimmer, und gedenkt, daß Gott der Herr mit seiner Gottheit und Menschheit gegenwärtig sey in der Kirche, und also geziemet es sich gar nit, daselbst zu reden, viel weniger also schreien, daß manchesmal der Priester anstatt des orate fratres, Ursach hätte zu sagen orate [235] sorores. Merkt das wohl, ihr Kavalier und großen Herren, und gedenkt, daß Christus Jesus, welcher da euch alle, Lebendige und Todte, richten wird, gegenwärtig sey in der Kirche, und also reimt es sich gar nit, allda ganze, große, lange, blosse Reden zu führen von allerlei Zeitung, und wie spöttlich scheint es, wann ihr nur mit einem Knie die Erd berührt, als wollt ihr in der Kirche Hasen schießen, macht euch doch zu Schanden das Götzenbild Dagon, welches vor der Arche niedergefallen auf die Erd; wann aber eine Dama in die Kirche eintritt, da seynd die Ceremonien und Reverenz bald so wohlfeil, als die Juden nach der Eroberung Jerusalem, allwo doch dreißig um einen Groschen verkauft worden, und auf solche Weis' ist ein Schelm nit auf einen Haller kommen. Merkt das wohl, ihr jungen Gesellen und muthwillige Jugend, betrachtet fein, daß der allmächtige Gott gegenwärtig sey, und also gebührt es sich gar nit, in solchem Ort zu reden von allerlei unverschamten Sachen, gedenkt doch, daß neben andern Wunderwerken in dem salomonischen Tempel, ungeacht das ganze Jahr hindurch eine unzahlbare Menge der Geschirr zerbrochen, doch niemal einige Scherben gesehen worden, und ist zu glauben, daß die Scherben von der Erd wunderbarlich seynd verschlückt worden; will nun Gott in seinem Tempel die Scherben nicht leiden, viel weniger wird er die schändlichen Zoten gedulden. Merkts wohl, ihr frechen Schleppsäck, daß Christus der Herr gegenwärtig sey in der Kirche, und also geziemt es sich nit, daß ihr in einem so üppigen Aufzug daselbst sollt erscheinen; gedenkt fein, dass demjenigen [236] Gast Händ und Füß seynd gebunden, und er in die äußerste Finstere geworfen worden, um weil er kein hochzeitliches Kleid an hatte, sondern etwann einen zerrissenen Rock, was wird dann euch erst zu gewarten seyn, wann ihr halb nackend aufzieht in der Kirche. Merkts wohl, ihr gesamten Adamskinder, daß die göttliche Majestät gegenwärtig sey in der Kirche, und gedenkt recht, daß die Kirche ein Bethaus sey, gestalten jene zwei, der Pharisäer und der Publikan, oder offene Sünder, in den Tempel gangen, ut orarent, zu beten, und keine andern Geschäfte zu führen. Respekt um Gottes Willen!

Wie die gebenedeite Jungfrau Maria schon mit Gottes Sohn schwanger, ihre liebste Base Elisabeth heimgesucht, da ist, laut göttlicher Schrift, der kleine Joannes Baptista in dem Leib seiner Mutter Elisabeth von freien Stucken aufgehupft, und spricht der h. Vincentius Ferrerius, daß dazumalen Joannes habe Christum den Herrn in der Schooß Mariä gesehen, als das höchste Gut in einer guldenen Monstranze, dahero hab er in Mutterleib das Füssel zuruck gezogen, seine Knie gebogen, und die tiefeste Referenz gemacht. O wie viel große Hausen konnten allhier sich an diesem kleinen Joannes spieglen, welche manchesmal vor dem höchsten Gut auf dem Altar kaum einen Fuß zucken, entgegen vor manchem aufgeputzten Götzenbild sich mehrer biegen, als eine Degenklinge von Passau; daß die Engel gesessen seynd auf dem Grab Christi nach seiner glorreichen Urständ, wie sie die 3 frommen Frauen also angetroffen, ist kein Wunder, dann es war der Herr Jesus nicht mehr im Grab, [237] aber daß mancher im Tempel und Kirche nicht einmal die Knie biegt, sondern immerzu sitzt, da doch der wahre Gott und Heiland gegenwärtig, ein solcher ist fürwahr kein Engel, sondern ein Bengel. Wie der prächtige Tempel Salomonis eingeweiht worden, hat ein Nebel den Tempel also angefüllt, daß die Priester ihren Dienst nie konnten versehen; o wie oft seynd solche Nebulones in der Kirche, die mit ihrem üppigen Getös und Gelächter den Priester bei dem Altar also verhindern, daß er fast in dem allerheiligsten Meßopfer nit kann fortkommen; wie weit steiget dann noch der Menschen Bosheit, die auch Jesum Christum unsern Gott und Heiland in seinem Haus angreifen, in seiner eignen Wohnung ihn übel traktiren, und dieser höchsten Majestät alle Schmach und Unbild zufügen, da doch die Juden und Hebräer als abgesagte Feind ihn in dem Tempel verschont haben, massen er selbst gesagt hat: »Ich bin doch täglich bei euch im Tempel gewesen, und ihr habt mich nit angegriffen.« Ja, sogar die Mörder, Dieb und öffentliche Uebelthäter dörfen in dem Tempel nit ergriffen noch gefangen werden, und Gott der Höchste und der Allmächtige selbst soll alldort nicht sicher seyn! O ein Laster über alle Laster!

Was Jubel- und Freudenfest haben die Philistäer angestellt, wie sie den Samson ertappt haben; alles Volk ist zusammen geloffen, und hat dem Abgott Dagon in seinem prächtigen Tempel ein Dankopfer abgelegt; nach solchem war eine stattliche Mahlzeit angestellt, wobei sich die Vornehmen eingefunden; wie sie nun ziemlich gezecht, und die Kandel und Gläser [238] wohl getummlet, da haben sie aus dem Tempel ein Komödie-Haus gemacht, dann auf dieser großen Herren Befehl ist der Samson hinein geführt worden, ein Gespäß, sowohl den Vornehmen als den Gemeinen zu machen; dann sie zupften und stoßten ihn bald da und dort, und weil ihm die Augen ausgraben worden, also ist er an eine Wand um die andere angeloffen, und weil sie ihm mit mit allem Fleiß hin und her etwas unter die Füße gelegt, also ist er mehrmal auf die Nase gefallen, und ein solches ungeheures Geschrei und Gelächter verursacht, daß hiervon der ganze Tempel erschallen thäte. Was geschieht aber? Samson erwischt beede große Saulen, worauf das ganze Gebäud stund, schlagt dieselbe mit einer solchen Gewalt zusammen, daß alles zu Boden gefallen, und auf einmal in die drei tausend Philistäer begraben worden.

Daß die Philistäer als verblendte Heiden und im blinden Irrthum erzogene Menschen aus ihrem Götzentempel ein Komödie- und Lusthaus gemacht, ist sich so sehr nicht zu verwundern, aber daß allbereits wir mit dem Blut des göttlichen Lamms gewaschene Christen oft und vielmal aus dem Tempel ein Gespäßhaus machen, und zu allerlei Schandthaten mißbrauchen, ist ein Gräuel vor Gott, und kann nicht ungestraft bleiben. Der Prophet Ezechiel hat gesehen einen Engel in den Tempel hinein treten zu dem Altar, mit einem Schreibzeug auf der Seite, und hat solcher nichts anders im Befehl gehabt, als ganz genau aufzuzeichnen, alles was unrecht und ärgerlich allda begangen wird. Er schreibt auf, wann du deine [239] üppigen Augen auswirfst in der Kirche, wie die scharfen Fischerangel, wormit du nicht einen Fisch, sondern eine leichtfertige Krot zu fangen gesinnt bist. Er schreibt auf, wann du mit den jungen Töchtern unter währendem Gottesdienst solche Reden führst, welche nit wie die Ruthe Mosis das Wasser ex Petra, sondern das Feuer ex Petronilla lockten, und also die Andacht in einen Verdacht verkehrt wird. Er schreibt auf, wann du im Tempel die Zung brauchst anstatt des Säbels, wormit nit das Ohr Malchi, sondern die Ehr Malachiä abgeschnitten wird, und folgsam der gute Barthlmä am Namen mehr beschnitten wird, als die Bärt der davidischen Gesandten bei dem ammonitischen König. Er schreibt auf, wann du im Tempel ein Gespräch und unnützes Reden hast von deiner Wirthschaft, von Ochsen und Kühen, und also aus dem Tempel einen Stall machst, da doch unser Herr zu Bethlehem aus dem Stall einen Tempel gemacht; wie ungereimt steht es, daß du solchergestalt Roß, Esel, Ochsen und Kühe in die Kirchen führest, indem doch dieser Ort allein gehörig für das wahre Lamm Gottes. Er schreibt auf, wann du neue Zeitung in der Kirche suchst, und folgsam das allerheiligste Altaropfer und Amt nicht höher achtest, als die Frankfurter-Meß, allwo keine andere Wandlung als die Handlung ist. Er schreibt auf, wann du den Herrn Jesum nit verehrest, wie Magdalena mit einer Alabasterbüchse, sondern ihn entunehrest mit einem Tabakbüchsel, und also die rotzige Zündpfann stets im Pulver steckt, da doch so wenig Schußgebetel von dem Herzen gehen. Er schreibt auf, wann du ein[240] Raub-Vogel und Greifen im Tempel abgibst, woraus doch der Herr die Tauben-Kramer gepeitscht hat. Er schreibt auf, wann du ohne alle Reverenz und Ehrerbietsamkeit in der Kirche lehnest, wie der Treidsack des Benjamins, unterdessen aber nit in dir der Josephsbecher, sondern die Weinkandel verborgen liegt. Er schreibt auf, wann du ein paar laue Vater unser in Hut wirfst, welche nit so viel werth, als die 2 Heller, welche das alte Mütterl in Stock gelegt, und solches dein Gebet so schlecht, daß, wann es auch Jahr und Tag soll in dem angezündten babylonischen Ofen liegen, kaum würde glühen, viel weniger brennen. Er schreibt auf, wann du nit einmal, wie des Loths Weib, sondern wohl hundertmal umschaust, und schier emsiger auf die Thür Acht gibst, als jene Hof-Portnerinn, welche den Peter also angeschnarcht. Er schreibt auf, wann du die Brief liesest in der Kirche, welche oft nit besser, als diejenigen, so der David dem Uriä eingehändiget. Alle dergleichen Frevel, Muthwillen, Aergernuß, Unehr, Bosheit schreibt der Engel auf, und zeigt es der göttlichen Justiz, welche dergleichen ihm angethane Schmach nit ungerochen laßt.

Wie die Engel im Himmel gesündiget, da seynd aus Blumen Plumpe worden, da seynd aus Rösel Esel worden, da seynd aus Lämmel Trämmel worden, da seynd aus Fackel Mackel worden, da seynd aus Schaaren Narren worden, da seynd aus Boten Kroten worden, da seynd aus Kinder Schinder worden, da ist aus dem Lucifer ein Furcifer worden, da seynd diese englische Kreaturen und alleredleste Geschöpf auf ewig verloren worden. Wie der Adam im Paradeis [241] gesündiget, und unter den Bäumen wie ein anderer Block sich gehalten, unter den Blumen wie ein anderer Knopf gewest, unter den Vögeln wie ein anderer Gimpel sich zeigt, unter dem Vieh wie ein anderer Büffel gestanden, und mit einem Wort, in der Grüne es gar zu braun gemacht, indem er so freventlich das göttliche Gebot übertreten, dannoch hat sich Gott noch seiner erbarmet, und ihn nit ewig gestraft, warum aber, daß die göttliche Gerechtigkeit so scharf und unbarmherzig verfahrt mit den Engeln, und nit auf gleiche Weis' auch mit den Menschen? darum, und vergiß solches nimmermehr, darum, und laß dir dieß eine Witzigung seyn, darum hat Gott die Engel also hart und zwar auf ewig gezüchtiget, weil sie gesündiget haben vor seinem Angesicht; o Frechheit! weil sie solchen Muthwillen begangen in dem Himmel, an einem so heiligen Ort. Was ist ein Tempel anderst, als ein irdischer Himmel, massen in demselben der Heiland Jesus Christus samt seiner Gottheit und Menschheit, mit unzahlbaren vielen Engeln umgeben, seinen Sitz hat; wann dann jemand daselbst als vor seinem Angesicht sündigen thut, so wird, und kann, und soll, und muß, und darf solches nit ungestraft verbleiben.

Als unter dem Adel und der ganzen Gemein in Sicilia ein harter Krieg entstanden, und diese ohne Respekt ihre Pferd in die Kirche gestellt, allwo dasselbe Jahr der h. Carmeliter Albertus begraben worden, da wollt der Heilige nit zulassen, daß ein Gotteshaus soll zu einem Stall werden, dessentwegen in seinem Grab ein erschreckliches Krachen entstanden, worvon die Steine nit anderst, als wie eine StuckKugel [242] hin und her geflogen, und nicht einer unverletzt verblieben, die angebundenen Pferd aber seynd alle todt dahin gefallen. Respekt!

Anno 1220 haben in dem oxoniensischen Kloster die Religiosen St. Francisci in der Kirche das Complet gesungen, unter währendem Gesang aber seynd sie, ist unbewußt aus was Ursachen, in ein helles und lautes Gelächter ausgebrochen, welches freilich wohl wider den Respekt des Orts war; dahero auch Gottes Straf nit ausgeblieben, massen alsobald mit erschrecklichem Krachen das große hölzerne Crucifix-Bild gegen ihnen daselbst ein zorniges Angesicht gezeigt, worauf kurze Tag hernach alle diejenigen, welche hierin schuldig waren, mit Tod abgangen. Respekt!

Wie Anno 916 die Ungarn in Bremen eingefallen, und daselbst in der Kirche die Priester bei dem Altar ermordt, nachmals den Tempel an etlichen Orten angezündt, also konnte solche Frechheit nit ungerochen bleiben, dann gleich hierauf die ganz entzündten und brennenden Schindlen diesem barbarischen Volk durch Schickung Gottes in das Gesicht geflogen, allen die Augen ausgebrennt, daß also theils in dem Fluß ersoffen, theils von den Burgern niedergehaut worden. Respekt!

Anno 1630 hat man in der herrlichen Peterskirche zu Rom, ober dem Grab der heiligen Apostel ein stattliches Werk geführt, worbei sich sehr viel Arbeiter befunden; unter diesen ist auch einer gewest, welcher theils aus Muthwillen, theils zur Zeitverkürzung, ein unzüchtiges Liedel gesungen, und ob er schon derentwegen von einem Pater, so unweit daselbst die[243] Beicht gehört, ernstlich ermahnt worden, ist er so dannoch in diesem frechen Gesang fortgefahren, weil aber Gott die Unehr seines Hauses nit erdulden kann, also ist dieser gleich hierauf von der Höhe herunter gefallen, und jämmerlich zerquetschet worden. Respekt!

Einer aus den Vornehmsten zu Genev hat durch Rath und That die Sach dahin gebracht, daß man aus der vornehmsten Kirche daselbst den Altar-Stein heraus genommen, und denselben auf die Richtstatt gelegt, worauf die Uebelthäter möchten enthauptet werden; das hat der Allerhöchste ja nit können übersehen, dahero nit lang hernach durch sondere göttliche Verhängnuß geschehen, daß eben dieser der allererste gewest, so allda auf diesem Stein den Kopf verloren.Respekt!

Ein Soldat zu Pferd hat an der Kirchenmauer des h. Martyrers Quirini, etwann aus Frechheit oder auch aus Unachtsamkeit das Roß angebunden, welches Gott und seinen Heiligen dergestalten mißfallen, daß alsobald solches Pferd unsinnig und wüthend worden, den Zaum mit aller Gewalt zerrissen, und dergestalten getobt, bis es verreckt, und todt dahin gefallen. Respekt!

Ein anderer hat sich gottlos unterstanden, den Tempel des h. Clemens auszurauben, wie er aber bei der Nacht sich wollte schlafen legen, da hat eine große Menge und Anzahl der Mäus' in die Kammer gedrungen, und zu einer gerechten Straf den Bösewicht lebendig gefressen und verzehrt. Respekt!

Sancius der König zu Navarra und Castilia hat auf der Jagd ein Wildstuck verfolgt, welches endlich [244] in die offene Kirche des h. Martyrers Antonini geloffen, und gleichsam daselbst bei dem Altar die Sicherheit gesucht; als aber solches auch allda der König wollte fällen, und bereits hierzu den Arm ausgestreckt, wollte solches der allmächtige Gott nicht ungestraft lassen, massen augenblicklich dem König der Arm erstarrt. Respekt!

Der h. Trodo, als er noch ein kleiner Knab war, und auf kindische Art die kleinen Steinel zusammen klaubte, und daraus ein Häusel aufbaute, wurde von seinem gronerischen Kindsweib befragt, was er mache? und als er die Antwort geben, wie daß er eine Kirche baue, und wann er werde groß wachsen, so woll er einen großen Tempel aufrichten; worauf das muthwillige Weib mit dem Fuß dieses kleine Kirchengebäu übern Haufen geworfen, aber nit ohne Straf, massen diese alsobald stockblind worden. Woraus zu nehmen ist, daß die Eltern recht und löblich thun, wann sie ihren Kindern im Haus einen Winkel vergönnen, darin sie ein Altärl oder Krippel aufrichten, und folgsam bei Zeiten den heiligen Sachen einen Respekt zu geben lehren können.

Zum Tempel hinaus, hats geheißen, ihr schlimmen Kerl, dazumal, als der Herr Jesus in dem Tempel zu Jerusalem die Hebräer hat angetroffen, wie sie daselbst kauften und verkauften, und die meisten ihren Wucher trieben; dann weil zur österlichen Zeit ein jeder Hebräer seinem Stand gemäß mußte opfern, also haben zwar dieselbigen, so unweit Jerusalem entlegen, ihr Vieh mit sich geführt; diejenigen aber, so von fern kommen, haben solches zu Jerusalem um [245] baares Geld eingehandlet, und diesen Handelplatz hielten sie in dem Tempel, weil theils die sauberen Priester selbst solche Ochsenkramer abgeben, theils haben sie andern da und dort einen Ort im Tempel um das Geld überlassen, wie man bei uns in Markt-Zeiten pflegt die Hütten und Gewölber um die Bezahlung auszulassen; ist also leicht abzunehmen, was für ein Getös, Geschrei, Wust und Unflath durch solchen Viehmarkt sey verursacht worden, welches den sonst allergütigsten Jesum zu einem billigen Zorn bewegt hat, daß er alsobald die Strick und Riemen, woran die Ochsen, Kälber und Kühe etc., gebunden waren, fast wie eine Geißel zusammen gemacht, und damit alle zum Tempel hinaus gepeitscht, ja sogar haben etliche nicht der Weil genommen, daß sie das Geld auf der Wechselbank hätten eingeschoben, sondern es wollt ein jeder gern der erste bei der Thür draußen seyn; welches dann eines aus den größten Wunderwerken, so der Herr und Heiland auf der Erde gewirket, indem er als eine einige, und dazumal verachtete Person, fast eine ganze Armee der Juden in die Flucht gejagt, ja es ist wohl zu glauben, daß bald da bald dort ein Schelm übern Haufen gefallen, und den Schädel an einer Hennen- oder Tauben-Steige angeschlagen.

Nun entsteht nicht eine geringe Frag, warum doch der Herr und Heiland solche Execution in eigner Person geführt? indem doch bewußt ist, daß er sonst niemal zur Abstrafung des Uebels seine Händ habe angelegt, es hätten solches die Apostel wohl können mit seiner göttlichen Beihülf verrichten, und wäre dieses[246] dem Iscarioth eine gemachte Wiese gewest, wann er zu der Wechselbank wäre kommen, dann er ohne das schon die Geldsucht am Hals hatte, so hätte auch der Herr Jesus gar geschwind können haben einen englischen Succurs von zwölf tausend Legion, deren einer so mächtig gewest, daß er die ganze Armee des Senacherib zu Boden geschlagen. Die Wasserstuben des Himmels haben die Engel eröffnet in dem allgemeinen Sündfluß, zur Straf der Welt. Die Feuerflammen vom Himmel haben die Engel herunter geworfen über de Stadt Sodoma, Gomorrha etc., zur Straf der Laster; also hätten auch dasmal die Engel können diese Hebräer strafen, und nit der König der Engeln selbst. Leicht wäre es gewest dem Herrn, daß er der Erd hätte geschafft, sie soll ihren Rachen aufsperren, und diese Bösewicht auf einmal verschlücken, wie Datan und Abiron. Leicht wäre es gewest dem Herrn, daß er denen wilden Bären hätte befohlen, sie sollen dieses schlimme Gesind zerreißen, wie die ausspöttlerischen Knaben Elisäi. Leicht wäre es gewest dem Herrn, daß er etlichen brillenden Löwen hätte auferlegt, sie sollen diesen lasterhaften Gesellen den Rest geben, wie da geschehen mit den falschen Propheten; ja alle Geschöpf der ganzen Welt wären ihm gern an die Hand gangen, und hätten anstatt seiner solche Straf vorgenommen, aber es hat der Herr Jesus solche Unehr, so dem Tempel geschehen, also hoch empfunden, daß er davor gehalten, es sey ihm hierinfalls keine genugsame Satisfaktion, wann er nicht selbst mit eigenen Händen darein schlage: Hic apparet, [247] quantum displiceat ei, qui tangit Eclesiam suam.

Weit größere Unehr als dazumal, ja ganze Schand-Thaten werden jetziger Zeit in Tempeln und Gottes-Häusern angetroffen, der Judas hat die Thamar karresirt auf öffentlicher Straße, dermal geschieht solches schon in der Kirche, o Gräuel! Die babylonischen Richter haben der Susanna nachgestellt in dem Garten, der Zeit geschieht solches schon in der Kirche, o Schand! Die junge Dina, als eine Tochter Jakobs, ist verführt worden auf der Gasse, dermal geschieht solches schon in dem Gottes-Haus, o Aergernuß! Der David hat unzüchtige Augen geworfen auf die Bersabäa, in dem obern Gang oder Altane seines Pallastes, aber dermalen geschieht es schon in der Kirche, o Vermessenheit! Der Isaak hat zu Geraris an einem Fenster mit seiner Rebekka gescherzt, daß es auch der König Abimelech wahrgenommen, dermalen geschieht solches schon in der Kirche, o Unschamhaftigkeit! Des Abrahams Hauspfleger hat für seinen jungen Herrn, den Isaak, eine Kupplerin gehabt bei dem Brunn, dermal geschieht solches schon in der Kirche, o Frevel! Zu Jerusalem im Tempel waren Tauben gewest, die auch der Herr hinaus geschafft, dermal gibts gar Raben und Galgenvögel in der Kirche, welche allda auf ein stinkendes Aas lauern, o Missethat! In der Arche Noe seynd Hund und Katzen gute Freund gewest, dermal zankt und greint man oft in der Kirche, wie Hund und Katzen, o Spott! Der Kain hat dem Abel eines versetzt auf dem Feld, dermal untersteht man sich auch zu raufen in der [248] Kirche, o Keckheit! Der Daniel hat gelacht unter der Thür des abgötterischen Tempels Bel, dermal ist das öftere Gelächter und Possentreiben in dem wahren Gotteshaus, o Sünd! die auf keine einige Weis' kann ungestraft bleiben!

Wann der Bischof in eigener würdigister Person eine Kirche zum erstenmal einweihet, wann er dreimal die Kirche um und um geht, wann er mit dem Pastoral oder Bischofstab an die Kirchenthür stoßt, wann er die heiligen Reliquien und Heiligthümer hinein tragt, wann er von aussen und innen die Kirchen-Mauer mit Weihbrun ansprengt, wann er mit Sand und Aschen auf die Erd von einer Seite zu der andern ein Kreuz macht, wann er unterschiedliche griechische und lateinische Buchstaben formirt, wann er mit dem geweihten Wasser, worin Asche, Wein, Salz, die vier Theil ausspritzt, wann er die ganze Kirche mit Kerzen erleucht, und die Kreuz an der Wand mit dem heiligen Oel salbet, wann er bald aufrecht, und bald mit gebogenen Knien, jetzt mit ausgespannten Armen, jetzt mit zusammen geschlagenen Händen, bald mit lauter und heller, bald mit subtiler und stiller Stimm, jetzt Gott, jetzt die Geschöpf anredet, und auf unterschiedliche Weis' betet, so will er durch so vielfältige geheimnußreiche Ceremonien nichts anders thun, als die Teufel und höllische Larven, welche alle Ort der Welt bewohnen, aus diesem Haus vertreiben und jagen, und dem allmächtigen Gott eine eigene Wohnung zurichten. Wie man dann weiß, daß zu Cöln den Tag der solennen Einweihung ein großes Heulen und Klagen der bösen Feind sich erhebt in [249] dem Tempel, um weil sie von dannen müssen weichen. Aus einer andern Kirche hat man den bösen Feind, in dero Consecration in Gestalt eines großen, wilden und geheuren Schwein gesehen ausgehen, nach Aussag des h. Gregorii. Und du, und du unterstehest dich noch, aus diesem Gotteshaus, nit allein wie die Hebräer, eine Mördergrube zu machen, sondern gar ein Teufelshaus, massen du solche Ding darin begehest, welche du auch von einem andern nit leiden würdest in deinem Haus, und Gott soll es leiden? das nit, das nit.

Es ist alles zu wenig, wie da gestraft ist worden einer, der freventlicher Weis' eine katholische Kirche mit Füßen gestoßen, ihm aber der Fuß an der Mauer angeheft blieben. Es ist alles zu gering, was da widerfahren denjenigen, so eine Kirche haben wollen berauben, sie aber insgesamt von den bösen Feinden besessen worden. Es ist alles zu leicht, wie da gezüchtiget worden einer zur Zeit des h. Bernardi, der sich unterfangen, aus der Kirche eine Festung zu machen, er aber des gähen Tods gestorben, welches ihm das Kirchenmäuer vorgedeut, als es aller Orten häufigst Blut geschwitzt. Es ist alles zu schlecht gewest, was da haben ausgestanden die Soldaten des gothischen Königs Theodorici, um weil sie die Kirche des h. Juliani entunehrt, und derenthalben vom bösen Feind besessen, ihr eigenes Fleisch mit den Zähnen zerrissen. Alles dieses ist nichts gegen diejenigen harten Strafen, welche der gerechte Gott viel Jahr hero über uns geschickt, um weil wir seinem Tempel und seiner Majestät gewidmeten Haus so geringen Respekt und [250] Ehr erweisten. Wie, wo, wer, wann, was seynd diese Strafen? frag nicht lang, die so viel blutigen Krieg, die so hart grassirende Pest, der so manche Untergang der zeitlichen Güter, der mißgünstige Himmel, die Unfruchtbarkeit des Erdbodens, die schädlichen Brunsten und Zerstörungen, die häufigen Krankheiten und Suchten, das Uebel der Länder und Städte, ja alles Unglück rührt dahero, weil der Zeit die Kirchen und Gotteshäuser so wenig geacht noch verehrt werden. Was Gott vor diesem durch den Propheten Jeremiam geschrien, das schreit er noch manchem Ort in die Ohren. Schärfet die Pfeil, und füllet die Löcher, der Herr hat den Geist der König in Meden erweckt, sein Herz ist über Babylon, daß er sie zerstöre, »dann es ist Rach des Herrn, die Rach seines Tempels.« Merks du Land N., du Stadt N., du Ort N., ist dir eine Zeit hero alle Widerwärtigkeit begegnet, ultio templi, »es ist die Rach seines Tempels.« Vor diesem seynd die Häuser der Christen Kirchen gewest, jetzt seynd die Kirchen zu Häuser worden. Vor diesem haben die Seraphin in dem Tempel aus lauter Ehrerbietsamkeit ihr Gesicht mit Flügel bedeckt, jetzt bedeckt man das Gesicht mit dem Hut, damit man desto freier schwätzen und lefflen kann. Vor diesem hat Abraham ihm nit getraut zu wohnen, wo er nur einmal Gott dem Herrn ein Opfer verricht, jetzt handlet und wandlet man auch in der Kirche von unzuläßigen Dingen unter währendem heiligsten Meßopfer. Vor diesem hat sich der rothe Vorhang im Tempel von freien Stucken mitten von einander zerrissen, jetzt laßt sich auch gar oft [251] seine einige rothe Schamhaftigkeit sehen in der Kirche. Vor diesem hat Moses in dem Eingang des Tabernackels um den Waschbrunnen viel Spiegel gehängt, jetzt halt man sich also frech gar vor dem Tabernackel, worin der höchste Gott ist, daß sich wohl Niemand kann daran spieglen. Was ist dann Wunder, daß Gift in Lüften, Unglück im Gestirn, Unstern im Feld, Erdbeben in der Nieder, Hunger im Land, das Schwert auf dem Rucken, der Fall unterm Vieh, der Schaden vom Wasser, das Uebel vom Feuer, die Ungesunde im Leib, der Schauer im Treib, die Mißrathung des Weinstocks, die Schuldenlast in der Handlung etc.; was ist dieß Wunder, daß dergleichen Ruthen und Geißel dir übern Hals schickt der Allmächtige, der auch mit der Geißel die Hebräer getroffen, mit welchen du seinen Tempel entunehrest: ultio templi, es ist alles die Rach seines Tempels! was Gott der großen Stadt Jerusalem und allen Inwohnern durch den Propheten Ezechiel gedrohet, das laß ihr manche, große, vornehme, volkreiche Stadt, worin so viel übles in der Kirche geschieht, eine Warnung seyn: »So wahr ich lebe, spricht Gott der Herr darum, daß du mit allen deinen Uebertretungen und mit allen deinen Gräueln mein Heiligthum, das ist, meine Kirche verunreiniget hast, so will ich auch dich zerschlagen, mein Aug soll deiner nit verschonen, und ich will mich nit erbarmen. Das Drittel von dir soll an der Pestilenz sterben. Und das andere Drittel soll ringsherum das Schwert fällen, aber das übrige Drittel [252] von dir will ich in alle Wind zerstreuen, und das Schwert hinter ihnen ausziehen.

Judä dem Erzschelm gibt Jesus seine Willfährigkeit zu leiden zu verstehen
Judä dem Erzschelm gibt der gebenedeite Heiland Jesus seine Willfährigkeit zu leiden sattsam zu verstehen.

Nachdem der sanftmüthigste Herr dem verruckten Böswicht den eingedunkten Bissen dargereicht, auch der unverschamte Gesell solchen aus den göttlichen Händen empfangen, und folgsam hinunter geschlückt, so hat ihm diesen so köstlichen Brocken der Teufel sehr übel gesegnet, massen solcher gleich darauf in ihn gefahren, worauf der Herr mit folgenden wenigen Worten den Iscarioth angeredt: »Was du thust, das thue bald.« Die lieben anwesenden Apostel glaubten gleichwohl, als habe der Herr dem Judä ein gewisses Geschäft zu verrichten auferlegt, als soll er etwann, weil unter seinen Händen die Cassa, nothwendige Lebensmittel einkaufen, oder aber ein gewisses Geld unter die Armen austheilen; es hat aber der Heiland dadurch wollen dem Iscarioth zu verstehen geben, daß er in seinem Schelmenherz wohl einsehe, sein ärgerliches Vorhaben wohl wisse, und konnt er gar leicht machen, daß solches nit in das Werk gesetzt würde: allein soll er sehen, wie urbietig er sey, zu leiden und [253] zu sterben für die Menschen. Ja, weil er Iscarioth doch gänzlich beschlossen, solche Meineidigkeit zu begehen, und seinen Herrn den Feinden zu überliefern, also hat ihm der Herr gesagt, was du thust, so thue es bald; nit daß er ihm solche Lasterthat schaffe, sondern weil er zum Leiden eilte, und du Mensch willst nichts leiden?

Willkomm, willkomm meine schöne adeliche Patientia, wie so traurig, warum so melancholisch? ist dir etwann ein Leid geschehen, oder sonst was widriges begegnet? Ach mein Gott, gibt sie zur Antwort, kann ich doch nirgends unterkommen, bin ich doch allerseits verfeindt, daß Gott erbarm! Sie gehe nach Hof, ja wohl Hof, sagt Patientia, ich hab mich daselbst angemeldt, es hat mich aber alsobald der Kammer-Furier mit Füßen heraus gestoßen. Ich weiß eine andere Gelegenheit für sie, unweit von hier wohnt ein vornehmer Edelmann, daselbst wird sie gar unfehlbar unterkommen; Patre si, sagt sie, ich hab es leider erfahren, dann wie ich mich hab lassen ansagen, war er gleich dazumal liegerhaft, und ihm Händ und Füß, wie einem gefätschten Kind, mit Fetzen verbunden gewest; ach, ach, du grausames Podagra, der Teufel hol Patientia, schrie er, und jagten mich die Bedienten mit Krucken und Stecken die Stiege hinab; jetzt fallt es mir ein, ich weiß keinen bessern Rath für sie, als daß ihr Fortuna im Feld probire, da wird sie gar gewiß Dienst finden; saubere Dienst, sagt sie, das hab ich bereits sattsam erfahren, wie ich zu der ersten Schildwacht kommen, da hat er mich ganz ungestüm angeschrien: wer da? ich sagte, Patientia, [254] darauf war dieß sein Wort, zum Galgen troll dich fort, so muß ich Patientia wegen solcher Furia an ein anders Ort. Ich weiß ihr keinen bessern Rath zu geben, meine schöne Patientia, sie gehe in ein Kloster, dort ist sie gar wohl aufgehebt, und in allem auf das beste versehen; wahr ist es, sagt Patientia, auch das hab ich probirt, und muß bekennen, es ist mir nirgends besser gangen, als im Kloster; allein, gar lang hat es auch nit gedauert, dann am Sonntag Fruh bin ich eingestanden, am Freitag darauf haben sie mich zum Kapitel hinaus gepeitscht, und sogar das Portner-Stübel nicht mehr vergunnt, Gott verzeihe es dem Frater.


Ich arme Patientia bin überall verjagt,

Ohn' einige Clementia wird alles mir versagt.

Wo ich losiren will, verfehlt es mir am Ziel,

Es ist halt Patientia fast jedermann zu viel.

Hab ich doch vom Himmel her mein adelichs Geschlecht,

Und dannoch will man nimmermehr mir geben irgends recht.

Wo ich mich melde an, geht man von mir davon,

Ein jeder laßt mich ziehen leer, kein Mensch mich sehen kann.


Meine liebe Patientia, allem Ansehen nach bist du hungerig, weil du nirgends wirst eingelassen, dahero setz ich dir eine Speis' auf, geseng dirs Gott zu tausendmal, was der Habakuk dem Daniel für ein Essen in die babylonische Löwengrube gebracht, ist mir eigentlich nit bekannt, es mag seyn, daß es ein Milchkoch gewest; aber meine adeliche Patientia, dasmal setz ich dir ein Muß auf, nimm nur große Löffel voll. Es muß der Mensch leiden, er muß, und kanns nicht meiden. Patientia per forza.

[255] Was für ein Obst sey gewest, welches der Adam genaschet hat wider das Gebot Gottes, zu unserm größten Schaden und Nachtheil, wird von vielen unterschiedlich ausgesprochen. Mein h. Vater Augustinus ist der Meinung, als sey es eine Feige gewesen, zumal die zwei guten Eheleut nach dem schändlichen Fall sich gleich mit Feigenblätter bedeckt haben; und also vermuthlich, daß sie die Blätter genommen von dem nächsten Baum, wovon sie die Frucht haben abgebrockt, und scheint glaublich, daß es keine solchen Feigen seynd gewest, wie dermal in unseren Ländern wachsen, sondern indianische, welche auf den heutigen Tag li frutti di Adamo, Adamsfrüchte, genennt werden. Wann man diese Feigen oder Frucht von einander schneidet, so findet man allemal darin ein Kreuz mit allen Passions-Instrumenten, woraus die göttliche Vorsichtigkeit wunderbarlich erkennt wird. Indem nun Adam von dieser Speis geessen, und folgsam solche Nahrung in sein Fleisch und Blut verkehrt worden, also ist sein Leib von Kreuz und Leiden gewest. Ja wie der allmächtige Gott den ersten Menschen wollte erschaffen, nach Aussag des h. Basilii, hat er den Leim nit von einem Ort genommen, sondern von vier Orten, eine Hand voll vom Aufgang, eine Hand voll vom Niedergang, eine Hand voll vom Mittag, und eine Hand voll von Mitternacht; von allen vier Orten des Erdbodens hat er kreuzweis den Leim oder Erden genommen zu dem Leib des Adams und ersten Menschen. Item, wie der Allmächtige den ersten Menschen erschaffen, hat er den mit ausgestreckten Armen formirt, als liege der Adam im Kreuz,[256] nachmals hat er ihm erst das Leben eingeblasen, worauf der Adam die Händ zusammen geschlagen, oder wenigist hätt sollen zusammen schlagen, und seinem Schöpfer danken um diese große Gnad. Anjetzo nehme einer alles zusammen, und gedenke, daß sein Leib in specie von dem Adam komme, und also vom Kreuz erschaffen, im Kreuz erschaffen, durch das Kreuz gespeist, und seine ganze Wesenheit vom Kreuz herrühre, so lang er dann diesen sterblichen Leib tragt, so muß er ein Kreuz tragen, er muß. Wer nun dieses Muß isset mit Patienz und Geduld, der ist ein rechter Vasall des gekreuzigten KönigsJesu; wer aber dieses Muß ungern isset, der verbrennt ihm das Maul, und verderbet ihm die Zähn, daß ihm solche auf ewig werden klappern. Multi enim ambulant, quos saepe dicebam vobis (nunc autem et flens dico) inimicos Crucis Christi.

Es muß der Mensch 9 Monat verarrestirt bleiben in dem lebendigen Stockhaus des mütterlichen Leibs, er muß; so bald er geboren, so muß er sich binden lassen wie ein Dieb, er muß; er muß oft von dem ungeduldigen Kindsweib ein Präcker ausstehen, er kann sich nit wehren, er muß leiden; in dem wankelmüthigen Holz der Wiegen muß er schon lernen die Wankelmüthigkeit des Menschen-Lebens, er muß, er kanns nit ändern; wann er wachst, so muß er schon unter dem Gehorsam seyn, den Gehorsam thun, er muß; er muß etwas lernen, und was Arbeit kost nicht die Geschicklichkeit? was Schmuck, was Druck, was Schlegel, was Flegel, was Stöß, was Preß, was Spott, was Noth, was Fretten, was Metten muß [257] er nit ausstehen, er muß. Ist er nun gänzlich erwachsen, da sucht eine jede Sucht, die Schwindsucht, oder die Dörrsucht, oder die Gelbsucht, oder die Wassersucht, oder die Lungensucht, oder die Schlafsucht, oder die Ehrsucht, oder die Eifersucht, er muß leiden, er muß. Der Mensch ist ein Raub der Zeit, was mehr? ein Losament der Trübsale, was mehr? ein Spital der Krankheit, was mehr? eine Einkehr der Sorgen, was mehr? eine Herberg der Furcht, was mehr? eine Kammer des Kummers, was mehr? ein Spiegel der Unbeständigkeit, was mehr? ein Zweck der Zwick, dann es zwickt ihn einer da, der andere dort, es zwickt ihn dieß, es zwickt ihn jenes, und er muß leiden, er muß.

Du wirst ja die h. Schrift nit läugnen? der Joseph ist verneidt worden, und es ist ein Muß gewest, er hat nichts können verhindern; der Jakob ist von dem Laban betrogen worden, und es ist ein Muß gewest, er hats nicht können ändern; der David ist von seinem eignen Sohn verfolgt worden, und es ist ein Muß gewest; er hats nicht anderst können machen; die Susanna ist unschuldig verklagt worden, und es ist ein Muß gewest, sie hats nit können entgehen; der Daniel ist gefangen worden, und es ist ein Muß gewest, er ist für sich selbst nit in die Löwen-Grube gestiegen; der Moses ist verschmäht worden, und es ist ein Muß gewest, er hats nicht können meiden; du kannst dem Feuer nit verbieten, daß es dich nicht brenne; du kannst der Luft das Maul nit sperren, daß sie dich nit anblase; du kannst dem Wasser die Gewalt nit nehmen, daß es dich nit netze; du kannst [258] denen Gestirnen die Influenz nit nehmen, daß sie dir nit schaden; du kannst den Krankheiten die Händ nit binden, daß sie dich nit antasten; du kannst keinem Uebel, was es nur seyn mag, außer der Sünd, befehlen und schaffen, und gebieten, es soll dich mit Frieden lassen, sondern wann es kommt, so muß mans leiden, es muß seyn;Patientia dann herzu, laß dir dieses Muß schmecken, ist es wegen Gott, und weil du doch leiden mußt, so leide es wegen Gott, und mach also aus der Noth eine Tugend.

Der große Mann Gottes, der Moses, erzählt, wie daß Gott der Allmächtige habe anfangs den Menschen erschaffen aus der Erd; obschon der Mensch auch etwas hatte von andern Elementen, etwas von der Luft, etwas vom Wasser, etwas vom Feuer, vom Feuer die natürliche Hitz, die natürlichen Feuchtigkeiten vom Wasser, von der Luft den natürlichen Athem; so hat aber der Allmächtige weit eine größere Portion genommen von der Erde, als von den andern allen dreien insgesamt. Dessentwegen sagt man wegen des mehrern Theils, daß der Mensch aus der Erde sey erschaffen worden. Aber, o allerweisester Gott, warum hat der Mensch mehr von dem Element der Erde, als von andern? darum, weil die Erd das mehrste leiden thut, und doch alles übertragt. Terra dicitur a terendo. Die Erd leidet von der Sonnenhitz, daß sie oft vor Durst das Maul in alle Weite aufreißt; die Erd leidet von der Kälte, daß sie oft an allen Gliedern erstarrt; die Erd leidet von den Wolken, die ihr oft wider ihren Willen den Kopf waschen; die Erd leidet von dem Donner, der ihr [259] nach vielem Murren und Schnarchen oft eins ins Gesicht gibt, daß ihr das Feuer aus den Augen springt; die Erd leidet von allem Vieh und Thieren, dann sie eine stete Futtermeisterin muß abgeben; die Erd leidet von den Menschen, welche die arme Tröpfinn immerzu mit Hacken und Eisen durch graben und verwunden; die Erd leidet alle Schand und Spott, so gar thut man ihre Nase nit verschonen; die Erd muß ja tragen, daß ihr oft möcht der Buckel krachen, was Berg und Felsen, und Gebäu, und Schwernussen, und Bürde liegen ihr nit auf dem Rucken, und dannoch leidet sie alles; dessenthalben hat der allmächtige Schöpfer den Menschen meistens aus Erd erschaffen, weil er den Fall hat vorgesehen, damit derselbe seiner Mutter nacharte, und alles Leiden geduldig übertrage; nit zu viel Luft muß ich nehmen, sagte Gott zu dem Menschen, dann er möcht mir in seinen Trübsalen in lauter Seufzern aufgehen; nit zu viel Wasser muß ich nehmen, dann er möcht mir in seinen Bedrängnussen zu lauter Zäher und Thränen werden; nit zu viel Feuer muß ich nehmen, dann er möcht sich gleich bei dem geringsten Anstoß erzürnen, daß das Feuer ins Dach komme, sondern meistens will ich nehmen von der Erde, dann er muß mir leiden und tragen: Terra dicitur a terendo, quia pedibus hominum et animalium teritur, er muß leiden, man thut ihms nit küchlen, er muß leiden, man macht ihm kein besonders, er muß leiden, dafür ist er nicht privilegirt, er muß leiden, dafür hat er keine Salva Quardi, er muß leiden, er woll oder woll nit, ei wann es dann einMuß ist, Patientia! nur wohl darein griffen, [260] man wird schon wieder anrichten; wann man doch leidenmuß, so leiden wir solches wegen Christum, um Christi willen, aus Lieb zu Christo, dessen Leben ein Leiden, und Leiden ein Leben gewest, und laßt uns machen aus der Noth eine Tugend.

In dem ersten Buch Genes. wird geschrieben, daß gleich bei Erschaffung der Welt aus dem Paradeis ein Fluß sey entsprungen, womit der ganze Erdboden benetzt und befeuchtiget worden. Der h. Joannes Chrysostomus spricht, daß dieser Fluß habe bedeut den Thränen-Fluß, so über die ganze Welt fließe; dann ist ein Ort, wo keine Trübsal ist? es ist keines; ist eine Zeit, wo kein Kreuz ist? es ist keine; ist ein Stand, wo allzeit ein Wohlstand ist? es ist keiner; dahero werden die Menschen Leid genennt, Edelleut, Bauernleut, Klosterleut, Kaufleut, Hofleut, Eheleut, Schiffleut, Kriegsleut, Handelsleut, Bettelleut etc., weil ein jeder leid und leidet, und leiden muß. Es leiden muß. Es ist die Welt, wie der Topf Elisäi, in welchem zwar gute Kräuter gewest, aber auch bittere Colloquinten; es ist die Welt, wie das Haus Laban, in welchem zwar eine schöne Rachel gewest, aber auch eine garstige Lia; es ist die Welt, wie der Leib der Rebekka, in welchem zwar der gute und fromme Jakob war, aber auch der schlimme Esau; es ist die Welt, wie der Bundskasten, in welchem zwar das süße Manna war, aber auch die Ruthen; es ist die Welt, wie der Traum des Königs Pharaonis, in welchem zwar sieben feiste Ochsen gesehen worden, aber auch sieben magere und zaundürre; es hat die Welt zuweilen eine Freud, aber nie eine Freud, wo nit ein Leid dabei; und muß der [261] Mensch leiden, es ist eine Nothwendigkeit, so leide ers lieber mit Geduld, Patientia, er mach aus der Noth eine Tugend, und folge nach dem rechten Schächer, so mit Christo dem Herrn gekreuziget worden. Zwei seynd ihrer gewest, welche ausgehängt worden mit dem Herrn, es haben beede verdienter Massen müssen die Straf ausstehen, es seynd leichtfertige Bösewicht und Hauptschelme gewest; das gerechte Urthel ist ergangen, und da hat es geheißen, dieser muß hängen, der andere muß auch hängen, einem hat graust ob diesemMuß, dahero er samt seinem Kreuz in die Höll gefahren, der andere gedachte, weil ich doch muß hängen und leiden, so sey es, ich kanns doch nicht ändern, ei so will ich es leiden um meiner Sünden willen, will es leiden wegen Gott, will aus der Noth eine Tugend machen, und dieses Kreuz Gott aufopfern, und hierdurch ist er ein Seliger und Heiliger worden,necessitatem vertit in voluntatem.

Der gebenedeite Herr und Heiland ist auf eine Zeit mit seinen Apostlen in eine Wüste getreten, und weil sie sehr matt und müd waren, massen sie erst von der Arbeit herkommen, und den Leib des enthaupteten Joannis Baptistä begraben haben, also hat er sie freundlich angeredt mit diesen Worten: Quiescite pusillum, ruhet ein wenig; durch das Wörtel wenig wollte der Herr zu verstehen geben, daß auf der Welt in dem menschlichen Leben, so lang wir allhier auf der Reis' seynd, und irgends keine bleibende Statt haben, nur eine wenige Ruhe, aber Unruhe und Leiden und Arbeit genug, von dem kein einiger Stand befreit, und ist ein Muß, Patientia.

[262] Dieses Muß setzt Gott auf, aber mit Küchel traktirt er Niemand, dann er küchelts keinem Menschen auf Erden, er muß leiden, und ein Kreuz tragen, und warum sollen wir dieß nit von den Händen Gottes annehmen? Ein Kavalier geht bei Winterszeit, wann der Himmel eine heitere Stirn zeigt, über die Gasse mit seinen Lakeien und Bedienten, in sehr schönem und prächtigen Aufzug, geht also in Gedanken fort, wie er etwann möge seine Herrschaft erweitern, indem er in der Hoffnung stehe, es werde ihm eine Hofhenn ein Ei legen; da er nun in dergleichen Gedanken fortgeht, siehe! da kommt von oben herab ein Schneeballen, und trifft ihn; holla! wer ist der? er greift nach dem Degen, er schilt, und füllt ganze Galleren an, er macht ein Gesicht, wie ein Dutzend junge Teufel, er knarrt mit den Zähnen zusammen, als woll er dem Mars ein Loch ins eiserne Wamms beißen; wie er also voller Trutz hin und her schaut, da nimmt er wahr, daß eine adeliche Dama, und ihm nit übel geneigtes Frauenzimmer, solchen Ballen herunter geworfen; o, o, da ist das trübe Wetter augenblicklich vergangen, o, o, base leman, er buckt sich, als hätt er Fischbein im Buckel, bedankt sich, daß er von schneeweißen Händen einen Schneeballen bekommen, er halt es für eine sondere Gnad, und wird wenig abgehen, daß der Schnee nit Feuer anzündt, ja wann es ihm keine Schand wär, so fräß er den Schneeballen vor lauter Lieb, und machte also aus dem Herz eine Eisgrube, damit die Liebs-Affekten immerzu frisch blieben, in Summa, er halt es für eine große Gnad, daß er von ihr geworfen worden. [263] Fallt einige Widerwärtigkeit über uns Menschen und Adamskinder, verlieren wir mit dem Jakob eine schöne Rachel, verlieren wir mit dem Job die Güter und Habschaften, verlieren wir mit dem Tobia die Gesundheit, leiden wir einen Spott, wie der Elisäus, leiden wir ein Ehrabschneiden, wie die Anna von dem Heli, leiden wir eine falsche Anklag mit dem Joseph, fliegt das Elend über uns so häufig, wie die Wachtlen über die Israeliter, sehen wir nichts über uns als Ruthen, wie des Labans seine Schaf, findt man nichts bei uns als Presten und Krankheiten, wie bei dem Schwemmteich zu Jerusalem, ei, so laßt uns derentwegen nit murren, nit klagen, nit trauren, nit weinen, nit fluchen, nit schwören, nit gumpen, nit zapplen, nit werfen, nit schlagen, nit greinen, nit zanken, nit wüthen, nit toben, nit stampfen, nit seufzen, sondern schauen wir lieber in die Höhe, da werden wir sehen, daß wir von niemand andern seynd getroffen worden, als von denen allerliebsten Händen Gottes, dessen einiges Ziel und End, uns zu sich zu bringen.

Halt nur lieber das Maul, ich siehe es dir schon an, was du sagen willst; o! willst du sagen, der Himmel hat so viel Augen, als Stern, also soll er gleichwohl sehen, wer da schuldig oder unschuldig ist; die göttliche Ruthe, welche der Prophet Jeremias gesehen, hat Augen gehabt, als soll ja Gott nicht gleich blind darein schlagen, und den Unschuldigen so wohl treffen, als den Schuldigen. Daß einer um all seine Sach kommt, der vorhero den andern um das seine gebracht, daß einem der Schauer und harte Riesel [264] das Treid in den Erdboden hinein zerschlagt, welcher nur sucht zu Schaden des Nächsten eine Theuerung durch ungerechten Wucher in das Land zu bringen; daß einer keine gesunde Stund, und öfter mit Medizin seinen Leib flicken muß, als die Fischer Petrus und Andreas ihre Netz; welcher vorhero wie ein anderer Bocksberger in allen Winklen herum gemecketzt, daß einem ein Fall unter das Vieh kommt, welcher vorhero wie ein Vieh gelebt hat; daß einem der Reif den Weinberg barbiren thut, welcher Tag und Nacht beim Weinfaß saufen thut; daß einem die Dieb einbrechen, der so oft die Gebot Gottes gebrochen, das alles wundert mich nit, dann die Sünden flechten die Ruthen, wormit wir getroffen werden; gelt es geschieht uns recht, sagten die sauberen Brüder des Josephs, wie sie seynd zum Profosen geführt worden, dann wir uns versündiget haben an unserm Bruder; aber daß ich soll mit so viel Widerwärtigkeiten überfallen werden, der ich doch nichts verschuldt habe, das gedunkt mir seltsam; ich hab mich nit voll gesoffen, wie der Loth, ich hab nit gestohlen, wie der Achan, ich hab die Ehe nit gebrochen, wie der David, ich hab nit betrogen, wie der Laban, ich hab nit gescholten, wie der Semei, ich hab nit geschlemmt und gedemmt, wie der reiche Prasser, ich hab mich nit übernommen, wie der Nabuchodonosor, ich hab keine Ehr abgeschnitten, wie die Richter zu Babylon, ich hab allzeit gelebt in aller Frömmigkeit, und geführt einen gottseligen Wandel, und gleichwohl thut mich Gott also heimsuchen, das, das, das möcht einen kleinmüthig machen. Du gefallst mir wohl, scil. [265] mein Phantast, deiner eigenen Aussag nach bist du heilig, laß dir nur einen verguldten Teller auf den Kopf naglen, sodann hast du einen Schein, unterdessen will ich einen Ort für dich in der Litanei aller Heiligen aussuchen, du bist mir wohl ein seltsamer Heiliger.

Sag her, was hat Jesus Christus, Gott und Mensch, Schöpfer Himmels und der Erde gethan, oder Uebels gestift? ist dann einmal ein unrechtes Wort geflossen von seinem guldenen Mund, wessentwegen er hat sollen mit Gall und Essig getränkt worden? haben dann einmal seine göttlichen Händ einem einen einigen Haller verruckt, derenthalben sie haben müssen mit eisernen Näglen durchbohrt werden? ist dann einmal ein Betrug oder Falschheit gewest in dem Herzen Jesu, derentwegen es hätt sollen durch die scharfen Lanzen und Speere eröffnet werden? hat er dann einen üblen Gedanken in seinem Kopf gehabt, derentwegen solcher hat müssen mit Dörnern gekrönt werden? was übels hat dann der Rucken des Herrn gewirkt, wessenthalben er hat müssen mit so blutigen Geißlen zerfleischt werden? was hat er dann verschuldet, daß er mit zweien Schelmen und Dieben, wie ein öffentlicher Uebelthäter ist an den Galgen des Kreuzes aufgehängt worden? was? sag her:

Der glorreiche Martyrer und Blutzeug Christi, Petrus, aus dem Orden des h. Dominici, hat einen so heiligen und gottseligen Wandel geführt, daß auch dermal die heiligen Jungfrauen vom Himmel ihm die Visita gegeben, und von göttlichen Dingen mit ihm eine Ansprach gepflogen; nun hat es sich zugetragen, daß ein anderer Geistlicher und Religios bei nächtlicher [266] Weil hat wahrgenommen, daß Petrus, so dazumal solche himmlische Heimsuchung hatte, mit Weibsbildern rede, dessentwegen den geraden Weg zu der Obrigkeit geloffen, und mit greinendem Maul den heiligen Peter angeklagt, R. Pater Prior, sagt er, eine saubere Zeitung! was da? auf solche Weis' kann ein jeder heilig seyn; was ist dann? jetzt sieht man, daß oftermal unter einem weißen Schnee ein wilder Misthaufen liegt; so sagt dann, was ist geschehen? was wollt geschehen seyn? nichts guts; hat etwann einer mit dem andern gezankt oder gerauft? das nit, ich muß es doch sagen, der Peter hat junge Menscher bei sich in der Zell. Holla! das ist ja nit möglich; Pater Prior, es ist gewiß, ich will darauf sterben; das wär eins aus der Tasche; der gottselige Peter wird alsobald berufen, und ernstlich befragt, ob er einmal Weibsbilder in seiner Zell habe gehabt? der heilige Mann wollte aus lauter Demuth nit entdecken, daß öfters heilige und unsterbliche Jungfrauen aus der Zahl der Auserwählten vom Himmel herab zu ihm kommen, dahero mit allem Stillschweigen sich auf die Erd niedergeworfen, und zu allem sich gedemüthiget; der Pater Prior war scharf, fast wie der Esau, so auch ein grober Prior war, qui Prior egressus est, rufus erat, et totus in morem pellis hipidis; dahero alsobald den heiligen Peter gleichsam verbannisiret in das Convent zu Jesi, woselbst der beste Religios nit ein wenig bedauert, daß er so spöttlich um seinen ehrlichen Namen kommen; als er aber einmal in der Kirche vor dem Crucifixbilde bei nächtlicher Weil sein eifriges Gebet verricht, beinebens aber [267] nicht konnte vergessen die Unbild, so ihm geschehen, ja sich thät beklagen; o mein Gott, sprach er, du weißt selber, daß ich unschuldig bin, und nichts Böses verwirkt hab. Worauf das Kruzifix in diese Wort ausgebrochen: et ego Petre, quid mali feci etc., und ich Peter, was hab ich dann Uebels gethan, daß man mich nach so unsäglichen Peinen gar hat an den schweren Kreuzbaum aufgenaglet? so lerne dann nach meinem Exempel alles geduldig zu leiden.

Nachdem der David dem Uriä ein lateinisch Ypsilon auf den Kopf gesetzt, als wäre der gute Mann Urias in dem Zeichen des Widders geboren, so wollt er solche seine Unthat verblümlen, ruft demnach den Urias aus dem Feld von der Armee, gibt ihm überaus gute und freundliche Wort, traktirt ihn stattlich zu Hof, und sagt ihm nachmals, er soll zu seiner Frau nach Haus gehen, und sie freundlich bewillkommen. Aber Urias thät solches nicht; den andern Tag wollt ihm der David einen guten Rausch ansaufen, gedacht wohl, daß Vinum und Venus sich mit einander wohl vergleichen, aber der Urias ging mehrmal nit nach Haus, sondern hat geschlafen unter freiem Himmel; warum dieß? sagt David, was ist das für eine Manier? darauf Urias geantwort, wie daß es sich nicht reime, dann die Arche des Herrn ganz Israel, und forderist der Kriegsfürst Joab seyn im Feld, stehen viel aus, und ich als ein geringer Diener soll unterdessen in linden Federn schlafen, und mir gute Täg anthun, das schickt sich nit, das schickt sich gar nit, das soll nit seyn, das wird nit seyn. Ich bin nicht besser als mein Herr.

[268] Der Heiland selbst, Jesus Christus selbst, der Schöpfer und Erlöser selbst, hat drei und dreißig Jahr gelitten, hat schon in Mutterleib gelitten, und wie etliche Contemplanten davor halten, ist er kreuzweis in Mutterleib gelegen; ja das ganze Leben Christi war nichts anders, als ein stetes Kreuz und Marter, und du, und du wolltest gute Täg haben? der Patienz dasMuß ins Gesicht werfen, und nit das geringste Kreuz tragen? es muß doch seyn, du tragst es wegen Gott oder des Satans.

Fünftausend Männer neben sehr viel Weibern und Kindern seynd Christo dem Herrn nachgefolgt in die Wüste, und seine göttliche Lehr mit größtem Eifer angehört, welche nachmals der Heiland wunderbarlicher Weis' mit fünf Brod und zwei Fischen gespeist hat. Unter diesen seynd nit lauter Schuster und Schneider und andere gemeine Leut gewest, sondern es ist glaublich, daß auch Edelleut, Damasen und Fräulen, wenigst Sekretari-Frauen, Kaufmannstöchter dabei sich eingefunden. Aber wie kommts, daß solche nit in Karossen und Kutschen gefahren? bei jetziger Zeit muß man schon einspannen und fahren, wann die Kirche nur über die Gasse steht; allhier wird geantwort, daß solchen Leuten an dergleichen Wägen und Gelegenheiten nichts hätte gemanglet, allein sie sahen, daß unser Herr zu Fuß gangen, derentwegen haben sie sich geschamt, daß sie sollten reiten oder fahren.

Merk solches wohl, mein heiklicher Christ! unser Herr, unser Gott, unser Erlöser hat gelitten, hat drei und dreißig Jahr gelitten, hat mehr als alle Menschen gelitten, und du willst besser seyn, als er? [269] pfui, scham dich, der heilige König Ludovicus hat dessentwegen schier einen kleinen Schimpf bekommen von einem Türken und unglaubigen Heiden; dann wie besagter heilige König gefangen worden von denen Saracenern, und in der Gefängnuß wegen der eisernen Bande etwas traurig oder bestürzt war, so hat ihm der Türk gesagt, wie daß er sich sehr wundere, indem er einen Gott anbetet, so am Kreuz hangt, daß er sich wegen der eisernen Bande möge beklagen. Ja es bezeugt der heilige Vater Augustinus, daß die Manichäer niemal auf etwas anders gelegen und geschlafen, als auf hartem Meerrohr, aus Ursachen, weil Manetes oder Manes ihr Haupt mit einem solchen Rohr von Persiern ist geschunden worden. Und soll uns dann das Leiden Jesu Christi nit schamroth machen, wann wir wollen so heiklich seyn, und sogar nit den geringsten Schiefer tragen von seinem schweren Kreuzbaum?

Die Lagi hat dem Iscarioth ein Guraschi gemacht, daß er endlich hingangen zu den Häuptern der Juden, und forderist zu der Priesterschaft, und ihnen den Kauf anerboten, was sie ihm wollten geben, wann er den Jesum von Nazareth wollte verrathen und überantworten; weil sie ihm dann eine Discretion dem undiscreten Bösewicht offerirt, benanntlich dreißig Silberling, also ist er ganz unverzagt mit Soldaten, Schergen und etlichen Bändel Galgenvögel in den Garten Gethsemani getreten, daselbst den Herrn Jesum mit einem Kuß verrathen; nach solchem aber ist er alsobald in eine Melancholei gerathen, und öffentlich [270] bekennt, daß er habe unrecht gethan, indem er das gerechte Blut verrathen.

Warum aber daß Judas vorhero so voller Guraschi, anjetzo aber so voller Furcht und Trauren? der h. Hieronymus beantwortet es, daß Judas den Herrn Jesum vor keinen Gott gehalten, sondern er der Meinung gewest, als habe er solche Wunder nur gewirkt durch Zauber- und Hexenkunst, und folgsam unsern Herrn vor einen Teufelskünstler gehalten. Wie er aber dem Herrn in dem Garten den Kuß geben, so hab er einen göttlichen Glanz aus den Augen Christi, und göttliche Strahlen aus dem Angesicht Christi vermerkt, dahero gesehen, daß er ein wahrhafter Gott sey, wessenthalben er nachmals verzweiflet. Wie daß aber dazumal der Heiland solche Strahlen in seinem allerheiligsten Angesicht gezeigt? frag nit lang, es hat solches alles verursacht die große und übermäßige Freud, welche er dazumal gehabt, indem er gesehen, daß nunmehr die Zeit komme, da er für die Menschen kann leiden, ja er hat die drei und dreißig Jahr auf Erden niemal gesungen, außer kurz vor seinem Leiden, hymno dicto, bevor er in diesen Garten getreten, dadurch zu zeigen, daß er mit Lust und Fröhlichkeit sein bitteres Leiden für uns antrete, und du Mensch, ich kann dich schier keinen Christen nennen, und du Mensch willst nit das Geringste leiden wegen seiner? dir ist eine jede Unzen Trübsal fast ein Zentner schwer? und du gibst der Patienz einen so groben Nasenstieber? und du zu der geringsten Widerwärtigkeit rumpfest die Stirn? seufzest im Herzen? klagst im Maul? pfui! trag lieber alles mit Geduld, trag [271] es wegen Gott, trag es zur Buß deiner Sünden, trag es wegen der Belohnung, du mußt es ohnedas tragen, es ist ein Muß. Der Raphael hat dem Tobiä befohlen, er soll den Fisch aufmachen, exentra hunc piscem, denselben ausweiden, und die Gall heraus nehmen; mach du der Welt, und alles was in der Welt, recht auf, schau, wie alles einwendig beschaffen, so wirst du fast nichts anders finden, als lauter Gall, lauter Bitterkeit, lauter Kreuz, und das muß ein jeder leiden; ei Patientia, so komm dann herzu, das Muß ist für dich aufgetragen, das ist ein Essen für dich, laß alles Gesottene und Gebratene stehen, und greif da zu, es wird dir ein guter Trunk darauf schmecken, inebriabuntur ab ubertate domus tuae. Nie ein Glied am ganzen Leib hatte der Job, welches nit voller Presten, Geschwür und Krankheiten, allein das Maul ist frisch und gesund geblieben, wie er selbst bekennt, nur damit er das Muß, so ihm Gott angericht, möge wacker ausessen.

Der Tobias in dem alten Testament war ein Mann, in dem nichts, als die Heiligkeit zu sehen war; neben andern guten Werken war forderist bei ihm die Lieb des Nächsten, indem er mit eignen Händen, auch mit eignen Unkosten, die Todten begraben. Hier kann ich nit umgehen ein gewisses Gedicht, wodurch die Lieb des Nächsten ziemlich gepriesen wird. Es seynd auf eine Zeit die Bäume in einer gewissen Gesellschaft zusammen kommen, wobei ein jeder seine guten und herrlichen Qualitäten hervor gestrichen. Ich, sagte der Oelbaum, trag eine stattliche Frucht, daß [272] ich die ganze Welt mit Schmiralien besteche, und ist Niemand, der mir deßwegen nit mit schmutzigem Maul danken thut. Ich, sagte der Feigenbaum, bin so keck, daß ich auch großen Fürsten und Herren die Feigen zeig, und werd ich allemal präfekt unter dem Confekt seyn. Ich sagte der Nußbaum, trag eine gute Frucht, daß man mir allerseits mit Prügel nachstellt, auch bewahrt keiner seinen Kern so gut, wie ich; was? sagt der Apfelbaum, mir laß ich an meiner Prärogativ nichts nehmen, dann ich und kein anderer ist gewest, welcher dem ersten Menschen also gefallen. Wie sie nun also mit einander disputirten fast um das Majorat, wie die Apostel, da nehmen sie wahr, daß auch die Hopfenstange sich unter ihnen befind't, pfui Teixl, sagten die Bäume, daß sich dieser Lumpenhund in unsere Gesellschaft mischt! schau, schau, daß nit die Hopfenstange auch unter die ehrlichen Bäume gehöre, fort mit ihr zum Feuer etc.; gemach, gemach, sagt die Hopfenstange, es ist zwar wahr, und kann es nicht läugnen, eine blosse, eine arme, eine nackende Tröpfinn bin ich, ich bestehe es, eine Frucht trag ich nit, wie ihr, es ist nur gar zu wahr, aber das thue ich, meinem Nächsten helf ich; der Hopf, der arme Tropf, mit samt seinem bittern Schopf, müßte zu Grund gehen, wann ich nit wär, also helf ich ihm, als meinem Nächsten. Worauf ist erkennt worden, daß auch dieser unter die Zahl und Gesellschaft der ehrlichen Bäume könne gezählt werden.

Wahr ist es, daß mancher vor unserm Herrn, in Mitte der fruchtbaren Bäume und großen meritirten Heiligen stehen wird am jüngsten Tag, und bekennen, [273] ja, mit solcher Frucht kann ich nit prangen, wie diese, so rein und unbefleckt nit, wie Antonius Paduanus, so eifrig im Gebet nit, wie Franciscus Seraphicus, so stark im Fasten nit, wie ein Pachomius, wenig dergleichen, ja schier gar nichts, aber das bisweilen hab ich, wie die Hopfenstange gehabt, hab zuweilen meinem Nächsten Hülf geleist, und ihm aufgeholfen, bin den kranken Leuten mit Rath und That an die Hand gangen; hab ein armes Kind und Waisel auferzogen, und in Summa, dem Nächsten etwas Gutes gethan; ei, so wird Gott auch sagen, der hat das ganze Gesetz erfüllt, dann er hat seinen Nächsten geliebt, wie sich selbst.

Ein solcher ist gewest der Tobias in dem alten Testament, welcher in allweg sich beflissen, dem Nächsten zu helfen und beizuspringen. Wie dieser auf eine Zeit ganz matt und müd nach Haus kommen, und sich daselbst, seine kraftlosen Glieder zu erquicken, auf der Bank niedergelegt, und eingeschlafen, da ist ihm das warme Koth von den jungen Schwalben auf die Augen gefallen, wovon er stockblind worden, und das hat Gott mit allem Fleiß zugelassen, dann er ist eine Ursach alles Uebels, außer der Sünd, auf dem ganzen Erdboden; was hat aber Tobias dessentwegen gethan? wann das dir wäre geschehen, gelt du hättest viel tausend (Saccarum heißt ein Zucker) gescholten, du hättest die Menscher lassen zum Teufel jagen, um weil sie die Nester nit haben herunter gestochen, du hättest lassen die nächste beste Stange nehmen, und zu Trutz aller Piquenirer diese Nester lassen herab werfen; das hättest du etwann gethan, aber Tobias nit, [274] das geringste nicht dergleichen, sondern er gedacht, geschehen ist geschehen, ich kanns nit mehr ändern, ich muß schon also blind bleiben, will es also lieber mit einer Geduld leiden, ich dank Gott noch, daß er mir die Gelegenheit gibt, seinetwegen etwas zu leiden, ist doch dieß der rechte Weg in Himmel.

In dem Leben des h. Theodulphi wird registrirt, wie daß er einmal von seinem Kloster aus an einen gewissen Ort sey verreist, unterwegs aber hab er einen Bauern angetroffen, welcher den Pflug führte; als aber der h. Mann wahrgenommen, daß der Bauer auch den offnen Weg und Straßen durchackerte, ei, sagte der h. Vater zu ihm, mein Bauer, das ist nit recht, daß du den Weg so hart und grob machest für die armen Reisenden, und nach solcher Ermahnung geht der h. Mann ferners seinen Weg weiter; in der Zurückkehr trifft er mehrmal den Bauern an, daß er durch den Weg die Furchen geführt, worauf er alsobald den Bauern beim Schopf genommen, hab ich dich dann, sprach er, dessentwegen nit ermahnt? ich beschwöre dich bei diesem Kopf, du sollst den Weg nicht so grob und ungangbar machen; siehe Wunder! den Augenblick ist derselbige Schopf schneeweis worden, und so lang das Geschlecht derselbigen Bauern hat gewährt, sogar Kinder und Kinds-Kinder haben einen solchen weißen Schopf, wie ein Geisbart, zur ewigen Gedächtnuß getragen.

Der h. Theodulphus wollt keinen harten, rauhen und schroffigen Weg leiden, aber Theos, oder Gott hat keinen andern, als einen harten, wilden, steinigen und verdrießlichen Weg gemacht in Himmel, violenti[275] rapiunt illud. Nachdem der gottlose König Herodes den Jakobum aus dem Weg geraumt, und beinebens wahrgenommen, daß hiervon das gesamte Volk ein sonders Wohlgefallen hatte, also ist auch sein Befehl ergangen, man solle den Peter auf gleiche Weis' in Verhaft nehmen, welches auch geschehen; wie aber des andern Tags Petrus auch sollte hingerichtet werden, also hat Gott der Herr die Nacht vorhero einen Engel geschickt, welcher dieses Haupt der Apostel von eisernen Banden erlöset hat, und aus der Gefängnuß geführt; sie gingen aber durch die erste und andere Wache, und kommen zum eisernen Thor, welches zu der Stadt führet etc., welches wohl in Obacht zu nehmen, daß Petrus durch kein anders Thor in die Stadt Jerusalem kommen, als durch das eiserne Thor; auf gleiche Weis' kommt Niemand, merks wohl, Niemand kommt in die obere glorreiche Stadt Jerusalem, es sey dann, er gehe vorhero durch das eiserne Thor, das ist, durch harte Trübsale und Widerwärtigkeiten, durch hartes Leiden, durch harte Bußwerk; das Reich Gottes wird von Christo dem Herrn selbst verglichen einem Sauerteig, nit einem Zuckerkandl, oder wann es dir beliebt, vergleich es den sauern Tägen, dann mit guten und süßen Tägen hat es noch Niemand erworben. Das Himmelreich ist gleich einem Senfkörnel, beiß in dieß, so wirst du erfahren, daß dir die Augen werden übergehen. Es steht ein Engel vor dem Paradeis mit einem feuerflammenden Schwert, und nit mit einem Fuchsschweif; Christus Jesus hat seine Glorie gezeigt den dreien Apostlen auf dem Berg; willst du, will er, wollet ihr, wollen sie die ewige [276] Glorie erreichen, so heißt es bergauf, das ist, mit Kreuz, Leiden, Mühe und Arbeit.

Eine alte Mutter hat einsmal eine sehr lehrreiche Predigt gehört von der Prädestination und Vorsehung zu der ewigen Glorie, wessentwegen sie nit in geringer Sorg und Kummer gestanden, ob sie auch an ihr möcht haben ein Zeichen der ewigen Auserwählung; dahero, dessen Gewißheit einzuholen, ist sie zu dem Prediger gangen, ihm ernstlich seine bishero gehabte Predigt sehr hoch vorgestrichen, nachmals verlangte sie mit so inständiger Bitt, er woll ihr doch zu ihrem sondern Trost sagen und entdecken, ob sie auch prädestinirt, und zur ewigen Seligkeit vorgesehen sey oder nit; der gute Prediger entschuldigte sich auf alle Weis', wie daß solches allein dem Allmächtigen Gott bewußt sey, noch könne sich ein Mensch unterstehen, die Urthel Gottes und geheimen Anschläg zu erforschen, allein, sie solle ferners in ihrem guten Wandel fortfahren, in der Furcht Gottes leben, die Gebot emsig halten, sodann werde es an der Barmherzigkeit des Allerhöchsten nit manglen etc. Meine Alte wollte mit solcher Abfertigung nicht befriediget seyn, halt demnach noch inständiger an, er woll sie dasmal nicht trostlos von sich lassen, dann sie gar keine Ruhe in ihrem Herzen könne finden, bis sie wisse, daß sie ein Zeichen der ewigen Auserwählung an ihr habe; ja, er habe hierin ein schweres Gewissen zu sorgen, dafern aus ihrer Kleinmüthigkeit sollte einiges Unglück erfolgen, dann was seynd die Geistlichen anders, als wachsame Seelensorger und Hirten, denen da hart obliege, damit nit ein Schäfel irr gehe, [277] und in den Rachen des höllischen Wolfs gerathe etc. Der gute Prediger wußte nicht, wie er doch dieser möchte los werden, weil dero ungestümes und ungereimtes Begehren gar nit konnte begnügt werden; damit er dann solcher verdrießlichen Audienz ein Ende mache, so schafft er ihr, sie soll das Maul aufsperren, welches dann sie unverzüglich vollzogen, da nun der Prediger und bescheide Pater wahrgenommen, daß sie weniger Zähn im Maul, als ein Laubfrosch, Allegro! sagte er, Mutter, ihr seyd prädestinirt; warum? aus was er solches erkenn? aus dem, gab er zur Antwort, weil ihr keine Zähn mehr im Maul habt, dann es steht geschrieben, daß in der Höll werde seyn ein Heulen und Zähnklappern, weil ihr aber die Zähn schon alle verloren, so ist es ein Zeichen, daß ihr dahin nit werdet kommen, und folgsam ein Kind der Seligkeit werden. Lächerlich ist dieses, hab es aber nit allhier beigefügt, als soll hierdurch der h. Schrift der mindeste Schimpf geschehen; da behüt mich Gott, noch wollt ich auch nit, daß durch solches dem würdigsten Alter sollt eine Verachtung erwachsen, sondern nur zu stillen diejenigen sträflichen Vorwitz, welche kurzum wissen wollen, ob sie prädestinirt seyn, wie dann dergleichen Grippler und Angst-Hasen nit wenig gefunden werden.

Damit ich aber dir und andern allen Ernst und Wahrheit andeute, ob du an dir habest ein Zeichen der Prädestination und Auserwählung, so schaff ich dir gleichmäßig, mache das Maul auf, und so ich gute, frische, starke, schöne, scharfe Zähn darin sehe, allo! sprich ich, du bist prädestinirt, das kenn ich aus [278] den guten Zähnen, dann es muß einer gute Zähn haben, der will in Himmel kommen, er muß gar oft in eine harte Nuß beißen, er muß manche harte Brocken schlücken, er muß manche harte Injuri und Schmach verbeißen. In dem hohen Lied Salomonis begehrt die himmlische Braut, der Bräutigam wolle ihr doch einen Kuß geben mit einem gütlichen Lefzen, osculetur me osculo oris sui etc. In der Offenbarung Joannis aber zeigt sich Gott mit einem zweischneidigen Schwert aus dem Mund, der also will kust und geliebt werden, der muß vorhero verwundt werden; er setzt das Hängen vor dem Schenken, er setzt das Betrüben vor dem Lieben, er setzt die Dörner vor die Körner, er setzt das Getümmel vor dem Himmel, er setzt das Leiden vor den Freuden, Regnum Coelorum vim patitur.

Jonas, der Prophet, und nachmals ninivitischer Bußprediger, hat die wunderbarlichste Schifffahrt vollbracht unter allen Adamskindern, da er nemlich in dem nassen Arrest des großen Wallfisch inner 3 Tagen und Nächten eine wunderweite Reis' zu Meer gemacht, dann bei dem Städtl Joppen, in Palästina gelegen, hat ihn gedachter Wallfisch geschlückt, und erst bei dem Gestad des euxinischen Meerhafens ausgeworfen, nach Zeugnuß des Josephi Hebräi; woraus folgt, daß der Wallfisch mit ihm in einer jeden Stund vier deutsche Meil geschwummen, und also durch ganz Asia, Konstantinopel vorbei, bis in Thraciam, daß er also 250 deutsche Meilen in diesem Fischer-Arrest gereist ist; aber wie ist er so wunderbarlich davon kommen? wie hat er so wunderbarlich das Gestad [279] erreicht? wie? die frommen Contemplanten antworten, daß er im Wallfisch die beeden Arm kreuzweis habe ausgestreckt gehalten, und vermittelst dessen sey er der Gefahr entgangen, und zum Gestad kommen. Sey dem wie ihm woll, gewiß ist es doch, daß Niemand zum Gestad der Seligkeit komme, der nit das Kreuz für ein Mittel braucht, dann Kreuz und Leiden hier auf Erden, ist ein Zeichen selig zu werden. Ei wie sauber ist derselbige unsaubere Kerl zu der Thür hinaus geworfen worden, der ohne hochzeitliches Kleid auf dem Saal erschienen. Händ und Füß seynd ihm gebunden worden, und hat er die äußerste Finsternuß für ein Losament bekommen, der Trampel hätt ja sollen ein hochzeitliches Kleid anhaben. Das Himmelreich ist gleich einer königlichen Hochzeit, wozu aber Niemand gelassen wird, der nicht mit einem hochzeitlichen Kleid pranget. Erstlich muß er ein gutes Göller haben von Elendleder, gefüttert mit Bernhäuterzeug, das ist, er muß Elend und allerlei Schmach geduldig um Jesu Christi willen leiden; ist es aber ein Weibsbild, so muß sie in lauter Puffi aufziehen; die Kaufleut nennen einen gewissen Zeug Pussi, das ist, sie muß einen manchen Puff ausstehen, doch alles mit Geduld übertragen, und ihr Kreuz dem Kreuz Jesu Christi zugesellen, sonst kann es nit anderst seyn; den Himmel kauft man mit keiner andern Münz, als mit Kreuzer, den Himmel sperrt kein anderer Schlüssel auf, als ein Kreuz-Schlüssel; mit dem Himmel hat es fast eine Beschaffenheit, wie mit dem Herzogthum Kärnthen, dasselbe hat vor Jahren kein Herzog können antreten, er habe dann zuvor eine Maultasche [280] ausgehalten; der Himmel hat die Eigenschaft, wie das Manna oder Himmelbrod bei den Israelitern, welches nit gefallen, es sey dann zuvor der Himmelthau gelegen; Zäher und Thränen müssen eine Vigill seyn der Seligkeit. Petrus ist mit allem Fleiß mit den Füßen über sich gegen Himmel gekreuziget worden, weil er die Schlüssel zum Himmel hatte, wollt er hierdurch zu verstehen geben, daß man auf solche Weis' in Himmel gehe. Moses wohin? zum brennenden Dornbusch, dann Gott wohnet darin, bei Leib nit, hat es geheißen, zieh zuvor die Schuh ab, und tret in die Dörner. Peter, was willst anfangen? drei Tabernackel auf den Berg Thabor machen, und ewig an diesem glorreichen Ort wohnen; o wie läppisch, verzeihe mirs, du willst den Himmel genießen, und hast doch nichts gelitten, das kann nit seyn.

Nachdem die Israeliter die Gesetz Gottes durch die Hand des Mosis empfangen, hat sowohl der, als sehr viel andere Israeliter, Gott den Herrn gesehen, unter dessen Füßen war ein Boden pflastert von lauter Edelgestein, und scheinte wie der helle Himmel; aber gemach, diese Gnad ist ihnen umsonst nit geschehen, sie haben vorhero müssen in Egypten erschrecklich geplagt werden im Ziegelmachen, also zwar, daß derjenige, so die gewissen und ihm vorgeschriebenen Ziegel nit verfertiget, so viel Puffer hat müssen aushalten, wie viel ihm abgangen, seynd also die harten Ziegelstein gangen vor den Edelgesteinen, Leiden geht vorn Freuden, Schmerzen vor dem Scherzen, Glut vorm Gut, Schuß vorm Kuß, Streich vorm Himmelreich.

[281] Wohlan dann Patientia! willst nicht einmal Hunger leiden, wie die Hund in jener Welt, samem patientur ut Canes, so mußt du anjetzo keinen Grausen fassen an diesem Muß. Die Weiber pflegen sonst gern süße und verzuckerte Speisen zu essen, aber Surius schreibt von einer, der überaus wohl das Muß hat geschmeckt. Diese als eine adeliche Dama wurde von ihrem Mann sehr übel und hart gehalten; es seynd wohl zuweilen solche grobe Männer, welche fast mit ihren Weibern umgehen, wie der Wachter auf St. Stephansthurm zu Wien mit dem Breinglöckel, welches er alle Viertelstund pflegt zu schlagen. Es gibt wohl solche unartige Gesellen, welche ihre Weiber für eine Orgel halten, und glauben, sie müssen immerzu denTremulenten darauf schlagen; es seynd freilich gar oft solche Gispel anzutreffen, welche ihre Weiber traktiren, wie der Balaam die arme Eselin, dero sich auch ein Engel wegen der unverschuldten Stöß angenommen; diese obbesagte Dama wurde sogar von ihrem tyrannischen Mann wie eine Gefangene eingesperrt, und täglich gar mit wenig Wasser unb Brod gespeist, neben diesem allezeit eine gute Pfanne vollMuß wurde ihr aufgetragen, dann es sah die tugendliebende Frau, daß sie es doch nit ändern könne, und also leiden muß; so sey es dann, gedacht sie, dieß Kreuz hat mir Gott auferlegt, so will ich es gern und urbietig tragen, sehe ich doch die Fußstapfen meines Herrn Jesu, wo, und wie er mit seinem Kreuz vorgangen. Nachdem sie nun durch Hunger und Drangsal also ausgemerglet war, daß sie endlich in dieser ihrer Gefängnuß todt verblichen; sodann hat man mit [282] aller höchster Verwunderung gefunden, daß die Ziegelstein, worauf die bedrängte Dama ihre Füß gehalten, in lauter Gold und Diamant seynd verkehrt worden, wodurch leicht abzunehmen war, daß diese durch ihre so geduldig erlittene Trübsal ein Kind der Seligkeit worden. Ist halt noch wahr und bleibt wahr, was Paulus mit Barnaba in der Stadt Terben geprediget hat,daß wir durch viele Trübsale zum Reiche Gottes eingehen müssen.

O Vater Elias, o heiliger Vater! wohin so stark mit Roß und Wagen? wohin so schnell mit der feurigen Post? ei das ist eine stattliche Karoza, im Winter wäre es gut also fahren in einem feurigen Wagen, so thät einem nit frieren. Wohin dann so geschwind, wie der Wind? in Himmel, sagt Elias, in Himmel hinauf: viel Glück auf die Reis', so sehe ich wohl, fahrt man auch auf Karozen in Himmel, ascendit Elias in coelum. Auf solche Weis haben die Edel-Leut gute Täg; aber wie der große wunderthätige Mann zu dem Himmel kommen ist, da hat man ihm die Thür vor der Nase zugeschlagen, und ist der Befehl ergangen, er soll sich unter der Zeit in dem irdischen Paradeis aufhalten, bis zur Ankunft des Antichrist, dazumal soll er mit dem Enoch wider diese Bestia und Abentheuer predigen, nachmals in der Stadt Jerusalem umgebracht werden, drei Tag und einen halben auf öffentlicher Straße unter freien Himmel unbegraben liegen, nachgehends wird ihm erst der Passaport vom Himmel eingehändiget werden, ascendite huc. Er soll mit seinem Kameraden hinaufsteigen. Auf solche Weis fahrt mit Roß und Wagen [283] nit in den Himmel, freilich nit, der lauter gute Tag und freudenvollen Wandel führt, der kommt nit dahin.

Joannes der Evangelist war auf eine Zeit gar in das Paradeis hinauf verzuckt, allda sahe er eine unzählbare Menge und Anzahl der Heiligen und Auserwählten, unter welchen ein sehr alter und eisgrauer Patriarch ihn befragt, wer diese seyn? worauf Joannes die Achsel geschupft, als weiß ers nit, überdieß hat der Alte ausgesagt, isti venerunt ex magna tribulatione. Diese seynd kommen aus einer großen Trübsal. So hör ich wohl, kommt keiner in die obere Stadt Jerusalem er sey dann Burger in der Stadt Leiden gewest? ja keiner, keiner soll verschont werden, aus dessen Stirn nit das T, das Kreuzzeichen gefunden wird, wie Ezechiel geschehen? ja keiner, keiner soll belohnt und baar ausbezahlt werden, der nit vorhero steif geschwitzt, und gearbeitet hat in dem Weingarten? ja keiner. Keiner soll ein Freund Christi seyn, der ihm nit mit einem guten Trunk bescheid thut aus dem Kelch seines Leidens? ja keiner. Keiner soll dem höllischen Pharao entgehen, er nehme denn seinen Paß durch das rothe Meer des Leidens? ja keiner. Keiner soll zu demjenigen kommen, welcher für uns gelitten hat, der nit auch in Leiden gewest ist? ja keiner. Keiner? ja keiner. O meine lieben Christen, die ihr allein dahin trachtet, damit es euch wohl gehe, ihr vornehme Kavalier und Herrn, die ihr die geringste Schmach nit könnt verdäuen, ihr heigle Damasen und Frauenzimmer, wann euch nur ein Mucken verletzt, so muß ein Spannen breites Pflaster aufgelegt [284] werden, ihr alle, wo werdet ihr hinkommen? glaubt ihr, ohne Leiden, ohne Kreuz, ohne Geduld erhalten die göttliche Huld, bezahlen eure gemachte Schuld? das nit, das gar nit, das in Ewigkeit nie, das so wenig nit, als Gott nit kann die Unwahrheit reden, der da gesagt hat: wer sein Kreuz nit tragt und mir nit nachfolgt, der ist meiner nit werth.

O meine schöne Patientia, so bist du dann weit eine bessere Portnerinn, als diejenige, so den Petrum zu seinem höchsten Schaden und Rachtheil nach Hof eingelassen, indem du die Schlüssel zum Himmel hast, und allein deine guten Freund und Freundinn hineinführest, weil dem also, so will ich dich gern und urbietig, zu einer Merenda und Jausen einladen, gib mir nur dasmal keinen Korb, das ganze Tractament wird in einem Muß bestehen.

Ein römischer Pabst und Statthalter Christi auf Erden Muß viel leiden, dahero allen Apostlen die Instrumenten ihres Leidens und Marter werden zu-und beigesetzt, sowohl von Bildhauern, als Malern; dem heiligen Petro aber wird niemal das Kreuz, woran er gelitten, als wie dem heiligen Paulo das Schwert beigesetzt, sondern nur und allein die Schlüssel, dadurch zu zeigen, daß sein hohes Amt, so durch die Schlüssel entworfen wird, seye dem heiligen Pabst eine große Marter genug gewest, das Wort Pontifex hat doch den Namen a Ponte, von der Brücke, welche ein eigentliches Sinnbild eines römischen Pabstes, massen dieser auch wie eine Brücke durch Jedermann zu dienen sich selbst verzehren thut, das erfahrt sattsam unser annoch regierende [285] allerheiligste Vater Innocentius der Eilfte, der nit allein in der Zahl XI ein Kreuz führt, sondern auch in seiner höchsten Amtsverwaltung; weil es aber um eilf Uhr Mittag ist, also ladet Innocentius der Eilfte die werthiste Patientia zum Mittag-Essen und verzehrt das Muß mit ihr. Wohl wissend, daß unser lieber Herr Jesus Christus seine Schäfel, die er einmal am Jüngsten Tag auf die rechte Seite stellen wird, allzeit mit einem Kreuz bezeichne, damit sie von andern erkennet werden.

Ein römischer Kaiser und großmächtiger MonarchMuß viel leiden, dann ja bei dem Reichstag der Bäumer nach laut heiliger Schrift, das Impera nobis allein hat angenommen die Dornstaude, woraus genugsam und fugsam zu nehmen ist, daß Imperator nit in Rosen sitzt, sondern in Dörnern. Das hat bishero heftig erfahren unser allergnädigster und unüberwindlichister Kaiser LEOPOLDUS Primus, dessen Durchlauchtiges Haus, fast dasjenige hat ausgestanden, was da gelitten hat das Haus des ältisten Jobischen Sohns in domo fratris sui primogeniti, welches von allen Orten und Ecken ist feindlich angegriffen worden. Aber LEOPOLDUS kunnte nie allein essen, es schmeckt ihm nit, wann er ganz allein sollt bei der Tafel sitzen, sondern allemal die Patientia neben seiner gesetzt, und mit ihr manches Muß schon ausgeessen; er weiß allergnädigst wohl, daß auch der Egyptische Joseph hat vorhero müssen hinunter, ehe und bevor ihm Gott hinaufgeholfen, so ist auch dem Jacob die Aurora nicht aufgangen, bis er genug gestritten hat gehabt.

[286] Eine geistliche und weltliche Obrigkeit muß viel leiden; und foppen die ungestüme und unverschamte Winde vielmehr den Gipfel, als den untern Stamm, auch muß der obere Theil eines Gebäu oder Dachs so insgemein der Fürst genennt wird, meistentheils von den Vögeln entunehrt werden. Samson hat die Stadt-Porten zu Gaza sammt allen Eisen auf die Achsel genommen, und auf einen hohen Berg getragen. Ist ungewiß, ob nit einer Obrigkeit eine größere Last auf die Achsel geladen ist. Die oberste Note in der Musik ist das la, also gemeiniglich in einer Hoheit ist nichts als la labor, lacrimae lamentatio etc., die gute Kinder der Propheten haben auf Befehl des Elisäi sollen Kräuter suchen, weil sie aber nur die Größe der Blätter angeschaut, also haben sie nichts als Bitterkeit darin gefunden, Mors in olla. Deßgleichen er bei großen Aemtern auch je und allemal eine große Bitterkeit; je vornehmer ein Fest je mehr thut man läuten, je vornehmer eine Obrigkeit, je mehr muß er leiden, glaub also, das Officium habe seinen Namen her vonofficere, aber eine wohlverständige Obrigkeit soll niemal ohne Gäst seyn, und wohl in Acht nehmen, daß die Patientia auch an einem Fasttag nit von der Tafel bleibe, sondern immer und allzeit mit ihr das Muß verzehre. Dann ja wahr ist, der zum Gestatt der Seligkeit durch das bittere Meer dieser Welt schwimmen will, daß er die Arme kreuzweis ausspanne; ein Geistlicher und forderist eine Ordensperson muß viel leiden.

Des heiligen Nikolai Diakonus hat zwei Eseln, einem schwarzen und einem weißen die abgehauten[287] Köpfe wieder aufgesetzt; weil es aber im Finstern geschehen, also hat er einen Fehler begangen, und dem schwarzen dem weißen, dem weißen aber den schwarzen Eselskopf aufgesetzt, daß also zu Morgens ein jeder mit einem besondern Kopf ist gefunden worden. Im Kloster gehet es nicht viel anders her, dort setzt man auch einen andern Kopf auf, als wie er in der Welt hat gehabt. Zu Thebes hat ein Weib dem Abimelech mit einem Stein den Kopf zerbrochen. Im Kloster bricht man einem den Kopf wohl öfter; der hellige Petrus hat nach empfangenem Verweis sich urbietig anerboten, nicht allein die Füße waschen zu lassen, sondern auch den Kopf; aber im Kloster wascht man wohl öfter einem den Kopf. Bei dem Evangelisten Matthäo findet man am 28. Kapitel, bei dem Evangelisten Marco am 16. Kapitel, bei dem Evangelisten Luca am 24. Kapitel, bei dem Evangelisten Joanne am 21. Kapitel; es ist aber ungewiß, ob man nit bei manchem Religiosen mehr Kapitel findet, die Filz will ich gar nit zählen; in summa, das Leiden ist sowohl in summo, als subdito Religioso. Aber diesem soll das Muß wohl schmecken, und da er sonst mit den Weibern wenig Bekanntschaft hat, so soll er doch allemal die liebe Patientia nit von sich lassen, und nit geizig seyn, wie die gemeinen Leut von Geistlichen ausgeben, sondern der Patienz auch etwas vonMuß vergunnen, in Erwägung, daß man nie sicherer in das obere Engeland schiffet, als mit dem Segelbaum des Kreuz.

Ein Mann muß viel leiden bei einem bösen Weib. Dem Joseph hat geträumt, als thue ihn die Sonn, der Mond und die Sterne anbeten und verehren; [288] durch die Sonne wurde der Vater, durch den Mond die Mutter, durch die Sterne seine Brüder verstanden, welche ihn künftiger Zeit sollen anbeten. So ist dann ein Mann die Sonne? ja, das Weib der Mond? ja, wohlan so schau in Kalender, dort wirst du antreffen, wann der Mond in einem üblen Zeichen ist, so ist nit gut Aderlassen; wann das Weib zuweilen in einem schlimmen Zeichen ist, und die Influenzen aus dem Maul gar zu widerwärtig seyn, so ist auch nit gut, daß man sie mit harten Schlägen traktirt, und bis auf das Blut verwundet; sondern sein rathsam, daß er solches Muß, weil man ihm doch nichts anders aufgesetzt, mit der FrauPatientia verzehrt, durch dero liebe Ansprach ihm leicht alle Mucken werden vergehen, forderist wann er zu Gemüthe führet, daß ihm dieses Kreuz zu seinem Heil von Gott seye geben worden, indem man ohne das nit kann in Himmel eingehen, als durch das Kreuz-Thor.

Ein Weib muß viel leiden bei einem bösen Mann. Die Statua oder Bildnuß des Königs Nabuchodonosor hatte ein Haupt von Gold. Es ist zwar, laut göttlicher Schrift, der Mann das Haupt des Weibs, aber leider gar oft nicht von Gold, sondern von Glockenspeis, welches sie aber nit sowohl leiden, als leiden muß. Es ist dem Jonas sogar nicht wohl ausgelegt worden, wie er sich also heftig erzürnet hat über den Wurm, so ihm aus göttlichem Befehl die Kürbisblätter abgebissen; gedenk nur mein Weib, daß dir dieser Mann, so ein lauterer Wurm, mit sonderm Fleiß von Gott ist geschickt worden, deine Geduld zu [289] prüfen: so laß dir dann dieses Muß schmecken, und so es etwann versalzen, so thue einen guten Trunk darauf von demjenigen Wein, der zu Kana Galiläa aufgesetzt worden, allda hat man den schlechten Wein vom Anfang geben, den besten aber auf die Letzt, also schickt Gott jetzt fein in dieser Welt einen sauren Wein, viel Kreuz und Leiden, welche sauer genug seynd, aber nachmal in jener Welt gibt er den besten Malvasier.

Vater und Mutter muß viel leiden wegen der Kinder. Gott der Allmächtige hat dem Patriarchen Abraham versprochen, daß er ihm wolle seinen Saamen vermehren, wie die Stern im Himmel, und wie den Sand auf Erden. Habt ihr das vernommen, liebe Eltern, Gott der Herr verheißt dem Abraham viele Kinder, aber nit alle wie die Stern, sondern auch eine wie den Sand. Gott gibt manchesmal den Eltern nit lauter gute, schöne, wackere Kinder, glänzend wie die Stern, sondern auch andere schlechte mangelhafte Kinder, wie der Sand, ja wo nichts als Schand und Unstern. Bei dem Tempel Salomonis waren alle Stein so gerad, so eben, so glatt, so recht, daß man gar keinen Hammer gebraucht, so geschlacht waren selbige Stein; aber unter den Kindern seynd zuweil grobe, so ungeschlachte, daß man besser sie konnte brauchen zu Tölpeln als zu Tempeln. Die israelitischen Mütter haben nit wenig bedauert, daß ihre gebornen Söhnel durch den tyrannischen Befehl des Pharaonis seynd ertränkt worden, vielen Eltern kommt es freilich hart an, wann sie einen Sohn haben, der sich alle Tag voll trinkt. Aber meine Eltern, weil ihr doch aus einer Schüssel esset, es wird [290] euch doch nit mehrer aufgehen, laßt die liebe Patientia auch zum Tisch sitzen, und mit euch das Muß essen, und wann etwann gar harte Brocken darin seynd, schiebt nur ihr's zu, sie hat gute Zähn. Gedenkt anbei, daß entweder euch Gott mit mangelhaften Kindern gestraft hat wegen euerer Sünden, oder aber geschieht solches aus anderen göttlichen und unerforschlichen Ursachen, welches aber alles zu euerm Heil gedeihen kann.

Der krank ist, muß viel leiden. Des Josephs seine Brüder haben gleichwohl in ihren Säcken Treid aus Egypten getragen, aber wir tragen öfters in unserem ledernen Sack, welches der menschliche Leib ist, kein Treid, sondern ein Leid, und wird solcher mehrmal über Nacht so wurmstichig, wie bei den Israelitern das Manna. Im A B C findt man nur ein W, aber in dem menschlichen Leib fast unzahlbare; jetzt erfahrt mans, daß das Obst, welches der Adam geessen, im Paradeis nit gesund gewest, sondern allerlei Krankheiten verursacht. Aber mein lieber Patient, du mußt in diesem Fall nach Galeni Aussag fein die Mäßigkeit in Speis und Trank halten, und den Tag nur etlichmal einen Löffel von diesem Muß essen, schau aber, daß die Frau Patientia deine Krankenwärterinn sey, du wirst ihrs wohl vergunnen, daß sie bei dir darf schmarotzen; der heilige Bischof Fulgentius hat einen solchen Appetit gehabt zu diesem Muß, daß er siebenzig ganzer Tag in größten Schmerzen nichts anders aufgeschrien, als Domine, da mihi modo hic patientiam et postea indulgentiam. Herr, [291] jetzt bitt ich dich um die Geduld, und nachmals um die Huld.

Ein Armer muß viel leiden. Wo Nix ist, auf Lateinisch, da geht es kalt her, wo nichts ist, auf Deutsch, da geht es kühl her. Das Weib in dem Evangelio hat das Licht angezündt, das Haus auskehrt, und endlich Geld gefunden, da hat man schon mit dem Congratulamini können aufziehen; aber wo ein Armer sucht, und nichts findt, da kann das Lamentamini nit ausbleiben. Bei den Armen ist der Mond im Abnehmen, und ist sein Beutel beschaffen, wie der schläfrigen Jungfrauen ihre Lampen, in denen kein Oel war, und folgsam nichts zu schmieren. Ein Schneck ist noch glückseliger, als ein armer Mensch, dann er hat aufs wenigst sein eigenes Haus, aber ein armer Lazarus muß vor der Thür liegen, und weiß dieser von demVacuo besser zu disputiren, als der beste Philosophus. Aber getröst mein armer Schlucker, weil du in dem Bettelsack nit allein etliche Stückel Brod tragst, sondern auch Mehl genug zu einem Muß; so laß dir solches schmecken, es ist wahrhaftig ein gesundes Essen, aber vergiß der lieben Haut, der Patientia nit, sie hat es schon mehrmal bekennt, daß ihr nichts bessers schmecke, als ein Bettlermuß; gedenk anbei, daß der Teufel den reichen Mann hab geholt, der arme geduldige Lazarus aber in den Schooß Abrahä getragen worden.

Derjenige muß viel leiden, der einen Krieg aussteht. Die Krüg auf der Hochzeit zu Kana Galiläa seynd durch ein Wunderwerk voller Wein worden, aber ein jeder Krieg ist voller Weinens und Klagens;[292] wer will's laugnen, daß Schwert und schwer nit befreundt seyn, wo Mars den Einzug hat, dort hat das Glück den Auszug, wo Mars niedersitzt, dort steht das Glück auf, nach dem Martium kommt allemal der April in das Glück. Bei Kriegszeiten wird die Kirche leer, und der Kirchhof voll; bei Kriegszeiten wird der Acker dürr, und der Gottsacker faist; bei Kriegszeiten wird die Flinten oder Büchsen gebraucht, aber die Sparbüchsen gespart; dahero haben die Lateiner nur höhnischer Weis' den Krieg Bellum genennt, wie man zuweilen auch den ärgsten Böswicht einen saubern Gesellen heißt. Bei Kriegszeiten ist alles theuer, Essen und Trinken theuer, das Muß allein ist wohlfeil, so seyd dann nit gesparsam ihr bedrängten Adamskinder, in diesem Muß beforderist, weil es Gott selbsten hat angericht; wohlauf Patientia, ist doch fast ein jeder, der dich zum Essen einladet, dann ein jeder gedenkt, daß es weit besser sey, allhier, als dorten gestraft werden, Herr, seynd wir doch deine Geschirr, und wann du solchergestalten an uns schlagest, so wollen wir nit scheppern, sondern einen guten Klang geben, wie der Job, und sprechen, der Name des Herrn sey gebenedeit.

So muß dann ein jeder Mensch leiden, er muß, er sey jung oder alt, er muß, er sey reich oder arm, er muß, er sey hoch oder nieder, er muß, er sey da oder dort, er muß, er fluch oder schelt, er muß, er sey schuldig oder unschuldig, er muß, er sey Geistlich oder Weltlich, er muß, er sey Mann oder Weib, er muß, er sey ein Deutscher oder Spanier, er muß, er sey ein Doktor oder ein Narr, er muß, er woll [293] oder voll nit, er muß, muß seyn, so sey's; herzu Patientia, weil ein Bissen der Schüssel, ich muß auch leiden, daß ein Schnarcher meine geringen Schriften schimpft; muß man leiden, so sey's gelitten, und mit Geduld gelitten, wegen Gott gelitten, mit unserm Heiland Jesu Christo gelitten, um die ewige Belohnung gelitten, darauf geessen Patientia, die Frau laß ihr's schmecken, wann die Schüssel aus ist, so richt man wieder an.

Judas der Erzschelm hasset das Wort Gottes
Judas der Erzschelm hasset das Wort Gottes, und hört nit gern die Predigten.

Nachdem der unverschamte Gast und treulose Apostel aus den gebenedeiten Händen seines göttlichen Meisters in dem letzten Abendmahl die himmlische Speis, benanntlich das Fleisch und Blut Jesu Christi empfangen, sodann hat er sich unverzüglich von dieser heiligsten Gesellschaft abgeschrauft, und sich aus dem Staub gemacht. Es hat ihn aber der leidige Satan, so unlängst vorhero in diesen Gefahren, zu solchem gähen Aufbruch veranlasset, und nach der heiligsten Kommunion ihm nichts anders in die Ohren geschrien, als presto, presto, fort, fort, Judas! auf, auf, Iscarioth! allo, pack dich Kamerad, fort, fort! allhier ist für dich kein Port, kein Wort, kein Ort, [294] kein Sort,presto, cito, citissime! Es sah der arglistige Teufel schon vor, was gestalten der gebenedeite Herr und Heiland nach diesem göttlichen Traktament vor eine eiferige Predigt werde machen seinen Aposteln, dannenhero er geforchten, es möchte Judas hierdurch erleucht und bekehret werden, und folgsam zu der heilsamen Reu und Buß greifen, dessentwegen ihn auf alle Weis', mit allem Fleiß zum Reißaus ermahnet, dem dann der verruchte Gesell als ein bereits gewidmeter Unterthan und geschworner Vasall gefolgt, und also diese heiligste Predigt, so Christus der Herr mit seinem guldenen Mund vorgetragen, zu seinem größten Verderben, ja unwiederruflichen Untergang vernachläßiget. Wie es mit mehrern bestätiget und umständig ausführet der h. Cyrillus, und mit ihm Baronius in Ann. Chr. 34. n. 63. Judas hat dießfalls viel Brüder und Schwestern.

Es wird von vielen Scribenten glaubwürdig beigebracht, daß in Scythia, und forderist in der Insel Gilon, Leute gefunden werden, die zwar nicht einer sondern Leibsgröße, aber so große, lange, weite und breite Ohren haben, daß sie hiermit den ganzen Leib bedecken, ja wann sie liegen, so dienet ihnen ein Ohr vor ein Unterbett, das andere aber brauchen sie anstatt einer Oberdecke oder Zuhüll. Diese Ohren seynd vorwahr wunderlich, aber nit weniger wunderlich ist es, daß bei uns, und zwar unter den Christen, Leut angetroffen werden, die gar keine Ohren haben, dahero der gebenedeite Heiland, wie es der Evangelist Marcus registrirt, in einer Predigt zu dem Volk zweimal diese Wort wiederholt, »der Ohren hat, der [295] höre!« Sollen dann, o mein Gott! Leut seyn ohne Ohren? was dann, gar viel seynd deren, die keine Ohren haben zu dem Wort Gottes und zu den Predigten.

Es fährt ein Wagen daher mit 6 Pferden bespannt, es laufen vorn, es laufen hinten, es laufen auf der Seite Pagen, Lackeien und Bediente, deren Livree fast allerlei Farben wie ein Regenbogen, es kann wohl seyn, daß es nasses Wetter bedeut in den Augen der Unterthanen etc. Der Lackei eilet nach der Sakristei, glaubt der Priester soll schon da seyn, wie die Engel im Grab des Herrn, in albis. Pater, geschwind mit der Meß heraus (just wie Petrus mit dem Säbel). O mein Lackei, ich heiß Pater Veremundus, und sag gar gern die Wahrheit, bekennt mir's, fährt euer Herr (cum pleno titulo) allzeit so spat in die Kirche? es ist bereits schon 12 Uhr, Magdalena ist weit früher aufgestanden, wie sie zum heiligen Grab geeilet, auf solche Weis' hört er ein ganzes Jahr keine Predigt, Gott verhüts, daß ihm nit das Unglück begegne, wie dem Judas. Wäre euer Herr heut in der Predigt gewest, so hätt er gewiß auch etwas zu seinem Seelenheil davon getragen. Euer Herr ist ein Minister zu Hof, und ein geheimer Rath, heut hat der Prediger nach der Länge und Breite vorgetragen, wie ein solcher zuweilen beschaffen sey, nemlich wie Petrus auf dem Berg Thabor, als der nur auf sein eigenes Interesse gangen, und an das gemeine Wesen weiter nit viel gedacht.

Unser Herr und Heiland nimmt mit sich auf den Berg Thabor seine drei lieben Jünger und Apostel, [296] benanntlich den Peter, den Jakob und den Joannes, diesen dreien und treuen Aposteln zeigte er daselbst seine Glorie und Herrlichkeit, indem sein heiligstes Angesicht der Sonne gleich scheinte, seine Kleidungen auch dem weißen Schnee den Trutz geboten, und mit ihm in ganz glorreichen Gestalten Moses und Elias als große Säulen des alten Testaments geredet haben. Wie nun alles voller Glorie und Herrlichkeit war, da hat Peter überlaut aufgeschrien, »Herr, da ist gut seyn!« Als wollt er sagen, Allegro, das ist ein Ort vor uns, potz tausend Alleluja! da bringt mich kein Mensch mehr weg etc. Kaum daß er solches mit seiner unbehutsamen Zung hat ausgeredt, da ist alles verschwunden, dem Peter zu einer Straf und billigen Züchtigung, um weil er ein so interessirter Minister war bei unserm Herrn; dann unangesehen, daß er in seine Ohren damals gehört hat, wie Christus der Herr mit dem Moses und Elias geredt hat von seinem Tod, und von seiner Kreuzigung vor das ganze menschliche Geschlecht, so hat gleichwohl Petrus auf dem Berg in der Glorie daselbsten wollen mit Christo verbleiben, es geschehe den andern, und zwar dem ganzen menschlichen Geschlecht, wie es woll, wann nur er sein Contento, wann nur er wohl stehet. Auf solche Weise ist mancher große Minister bei Hof beschaffen, der nur proprie zu dem proprium properiret. Ei so proper! wann nur seine Cassa und Casada wohl stehet, es mag hernach das gemeine Wesen hinken, oder sinken, oder stinken; wann nur in seiner Küche Faßnacht, es mögen andere Quatember haben oder Fasttag; wann nur bei ihm der Vollmond, dasbonum [297] commune mag gleichwohl zum letzten Viertel sich neigen etc. Und wegen solches eignen Interesses vertuscht er die Wahrheit, verschweigt den üblen Zustand des gemeinen Wesens; verhindert die Justiz und Gerechtigkeit, verguldet des Landesfürsten seine Fehler, sagt ja, wo er sollte den Hopf schütteln, schüttelt den Kopf, wo er sollte ja sagen. O Pestilenz zu Hof! was harte Verantwortung bei dem gerechten Gott wird solcher haben?

Abraham schickte einen aus seinen Ministern, mit Namen Eliezer, in die Landschaft Mesopotamia, seinem Sohn Isaak ein Weib zu suchen, das war eine harte Gesandtschaft. Wie er nun ganz matt und müd in das Haus des Labans kommen, da war Küche und Keller in Bereitschaft, da war die Tafel schon gedeckt, da hats geheißen, tragts auf, und zetts nit, nieder gesessen, Herr Eliezer, trunken Herr Eliezer, man laß ihms schmecken, Herr Eliezer, man wird hungerig seyn, Herr Eliezer, es ist ein durstiges Wetter, Herr Eliezer, dieß ist ein bekannter Wein, Herr Eliezer, in Gesundheit meiner Jungfrau Schwester, (dazumalen hat man sie noch nit Fräule titulirt), Herr Eliezer! Ja, ja freilich gedacht ihm der Eliezer, hungerig bin ich, und achten sich meine Zähn des Feiren nicht; durstig bin ich, und ist meiner Zunge das feuchte Wetter lieber, als die große Dürre; aber das Geschäft meines Herrn, wessenthalben ich in die Landschaft kommen, gehet vor, ich will zuvor verrichten, was meines Herrn Dienst erfordert, non comedam, donec loquar Sermones meos etc. Ich will so lang und so viel nit essen, nit trinken, nit meine Kommodität [298] suchen, bis ich meines Herrns Interesse beobachtet. O glückseliger Abraham, daß du solche Ministros in deinem Hof hast, die ihr eignes Interesse weniger betrachten, als ihres Herrn, Gott vergelt ihnens. Aber Gott verzeih's denjenigen, welche ehender suchen, ehender sehen, ehender sorgen, daß ihr Interesse zeitig wird, ehe und bevor des Landsfürsten seiniges in die Blühe schießt; wie es aber solchen in jener Welt belohnt werde, hat es sattsam abgenommen Carolus der V., dieser andere Herkules der Welt.

Nachdem solcher auf eine Zeit bei nächtlicher Weil sein gewöhnliches Gebet und Andacht verricht, auch bereits sich zu der Ruhe begeben wollte, da vernimmt er eine entsetzliche Stimme, die ihn gestaltsam angeredt: »Carole, dein Geist wird auf eine Kürze von dir weichen!« Worauf alsobalden der fromme Kaiser verzuckt worden, und von einem mit schneeweißen Kleidern geführt an den Ort der Hölle, allda zu sehen die unbegreiflichen Peinen und Qualen der Verdammten; erstlichen kam er mit seinem Gefährten in ein tiefes Thal, welches ganz angefüllet war mit zerlassenem brennenden Pech, Schwefel, Blei und anderem Metall, in Mitte dessen sah Carolus die Bischöfe seines Herrn Vaters und Ahnherrns; nachdem er aber sie befragt, warum sie von dem gerechten Gott in diese erschreckliche Pein gestoßen worden? vernahm er solche Antwort: Wir seynd gewesen Bischöfe und Beichtväter deiner Vorfahrer, und weil wir ihnen nit allein keine heilsamen Ermahnungen gegeben, sondern noch zu Krieg und zu anderen ungerechten Dingen sie mit Rath und Anschlägen veranlasset, [299] derohalben hat uns der gerechte Richter in diese ewige Verdammnuß verurtheilet, worin auch deine Bischöfe kommen werde, dafern sie ihr Amt nit gewissenhafter verrichten werden. Ueberdieß wurde Carolus geführt auf einen hohen Berg, auf dem er mehrmalen in der Tiefe wahrgenommen einen ganz feurigen Fluß, worinnen etliche versenkt waren bis auf die Ohren, etliche bis auf den Hals, etliche bis auf die Hälfte des Leibs; alle diese mit großem Heulen ließen sich folgender Gestalt hören: Carole, Carole! weil wir unsere Ergötzlichkeit gesucht haben im Kriegen, Brennen, Rauben und Morden mit deinem Vater, darum seynd wir in diesen feurigen Fluß aus ewig verstoßen worden. Als sich Carolus etwas nähender bei diesem Fluß befunden, so hörete er diese Stimm: »Potentes potenter tormenta patientur,« nemlich, die Mächtigen werden mächtige Pein leiden. An dem Gestad dieses feurigen Flusses sah er wieder um große feurige Oefen, voller Schwefel und Pech, und feuriger Schlangen und Drachen, daselbst sah er etliche geheime Räthe und vornehme Ministros seines Vaters, seiner Brüder, und seines Ahnherrn, welche mit einem erbärmlichen Geschrei Carolum also angeredet: Siehe Carole, siehe, wir seynd in diesem Ort der Verdammnuß kommen und gerathen, theils wegen unsers Uebermuths und Hoffart, theils wegen unserer üblen Consilien, die wir unsern Königen geben, wodurch wir unsern und nit des gemeinen Wesens Nutzen gesucht. Nach allem diesem sah Carolus seinen eignen leiblichen Vater in einem Kessel mit siedheißem Wasser, von welchem er die Ursachen seiner [300] Pein und seines dermalen elenden Standes sattsam vernommen, selbige aber Niemand entdeckt. Nachdem Carolus wieder zu sich selbsten kommen, hat er dieses erschreckliche Gesicht wohl und bedachtsam bei sich erwägt, auch solches mehrmalen andern zu ihrem Seelenheil erzählet, wie solches bezeugt und beschreibet Vincentius etc. Dieses hat heut der Prediger mit allem Eifer auf der Kanzel vorgetragen, und noch andere Dinge hinzugesetzt. Fürwahr mein Lakei, auf diesem Markt hätte euer Herr wohl einen Kram vor sich gefunden, wann er dies und dergleichen hätte angehört etc., dann ein Mancher in Anhörung des Wort Gottes, und der evangelischen Wahrheit oft besser zurückgehet, als der Schatten auf des Achabs seiner Sonnenuhr.

Der Lakei schmutzte hierüber, als hätt er bei einem Kirchtag-Breyn geschmarotzt, zeigte schier, als wär er einmal auf der hohen Schul gewest, wo die Ruthen im Kühlwasser gesteckt, dann er sagte ohne Scheu, wie daß die Predigten nit vor große Herren seynd, er habe auch vor diesem das Evangeli-Buch gelesen, aber gar wenig, ja nie gelesen, daß vornehme Herren sich hätten viel der Predigt geachtet, massen es der heil. Joannes selbsten bezeugt, pauperes evangelizantur, das Evangelium wird denen Armen geprediget. Mein, wer ist dabei gewesen, wie unser Herr die schöne Predigt gehabt von denen acht Seligkeiten? wer? Niemand anderer als der gemeine Mann, der Pöbel. Wer hat sich dazumal eingefunden, wie unser Herr im Schiffel gepredigt? wer? turba, gemeine Leute, Burger und Handwerker stunden auf dem Gestad. [301] Ja in allen 4 Evangelisten wird man nicht finden, daß 4 vornehme Edelleute wären bei der Predigt des Herrn gewesen. Dann wann schon ein König, wann schon ein Fürst der Synagog, wann schon ein Hauptmann zu unserm Herrn kommen, so ist es nicht geschehen wegen der Predigt, sondern einer hatte einen kranken Knecht, des andern sein Sohn war übel auf, des dritten Tochter war schwer liegerhaft, in Summa, die Predigt ist nur vor den gemeinen Mann. Ihr redet halt, sagte ich, wie ein Lakei, das heißt auf lateinisch: serve nequam! Wann die Predigten nur seynd vor den gemeinen Mann, so ist auch der Himmel nur vor den gemeinen Mann, dann Christus der Herr hat selbsten gesagt: Selig sind, die das Wort Gottes hören etc. Ich weiß aber gar wohl, mein Lakei, daß Magdalena keine Kässtecherinn oder Bauernweib gewesen, zumalen ihr die ganze Herrschaft Bethania zugehört. So war auch Joseph von Arimathäa kein Burger oder Kotzenmacher, item Nikodemus kein gemeiner Tagwerker oder Faßzieher, sondern diese und andere noch mehrere sehr gut von Adel, und gleichwohl waren sie eifrig bei der Predigt des Herrn, ja durch dieselbige zu größerer Frömmigkeit und Heiligkeit gelanget. Allein ihr Kerl hätte sollen sagen, mein Herr hat große und überhäufige Geschäfte, woran dem Land und Landesfürsten viel gelegen, die machen ihm ein Verhindernuß, sonst glaub ich, würde er keine Predigt so bald versäumen.

Mein Paschi, wer ist diese Dama? Es ist diese, und diese, von diesem Berg, von diesem Eck, von diesem Thal, von dieser Au etc. O ich kenne schon diese.[302] Diese hat wohl auch diese Predigt nicht gehört, die dieser Pater an diesem Tag auf dieser Kanzel hat vorgetragen. O was hätts vielleicht diese vor einen großen Nutzen davon getragen! dann eine Predigt ist ein Spiegel, worin sich ein Mensch ersieht; eine Predigt ist ein Hahnengeschrei, welches den Menschen vom sündigen Schlaf aufwecket; eine Predigt ist ein Gastmahl, welches die Seele speiset. Der Pater hat sehr eifrig geprediget wider die Hoffart der Weiber, und zwar hat er solches ganz manierlich beigebracht, dann er lobte über alle massen das weibliche Geschlecht, allein, sagt er, daß ein jedes Weib einen Nachtreter habe, der heiße Dionisi, gewiß ist es, sagte er, daß die Weiber an Frömmigkeit und Andacht die Männer weit übertreffen, das hat man sattsam abgenommen zur Zeit des Leidens Christi, allwo sich keine einzige Mannsperson des gebenedeiten Heilands hat angenommen, ja sogar seine eigne Jünger und Aposteln das Fersengeld geben und sich aus dem Staub gemacht, indem es zwar dazumal wenig gestaubt, massen der Erdboden mit dem kostbaren Blut Jesu häufig benetzt worden. Alle Männer haben den Herrn verlassen, nicht aber die Weiber, als fromme und gottselige Kreaturen, welche sehr häufig und in ziemlicher Anzahl Christo dem Herrn mit großem Weinen und herzigstem Mitleiden das Geleit gegeben, bis auf den Berg Kalvariä. Auch schreibt der hl. Thomas Villanovanus, daß die drei frommen Frauen nach Mitternacht seynd aufgestanden, und dannoch erst beim hellen Sonnenschein zu dem Grab des Herrn kommen, da es doch gar nit weit war; es seye aber die Ursach ihrer so späten Ankunft orto jam [303] sole gewesen, weilen sie sich unterwegs lang haben aufgehalten, dann an dem Ort, allwo der Herr Jesus sein Gesicht eingedruckt in das Tuch Veronicä, an dem Ort, wo er wegen der schweren Kreuzeslast auf die Erden niedergefallen, an dem Ort, wo sie ihn an dem bittern Kreuzstamme angenagelt, ja an allen Orten, wo etwas merk- und denkwürdiges sich mit dem Heiland zugetragen, haben diese frommen Weiber, gottseligen Gemüther und andächtigen Frauenzimmer ihre langen Betrachtungen gemacht, ihre Andacht verrichtet und eifriges Gebet vollzogen, wodurch sie dann auch verdient haben, daß ihnen vor denen Männern der trostreiche Aviso von der Urständ Christi ist zukommen. A. Andächtig seynd halt die Weiber. E. Eifrig seynd die Weiber. I. Inbrünstig seynd die Weiber. O. Obsichtig seynd die Weiber. U. Unschuldig seynd die Weiber, wann nur, sagt der Nachtreter Dionisi, ihre teuflische Hoffart nit wäre.

Drei Männer kehren auf eine Zeit bei dem Patriarchen Abraham ein, und nachdem sie von ihm sehr höflich und freigebig traktirt worden, haben sie ihm die gute neue Zeitung offenbaret, wie daß seine liebste Frau Gemahlinn werde mit einem männlichen Erben gesegnet werden. Die Sara stund hinter der Thür, denn dazumal ließen sich die Weiber vor den Männern nicht also sehen, und schmutzte zu solcher Zeitung, sprechend: sollt ich, nachdem ich alt worden, und mein Herr auch betagt ist, noch einmal der Lust pfle gen? sollt ich in der Wahrheit gebären, da ich nunmehr ein altes Weib bin? O meine Sara, meine goldene Sara, deines Gleichen [304] ist kein Weib in der ganzen Welt, die also eine Liebhaberinn der Wahrheit wäre, wie du, du bekennest, daß du ein altes Weib seyest, das thut aus hundert tausend keine, sondern eine jede will jung seyn, wann sie schon Haar auf dem Kopf hat, wie unsers Nachbauren Schimmel, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon eine Stirn, wie die Schweizerhosen, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon ein paar Wangen, wie ein zerlechzter Feuerkübel, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon ein Maul, wie eine ausgebrennte Zündpfanne, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon Zähne wie ein abgestumpfter Rechen, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon eine Nasen wie ein alter Brunnen-Amper, der immerzu im Wasser stehet, sie will gleichwohl jung seyn, und will schön seyn, eine schöne Helena seyn, dessentwegen andere Haar auf dem Kopf, dessentwegen eine Schnur Perlen um den Kopf, dessentwegen auf den Wangen ein neues Pollment, dessentwegen ein Maul falscher Zähn, dessentwegen auf den Lefzen ein rothes Gemähl, dessentwegen im ganzen Gesicht ein angestrichenes Fell. O du nobilirter Madensack, zu was Ziel und End ist dann dieser Aufputz? Hast du schon vergessen, wie es jener ergangen, von der Erichthräus schreibt, die wegen ihres Anstrichs und verdammlichen Gesichtmalen also in den göttlichen Augen verhaßt worden, daß nach ihrem Tod den Körper weder die Erde wollte behalten, dann er allzeit den anderten Tag wieder ausser dem Grab gelegen, weder das Wasser behalten, massen ihn allemal wieder das Meer mit gröstem Unwillen wieder an das Gestad geworfen, dahero der Teufel [305] ihn endlich in den tiefen höllischen Abgrund mit sich geschleppt.

Lebens-, lobens- und liebenswerth, sagte der Prediger mehrmalen, seynd die Weiber, dann sie öfters eine Ursach, daß die Männer werden Kinder der Seligkeit, die sonsten den geraden Weg wären zum Teufel gefahren. Ein mancher grober Eselius schimpft sein Weib, und pflegt sie zu binden am Fest Simonis und Judä, als wäre sie und seye sie eine Simahn. Ein solcher grober Knospus soll Gott danken, wann sein liebes Weib ein Siemahn ist, wann sie ihn mit ihren heilsamen Ermahnungen vom Bösen abhält, und zu allem Guten lenkt und wendt. Sie mahn ihn dann nur steif, daß er die Wirthshäuser meide, worin das Gewissen samt dem Beutel schlecht wirthschaftet.Sie mahn ihn, daß er von dem gewöhnlichen Schwören und Gotteslästern abstehe, indem ihm der Allmächtige die Zung erschaffen, Gott zu loben und nit zu beleidigen. Sie mahn ihn, daß er nach ungerechtem Gewinn und vortheilhaftigen Handlungen nit strebe, zumalen ein ungerechter Pfenning auch einen gerechten Groschen frißt. Hätte Pilatus seiner Frau gefolgt, wie sie ein Siemahn war, so thäte er anjetzo nicht in dem höllischen Rachen sitzen. Dann wie dieser auf dem Gerichtstuhl gesessen, an dem Ort, so Lithostratos genannt war, und bereits damals von dem Volk, und sonderlich von denen hohen Priestern ganz ungestüm wurde angehalten, damit er, vermög seiner hohen Amtsverwaltung, solle Jesum zum Tod verurtheilen; gleich schickte seine Frau Gemahlinn einen Pagi zu ihm, und zwar nach Aussag Simonis [306] de Kassia, mit einem Briefl oder Zettel, worin sie ihn sowohl gütlich als ernsthaft ermahnet, er solle doch seine Hände nicht waschen in dem Blut dieses gerechten Manns Jesu von Nazareth, dann sie wegen seiner die ganze Nacht hindurch einen wunderlichen Traum und Gesicht gehabt. Obschon einige der Meinung und Aussag sind, als hätte solchen Traum der böse Feind verursacht, der durch ein Weib den Tod Christi, und folgsam die Erlösung des menschlichen Geschlechts zu verhindern suchte, so wird von den meisten heiligen Vätern, bevorab von allen griechischen Lehrern, obbenannte Frau über alle Massen gelobt, die es auch mit gründlichen Beweisungen behaupten, daß erstgedachter Traum nicht vom Teufel hergerührt, als der nicht wußte, daß Christus wahrer Gott und Mensch seye, und durch seinen Tod die Welt erlöset werde, dann sonsten hätte dieser leidige Satan die Hebräer nicht zu solchem Haß und Verfolgung Christi angespornet, sondern solcher Traum seye von Gott, vom Himmel, von ihrem eigenen Schutzengel herkommen, wie solches leicht von dem heiligen Wandel, den sie nachgehends geführt, abzunehmen, massen sie in die Zahl der Heiligen gesetzt, und Klaudia Prokula genannt, wie dann von ihr auch der heilige Paulus in einer Epistel zu dem Timotheum c. 4. Meldung thut. Wann nun Pilatus der heilsamen Ermahnung seiner Frau hätte gefolgt, so wäre er anjetzo und auf ewig nit so unglückselig. Wer hat den Propheten Balaam ermahnet? Wer hat gemacht, daß er nit um das zeitliche und ewige Leben kommen? Wer? sag an? Wer? nit der, wer? nit der, sondern die, die Eselin, welcher [307] Gott wunderbarlich eine menschliche Zung ertheilt, wodurch der geizige Prophet von seinem Untergang erhalten. Es gibt viele grobe Knispel, viele grobe Gispel, welche ihre Weiber nur Bestien pflegen zu tituliren, aber still, und noch einmal still ihr unartige Goschen, ein manches Weib ist eine gute Bestia, und eine solche, durch die Gott der Allmächtige redet, absonderlich, wann sie euch vom Bösen abhaltet, und zu allem Guten leitet, mula und mulier seynd fast eines Namens, wie viel tausend Männer seynd durch der Weiber gute Ermahnungen zu Gott kommen, zum rechten Glauben, kommen, ja ganze Länder und Reich seynd durch sie bekehrt worden, wie solches in allen Chroniken sattsam zu finden ist: mit einem Wort, lebens-, liebens- und lobenswerth seynd die Weiber, wann nur, sagte der Nachtreter Dionisi, ihre verdammte Hoffart nit wäre.

Weil der große Mann Gottes Moses auf dem Berg mit dem Allmächtigen geredet, und große Geschäfte traktirt, unterdessen begehrte das übermüthige Volk von dem Aaron, er solle ihnen einen andern Gott stellen, Aaron sagt alsbald den Männern, sie sollen die goldenen Ohrenring ihrer Weiber herbeibringen, er woll ihnen einen Gott daraus gießen, der ihnen gewiß nit mißfallen werde. Mein hoher Priester Aaron, dieß ist gar ein nieders Koncept, so willst du dann auch mithelfen und mitwirken, daß die Jsraeliten die Götzen anbeten und verehren? Aaron hat mit allem Fleiß befohlen, die Weiber sollen ihre goldene Ohrenring herbeibringen, denn er gedachte, daß die Weiber in Ewigkeit dies nicht thun würden und ehender ohne Gott bleiben, als ohne Geschmink.

[308] Ach Gott, bei dieser jetzigen, bethörten, verkehrten Welt ist es leider also beschaffen, daß die Weiber lieber Gott, den Himmel, die Seligkeit verlassen, als ihren Geschmuck und Kleiderpracht. Nur schöne Kleider, wann auch so viel Auszügel von den Kaufleuten in dem Fenster stecken, daß sie auch einem Gewürzkrämer auf Jahr und Tag vor Scharmümützel kleckten. Nur schöne Kleider, wann auch der Mann alle Tag den Ablativum muß brauchen in des Kaisers Beutel. Nur schöne Kleider, wann man auch derenthalben dem Mann soll ein lateinisch Ypsilon auf den Kopf malen. Nur schöne Kleider, wann man auch nur Kraut und Ruben wie die Schlosserbuben soll essen.

Moses und Aaron machten in dem Angesicht des egyptischen Königs Pharao große Wunderwerk, aber was sie gemacht, das thäten die egyptischen Zauberer nach; sie verkehrten eine Ruthe in eine Schlange, feceruntque similiter, das haben sie auch gemacht. Sie verkehrten die Schlangen wieder in eine Ruthe, feceruntque similiter, das haben sie wieder gemacht. Sie verkehrten alles Wasser in Egypten in lauter Blut, feceruntque similiter, das thäten sie auch nach. Vergebt mir ihr Weiber, aber nicht mit Gift, ich nenne euch nit alle Zauberinn, das sey fern von mir, aber die meisten aus euch folgen den egyptischen Zauberern, dann durch eure verdammte Hoffart thut ihr auch alles nach, bringt nur Eine eine neue Modi auf die Bahn, so thun es die Anderen alle nach, trägt Eine einen neuen Zeug, so trägt ihn die Andere auch, und bedeckt ihre Mistkrippen mit [309] gleichem Ueberzeug. In Summa, Affen nenne ich euch nicht, aber nachaffen thut ihr alles; o verdammte Hoffart! Der Geizteufel Mammon hat viel Weiber unter sich, der Unzuchtteufel Asmodäus hat viel Weiber unter sich, der Neidteufel Belzebub hat viel Weiber unter sich, der Freßteufel Beelphegor hat viel Weiber unter sich, der Zornteufel Baalberit hat viel Weiber unter sich, der Lenzteufel Astaroth hat viel Weiber unter sich; aber keiner hat mehr Weiber unter sich, als der Hoffartteufel Leviathan. Wenig seynd, o wohl eine kleine Anzahl derselben, welche der Hoffartgeist nit plagt, aber sagt mir doch, zu was dienet dann diese eure Zier? Wann ihr es mir schon nit bekennet, so sagt es doch der böse Feind, als welcher das Wort Zier zuruck lieset, und nichts anders heraus bringet, als Reiz; darum, darum zieret ihr euren Kothsack, euren Sautrog, euren Kuttelmantel, euere Luderbrut, euere Gestankmühl, euere Muffhütten, euer Wustgewölb, damit ihr alle sollt und wollt zu euer Lieb reizen.

Sagt her, welcher Moditeufel hat die hohen Hauben aufgebracht? Der Obrist Lucifer ist derenthalben gar übel zufrieden, dann er mit großen Unkosten hat die Höllpforte müssen höher bauen, weil ihr euch nie bucket, außer euer Galan macht euch tiefe Complemente. Im alten Testament hat Gott der Herr seinem Volk die Widhopfen verboten, wie Levitici am 11. zu lesen, also ist gar leicht zu vermuthen, daß ihr mit eurer dermaligen Widhopfen-Tracht Gott dem Herrn und seinen göttlichen Augen auch werdet missfallen. Anno 1583 war zu Wien ein Mensch mit [310] zwölftausend sechshundert und fünfzig Teufeln besessen; nachdem alle diese höllischen Larven mit gewöhnlichen Kirchenwaffen angegriffen worden, und bereits solche Festung sollten verlassen, hat dero Führer und Oberhaupt begehrt, man woll ihm und seinen Gesellen wenigst vergönnen, daß sie dörfen fahren in die dicken Kröse der umstehenden Weiber, wie dazumal die Tracht gewesen. Gar gewiß, ja unfehlbar ist zu glauben, daß, wann unsere neuerfundenen hohen Reigerbüsch und abcopirten babylonischen Narrenschöpf wären dazumalen gegenwärtig gewesen, daß besagte verruchte Geister nit anderwärts hinzufahren begehrt hätten, als in diese gewispelten Haubennester. Ich bitt euch um die Wunden Christi, um eurer Seligkeit willen, laßt doch einmal nach von dieser übrigen Welt-und Kleiderpracht, es kommt schon so weit, daß ihr alles dieß vor keine Sünd mehr rechnet, sondern alles eurem Stand gemäßig urthlet, ist dann schon euer Gedächtnuß entfallen, neben tausend andern Geschichten; jene Gräfinn, von dero Valerius Venerus erzählet, welche sehr fromm und auferbaulich gelebt, viel und häufiges Almosen ausgetheilt, aber gleichwohl in feuriger Gestalt nach dem Tod erschienen, mit dem Verlaut, daß sie ewig verdammt, um weil sie der Kleiderpracht und neuen Modi gar zu stark nachgestrebt. O Gott! diesem allem gibt man wenig Glauben, allein es wird eine Zeit, ein Tag, eine Stund, ein Augenblick alles zeigen, und zwar dazumal, wann eure Seel vor dem göttlichen Richter erscheinen wird.

Nicht wenig, sondern viel, nicht schlecht, sondern ziemlich, nit nur obenhin, sondern wohl umständig[311] seynd die Weiber zu loben, und dero vollkommener Wandel hervor zu streichen, fuhr mehrmalen fort mit dergleichen Reden der P. Prediger; ja, sagte er, es sey vermuthlich, und zwar mit starken Beweisthumen zu bekräftigen, daß mehr Weiber zur Seligkeit gelangen, als Mannsbilder. Dann Gott der Allmächtige die Welt erschaffen in Form und Gestalt eines runden Zirkels; nun aber ist es allbekannt, daß in Formirung eines Zirkels der letzte Punkt zu dem ersten komme, gestaltsam A der erste Punkt und B der letzte zusammen stoßen. Der erste Punkt, den Gott der Allmächtige in Verfertigung des allgemeinen Weltzirkels gemacht hat, war der Himmel, dann im Anfang erschuf GottHimmel und Erde, der letzte Punk in der allgemeinen Erschaffung war das Weib, massen diese nach Erschaffung aller andern Kreaturen, das ist, zu allerletzt aus der Rippe formirt worden; wann nun in Formirung des runden Zirkels der letzte und erste Punkt zusammen kommen, so folgt dann recht, daß das Weib als letztes Geschöpf zu dem ersten Geschöpf, benanntlich dem Himmel, komme.

Der gelehrte Ruiz ist der Meinung und Aussag, daß mehrere Weibspersonen in Himmel kommen, als Männer, dann es ohne allen Zweifel ist, daß die Weiber dem heiligen Gebet, der geistreichen Andacht, weit mehr seynd zugethan, als die Männer; es wird mancher Limelius eine ganze Woche keine heilige Meß hören, da unterdessen die arme Haut in aller Frühe zu dem ersten Gottesdienst eilet. Mehr hat das Weib keine so große Gelegenheit zu sündigen, als der Mann, die wenige Ungeduld in Erziehung der Kinder, das [312] oftermal nothwendige Zanken mit den Dienstboten, der gähe Zorn wegen der ungeschliffenen Sitten des Manns, seynd fast die meisten, so ihr Gewissen bedrängen; entgegen er in seinem Amt die Herrschaft betrügt, mit ungerechtem Vorthl sich bereichet, dem Nächsten Schaden und Unfug anthut, und sich just zu dem Officio schicket, wie der Bock zum Gärtner etc.; oder treibt Kauf- und Handelschaft, gibt falsche Waar vor gutes Geld, betheuert's mit hundert tausend Sakrament, mit zwölf tausend Teufel, mit acht tausend Donner, mit sechzehen tausend Hagel, mit sieben tausend Blitz. Item so ist der Männer sauberer Wandel nur allbekannt, als die in allen Wirthshäusern, in allen Spielhäusern, in allen Tanzhäusern, und gar oft in allen Huestenhäusern herum laufen, herum saufen, herum raufen, herum kaufen, herum schnaufen etc., da unterdessen die frommen Weiber zu Haus ihre Zeit mit den unschuldigen Kindern zubringen, oder etwann in nächster Kirchen ein Kerzl aufstecken, und ihr Gebet, so viel es die Hausgeschäfte zulassen, emsig verrichten. So wird man auch in allweg finden, daß die Weiber weit barmherziger seynd, als die Männer, welches vor allen andern Moses erfahren, den vorwahr kein Mann aus dem Wasser hat zogen, noch hätte zogen, weil es so scharf durch königlichen Befehl verboten, ungeacht aber alles dieß, auch mit der Gefahr ihres Lebens, hat solche Barmherzigkeit dem kleinen Kind ein Weib erwiesen. In Summa, man hätte kaum Federn genug, wann alle Tugenden und Hauptthaten der Weiber sollten schriftlich verfaßt werden, dahero sie nit wenig, sondern viel, [313] nit schlecht, sondern ziemlich, nit nur obenhin, sondern bedachtsam und umständig zu loben und zu preisen, wann nur, sagt der Nachtreter Dionisi, ihre verdammte Hoffart nit wär.

Das Himmelreich ist gleich, sagt unser Herr, einem Sauerteig, den ein Weib nahm, und verbarg ihn unter drei Sester Mehl; so gehen dann, mein Herr, so gehen dann die Weiber eigentlich mit dem Sauerteig um? Ja freilich, sie weit mehr, weit öfter als die Männer, der Sauerteig blähet auf, vermög seiner Eigenschaft; weit mehr, weit öfter gehen die Weiber mit aufgeblasenen Gedanken, mit aufgeblasenen Worten, und mit aufgeblasenem Leib um, als die Männer.

Ein adeliches Weib wird insgemein genennet eine Dama, und Dama als ein lateinisches Wort, heißt auf deutsch eine Gems, wer steigt höher als eine Gems? Wer will immerzu höher seyn als ein Weib? der Teufel hat ihnen unten und oben, das ist, bei Füßen und Kopf müssen zusetzen, damit sie nur höher seynd, bei den Füßen durch die hohen Schuh, beim Kopf durch die hohen Hauben.

Ein Weib tritt zu unserm Herrn mit zween erwachsenen Söhnen, reicht ihm eine Supplikation über, mit diesem Inhalt, daß sie es gern sähe, ja ihre größte Gnad wäre, wann er einen zur rechten, den andern zur linken Hand in seinem Reich stellte; dazumalen lebte noch ihr Mann der Zebedäus, wie kommts dann, daß dieser die zween Söhn nit vor unsern lieben Herrn geführt, es wäre weit manierlicher gewest? Es ist wohl zu glauben, daß sie, das [314] Weib nemlich, solches ohne Wissen und Willen des Manns gethan, auch den Herrn im Hause gespielt, wie man pflegt zu sagen, sie hat gedacht, wann ihre Söhn durch ihre Rekommandation zu höhern Ehren kommen, so wird man alsdann sagen, das ist ein wackeres Weib, dieß Weib gilt viel bei unserm Herrn, dieß Weib hat einen schönen Verstand, dieß Weib braucht eine schöne Manier, dieß Weib kann ihre Kinder fortbringen, dieß Weib gibt keinem Mann nach, dieß Weib nimmt alle Beut ein, dieß ist ein stattliches Weib etc., dann der Weiber ist gleichsam ihre Natur, daß sie wollen gelobt werden, o Hoffart.

Matth. am 18. Kap. wird gelesen von einem Beamten eines Königs, der in seiner Rechnung gar übel bestanden, und weil er im Vermögen nicht hatte, daß er den Abgang dem König könnte gut machen und bezahlen, wessenthalben er befohlen, man soll diesen Offizier verkaufen, auch sein Weib und seine Kinder etc. Euer Majestät wollen mir's gnädigst vergeben; dieß scheint der Justiz und Gerechtigkeit nicht gemäß, was kann das Weib, die arme Haut, davor, daß ihr Mann so übel gehaust? was kann sie davor, daß er in seiner Rechnung nicht bestehet? Allhier bekomm ich die Antwort, daß solchem Weib kein Unrecht geschehe, massen sie die meiste Ursach, daß er in solche Schuldenlast gerathen, dann sie das Jahr hindurch zwölf neue Kleider hatte, zu Ehren der 12 Monate; so war ihr auch der Stand zu schlecht, mußte also den Adel kaufen, und hieß nicht mehr Anna Putzerinn, sondern Annieta Pontiana von Schneizenau etc. Item das zu Fuß gehen ist eine Post vor gemeine [315] Tändelweiber, mußte also das lateinische Frauenzimmer in einem Wagen fahren, und mit einer Livree prangen von allerlei Farben, wie Taubenkoth, damit es etwas fremd. Solche große Unkosten haben den guten Mann veranlaßt, daß er seinen Beutel mit der Herrschaftskassa verheirath, und also zu Grund gangen. O wie oft geschieht dieß? o wie oft ist der Weiber Hoffart der Männer Hinfahrt, Abfahrt und Auffahrt!

Agisus, Herzog in Friaul, hat es erfahren Anno Sechshundert nach Christi Geburt, dessen Frau Gemahlin Romaddä die Zähne gewässert nach einer Kron, dahero ihr Contento zu erhalten, hat sie Cacannum, den hungerigen König, durch Brief und verborgene Gesandtschaften dahin vermögt, daß er mit einer namhaften Armee in Friaul gerückt, dem sie aber eidlich versprochen, daß er ohne Verlust eines Manns die Stadt solle behaupten, dafern er sie vor eine Ehe-Konsortin und königliche Gemahlinn wollte erkiesen. Cacannus verspricht, Cacannus kommt, Cacannus überwindet, Cacannus erlegt den Herzog, Cacannus freiet die Romadda, aber wie? auf ebnem Feld in dem Angesicht der gesamten Armee läßt er sie an einen großen hölzernen Pfahl anbinden, und folgsam lebendig verbrennen, mit dem höhnischen Vorwurf, auf ein solches Weib gehört ein solcher Mann. Das Feuer gehet noch hin, aber was sagt ihr stolzen Weiber zu dem ewigen Feuer, welches einmal euere Hoffart wird brennen, und nit verbrennen, weil es ewig währet; ewig, ewig, schreibt diese Wort auf einen Zettel, und steckt's auf eueren hohen Raigerbusch; ewig, ewig,[316] stickt diese Wort mit Gold, und tragts um euren Hals, ewig, ewig, pappt diese Wort mit lauter schwarzen Flecken in euer Gesicht, so da vertreibts die seidenen Mucken allda. O Hoffart! o Ewigkeit, o DemuthJesu und Mariä! O Hoffart der menschlichen Erdwürm!

Der Prediger, mein lieber Lackei, machte es fürwahr sehr eifrig und scharf, dahero ich der gänzlichen Meinung, wann euere gnädige Frau wär in der Predigt gewesen, daß sie hierdurch wäre bewegt worden, und ihre dem Ansehen nach sehr große Pracht und Hoffart abgelegt, weil eine Kirche und Gottes-Haus weit anderst beschaffen, als die Arche Noe, dann alle die Thier, so in selbige eingetreten, seynd wieder also heraus gangen, ein Wolf hinein, ein Wolf heraus, ein Ochs hinein, ein Ochs heraus, ein Esel hinein, kein Doktor, sondern wieder ein Esel heraus etc. Aber mit der Kirche und Gotteshaus hat es mehrmal eine weit andere Beschaffenheit, dann gar oft ein geiler Bock hinein gehet, und wird durch die Predigt bekehrt, daß er als ein unschuldiges Lämmlein heraus kommt. Gar oft ein stolzer Pfau hinein prangt, und wird von der Kanzel bewegt, daß er als eine weiße Taube heraus kommt etc. Also wann eure gnädige Frau wär in der Kirche gewesen, und hätte die Predigt gehört, ist gar wohl zu glauben, daß sie wär in ihr Gewissen gangen, und der Welt Eitelkeit abgesagt, massen solches schon öfter geschehen. Dann wie der heilige Joannes Capistranus zu Regensburg so scharf geprediget wider das Spielen und Hoffart der Kleider, so seynd nach vollend'ter Predigt die Spieler [317] mit Karten und Würfel, die Weiber mit Kleiderpracht und Tracht haufenweis auf den Platz geloffen, daselbst einen großen Scheiterhaufen angezündet, und alle die Eitelkeiten zu Aschen verbrennt.

O mein Pater, sagt hierüber der Lackei, meine gnädige Frau die acht sich der Predigten nit viel, und wann sie doch ein und das andertmal zu einer kommt, so pflegt sie die meiste Zeit darunter, mit der benachbarten Gesellschaft zu schwätzen, oder sie legt dem guten Prediger seine Wort und Lehr also aus, daß er in der folgenden Abendgesellschaft die meiste Unterhaltung muß geben. Mein lieber Lackei, glaube mir, daß zwar die Ohren eurer gnädigen Frau auswendig mit schönen orientalischen Perlen und Gehäng prangen, aber einwendig der höllische Bär mit einem großen Anhang wohne, welcher der armseligen Kreatur an den apostolischen Predigten einen solchen Grausen und Eckel macht.

Ein Medikus kommt zu dem Kranken, dem das langwierige Fieber die Leibskräfte schon ziemlich abgezehrt, dem die Puls nicht viel stärker lauft, als der Prater am Aschermittwoch, dem die Augen in dem ausgeselchten Angesicht stecken, wie ein paar Muschel in einer Krotta, dem die Nase spitzfindig wird, unangesehen der Verstand schon abnimmt, dem der Athem gehet, wie ein geladener Wagen im Hohlweg. In Summa, alle diese Zustände und Umstände gefallen dem Medico nit, wann man ihm aber über alles dieß noch sagt, daß der Kranke das Gehör verliere, da schüttelt der Doktor den Kopf, a Dio, spricht er, mit dem Leben ist es aus. Hipocrat. Aphoris. [318] lib. 4. in febre non intermittente, si non audiat aeger, jam debilis existens, propinqua mors est.

Ein hitziges Fieber ist die Geilheit, ein Gallfieber ist Zorn und Rachgier, ein viertägliches Fieber ist der Geiz, ein dreitägliches Fieber ist die Hoffart etc. Alle diese und noch andere seynd sehr gefährliche Zuständ vor die Seel, gleichwohl seynd sie noch zu kuriren, wann man mögliche Mittel anwendet, so aber einem dergleichen Patienten das Gehör verfallet, so er in Anhörung des Wortes Gottes einen Grausen empfindet, so er die Predigt nit gern höret; o Dio, sprich ich, mit dem Leben ist es aus, und zwar mit dem ewigen Leben, dann meine Schäfel hören meine Stimm, spricht unser Herr bei Joanne 10. c. Der dann die Predigt, welche eine Stimm Christi, nit gern höret, ist kein Schäfel des Herrn, sondern wird einmal am jüngsten Tag gestellt unter die verdammten Böck zur linken Hand.

Schuldiger Diener, Herr Doktor, woher? Sie seynd gewiß bei der Predigt gewesen, weil ich sie allhier nit weit von der Kirche antriff; das nit, gab er mir die Antwort, das nit, dann meine Geschäfte lassen es nit zu, gestern Abends habe ich mit meinem Collega gelabetet bis um halbe eilf Uhr, heut bin ich erst um achte aufgestanden, und also gleich als ein Jägermeß gehöret, anjetzo wische ich über meine Schriften, Nachmittag setzt es doch wieder etwas ab etc. Ich achte mich der Predigt nit viel, ich hab deren nur gar zu viel von meinem Weib zu Haus, a Dio, servitor Pater. Als wir uns dergestalten von einander [319] scheideten, da vernahm ich ein paar ehrliche Burger hinter mir, welche gar deutlich und wohl verständlich von der Predigt also redeten. Ei, ei, es ist immer schad, daß dieser Jurist nit bei der Predigt gewesen, dann er fürwahr ein Gutes hätt in Busen bekommen, war doch fast des Paters ganzes Reden von den Advokaten und dero mehrmal gewissenloses procedere. Gar viel stehen freimüthig von dem Rechtführen ab, sagte der Prediger, weil so viel Unkosten aufgehen, damit sie nicht gar hierdurch zum Bettelstab gerathen. Lazarus lag 4 Tag im Grab, Lazarus steckt 4 Tag im Grab, bis ihn endlich Christus erweckt etc.; 4 Tag gehen hin, aber mein Recht, sagt mancher, bleibt schon liegen nit nur 4 Tag, nit nur 4 Wochen, nit nur 4 Monat, sondern schon 4 Jahr, 4 ganze Jahr steckt es schon, foetet, das kann ja keinem wohl schmecken, unter der Zeit lauft die Bestallung des Advokatens gleichwohl fort, unter der Zeit muß ich immer dem Doktor spendiren, sein Schreiber, der bis an den Hals gestudirte Maulaff, will auch beschenkt werden. Gott, wann nur einmal dieser Lazarus erweckt würde? Mein lieber Mensch, du mußt glauben, daß der Doktor an dir eine gute Melkkuh hat, du mußt wissen, daß des Advokaten sein Beutel mit dem deinigen in nahender Verwandtschaft ist; ja gar Bruder, du muß gedenken, wann du schon gern von ihm los wärest, daß er herentgegen von dir nit gern los wäre (zwar los ist er genug), brauchest du ihn nit, so braucht er dich, daß er dein Recht so langsam zu einem gewünschten End bringt; er wills nit über das Knie abbrechen, damit fein der Handel [320] ganz bleibe, eilen thut kein gut, sagte der Schneck, der 7 Jahr über die Brucken gekrochen, und gleichwohl gestolpert, aus dem Langsam wächst ihm sein Interesse, aber ist das recht? einRecht führt er wohl, aber nit recht, dann was er in vier Wochen hätte können zu einem Ausgang bringen, und selbiges erst in 4 Jahren vollendet, so ist unterdessen deine Ausgab sein Diebstahl, wann es durch seine Bosheit oder Fahrläßigkeit also prolongirt worden.

Jener Feigenbaum ist durch des Herrn Malediction völlig verdorben, es ist ihm recht geschehen, warum hat er dem Heiland nit einige Frucht gespendirt. Aber ich, sagt mancher, hab meinem Advokaten etlich Jahr her so viel gespendirt, ich wollt, daß ihn etc., und bin letztlich gleichwohl verdorben, dann mein Gegentheil mir das Recht abgewonnen. Schneidewinus ist ein rechter und wackerer Jurist, aber mein Advokat heißt Schneidofftius; dann er mir je und allweg aufgeschnitten, daß er wolle den Handel gewinnen, ich hab eine gerechte Sach etc., unterdessen hat er mir den Beutel geschrepft, das ist ja nicht recht. Schragius ist ein stattlicher Jurist, aber mein Advokat hat manchem schon das Recht so lang hinausgeführt, bis er auf dem Schragen gelegen, ich glaub und fürchte, es werde mir nicht um ein Haar besser gehen, dann ich merke, seine Aktiones richten sich nach dem alten Kalender. Schilterus ist ein trefflicher Jurist, aber mein Advokat heißt Schiltallzeit, der hat schon manchem Teufel ein Ohr abgeschworen, er wolle inner der und der Zeit die Sach zum End bringen, es ist aber sein Kram nie eine Waare. Sprengerus [321] ist ein guter Jurist, aber das hat er nit geschrieben, daß mich mein Advokat schon Jahr und Tag soll wie einen andern Narren herumsprengen, von Pilato zum Herodes, indem er doch die Sach in drei Tagen hätte können vollziehen. Schacherus ist ein trefflicher Jurist, aber das hat er nit gelehrt, daß mein Advokat soll mit den Parteien also schächern, dann er kaum eine Schrift von einem halben Bogen aussetzt, so begehrt er schon ein Dutzend Tölpelthaler, der häßliche Mensch. Strikius ist ein guter Jurist, aber das hat er nie geschrieben, daß ein Advokat wie der meinige, sowohl mir, als auch dem Gegentheil dient, und also beiderseits stiehlt, dessenthalben er schon hundert Strick verdient. Wurmserius ist ein guter Jurist, aber das hat er wohl nit geschrieben, daß ein Advokat soll den Parteien also den Wurm schneiden, wie es der meinige thut. Linkherus ist gar ein guter Jurist, aber das hat er gar nit docirt, daß ein Advokat soll link und recht seyn, wie ich einen hab, dann wer ihm viel gibt, dem ist er recht, der ihm wenig spendirt, dem ist er link. Coler ist ein guter Jurist, aber mein Advokat ist wie ein Hund, dem mit einer Schenkaschi gar leicht das Maul zu stopfen, daß er vor Gericht nit viel bellt. Alle dergleichen Sachen seynd nit recht, sondern vor Gott und der Welt strafmäßig.

Allhier werden keineswegs verstanden diejenigen frommen und gewissenhaften Advokaten, die nicht allein justinianisch, sondern auch just seynd, sagte der Prediger, setzte auch hinzu einige Geschicht, worin sich die bösen und gottlosen Advokaten spieglen können. [322] Der heilige Dunstanus, cantuariensischer Erzbischof, aus gerechtem Eifer reformirte seine Canonicos, um weilen selbige einen sträflichen Wandel und ärgerliches leben führten, mehr liberos, als libros zu Haus hatten, wessenthalben er sie von ihren Renten und Gütern verstoßen, und in gebührende Straf gezogen, welches Verfahren Gott selbst, und zwar durch ein Wunderwerk gut geheißen und bestätiget. Nach vieler Zeit wollten die Erben besagter Domherrn ein Recht führen mit Dunstano, und haben hierzu einen gewissenlosen Advokaten erkiesen, der auch, so man es ihm bezahlt hätte, wider das Vater unser einen Prozeß geführet, dieser schlimme Gesell, unangesehen, daß er wußte, daß auch das gefällte Urtheil Dunstani vom Himmel approbirt worden, brachte gleichwohl aus geldgierigem Gemüth seine lange, breite, dicke, tiefe Klagred vor, als hätte Dunstanus nit Fug und Recht gehabt, obberührte Domherrn ihres üblen Verhaltens halber von ihren Einkünften zu verstoßen; worauf der heilige Mann ganz freundlich geantwortet, wie daß er schon alt sey, und deßwegen Ruhe halber auf Erden kein Recht mehr, absonderlich mit einem solchen Advokaten, wie er ist, führen wolle, lasse demnach es alles Gott über, der sich der gerechten Sach wird annehmen. Kaum daß solches der heilige Erzbischof ausgeredet, da ist alsobald derjenige Theil des Hauses, allwo der Advokat mit seiner Partei gestanden, mit erschrecklichem Krachen eingefallen, und alle jämmerlich zerquetscht, da hingegen Dunstanus mit den Seinigen unverletzt geblieben. Ihr Advokaten, lasset euch dieß eine Lehr seyn etc. Ei Gott! sagten die zwei Burger, [323] wann halt dieser Doktor solche Predigt hätte gehört, wer weiß, ob er sich nit daran gespieglet hätte!

Christus der Herr war je und allemal die Sanftmuth selbsten, ja wann ihm der Himmel nit hätte den süßesten Namen Jesus geschöpft, so glaube ich, wäre er Lambert genennet worden, zumalen ihn Joannes der Täufer also getauft, ecce Agnus Dei, siehe das wahre Lamm Gottes; Christus voller Sanftmuth die drei und dreißig Jahr auf Erden, gleichwohl ein und das andere Mal hat er einen Ernst gezeigt, und gleichsam heiligen Zorn, unter andern dazumal, wie er mit entrüstetem Gesicht den Peter einen Teufel genennet hat, vade retro me Sathana, weich hinter mich Satan. Aber saget her, soll dann Petrus einmal das Amt und die Stell eines Teufels vertreten haben? wann er einmal diesen Namen verdienet hat, war es dazumal, wie er zwar gutmeinend dem Malcho das Ohr abgehauet, dann meistens der Teufel nur auf die Ohren des Menschen gehet, er sieht, er sucht, er sendt, er sinnt nur, wie er den menschlichen Ohren eines versetzen kann, damit sie das Wort Gottes und die Predigt nit anhören, dann ihm gar zu wohl bewußt ist, daß ihm niemand mehr Seelen aus den Klauen reißt, als ein Prediger.

Moses hat nur einmal aus einem harten Felsen mit seiner Wunderruthe Wasser heraus gelockt, aber ein eiferiger und ein apostolischer Prediger wiederholet solches Wunder öfter, indem er einem manchen großen Sünder die Bußzeher aus den Augen treibt, wie dergleichen anziehet Speculum Exemplorum, daß nemlich einer gewest, der lange Zeit einen lasterhaften [324] Wandel, ein freies und freches Leben geführt, und anbei keiner Predigt geacht, er stund etwann in der Furcht, der Prediger möcht ihm die Puls greifen, weil aber auf eine Zeit ein fremder Prediger ankommen, der wegen seiner stattlichen Gaben sehr berühmt, und einen unbeschreiblichen Zugang des Volks hatte, also hat ihn auch der Vorwitz gekitzlet, daß er einsmals bei der Predigt erschienen; es war aber dazumal aus göttlicher Vorsichtigkeit der Prediger gleich ganz eiferig wider dasjenige Laster, so diesem Gesellen sein Gewissen beschwerte, und wie der Mann Gottes seine Augen geworfen auf diesen elenden Sünder, so sah er, daß solcher von dem Teufel an einer großen Kette angefeßlet wurde gehalten, dahero er noch mit heftigerm Eifer wider solches Laster von der Kanzel getobet, und sattsam dargethan, daß dergleichen Sünder rechte Sclaven und Leibeigne des Satans seyen, wodurch diesem endlich das Gemüth erweicht worden, daß er anfangs tiefherzig geseufzet, nachmals die heißen Zäher aus den Augen vergossen, deren ein einiger auf die große Kette gefallen, solche alsobalden zersprengt, und folgsam den Satan in die Flucht gejagt. So viel nutzt das Predigt hören!

Pelagia war eine öffentliche Sünderinn zu Antiochia, ein Gräuel und Verführerinn der Jugend, ein Wust aller erdenklichen Laster, eine Vertilgerinn aller Ehrbarkeit, mit einem Wort, ein Original der Unzucht, und die Venus selbst; sobald sie aber einsmalen die eiferige Predigt des heil. Bischofs Nonni angehört, ist sie hierdurch also bewegt worden, daß sie von Stund an den strengen Bußwandel angetreten,[325] und bereits in die Zahl der großen Heiligen gesetzt worden, massen ihr Festtag den 8. October begangen wird. So viel nutzt das Predigt hören! Wäre nun dieser Advokat bei dem Wort Gottes gewesen, was gilts, er wäre in sich selbsten gegangen!

Hans Obermayr, Gregor Untermayr, Lenz Mittermayr, drei wohlgesessene Bauren, die können nicht genug loben die Predigt, so ihr Herr Pfarrherr gethan, bedauern anbei nichts mehrers, als daß ihr Herr Pfleger nit dabei ist gewesen, weil er daraus hätte lernen können, wie man mit den armen Unterthanen und arbeitsamen Bauernvolk soll umgehen. Die Predigt richtete er nach den Worten unsers Herrn, Joan. 15. c. Pater meus agricola est etc., er lobte über alle Massen den Baurenstand, wie lustig derselbige sey, wann man nur mit den armen Leuten menschlich umgehet. Wohl recht hat jener gesagt oder gesungen:


Mein Vater ist kein Edelmann,

Das sieht man an seinen Gebährden an,

Vertraulich, aufrichtig, wacker,

Seine Kutsche ist ein Ackerpflug,

Die Rößlein haben Arbeit gnug,

Den ganzen Tag im Acker.


Der Apfel fällt nit weit vom Stamm,

Hab ich doch meines Vaters Nam,

Und hab auch seine Tugend,

Ich setz mein Leben nach dem Ziel,

Was ich im Alter treiben will,

Beweis ich in der Jugend.


[326]

Die goldne Kett'n und Silbergschmeid

Seynd von den Bauren fern und weit,

Es tragens nur die von Adel.

Kein Baur mit einem Kleinod prangt,

Sein Kleinod an einem Strohhalm hangt,

Das ziert seinen Hof und Stadel.


Den ganzen Tag wohl durch und durch,

Wann ich im Acker mach eine Furch,

Geht alles wohl von Handen,

Die Lerchenvögel mamcherlei,

Sie singen schöne Melodei,

Seynd meine Musikanten.


Die Schwalben trösten mich immerzu,

Zu Mitternacht, zu Morgens fruh,

In meinem Haus sie nisten,

Sie singen, kosten doch nit viel,

Ich liebe dieses Federspiel,

Vor sieben Lautenisten.


Zu Morgens wann der Tag angeht,

Die blumenfarbne Morgenröth

Verguldt die Spitz der Eichen,

Den Tag hat schon gekündet an

Der Gockelhahn, der Hennenmann,

Auf, auf, gibt er ein Zeichen.


Der Bauersmann hat ein bsondern Lust,

Ob es ihn gleich viel Arbeit kost,

Kann er sich dannoch laben,

Den Banren wird voran vergunt,

Auf grüner Haid ein Ort gesund,

Gleichwie stes wollen haben.


[327]

Ihr Burger bleibt ihr in der Stadt,

Bedeckt mit euren Häusern satt,

Verschlossen hoch mit Mauern,

Wir wohnen gern im freien Ried,

Da wird gleichwohl ein frisch Gemüth

Vergönnt uns armen Bauren.


Nur eins ist (sey es Gott geklagt)

So uns armen Tropfen plagt,

Die Pfleger und Verwalter,

Die zwacken uns, und schinden gleich,

Wollt lieber sie wärn im Himmelreich,

Ich betet gwiß ein Psalter.


Der ammonitische König Hanon hat die Knecht des Davids wohl spöttlich traktirt, wie es die hl. Schrift umständig erzählet, derowegen nahm Hanon die Knecht des Davids, und schor ihnen den Bart halb ab, und schnitt ihre Kleider halb ab, bis auf die Lenden, und ließ sie hingehen etc., das war ein schändliches Verfahren mit den guten Leuten, aber leider gibt es bisweilen Pfleger und Verwalter, welche die armen Bauren nit nur halb barbieren, wie diesen Leuten begegnet, sondern ganz und gar scheren und schinden, wie werden solche einstmals dem göttlichen Richter können Rechenschaft geben, von denen schon längst der Prophet David ausgesprochen: »qui devorant plebem meam, sicut escam panis, es seynd diese solche unmenschliche Leut, die den armen Unterthanen verschlucken und verzehren, wie ein hungeriger Bettler ein Stückl Brod.« Adam war der erste Verwalter im Paradeis, sein Kleid und der Frau Eva als Verwalterinn Kleid war ein Schaf-Fell, aber der [328] Zeit ist eines manchen Pflegers-Kleid gar eine Bauren-Haut, die er dem armen Tropfen abgeschunden.

Von dem König Nabuchodonosor ist bekannt, laut heil. Schrift, daß er in ein wildes Thier sey verkehrt worden, und also wie Ochs habe müssen Gras essen. Man wird fast an manchen Ort dergleichen antreffen, daß durch der Pfleger harte Tyrannei der Unterthan gleichsam wie ein wildes und vernunftloses Thier gehalten wird, auch bisweilen seine Noth schon so groß, daß weder er, weder Weib und Kinder, ein Stückl Brod zu Haus, und findet man endlich ein Brod in seiner baufälligen Rauchstuben, so ist dasselbe der schwarzen Erd nicht ungleich, da unterdessen ihrStreng Herr Verwalter im Wohlleben brauset, der Unterthan aber als ein armer Lazarus schier vor Hunger stirbt etc. Dergleichen mehr haben diese drei Bauren erzählt, auch sich anbei beklagt, daß ihnen die ganze Predigt nit mehr in dem Gedächtnuß sey, es sey nur immer Schad, daß der Herr Verwalter nit dabei gewesen, vielleicht wäre er in sich selbsten gangen. Es war aber der Kastenschreiber dazumal in der Kirchen, welcher noch denselben Tag dem Herrn Verwalter solche Predigt ganz wiederholt, worüber er sich dermassen erzürnet, in Erwägung, als wäre hierdurch seine Hoheit beschimpft, daß er in alle erdenklichen Schmachreden ausgebrochen: was, sagte er, der Pfaff ist selbst nichts nutz, der mord etc. Was er mir? schaue er in das erste Buch, in das erste Kapitel der heil. Schrift, da wird er antreffen, nachdem der Allmächtige die Welt, und Alles, was in der Welt erschaffen, finden wird er, daß dazumalen der [329] Geist Gottes ober dem Wasser schwebte, Spiritus Domini ferebatur super aquas, und ist die Ursach dessen gewesen, weil Gott der Herr hat vorgesehen, daß künftiger Zeit das Wasser solle abwaschen, und die Menschen reinigen von der Erbsünd in der hl. Tauf, als wollte er, daß selbiges zuvor mit dem Geist Gottes versehen würde. Will nun ein Prediger durch das Wort Gottes die Menschen von Sünd und Lastern reinigen, so ist vonnöthen, daß auch der Geist Gottes bei ihm sey, es ist vonnöthen, daß er in allweg einen geistreichen Wandel führe, und was, soll mich mein Pfarrherr, sagt der Verwalter, vieler Defekt und Mängel beschuldigen, der selbsten nichts nutz, ja wohl geistreich; unser Herr hat in der Wüste 40 Tag gefastet, nachmals erst das Predigtamt angetreten, der Pfaff hat fast alle Tag einen Rausch, und will noch über andere schmähen? Gemach, gemach, Herr Pflegel, ein Prediger muß die Wahrheit reden ohne Scheu. Ihr seyd ja nit mehr als der Kaiser Valens, und gleichwohl hat ihn der hl. Basilius nit verschont. Ihr seyd nit adelicher als die Kaiserinn Eudoxia, und dannoch ist wider sie aufgestanden der hl. Joannes Chrysostomus. Ihr seyd nit höher als der Kaiser Konstantinus, und gleichwohl hat ihn nit verschonet der hl. Hilarius. Ihr seyd ja nit vornehmer als der Kaiser Theodosius, und dannoch hat ihn gestraft der hl. Ambrosius. Ihr seyd ja nit besser als der König Theodorikus in Frankreich, und gleichwohl hat ihm die Wahrheit geprediget der hl. Bernardinus Senensis. Ihr seyd ja nit herrlicher als ein Ezelinus in Welschland, und gleichwohl hat ihm seine Unthaten [330] verwiesen der hl. Antonius Paduanus. Ihr seyd ja nit mächtiger als ein König Trasamundus, und dannoch hat ihm scharf zugeredet ein hl. Fulgentius. Ihr seyd ja nit majestätischer als ein König Henrikus in England, und dannoch hat sich der hl. Anselmus kein Blatt vor das Maul genommen, als er in Gegenwart seiner geprediget. D, gibt mir zur Antwort dieser, wann der Pfarrherr heilig wäre, so hätts eine andere Farb, aber ist selber nit vier Haller werth etc. Piano Herr Pfleger, Dismas war ein schlimmer und gottloser Mensch, und dannoch hat er seinen Mitkameraden zum Guten ermahnet, wessenthalben der Herr ihm das Paradeis ertheilt, wie es bezeugt der hl. Joan. Chrysost. Der Pfarrherr ist ein lauterer Idiot etc. Wer weiß obs wahr ist? und wann schon, es ist auch aus dem Eselskinnbacken des Samsons ein klares Brunnenquell geflossen. Der Pfarrherr hat selbst ein Gewissen, daß ein schlesischer Fuhrmann könnt darin umkehren. Das ist zu viel geredt, Herr Pfleger, und wann es auch dem also wäre, was hindert es! Elias hat ein Stuck Brod von einem Engel, und ein Stuck Brod von einem Raben bekommen, mein, von welchem Stuck ist er feister worden? Es predige dir nun ein Engel oder ein Mensch, ein Pfarrherr oder ein Religios, ein Heiliger oder ein Böser, ein jeder gibt dir eine heilsame Lehr, ein jeder gibt dir eine Seelenspeis. Im Reich, und absonderlich im Schwabenland, wird man auf dem Weg und Straßen gewisse Säulen antreffen, mit einer ausgestreckten hölzernen Hand, wobei auch eine Schrift, zum Exempel, da geht man nach Nürnberg etc. Hier ist der [331] Weg nach Ulm etc. Nun müßt einer sehr thor und albern seyn, der solcher Säulen ihren Rath nit folgen thät, um weil sie den Weg nit selber geht etc. Also thut nit weniger unweislich derjenige, der sich an die Lehr des Predigers nit kehret, aus Ursachen, weilen der Prediger selbst anders lebet, und lehret; was kann klarer scheinen, als jene Wort, so aus dem göttlichen Mund selbsten geflossen? Derowegen haltet und thut Alles, was sie euch sagen, aber nach ihren Werken sollt ihr nit thun, dann sie sagen es wohl und thuns nit.

Guten Morgen, meine Frau Wirthin, bei der Frau geht es schon lustig her, dann ich höre schon einige Gäst Vormittag in der Frau ihrem Haus, was wird erst Nachmittag geschehen? Ja, sagt sie, es seynd etliche Burger, denen der Wermuth gar wohl schmeckt, wie ich dann etliche Bekannte erblickt: Ho, ho, sprach ich, Gürtler Hans, was thut man Vormittag im Wirthshaus? Meister Theobald, wie so eifrig bei der Kandel, Herr Pürzinger, warum findet man die Leut allhier? Habts eine heilige Meß gehört? Was dann bei den PP. Kapuzinern, habts auch eine Predigt gehört, weil heut ein Feiertag? Das nit, etwann werdet ihr die nachmittägige Predigt hören? das gar nit, Nachmittag kommen wir wegen des Handwerks zusammen, und wann auch dies nit wäre, so spielen wir ohne das ein Jausen aus. O meine lieben Leut, wie, und was großen Schaden euch die Verabsäumung des Wort Gottes verursache, hätte ich Jahr und Tag zu erzählen, allem Ansehen nach seyd ihr heut acht Tag auch nit in der Predigt gewesen. O [332] wie schön hat es der Pater vorgetragen, woher es komme, daß manchesmal in dem Haus eines Burgers kein Glück noch Segen sey?

Nichts schädlichers kann einem Haus widerfahren, als wann Gott von demselben weichet, denn Gottes Abwesenheit ist alles Unglücks Gegenwart. Auf dem Berg Thabor, wo der Herr Jesus seine Glori denen Dreien ganz treu gezeigt hat, ist eine große Furcht entstanden, timuerunt valde, aber warum eine Furcht? dörft euch gar nit fürchten meine Apostlen, dann alles, was ihr sehet, ist eine Glori, und zwar keine irdische, welche meistens wurmstichig, sondern eine himmlische. Was ihr höret ist eine himmliche Stimm, und zwar die Stimm Gott des Vaters, und nit das Wort eines Menschen, das öfters ungewichtig ist. Was um euch ist eine helle und klare Wolken, so über Silber und Gold glitzt und glanzt, schimmert und scheint, habt also nit Ursach zu fürchten, timuerunt valde, gleichwohl war ihnen nit wohl bei der Sach, und der Schrecken nit klein dazumal, dann wie sie die Wolken umgeben, da haben sie unsern lieben Herrn nit mehr gesehen, und folgsam der Meinung, als hätten sie ihn verloren, und das jagte ihnen eine solche Furcht und Schrecken ein, dann sie wußten wohl, wo Gott abweichet, da weichet alles Glück und Segen ab, wo Gott nit ist, da ist alles Uebel, wo Gott den Ruthen zeigt, da weiset der Teufel das Angesicht.

Martha zu Bethania hat es wohl in keiner Kuchel-Rhetorika gelernet, wie sie schön, so weislich, so heilig geredet hat, benanntlichen Domine etc. Herr! sagte sie zu dem Heiland, mein Herr, wann du wärest [333] da gewesen, so wär mein Bruder nit gestorben, als wollt sie sagen, daß Gottes Gegenwart alles Gute, und Gottes Abwesenheit alles Ueble ausbrüte.

Denen dreien weisen Königen aus Orient, welche dem neugebornen Messiä zu opfern aus Arabia gar nach Bethlehem gereißt seynd, ist der Stern ihr größtes Glück gewesen, welcher ihnen als ein himmlischer Wegweiser ist zugegeben worden, dann durch diesen seynd sie zu Gott und zu dem wahren Glauben gelanget, dann nach der glorreichen Himmelfahrt Christi des Herrn hat sie der hl. Apostel Thomas getauft, in dem wahren Glauben vollkommen unterrichtet, auch zu Priester und Bischof geweihet, welche dann in ihrem Vaterland sehr großen Seelen-Nutzen geschafft, unzählbar viel zu dem wahren Glauben und Licht gebracht, endlich alle drei in der königlichen Stadt di Seve gestorben, und zwar der Melchior im hundert und sechzehnten Jahr seines Alters den 6. Januarii. Der Kaspar im hundert und neunten Jahr den 1. Januarii. Der Balthasar im hundert und zwölften Jahr den 11. Januarii, und also in Einem Monat, ob zwar nit an Einem Tag, doch aber eines gleichen Tods gestorben, massen sie alle drei nach der königlichen Stadt di Sevi verreißt, allda die Festiviter der Geburt Jesu Christi zu celebriren, woselbst sie alle drei, nach gehaltenem hl. Meßamt, ihren seligen Geist aufgeben, welche auch allda begraben, nachmals aber von der hl. Helena nach Konstantinopel in den Tempel Sophiä gebracht, von dannen nach Mailand in die Kirche Eustorgii, endlich Anno 1164. von dem Kaiser Frideriko Barbarossa nach Köln überschickt worden, [334] allwo sie noch mit größter Andacht verehrt werden. Und dies den kuriosen Christen, ob zwar nit gar sehr, ad propo zu einer kleinen Nachricht. Nun ihr heilige und glorreiche Weisen aus Orient habt all euer Glück dem Stern zuzumessen, der euch nach Bethlehem geführt hat, aber sagt her, wo ist der Stern gestanden? wo?ubi erat puer? wo das göttliche Kind war, ober dem Stall, wo halt Gott war, dort war auch der Stern. Habt ihrs Burger recht vernommen? wo Gott ist, da ist auch der Stern, dort ist Glück und Stern, aber in eines manchen Burgers Haus ist Gott nit, dessentwegen auch kein Glück und Stern, dann wie kann alldorten Gott seyn, wo alles wegen des steten Fluchen und Schwören und Uebelwünschen des Teufels ist. Höre nur einer zuweilen, wie es in dem Haus dieß und jenen Burgers hergehet. Heißt es nit oft, das Haus ist des Teufels, es kost mich schon so viel, daß ich um das Geld, so ich hin und her verflickt, hätte können ein neues bauen. Die Stuben ist des Teufels, sie ist ja so finster, daß ich noch bald um Mittag muß ein Licht brennen. Die Kammer ist des Teufels, sie ist so feucht, daß einem alle Kleider darinnen verderben. Die Kuchel ist des Teufels, sie raucht ja, daß allen in dem Haus die Augen wollen den Dienst aufsagen. Der Kasten ist des Teufels, ich muß fast allemal drei Finger anwehren, bis ich ihn kann aufmachen. Der Tisch ist des Teufels, er wacklet und wanket, wie ein krummer Bettler am Kirchtag. Das Messer ist des Teufels, wann ich es alle Tag schleife, so kann ich gleichwohl keinen Haberbrei mit schneiden. [335] Das Kleid ist des Teufels, es zwängt mich bald enger, als die Spanier ihre Hosen. In Summa, alles ist des Teufels, folgsam gehöret Gott nichts zu im Haus, ja wann Gott wollt auch in einem Sack vorlieb nehmen, so vergönnet man ihm solchen nit, dann es heißt ja, der Sack ist des Teufels, ich verlier fast alle Tag etwas daraus etc. Indem nun das ganze Haus, und alles, was im Haus des Teufels ist, wie es der gemeine Fluch täglich gibt, so kann ohne allen Zweifel der liebe Gott nit darinnen seyn, dann die Archen Gottes und des Teufels Dagon vergleichen sich nit; wann dann Gott nit darinnen, so ist auch, und kann auch nie darinnen seyn Glück und Stern, wie oben sattsam erwiesen worden. Wohlan dann, mein Burger, weißt du schon die Ursach, warum Glück und Segen aus deinem Haus verbannisirt?

Wie manchen hat solches Fluchen in das größte Verderben gebracht! Zu Rom, unweit bei St. Georg in Velabro hat sich zugetragen, daß etliche Weiber gewaschen, hierunter eine gewesen, die der andern ein Hemd entzogen, und weilen aus gewissen Beweisthumen der Argwohn und Inzücht auf sie ergangen, damit sie solche üble Meinung von ihr möchte schieben, hat sie angefangen, nach böser Gewohnheit, zu fluchen, und ihr selbst übel zu wünschen, sprechend, des Teufels bin ich, und die Erd soll mich lebendig verschlucken, wann ich diese Sach entfremdt habe; kaum ist solcher gottlose Wunsch ergangen, ist alsobalden die göttliche Verhängnuß über sie kommen, die Erd sich unter ihr aufgesperrt, und solche in Gegenwart vieler[336] Leut lebendig verschluckt; diesen Ort zeiget man noch auf den heutigen Tag.

Anno 1598 hat Armuth halber eine ehrliche Frau von Rom sich hinweg begeben, und nach Talicot gereiset, daselbsten ihr Stückel Brod zu gewinnen mit Nähen, und Stricken, und Sticken, und allerlei dergleichen Arbeit, wie dann auch etliche junge Mädel von ihr in diesen Dingen unterrichtet worden, unter denen eine sich eingefunden, welche der anderten ein gar schönes Messer entfremdet, und weilen auch sie dieses Diebstahls beschuldiget worden, also ist sie ebenmäßig, allen Argwohn zu nehmen, in diese Wort ausgebrochen: des Teufels bin ich, und wollte, daß ich stockblind würde, wann ich dieß gethan; dieß hat nit lang hernach seinen Ausgang genommen, dann 2 Tag hernach ist ihr das eine Aug von freien Stücken völlig ausgeronnen.

Ein Soldat, sonsten de Burgo genannt, wollte gar nit glauben, daß Franciscus von Assis so heilig sey, und daß er so große Wunderwerk thue, dahero er einst gesagt: des Teufels bin ich heut, und verlang den heutigen Tag nit auszuleben, wann er heilig ist. O freche Zung! denselben Tag noch ist er von seinen nächsten Befreundten entleibt worden.

Unzahlbar viel dergleichen Begebenheiten könnten beigebracht werden, wann auch der gütigste Gott nit gleich verhängt über den Menschen, so läßt er doch mehrmalen dem bösen Feind die Gewalt über das, was zugehörig dem Menschen, dahero sich nit zu verwundern, wann weder Glück noch Stern im Haus, weder Benediction und Segen in der Haushaltung,[337] weder Heil noch Wohlfahrt in der Hauswirthschaft, weder Fried noch Lieb unter den Hausleuten, weder Nutz noch Genuß in der Hausarbeit, weilen durch solche üble Wünsch und Lästerwort auch Gott nit darin. Das war eine rechte Lehr vor die Burger, aber diesen schmeckte das Frühstück besser, als die Predigt. Auf solche Weise will ich euch Stockfisch nit heißen, dann ihr noch schlechter, als dieselbigen, massen solche zu Arimini neben andern Fischen die Köpf aus dem Wasser gehebt, und der Predigt des heil. Antonii von Padua zugehört. Ochsenköpf will ich euch nit heißen, weilen ihr noch geringer, als diese, dann solchen der h. Adalbertus, als anderter Bischof zu Prag, auf freiem Feld geprediget, und sie ihn mit Aufmerksamkeit angehört, auch mit Neigung der Köpf das Wort Gottes approbirt. Verbainte und harte Köpf will ich euch nit heißen, aber gleichwohl seyd ihr härter als die Stein und Felsen, welche des gottseligen Bedä Lehr und Predigt angehört, auch zum End derselben alle mit heller Stimm Amen aufgeschrien.

Herr Ferdinand Relfel, (lese dieß zuruck) ich weiß, daß der Herr ein wackerer Student ist, mein wie hat dem Herrn die heutige Predigt gefallen? der Teufel hol mich, sagt er, ich hab nit aufgemerkt, ich hab die ganze Zeit geredet mit der und der, sonsten gibts auch keine Gelegenheit etc. Das hab ich mir wohl eingebildet, dann ich kenne der Studenten ihre Eigenschaft. Vorwahr, derjenige ist kein Student gewesen, welchem unser lieber Herr, als er von denen Gränzen Tiri gangen, durch Sion an das galiläische Meer, mitten in die Grenzen der zehen Städt mit [338] seiner göttlichen Allmacht hat gesund gemacht, dann derselbige war taub und stumm zugleich, aber die Studenten seynd nie stumm, auch sogar in der Kirche nit, wohl aber taub und gehörlos, forderist unter der Predigt.

In der Insel Gilon an den moluchischen Grenzen haben die Menschen so große Ohren, daß sie sich damit, als wie mit einem Mantel bedecken, ja wann sie liegen, so dient ihnen ein Ohrwäschel anstatt des Unterbetts, und das anderte anstatt der Hüll oder Oberbett. Wann auch die Studenten bisweilen noch größere Ohren hätten, so thäten sie gleichwohl nichts hören, forderist in der Predigt. Ach Gott, Herr Ferdinand, der Herr hätt sollen die heutige Predigt mit Aufmerksamkeit gehört haben, dann sie ist meistens die Studenten und jungen Leut angangen, fast alles war von der Vokation und Beruf des Menschen, wie Gott der Herr denselben so wunderbarlich zu dem geistlichen Stand berufet, und wie schwer es sey, solchem Veruf nie nachzukommen.

Wie der Heiland Jesus mit seinen Jüngern samt einem großen Volk zu der Stadt Nain kommen, und bereits nit weit von dem Stadtthor gewesen, da hat man ihm entgegen eine Todtenleich heraus getragen, welche die Leut in großer Menge begleitet haben. Ach was hörte man nit vor Klagen und Wehklagen, es scheinte, als wollten die Weiber alle zu Wasser werden, forderist die Frau Mutter, die eine reiche und sehr wohlhabende Wittib, und dieser Todte war ihr einiger Sohn, der durch viel deposchirn, vagirn, galanisirn, traktirn, spaziern, bravirn, schmausirn [339] etc., (das heißt alles Irren), seine blühende Jugend also verschwendt, daß er also vor der Zeit des Tods worden, so da das einzige Leben war seiner Frau Mutter, er war wohl nit ein gebenedeites Früchtel ihres Leibs. Wie solche elende und Schmerz halber fast auch in Tod betrübte Wittib der gütigste Jesus erblickt, hat er sich alsobalden ihrer erbarmet, den Todtentragern anbefohlen, sie sollen ohne Verzug still stehen, und nachdem er sie mit wenigen aber kräftigen Worten getröst, sprach er über den Todtensarg diese Wort: »Jüngling, ich sage dir, stehe auf!« worauf alsobalden der Jüngling sich aufgerichtet und angefangen zu reden. Ist dieser Jüngling ein Student gewest, oder kein Student gewest, liegt mir nit viel daran, aber gleichwohl hat er tausend Lob verdient, und gibt einen Spiegel ab, worin sich alle Studenten ersehen. Sobald ihm Gott zugesprochen, surge, stehe auf, alsobalden hat er Gehorsam geleistet, und ist aufgestanden. Percepisti hoc Domine Studiose? Hast du nit schon vor einer geraumen Zeit bei dir selbst betracht die Glückseligkeit des geistlichen Standes? Der heil. Romualdus hat es mehrmal offenherzig bekennet, daß er hundert ganze Jahr in der Religion ein strenges Leben geführt, in der Welt aber nur 20 Jahr frei und frechlich gelebet, so seynd ihm dannoch die hundert Jahr weit kürzer und lustiger vorkommen in dem Kloster, als die 20 Jahr in der Welt. Die heil. Joanna Ranka ließ sich oft hören, daß tausend Kronen, tausend Scepter, tausend Welt, und in der Welt Lustbarkeiten nit, gar nit zu vergleichen seynd den Freuden, so eine fromme [340] Ordensperson genießet in ihrem Kloster. Carolus der Fünfte, dieses Weltwunder, pflegte zu sagen, nachdem er sich in das Kloster St. Hieronymi reterirt, daß er in einem Tag mehr Freud und Ergötzlichkeit daselbst empfinde, als die Zeit seines Lebens in so großem Triumph und Victorien. Die h. Scholastica hat es gar oft bekennt, daß, wann die weltlichen Leut wüßten die große Begnügung und innerlichen Freuden der Ordensgeistlichen, so würde fast jedermann in die Klöster eilen, auch sogar auf Leitern über die Mauren hinein steigen. Carolomannus, ein Kaiser, Lotharius, ein Kaiser, Bamba, ein König in Spanien, Veremundus, ein König zu Castell, Ramirus, ein König in Arragonien, Sigebertus, ein König in Northumbria, Ethelredus, ein König der Mercier, Trebellius ein König in Bulgaria, Henricus, ein König in Cypern, Joannes, ein König in Armenien etc., und viel andere gekrönte Häupter haben alle freiwillig Scepter und Kronen hintan gelegt, freiwillig in rauhe Kutten und Cilicien geschloffen, freiwillig in Klöster und Clausuren sich eingesperrt, und dannoch in solchem harten Lebenswandel, in stetem Abbruch und Kasteiung, in strenger Disciplin und Gehorsam bekennt, ausgesagt, und oft wiederholt, daß sie weit größere Freud gefunden und empfunden in dem Kloster beim Besenstiel und Kochlöffel, als bei guldenem Scepter, weit größern Gusto gehabt und erschnappt unter den Mönchskappen, als unter der Königskron. Paulus, der dritte römische Papst, hat es in seinem letzten Sterbstündlein bekennet und gewunschen, daß er wäre gewest ein Koch bei den Kapuzinern, als Papst bei den Romanern. [341] Leo, der eilfte römische Papst, hat kurz vor seinem Tod im Beiseyn etlicher gesagt, es wäre ihm weit besser, wann er Pfortner in einem Kloster wäre gewest, als daß er gehabt hat die Schlüssel des Himmels. Konradus, ein Kardinal, vorhero ein Cisterzienser, hat es weinend klagt und gewunschen, er hätt in ihrem Kloster die Schlüssel bishero abgewaschen, als daß er den Purpur getragen etc. Domine Studiose, das habt ihr schon längst betracht, und in Erwägung dessen ist euch um das Herz gewesen, wie denen 2 Jüngern nach Emaus, nonne cor nostrum ardens erat etc. Ihr habt euch ganz in diesen Stand verliebet. Wegen euers studentischen Wandels (auf deutsch liederlich) seyd ihr und lieget ihr auch todt dahin, wann schon nit am Leib, wenigst an der Seel, so weit übler. Nun hat euch der allmächtige Gott oft in die Ohren, oft in das Herz, gar oft in die Seel hinein gerufen, adolescens tibi dico, surge! Mein Jüngling, ich sag dirs, stehe auf, fang einen andern Lebenswandel an, tritt in diesen Orden, schenk mir die übrige Zeit deines Lebens, damit du auch gelangest zum ewigen Leben. Das ist euch ja oft eingefallen, Domine Studiose? ja sagt er, ja singt er, ja seufzt er, ja, gar oft, ich will auch in ein Kloster gehen, ich hab es schon gänzlich bei mir entschlossen, allein ich will gleichwohl noch eine Zeit hindurch die Welt genießen. O armseliger Mensch, verblendtes Gemüth! unglückselige Seel! wann dich ein großer König, ein großer Landsfürst soll zu sich rufen, würdest du nit mit aller Eil, mit aller Behändigkeit lausen und schnaufen, alles auf die Seite legen, [342] alles verlassen, und zu ihm kommen, cito, cito, citissime; und sollst du solches abschlagen deinem Gott, deinem Erschöpfer, deinem Erlöser, deinem Richter, deinem Seligmacher? Ich will, ich will, ich will, sagt ihr, das ist wild, es ist wild, es ist wild, sag ich, wer weiß, ob ihr noch acht Monat, acht Wochen, acht Tag, auch wohl acht Stund noch erlebet. Ich will, ich will, ich will, ich will, sagt ihr, dieß gilt nit viel, nit viel, nit viel, sag ich, werweiß, ob euch Gott noch einmal wird rufen? ich zweifle dran, dahero verweilet nit, nit verlängert, versaumet nit eure Vokation, eurem Beruf nachzukommen, cito, cito! Unser lieber Herr rief einstmals den 2 Brüdern, dem Peter und dem Andre, so gleich dazumalen mit Fischen beschäftiget, sie sollen ihm nachfolgen, sie aber verließen alsobalden ihre Netz, und folgten ihm nach. Alsobald, sie seynd gar nicht nach Haus gangen, und von ihren Freunden Urlaub genommen, wie dann zu glauben, daß dazumalen des Peters sein Weib, mit Namen Perpetua, noch gelebt habe. Alsobald, sie haben sich gar nit anderst angekleidt, sondern in ihren gemeinen Röcken, die zur groben Arbeit tauglich, daher geschlampt, da sie doch saubere Kleider, die sie am Sabbath pflegten zu brauchen, zu Haus hatten. Alsobald, sie haben gar nicht ihre Nachbauren, noch andere verständige Leut um Rath gefragt. Alsobald, sie haben Schiffel und Netz samt allem Fischerzeug alldorten gelassen, hätten sie aufs wenigst zuvor eine Richtigkeit gemacht, wem eins und das andere zufalle. Alsobald, continuo, haben sie solcher Vocation Gehorsam [343] geleist, und ihrem Beruf unverzüglich nachkommen.

Domine Studiose, es ist schon eine geraume Zeit, daß euch Gott und Gottes Eingebung zum geistlichen Stand berufen, und ihr haltet euch noch in dem sündigen Babylon auf, ihr sitzt noch bei denen egyptischen Zwiefeln, cito, cito, citissime, verlaßt die Welt, und eilet unter das süße Joch des Herrn Jesu Christi.

Recht hat gethan derjenige, der solches cito gar bei Faßnachtzeit, wo sonsten das Narro ein verbum commune ist, mit seinem größten Seelenheil beobachtet hat. Dieser wollte auch nach Brauch und Art der verderbten Welt dazumalen einen Narren spielen, läßt ihm also zu solchem End von einem bekannten Hausschneider ein Kleid machen, und zwar, o Bosheit, einen rechten Habit eines Ordensmanns, insgemein eine Mönchskutte, womit er also bekleidt im Haus mit tausend Possen zum allgemeinen Gelächter herum geloffen; keiner war, so nit mit diesem Frater Narciß wollte scherzen, und viel ungereimte Ding mit ihm treiben; die meisten im Haus setzten diesem vermummten und verstellten Mönch wacker mit Gläsern zu, daß er endlich ganz bezecht in das Bett wurde getragen, worin er gleich angefangen, einzuschlafen und zu schnarchen. Der Possen und muthwilliges Faßnachtspiel hatte zwar seiner Seits ein End, nit aber bei andern, als welche neue Ränk erdichtet, zu allem Wunsch war ein Barbier unter ihnen, welcher dem vollen Zapfen ohne die mindeste Empfindlichkeit die Haar abgeschnitten, und den Gesellen also geschoren, [344] wie da pflegt zu geschehen bei denen Religiosen; die Arbeit war vorbei, Bruder Narciß thät noch schnarchen. Wie er aber des anderten Tags um 8 Uhr erwachte, und bereits wahrgenommen, daß er in dieser Mönchskutte die ganze Nacht so wohl und sanft geschlafen, konnte er sich des Lachens nit enthalten, weilen ihm aber die Haar gedunkten in etwas geschwollen seyn, also hat er sich, wie pflegt zu geschehen, in dem Kopf kratzt, in währendem Kratzen aber vermerkt, daß er nit alle vorigen Haar auf dem Kopf, erschrickt deßwegen hierüber, und macht sich aus dem Bett, des Willens, in den Spiegel zu sehen, wie es dann seinen Haaren ergangen; zu dem ersten Blick in den Spiegel erbleicht er alsobalden in dem ganzen Angesicht, Jesus, schreiet er, was ist das, bist du es? oder bist du es nit? allmächtiger Gott, was ist das? ist das mein Kopf? dieser Kopf und die Kutte schicken sich zwar wohl zusammen, aber weiß doch mein Herz nichts davon, wie bin ich dann, wo bin ich dann, wann bin ich dann ein Mönch worden? wie? wo? wann? Ei so sey es, so sey es dann, so bleibs dann, (wie Gott so wunderlich dem Menschen das Herz trifft) so bleibs dann dabei, zieht den Habit aus cito, cito, citissime, nimmt denselben unter den Arm, lauft den geraden Weg nach dem Kloster, worinnen dergleichen Ordenskleider getragen wurden, wirft sich daselbsten denen Geistlichen zu Füßen, erkennet seinen Muthwillen und Vermessenheit, bittet um Vergebung seines Verbrechens, weilen er solches geistliche Kleid also verschimpft, bittet anbei mit nassen Augen, mit aufgehebten Händen, daß er möchte in[345] den heil. Orden aufgenommen werden, welches auch geschehen, indem man augenscheinlich den Beruf und eiferigen Geist vermerkt, worin er nachmals viele Jahr einen frommen und vollkommenen Wandel geführt, und nit ohne Ruhm der Heiligkeit gestorben. O Gott, wie wunderbarlich ziehest du die Menschen zu dir, zu deinem göttlichen Dienst? hätte dieser das cito, cito, citissime, nit an die Hand genommen, wer weiß, ob ihm nit solcher Geist wäre ausgeraucht.

Cito, cito, Christus der Herr kommt nach Bethania, kommt zu der sorgfältigen Martha, nachdem er mit solcher ein kleines Gespräch gehalten, fragt er nach ihrer Schwester, der Magdalena, worauf alsobalden die Martha zu ihr gangen, sprechend, der Meister ist da, und ruft dir; da sie das höret, stund sie eilends auf, und kam zu ihm; Eilends, legt keine anderen Kleider an, wie die Weiber zu thun pflegen, wann vornehme Leut kommen; Eilends, besinnet sich nit viel, was sie etwann reden solle; Eilends, legt alles aus den Händen, und lauft zu Christo dem Herrn, der sie berufen hat. Eilends, eilends muß es seyn, mein Jüngling, wann dich Gott berufen thut zu einem geistlichen Stand, dann das Verweilen ist dießfalls gefährlich. O ich muß noch zuvor gleichwohl wissen, ob mundus generis masculini, oder generis femini, ich muß wissen, was dann die Welt den Ihrigen vor Confect aufsetzt, ich muß wissen, was in der runden Welt vor viereckete Narren seynd, nach einem halben Jahr ist auch noch gut die Haare abscheeren; dieß Wissen ist nit gut vor das Gewissen Domine Studiose, dieß Wissen [346] ist vor die Seel ein bitterer Bissen, dieß Wissen hat schon manchem seinen Beruf zerrissen.

Vor wenig Jahren war ein edler Jüngling in einer Stadt des Deutschlands, dessen Namen und Haus wegen annoch stehender Freundschaft hier verschwiegen wird; welcher durch göttlichen Antrieb sich gänzlich beschlossen, in einen heiligen Orden einzutreten, und bereits von der geistlichen Obrigkeit ganz willfährig aufgenommen worden, es wollt aber mein junger Herr sich noch eine Zeitlang von der Welt mit allerlei Gespäß beurlauben, alle Tag war bei ihm ein Kirchtag, alle Zeit war bei ihm eine Mahlzeit, alle Stund war bei ihm ein Schlund, essen und vermessen seynd gemeiniglich bei einander, trinken und stinken seynd gemeiniglich aneinander, Kandel und Andel seynd gemeiniglich um einander. Mein junger Herr war trutz denen Alten zu Susannä Zeit. Mein jungerStudio- hat das Sus nit ausgelassen in der Gelegenheit; auf solche Weis' ins Kloster gehen, ist eben so viel, als sich freiwillig verwunden lassen, damit er kurirt werde. Dieß Leben währte nun eine geraume Zeit, unterdessen hat sich die rufende Stimm Gottes nit mehr in seinen Ohren, noch weniger in seinem Herzen angemeldt, der Geist ist zu Fleisch worden, das süße Manna des heiligen Ordensstands ist ihm widerstanden, der Eltern bethörte und verdammliche Kinderlieb hat ihn nit dem schlüpferigen Weg abgehalten, dahero so weit kommen, daß er München und Pfaffenhofen vorbei marschirt, und den Weg nach Donna, auf deutsch eine Frau, Donawerth genommen, mitten im Sommer eine kühle Heirath geschlossen, [347] und zwar an demselben Tag, der bestimmt war zu seiner Ankleidung, war der Tag seiner Kopulation und Vermählung; es war aber leider kein Tag der Vermählung, sondern der Bemailigung, dann wie er zu Abends s.v. auf den Abtritt ganzen, ist solcher, zweifels ohne durch sondere göttliche Verhängnuß, eingefallen, der elende Tropf in diesem wilden Brautbett erstickt, und weilen er zuvor die Livree der Diener Gottes veracht, mußte er mit des Teufels Anstrich vorlieb nehmen.

Es seynd gar viel beschaffen, wie der Jakob im alten Testament, dieser nach großer Dienstbarkeit bei dem Laban, begibt sich von dannen mit Hab und Gut, sein Gut aber bestund in einer schönen Schaf-Heerd; unterwegs begegnet ihm sein Bruder Esau, sonsten gar ein grober und ungeschlachter Limmel, dermalen aber zeigte er sich gar cortes und höflich; willkomm, sagte er zu Jakob, willkomm, mein lieber Bruder, ich erfreue mich von Herzen, daß wir einander wieder sehen, und zwar dich in so guter Gesundheit und Wohlstand, mein Bruder, thue mir die Lieb, und gehe mit mir nach Seir, ich will dich nach aller Möglichkeit bedienen; bedank mich schönstens, sagt Jakob, ich nimms vor bekannt an, allein mein Bruder Esau, du bist wohl zu Fuß, ein Jäger zugleich, du hast einen starken Gang, ich aber kann wegen meiner Schaf, worunter sehr viel tragende, nit so stark eilen, dahero thue der Herr Bruder mir die Gnad, und gehe nur voran, ich will schon gemach und gemach nachfolgen, praecedat Dominus meus, et ego paulatim sequar vestigia ejus, donec veniam [348] ad Dominum meum. Unterdessen ist Jakob gleichwohl nit, wie er versprochen, nach Seir kommen, so soll dann Jakob, der so heilige Mann, gelogen haben? pfui! versprechen und halten steht wohl bei Jungen und Alten, es entschuldiget ihn aber mein h. Vater Augustinus, sprechend, daß Jakob ihm kräftig habe vorgenommen, seinen Bruder heimzusuchen, und nach Seir zu reisen, allein unterwegs hat er sich anderst besonnen, und gedacht, sein Bruder sey ein harter Mann, hispidus, und also möchte er an den alten Haas gedenken, und folgsam hart mit ihm verfahren.

Auf solche Weise machen es gar viele junge Leut, Gott der Allmächtige ladet dieselbige durch seinen göttlichen Beruf in eine h. Religion, spricht ihnen durch die heiligen Eingebungen stark zu, die versprechen es dem Allmächtigen, sagen es redlich zu, und wann es könnte seyn, so thäten sie es auch mit einem Handstreich bestätigen, unterdessen verweilen sie eine Zeitlang, das cito ist in der Wäsch, scheiden ist ein krätiger Fisch, sie kommen in diese und jene Gesellschaft, da sagt einer, Bruder, ich müßt wohl ein Rarr seyn, wann ich ein solcher Mönch würde, dann sie tragen nit allein grobe und rauhe Kutten, sondern man geht auch grob und rauh mit ihnen um, sie tragen nit allein Strick um die Lenden, sondern es geht auchstricte bei ihnen her, sie tragen nit allein lederne Gürtel um den Leib, sondern man thut ihnen das Leder auch ziemlich gerben, sie tragen nit allein Scapulir, sondern es heißt auch, mach Disciplin super nudas scapulas, den Aposteln hat unser Herr die Füß gewaschen, aber ihnen wäscht man [349] die Köpf alle Tag. Lucas der Evangelist hat 24 Kapitel beschrieben, sie haben aber fast alle Tag so viel. Eine gute freundliche Schwester, die läßt sich auch hören; mein Herr, sagt sie, ist wohl immer schad, daß ein solches junges Blut soll zwischen 4 Mauren verderben. Wann einer bucklet ist, so kann er schon ins Kloster gehen, dann man muß ohnedieß allda viel übertragen; wann einer einäugig ist, so taugt solcher schon vor ein Mönchsleben, dann dort muß man ohnedieß gar oft ein Aug zudrucken, und dissimuliren; wann einer kropfet ist, so schickt er sich schon in eine Mönchskutte, dann er kann desto weniger die Metten verschlafen, weil er die Halsuhr bei sich hat. Mein Herr aber, sagt sie, ist von Natur mit den besten Gaben gesegnet, schön, hübsch, galant, wacker, frisch, gesund, freundlich, liebreich, stattlich, taugt also besser in die Welt, als ins Kloster, dort wird man den Herrn hart halten, mit dem Herrn hart verfahren, sie führen ein hartes Leben. O harte Bestia! deine Reden seynd gar zu weich, der arme unbehutsame Jüngling besinnet sich anderst, das Wort hart schrecket ihn ab, wie den frommen Jakob, gehet also nit dahin nach Seir, nach dem Kloster, sondern versaumet seinen Beruf, ist ihm angenehmer die Stimm des Satans, als die Stimm Jesu, bleibt in der Welt, verdirbt in der Welt.

Dann obschon in dem Weltstand auch möglich ist, fromm zu leben, heilig zu leben, so ist es doch anbei gefährlich zu leben. Quoniam licet multi sint, qui etiam in saeculari habitu bonam vitam ducere possint, tamen plerique sunt, [350] qui, nisi omnia reliquerint, salvari apud Deum nullatenus possunt.

Es soll doch manchen schrecken dasjenige, was da in der Chronik des h. Francisci protokollirt wird, daß nemlich Einer gewesen sey, den Gott mehrmalen berufen hat zu dieser seraphischen Religion, welcher Vocation der schlimme Vocativus auf keine Weis nachkommen; als er nun in seiner tödtlichen Krankheit allbereits zu dem End scheinte zu trachten, hat man ihm einen Beichtvater zugebracht, vermittelst dessen er sich mit Gott durch eine reuvolle und bußfertige Beicht könnte versöhnen. Es war aber alles vergebens und umsonst, dann er anstatt der sakramentarischen Beicht, mit viel Sakra- und gotteslästerlichen Worten herausgebrochen, auch endlich ganz klar und deutlich ausgesagt, er könne nit mehr beichten, weilen ihm Gott seine Verdammnuß allbereits angekündt, dann ihm der Herr Jesus erschienen mit zornigem Angesicht, sprechend, vocavi et renuisti, ideo vade ad poenas inferni, ich hab dich berufen, und du hast es mir abgeschlagen, dessenthalben gehe hin in die ewige Verdammnuß. O erschreckliches Spektakul!

Domine Studiose, Herr Ferdinand Relfel, wann er diese Predigt hätte mit gebührender Aufmerksamkeit angehört, ich weiß, er hätte einen sondern Nutzen davon getragen, weiß dann der Herr gar nichts aus der Predigt? Nit ein Wort. O Gott! Diabolus gehet über das Dominus, sagt der Grammatist, der böse Feind, dieser arge höllische Schalk, hat es gemacht, daß ihr nit habt zugehört, dann er in allweg sich bemühet, das Wort Gottes zu verhindern. [351] Wie schädlich und schändlich ist es, unter der Predigt zu schwätzen. Als auf eine Zeit eine große Menge Volk zu unserm lieben Herrn getreten, sein göttliches Wort zu hören, ist der gebenedeite Heiland in ein Schiffel gestiegen, welches dem Peter, dazumal aber ward er Simon genannt, zugehörig gewesen, gedachtes Schiffel ließ er ein wenig vom Gestad führen, damit das Volk desto bequemlicher könnte zuhören. Anjetzo entstehet die Frag, warum unser Herr in dem Schiffel geprediget? warum nit auf dem Wasser? massen solche Gnad gar viel Heilige gehabt, die auf dem Wasser wie auf einem krystallenen Boden gestanden. Allhier wird geantwortet, daß unser lieber Herr, dem ohnedas alle Geschöpf unterworfen seynd, gar leicht, vermög seiner Allmacht, hätte können auf dem Wasser stehen, aber er hat dessentwegen solches Mirakul unterlassen, damit die Leut desto aufmerksamer das göttliche Wort anhörten, und keiner unter der Predigt soll schwätzen, dann so er wunderlicher Weis' auf dem Wasser wie auf einem festen Pflaster wäre gestanden, so hätten sich die meisten vergafft in dieses große Wunderwerk, ja sie hätten sich des Redens nit enthalten können, sondern einer den andern gestoßen, schau, schau, Bruder Samuel, wie dieser das Wasser tritt! schau, schau, Schwager Zacharias, wie diesem das nasse Element so favorabel ist! schau, schau, Schwester Esther, wie dieser so gar nicht einen Fuß netzen thut; wann das der Jonas hält gehabt, so hätt er nit dürfen in der gefährlichen Fischerherberg drei Täg losirn, damit nur solches Schwätzen und Reden unter der Predigt möchte gemeidt werden, hat er dessenthalben [352] solches Wunderwerk unterwegs gelassen, dann Gott dem Herrn höchst mißfällig ist das Schwätzen unter der Predigt.

Wie der heilige seraphische Vater Franziskus zu Alviano geprediget, die Schwalben aber, so daselbst ihre Nester hatten, ein ungewöhnliches Geschrei verbracht, daß man kümmerlich ein oder anders Wort verstanden, da hat er solche Vögel alsobald mit folgenden Worten angeredet: ihr Schwalben, als meine lieben Schwestern, ihr habt schon lang genug geschwätzt, nun ist es Zeit, daß ich rede, ihr aber schweiget; kaum daß solches der heilige Mann ausgesprochen, da haben alle Schwalben insgesamt stillgeschwiegen, ja nit eine einzige sich gerühret, sondern zugleich mit den Leuten der ganzen Predigt zugehört.

Wann dann sogar die Schwalben unter der Predigt stillschweigen, so müssen ja rechte Galgenvögel seyn diejenigen, so unter dem Wort Gottes die Zeit mit unnöthigen, ja höchst schädlichen Reden verzehren, auch hiedurch dem Nächsten verhinderlich seyen, daß er solche heilige Lehr nit genugsam vernehmen kann.

Mein lieber Mensch, ihr seyd gewiß Hausknecht in diesem Ort? ja mein Pater, ich soll's wohl seyn, mein sagt mir, wohnt nit allhier der Herr von Opferstock, ein Herr schon bei ziemlichen Jahren? Gar wohl, sagt der Hausknecht, dieß Haus ist ihm gehörig, allein er ist dermalen nicht zu Haus, sondern in der Kirche bei der Predigt, dann er schon lang im Brauch, daß er dieses Paters seine Predigt nie versaumet; warum aber mein Hausknecht, daß ihr euch nit ebenfalls bei dem Wort Gottes einfindet? O ich, ich nie, wir [353] Dienstboten wissen ein ganzes Jahr um keine Predigt, ausser unsere Frau hält uns zuweilen eine in der Kuchel, wozu sie gemeiniglich mit einem alten zerklobenen Hafen auf der Menscher Buckl pflegt zu läuten. Ich seufzte hierüber, und wünschte, wann diese guten Leut nur die Predigt hätten gehört, die vor 8 Tagen der Pater gethan von den Dienstboten, wie wohl wär es ihnen zu Nutzen kommen.

Christus der Herr hat sich einmal von freien Stucken selbst zu Gast geladen bei einem Obristen der Pharisäer, und zwar an einem Sabbath, zu keinem andern Ziel und End, als daß er allda möchte predigen, und durch seine heilige und göttliche Lehr die Seelen bekehren. Es hat aber der gebenedeite Heiland schon gewußt die hartnäckige Bosheit dieses Obristen der Pharisäer, als der schon öfters des Herrn Jesu seine Predigt angehört, und dannoch sich nit bekehrt; warum dann, daß er sich in dessen Haus begibt, wo er weiß, daß er nichts werde fruchten? Vernimm ein wenig, mein frommer Christ, daß unser Herr nit wegen des Obristen der Pharisäer sein Haus betreten, sondern wegen des Gesind und der Dienstboten dieses Obristen, weil solche eine ganze Zeit bei keiner Predigt waren, wodurch er zu verstehen gab, wie höchst nöthig es sey, daß man auch die Dienstboten wenigst einen nach dem andern ordentlich in die Predigt schicke, damit auch sie vernehmen, was zu dero Seleenheil beförderlich ist.

Wie wohl hat vor 8 Tagen der Pater von den Dienstboten geprediget; er sagte, daß ein jeder Dienstbot soll heißen fidelis, wessenthalben jener einen Dienstboten hat lassen abmalen mit einer Geige, in lateinischer [354] Sprach fides genannt wird, welches Wort zugleich auch Treu und Glauben auf deutsch heißt, dann eines Dieners nit allein ist servire, sondern auch servare, id est, servare fidem.

Der große Patriarch Abraham schickt auf eine Zeit jeinen Diener Eliezer in Mesopotamien, damit er daselbst seinem Sohn, dem Isack, eine Braut suche und auserkiese; aber er schickte ihn nit leer, sondern gab ihm 10 Kameel mit, so alle wohl beladen, mit Silber, mit Gold, mit Kleinodien, mit stattlichen Kleidern und andern ansehnlichen kostbaren Dingen. Das muß ein treuer Diener seyn, dem man so viel anvertrauet. Eliezer reist also geraden Weg in Mesopotamien, reist gegen der Stadt Nachor, unweit derselben aber setzt er sich bei einem Brunnen nieder, von dem die Töchter der Stadt nach Gewohnheit pflegten das Wasser zu holen, und besiehlt sein ganzes negotium und Verrichtung dem allmächtigen Gott, entschließt endlich ganz beständig bei sich, daß er diejenige wolle vor eine Braut erklären, welche so höflich werde seyn, und nit allein ihm, sondern auch seinen Kameelen werde zu trinken geben, worüber dann das Glück gefallen auf die Rebekka. Wann dieser Bediente nit hätte den Namen gehabt Eliezer, so hätt man sollen ihn Simplizianum nennen. Zu Wien ist eine Gasse, die heißt die Einfalt-Straße; da hätt er wohl sollen gewohnt haben. Was hätt sich der Mensch können vor Regalien machen, vor Nutzen schaffen? Bei der Zeit seynd die Hofmeister, die Kammerdiener, die Sekretarien, die Bedienten viel witziger, weit verschlagener, wann sie auch die Stiege nit hinabfallen. Wär sein der Eliezer [355] ein halbes Jahr hin und hergereist, ist es doch nit aus seinem Beutel gangen, und wo er da und dort eingekehrt, hätt er sollen seine Verrichtung offenbaren, und an den Tag geben, da würde er gesehen haben mit Verwunderung, wie er wäre bedient worden; alle, die junge Töchter im Haus gehabt, die hätten ihm die größte Ehr erwiesen, ihn samt den Seinigen umsonst traktirt, absonderlich, wann er ihnen das Maul hätt gemacht, da hätte er ein ehrliches können ersparen, und solches in seinen Beutel stecken, ja wann er sich hätte vermerken lassen bei diesem oder jenem, sprechend: Herr, was gebt ihr mir, wann ich eure Tochter also gut anbring; es ist schon einen Kuppelpelz werth, bin versichert; er hätt sich dießfalls einen stattlichen Nutzen können schaffen, er hätt sein Lebtag kein Diener mehr, sondern ein gemachter Herr können seyn. Das seynd accidentia, welche die Beamten bei vornehmen Herren trefflich verstehen, aber Eliezer wollte im Mindesten nichts dergleichen begehen, nit um den geringsten Pfenning seinen Herrn den Abraham, beuntreuen, sondern in und allweg treu und redlich, wie es einem nechtschaffenen Bedienten wohl anstehet, leben und sterben. O wie wenig dergleichen! bei unsern Zeiten seynd die Bedienten nit also so skrupulos. Der allergeringste Küchel-Ratz in seiner schmutzigen Scharge verstehet sich auf die accidentia, und weiß gar meisterlich seine Waaren durch die Alten Bettelweiber zu versilbern. Der Herren und Frauen ist fast eine ewige Klag die Untreu der Bedienten; man möcht noch so viel Katzen schaffen, so kann man doch das Mausen nit gar hüten; man möcht so viel Augen haben, [356] eine als Suppe auf einem Bauern-Kirchtag, so heißts doch da und dort, mobile fit fixum, und kommt der Meister nemo allzeit ins Spiel; der Koch und der Kellner seynd die besten Gevatters-Leut, glauben aber nit, daß ein Frühstuck dem Diebestuck so gleich sehe, wie ein Wolf der Wölfinn; der Einkaufer vergißt seiner gar nit, und weiß sich ein Kapital zu schmieden vom täglichen Pfenning, den er auch bei der geringsten Krautstaude fexend, sogar der Petersill ist nit sicher vom Peter- stiehl etc.

Wie die Stadt Bethulia ist belagert und umringt worden, von der feindlichen Armee des Holofernis, da hat Gott der Allmächtige eine fromme und gottselige Wittib erleucht, welche solcher bedrängten Stadt zu Hilf kommen; diese war Judith. Judith putzte sich sehr stattlich auf, kraußt sich, kleidt sich, ziert sich, schmuckt sich, und gehet solcher gestalten zur Stadt hinaus, kommt in das feindliche Lager, von dannen gar in die Zelt des Kriegsfürsten Holofernis; die meisten glaubten es, weil sie sich so freundlich stellte, als wär sie eine Bestellte; fast alle meinten, weil sie sich also gericht, als wärs eine Richtige, sie isset mit, sie trinket mit, sie redet mit, sie schmutzt mit, sie lacht mit, sie mit Holoferne in die Kammer gehet mit, alle urtheilten, sie halts auch mit; aber weit gefehlt. Sie schneide dem berauschten Holoserni den Kopf ab, das war ein Hauptstuck von einem heroischen Weib. Sag nur keiner mehr, daß die Weiber kein Gouraggi haben, sondern schwach, furchtsam, und schläferig, um weilen die Eva erschaffen oder formirt worden aus der Rippen des Adam, als er geschlafen. Judith eine Heldin [357] über alle, nachdem sie diese Tapferkeit begangen, gibt den abgehaueten Kopf ihrer Kammer-Magd, welche solchen ganz behutsam in die Taschen verborgen, und folgsam ungehindert mit solcher stiller Victori in die Stadt zuruckgekehrt. Die Kammer-Jungfrau hat geheißen Abra, und diese hat um alle Anschläg gewußt ihrer Frauen. O was hätt sie dazumal ihr für ein Glück können schmieden! wann sie solches Vorhaben, solche Anschläg in der Still dem Holoserni hätt entdeckt, sie hätt ein groß Stuck Geld von der Kriegskassa bekommen, sie hätt einen Rittmeister, wo nit gar einen Obristen können heirathen; sie hätt können Ihr Gestreng, wo nit gar Ihr Gnaden heißen. Wann ihr nach Haus kommt mein Mensch, so müßt ihr wieder zum Kleckelküß sitzen, auch noch eine Weil warten, bis euch etwann mit der Zeit ein verdorbener Wirth zu Theil wird; was seyd ihr dießmal vor eine Gisplin gewest, wie könnt ihr so gar mit dem Glück nit umgehen. Das sey weit von mir, sagt diese guldene Kammer-Jungfrau Abra, Gott behüt mich vor einer solchen Untreu; wann ich auch die ganze Welt könnte gewinnen, so wollt ich solches nit thun, ich bin ein Dienstbot, ich hab meiner Frau Treu und Glauben geschworen, die will ich auch halten, auch bis in Tod, Gott wird mir anderseits schon helfen. O wie wenig seynd dergleichen! bey unseren Zeiten seynd die Dienst-Menscher wohl anders beschaffen. Nur Geld her, so gelt ihr alles bei ihnen; nur einen Mieder-Zeug her, so zeigen sie, so zeugen sie, ziehen sie, wie es dir gefällt; nur ein feines Börtl her, da wird der Bärtl erfahren, was das Börtl vermag; nur ein Stuck [358] taffeter Bänder her, da wird die Seiden gar leicht die Seiten einhandlen; nur gespendirt, da wird man sehen, daß das Geben nicht vergebens ist etc.

Der heilige Matthäus am 1l. Kapitel macht einige Meldung von treuen Dienern und rechtschaffnen Knechten; diese traten von freien Stücken zu dem Haus-Vater, und brachten ihre Sach vor mit dergleichen Worten: Mein Herr! wir wissen, Uns zu erinnern, daß du überaus guten Saamen ausgeworfen, es sollte ja nichts als die purlautere Waizenblühe hervorbrechen, nun aber befindt sich die Sache ganz anders, dann der böse Saamen ist mit unterloffen; das leidige Unkraut hat den ganzen Acker überzogen, thust du nit zeitig dazu, so wirst du einen schlechten Schnitt haben. Wie wißt ihrs aber, liebe Knecht, daß dem also? ist etwann ein anderer Limmel gewest, der euch also bericht hat? Herr! sagen sie, so wahr wir redliche Kerl seynd, so ist dem also; wir haben es mit unsern Augen gesehen, die Sach wohl beobacht, seynd selber ins Feld hinausgangen, der Herr glaub uns sicher. Hab ich euch doch nit hinausgeschickt. Wir seynd gleichwohl gangen, unser treues Gemüth, das wachtsame Aug auf deinen Nutzen, das hat uns hinausgeschickt. Laß mir das rechte, rechtschaffene und treue Knecht seyn! Herr sagen sie weiter, wann es dir gefällig, und dir nit zuwider ist, so wollen wir das Unkraut ausrotten, sag nur ein Wort, mein Herr, da stehen wir urbietig, den Augenblick wollen wir hingehen, und das Unkraut vertilgen. Faule Schelme hat der Herr mit einem Prügel müssen hinaus treiben. Ein ungetreuer Knecht, der hätt gesagt, dergleichen gibts gar viel, er[359] hätt gesagt, was geht mich das Unkraut an? hats der Teufel gesäet, so mags der Teufel ausrotten, ich laß meinen Herrn drum sorgen; aber diese treuen lobenswürdigen Knecht gehen selber hin, sehen selber zu, nehmen sich der Sachen selber an, nit landers, als wann es das Ihrige selber wär.

Wo gibt es dergleichen mehr solche wackere Dienstboten? wo? hinter Calecut, wo die Kühe Flügel haben. Wo findet man dergleichen mehr solche treue Leut? Wo? hinter Fopopolis, wo die Mäus auf den Katzen reiten. Ein Diener kommt in den Beichtstuhl, Herr, sagt er, ich hab gescholten beim tausend, ich hab geflucht, dieser und jener soll mich hinführen; ich hab gewunschen beim Sonnenschein, das Wetter soll mich erschlagen; einen Rausch hab ich auch gehabt, weiter nichts, ich weiß nichts mehr, gar nichts! wie ich sag, nichts. Du bist fast heilig mein Kerl, es gehet dir nichts ab, als der Schein, wie hast du deinen Dienst verricht? wie? so und so, die Arbeit, so du in drey Tagen verricht hast, hättest du in einem Tag vollziehen können, ist das nichts? die Arbeit hast du obenhin vollbracht, gleichwie die Hund aus dem Fluß Nilo trinken, woraus deinem Herrn nit ein geringer Schaden erwachsen, ist das nichts? Durch deine Saumseligkeit ist dieß und jenes zerbrochen, oder in Verlust gangen, ist das nichts? Wann dich dein Herr in Keller geschickt mit einem Krug, so hast du auch einen vor dich angefüllt, und also vermeint, die Krüg müssen paar und paar gehen, wie die Schuler-Buben in der Prozession, ist das nichts? Wann dich dein Herr hat ausgeschickt, diesen oder jenen Handwerksmann [360] zu bezahlen, so hast du fast allemal mehrer angesagt, und weniger gegeben, ist das nichts? Serve nequara, schau und examinire dich wohl, ob du deinem Herrn also gedient, wie der Jakob dem Laban; deine Schaf, sagte Jakob, seynd nie unfruchtbar gewesen, ich hab die Böck deiner Heerd nit gessen, auch hab ich dirs nit gesagt, wann etwas verloren worden, allen Schaden hab ich erstattet, Tag und Nacht hab ich Hitz und Frost gelitten, und ist mir kein Schlaf in meine Augen kommen; also hab ich dir 20 Jahr; lang in deinem Hause gedienet. Das war ein treuer Diener, dergleichen trifft man wenig an, wohl aber solche, wie zu Cana Galiläa auf der Hochzeit gewesen.

Wie unser lieber Herr 30 Jahr und 13 Tag alt war, da ist er als ein eingeladener Gast auf die Hochzeit zu Cana Galiläa gereist; solche Hochzeit soll gehalten seyn worden in dem Haus Zebedäi, der ein Vater war des hl. Joannis Evangelisten, der Bräutigam war eben dieser Joannes, dazumalen im 28. Jahr, der Zeit heirathen die Buben schon, die noch mit der Nase auf die Aermel schreiben, die Brant war Anachita. Mit unserm Herrn seynd zugleich eingeladen worden, Petrus, Andreas, Philippus und Bartholomäus. Christus der Herr wollte aus Demuth nit den ersten Sitz nehmen, sondern setzte sich in die Mitte, da hats wohl geheißen, Virtus in medio; der Speismeister, dem die Disposition des ganzen Traktaments oblag, wurde genannt Josaphar. Die Braut und Bräutigam haben damals ein Gelübd abgelegt, eine ewige Jungfrauschaft zu halten, und ist Joannes dem [361] Herrn nachgefolgt, Anachita aber in der Gesellschaft Mariä verblieben. Wie nun bei dieser Hochzeit gar bei Zeit der Wein gemanglet, also hat, auf Bitt und Ansuchen Mariä, seiner werthesten Mutter, Christus 6 große steinerne Krüg, davon einer zu Bononien gezeigt wird, mit Wasser lassen anfüllen, und nachmals solches Wasser in den edlesten Wein verkehrt, und zwar in einen rothen; solches Wunderwerk ist nachmals mehr als durch dreihundert Jahr bekräftiget worden, dann alle Jahr denselben Tag, dieselbe Stund, ja denselben Augenblick, als der Herr zu Cana das Wasser in Wein verwandlet, seynd auch viel Flüß und Brunnen hin und her in der Welt in den besten Wein verkehrt worden, unter solchen Flüssen war auch der Nilus in Egypten, der Mäander in Kleinasien etc. Der h. Epiphanius bezeugt es selbsten, daß er zu Gerasen in Galiläa aus einem solchen Brunnen, der zu Wein worden, getrunken habe. Nun bringen viele Lehrer und Scribenten eine Frag auf die Bahn, warum dazumal auf der Hochzeit der Wein so bald abgaugen, dann gar nit zu glauben, daß in Gegenwart Christi des Herrn die Gäst sollen zu unmäßig im Trinken gewest seyn, so ist auch nit zu gedenken, daß Petrus viel Gesundtrünk habe angefangen, und große Gläser in der Reih herum gesandt; etliche wollen, daß durch sondern Willen Gottes der Wein verschwunden, damit also sich eine Gelegenheit ereignet, das erste sichtbare Mirakul zu wirken. Andere glauben, daß die Diener und Aufwärter, welches ich vor vermuthlich halt, seynd solche Vögel gewesen, welche ein Glas um das andere haben ausgestochen, dann solche Gesellen[362] können sich so ordentlich um den Credenztisch herum stellen, und einer dem andern den Rucken so meisterlich zuhalten, als eine spanische Wand immermehr, dahero kein Wunder, daß auf besagtem Hochzeitmahl der Wein so bald gemanglet, dann es erkleckt nichts im Haus, nichts im Keller, nichts in der Kuchel, nichts allenthalben, wann die Dienstboten untreu sind. Aber glaubt ihr dann nit, ihr gewissenloses Gesind, daß ihr werdet müssen Gott dem Allmächtigen genaue Rechenschaft geben, auch um den mindesten Kreuzer, Pfenning und Heller, oder Geldwerths, was ihr euren Herren und Frauen abtragt?

Allen Bedienten aber sey es gesagt, daß sie Treue und Gehorsam schuldig seynd ihren Herren und Frauen, so lang sie ihnen wider Gott und das eigne Gewissen nichts auferlegen, dann solchergestalten zu gehorsamen sie nit verpflichtet seynd, nach dem Exempel des egyptischen Josephs.

Nachdem Joseph von seinen Brüdern so treulos verkauft worden, ist er endlich in einen guten Dienst kommen bei dem Putiphar, welcher ein vornehmer Herr gewesen, bei dem königlichen Hof Pharaonis; in diesem Dienst hat er sich verhalten, wie es einem rechtschaffenen Diener zustehet, weilen er aber schön von Angesicht, wohlbegnadt von Natur, und ein schöner, galanter, junger Mensch war, also hat die gnädige Frau auf ihn ein Aug gefaßt, hat sich verliebt in die rosenfarbnen Wangen des Josephs. O wie oft seynd solche Rosen Dörner, so da verwunden! hat sich verliebt in seine goldfarbnen krausen Haarlocken, o wie oft seynd solche Haarlocken Herlocker! hat sich [363] verliebt in die korallenen Lefzen des Josephs, o wie oft gibt solche Morgenröth der Ehrbarkeit eine gute Nacht! In Summa, die gnädige Frau lacht ihn an, redt ihn an, rührt ihn an, und begehrt etwas mit 10 Buchstaben, dormi mecum, was da wider die zehen Gebot. Joseph aber will lieber den Mantel hinter sich lassen, als die Ehrbarkeit, will lieber die Frau disgustiren, als Gott und sein Gewissen beleidigen. O was ist dieß vor ein stattlicher Diener, wie wenig hat er seines Gleichen!

Malchus, ein Diener, hat dem Herrn Jesu, o höllische Unthat, einen harten Backenstreich versetzt, ungeacht ihm kurz vorhero der Heiland das abgehaute Ohr wieder anheilt; es hat aber dieser Böswicht solches derenthalben gethan, damit er nur seinem Herrn wohlgefallen, der dazumalen gegenwärtig war. Also gibt es viel dieses Gelichters, welche sich nit scheuen, allerlei Bosheiten zu begehen, wann sie nur bei Herren und Frauen in Gnaden stehen. Der David hat auf seiner Altana die Augen geworfen auf die Frau des Uriä, sobald er sich vermerken lassen, daß sie ihm wohlgefalle, und daß er sie gern zu Hof hätte, da war kein Kammerdiener, noch Lakei, der sich nit angemeldt, und sich urbietig erwiesen, solche nach Hof zu praktiziren. Wie manche Untreue wird unter den Eheleuten gespielt durch solche Dienstboten, wie manche Frau setzt dem Mann eine beinerne Perücke auf durch solche Dienstmenscher, die alles so ordentlich wissen anzustellen; und da heißt es, das Mensch, das Mensch ist mir treu, sie ließ Riemen ehender aus ihr schneiden, als daß sie etwas sollt sagen. O verruchte [364] Treu, welche Niemand als der Teufel in der Höll wird belohnen!

Ein Spiegel aller Dienstmenscher ist die h. Nothburga, diese war in Diensten bei einem Bauren, mit dem sie gleich zu Anfang also gedingt, daß sie dürfte alle Feierabend nach christlichem Kirchenbrauch von der Arbeit abstehen, und selbe übrige Zeit dem heil. Gebet obliegen, welches auch der Bauer gern und unweigerlich zugesagt und versprochen. Einsmals aber befand sich Nothburga samt dem Bauren und dem ganzen Hausgesind auf dem Acker, und schnitten das liebe zeitige Treid, worauf der Bauersmann das ganze Jahr seine Hoffnung steuret; sobald sie aber, massen es dazumal am Samstag war, das Feierabendzeichen von der Glocke vernommen, hat sie alsobalden die Sichel zurück gezogen, des Willens, ihre gewöhnliche Andacht zu verrichten, welches aber der Bauer auf keine Weis' wollte gestatten, vorgebend, daß er in Furcht stehe, es möchte ein Regenwetter einfallen, also wollen sie heut den Acker völlig abschneiden, es sey ohnedas nit viel übrig, und endlich werde deßwegen der Himmel nit einfallen, Gott werde es so stark nie vor übel haben, wann sie schon dießmal das Kirchengebet ein wenig übertritt. Aber Nothburga, diese gottselige Magd, ließ sich auf keine Weis' überreden, verharrte beständig in ihrem frommen Vorhaben, sagte auch, daß sie ihm zwar Treu und Gehorsam versprochen, aber in Sachen, wo Gott der Herr nit beleidiget wird; zu mehrer Prob ihrer Frömmigkeit sagt sie dem Bauren, sie wolle ihre Sichel in die Höhe halten, die Händ aber vor der Sichel legen, wann solche werde herunter [365] fallen, so woll sie in Gottes Namen die Arbeit fortsetzen, dafern sie aber sollte hangen bleiben in der Luft, sodann soll er sehen und erkennen, daß er unrecht habe; wohlan Nothburga, hebt Sichel in alle Höhe, im Beiseyn vieler anderer, ziehet die Hand zuruck; siehe Wunder! solche Sichel ist in der Luft nit anderst als an einem eisernen Nagel hangen geblieben, worüber Nothburga Gott den Herrn gebenedeiet und gelobt; der Bauer aber mit allen den Seinigen schamroth worden, und endlich erkennt, daß ein Dienstbot Herren und Frauen nit schuldig sey, zu gehorsamen, wo ihm etwas wider Gott oder Gottes Gebot geschafft wird.

Es müssen aber auch Herren und Frauen wissen, wie sie sollen mit einem rechten und treuen Dienstboten umgehen, massen ihnen Gott selbsten in heiliger Schrift also zuredet: »si est tibi Servus fidelis, sit tibi quasi anima tua«, hast du einen treuen Knecht, so halt ihn wie deine eigene Seel.« Wie ist nit jener evangelische Hauptmann so sorgfältig zu dem Herrn geloffen, wie hat er nit dem Heiland so gute Wort gegeben, daß er doch möcht seinem Diener helfen, auf daß derselbe noch länger beim Leben bleibe, der Hauptmann ist in selbst eigner Person gangen, da er doch andere drinnen hätte gehabt, zu schicken. Er selbst hat Sorg getragen über den armen Tropfen, und das war recht und billig, weil er ein frommer und treuer und gehorsamer Diener gewest, wie es der Hauptmann unserm Herrn bekennet hat, vade, sprach er, wann ich dem Knecht sag, gehe, so gehet er, wann ich sag, komm her, so kommt er, [366] thue das, so thut ers, dessentwegen hab ich den Menschen so lieb, als meine eigne Seel, und wann ich ihm kann etwas Gutes erweisen, soll es gewiß meiner Seits nit ermanglen.

Bei dem Evangelisten Luca ist zu lesen, wie einer zu seinem guten Freund bei Mitternacht kommen, am Haus so lang angeklopft, und um 3 Laib Brod gebeten, bis der Herr erwacht, und voller Unwillen ihm geantwortet, daß er doch ihm so spat mag Ungelegenheit machen, er soll zu einer anderen Zeit kommen, seine Knecht, die schlafen noch; endlich läßt er sich doch überreden, stehet auf, und gibt das verlangte Brod; er selbst stehet auf, ein anderer hätte den Knechten zugeschrien, Schelme, stehts auf, ihr Bestien, ihr Hund, stehts auf, daß euch der und der hol, stehts auf, ihr Stern Million tausend elementarische Bernhäuter, so stehts auf etc.; nichts dergleichen hat dieser gute Herr gesagt, sondern selbst vom Bett aufgestanden, die Knechte verschonet, und gedacht, man müsse mit ihnen auch einiges Mitleiden tragen, die armen Narren haben den ganzen Tag hindurch hart gearbeitet, und muß man sie nit wie die Hund strapatziren. So solls seyn, es soll, es soll, aber selten ist es. Viel gehen mit den Dienstboten um, wie die Apothecker mit denen Blumen, solche klauben sie ganz fleißig zusammen, legen sie in einen schönen Destilir-Kolben, sie brennen's aus bis auf den letzten Tropfen, wann endlich kein Saft und Kraft mehr darin, alsdann wirft man's zum Haus hinaus auf den Mist-Nicht viel anders verfährt man bisweilen mit einem Dienstboten, viel Zeit und Jahr plagt sich der arme [367] Tropf mit so harter Arbeit in einem Dienst, befleißt sich Tag und Nacht, wie er seines Herrn und Frau Willen und Befehl kann vollziehen, arbeitet manchesmal, daß ihm das Blut bei den Nägeln möchte ausbrechen; wann er endlich an Stärke und Kräften abnimmt, wann er kraft- und saftlos wird, da heißt es gar oft, vor der Thür ist draußen, der Mensch ist schon zeitig vor das Spital und Bruderhaus, er verdient die Suppe nit mehr, will geschweigen die Brocken, hat er mir lang gedient, so hab ich ihn lang besoldt, gehet gleich auf; behüt dich Gott Hans, behüt dich Lisel, sucht euer Glück weiter etc. Mit was Fug und Gewissen könnt ihr Herren und Frauen das allzeit thun, wird sich sonnenscheinbar zeigen einmal im Thal Josaphat, allwo der göttliche Richter zwischen Herren und Dienern, zwischen Frauen und Mägden keinen Unterschied machen wird.

Mein Hausknecht, dergleichen Lehr bracht der Pater auf der Kanzel vor, versichere es, es hätt euch wohl nit gereuet, wann ihr die Predigt hätt gehört, dann so gut unserm sterblichen Leib das tägliche Brod vonnöthen, so wohl vonnöthen ist unserer unsterblichen Seel das Wort Gottes als eine geistliche Speis. Der heilige Paulus ist in den dritten Himmel schon kommen, und bereits daselbst allerlei göttliche Geheimnisse gesehen, gleichwohl wieder zuruck auf die Welt gekehrt. Ein anderer möcht sagen, es soll ihn kein Teufel mehr herunter bringen, wann er einmal so weit hinauf käme.

Paulus aber läßt den Himmel Himmel seyn, und steigt wieder in die Welt, dann er sah, daß die [368] Welt seine heilige Lehr und seine Predigten noch vonnöthen habe, so nothwendig ist dem Menschen das Wort Gottes. Wie der h. Dunstanus einmal die Vigill des hohen Festes der Himmelfahrt Christi bei nächtlicher Weil höchst eiferig begangen in der Kirche, da hat er wahrgenommen, daß eine unzahlbare Anzahl der Engel in die Kirche getreten mit guldenen Kronen in den Händen, mit sonderm himmlischen Glanz umgeben, welche alle Dunstanum denselben Tag zu sich in die ewige Freud eingeladen; nachdem er befragt, wer sie doch seynd, und die Antwort erhalten, daß sie Cherubim und Seraphim seynd, die von der göttlichen Majestät wären geschickt, ihn heut zur ewigen Kron mit sich zu führen, da hat sich der Erzbischof demüthig entschuldiget, mit dem Vorwand, daß heut ein großer heiliger Feiertag, und er dem Volk versprochen hab, eine Predigt zu halten, nach Vollendung derselben sey er urbietig, zu kommen; wohlan dann, sprachen die englischen Geister, so komm am Samstag, wie es dann nachmals also geschehen. So nothwendig ist dem Menschen das göttliche Wort, daß auch derenthalben Dunstanus seine Seligkeit aufgeschoben.

Im alten Testament mußte, aus Befehl Gottes, der Hohepriester 366 guldene Schellen oder Rollen tragen an seinem Kleid, so viel als Tag im Jahr, womit der Allmächtige wollte anzeigen, daß sich der Priester alle Tag soll hören lassen, so nothwendig ist das göttliche Wort.

Der heilige Vater Dominicus hat auf der Reis' von Tolosa nach Paris mit seinem Gespan Bertrando [369] fast die ganze Zeit gebetet und psallirt, unterwegs aber etliche gute Deutsche angetroffen, und also eine gesamte Gesellschaft gemacht. Denen Deutschen hat die Frömmigkeit dieser zweien Geistlichen so wohl gefallen, daß sie selbige vier Tag nach einander unterwegs freigehalten, und sie, nach deutschem Gebrauch, sehr wohl traktirt; den vierten Tag aber seufzte der Vater, um weilen die guten Leut an Essen und Trinken keinen Abgang wollten leiden, vor die Seel aber die Zeit hindurch keine Speis' hatten, also ist er samt Bertrando auf die Knie niedergefallen, Gott den Allmächtigen inbrünstig gebeten, er wolle ihm doch die Gnad geben, daß er könnte Deutsch reden, weilen ihm diese redlichen Deutschen so große Ehr und Gnad angethan, worauf alsobald alle beiden heiligen Männer vollkommentlich Deutsch geredet, und 4 ganzer Tag unterwegs den Deutschen eine heilige Lehr geben, und Gottes Wort vorgetragen, so nothwendig ist dem Menschen die Predigt.

Herr Sigebert, der Herr ist eines Kapitels werth, warum? er ist fast einer aus den Judas-Brüdern, wie da? weil er die Predigt und das Wort Gottes nit gern anhöret, dann ich habe schon zweimal wahrgenommen, daß der Herr unter der Predigt geschlafen. Das geschieht mir allemal, und ist mir das Predigen wie den Kindern das Eja pupeia, sobald das Evangelium von der Kanzel ist abgelesen worden, sodann macht mein napfetzter Kopf das Amen. Das ist aber auf keine Weise gut, solchen Schlaf verursacht der böse Feind, dem nichts verhaßter vorkommt, als die Predigt. Wie der heil. Paulus zu Troiade [370] an einem Sabbath geprediget, hat auch ein junger Mensch, der im dritten Gaden oder Gemach zuhörte, unter dem Fenster eingeschlafen, und folgsam so hoch herunter gefallen, daß er ihm den Hals gebrochen, und todt geblieben, den aber nachmals der h. Apostel wieder zum Leben erweckt hat. Dieser Jüngling, mit Namen Eutychus, war endlich noch zu entschuldigen, dann die Predigt des heil. Manns gar lang, und dauerte bis um Mitternacht.

Aber Herr Sigebert, der Herr kann keine sattsame und wohlbegründte Entschuldigung beirucken, weil der Pater Prediger meistens seine ganze Predigt in drei viertel Stunden einschränket, ist also solche Schlafsucht vielmehr eine Sucht oder übler Zustand der Seel als des Leibes, wann der Herr hätte die Predigt gehört, bin sicher, es wären auch einige Noten von dieser apostolischen Musik auf ihn gesprungen, dann der Pater hat die ganze Zeit nichts anders gehabt, als das große N, und sagt anbei, daß in dem gewöhnlichen A B C der kleinen Schulkinder nach dem N das O folge, er aber setze das O vor dem N, das heißt aber so viel, als O Narren, und zwar seynd die großen N N die Verliebten, amantes, amentes.


Des Bachus und der Weiber Garn

Machn oft ein Weisen zu eim Narrn.


Der Evangelist Lucas schreibt von einem, der ein großes Nachtmahl hat lassen zurichten, auch unterschiedliche Gäst und gute Freund dazu eingeladen. Indem nun alles in der Kuchel fertig, und der Koch sich bereits zum Anrichten wollte schicken, da war noch [371] kein Gast da, es wird gar gewiß der Koch auch mitten unter den süßen Speisen deßwegen ein saures Gesicht haben gemacht, und dazumalen wohl disponirt seynd gewesen zum Fischabsieden. Man schicket alsobald die Diener aus, die Gäst noch einmal zu rufen, welche aber bald mit der Post zuruck kommen, wie daß die Herren alle verhindert seynd, und derentwegen nit können erscheinen; und zwar der erste sprach: ich hab einen Acker kauft, und ist mir Noth, daß ich hinaus gehe, und denselben besichtige, ich bitte dich, hab mich vor entschuldiget. Der andere sagte, ich hab fünf Joch Ochsen kauft, und gehe jetzt hin, sie zu probiren, hab mich vor entschuldiget. Der dritte sprach: ich hab ein Weib genommen, darum kann ich nit kommen. Die ersten zwei haben sich gar manierlich entschuldiget, der dritte aber nit, und warum, oder wessentwegen? ich sags, ich wags, er ist ein Narr gewest, einer mit dem großen N, der Phantast hat sich also verliebt in sein Weib, daß ihm gar nit eingefallen, daß er sich sollt entschuldigen, 14 Tag zuvor, und 14 Tag nach der Hochzeit war er ein so verliebter Gispel, daß er ihretwegen hätte das Leben gelassen; wann ihn der türkische Kaiser hätte eingeladen, so wär er nit kommen; wann sie ihm geschafft hätte, er sollt ihr zu gefallen Schüssel und Teller abwaschen, so hätt er's gethan; wann sie ihm befohlen hätt, er sollt ihr zu gefallen die Stuben auskehren, so hätt er's gethan, ja er hätt mit größern Freuden den Besenstiel gekust. Wann sie ihm hätt auferlegt, er soll ihr zu gefallen ein Dutzend Holzbirn schlücken, so hätt er's gethan, ja sie wären ihm süßer [372] vorkommen, als ein Dutzend Bisamkugeln, amantes, amentes etc. Weibhalber hat er die Mahlzeit unterlassen, Weibhalber hat er selbst Hunger gelitten, Weibhalber hat er den Herrn disgustirt, Weibhalber hat er ihm einen üblen Namen gemacht, Weibhalber ist er ein Narr worden.

Venus ist eine Göttin der Lieb, und Venus heißt so viel als We-nuß, we, was manche harte Nuß muß der Verliebte aufbeißen! er kauft, er rauft, er sauft, er schnauft, er lauft, er prangt, er drangt, er hangt, er langt, er dankt, er blickt, er flickt, er stickt, er zickt, er schrickt, er past, er fast, er last, er rast, er tast, er redt, er wett, er frett, er zett, er bett, er bringt, er hinkt, er klingt, er singt, er springt, er tragt, er fragt, er hagt, er nagt, er klagt, er hitzt, er blitzt, er glitzt, er schwitzt, er sitzt, in Summa der Narr thut alles, gibt alles, verlaßt alles, leidt alles, Ihrethalben, O N N!

Einer ist gewesen, der sich also stark in eine junge Tochter verliebt hat, daß er auch ihre Fußstapfen, die sie im Koth und Leim eingedrukt, ganz begierig geküßt hat, O N! solchen Phantasten zu foppen, hat gemeldte Tochter einst denselben mit Arglist in das Haus gebracht, und in der Kuchel versteckt, nachdem der Kerl eine ziemliche Zeit daselbst gelost, und sich so still gehalten, wie die Mäus beim Schmeerlaib, so kommt sie eilends dahergeloffen, sprechend: Herr, um Gottes willen mein Herr, mein Engel geschwind mein Schatz, die Frau Mutter wird alsobald in die Kuchel kommen, geschwind verberg sich der Herr in diesen großen Wasser-Zuber, dieser ohne Weil in aller Eil[373] steigt in dieses halb angefüllte Wasser-Faß hinein, sie deckt ihn mit Schäffer und Hackbrettl zu, verhüllt ihn mit solcher schmutzigen Kuchelwaar nach Möglichkeit, sie läßt den Limmel zwei ganze Stund lang wohl weich werden in diesem Bad. Wie es ihm dazumal um das Herz gewesen, ist leicht zu urthlen. Nachdem sie geglaubt, der Stockfisch sey gnug im Wasser gestanden, so rennet sie mehrmalen in die Kuchl. O mein Herz! sagt sie, mein tausend Leben! mein einiger Trost, gschwind, gschwind, die Frau Mutter will den Wasser-Zuber brauchen, gschwind verberg er sich anderwärts, da, da in Ofen hinein, das Thürl will ich schon zuschließen, damit er auf keine Weis ertappt werde, gleich, gleich hebt sich der Maulaff über sich, tropfennaß am ganzen Leib, ausser das Herz hat noch gebrennt, und kriecht mit ihrer Hilfe in den Ofen hinein, nie ist kein größerer Stock in den Ofen kommen, als dieser Stocknarr, dasmal war Faßnacht und Aschermittwoch im Ofen beisammen, er mußte auch eine Zeitlang darinnen verbleiben, und fast alle Huster und Seufzer verarrestiren, damit er hiedurch nit verrathen würde, was seltsame Farben und Ueberzug, was Aschen und Ruß hat dieser leimgetränkte Narr nit bekommen? Die Liebste, wie er es sich eingebildet, die kommt mehrmalen schnaufend in die Kuchl, reißt das Ofenthürl auf mit größter Eil, o Herr geschwind, botz tausend Element, geschwind heraus, geschwind! mein Herr Vater ist dahinter kommen, er sucht den Herrn mit bloßem Degen. Wem war ängster als diesem? die Gouraggi schwitzte ihm allerseits aus, er häspelt sich deßwegen, so schleunig es hat seyn [374] können, vom Ofen heraus, da war er ein Copey vom Teufel, lauft ohne weiters Umschauen zum Haus hinaus, und gleich dazumalen ohngefähr eine Todten-Leich vorbei getragen worden, also glaubten die Träger nit anders, als daß dieser ein Teufel sey, und den Todten wolle mit sich führen, dahero ohne mehrers Besinnen den Todten von ihren Achseln geschoben, auf die Erd lassen fallen, und sich mit der Fluche salvirt, deßgleichen auch andere gethan, welches dann dem armen verliebten Gimpel noch mehr geschmerzt, daß er aus einem guldenen Engel, wie seine vermeinte Liebste ihn pflegte zu tituliren, zu einem schwarzen Teufel worden. O N N!

David, dieser israelitische Monarch, hatte einen Sohn mit Namen Ammon, der sich also verliebt hat in die Thamar, weil sie überaus schön war, so mächtig in sie verliebt, daß er vor lauter Lieb erkrankt, vor lauter Lieb Tag und Nacht kein Schlaf gehabt, vor lauter Lieb weder geessen noch getrunken, vor lauter Lieb am ganzen Leib sich abgezehrt, daß er fast einem Ladstecken gleich sah; er war so verliebt, daß er mit Sicherheit bei einem Strohdach nit hätte können vorbeigehen, weil er nun von Tag zu Tag abgenommen hat (ich glaube, er wäre vor Liebe crepirt), also hat ihn sein bester Freund der Jonadab befragt, was ihm doch sey? was er vor einen Zustand habe? ach, sprach er, und seufzte anbei, wie eine zerklobene Feurglocken, ach, sagt er, ich hab mich verliebt in die Thamar, Balsam her, der Narr fällt in Ohnmacht, verliebt in die Thamar, Wasser her, es brennt im mittern Stock des Herzens, verliebt in die Thamar, ach [375] es seynd nit mehr als anderthalb Quintel noch vom Herzen übrig, das andere ist schon alles zerschmolzen. Es bleibt halt dabei, amantes sunt amentes, die Verliebten seynd die Herren mit dem großen N. O N N! Was thut ein Verliebter ausstehen? er haust, er maust, er laust, er kraust, er faust, er fühlt, er schildt, er brüllt, er zillt, er stiehlt, er bleibt, er treibt, er scheibt, er schreibt, er reibt, er putzt, er hutzt, er schützt, er stutzt, er trutzt, er prahlt, er halt, er malt, er schmalt, er zahlt, er beith, er leidt, er neidt, er reit, er streit. In Summa, der Narr leidt alles, geduldt alles, thut alles, laßt alles, probirt alles, verschwendt alles Ihrethalben. O N N!

Ein junger Baurnkerl in Crain hatte sich in eine hübsche Baurentochter über alle Massen verliebt, suchte in allweg, wie er solche möchte zu einer Braut bekommen, indem er aber am S. Thomas Abend besagte Tochter mit einer andern reden gehört, daß sie wollten denselben Tag durch Leßlen erfahren, was sie für einen Liebsten hätten, solches aber müßte geschehen bei einem Brunnen; als dieses der Joppen-Meander vernommen, ging er vor ihnen heimlich hinaus in den Wald nach dem genannten Brunnenquell, und weil dieselbe von einem hart daran stehenden Baum überzweigt war, also gedachte er, solcher Baum werde ihm hauptsächlich dienen zu seinem Wunsch und Vorhaben, nämlich, daß die zwei Baurentöchter im Wasser seine Bildnuß erblicken möchten, erwählte demnach denselben Baum zu einem Gerüst, besteigt denselben, und setzt sich auf einen Ast, welcher ober dem Wasser; allda wartet er, mit größter Begierd und Verlangen, die Ankunft [376] dieser Nymphen, glaubte festiglich, die Sach würde ihm desto besser gelingen, weil er ihre Unterredung völlig angehört, auch unter andern Bedingnussen eine gewest, daß keine ein Wort reden, noch über sich, noch hinter sich schauen sollte, wie ihnen etwann eine alte Huesten solchen Unterricht ertheilt. Der Gimpel war eine ziemliche Zeit auf dem Baum, und ist ihm dieser grobe Sitz so leicht nit ankommen; aber solche verliebte Narren stehen alles gern aus, endlich kommen beide an. O was Freud empfand der Telpelius! es kamen die zwei Töchter bei dem hellen und klaren Mondschein, machen sich hinzu ganz still zu besagtem Brunnenquell, in Hoffnung einen wackern Baurenbuben darinnen zu ersehen; wie dieser solches vermerkt, so steckte er seinen Schädel auf dem Ast besser vorwärts hinaus nach aller Möglichkeit, damit das Wasser sein Gesicht desto besser empfangen möge, aber der Ast, so vermuthlich schon alt und gebrechlich, oder sonst einen solchen gewichtigen Narren zu tragen nit stark genug, wird untreu, und brach eher, dann daß sich dieser versah, mußte also anstatt seines Contrafeits seine eigene Person in das Wasser stürzen, und platzte er mit einem solchen Getös und Geräusch hinab ins Wasser, daß gedachte zwei Töchter, in Meinung, der Teufel sey es selbsten, mit großer Entsetzung die Flucht genommen, und mit sonderm Zittern den Weg nach Haus gerennt. O N N! wo treibt euch noch die Liebe hin?

Samson wäre allzeit gallant geblieben, wann er kein Gallan wäre gewesen; Samson ein solcher starker Held, daß er auch mit den bloßen Händen einen Löwen [377] zerrissen; Samson ein solcher starker Mann, daß er auch ganze Stadtpforten aus der Angel gehebt, und mit sich hinweg getragen; Samson ein solcher tapferer Mensch, daß er auch mit einem Eselskinnbacken tausend Philistäer erlegt. Samson animos ganz und gar; Samson generos ganz und gar; Samson bellicos ganz und gar; Samson glorios ganz und gar; Samson auf die Letzt gleichwohl ein Narr, und ein solcher ist er worden durch die Lieb.

Samson hatte im Thal Soreck eine Liebste, dero Namen Dalila, die besuchte er öfters; wie solches die Philistäer, als seine abgesagten Feind in Erfahrenheit gebracht, da haben sie diese saubere Madam durch Versprechung einer großen Summa Gelds auf ihre Seiten gebracht, daß sie zu allen Sachen ja gesagt. O Geld! sie soll ihn betrügen, ja, sie soll ihn fragen, ja, wo er seine Stärke habe? Ja, sie soll nachmals es ihnen offenbaren, ja, sie soll ihn in ihre Händ liefern, ja, sie soll ihm derenthalben wohl schmeicheln, und liebkosen, ja, sie soll ihr Wort und Parola halten, ja, sie soll die Sach nach Möglichkeit beschleunigen, ja, oder, es soll sie der Bettel holen, ja. Dalila vollzieht den Willen dieser Leut, liefert ihn einmal, noch nit gnug, liefert ihn zweimal, noch nit gnug, liefert ihn dreimal in die Händ seiner Feind, er aber allemal sich wieder frei und losgemacht. Wohlan Samson, einen Esel führt man nur einmal aufs Eis, du wirst ja diesem Schleppsack, diesem üppigen Grindschiebel hinfüran nit mehr trauen? Dalila hält noch eiferiger an, endlich zeigt sie einen Verschmach, hängt das Maul, fangt an zu pfnotten, schauet den [378] Samson nit mehr an, wiese auf allen Seiten einen Verdruß. Die seynd die Rechten, mein Samson! gib ihr ein paar Ohrfeigen anstatt des Confekts, gib ihr anstatt etlicher Stüber Geld, einige Nasenstüber, gib ihr anstatt eines Trinkgeschirr eine Flaschen, und hiemit mach einen Schluß, du wirst bei dieser Vettel wenig Ehr davon tragen, wirst du ihrs redlich entdecken, in wem die Stärke hafte, so ist es gewiß, daß sie dir dieselbe wird nehmen, dich deinen Feinden übergeben, und du, folgsam aus einem so weltberühmten Menschen, der elendeste Tropf werden. Aber umsonst ist alles predigen bei einem Verliebten, der ganz verblendt und ganz von der Lieb zu einem Narren wird, ehe Samson die Lieb gelassen, ehe hat er die Freiheit gelassen, ehe hat er seinen Namen und Reputation gelassen, ehe hat er das Gesicht gelassen, o Narren die Verliebten! was müssen sie nit ausstehen wegen der Lieb, o wie theuer ist die verruchte Lieb!

Die alten Heiden haben über die dreißig tausend Götter angebetet, Rom hatte alle Tag das ganze Jahr hindurch einen besondern Gott oder Göttin etc. Pomona war eine Göttin der Aepfel, Mellona eine Göttin des Honigs, Flora eine Göttin der Blumen, Hippona eine Göttin der Pferde, Bubona eine Göttin der Ochsen, Segesta eine Göttin des Schnitts, Scia eine Göttin der Sonnen, Ajus ein Gott der Red, Priapus ein Gott der Gärten, Hymenäus ein Gott der Hochzeit, Fidius ein Gott des Glaubens, Angerona eine Göttin des Stillschweigens, Meditrina eine Göttin der Arznei, Myagrus ein Gott der Mucken, Eanus ein Gott der Reisenden, Janus ein Gott [379] der Thüren, Momus ein Gott der Schmähler, Vitumnus ein Gott des Lebens, Rubigus ein Gott des Rosts, Aeolus ein Gott der Wind, Vallonia eine Göttin der Thäler, Vitulus ein Gott der Fröhlichkeit, Heben eine Göttin der Jugend, Mania eine Göttin der Häuser, Libithina eine Göttin der Gräber, Pitho ein Gott der Wohlredenheit, Volupta eine Göttin der Wollust, Rumilia eine Göttin der Knaben, Collina eine Göttin der Bühel, Numeria eine Göttin der Zahl, Edulica eine Göttin der Speisen; viel tausend andere dergleichen gedichte Götter hatten die blinden Heiden, ja man hat dazumal fast mehr Götter als Gätter gezählt. Unter andern war Venus eine Göttin der Lieb, oder besser geredet, eine Göttin der Narrheit, Salomon selbst ist von dieser Göttin seiner Weisheit beraubt worden, und also die erste Sylbe von seinem Namen verloren. Venus ist bei denen Astrologen oder Sternsehern ein Planet, und wird auf folgende Weise vorgestellt,

, welches dann einer umgekehrten Weltkugel gleich siehet; freilich ist es wahr, daß Venus, daß die viehische Lieb fast die ganze Welt hat umgekehrt, und fast jedermann die Schelle angehängt; wann der gerechte göttliche Richter einmal in dem Thal Josaphat dem Sünder seine Unthaten und Verbrechen wird vorwerfen, und ihm, wie man pflegt zu sagen, den Planeten lesen, so ist leicht zu glauben, daß kein Planet wird öfter citirt werden, als Venus. Venus ist Venenum, und ein solches Gift, das zum allerersten das Hirn angreift, und den Allerweisesten zu einem Narren macht. Ein mancher hat zu Ehren seiner Liebsten Nadeln gefressen,[380] und daran erstickt, O N! Einer hat wegen seiner Madama ein Glas gefressen, und folgsam die Seel mit samt dem Blut ausgeworfen, O N! Ein anderer zu Crunnlau in Böhmen hat sich wegen einer jungen Tochter von einem Felsen herunter gestürzet, und den Hals gebrochen, O N! Einer vor etlich Jahren, mein Wohlbekannter, hat sich wegen seiner Liebsten selbst erschossen, O N! Ein anderer hat den Pantoffel von seiner Liebsten durch ein Kammermensch mit Geld an sich gehandelt, und selbst nach und nach, wie eine Katz einen Laib Brod, abgekieflet, O N! Einer zu Wien, und zwar ein guter von Adel, hat vor vielen Jahren den ausgeworfenen Speichel seiner Liebsten auf der Erde aufgeschleckt, und auch den Unflath der Nase aus ihrem Tüchel abgezehrt, O N! Ein anderer hat einen Floh von seiner Liebsten um 30 Thaler bezahlt, O N! Einer hat einen ausgebrochenen hohlen Zahn seiner Liebsten in Gold und Kleinodien eingefaßt am Hals getragen, O N! Ein anderer hat alle Wochen seiner Liebsten zu Ehren sich lassen von 3 starken Kerlen abprüglen, O N! Einer in Steiermark hat seiner Liebsten zu Ehren allen Fässern im Keller den Boden eingeschlagen, daß ihm hierdurch der edelste Wein ausgeronnen, O N! Einer hat sich gar mit Blut unterschrieben, daß wann seine Liebste werde in die Höll kommen, er hiemit dem Himmel absage, und woll auch mit ihr zum Teufel fahren, O N! Einer hat ihm von dem Bader auf dem Rucken und die Brust mit dem Scheermesser den Namen seiner Liebsten auf groß Fraktur schneiden lassen, O N! Ein anderer hat sogar das Wasser, worin [381] die Kleider seiner Liebsten gewaschen worden, vor den besten Muskateller ausgesoffen, O N! Einer hat seinen Dienern befohlen, sie sollten ihn nicht mehr Herr Alphons heißen, sondern ihn nennen wie seine Liebste, Herr Theresl (besser geredt der Esel), O N! Tausend andere Thorheiten mehr könnten beigebracht werden, es wird aber die schwarze Feder schamroth, etliche auf das Papier zu tragen, O N!

Jene Wittib, von welcher jetzo erzählt wird, hat mit lächerlicher Manier drei Liebhaber zu Narren gemacht, weil solche gar eine junge Wittib, und an Leibsgestalt von Natur sehr wohl beschaffen, also wurde sie allerseits von vielen anersucht, forderist aber von dreien so mächtig geliebt, daß ein jeder absonderlich sich anerboten, alles ihrenthalben auszustehen, auch gar das Leben zu lassen; wie nun diese verliebten Signori oder Sinnari auf einem Tag zu ihr kommen, hat sie die Sach also meisterlich angestellt, daß keiner von dem andern wußte. Wohlau, sprach sie zum ersten: mein lieber Herr, weil der Herr mir alles anerbietet, auch sogar das Leben, also wird es mir der Herr nit vor ungut aufnehmen, wann ich dessen einiges Probstuck begehre, benanntlich dieses: wann mich der Herr recht lieb hat, so verlang ich nit, daß er meinetwegen das Leben lasse, welches gar zu kostbar, sondern daß er sich in dieser Kammer nur auf die Bahre niederlege, und sich todt stelle, so lang, bis ich ihm wieder erlauben werde, aufzustehen; ja, ja, ja, tausendmal und noch ein doppeltes ja, ja hinzu, gehen und aber gehen, und übergehen, und obergehen, ein verliebter Narr thut alles.

[382] Dieser legt sich nieder, war aber mehr Thor, als todt, ein schwarzes Tuch über ihn, ein paar Leuchter neben seiner, ein Weihbrunnkessel ober seiner, solchergestalt vertrat dieser seine Person. Nicht lang hernach kommt der andere Gallan, welcher mit zentnergewichtigen Worten, mit klafterlangen Ceremonien, mit trapezuntischem Diskurs seine Lieb, Affekt, Inklination versprochen, dem gleichergestalten die junge Wittib geantwortet, wie daß sie zwar seine Wort für glaubwürdig halte, allein sie möchte doch ein wenig Gewißheit einnehmen, ob er sie inniglich liebe, und so es ihm beliebig wäre, so soll er zu Zeugnuß seiner Affektion diesen Dienst thun, weil sie eine Todtenleich in dem Haus, und soll eine Zeitlang bei demselben wachen und beten, dann es ihr Anverwandter gewest sey; ja was dann? ja warum das nit? ja, in allem ganz urbietig; er tritt nun auf ihren Befehl in die Kammer hinein, fällt auf seine Knie nieder, fangt an ganz eiferig zu beten, weiß nit, ob's das placebo Domino, oder vielleicht das placebo Dominae. Es wußte keiner von dem andern, und glaubte gleichwohl, es wäre dieß eine Todtenleich. Endlich kommt auch der dritte, so da mit unbeschreiblichen Liebsgebärden sattsam an Tag gab, wie inniglich er sie liebe, ja ihrentwegen tausend Tod auszustehen sich nit weigere; wann dem also, sprach sie, so soll er ihr den einigen Favor erzeigen, und sich wie ein Teufel anlegen, nachmals mit großem Ungestüm in die Kammer hinein laufen, welches er auch emsigst vollzogen, dann ein verliebter Narr sich in allem brauchen läßt. Wie nun dieser vermaskerirte Teufel in die Kammer [383] hinein gerumpelt, so glaubte der unter dem schwarzen Tuch verhüllte Phantast, der sich vor todt gestellt, der Teufel woll ihn wahrhaftig wegführen, fangt an, sich demnach stark zu bewegen; der verstellte Teufel, weil er um die Sach nichts wußte, war der festen Meinung, dieser stehe wahrhaftig von den Todten auf; der dritte, der daselbst gebetet, glaubte, es sey Tod, Teufel und Höll alles bei einander, dahero ein jeder die Flucht genommen, der Teufel über den Tod, der Tod über den Teufel, über die Stiegen hinunter gefallen, und mit erschrecklicher Furcht das Haus quittirt. Mit einem Wort, die Verliebten seynd solche Gesellen, daß man ihnen sollte hinten und vorn, oben und unten, auch auf der Seite, ja um und um den Buchstaben N. anmalen, weil die verruchte Lieb sie zu so großen Narren macht.

Wohlan dann bethörte Phantasten, wollt ihr noch nit abstehen von dieser euerer Thorheit? noch nit lassen mit den Israeliten diese stinkenden egyptischen Zwiefeln? noch nit auf die Seite setzen mit dem Esau dieses schlechte Linsenkoch? so fahrt dann fort, und erwartet des Teufels Dank.

Liebt länger Lappen, liebt länger Limmel, liebt länger Lecker, liebt länger Lugner, liebt länger Luderer, liebt länger Liendel, liebt länger Leffler, liebt länger Lauser, liebt länger lose Leut, liebt länger Lumpengesind, liebt länger Lottergefind, liebt länger Lastergesind, der Teufel wird euch um solches Lieben danken, und all eure Mühe bezahlen, dann was ist diese eure stinkende Lieb?

Die Lieb ist ein Dieb, dann sie stiehlt den guten[384] Namen, dann fama vergleicht sich gar nit mit famula, dahero man insgemein von einem solchen pflegt zu reden, dieser oder diese führt einen unehrlichen Wandel. Kein rechtschaffener Mensch will ein Sautreiber seyn, keiner; kein ehrlicher Kerl will ein Eseltreiber seyn, keiner; kein wohlgeschaffener Gesell will ein Ochsentreiber seyn, keiner; warum gibt er aber einen Hustentreiber ab, welches weit schimpflicher fällt seiner Ehr, dann Putana und puteo haben beede eine stinkende Signifikation.

Die Lieb ist ein Dieb, dann sie stiehlt die Gesundheit. Kerl, du hast rothe Augen, wie eine cyprianische Taube, weißt was? die Venus ist aus Cypern gebürtig. Gesell, du hast Zähn, die unterhalb so frisch, wie ein Zaunstecken im Krautgarten; weißt was? des Cupidinis Pfeil seynd üble Zahnstierer, sie verursachen die Mundfäul. Domine, ihr seyd schon wurmstichig, wie ein sechzigjähriger Bankladen, aber wißt ihr was? ein Holz, das man schlägt unter dem Planeten Venus, dauert nit lang. Signore, ihr seyd noch nit alt, und schnaufet schon wie ein matter Mülleresel; wißt ihr was, wo zu viel Gall, da verfault die Lunge. Freund, du bist so kraftlos, wie ein Baurenkröß, welches aus der Stärk gangen; weißt aber was? solches Caro macht allzeit carne vale. Mensch, du stinkest, wie eine Lederer-Werkstatt; weißt aber was? amplexati sunt stercora etc.

Diese Lieb ist ein Dieb, dann sie stiehlt die zeitlichen Mittel und Habschaften, Donna will dona haben, es kann nit anderst seyn. X. dato foemineis steht in der Grammatik, dann in diesem Handel [385] gehet es zehenfach auf. Amare und mare haben gleiche Beschaffenheit, dann beederseits gehen viel zu Grund. Der verlorne Sohn hat sein ganzes Erbtheil hindurch gebracht, vivendo luxuriose, dann Weiberküttel schmälern manchem die Mittel.

Diese Lieb ist ein Dieb, sie stiehlt die Seligkeit, der Himmel ist ein Schafstall und kein Bockstall, dahero solche Bock-artige und Bock-bartige nit hinein kommen. Unser Herr hat einer ganzen Legion Teufel erlaubt, in die Heerd Schwein zu fahren, woraus erhellet, daß diejenigen, welche ein solches säuisches Leben führen, dem Teufel zugehören. Demptis parvulis pauci salvantur propter hoc vitium, sagt ein heil. Lehrer, daß der meiste Theil der Menschen sich in die Verdammnuß stürze wegen solcher garstigen Lieb.

Diese Lieb ist ein Dieb, dann sie stiehlt den Verstand, und macht die Leut zu Narren, Narren sind sie, weil sie solcher Lieb halber so viel ausstehen, so viel leiden, so viel sorgen, so viel seufzen, so viel lassen, so viel geben, so viel gedulden, so viel wachen, so viel verlieren, so viel verschwenden, so viel laufen, so viel thun, und endlich davor des Teufels Dank haben; wann sie nur halben Theil so viel wegen Gott thäten, so hätten sie unfehlbar die ewige und immerwährende Seligkeit zu hoffen, zu gewarten, zu besitzen. Wer dann ein solcher Narr will bleiben, der bleib's mit 100000 N. N.

Ich aber, sagt eine fromme und gottesfürchtige Seel, ich sag ab, schlag ab, solche verdammte Lieb, und lendt und wendt mich zu der Liebe Gottes, die[386] kommt mich ganz leicht an, die ist voller Trost, voller Freuden, voller Ergötzlichkeit, fort mit der schändlichen, schädlichen, schinderischen Weltlieb! Ich liebe, hab geliebt, ich werde lieben, wollte Gott, ich liebte recht; o daß ich allzeit lieben könnte meinen Gott, meinen Jesum, der da eine gebenedeite Frucht des Leibs Mariä, der da ein Schatz der Welt, der da das wahre Lamm Gottes, der da das Heil der Menschen, der da das Brod der Engeln, der da der Jubel der frommen Herzen, der da der Bräutigam der Jungfrau, der da ein Glanz des himmlischen Vaters, der da ein Fürst des Friedens, der da die Pforte des Himmels, der da das Lob der Engeln, der da die Glorie der Heiligen, der da die Süßigkeit des Lebens, der da der Weg des Paradeis, der da der gute Hirt, der da ein Seligmacher der Menschen, der da eine Zuflucht der Sünder, der da eine Hülf der Bedrängten, der da ein Sieg unserer Feinde, der da ein Herr der Geschöpf, der da unserJesus, unser Alles, diesen liebe ich, und will nit mehr aufhören zu lieben, diese Lieb macht mich zu einem Doktor, gleichwie die andere vielen das große N anhängt.


1.
Wolltest du bald ein Doktor werd'n,
Ohne große Müh?
Hätt'st du alle Weisheit gern,
Daß du fehlest nie?
Das macht Lieb in wenig Stunden,
Die ein A B C erfunden,
Wie du siehest hie.
[387] 2.
A weis't alle Ding verlassen,
Bosheit heißt das B.
C lernt Kreuz mit Freud auffassen,
Demuth führt das D.
E rath um das Ewig werben,
F den Fried des Herzens erben,
Gibt Geduld das G.
3.
H gebietet heilig leben,
I Inbrünstig seyn,
K macht kurze Wort ausgeben,
L liebt Gott allein,
M will mäßig allzeit bleiben,
N mit Nuß die Zeit vertreiben,
O Ohn' Falschheit seyn.
4.
P will d'Lieb der Welt ausprüglen,
Q sagt Quelle rein,
R will's Herz ganz rein versieglen,
S nimmt Sanftmuth ein,
T kann and're Tugend lehren,
V schafft Unterthänig wehren,
W thut Wachsam seyn.
5.
Z im A B C das Ende ist,
Und bedeut die Zeit,
Welch wie ein Aug verwendt ist,
Ohn' Beständigkeit,
Drum pfleg lieber das Zeitlich meiden,
Und dich auf die Straß bereiten,
Zu der Ewigkeit.
[388] 6.
Kannst nit so viel Buchstabn tragen,
Dast dir bleiben all?
Soll man dir's noch kürzer sagen,
Alles auf einmal?
So lern das L aus allen diesen,
Alsdann bist gnug unterwiesen,
Auch glehrt nach der Wahl.
7.
Solcher Buchstab heißt mit Namen,
Liebe Gott allein,
Fasse diesen nur zusammen,
Fest ins Herz hinein,
Wo du diesen hast verstanden,
Kannst du schon in allen Landen
Der beste Doktor seyn.

Herr Philibert, schad ist es, und immer schab, daß der Herr unter dieser Predigt geschlafen, der Herr halt es vor gewiß, daß solcher Schlaf von dem bösen Feind herrühre, der in allweg sucht das Wort Gottes zu verhindern. Als auf eine Zeit der heilige Antonius von Padua ganz eiferig geprediget, auch unter andern eine adeliche Dama sehr emsig das Wort Gottes angehört, so hat der leidige Satan solche Aufmerksamkeit dieser Frauen nit können gedulden, sondern die Gestalt eines Boten an sich genommen, ihr einen Brief überbracht, worin sie berichtet worden von dem traurigen Tod ihres Sohnes; aber solche höllische Larven erkannte gar wohl der heilige Mann, dahero auf der Kanzel dieser adelichen Matron also zugesprochen: Fürchte dir nit, dein Sohn lebt noch, [389] und ist wohlauf. Ueber solches ist der Teufel alsbalden verschwunden, und sie wie zuvor die Predigt angehört. Es weiß dieser abgesagte Seelenfeind gar wohl, was ihm und der ganzen Hölle eine eiferige apostolische Predigt kann vor Schaden zufügen. Dann was hat Deutschland zum wahren allein seligmachenden Glauben bekehrt? das Predigen des heiligen Bonifacii. Was hat Frankreich bekehrt? das Predigen des heil. Remigii. Was hat das ganze Schwabenland bekehrt? das Predigen des heil. Martini. Was hat England bekehrt? das Predigen des heil. Augustini. Was hat Böhmen bekehrt? das Predigen des heil. Cyrilli und Methodii. Was hat Pommern bekehrt? das Predigen des heil. Ottonis. Was hat Reussen und Polen bekehrt? das Predigen des heil. Adalberti. Was hat so viel tausend große, schwere, abscheuliche Sünder bekehrt, und von den Banden der höllischen Dienstbarkeit entlediget? als eben das Predigen vieler frommer und gelehrter Männer. Vermuthlich ist es, daß Judas Iscarioth von seinem verdammten Vorhaben wäre abgestanden, und seine gottlosen Gedanken hätte bereuet, wann er wäre samt andern Aposteln bei der Predigt des Herrn nach dem heiligsten Abendmahl geblieben.

Judas der Erzschelm hasset den geistlichen Gesang
[390] Judas der Erzschelm hasset den geistlichen Gesang, und will lieber falliren als psalliren.

Nach vollendtem allerheiligsten Abendmahl hat der gebenedeite Heiland mit seinen eilf Aposteln angefangen den gewöhnlichen Lobgesang, welchen allemal die Hebräer nach Nießung des Osterlamms pflegten zu verrichten. Vorsinger in diesem heiligen Chor war der liebste Herr Jesus selbsten, welcher Gesang dazumal alle Nachtigallen in der ganzen Welt stumm gemacht. Es sollen aber, nach Aussag Pauli Burgensis, folgende fünf Psalmen seyn gesungen worden: der erste, als der hundert und dreizehnte: In exitu Israel de Aegypto, als Israel aus Egypten zog. Der andere, benanntlich der hundert und vierzehnte: Dilexi quoniam exaudiet Dominus, ich habe lieb, dann der Herr wird die Stimme meines Flehens erhören. Der dritte, als nemlich der hundert und fünfzehnte: Credidi propter quod etc., ich habe geglaubt, darum habe ich geredt. Der vierte war der hundert und sechzehnte: Laudate Dominum omnes gentes etc., lobet den Herrn alle Heiden etc. Der fünfte und letzte Psalm war der hundert und siebenzehnte: Domino quoniam bonus etc., lobet den Herrn, dann er ist gut etc. [391] Solche fünf Psalmen hat der Herr Jesus und seine werthesten Apostel auf das eiferigste gesungen, daß hiervon das ganze Haus erschollen, und hätten gern, und aber gern, und übergern alle lieben Engel, als himmlischen Musikanten, pleno choro sich hören lassen, dafern es ihnen von der göttlichen Majestät wäre erlaube gewesen. Der einige meineidige Schelm und verruchte Judas hat zu dieser Musik pausirt, und unlängst zuvor den Reißaus genommen, zu welchem ihn der arglistige Satan angeleitet, als der in Furcht gestanden, es möchte das gottlose Gemüth Judä durch solchen Gesang und heilige Psalmen erweicht werden. Ein Vogel, und zwar ein Erzvogel war dieser Iscarioth, und dannoch wollt er nit singen.

Es gibt saubere Singer, und deren gar viel. Es gibt saumige Singer, und deren nie wenig. Es gibt sauere Singer, und deren eine ziemliche Zahl. Es gibt Sau-Singer, und deren fast an allen Orten.

Saubere Singer seynd alle diejenigen, welche Gott den Herrn Tag und Nacht mit Psalliren und und Singen preisen und loben, auch solchergestalten emsigst nachfolgen den lieben Engeln im Himmel, massen die damalige Chorweise in der Kirche zu singen ihren Ursprung genommen von den Engeln, welche der h. antisiodorensische Bischof, so noch zu Apostel Zeiten gelebt, gesehen, und gehört hat, wie sie die allerheiligste Dreifaltigkeit in zwei Chor ausgetheilt, mit hellschallendem Jubel und Lobgesang gepriesen. Auch scheint es glaublich, daß solche Weise schon die Juden in ihren Tabernacklen und Templen gebraucht[392] haben, dahero David sagte, laudent nomen ejus in Choro.

Wie angenehm sey dem Allerhöchsten solcher Gesang, erhellt ganz klar aus folgenden Geschichten: Als der h. canusinische Bischof Sabinus nach Gewohnheit einmal bei Mitternacht aufgestanden, und bereits die Metten angefangen zu singen, da hat das ganze Hausgesind, nit ohne höchste Verwunderung wahrgenommen, daß die lieben h. Engel chorweis mit ihm die ganze Metten gesungen.

In Westphalen stehet ein uraltes Benediktiner-Kloster, Namens Corbei, in welchem etlich hundert Jahr nach einander folgendes Wunder sich ereignet: so oft aus besagten Religiosen einer wegen Krankheit und Unpäßlichkeit nit konnte in den Chor kommen, so ist je und allemal ein Engel an dessen Statt erschienen, und die ganz eigne natürliche Stimm des abwesenden Geistlichen hören lassen, wie solches glaubwürdigst bestätigen die Annales obbenannten Klosters.

Der heil. clarevallensische Abt Bernardus hat mehrmalen bei nächtlicher Weil in dem Chor wahrgenommen, daß die lieben Engel jene Religiosen, so da emsig und eiferig in dem göttlichen Lobgesang verharreten, mit sehr kostbarem und angenehmsten Rauchwerk verehreten.

Robertus, König in Frankreich, war also eiferig in dem Lob Gottes, daß er öfters mit denen Mönchen im Chor die Tagzeiten gesungen, und andächtigst psalliret. Da er auf eine Zeit ein festes Schloß mit ziemlicher Kriegsmacht umfangen, unter währender Belagerung aber am Fest des h. Damiani in dem nächst [393] entlegenen Kloster mit denen Geistlichen das Offizium gesungen, siehe, da wurde erneuert jenes Wunder, so dem Josue widerfahren, unter der Zeit, da er in dem göttlichen Lobgesang sich aufgehalten, seynd von freien Stucken alle Gemäuer und Pasteien der belagerten Festung zu Boden gefallen, ohne einige Handanlegung.

Anno 1613 starb in dem weimarischen Gebiet ein bekannter und berühmter Notarius der calvinischen Sekte, welcher mehrmalen die Geistlichen ausgehöhnet, wann selbige mit ihrem Gesang einen Verstorbenen zum Grab begleitet, auch öfters in diese Spottwort ausgebrochen: »diese Pfaffen singen just wie die Esel.« Wie nun dieser auch den Zeitlichen, und, welches weit mehr zu bedauren, auch den ewigen Tod erfahren, und breits der Leichnam mit sonderm Pomp und Pracht zum Grab getragen wurde, kaum daß man den Körper zum Haus heraus gebracht, da ist alsobald ein schwarzächtiger Esel einer ungeheuren Größe er schienen, der Todtenbahr nachgetreten, und mit einem steten wilden Geschrei die Leich begleitet, konnte durch keine Gewalt, die man möglichst angewandt, hin und abgetrieben werden, sondern dieser widerwärtige Langohr hat benanntem Notario das Geleit geben bis zu dem Grab, um dasselbige etlichmalen herum getreten, endlich mit des Verstorbenen Anverwandten und Befreundten wieder nach Haus gangen, daselbst in Gegenwart vieler Leut gähling verschwunden, zur billigen Straf, die der gerechte Gott über ihn verhängt, um weil er das andächtige Singen und Psalliren der Priesterschaft veracht, und dem Eselgeschrei verglichen.

[394] Angenehm war der Gesang Mosis und des gesamten israelitischen Volkes, nachdem er so wunderlich durch das rothe Meer passirt, und sollen dazumalen, wie die Rabbiner bezeugen, auch die etlich Tag und Wochen alle unmündigen Kinder durch ein Mirakul das ganze Lied mitgesungen haben. Angenehm war der Gesang Deborä und Barac, nachdem sie den Sieg und berühmte Victori wider den cananäischen Kriegsfürsten Sisara erhalten. Angenehm war der Gesang der lieben Eltern Annä und Helcana, wie ihnen ihr Sohn Samuel geboren. Angenehm war der Lobgesang des Königs Ezechiä, nachdem er durch göttliche Hülf wieder zur gewünschten Gesundheit gelanget. Angenehm war der Gesang der Judith, als sie dem Holoferni das Haupt abgeschnitten, wovon dem ganzen Volk Israel ein Hauptglück erwachsen. Angenehm war der Gesang der drei Knaben in dem babylonischen Ofen, worin das Feuer einen Feiertag gehalten, diese aber einen fröhlichen Festtag. Angenehm war der Gesang des Davids, welcher bei Tag und Nacht mit dem eiferigen Psalliren Gott den Herrn gepriesen, dahero dieses lobwürdigsten Königs meistes Siegen vomSingen hergeflossen und gesprossen. Angenehm ist auch der göttlichen Majestät aller Gesang der eiferigen Geistlichen, welche, nach Art und Weise der lobschallenden Lerchen, ihre Stimme und Gemüth erheben, und durch Gesang und Klang den Allerhöchsten preisen. Angenehm ist auch der Gesang des andächtigen Volks in der Kirche, und in den gewöhnlichen Prozessionen und Kreuzgängen. Zumalen solche nachfolgen [395] denen englischen Heerschaaren, deren fast einziges Thun ist, Singen und Musiciren.

Andächtig singen ist englisch Werk. Wie Gottes Sohn in dem Stall zu Bethlehem bei Mitternacht aus der unversehrten Jungfrau Maria geboren, da ist eine unzahlbare Menge der Engel vom hohen Himmel herunter gestiegen, und die bethlehemitischen Felder mit dem lieblichsten Gesang und Musik angefüllt.

Andächtig singen ist ein englisch Werk. Wie der heil. Papst Gregorius die Bildnuß unser lieben Frau, so in der Kirche S. Mariae Majoris, zu Rom verehrt wird, zu Abwendung des göttlichen Zorns mit volkreicher Prozession in St. Peterskirche getragen, und mit dem gesamten häufigen Volk die heil. Litanei gesungen, da ist nächst bei dem Castell Adriani eine englische Stimm erschollen, und folgendes Lied gesungen worden: Regina coeli laetare, Alleluja, quia quem meruisti portare, Alleluja, resurrexit, sicut dixit, Alleluja. Worauf der heil. Papst durch göttliche Eingebung diese Worte hinzu gesungen: Ora pro nobis Deum. Alleluja. Dahero noch auf diese Zeit dieCanonici benannter Kirchen, so oft sie bei besagtem Castell prozessionsweis vorbei gehen, solches englische Lied zu singen pflegen.

Andächtig singen ist ein englisch Werk. In der Kirche bei St. Stephan auf dem Berg zu Freising haben anstatt des heil. Bischofs Corbiniani, so dazumal krank gelegen, die Engel die Metten gesungen. In der Kirche, allwo der heil. Spiridion seine Andacht verricht, haben die Engel die Vesper gesungen. In dem, und bei dem, und nach dem Tod des heil. [396] Henrici, Ammonis, Pauli Eremiten, Silvani, Simeonis Stylitä, Bonä, Nikolai von Tolentin, Martini Turonensis, Wilfridi, Genulphi, der heil. Mutter Monicä, Laurentii Justiniani, Patritii, Rigoberti, Nicasii, Lamberti, Alberti, Philippi, Benicii, Aloisii, Bertrandi, Ignatii Loyolä, Coletä, und vieler anderer mehr haben die Engel am allerlieblichsten gesungen und musicirt.

Bei der Begräbnuß der übergebenedeiten Mutter Gottes Maria, allwo durch göttliche Wirkung alle Apostel, so dazumal in der Welt hin und her entfernet waren, sich augenblicklich versammlet, und diesem seligsten Hintritt beigewohnt; bei solcher Begräbnuß hat eine unzahlbare Schaar der Engeln, so ober der Bahr schwebten in den Wolken einen so himmlischen Gesang und Musik vollbracht, daß hierdurch die Stadt Jerusalem samt der ganzen Gegend herum in höchste Verwunderung gerathen, und nit wenig aus dem zulaufenden Volk sich bekehrt haben.

Moses, der große Mann Gottes, erhalt die Tafeln der zehen Gebot von dem Allerhöchsten auf dem Berg Sinai, allwo in denen Steinen zur ewigen Gedächtnuß man noch siehet einen Abriß des Dornbusches, welchen Moses gesehen hat brennen, und nit verbrennen. Droben auf dem Berg hat es geheißen Sinai, herunter aber des Bergs hat es geheißen Sündigen, oben auf dem Berg stund es auf 10, benanntlich auf 10 Geboten, herunten auf der Ebene stund es auf 11. Dann bei dem israelitischen Volk war es Mittag, massen sie alle thäten essen und trinken, und nachmals war niemand, weder Klein noch Groß, [397] weder Alt noch Jung, der nit mit Singen, durch Singen, im Singen, das gegossene goldene Kalb als einen Gott verehrt, vocem cantantium ego audio etc. Moses und Josue hören, daß diese eisernen Gemüther, daß diese plumpen, bleiernen Gispel, daß diese versoffenen, kupfernen Gesichter, daß diese vermessenen, messingenen Narren das goldene Kalb mit großem Lobgesang priesen, der Teufel war Kapellmeister bei diesem Gesang.

Vocem cantantium ego audio etc. Weit besser höre ich, weit lieber hörest du, weit angenehmer höret er die Stimm der singenden und lobschallenden frommen Geistlichen und Weltlichen, welche allerseits mir andächtigen Psalmen und beweglichen Liedern den wahren allmächtigen Gott, o wohl einen ganz goldenen Gott, lob- und benedeien. Dahero Kaiser Maximilianus sich öfters verlauten lassen, daß ihn nichts mehrers erfreue, als wann er sehe ein Feld voller wackerer Soldaten und einen Chor voller andächtiger Mönch, die Gott mit ihrem gewöhnlichen Lobgesang verehren. Wie werth und angenehm muß gewesen seyn in den Augen der göttlichen Majestät jenes Benediktinerkloster zu Lixau, allwo das ganze Jahr und allezeit hindurch nit ein Augenblick verflossen, da nit eine ziemliche Anzahl der Religiosen mit Singen und Psalliren Gott gepriesen, und könnte dazumal eine solche ordentliche Austheilung der Chör leicht geschehen, weil zur selbigen Zeit in einem Kloster sechshundert, auch neunhundert, sogar auch zweitausend Geistliche gezählet wurden.

Stephanus Mantegaza schreibt, daß zwischen dem[398] Berg Sinai und rothen Meer ein Kloster sey, welches man nit sehen, und auch nach angewendtem größten Fleiß nit finden kann, gleichwohl hört man in der ganzen Gegend herum, wann sie in den Chor zum Gottesdienst läuten, und auch hell und klar singen. Anno 1613 soll ein armer Arabier im Monat Oktober in selbiger Gegend herum vagirt seyn, der ungefähr in einem Berg einen Eingang fast in der Größe einer ordinären Thür wahrgenommen, dahero ihn der Vorwitz veranlaßt, daß er ohne sondere Furcht durch den Berg einen langen Weg hinein geschlichen, allwo er ganz wunderliche Ding angetroffen, dann mitten im Berg sah er ein überaus schönes aufgebautes Kloster, und nächst demselben ging ihm entgegen ein Ordensmann, der ihn befragt, was er allhier suche? und nachdem er vernommen, daß er nichts anders verlange, als ein h. Almosen, sodann gab ihm erstbesagter Religios ein schneeweißes Leibel Brod und eine ziemliche Portion der Datteln, sogar eine gute Frucht, worauf der arme Arabier seinen Zuruckweg genommen, die Schelen und Schaalen aber gedachter Frucht also weislich auf die Erden fallen lassen, damit er hierdurch inskünftig den Weg möchte wieder finden, dann er der Meinung gewest, seine Mitkameraden auch anhero zu führen. Aber Gott hat durch einen Engel alle selbigen Schaalen lassen auf das genaueste aufklauben, wessenthalben den nachkommenden Tag der Arabier samt den Seinigen den Weg nit mehr gefunden. Der Arabier ist bericht worden von demjenigen Geistlichen, so ihm das Almosen dargereicht, daß der Allmächtige dieses Kloster selbst in den Berg gebauet, [399] worinnen stets 40 Geistliche mit Singen und Psalliren Gott den Herrn loben, auch so oft einer mit Tod abgehe, so werde alsobalden durch Gott ein anderer anstatt seiner gestellt, damit die Anzahl der 40 jedesmal ganz verbleibe, ist zu glauben, daß dieses Wunderkloster Gott ewig erhalte, zur Gedächtnuß, weil daselbsten auf dem Berg Moses 40 Tag und Nacht mit Gott geredet.

Gott der Allmächtige, laut h. Schrift, hat die Vögerl erschaffen aus dem Wasser von Anbeginn der Welt; so kommen dann die Vögel vom Wasser her? ja aber die Erzvögel und Galgenvögel vom Wein; kein Thier auf Erden pflegt zu singen, der Ochs röhret, und singt nit, der Wolf heulet, und singt nit, der Bär brummet, und singt nit, der Löw brüllet, und singt nit, der Hund bellet, und singt nit, die Katz gmauckzet, und singt nit, der Esel kühret, und singt nit, das Schwein grunzt, und singt nit, das Schaf blerrt, und singt nit etc. Kein Thier auf Erden pflegt zu singen, wohl aber die Vögel, so der Allmächtige aus dem Wasser erschaffen. Wohlan dann, ihr frommen Christglaubigen, weilen ihr auch das andermal geboren durch die h. Tauf, und folgsam das Leben eurer Seel von dem Wasser, so gibt auch gleichmäßig lobschallende Vögel ab, höret nit auf, an allen Orten Gott den Herrn, seine gebenedeite Mutter, alle lieben Heiligen mit geistlichen Liedern zu preisen und loben. Der Bauer bei dem Pflug, der Hafner bei dem Krug, der Gärtner bei den Pflanzen, der Soldat bei den Schanzen, der Schreiner bei dem Hobel, der Kirschner bei dem Zobel, der Zimmermann bei [400] der Hack, der Müller bei dem Sack, der Schneider bei der Nadel, die Spinnerinn bei dem Nadel, der Goldschmied bei dem Letten, der Bäck bei dem Knetten, der Bierbräuer bei dem Kessel, der Apothecker bei dem Stößel, der Sattler bei dem Sattel, der Koch bei dem Bratel, der Kaufmann bei den Waaren, der Fuhrmann bei dem Fahren, der Zinngießer bei der Scheibe, das Kuchelmensch bei dem Reiben, der Maurer auf dem Grüst, der Bauernknecht auf dem Mist, der Schmied bei den Funken, der Weber bei der Dunken, der Lederer bei den Häuten, der Postknecht bei dem Reiten, der Schlosser bei den Feilen, der Holzhacker bei den Keilen, der Schuster bei der Aal, die Schildwacht auf dem Wall, der Papierer bei den Lumpen, der Wagner bei den Krumpen, der Schleifer bei dem Schleifen, der Binder bei den Reifen; in Summa, ein jeder fast kann bei seiner Arbeit, und unter seiner Arbeit, massen ohnedas das Maul feiren thut, Gott den Herrn mit einem geistlichen Lied und Lobgesang verehren, zumal hierdurch die Arbeit weit geringer, die Zeit weit kürzer, das Werk weit besser, das Verfertigen weit schleuniger, das Verkaufen weit glücklicher, und das Bezahlen weit gewisser wird, und solche alle seynd saubere Singer.

Es gibt aber auch saumige Singer. Der stolze egyptische Monarch Pharao war nit allein hoch-und übermüthig, sondern auch sehr heiklich, dann als auf eine Zeit zwei seiner Hofbedienten gar geringe Fehler begangen, hat er dieselbigen nit allein in Kerker und finstere Gefängnuß geworfen, sondern gar einen aus diesen lassen an Galgen hängen; gedachte zwei [401] Hofbediente waren der Mundschenk und der Mundbäck, des Ersten sein Verbrechen war, daß er in dem Mundbecher, den er dem König dargereicht, eine kleine Mücke, so ungefähr hinein gefallen, nit vermerkt, darum hat es geheißen, daß man den Schelm in Thurn werfe; der andere, als der Mundbeck, so nachmals gar mußte durch den Strick sterben, hatte nichts anders verwirkt, als daß ungefähr in der Mundsemmel der König ein Haar gefunden, wie dir Rabbiner vorgeben, wessenthalben es dem König also gegraust hat, daß er lang keine Semmel mehr wollte sehen noch essen, und derenthalben den armen Bäcker zum Galgen verurtheilet.

Es gibt ebenfalls solche Geistliche, die ganz säumige Singer seynd, und graust ihnen vor dem Chor, als hätten sie ein Haar darinnen gefunden, wie Pharao in der Semmel, wie dann einer auf eine Zeit scherzweis ist angeklagt worden, als hätte er eines andern sein neues Brevier aus dem, Chor entfremdet, dieser aber über solche ungegründete Anklag war nit ein wenig entrüst, dahero zu seiner besten Entschuldigung ausgesagt, er wolle es mit einem Eid betheuren, daß er schon 9 ganzer Wochen den Chor nie gesehen habe.

Ein solcher ist nit ungleich dem übelgesitteten Volk Israel, welches auch einen Eckel und Grausen hatte an dem himmlischen Manna. Ein solcher ist fast ähnlich einem Schwanen, der ein so abgesagter Feind des Singens, daß er niemal, außer kurz vor seinem End, einen Gesang hören läßt. Ein solcher ist natürlich wie ein Schneck, der niemals pflegt zu [402] singen, außer man legt ihn auf die Glut, dort aber ist es zu spat. Ein solcher ist nit viel besser, als der Judas (verzeiht mir's ihr Herren Geistliche!) dann er auf gleiche Weise sich von dem Chor und Psalliren abschraubet.

Pater Fulgents, warum so faulenz, und nit im Chor? o ich muß ausgehen, etliche, und gar wichtige Geschäfte zu verrichten. Euer Ehrwürden kommt mir vor wie der Rab in der Arche Noe; warum dieser gerechte Altvater solchen schwarzen Galgenvogel aus der Arche geschickt, und nit einen andern von weit bessern Qualitäten, wie da war der Adler, der Phönix, war die Ursach, als Noe in der Arche wollte das Fenster eröffnen, so ist der Rab der allererste und nächste dabei gewest, welcher mit schmeichelnden Gebärden, mit seinem steten Cra Cra, sattsam zu verstehen gab, daß er gern draußen wäre, dann ihm gar zu bang und zuwider, daß er also eingesperrt in dieser hölzernen Keuche solle leben, weilen dann der nächste an der Hand, also hat ihn Noe vor andern ausgelassen. Aber weit besser wäre es gewesen vor ihn, wann er wäre in seiner Clausur verblieben, dann daselbsten wäre er nicht unter die stinkenden Aas gerathen, bei welchem er seinen Untergang gefunden. Also ist es einem Geistlichen und Religiosen viel rathsamer, daß er zu Haus bleibe, dann ein solcher nur ein stattlicher Mann, wann er nit stattlich ist; will sagen, wann er in der Stadt nit viel ist. Solus und Salus sind Namen, und That halber nit weit von einander; Lauffen im Salzburgerland ist kein Ort vor einen Mönchen, wohl aber Zell in Steiermark. Ein [403] Religios soll eigenthümlich seyn wie ein Tempel, dem der Poet hinzu schreibt, nemini nisi Numini, Gott allein muß er zugethan seyn. Ad Chorum Pater Fulgenz, und nit ad Forum Pater Faulenz, kein anders Alpha und Omega, kein anders A und O gehört vor euch, als ChArus, ChOrus. Jene Geistlichen zu Haisterbach haben solche große Gnad nit gehabt auf der Gasse, wie sie gehabt haben im Chor, dann als sie auf eine Zeit in dem Chor andächtig psallirt, wobei sich auch einer gefunden, der selige Eustachius, hat die übergebenedeite Mutter Gottes, eine ganz große goldene Kron über das ganze Konvent vom Himmel herab gelassen, in der Höhe solcher Kron war ein sehr kostbares Kleinod, worauf folgende Worte geschrieben: »O clemens, O pia, O dulcis virgo Maria!« O gütige, O milde, O große Jungfrau Maria!

Pater Paul wie so faul, und nit im Chor? O ich muß studiren, der hl. Franziskus von Assis wurde einstmals befragt, ob seine Geistlichen auch sollen studiren? worauf er dann geantwortet, er sey gar wohl zufrieden, wann sie nur nach dem Exempel Christi, von dem man weiß, daß er mehr gebetet, als gestudiret, den Chor und die Betstunden nit verabsaumen. Sagt mehr, mein lieber Pater, wo? wann? und auf was für einer hohen Schul haben gestudirt die hl. Theresia, die hl. Katharina Senensis, die hl. Katharina de Pazzis, und viel andere mehr? welche auch wegen ihrer Lehr und Weisheit die vornehmsten Professores in Verwunderung gezogen? alle diese hatten keine andere Schul, als die Kirche und den Chor, [404] wie es dann vielmal auch bekennt hat der englische Lehrer Thomas von Aquin, daß er mehr gelernet habe durch das Beten, als durch das Studiren. Der heil. Prophet Ezechiel hatte auf eine Zeit ein sehr geheimnußreiches Gesicht, dann er sah einen Wagen, der von vier Thieren gezogen wurde, und zwar eines hatte ein Gesicht eines Menschen, das andere eines Löwen, das dritte eines Adlers, das vierte eines Ochsen. Ein andersmal sah er solchen Wagen wiederum, aber es war der Ochs in einen Cherubim verändert, durch solches Gesicht waren nun hohe göttliche Geheimnisse bedeutet, die ich dermal, weil es nit zu unserm Vorhaben dienet, mit Fleiß umgehe. Aber das war je wunderlich und seltsam, daß aus einem Ochsen ein Cherubim worden ist.

Wir Deutsche pflegen einen ungelehrten Menschen, in dessen Hirn Stroh und Stramen beisammen, einen Ochsen-Kopf zu nennen, wie dann also den hl. Thomam von Aquin seine sauberen Scholarn titulirt haben. Nun aber geschieht es nit selten, daß ein solcher Ochsen-Kopf in einen Cherubim verändert, und aus einem Idioten der vornehmste Doktor wird; der hl. Abt Romualdus, der hl. Antonius aus Egypten, der hl. Ravenatische Severus, der hl. Abt Joachimus, der hl. Laurentius Justinianus, der hl. Joannes Capistranus, und viel andere mehr seynd aus ungelehrten Leuten hochverständige Männer worden, durch kein anders Studium, als psalliren und beten. Also mein lieber Peter Paul, studiren ist irren, wann nit dabey ist das psalliren.

Pater Theodor, wie so schläferig im Chor? Euer[405] schläferiges Singen ist nit besser, als das Tractament, mit welchem der Loth die Engel gastirt. Die Engel kamen in Gestalt der Fremdlinge zu dem Loth, der ihnen dann, nach Gewohnheit, alle Ehr erwiesen, auch seiner Frau befohlen, sie solle aufsetzen, was die Kuchel vermag, aber arg und karg seynd die Weiber, bis in die Todten-Sarg. Diese Frau stunde in Sorgen, es möchten solche Gesellen öfter kommen, und schmarotzen, dann sie es nit als Engel erkennet, derentwegen in keine einige Speis ein Salz genommen, auf solche Weis gedachte sie, werden diese Gäste ein andersmal ausbleiben, und eben solle dieß eine Ursach seyn, warum nachmal wegen des Umschauen sie in eine Salz-Scheiben verkehrt worden; die eingemachten Speisen waren abgeschmach, weil kein Salz darinnen, die gebratenen Speisen waren abgeschmach, weil kein Salz dabey, die gebachenen Speisen waren abgeschmach, weil kein Salz darunter, mit einem Wort, das ganze Tractament war abgeschmach, und hatten die Gäste weder Lust noch Gust daran, darinnen, und dabey. Nit weniger ist abgeschmach, unwerth, grauslich, tadelhaft, widerwärtig, verdrüßlich, unangenehm, verwerflich, garstig, ungereimt und abscheulich in den Augen der göttlichen Majestät; ein schläferiges Singen, ein wurmstichiges Manna schmeckt besser als dieß, ein trüber Bach Cedron ist klarer als dieß, eine bittere Coloquinten der Propheten-Kinder, ist süßer als dieß, ein viertägiger Lazarus im Grab, riecht besser als dieß, ein solcher schläferiger Gottesdienst ist wie die Schlinge David, aber ohne Stein, ist wie die Harfe David, [406] aber ohne Saiten, ist wie ein Thurm David, aber ohne Schild.

Cäsarius schreibt, daß ihm ein hl. Abt selbst erzählet, wie daß unter seinen Geistlichen einer sich befunden, der gemeiniglich bei der Nacht in der Metten unter währendem Psalliren genapfetzt und geschlafen habe; nun aber sey einsmals dieß Wunder geschehen, daß der von Holz geschnitzelte Heiland, dessen Bildnuß in der Mitte des Chors gehangen, vom Kreutz sich herab gelöset, zu diesem schläferigen Mönch hinzugetreten, und ihm einen solchen harten Backenstreich versetzt, das er hievon den dritten Tag gestorben.

Im alten Testament wollte der allmächtige Gott, daß ihm die Menschen zur Dankbarkeit allerlei Thier im Tempel sollen aufopfern, aber nur keine Fisch, Ochsen und Kälber, aber nur keine Fisch, Gais und Lämmer, aber nur keine Fisch, Turteltauben und Spatzen, aber nur keine Fisch, dessen sich nit wenig zu verwundern, zumalen bey dem allgemeinen Sündfluß alle anderen Thier den Zorn Gottes mußten ausstehen, die Fisch aber allein von solcher Straf befreit gewesen; ja bei Erschaffung der Welt schwebte der Geist Gottes ober dem Wasser, als einem Losament der Fisch, und also die schwimmenden Gesellen zu allen Zeiten in großen Gnaden bei Gott gestanden, aber im Tempel wollte er sie nit annehmen für ein Opfer; warum? soll dann ein 8pfündiger Karpfen nit besser seyn als ein Spatz? darum hat Gott der Herr die Fisch verworfen von seinem Opfer, dann sie konnten nit lebendig gebracht, oder nit frisch geliefert werden in dem Tempel zu Jerusalem, und todte oder halb-todte [407] Opfer mag Gott nit, will Gott nit, schätzt Gott nit. Pater Theodor, wie seyd ihr im Chor? wie ein Fisch, der abstehen will, ihr gaumetzt, als wär die Thür des Mauls aus dem Angel gangen, ihr reißt immerzu die Goschen auf wie unser Haushüter, der heißt Melampus; ihr napfetzt mit dem Kopf, als wäre der Hals aus dem Leim gangen, ihr singet mit, aber wie? Euer Singen ist nit Singen, sondern Sinken, und also bei Gott kein wohlgefälliges Opfer, sondern mehr ein Abscheu. Christus der Herr wollte solches einmal sattsam zu verstehen geben, indem er einem dergleichen schläferigen Mönch in dem Chor erschienen, ihm aber nur den Rucken gezeigt, woraus abzunehmen war, daß ein solcher saumseliger Religios nit werth sey, sein göttliches Angesicht zu sehen.

Ihr Herrn Kanonici und Domherren, ihr Stiftherren, ihr Ehrherren (cum pleno et plano titulo), warum so selten im Chor? Petrus Abuskus, Petrus Telmus, Odo, und andere mehr, waren heilige Domherren, aber öfter im Dom, darum Kanonici zu kanoniziren. So viel ich merke, entschuldigt sich einer und der andere mit einer papierenen Exkusa, wie daß er eine Reis' habe nach Karthago, von dannen soll die Karten ihren saubern Ursprung haben. Ich bitte demüthig um Vergebung, daß ich so offenherzig rede. In den Geschichten der Aposteln liest man öfters, daß sie, der Seelen Heil zu suchen, gereist sind nach Pamphiliam, auch daselbst sich eine Zeitlang aufgehalten, wie da gethan hat Paulus und Barnabas, aber von dem Pamphyli hab ich nie was gelesen, wie kommt es denn? Es halten sich zweierlei [408] Vögel in der Kirche auf, die Schwalben, und die Nacht-Eulen, aber auf unterschiedliche Weise, dann die Schwalben befinden sich in der Kirche, singen aber auch daselbst, die Nacht-Eulen aber sind nur derenthalben allda, damit sie das Oel aus den Lampen saufen. Also findet man auch zuweilen einige, die nur das feiste Einkommen der Kirchen genießen, im übrigen weiter nit viel thun wollen.

Es gibt nit allein saubere Singer, saumige Singer, sondern auch sauere Singer, und diese seynd alle diejenigen, dero Gesang und Psalliren in den Ohren Gottes nit süß und lieblich, sondern sauer und widerwärtig erschallet, dergleichen ist ein geschwindes und überhupftes Singen, worinnen die Psalmen einen solchen Gallopp müssen laufen, daß sie kaum schnaufen können, und gar viel Worte in denselben zu kurz kommen. Nachdem die Apostel durch die frommen und andächtigen Weiber die Nachricht erhalten, daß Christus der Herr nit mehr im Grab liege, sondern von Todten auferstanden, da haben Petrus und Joannes alle beede angefangen zu laufen nach dem heil. Grab, aber Joannes, um weilen er jünger und besser bei Leibeskräften, ist dem guten Petro vorgeloffen. Man kann auch wohl glauben, daß sich Petrus des Laufens nit gar zu stark angenommen, weil er an der Weiberzeitung schier etwas zweifelte, dann unlängst vorhero ein Weib ihn hinter das Licht geführt, daß ihm auch der Hahn solches vorgerupft. Sey dem wie ihm wolle, es seynd doch beede geloffen, und war dieß ein heiliges und verdienstliches Laufen, benanntlich zwei Chör, daß ein jeder verlanget vorzulaufen, und solches [409] Laufen ist höchst sträflich, auch eine schädliche Aergernuß in der Kirche Gottes. Es seynd in dem einzigen Psalm Dixit Dominus etc. samt dem Gloria etc. hundert und sechs Wort, gar oft eilet man mit diesen also schnell fort, daß über dreißig Wort unterwegs bleiben, und muß ein Vers dem andern auf die Verse treten. Aber wehe euch Vorstehern der Kirchen, wann ihr um ein jedes vernachläßigte Wort, welches doch der heil. Geist selbst aufgesetzt, müßt zu seiner Zeit genaue Rechenschaft geben.

Jakobus a Vitriaco schreibt, daß auf eine Zeit einem sehr frommen und gottseligen Religiosen der böse Feind mit einem großen angefüllten Sack über die Achsel im Chor erschienen, derenthalben ihn der fromme Mann befragt, was er trage? worauf der Satan ganz trutzig geantwortet, er trage alle diejenigen Wort und Silben, welche die Mönch unter dem Psalliren auslassen oder abkürzen, und werde er einmal diese als vermessene Diebe anklagen, als welche dem Dienst Gottes und göttlichen Lob so viel heilige Wort entfremden und abstehlen. Deßgleichen hat Christus der Herr dem heil. Bischof Antoni mit ganz ergrimmtem Angesicht einen starken Verweis gegeben, daß sein Diakonus unter dem Psalliren bei dem Gloria Patri etc. wegen des gar zu starken Eilen das WortFilio öfters ausgelassen. Hat es der König David für einen starken Affront aufgenommen, wie seinen Abgesandten der Hanon ihre Kleider zu einem öffentlichen Spott halb abgeschnitten, wie wird es erst dem allmächtigen Gott mißfallen, wann man ihm seine heil. Psalmodia, worinnen alles göttliche Lob und himmlische Geheimnisse [410] verfaßt seynd, durch unnöthiges Eilen so spöttlich abkürzet?

Saure Singer seynd auch diejenigen, welche zwar mit dem Maul psalliren, aber mit dem Herzen anderwärts vagiren, solche kommen mir vor, wie des Samsons Löw; dieser starke Held ging einsmals mit seinen Eltern nach Thamnatha, um willens, daselbsten mit Gutheißen seiner Eltern ein Weib zu nehmen, dann er ihm seines Gedunken nach schon eine Schöne ausgeklaubt, unterwegs aber, da er sich vom Vater und Mutter ein wenig abgesondert, traf er einen wilden und brüllenden Löwen an, den er alsobalden, kraft der von Gott ertheilten Stärke, wie einen kleinen Geisbock niederriß und umgebracht, nach etlich Tagen in seiner Zurückreis' vor Thamnatha hat er den todten Löwen noch auf dem vorigen Ort gefunden, und, was zu verwundern, in seinem aufgesperrten Rachen einen Bienenschwarm, welche bereits viel Honig gesammlet, wovon nachmals der Samson geessen, und auch etwas seinen lieben Eltern mitgetheilt. Dieser Löw hatte Honig im Rachen, Honig im Maul, und hat doch dessen Süße nit empfunden. Solchem sind ganz ähnlich und gleich viel, die im Chor und Kirche singen und psalliren, sie haben in ihrem Mund den edelsten Honig, benanntlich die heiligen Psalmen, worinnen eine himmlische Süßigkeit begriffen, aber sie empfinden hiervon nit das geringste in dem Herzen, weil nemlich dasselbige anderwärts vagirt, und nit im Chor sich aufhaltet. Wie mancher singt die Vesper, da unterdessen die Gedanken beim Spielen. Was hältst du von diesem, der also singt und also denkt: Dixit [411] Dominus Domino meo, heut gehen wir zum Herrn Leo; sede a dextris meis, heut werde ich gewinnen, das ist gewiß; Donec ponam inimicos tuos, gestern hab ich verspielt drei Maaß; Scabellum pedum tuorum, heut wird sich das Glück kehren um;Virgam virtutis tuae, was gilts, ich werd haben figuri tre; in Splendoribus Sanctorum ex utero ante luciferum genuite, sodann bezahlen mich alle; juravit Dominus, et non poenitebit cum, ich will sehen, daß ich bei Zeiten komm; tu es Sacerdos in aeternum secundum Ordinem Melchisedech, sauf ich zum meisten, und sie bezahlen die Zech; Dominus a dextris tuis, schau, daß wir eine Gans jagen an den Spieß;confregit in diae irae Suae Reges, eine gute Jausen ist nit bös etc. Was hältst du von einem solchen, der also singt und also denkt? was hält Gott von einem solchen Gesang? das, was er einsmals durch den Propheten Amos geredet hat: »Auffer a me tumultum Carminum tuorum, thue mir hinweg das Getümmel deiner Lieder, mir ist dein Gesang ein Gräuel in meinen Ohren.« Was hält der böse Feind von einem solchen Psalliren? Solche laue Religiosen haben ihre Psalmen und Tagzeiten mit solchen umschweifenden Gedanken auf eine Zeit also verbracht, daß es den Teufel selbsten verdrossen, dahero er in einer erschrecklichen und wilden Gestalt in Mitte des Chores erschienen, mit einem Rauchfaß, worinnen nichts als Schwefel und anderer unleidentlicher Gestank; mit diesen thäte er die sauberen Mönche incensiren, und sagte anbei: »zu einem solchen Gesang gehört ein [412] solcher Weihrauch.« Der heil. Bernardus sagt es lateinisch, wie du und ich und andere beschaffen: »In choro sum corpore, et in aliquo negotio sum corde, aliud canto, et aliud eogito, Psalmodiae verba profero, et Psalmodiae sensum non attendo, sed mente vagus, habitu dissolutus, oculis attonitus huc et illuc prospiciens, quaecunque ibi geruntur perlustro, et perspicio, vae mihi! quia ibi pecco, ubi peccata, emendare debeo.«

Neben allem diesem schleichen noch andere ohne Form und vermessene Fehler ein unter dem Gesang des Chors und Kirchen, welches allen Obrigkeiten zu verbessern möglichst obliegt, wann sie nit samt denjenigen Untergebenen wollen die Straf Gottes zu gewarten haben.

Moses hat das guldene Götzenkalb gar zu Pulver verbrannt und zermalmen, und damit man demselbigen Staub und Pulver auch keine Ehr anthäte, wie er etwann geforchten, hat er solches in ein rinnendes Wasser geworfen, dann es war vor Gott und ihm ein vermaledeites Pulver.

Keinen bessern Titel noch Prädikat verdienet auch das dermalen in Schwang gehende Tabackpulver, wenigst dazumal, wann man selbiges in Chor und Kirchen, welches leider oft geschieht, unter dem heiligen Gesang und Gottesdienst, wobei die Engel ehrerbietigst aufwarten, so unnöthig mißbrauchet.

In Egypten waren vor diesem 20 große Städt, unter denen die Hauptstadt Heliopolis, wohin Christus der Herr in seiner Kindheit, wegen der Tyrannei [413] Herodis, seine Flucht genommen; sobald dieses göttliche Kind in benannter Stadt angelangt, sind alsobald die steinernen und metallenen Götzenbilder alle zu Boden gefallen, und zu Trümmern gangen, deren waren an der Zahl 365, dann die Egyptier alle Tag einen andern Götzen verehrten; die Pfaffen aber dieser Götzen haben den Taback, von dem erst gemeldet worden, aufgebracht, ob es also rühmlich steht, daß unsere Geistlichen in die Fußstapfen treten dieser Götzenpfaffen, laß ich es eines jeden reisen Verstand über.

Wie in der Hauptstadt Lima in dem Königreich Peru eine besessene Person einen gottseligen Pater Dominikaner beschworen, auch den bösen Feind mit aller Gewalt dahin getrieben, daß er dieses Gott gewidmete Losament mußte verlassen, hat dieser höllische Gast in dem Abfahren folgende Wort hören lassen: »Weil du mich verjagest von Lima und Peru, so will ich dir zu einem Spott den Taback bringen nach Europa.«

Vor wenig Jahren in der Stadt Paris wurde der Satan aus einem besessenen Menschen befragt, wer, und wie sein Name sey? Basta saper, sagte er, es ist schon genug, daß man weiß, daß ich derselbige Teufel bin, der aus Armenia den Taback nach Europa überbracht. Dahero ist es kommen, daß der Papst Urbanus VIII. in einer Bulla, datirt zu Rom den 30. Januarii An. 1642, und Innocens X. in einer andern Bulla An. 1650, unter der Straf einer Exkommunikation und geistlichen Banns verbieten, den Taback in der Kirche und dem Chor zu nehmen, ob zwar bemeldte Bulla nur begreift die Kirchen zu Sevilien [414] und selbige Diözes, wie auch die Hauptkirche zu Rom bei St. Peter, so wollen doch etliche hocherleuchtete Lehrer, daß hierunter alle Kirchen der ganzen Christenheit verstanden seyen, massen Ihro Heiligkeit Ziel und Weinung war, solchen Unform aus allen Kirchen, Chören und Gotteshäusern zu vertreiben. Solle nun der stete Mißbrauch auch der verderbten Natur schon einen solchen Zwang angethan haben, daß sie es ohne Schaden, wie nit leicht zu glauben, nit lassen kann, wenigst verschone man den Chor und Kirchen, allwo die Psalmodia mit inniglichster Ehrerbietsamkeit und Heiligkeit soll vollzogen werden.

Unter die sauren Singer sind auch zu zählen diejenigen, welche an ihrem Gesang im Chor und Kirchen eine eitle Ehr und Menschenlob verlangen. Es glauben etliche, sie singen so lieblich, daß auch die Engel im Himmel die Fenster aufmachen, und ihnen zuhören, sie bilden ihnen ein, daß sie auch mit der besten Nachtigall nit möchten Zunge tauschen. Ei daß euch der Sautreiber Bärnzucker genug zu eurer Stimm spendire. So höre ich wohl, so singet ihr in der Kirche nit, Gloria in Excelsis Deo, oder Gloria Patri et Filio etc. Ihr singt nit, Glorie und Ehr sey Gott in der Höhe etc., Ehr sey Gott dem Vater, und dem Sohn, und dem heil. Geist etc., dieß singt ihr nit; wohl aber, Glorie und Ehr sey mir in der Höhe des Chors, Ehre sey mir, meinem Gesang, und meiner Stimm, sicut erat in principio, et nunc, et semper etc. Dergleichen Singer seynd die größten Dieb, so einmal gesunden werden, [415] Dieb seynd sie, weil sie Gott die Ehr und Glorie, so ihm allein gehörig und zuständig, und keinem nichtigen Erdwürmlein vermessentlich abstehlen.

Gottschalkus erzählet eine fast lächerliche Geschicht, wie Gott einen solchen pravirenden Singer zu Schanden gemacht. Dieser hielt über alle Massen viel auf seinen Gesang, glaubte schier, daß er, trutz dem Arion, mit seiner Musik auch die Delphinen aus dem Wasser, wenigst die Stockfisch locken könnte, aber Gott, nach altem Gebrauch, machet keine mehr zu Schanden, als die Stolzen, die so gern wollen gelobt werden. Laus, Lappen und Lob, halten fast eine Prob. Wie erstbenannter Signor auf eine Zeit die Präfation in der heil. Meß, seiner Meinung nach, sehr schön und lieblich auf eine Zeit gesungen, auch des Glaubens war, die ganze Kirch sprech ihm derenthalben nit ein geringes Lob nach, aber Gott hat ihm die Stimm also verfälscht, daß er überdrüßig allen Anhörenden worden. Unter andern aber, nächst dem Altar, kniete ein altes Weib, welches dergestalt weinte, daß eine Zäher an die andere geschlagen. Dieser einbilderische Cantor glaubte unfehlbar, daß durch seine liebliche Stimm die arme und fromme Matron also bewegt worden, fragt demnach bald nach dem Gottesdienst, in Gegenwart mehrer, besagtes Weib, warum sie also herzlich geweinet hätte? er hoffte gar gewiß ein stattliches Lob, nach dem ihm die Zähne gewässert; ach, gab sie zur Antwort, mein lieber Herr, wie ihr also gesungen in der Kirche, so habt ihr mich gemahnet an meinen Esel, den ich leider vor drei Tagen, ich arme Haut, verloren, dann eure Stimm [416] war natürlich wie die seine, du lieber Gott, wann ich halt das arme und mir so nutzliche Thier wieder finden möchte! Solches machte den stolzen Singer, so durch seinen Gesang nur eignes Lob und Ruhm, und nit Gottes Ehre suchte, vor allen schamroth und zu Schanden. So heißt es dann psallite sapienter, wie David sagt, und nit stulte, wie dieser sauere Singer.

Die letzte Klasse der Singer ist sehr angefüllt, und werden diese nit saubere Singer, nit saumige Singer, nit saure Singer, sondern Säu-Singer genannt, und seynd diese diejenigen, welche mit ihren unkeuschen Liedern und wilden Zottengesang alle ehrlichen Ohren beleidigen. Der ehrwürdige Beda schreibt, wie es auslegt Lyranus, daß vor diesem unterschiedliche Thore und Pforten zu Jerusalem gewesen, wie es bei Esdra zu lesen; unter andern ist ein Stadtthor gewest, das hat geheißen porta Sterquilinii, das Mistthor, weil man nemlich allen Mist und Unflath durch dieses Thor ausführte, in den Bach Cedron.

Unverschämte Mäuler, ungewaschene Goschen, durch welche öfters unflätige Lieder und stinkende Buhlergesänge ausgehen, sind nit um ein Haar besser, als dieses Mistthor; pfui der Schand! daß ein Christ freventlich ist, und darf seinen Mund, welchen er in der Kommunion an die Seite Jesu hinzusetzt, und das göttliche Blut heraus sutzlet, mit solchem verdammten Wust anfüllen; mir kommen solche Luder vor, wie die Kothkäfer, deren einiger Lust und Gust ist, ihren Schnabel im Koth und Mist herum zu walzen. Nit weniger beleidigen Gott solche vermessene Zungen oder[417] Schänder und Schinder der Ehrbarkeit, als gethan haben die muthwilligen Juden dieselbige Nacht, in dero der Heiland Jesus gefangen worden, massen die mehresten aus ihnen solche Nacht ohne Schlaf zugebracht, auch vor lauter Freuden, um weil sie diesen in Band und Eisen geworfen, mit häufigem Wein sich berauscht, und allerlei ungereimte Gesänge hören lassen, ja ganze Lieder über Jesum gemacht, und die Nacht hindurch gleichsam chorweis gesungen und geschrien, et in me psallebant, qui bibebant vinum.

Einem Bauren in Tyrol ist ein lächerlicher Possen widerfahren, weil derselbige öfters gehört, auch etwann gesehen, daß man bei Herren-Tafeln auch Schnecken pflegte zu essen, also ist seine Lust und Appetit auch nach solchen Schlecker-Bißlein, wie ers ihm eingebildet, gestanden, demnach eine ziemliche Quantität dergleichen Häuseltrager nach Haus gebracht, und selbige ohne ferners Kochen oder Braten im Salz und Pfeffer eingedunkt hinabgeschluckt, weil ihn aber auch ein großer Durst ankommen, also nahm er seinen Weg in das Wirthshaus, allwo er bei dritthalb Maas Wein sich also berauscht angetrunken, daß er sich gleich auf die Ofenbank niedergelegt, und gar sanft eingeschlafen; es stund aber nit lang an, daß eine artliche Comödie sich ereignet, dann wie der berauschte grobe Gesell das Maul in alle Weite aufgesperrt, und erschrecklich geschnarcht, da haben zugleich die Schnecken in diesem Saumagen Luft bekommen, theils von der Wärme des Ofens gezogen, haben diese rotzigen Kerl ihren Ruckmarsch angestellt, einer nach dem andern herauf, und zu dem aufgesperrten Maul als durch eine [418] offene Pforte hinausgekrochen, welches allen Anwesenden theils ein Gelächter, theils einen Grausen verursachte, indem sie sahen, wie diese wilden Rotzer aus dem rothen Weinbad ganz naß herauf gestiegen, wie einer nach dem andern über den Steg der Zunge gemarschirt, wie sie zwischen den Pallisaden der Zähn herausgeschlichen, wie sie über den Wall der schmotzigen Lefzen sich herunter gelassen, wie sie in ungleicher Ordnung über die Flache des Gesichts krochen, und allerseits dergestalten rotzige Fußstapfen nach sich gelassen, daß die verspieglete Larve einem glassirten Essigkrug nit ungleich sah. Es reterirten sich die meisten aus ihm auf die Ofenstängel hinauf, und hangten nit anderst droben, als wie die Noten in den musikalischen Linien. In Summa, abscheulich war zu sehen solche lebendige Braten aus dem Maul marschiren.

Weit aber schändlicher, ja unvergleichlich wilder und grauslicher ist zu sehen, wann einem Menschen, der nach Gottes Ebenbild erschaffen, aus dem Mund so wilde Zotten, so unverschämte Reime, so garstige Wort durch Gesang und Lieder ausbrechen; wann der Mund, so von Rechtswegen soll seyn eine Kanzlei der göttlichen Lobsprüch, wird gemacht zu einer stinkenden Mistbutte; wann der Mund, so Gebühr halber soll seyn eine Harfe David, wird verkehrt in einen unflätigen Sautrog; wann der Mund, so ein sauberer Saal soll seyn, worinnen unter der Gestalt des Brods der wahre Gott einkehret, dahero Mund von dem mundus, auf deutsch sauber herkommt, wird gemacht zu einem Stall, in welchem lauter Gestank und Wust gefunden wird. Hat jener Hauptmann zu Kapharnaum [419] nit wollen, daß unser lieber Herr in seine Wohnung komme, aus Ursachen, weil er geforchten, es möchte nit recht geputzt und aufgeraumt seyn, wie es pflegt zuweilen in dergleichen Häusern vom Taback zu schmecken, was Frechheit thut dann dich sündiges Adamskind veranlassen, daß du getrauest auf deine Zung, die mit lauter Unlauterkeit beschmieret, mit Buhl- und Fatzpossen verunreiniget, denjenigen zulegen, der Himmel und Erden erschaffen, der da richten wird die Lebendigen und die Todten.

Erschrecklich, und zwar ohne Barmherzigkeit werden in jener Welt dergleichen Wust- und Lasterzungen gestraft von der gerechten Hand Gottes. Der heil. Cyrillus schreibt von einem seiner Vetter, der ein junger Mensch war von 18 Jahren, wie daß solcher die böse und lästerliche Gewohnheit hab an sich gehabt, daß er mehrmalen bei Spiel und Tanzen unzüchtige Lieder gesungen, nach dem Tod aber, so frühzeitig war, sey er ihm in seinem Zimmer mit einem unleidentlichen Gestank, an feurige Ketten gebunden, erschienen, dem zugleich auch Flammen und Funken aus Nasen und Ohren häufig gestiegen, auch anbei vermeldet, daß er ewig verdammt sey, um weilen er im liederlichen Liedersingen sich versündiget.

Mendoza schreibt, daß Gott der Allmächtige einem frommen und heil. Mann die Pein der Hölle gezeigt habe, wie nun dieser Diener Gottes solche Qual und Tormenten ganz genau erwägte, da vermerkte er, daß ein elender Mensch mit großem Getös und Getümmel der Teufel in solche ewige Flamm geschleppt wurde, er sah, daß ihm gleich anfangs diese höllischen Larven [420] am Hals, Händ und Füß an die glühenden Ketten gefesselt, nachdem vermerkte er, daß sie ihn auf ein ganz feuriges Bett gelegt, mit dem schimpflichen Vorwurf, er sey sehr matt und müd worden, bedarf also einiger Erquickung; nachdem so gossen sie ihm einen Becher ins Maul, mit Feuer und Schwefel angefüllt, sodann thäten die bösen Feind sämtlich ihn zwingen, er solle nun ein hübsches Lied singen, dann ihnen gar zu wohl bewußt sey, was Schnacken und unzüchtige Zotten er auf der Welt gesungen, worauf der Verdammte sich möglichst entschuldigte, wie daß er könne singen, weil ihm der Schlund voller Pech und Schwefel, du mußt singen, sagten sie, du würdest ja in so kurzer Zeit deine sauberen Lieder nit vergessen haben, wodurch du Groß und Klein manche Aergernuß gegeben, sing, Bruder sing; sing von der grünen Au, sing von der verliebten Frau, sing von der wilden Sau, sing, Bruder sing; singen kann ich nit, gab er mehrmalen zur Antwort, aber Heulen und Klagen wohl. So sey es, sagten die verdammten Geister, wohlan, mach den Anfang; worauf er, vermaledeit sey der Tag, an dem ich geboren, vermaledeit mein Vater und Mutter, die mich erzogen, vermaledeit die Wollüste der Welt, in die ich mich vertieft, vermaledeit die Freund, die mich verführt; das ist noch nit genug, sagte der Teufel, fahre weiter fort; ei so sey auch vermaledeit, schrie der elende Tropf, vermaledeit sey auch Gott, der mich erschaffen, vermaledeit sey auch Gottes Sohn, der mich erlöst, vermaledeit der Richter, der mich verdammt etc. O Gott, wer entsetzt sich nit ob solchen erschrecklichen [421] Gotteslästerungen! wem schauret nit der Buckel ob solchen unendlichen Peinen! Aber merkts wohl, merkts wohl, ihr unbehutsamen Weltmenschen, denen zuweilen eine leichte und geringe Sach gedunkt zu seyn, mit einem und andern Scherzlied die Ohren zu kitzlen, merkts wohl, daß dieses elenden verdammten Gesellen meiste Ursach seiner Verdammnuß gewesen sind, die unkeuschen Lieder, so er pflegte zu seinem und des Nächsten Untergang zu singen. Solche Säu-Singer haben keine andere Belohnung um ihre Musik, als diese.

Einem Studenten ist vor etlich Jahren nit gar unrecht geschehen; dieser prahlte mehrmalen, daß ihm in der Musik, sowohl Stimm als Instrumenten halber, keiner gleiche; dieser, in Begleitung eines andern Wohlbekannten, machte auf eine Zeit einer ehrlichen Jungfrau unter dem Fenster bei nächtlicher Weil eine Musik, worunter er mancherlei ungereimte Zotten einmischte, welches dann den keuschen Ohren dieses ehrlichen Mägdleins also mißfallen, daß sie hierüber einen billigen Zorn gefaßt, und nit allein eine unflätige Lauge ihm über den Kopf gossen, sondern auch seinen Buckel mit großen und gewichtigen Ziegeltrümmern also begrüßt, (o wie recht!) daß ihm auch die Stimm verfallen; worauf der Kamerad in diese Wort ausgebrochen: »Bruder, du bist ein stattlicher Musikant, dann so viel ich weiß, sagen die Poeten, daß der Amphion der beste Musikus sey gewest, als der auch mit seiner Musik die Stein und Felsen bewegt habe, anheut aber erfahre ich, daß du mit deiner Musik nit allein die Stein und Ziegel auf dem Dach, sondern [422] sogar das Element des Wassers bewegt etc. O wie recht ist es dießfalls geschehen, es wäre zu wünschen, daß man zu einer jeden solchen Musik einen solchen Takt möchte geben.

In diese letzte und letziste Klasse der Singer gehören auch die Weibsbilder, welche ihre helle, aber zugleich höllische Stimm in allerlei Liebs- und Buhlliedern hören lassen, worin der kleine Cupido mit seiner annehmlichen Tyrannei umständig beschrieben wird, und diese sind des Teufels rechte Lockvögel, als welche so manches schwache Gemüth, der ohnedas schlüpferigen Jugend, in sein verdammtes Netz bringen. Das allgemeine Heulen der ganzen Welt solle, wie Theodoretus vermerkt, von solchem Weibergesang hergerührt haben; dieß allgemeine Heulen war zur Zeit der Sündfluß, wo nemlich der erzürnende Gott der ganzen Welt den Kopf gewaschen, außer 8 Personen, dann er sah, daß die Menschen in lauter Fleisch und Wollüsten sich herum walzten, und solle, wie obbenannter Scribent bezeugt, solche allgemeine Ueppigkeit ursprünglich herkommen seyn von des Kain seinen saubern Töchtern, welche von dem Thubal, als dem allerersten Musikanten und ihrem nächsten Anverwandten, haben singen gelernet, nachmals nichts anderst, als lauter Buhllieder aufgesetzt, solche an allen Orten und Enden hören lassen, wovon die unbehutsame Jugend also entzündet, daß hernachmals das gesamte menschliche Geschlecht von solcher Sucht ist angesteckt worden. Omnis caro corruperat viam suam.

Gewiß ist es, das die heil. Maria aus Egypten in ihrem bußfertigen Wandel, den sie in der Wüste [423] und Einöde geführt, nichts mehrers beweint, als daß sie mit ihren frechen Liedern so manchen ins Verderben gezogen. Gewiß ist es, daß des seligen Patris Damiani Schwester erschreckliche Pein und Tormenten in dem Fegfeuer mußte ausstehen, um weil sie nur einmal ein solches Lied hat angehört, ohne sonders Mißfallen. Gewiß ist es, daß ihr Herren und Frauen dem gerechtesten Gott einmal harte Rechenschaft geben müßt, wann durch eure Zulassung von Mägden und Dienstboten in eurem Haus dergleichen Lieder und Luder gesungen wird. Merkts wohl!

Ein dermal noch sichtbares Wahrzeichen des verruchten Iscarioths
Ein dermal noch sichtbares Wahrzeichen des verruchten Iscarioths, als er den Heiland Jesum verrathen.

Judas verrathet Jesum mit einem Kuß, o boshafter, sündhafter, neidhafter, schalkhafter Böswicht! dazumal bist du nit ungleich gewest dem Wintergrün, welches zwar einen Baum umarmet, und weil beinebens seine Blätter gestaltet sind wie das Herz, also zeigt es äußerlich, als habe es den Baum von Herzen lieb, ja aus lauter Lieb thue es denselben umfangen und halsen. Unterdessen aber nimmt es dem Baum allen Saft und Kraft, saugt ihm das Mark aus den [424] Beinen, ausdorret gänzlich seine Wurzel, und bringt ihn folgsam um sein Leben.

Judas verrathet Jesum mit einem Kuß, o gottloser, ehrenloser, heilloser, grundloser, zahmloser Mörder! Dazumal bist du nit ungleich gewest einem Schwan, der zwar von außen mit schneeweißen Federn und engelreiner Blummaschi daher prangt, inwendig aber ein so schwarzes Fleisch an sich hat, als wäre er von der Natur des Teufels seiner Mutter zu einem Braten gewidmet.

Judas verrathet Jesum mit einem Kuß, o verlogner, betrogner, unerzogner, übelgewogner Dieb und Schalk! dazumal bist du nit ungleich gewest einem Fischer-Angel, welcher von außen denen unbehutsamen Fischlein, diesen armen schuppigen Tropfen, weiß nit was vor gute Bißlein vorlegt, unterdessen aber steckt inwendig ein tödtlicher Spieß und Spüß, welcher den armen Fischen den Rest gibt, und zum Tod ziehet.

Judas verrathet Jesum mit einem Kuß. O beseßner, vermeßner, ehrvergeßner Mensch, oder besser geredt, Unmensch! Dieses verrätherische Stückel des Iscarioths hat dem Herzen des Heilands mehr Schmerzen verursachet, als alle Schmach und Unbild, so er von dem gesamten Volk erlitten. Gestaltermassen von einem Lämmlein erzählt wird, daß, wie solches von seinem eignen Halterhund gebissen worden, es sich dessen mit Schreien wehmüthig beklagt habe, da es aber von dem Wolf ergriffen war, that es dazumal gar kein Maul auf, sondern gab denen, so die Ursach zu wissen begehrten, diese Antwort: Die Schmach und Beleidigung von einem Freund kommt weit schmerzlicher [425] vor, als von einem Feind. Also hat Julius Cäsar in dem wider ihn entstandenen mörderischen Aufruhr 20 Wunden, die er von den Feinden bekommen, nit so sehr beklagt, als die einigen, so ihm sein vorhin werthester Freund angethan, benanntlich Marcus Brutus, den er an Statt eines Kindes und Sohnes erzogen.

Ach du verräterischer Schelm, du undankbarer Jünger, du unglückseliger Apostel, du meineidiger Judas, ist das der Dank dir Gott, daß dich der Herr Jesus in sein so heiliges Kollegium aufgenommen? dich wie seinen Sohn gehalten? dir mehr als andern anvertraut? Es wäre kein Wunder, alle Geschöpf wären dessenthalben in Harnisch gerathen, und diese grausame Unthat, so du an dem Erschöpfer aller Ding begangen, augenblicklich hätten gerechnet. Aufs wenigst hat solches der Erdboden wollen auf ewig protokolliren, und der ganzen nachkündigen Welt unter die Augen stellen, massen nach Zeugnuß Cyrilli Hierosolymitani, ungeacht die ganze Stadt verheert, und kein Stein aus dem andern geblieben, noch auf den heutigen Tag, Stund und Augenblick die eingedruckten Fußstapfen des Judä in einem Stein daselbst zu sehen, allwo er den Heiland Jesum mit einem Kuß verrathen. Porro Gethesemani amisit hortum, et tamen non amisit vestigia Judae, illa hodie quasi recentia proponens.

Auf, auf, mein eiferiger Christ, ich weiß gar wohl, daß dich immerzu ein frommer Vorwitz kitzlet, neue und seltsame Ding zu scheu; wohlan, ich will dir mehr dergleichen wunderliche Fußpfaden, als erst [426] gedacht worden, hin und her in der Welt zeigen, laß dich Zeit und Weil derenthalben nit reuen, du wirst noch allemal eine kleine Lektion darbei zu finden haben.

Wie der hartnäckige König Pharao samt seiner egyptischen Armee mit unzählbaren Rossen und Wagen das israelitische Volk durch das rothe Meer verfolgt, und folgsam durch göttliche Straf mit allen den Seinigen zu Grund gangen, die Leiber ins Wasser, die Seelen aber ins ewige Feuer gestürzt, sieht man dermalen augenscheinlich und handgreiflich, massen alle Wagen-Leist und Fußpfade der Pferd, so sie dazuzeit in den weichen Sand eingedruckt, noch auf diesen Tag also frisch und unversehrt abzunehmen, als hätte sich solche Geschicht erst heut begeben; auch wann erstgedachte Pfaden und Zeichen von der Ungestüm der tobenden Wellen oder von den stürmenden Winden werden verhüllt und verdeckt, so wird man doch gleich wieder sehen, daß durch sondere göttliche Vorsichtigkeit alles wie zuvor sey, und solche Geschicht die Erde auf ewig nit wolle verschweigen noch vertuschen.

Mein Religios und Ordensperson ziehe die Kappen in etwas zurück, und beschaue sein wohl und bedachtsam der Egyptier hinterlassene Fußpfade, als noch sichtbare Zeichen ihres ewigen Verderbens, und gedenke beinebens, daß derentwegen der Pharao von der göttlichen Gerechtigkeit als auf ewig ist gezüchtiget worden, weil er dem Allmächtigen viel versprochen, aber allezeit wenig, ja gar nichts gehalten, gestalten er mehrmalen dem Mosi und Aaron ernstlich verheißen, er wolle sie frei lassen passiren, ihrem Gott zu [427] dienen, aber solchem Versprechen ist er niemalen nachkommen. Wehe also! wehe! und immer wehe einer Ordensperson, welche durch einen theuren und harten Eidschwur in seiner Profession Gott dem Herrn viel verspricht, nachmals aber sein Gelübd so wenig in Obacht nimmt. Des heil. und großen Patriarchen Dominici Hündlein ziehet dich lauen und eiferlosen Religiosen bei der Kutte und Habit, und gib Acht, daß es dich nit in Fuß zwickt, aufs welligst versetzt er deinem Gewissen ein gutes, wie folgt.

Benannter heil. marianischer Erzvater Dominicus hat auf eine Zeit in einem besessenen Albigenser den bösen Feind beschworen, er solle bezwungner und gedrungner Weise bekennen, was Stands-Personen er die mehresten in der Höll habe? Worauf diese verdammten Larven folgende Antwort gegeben: »Große Herren, sowohl Geistliche als Weltliche, haben wir in ziemlicher Anzahl, Bauren nit gar zu viel, Kaufleute und Burger in großer Menge, Priester nit wenig, Ordenspersonen gar keine, aber deren, so ihre Ordens-Regeln und Satzungen nit halten, erschrecklich viel.«

Mir stehen die Haar gen Berg, wann ich lese, daß in der Marca ein Religios nach dem Tod ganz feurig erschienen, und zugleich wehmüthigst bekannt, daß er ewig verdammt sey, um weil er 5 Betten oder Rosen-Kränz ohne Erlaubniß seiner Obrigkeit verborgen.

Ich zittere an Händ und Füßen, wann ich höre, was da erzählet, daß ein Religios wegen öfterm Ungehorsam gegen seine Obrigkeit, sey eines gähen und [428] erschrecklichen Tods gestorben, dergestalten, daß er am ganzen Leib wie eine verbrannte Kohle erschwarzt, die Augen aus dem Gesicht ausgegraben, die Zung bis auf die Brust herabgehangen, und in allem eine verdammte Gestalt an sich gehabt.

Mir rinnet der kalte Schweiß über das Angesicht, wann ich gedenke, was da bei nächtlicher Weil in einem Kloster ein heiligmäßiger Mann gesehen hat, er sah nemlich das ganze Refectorium oder Tafel-Stuben voller Geistlichen sitzen, worauf die Obrigkeit daselbst mit der Hand auf den Tisch geschlafen, daß die feurigen Funken in die Höhe geflogen, und anbei diese Wort hören lassen: »ambitio et crapula duxerunt nos ad tartara, die Ehrsucht und das Saufen haben uns gebracht zu der Verdammten Haufen.« A Dio Pater Reverende, diese Lektion gehört vor Euer Ehrwürden, ein anders her.

Wie der Ehr- und Nährvater Joseph mit dem noch kleinen göttlichen Kind wegen der wüthenden Tyraanei des Herodis nach Egypten geflohen, und nächst dem Fluß Nilo die übergebenedeite Mutter den zartesten Jesulum aus einen harten Marmorstein gesetzt, damit sein nasses Kleid daselbst getrucknet würde, da hat das guldene Kind die Figur des zarten Leibes dergestalten in den harten Stein gedruckt, als wäre er zu einem linden Wachs worden, welches annoch auf heutigen Tag zu sehen.

Ihr Gnaden verzeihen mirs, daß ich auf den langen Schweif Ihrer Kleider getreten, es ist wohl nit gern geschehen, es geschieht, daß einer unbedachtsam umschauet, und folgsam einen solchen seidenen [429] Comet offendiret. Aber um Gottes Willen, zu was dienet ein solcher Ueberfluß der Kleider? Ein sündiger Erdwurm soll sich also kostbar mit so vielem Taffet und Sammet überhüllen, und der Heiland Jesus selbst hatte nur ein schlechtes und einiges Kleidel, welches er noch an seinem zartesten Leiblein mußte trucknen lassen, um weil es vom Regen und Ungewitter naß worden; du aber (holla, hab mich geirret), Ihr Gnaden aber wechslen mit den Kleidern um, und tragen fast alle Tag ein anders. Unterdessen hat in mancher Kirche und armen Gottshaus der Herr Jesus nur ein Kleid, und dieses noch schlecht und zerrissen, daß also dein ⊙ Erdschrollen-Mistgewand weit kostbarer ist, als das Meßgewand.

Wie Aaron in Abwesenheit des Moses das Kalb gegossen, da spendirte jedermann Gold genug zu dieser kälbernen Gottheit, die Behäng von den Ohren, die Ring von den Fingern, löseten ab ganz geschwind und urbietig alle Frauenzimmer. In Summa, es war kein Mangel noch Abgang des Golds zu diesem Götzenbild. Aber wie man mußte die Schlang gießen, so nachmals Moses in der Wüste erhöhen lassen, und war diese ein Entwurf und Vorbild des an das hohe Kreuz genagelten Jesu Christi, da wurde nur ein gemeines Metall dazu genommen, es thut ihms wohl, hats geheißen. Zum Götzenbild Gold genug, aber zu der Figur Christi ist das gemeine Erz und Glockenspeis schon gut.

Man siehet in vielen großen Häusern, Schlossern und Pallästen fast keine bloße Wand, alles ist mit Sammet und Seiden bedeckt, sogar das Bett [430] dieser Mistwinkel ist mit Gold und Silber reichlich gestickt. Dem Hund sogar wird ein sammeter Polster vor ein Kindbett vergönnet, auch was das Maul für Unflath ausführt, muß von einem silbernen Geschirr aufgefangen werden, der Leib hat mehrer Kleider, als eine Zwiefel Häut an sich, und solche meistens theurer und kostbarer. Mit einem Wort, zu dieser Ueppigkeit ist Gold und Silber satt beihanden. Aber tritt in manche Kirche hinein, da wirst du finden, daß über 2 Meßkleider nit zu sehen, und noch weit schlechter, als manche Roß-Scabraque, da wirst du wahrnehmen, daß der Altar mit einer so schlechten und groben Leinwand überzogen, daß auch die Säck in einer Mühl besser versehen, da sich unterdessen der garstige Madensack mit niederländischer Leinwand verhüllt und zudeckt; da wirst du antreffen, daß der wahre Gott und Heiland im Tabernackel und Ciborio mit einem zeugenen Röcklein manchesmal muß vorlieb nehmen, da hingegen dieser oder jener Schmier-Kübel den Taffet durch das Koth ziehet.

Die jüdischen Scherganten und das hebräische Raupengesind hat Christo dem Herrn die Augen verbunden mit einem alten, wilden und schändlichen Hadern, den sie vermuthlich von der nächsten besten Abspielerin zu leihen genommen. O ihr verruchten Lottersknecht und unverschamten Böswicht, sollt ihr dann nichts anderes haben vor den Erschöpfer aller Ding, als nur einen Lumpen und Fetzen? Willkomm Madama! ihr rauschet zu der Kirchthür hinein, wie der Wind Boreas durch einen Eichenwald, ihr pranget in den Stuhl hinein, als wollt ihr denselben ganz und[431] gar zu einem Seidengewölb machen, ihr breitet Röck und Kleider aus, wir der Pfau seinen stolzen Schweif, es schimmert an euch, um euch, vor euch, hinter euch, neben euch fast nichts als lauter rechtes und gerechtes Gold, will nit sagen Leonisch, noch weniger Lenonisch etc. Und sollt ihr beinebens zulassen, daß die Kirche, und in der Kirche der Altar, und auf dem Altar euer Gott und Heiland mit ganz schlechten Kleidern versehen seyn? das nit, das könnt ihr über euer Herz nit nehmen, euer Gemüth ist gar zu adelich, ich siehe es euch schon im Gesicht an, sobald ihr werdet nach Haus kommen, so muß ein Kleid, und zwar nit das schlechteste, in die Kirche wandern, viel Glück auf die Reis, Gott wird es vergelten.

Das hat erfahren Henricus II., römischer Kaiser, welcher 3 ganzer Tag in einer höllischen Krankheit von denen bösen Feinden mit tödtlichen Feuer-Funken also angeworfen worden, daß, wofern nit ein halbgebratner Jüngling mit einem groß guldenen Kelch voll mit Wasser erschienen, und besagte Funken gelöscht hätte, der bedrängte Kaiser wäre elend zu Grund gangen. Dieser halbgebratene Jüngling war der heil. Laurentius, dem der Kaiser Henrich seine Kirche renovirt, und einen güldenen Kelch darein geschenkt, so viel nutzt es, der Kirche und Gottes-Hausern etwas Gutes zu thun.

Nit gar vor vielen Jahren war eine Jungfrau, mittelmäßigen Standes, tödtlich krank, und als männiglich ihr wegen äußerster Gefahr die letzte Oelung eingerathen, gab sie zur Antwort, daß sie dießmals auf keine Weise sterben werde, massen ihr solches [432] vergangene Nacht haben geoffenbart etliche Heilige, deren Bildern sie in den Kirchen etliche Kleider gemacht, oder dieselben verbessert.

O, sagt mancher Schnarcher mit dem Iscarioth, poterat unguentum istud vendi, et dari pauperibus. Wie Magdalena den Herrn Jesum mit so kostbaren Salben bedienet hat, also könnte dieses Lamm Gottes vor dem brummeten Bärn Juda nit unangetastet bleiben, sondern es rumpfte hierüber der Erzschalk die Nase, mit dem geistreichen (scilicet) Vorwand, daß weit rathsamer gewest wäre, so man die Salbe hätte zu Geld gemacht, und nachmals selbiges unter die armen Leute ausgetheilet, vor was dienen solche unnothwendige Spese etc. Auch du, du auch, dieser nit weniger, der andere deßgleichen, manche auf solche Weis', viel nit anderst, murren und schmähen wider die großen Unkosten, so man an die Kirchen und Gotteshäuser anwendet, vor wen, sprechen sie, muß alles so kostbar seyn? zu was dienet so häufiges Gold in dem Tempel? man könnte damit wohl ganze Spitäler erhalten. Wann solche Lappen würden sehen eine Lampe, die zu Capovacana, in dem Königreich Peru, zu Ehren der Mutter Gottes verfertiget worden, so würden sie gar die Mäuler zerreißen. Gedachte Lampe hat an dem Gewicht sechs tausend Pfund Silber, dem Goldschmied vor seine Arbeit seynd dreißig tausend Duplonen bezahlt worden; dieses Werk hat drei hundert und fünf und sechzig ausgestreckte Arme für die Lichter, solche Lampe ist dergestalten groß, daß unter ihrem Umkreis der Bischof mit allen Ministern und Altarsbedienten das Hochamt [433] halten kann etc. Nonne poterat lampas ista vendi et dari pauperibus? Mox, Ochs! So höre ich wohl, soll vor unsern Herrn, vor unsern Gott, vor unsern Erlöser, vor unsern Ernährer, vor unsern Erschöpfer, vor unser höchstes Gut, schon gut genug seyn, ein schlechtes Gewölb zu einer Wohnung, ein schlechter hölzerner Verschlag zu seinem Thron, ein schlechter Kronrasch zu seinem Kleid? O verruchte Judas-Art! So arm als Maria die übergebenedeite Jungfrau gewest ist zu Bethlehem, hat sie das göttliche Kind nit in wilde und unsaubere Lumpen und Fetzen eingewickelt, sondern nach Aussag des seraphischen Heiligen Bonaventurä vit. Christ. c. 8. den saubern und reinen Schleier vom Kopf herunter gezogen, und damit das göttliche Kind eingefäscht. Deßgleichen ist auch sattsam bekannt aus dem Evangelio Matth. 27, daß der heiligste Leichnam Jesu, nit etwann mit einem alten Leilach oder groben Grastuch eingewickelt worden, sondern mit einer schönen, schneeweißen und zarten Leinwand, welche hierzu ihr Gnaden ein vornehmer Edelmann von Arimathäa, Namens Joseph, freiwillig gespendirt hat.

Ist doch, spiegle sich ein jeder Schnarchantius, ist doch im alten Testament die Arche des Bundes mit gut und seinen Gold-Platten überzogen gewest, da doch nichts anders darinnen aufbehalten worden, als das Manna neben andern 2 Stücken, warum soll dann schlechter und geringer seyn ein Altar und Tabernackel, allwo das wahre göttliche Brod der Heiland Jesus selbsten zu finden ist? Seynd doch in dem prächtigen Tempel Salomonis dreißig tausend Kleider, [434] und alle von kostbaren Goldstücken zu sehen gewest, da doch zur selben Zeit die Priester fast nichts als Metzger und Fleischhacker abgeben; warum soll dermalen die gottgeweihte Priesterschaft, welche mit dem wahren Fleisch und Blut des Lamms Gottes umgehet, mit geringen Hadern und Lumpen-Kleidern vorlieb nehmen? Auch so dieß der zahnlose Schnarcher nur dem alten Testament beimesset, und mir mit dem Gegenwurf begegnet, daß Christus der Herr in dem neuen Testament eine freiwillige Armuth in allem habe eingestellt, so frag ich ihn, wo dann der gebenedeite Heiland das allerheiligste Abendmahl, das höchste Altargeheimnuß ein- und angestellt? Wo? etwann in einer alten Rauchstube, oder alten zusammen geschlagenen hölzernen Hütten? das nit, das gar nit, sondern auf einem stattlichen ansehnlichen und mit kostbaren Tapezereien ausgezierten Saal eines sehr reichen und adelichen Herrn, Coenaculum grande stratum etc. Matth. 15., auch die Schüssel, worin das Osterlamm gelegen, war von dem besten und kostbaren Smaragd, so annoch auf heutigen Tag zu Genua gezeigt wird, woraus sattsam abzunehmen, daß alle Zierde und Sauberkeit in den Kirchen und Gotteshäusern nit allein auf keine Weise zu beschnarchen sey, sondern vielmehr höchstrühmlich und nothwendig. Nota bene et benefac Ecclesiis, auf diese Lektion folget eine andere.

Wie der Herr und Heiland seinen Einzug gehalten in die vornehme Stadt Jerusalem, allwo das Volk mit so großem Freudenschall ihn empfangen, hat er hiezu nit stolze Pferd oder Klepper, nit große ungeheure[435] Elephanten, noch hohe und hochtrabende Kameele nach Art der alten röm. Kaiser erwählt, sondern hat sich begnügen lassen der demüthigste Herr mit einem Esel, und wie er auf solches sonsten verworfenes Thier gestiegen, hat er in dem harten Stein, wovon er aufgesessen, beede Fußpfade also eingedruckt, daß selbige noch auf heutigen Tag zu sehen.

Hoch- und wohlgeborner, hochansehnlicher, hochgelehrter Herr, verachte doch niemalen einen armen Menschen, so schlecht, so gering, so unverständig, so einfältig er immer ist, dann gleichwie Gott der Herr dem Esel, diesem so verachteten Vieh, eine so große Ehr angethan, also pflegt er nit selten in gemeinen und einfältigen Tropfen große Gnaden zu verbergen, ja er zeigt mehrmalen sein göttliches Wohlgefallen an dergleichen verächtlichen Standspersonen.

Die schöne Rachel, nachdem sie dem Laban seine von Gold gegossenen Götzenbilder in aller Still entfremdet, hats nachmals selbige unter das Stroh, worauf sie gesessen, verborgen; Laban, der ihr auf dem Fuß nachgeeilet, hat alles durchsucht, allein das Stroh nit, glaubte etwann, daß unter dem Stroh, als einer so geringen Sach, nichts hauptsächliches könnte verborgen seyn.

Es scheinet gar oft ein armer gemeiner Mensch, als wäre er ein lauterer Idiot, ja, ein ganzer Strohkopf; aber hüte dich Hochverständiger, daß du solchen nit verachtest, wer weiß, ob nit Gold, ja, eine guldene Unschuld, und folgsam eine große göttliche Gnade in ihm verborgen. Gott hat weit eine größere Freud und Wohlgefallen an dergleichen einfältigen und [436] unschuldigen Leuten, als an vornehmen Herren, großen Statisten und hochwitzigen Köpfen.

Wie Bethelhem nit Bethelheim worden, sondern Reichenheim, damalen, als der wahre Heiland daselbst aus der unversehrten Jungfrau geboren, wie der Mensch als ein armer Tropf von einem andern armen Krüppel ist wieder aufgeholfen worden, damals, als Gottes Sohn in der Menschheit erschienen, und in die arme Krippe gelegt worden, wie im Dezember unter dem Kaiser Augusto das Majus sit Minus worden, und der größte Monarch des Himmels und der Erde ist als ein kleines Kind erschienen; dazumal ist diese allgemeine Welt, Freud und Jubel nit zum ersten denen gekrönten Häuptern, großen Landsfürsten, hohen Potentaten, vornehmen Edelleuten durch die Engel angedeutet worden, sondern gemeinen, schlechten und armen Hirten auf dem Feld, diese, diese haben das Gloria in Excelsis singen hören, da unterdessen die vornehmen Herren das Requiem in ihrem Federbett intonirten. Woraus dann gar leicht, ja ganz sonnenklar abzunehmen, daß bei Gott dem Herrn in weit größerm Werth und Preis sey eine fromme Einfalt, eine einfältige Frömmigkeit, eine arme Unschuld, eine unschuldige Armuth, als große salomonische, catonische, maronische, ciceronische, zenonische und platonische Köpf, oder andere vornehme Häupter.

Bononia zählt viel Doktores, Salamantica hat viel Doktores, Padua nährt viel Doktores, Conimbria zeigt viel Doktores, Lugdun stellt viel Doktores; bin aber versichert, wann alle diese und noch andere mehr Anno 30 nach Christi Geburt wären bei Leben [437] gewest, so hätte doch unser lieber Herr keinen aus ihnen zum Apostelamt promovirt, sondern er hat die ganze Welt wollen lehren durch gemeine, einfältige, schlechte, arme, zerrissene, bäurische, grobe und ungelehrte Fischer, ut piscatores, sequentibus spiritibus confunderent oratores etc. Was Wunder und Wunderthaten hat nit der allmächtige Gott schon gewirkt durch gemeine, einfältige, und bei der Welt verachtete Menschen! die vornehmsten und berühmtesten Wallfahrten in der ganzen Welt haben meistens ihren Anfang genommen von gemeinen einfältigen Leuten.

Daroca, eine berühmte Wallfahrt in Spanien, durch einen armen und schwarzen Kohlenbrenner.

Mons Leonis oder der Löwenberg in Frankreich, ein sehr bekannter Gnadenort, durch ein armes Mädchen.

Dremedal in Spanien, eine herrliche Kirchfahrt, durch einen armen Sauhirten.

Das berühmte Mirakulbild zu Madrid, so insgemein das Konstantinopelbild genennet wird, durch einen Eseltreiber.

Das vornehme Gnadenbild zu Andaser in Spanien durch einen ganz einfältigen Schafhirten.

Das wunderthätige Bild zu Paderborn, mit dem gemeinen Namen, das Romanische, durch einen armen Fuhrmann.

Conimbrica in Lusitanien, eine viel und weitberühmte Kirchfahrt, durch eine arme stumme Bauern-Tochter.

Cos, gleichfalls ein vornehmer Gnadenort in [438] Lusitania, durch ein armes altes Weib, da solches in dem Wald Holz zusammen geklaubt.

Krupna im Königreich Böhmen, ein vornehmes Gnadenbild, durch eine Bauern-Dirn.

Viel hundert andere weltbekannte Wunder und Gnadentempel, die hierbei Kürze halber umgangen werden, haben ihren Ursprung und Anfang genommen von gemeinen, einfältigen und armen Leuten, denen Gott, oder seine gebenedeite Mutter, oder die lieben Engel erschienen, und alles umständig geoffenbaret, wie dann von dergleichen Geschichten ganze Bücher angefüllt zu sehen seyn. Aus dem schließlich abzunehmen, daß der Himmel eine weit größere Gemeinschaft habe mit der lieben Einfalt, so doch von der Welt verhöhnet, als mit dem hochverständigen Nasenwitz oder prächtigen Weltschein, welcher gleichwohl von den meisten zum werthesten gehalten wird. Dahero Niemand, obschon mit armen und schmutzigen Kleidern, bettlerischem Aufzug, zu verachten ist; wer weiß es, ob nit unter diesem rupfenen Küttel ein seidenes Gewissen, und manchesmal unter einem sammeten Rock ein zwilchenes Gewissen stecken thut. Vorwahr zu Joppen hat Gott dem heil. Petro wunderbarliche Dinge geoffenbaret. Act. 9. Also seynd mehrmalen unter einer armen Bettler- oder Bauren-Joppen große und himmlische Dinge verhüllet. Wer hätte ihm eingebildet, daß aus einem dürren Eselskinnbacken der Samson ein klares Brunnquell finden sollt? Also wissen wir auch nit, ob nit Gott mit diesem oder jenem einfältigen Tropfen, den man vor einen Eselskopf haltet, noch große Wunderding wirken werde, massen er schau einen [439] gewöhnlichen Brauch hat, aus schlechten Sachen das Vornehmste zu machen, stulta eligit, ut confundat fortia das Lied ist nur vor den gemacht, so da die liebe Einfalt veracht. Adesso ein anders.

Nachdem das hebräische Lottersgesind und die zusammen gerottete Henkersknecht den Heiland Jesum in dem Garten gefangen, und wie es der seligen Veronicä geoffenbaret worden, das göttliche Lamm mit größter Ungestüm auf die Erde niedergeworfen, das allerheiligste Angesicht mit harten Backenstreichen entunehret, eine große eiserne Kette an den Hals gelegt, und solchergestalten ihn mit allem erdenklichen Muthwillen dahin geschleppt, bis zu dem Bach Cedron, woselbst sie ihn mit großer Gewalt von dem Steg ins Wasser gestürzt, und also unmenschlich auf Händ und Füßen hindurch gezogen; dazumalen hat der Heiland Jesus die Zeichen seiner Füß, Knie, Händ, und des Stricks, womit er gebunden, in die harten Stein, als in weiches Wachs, eingedruckt, welches annoch auf heutigen Tag zu sehen.

Hierzu, hierzu, ihr sündigen Adamskinder, und klaubt einen oder den andern Stein auf von diesem Bach Cedron, versichere euch, ihr werdet damit so gut, als mit seinem Kieselstein der David den Goliath, eine öfters große Ungeduld zu Boden werfen.

Wie der heil. Stephanus, dieser Erzmartyrer, ist versteiniget worden, dazumalen sind ihm die harten Steine ganz zuckersüß vorkommen, lapides torrentis illi dulces fuerunt; die Ursach dessen geben etliche fromme Contemplanten, und sprechen, daß unter diesen Steinen einige gewest seyen von dem Bach [440] Cedron, worauf die Vestigia und Fußstapfen Christi des Herrn eingedruckt zu sehen waren, und derentwegen seynd dem heil. Stephano solche Steine nit hart vorkommen. Also meine lieben Adamskinder, laßt euch nit hart gedunken alle Drangsal und Trübsal, laßt euch nit hart ankommen alles Kreuz und Leiden; sehet Ihr doch in allem, was ihr vor widerwärtig haltet, die Fußstapfen Christi; es ist keine Pein noch Schmerzen, wodurch euer Heiland Jesus nit gangen, ihr seyd ja nit besser als Er, nit heiliger als Er, nit unschuldiger als Er, warum dann so heiklich? warum sollt und wollt ihr dann nit auch mit ihm leiden?

Christus der Herr kommt nach Bethania, allwo Lazarus, ein guter von Adel, mit Tod abgangen, auch schon begraben, findet daselbsten zwei Schwestern des Verstorbenen, welche aus Weiberart beweinten und trauerten den Tod ihres liebsten Bruders, wodurch der Heiland also bewegt worden, daß er gleich beschlossen, denselben wieder zum Leben zu bringen, befiehlt demnach, man soll ganz schleunig und ohne Verzug den großen Grabstein hinweg walzen. O, mein Herr, sagt Martha, mein liebster Herr, jam foetet, er schmeckt schon, er stinkt schon, dann er war bereits vier Tag schon todt. Ei laß mir das eine heikliche Weibernase seyn! Martha, Martha, wie ungereimt seynd diese deine Reden? ich hätte in der Wahrheit eine größere Höflichkeit bei dir gesucht, massen du eine von Adel; was sagst du? jam foetet, er stinke schon, und wann schon, kanns der Herr, der Heiland, der wahre Messias, schmecken, warum du nit? pfui, sollst [441] du denn besser und heiliger seyn als Er, als Er? O wie unbesonnen!

Christus Jesus hat gelitten, merks Mensch! der Herr und Heiland hat gelitten, betrachts Mensch! Gottes Sohn hat gelitten, gedenks Mensch! Er hat gelitten, mehr als ich reden kann; er hat gelitten, mehr als ich zählen kann; er hat gelitten, mehr als ich erdenken kann; Job hat gelitten, er noch mehr; David hat gelitten, er noch mehr; Gedeon hat gelitten, er noch mehr; Joseph hat gelitten, er noch mehr; Samson hat gelitten, er noch mehr; Abner hat gelitten, er noch mehr; Hieremias hat gelitten, er noch mehr; Micheas hat gelitten, er noch mehr; der Abel hat gelitten, er noch mehr; die Machabäer haben gelitten, er noch mehr; so viel Millionen der Martyrer im neuen Testament haben gelitten, er aber noch mehr; und du sollst und wollst so zart, so heiklich, so empfindlich seyn, und nichts leiden? du schlechter Erdschroll, du elender Erdwurm, du sündiger Tropf, nichts leiden? o wie ungereimt! Er, Gott, alles leiden, und du Koth nichts leiden?

Der arme, nackende, kranke, hungerige, durstige und elende Bettler Lazarus hat vor der Thür des reichen Prassers nur derenthalben so viel gelitten, spricht der h. Chrysostomus, conc. 1. de Laz., weilen er keinen andern seines Gleichen armen Tropfen auf der Seite gesehen, dann gemeiniglich einem das Elend geringer gedunket, wann er einen andern seines Gleichen wahrnimmt. Wie soll dann dir Mensch dein Kreuz so schwer vorkommen, indem du doch stehest, daß dein Jesus ein weit schwerers getragen, warum sollst du dich der [442] Schmach und Unbild beklagen, da doch dein Heiland viel mehr ausgestanden, ja gar unter die Mörder und Rauber gezählet worden, wessenthalben soll dir deine Noth und Armuth so schmerzlich fallen, indem du doch weißt, daß dein Erlöser gar nackend und bloß an das Kreuz gehestet? Wie der h. König Ludwig durch sondere göttliche Verhängnuß in Türkei gefangen, und in Band und Eisen geworfen worden, auch derenthalben sehr traurig und bestürzt war, hat ihm solches ein Heid und unglaubiger Mahomedaner vorgerupft, sprechend, er befremde sich nit ein wenig, daß er, König Ludwig, einen elenden und an das Kreuz genagelten Gott anbete, und er aber seiner Ketten und Bande sich beschwere. In vita.

Durstig war das Volk Israel in der Wüste, und verlangten sie inständig, daß ihre Hoffnung möchte in einen Brunnen fallen, und wie sie endlich ein Wasser angetroffen, so war selbiges ganz bitter, fast wie eine Gall, worüber dann auch sie erbittert worden, und nit wenig Schmachwort über den Moses ausgossen, welcher dann, sein Volk zu begütigen, aus Eingebung Gottes ein Holz genommen, dasselbige in erstgedachtes bittere Wasser geworfen, und damit alle Bitterkeit vertrieben und abgewendet. Exod. 15.

Bitter, bitter kommt dich an dein elender und betrübter Stand, mein Mensch, bitter, bitter, daß du keine gesunde Stund hast, und mit deinem Leib mußt umgehen, wie die Apostel mit ihrem Fischernetz, so sie flicken. Bitter, bitter, daß du in Armuth und Noth steckest bis über die Ohren, und gleichwohl hörest schreien die Schuldforderer vor der Thür, und [443] du weit ärmer als eine Schnecke, der doch mit seinem eigenen Haus versehen ist. Bitter, bitter kommts dich an, wann du aller Seiten verfolgt wirst, und du bei jedermann so angenehm wie die fünf thörichten Jungfrauen mit leeren Amplen, denen man die Himmels-Thür vor der Nase zugeschlagen. Bitter, bitter gedunkt dich alle Drangsal und Trübsal, aber folg meinem Rath und des Moses seiner That; ergreif ein Holz, und zwar dasjenige, an welches dein Heiland Jesus mit eisernen Nägeln angeheftet worden, nachmals wirst du erfahren, daß dieses Holz alle deine Bitterkeit versüßen wird. Zu wünschen wär es, daß du einem Fisch gleichen thätest, und zwar einem Hechten, welcher in den Kröten seines Kopfs alle Instrumente des Leidens Christi trägt. Zu wünschen wäre es, daß du öfters das bittere Leiden deines Heilands betrachten und erwägen thätest, wodurch gar wohl deine Ungeduld sinken würde, und du alle Trübsal bewillkommnest nit mit dem Auvve, sondern mit dem Ave. Diese Lektion ist schon einen Kreuzer werth, weil sie vom Kreuz gehandelt. Jetzt kommt eine andere Speis.

Daß unser gebenedeiter Herr und Heiland Jesus dazumal häufiges Blut geschwitzt, wie er kurz vor seinem Leiden das Gebet zu seinem himmlischen Vater verrichtet, und die schweren Todsängsten ausgestanden, ist bei einem jeden Rechtgläubigen außer allem Zweifel, allein ist wohl in Obacht zu nehmen, und reif zu erwägen, wo er und an was Ort er solches Gebet verrichte? Joannes Soares, samt andern, welche das heil. Land besuche haben, sagen aus und [444] bekennen, daß unser lieber Herr zu unterst des Oelbergs in einer hohlen Steinklippe, allwo nachmals von den frommen Christen eine Kirche erbauet worden, habe gebetet, und Blut geschwitzt, und seynd noch auf den heutigen Tag der Stein, worauf er gekniet, in besagter Kirche auch die Zeichen seiner heiligsten Knie, die er darein, als in ein weiches Wachs gedruckt, zu sehen.

Dieser Stein lernet dich recht beten, mein Christ, dann allem Ansehen nach kannst du nit recht, wie es soll seyn, dein Gebet verrichten, wann du das erstemal nit gleich nach deinem Verlangen erhöret wirst, so glaubst du schon, als sey dir der Allmächtige ungnädig, der Himmel gebe dir einen Korb, deine Supplikation erhält keinen Beschied, und Gott verweigere deine Bitt. O Hasenherz und verzagtes Gemüth! er stellet sich oft, als höre er uns nit, damit wir nur desto besser und inständiger anhalten und schreien, und wann er etlichmal dein obschon ganz eiferiges und inbrünstiges Gebet nit erhöret, so lasse dannoch nit nach zu bitten, gib ihm keine Ruhe, höre nit auf, seyimportun, laß dich nit abschrecken, nur immer fort, sey geistlich grob, klopf so lang und so viel, bis er dir aufthut, er wird endlich gleichsam gezwungen, deine Bitt zu gewähren. Christus Jesus hat auf obgedachtem Stein und harten Felsen das Gebet zu seinem himmlischen Vater verrichtet, und zwar drei unterschiedlichmal nach einander, gleichwohl erst das letztemal von dem Engel gestärkt, und von seinem himmlischen Vater getröst worden. Auf einen Streich fällt kein Eichbaum, Esto in precibus importunus, [445] si dissimulat audire, quem rogas, esto raptor, ut regnum coelorum accipias, esto violentus, ut vim infernes coelis.

Wie der Herr und Heiland kommen ist in die Gegend Tyri und Sidonis, da ist ihm aus denselben Grenzen ein cananäisch Weib zugeloffen, welche mit heller und lauter Stimm aufgeschrien: »Herr, du Sohn David, erbarme dich meiner, meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt.« Matth. 15. Was sagt Christus zu diesem Anbringen, zu dieser so eiferigen Bitt? etwann ja, ja; hat sich wohl, nit ein Wort, da hast du's, mein Weiblein, er stellt sich, als hätte er keine Ohren, gehe lieber nach Haus, mein Weiblein, schau zu der Küche; die Audienz bei diesem großen Herrn ist dir schlecht von statten gangen, was schadt es, gedacht sie, auf einen Streich fällt kein Baum, aus einen Anlauf übergehet keine Festung, auf einen Blaser erweckt man kein Feuer, macht demnach die andere Instanz, und schreit noch heftiger, als zuvor, dergestalten, daß auch die Apostel über diese Weibermusik fast ungeduldig worden, und damit sie ihrer nur los werden, haben sie insgesamt vor dieselbe eine Intercession eingelegt, baten und sprachen, mein Herr, laß sie doch von dir, dann sie schreiet uns nach. Auf so vieler Rekommandation und Vorbitt wird ja freilich die arme Haut einen guten Bescheid erhalten haben? nichts weniger als dieß, sondern gar eine abschlägige Antwort, ich bin nit gesandt, sprach er, als allein zu den verlornen Schafen des Hauses Israel. Jetzt mein Weib, siehest du schon, wie viel es geschlagen, a Dio, so behüte dich Gott, dasmal bist [446] du umsonst gereist, hab schier selbsten ein Mitleiden mit dir, hätt mir wahrhaftig nit eingebildet, daß die Intercession des apostolischen Collegii sollte fruchtlos ablaufen, allein Geduld etc. Nicht verzagt, gedacht sie, der Korb schreckt mich noch nicht, ich will so lang und so viel anhalten, schreien, bitten, begehren, laufen, suchen und suppliziren, bis er mich erhöret, fällt endlich auf die Knie nieder, dann sie wußte wohl, daß große Herren die Ohren bei den Füßen haben, und bittet mehrmal mit aufgehobenen Händen, Domine, Herr, Herr, hilf mir! Was sagt der Herr? was? Es ist nit gut, daß man den Kindern das Brod nehme, und werf es vor die Hund. O wohl eine arme Haut! mit deinem Domine Exaudi bist du zu spat kommen, nimm du dein Memorial zuruck, verpapp damit die zerbrochenen Glasscheiben zu Haus, die letzte Antwort des Herrn schneidet dir alle Hoffnung ab, du wirst nimmermehr deiner Bitt gewähret seyn, es müssen gewisse Ursachen verborgen seyn, derenthalben dein Bitten nit erhöret wird. Ich, spricht das Weiblein, ich laß mich noch nit abweisen, ich will so lang bitten und beten, beten und bitten, seufzen und schreien, schreien und seufzen, bis er schier vor lauter Importunität mir es endlich muß ertheilen, um was ich anhalte, sagt demnach Christo dem Herrn aus seinen Bescheid diese Wort: Ja Herr, mein Herr, du sagst freilich wohl, man soll der Kinder Brod nit vor die Hund werfen, aber es ist doch auch wahr, daß die Hündlein von dem Brosamen essen, welche von ihrer Herren Tische fallen. Nachdem der Heiland Jesus endlich gesehen, daß er dieses Weibs nit kann [447] los werden, so hat er ihr geben, was sie begehrt, fiat tibi, sciut vis, es geschehe dir, wie du willst. Woraus unschwer abzunehmen ist, daß man nit gleich alle Hoffnung beiseits solle setzen, wann man auf die erste Bitt von Gott dem Herrn nit erhöret wird, sondern man muß mehrer, öfter und inständiger anklopfen. Ja, spricht der heil. Basilius in constitut. Mone. c. 2, wann schon ein ganz Monat, ein ganz Jahr, zwei, drei Jahr, und noch mehrere anstehen, daß du noch nit erhört bist, so laß gleichwohl nit ab, dann Gott will zuweilen um eine Gnad lang, und viel, und stark, und inständig gebeten seyn. Weilen es drei ganze Jahr nit einen Tropfen geregnet hat, also wollte Elias durch das Gebet einen heilsamen Regen zuwegen bringen, steigt zu solchem End auf den hohen Berg Carmels, fällt daselbst auf seine Knie, bittet, und bittet auf das allerinbrünstigste Gott den Herrn, schaffet anbei seinem Diener, er solle hingehen, und auf das Meer schauen, ob er nichts sehe; er gehet, er schaut, er kommt, er sagt, Vater, ich sehe nichts; Elias befiehlt mehrmalen, er soll wiederum hingehen, zu sehen; er folgt, er lauft, er sieht, er bringt die Zeitung, wie daß er gar nichts wahrnehme. Elias betet immer fort, und thut dem Diener auferlegen, er solle auch das dritte, vierte, ja gar das siebente Mal hingehen, und beobachten, ob dann noch nit ein Zeichen eines Regens komme? Siehe Wunder! wie er das siebente Mal sich dahin begeben, da vermerkte er, daß ein kleines Wölklein aus dem Meer emporsteige, wovon nachgehends der ganze Himmel [448] verfinstere worden, und in einem häufigen Regen ist ausgegossen. 3. Reg. 18. c.

So ist dann Elias das erstemal nit erhöret worden, sondern das siebente Mal, daraus dann sattsam zu schließen ist, daß man in dem Gebet inständig verharren solle, und nit nur ein, sondern mehrmalen Gott den Allmächtigen um diese oder jene Gnad flehentlich anrufen, ja sogar jenem frommen Jakob nachfolgen, welcher die ganze Nacht mit dem Engel des Testaments gerungen, und sich ausdrücklich verlauten lassen, non dimittam te, du sollst nit von mir kommen, bilde dir nur gar nit ein, daß ich dich von mir laß, bis du mich segnen wirst. Genes. 11. c.

Also mein Gott und Herr, ich rufe und schreie, und bitte um diese Gnad, non dimittam te, ich werde immerzu bei deinen Füßen liegen, ich werde nit aufhören, an deiner Gnadenpforte zu klopfen, ich laß dir fort und fort keine Ruh, nisi benedixeris mihi, so lang und so viel, bis deine göttliche Gütigkeit sich meiner erbarme, und du mir auf mein demüthiges Bitten dasFiat ertheilest. Auf solche Weise importun zu seyn, schadet gar nit. Er, der Heiland, hat sich bei den zweien Jüngern, denen er das Gleit bis nach Emaus gegeben, simulirt und gestellt, als wollte er weiter seinen Weg fortnehmen; es war aber sein Ernst nicht, er wollte halt von denen zweien begrüßt und gebeten seyn, wie es dann nachmals auch geschehen. Also stellet er sich gar oft, als höre er nit unser Gebet und Rufen, es ist aber sein rechter Ernst nit, sondern er will gar schön, gar eiferig, und oft gar lang gebeten werden. Item eine andere Lehr. [449] Mit drei großen und annoch beständigen Wunderwerken hat Christus der Herr den Oelberg bei seiner glorreichen Himmelfahrt begnadet. Erstlich läßt sich dieselbige Erde, worauf er gen Himmel gestiegen, weder mit Ziegel noch Marmor, oder einem andern kostbaren Stein bedecken, ja, so oft man solches versucht, hat besagte Erde alles mit großer Gewalt von sich geworfen. Zum andern ist an demselben Ort ein sehr stattlicher runder Tempel und Kirche aufgebauet worden von der heiligen Helena, Mutter des Kaisers Konstantini; dieses heilige Gebäud aber hat niemal noch mit einem Gewölb oder Dach können bedeckt werden an demselben Ort, wo unser lieber Herr gen Himmel gefahren. Drittens hat der Herr Jesus dazumal seine heiligen Fußstapfen der Erde also eingedruckt, daß selbige durch ein ewiges Wunderwerk auf keine erdenkliche Weise können ausgelöscht oder ausgerottet werden, ja neben dem, daß solche durch so viel hundert und hundert Jahr von denen Pilgrimen und Wallfahrtern seynd abgeschaben und abgekratzt worden, so verbleiben sie dannoch in der ersten Gestalt, wie sie der Heiland in seiner Himmelfahrt eingedruckt.

Mein frommer Leser, weil du keine Erde von besagten heil. Fußpfaden kannst nehmen, so nimm anfs wenigst eine Lehr davon, und erkenne die unermeßliche Liebe deines gebenedeiten Heilands Jesu, welcher in seiner Himmelfahrt einen so harten Abschied von uns Menschen genommen, daß er sogar die heiligsten Füße in die Erde tief eingedruckt, zu zeigen, wie ungern er von uns weiche. Keine Feder kann beschreiben, keine Zung kann erzählen, kein Herz kann fassen die Liebe [450] so Gottes Sohn uns Menschen erwiesen, durch die drei und dreißig Jahr, da er auf Erden wanderte, und weil solche Liebe ohne Maaß, ohne End, und ohne Grund, ohne Ziel, ohne Zahl ist, also will ich dermalen solche mit der schlechten Feder nit entwerfen, sondern nur kurz beifügen, was Liebstuck der Heiland Jesus mehrmalen den Menschen erwiesen. Katharina Alexandrina, Katharina Senensis, Katharina Niccia, Lucia Narniensis, Stephana Quintiana, Theresia a Jesu, Pudentiana Zagnonia, Rosa Limensis, Joanna a Cruce, Ursula Benicasa, Maria Villana, und viel andere selige und heil. Jungfrauen seynd sogar von Christo dem Herrn, als liebste Gesponsen und Bräute erkiesen, und mit einem Mahl-Ring begnadet worden. Was kann dann die göttliche Liebe mehr thun?

Bonifacius Lausanensis, Franzischinus de Casali, Katharina Bononiensis, Agnes Politiana, Cajetanus Tienensis, Franciscus Assisius, Antonius Paduanus, Dominica de Paradiso, Clara de monte Falco, Maria Caraffa, Joannes Dei, und viel andere heilige Diener und Dienerinn Gottes sind so weit kommen, daß sie der Herr und Heiland in der Gestalt eines kleinen guldenen Kinds umfangen, umhalst und geküsset; was kann dann die göttliche Liebe mehr thun?

In die Katharina Senensis, Stephana de Soncino, Katharina de Naconisio, und andere mehr, hat sich der Herr Jesus also verliebt, daß er ihnen sogar das Herz mit guldenen und glühenden Pfeilen durchbohrt hat. Was kann doch mehrers thun die göttliche Liebe? welche billig und recht soll den Menschen [451] mit einer Gegenliebe vergolten werden, wie dann vieler Lehrer Aussag ist, daß im Anfang der Welt der himmlische Vater den Adam, als ersten Menschen, nit eigenhändig habe erschaffen, sondern solches den Engeln habe aufgetragen, welche dann ganz urbietig nach dem göttlichen Befehl und Model dem Menschen alle Glieder aus Leim zusammen gepappt, da sie aber auch das Herz wollten formiren, hat Gott der Herr ihnen den Leim weggenommen, und er selbst solches gestaltet, damit nemlich das menschliche Herz ihn allein solle und wolle lieben, das haben zwar sehr viel gethan, denen du, liebster Leser, von Rechtswegen solltest nachfolgen.

Der h. Philippus Nerius ist in der Liebe gegen Gott also entzündet gewest, und hat ihm das Herz vor Liebe also geschlagen und getobt, daß hiervon gar zwei Rippen auf der linken Seite zerbrochen.

Die heiligmäßige Ursula Benicasa hat Gott so inbrünstig geliebt, daß ihr öfters von denen Liebesflammen ein großer Rauch aus dem Maul gestiegen, und nach ihrem seligen Tod, in Eröffnung des Leibs, das Herz völlig verbrennt gefunden worden.

Der selige Beichtiger Joannes aus unserm Augustinerorden hat vor göttlicher Liebe also gebronnen, daß er mitten im rauhen und kalten Winter die Kleider nit konnte am Leib behalten, welcher mehrmal also erhitzt war, als wäre er lebendig gebraten.

Die selige Katharina Genuensis brannte dergestalten vor Liebe zu Gott, daß sie gar oft Händ und Füße hat müssen in ein kaltes Wasser stecken, [452] wovon das Wasser also gesotten, als hätte der Schmied ein glühendes Eisen hinein gestoßen.

Der selige Stanislaus Costa, aus der Sozietät Jesu, war also in göttlicher Liebe entzündet, daß man ihm gar oft mit naßen Tüchern, so in frisches Brunnen-Wasser gedunkt, die Brust und das Herz mußte kühlen.

Hieronymus Narniensis, Kapuziner-Ordens, ist gar oft in dem Gebet von der Liebe zu Gott also ergriffen worden, daß er am ganzen Leib geschwitzt, und so man ihm an die linke Seite der Brust ein Tuch gehalten, ist solches nit anderst abgedörrt worden, als hätte man es an einen wohlgeheizten Ofen gehebt.

Weil obenher der eingedruckten Fußstapfen Christi auf dem Oelberg gedacht worden, also kann nit umgangen werden jene Wundergeschicht, welche sich mit einem Liebhaber Gottes hat zugetragen auf obbenanntem Oelberg. Dieser war ein frommer und gottseliger Mensch, welcher aus inbrünstiger Andacht alle heiligen Oerter besucht, zu allerletzt aber den Oelberg, wovon der Herr Jesus gen Himmel gefahren, allda hat er einen absonderlichen Eifer spüren lassen, und zwar dergestalten in der Liebe zu seinem Erlöser entzündet worden, daß er vor lauter Liebe den Geist aufgeben, und selig verschieden, auch ungezweifelt seine Seele eben den Weg gen Himmel genommen, wohin Christus der Herr glorreich gefahren; nachdem sein Leib eröffnet worden, hat man in Mitte des Herzens mit güldenen Buchstaben folgende Worte geschrieben gefunden: »Amor meus Jesus, meine Liebe ist [453] Jesus.« Diesem, mein frommer Christ, folge nach, lebe in Gott, und liebe Gott, und lobe Gott, schenke ihm dein Herz, im Herzen die Liebe, in der Liebe die Beständigkeit, sodann ist dir gar gewiß die Seligkeit. Vor dießmal ist es genug.

In dem Convent S. Francisci Cajetä waren zwei fromme Lai-Brüder, welche sich am h. Antlaß-Pfingsttag oder grünen Donnerstag auch nach Möglichkeit präparirten zu der heiligen Kommunion nach gewöhnlichem Brauch der Religion; indem sie nun im wenigsten ihnen etwas anderst eingebildet, da kommt ein Befehl vom P. Quardian, sie sollen geschwind, und ohne fernern Verschub in die Stadt gehen, Brod zu sammlen, welchem dann die guten Brüder schleunigst nachkommen, weilen sie aber sich gar zu lang in dem Sammlen verweilet, und bereits in ihrer Zurückkehr die andern Geistlichen schon bei der Tafel, als bei dem Mittagessen, angetroffen, also war es ihnen ganz herzlich leid, daß sie die heil. Kommunion versaumet, wessenthalben sie alles Essen und Trinken beiseits gesetzt, und in der Kapelle, allwo das höchste Gut und heiligste Altargeheimnuß aufbehalten war, mit vielem Weinen und Seufzen ihr Unglück bedauerten; siehe aber, wie Gott den geleisteten Gehorsam so reichlich belohnet hat! In diesem ihrem währenden Wehklagen steigt ein holdseligster Jüngling, einer unbeschreiblichen Schönheit, aus dem Tabernackel heraus, reicht besagten frommen Brüdern einem jeden die heil. Kommunion, nachmals sich wieder dahin begeben, woher er kommen ist. Noch aber auf den heutigen Tag siehe man die Fußstapfen, welche dieser[454] Jüngling in die harten Stein eingedrückt hat; da kann man sehen, hören, greifen und begreifen, wie angenehm bei Gott dem Herrn sey der Gehorsam.

Mir ist gestern Vormittag ein wackerer wohlaufgeputzter Florimundus begegnet, mit einer so stattlichen Barocca, daß sich auch des Absalons Krauskopf dagegen müßte schämen; dieser war mit Courtesien, Höflichkeit, Ceremonien und Ehrbeweisungen ganz gefüttert, ganz überzogen, ganz gebrämt, gesteppt und ausgemacht, daß ich gänzlich die Gedanken gehabt, sein Vater sey ein Hofbesen gewest, womit die Ritterstuben und Ante Camera sey ausgekehrt worden, dann allda trägt man die Ceremonien gar in der Mistbutte aus; o was Schuhwetzen, Schuhkratzen, Schuhbiegen, Schuhliegen gibts daselbst! Er war so hurtig mit dem Hütel von dem Kopf herunter, daß einer hat glauben können, er sey bei dem Meister Boreas vom Windhausen in die Schul gangen, sein Gruß und Willkomm mit allerlei Complementen untermengt war dieser: gehorsamer Diener, Reverendo Pater, was schaffen sie, nur befohlen? ich zeigte ihm aus erheißender Schuldigkeit auch alle Gegenehr, und nach wenig vollbrachtem Discurs gingen wir von einander,a Dio servitor; kaum daß er etliche Schritt von mir entfernet, hörte ich in meine Ohren, wie daß er bei dem nächsten Bekannten in diese Wort ausgebrochen: der Pater glaubt, ich sey sein guter Freund, aber das nit, ich kann ein ganzes Jahr ohne Pfaffen leben, einen so guten Magen habe ich. Ei, daß dich der Bettelvogt von Memmingen hole, so bist du ein gehorsamer Diener von Lugdun in Frankreich.

[455] Ein schönes Wort ist gehorsam, wann man es in dem Werk erzeigt, wie Christus der Heiland selbsten unterthänig gewest, und den Gehorsam geleistet von seiner heiligsten Geburt bis in seinen bittersten Tod, dem auch vollkommenst nachgefolget seine übergebenedeite jungfräuliche Mutter Maria, welche in allem auf das genaueste den Befehl, und sogar den geringsten Augenwinkel vollzogen, ihres geliebsten Gespons Joseph; und woher ist die Glorie und größten Verdienste gewachsen so unzahlbarer vieler Religiosen und Gott gewidmeter Klosterleute, als eben aus dem Gehorsam?

Kein größeres Bene bei den Benediktinern ist, als der Gehorsam. In dem vornehmen Kloster Corbei in Deutschland, Benediktiner-Ordens, hat sich vor diesem mehrmals zugetragen, daß, wann einige Geistliche zur Zeit des Chori, aus Befehl der Obern, andere Geschäfte zu verrichten hatten, anstatt derselben die lieben Engel ihre Stell in dem Chor vertreten.

Bei den Bernardinern, weil doch ihr heil. Vater eine clarevalische Biene oder Imme genennet wird, ist das beste Honig seyn unterthänig. Einer aus besagtem Kloster war im Sterben, und wollte bereits schon in die Züge greisen, dem aber der heil. Vater mit diesen Worten begegnet: mein lieber Frater, weil die Geistlichen den ganzen Tag hindurch sehr müd worden, also ist nothwendig, daß sie auch schlafen müssen, dahero haben sie jetzt gar nit Weil, mit dir umzugehen, befiehl dir also, daß du nit sollst sterben, bis man die Geistlichen aufweckt, und zum gewöhnlichen Gottesdienst rufet; der Sterbende sagt alsobalden [456] ja, und aus Gehorsam schiebt er den seligen Tod und Abschied auf, bis man in den Chor geläutet.

Den Jesuiten, obschon ihr heil. Stifter ein Spanier gewest, kommt es dannoch nit spanisch vor, wann sie bald dieß bald jenes aus Gehorsam verrichten, I, das Gehen, O, das Stehen nach der Obern Will ist ganz gemein bei ihnen, woraus dann IO triumpha erwachset. Der gottselige und heiligmäßige Pater Casparus Barzäus war dem Gehorsam also zugethan, daß, wie ihm in einer sehr gefährlichen Krankheit der Pater Rector zu Goa besohlen, und zwar nur scherzweis, er solle aufstehen, dann man habe seiner dermalen stark vonnöthen, worauf er den andern Tag frisch und gesund, zweifelsohne durch ein Wunderwerk sich vor seiner Obrigkeit gestellt, und zu allem Befehl sich urbietig anerboten, auch gleich darauf, ohne einiges vorgehendes Studio, aus Gehorsam, eine sehr stattliche Predigt gemacht.

Die Carmeliter, weil sie ohnedas ihr Stammhaus auf einen Berg gesetzt, halten den Gehorsam vor hoch. In ihrem Convent zu Paterni wollte der Novitzenmeister der Carmeliter-Baarfüßer unter seinen jungen geistlichen Kindern den Gehorsam recht erfahren, schaffte demnach einem aus ihnen, er sollte ohne Verzug auf jenen Baum steigen, und das alldorten so lieblich singende Vöglein herunter nehmen, welchem der fromme Novitius ohne fernere Widerred alsobalden nachkommen, und das freie Vöglein mit offener Hand herunter geholt, so auch nachmals nit hinweg geflogen, bis der Pater Magister die Erlaubnuß ertheilt.

[457] Die Dominikaner fähren in ihrem Wappen ein Hündlein, glaub aber wohl, wann sie demselben wollten und sollten ein Halsband machen lassen, daß keine andere Schrift darauf käme, als Obedientia, der Gehorsam. Dann so wachsame Domini canes oder Hund des Herrn sie immer seynd, und in ihrem Predigtamt stattlich bellen, so guschen sie dann auch gehorsamst, wie es der Wille ihrer Obern erfordert. Die heil. Rosa Limensis aus dem Orden des heil. Dominici, weil sie bei Lebzeiten je und allemal sich des Gehorsams beflissen, wollte auch nach dem Tod selbigen nit übertreten. In dem Kloster zu Lima war durch Unachtsamkeit einer Dienstmagd ein silberner Löffel verloren, und weil man selbigen aller Orten auf das genaueste gesucht, und nit gefunden, also hätte leichtlich ein Argwohn auf eine oder andere Person können gefaßt werden; zu Verhütung dieses hat sich die Vorsteherinn obbenannten Convents zu der Bildnuß der h. Rosä gewendt, und sie mit diesen Worten angeredet: »Heilige Rosa, durch die Gewalt, so mir unwürdigen Obrigkeit dieses Orts ertheilt worden, befehl ich dir, daß du alsobalden und ohne fernern Aufschub von Gott den verlornen Löffel wieder erhalten sollest etc.« Nach vollendter Vesper und Gottesdienst hat besagte Vorsteherinn denselben auf ihrem Tisch gefunden, wollte also Rosa nach dem Tod nit ungehorsam gehalten werden.

Die Franziskaner stiegen weit besser hinauf gen Himmel auf ihren Stricken, als die Seiltänzer von der Höhe herab, und ist bei jenen auch ein Knopf an die Gürtel gemacht, der heißt so viel, als man [458] soll des Gehorsams nit vergessen, welcher dann bei ihnen mehrmalen sehr merkwürdige Sachen gewirkt hat. Der selige Thomas Florentinus aus besagtem Orden hat auf der Reis' nach Jerusalem von Joanne Capistrano den Befehl erhalten, er soll alsobald, zur Straf seines begangenen Fehlers, aus der Kuchel feurige und glühende Kohlen auf den bloßen Händen in das Zimmer tragen; diesen Befehl hat alsobald der selige Thomas vollzogen, und nit allein die begehrten glühenden Kohlen in die Stube, sondern auch von dannen wieder in die Kuchel getragen, ohne den allerwinzigsten Schaden oder Verletzung.

Die Kapuziner seynd freilich wohl ihres harten Lebens halber Ihr Gestreng zu nennen, bei Gott aber seynd sie derenthalben in Gnaden, forderst wegen des heiligen Gehorsams. Fr. Nicolaus, ein Laibruder aus erstgedachtem Orden, hat aus Gehorsam einen ausgedörrten Nast von einem Feigenbaum in die Erde gesteckt, welcher dann hat angefangen, zu grünen und Frucht zu bringen.

Die Augustiner tragen nit allein das Wort Aug in dem Namen, sondern sie müssen auch auf den geringsten und nützlichsten Augenwinker ihrer Obrigkeiten Befehl gehorsamst vollziehen, welches auch bisheroGott mit vielen Wunderwerken bekräftiget hat. Wie dann ein Novitius bei uns von dem P. Magister geheißen worden, er solle die Kerzen anzünden, und indem der fromme Jüngling sich demüthig entschuldiget, wie daß er keine Kerzen beihanden habe, worauf der P. Magister befohlen, er solle den Finger anzünden, welchem dann, aus blindem Gehorsam, der fromme [459] Novitius nachkommen, und den Finger anstatt der Kerzen angezündet, der wie das reinste Wachslicht gebronnen, und ihm anbei weder Schmerzen noch Schaden verursachet.

Judas der Erzschelm hat den Feiertag nit geheiliget
Judas der Erzschelm hat den Feiertag nit geheiliget, sondern denselben übel zugebracht.

Nachdem der verruchte Iscarioth schon eine geraume Zeit wegen steten Diebstahls unter der Gewalt des Satans gewesen, so hat er endlich den 25. Martii sich von Bethania nach Jerusalem begeben, daselbst in dem Palast des Hohenpriesters Caiphä mit dem dazumalen versammelten Concilio den Pact und Contract gemacht, Jesum von Nazareth in ihre Hände zu liefern; über solches hat er ganz schleunig seinen Ruckweg genommen nach Bethania, allwo er gar höflich empfangen worden, auch sogar die gebenedeite Mutter Maria ihre Zuversicht zu ihm genommen. Mein Judas, sprach sie, weil du wohlmeritirter Prokurator bist des ganzen Collegii, und das meiste durch deine Hände gehet, auch du allerseits bekannt, und in Ehren gehalten wirst, als befehl ich dir meinen liebsten Sohn; worauf Judas geantwortet, wie daß er in allweg, was seine schlechte Person anbetrifft, ihm wolle an die Hand gehen, sogar hat er noch denselben Mittwoch [460] Abends bei der gemeinen Tafel gespeiset, und wie es der seraphische Bonaventura bezeugt, ist der Iscarioth gesessen zwischen Jesu und Maria in der Mitte; den andern Tag, als am Donnerstag zu Abends, hat das hohe Fest schon seinen Anfang genommen, da dann der Herr Jesus, wie vorhin gemeldet worden, mit seinen Aposteln nach dem Gesetz Mosis das Osterlamm geessen. Unter währender Tafel aber, als er besagtem Böswicht das eingedunkte Brod dargereicht, hat er ihn mit diesen Worten angeredet: »Was du thust, das thue bald;« das verstund aber keiner von denen, welche zu Tische saßen, wozu er's ihn gesagt habe, dann etliche meinten, weil Judas den Beutel hatte, so hätte Jesus zu ihm gesagt: »kaufe was uns gegen dem Fest vonnöthen,« dann es hatte der gebenedeite Herr zu unserer Nachfolge den löblichen Brauch, daß er alle Festtäg, worbei er sich emsigst eingefunden, unterschiedliche Victualien hat lassen einkaufen, welche er neben dem Geld unter die Armen austheilen lassen; der verdammte Gesell aber hatte den wenigsten Respekt des Festes und hoher Solemnität, sondern noch an demselben seinen Herrn Jesum verrathen. O Schelm! ich wollte wünschen, du hättest dießfalls keine Brüder.

Die alten im Irrthum verblendeten Heiden hatten das Jahr hindurch unterschiedliche Festtäge, welche sie ganz eiferig und hochfeierlich begangen. Einige wurden genennet Adonia, andere Agonalia, andere Ambutbialia, andere Anthisteria, andere Apathuria, andere Armilustria, andere Ascholia, andere Athenäa, andere Bödromia, andere Camentalia, andere Carnia,[461] andere Thargelia, andere Palilia, andere Cerealia, andere Cordhitalia, andere Sigillaria, andere Consualia, andere E[...], andere Floralia, andere Hermäa, andere Hilaria, andere Lenäa, andere Lupercalia, andere Oschophoria, andere Panathänäa, andere Pyanaphia, andere Quiniquatria, andere Megalesia, andere Quirinalia, andere Rubigalia, andere Saturnalia, andere Septimontia, andere Tiberinaria, andere Tubilustria, andere Vulcanaria, andere Carmentalia, andere Vinalia, andere Phallagogia, andere Vulturnalia, andere Meditrinalia, andere Vertumnalia, Parentalia, Quirinalia, Fornicalia, Initialia, Terminalia, Matronalia, Junonalia, andere gar Stultalia und Narralia etc., dergleichen Teufelsfest haben sie gehalten mit großem Eifer, mit kostbarem Opfer, mit herrlicher Pracht, mit häufigen Unkosten, gar oft auch mit theurem Menschenblut.

In Japonia celebrirten und begehen die Heiden einen Festtag zu Ehren des Abgotts Daymiouin, den sie mit einer volkreichen Prozession verehren, und anbei mit heller und lauter Stimm aufschreien folgende Wort: Xenzayraquu, Menzapraqua, nachmals opfern sie besagtem Götzenbild eine unglaubliche Menge des Golds und Silbers.

In dem calecutischen Königreich wird das Fest ihrer Götter, die sie Pagodes nennen, über alle Massen feierlich begangen. Erstlich pflegt denselben Tag ihr großer Kaiser Zamorinus sich mit so viel Edelgesteinen und Kleinodien zu schmücken, daß er dieselbe alleinig zu tragen, nit mächtig, sondern vonnöthen, daß zwei Vornehme von Adel ihm unter die Arme greifen, [462] und also auf eine hohe hierzu bestellte Bühne hinauf führen. Nach solchem folgt eine Procession von hundert und fünfzig Elephanten, so alle auf das prächtigste gezieret, und ein jeder aus diesen trägt auf seinem breiten Buckel ein Götzenbild, deren erstes eine Katz, das andere einen Hund, das dritte einen Affen vorstellt; auf solche kommen erst die Leute, so in Kleiderpracht und Aufzug allen eine Verwunderung verursachen, sobald diese in das Angesicht des Kaisers gelangen, alsdann begrüßen sie demüthigst das Götzenbild, dem einer oder der andere vorderist zugethan ist, gleich hernach verwundet er mit zwei bloßen Degen seinen Leib, und absonderlich das Haupt dergestalten, bis er todt dahinfällt. Geschieht gar oft, daß an einem solchen Festtag sich über die tausend Menschen also aufopfern. Zu einer andern Zeit des Jahrs begehen sie mehrmalen einen Festtag zu Ehren ihrer Götter, dazumalen führen sie auf einem großmächtigen Wagen alle ihre hundert und fünfzig Götter, welche von Stein und Erz, derowegen über alle Massen schwer, diesen Wagen ziehen mehr als 700 Personen, welche sich nun als eifrige Diener ihrer Abgötter wollen erzeigen, diese werfen sich auf den Weg nieder, und lassen sich von denen Rädern dieses Wagens zerquetschen, welche nachmals das Volk vor Heilige haltet, und dero Leiber zu viel tausend Stück zertheilet, wovon ein jeder eine Reliquie eiferig begehrt. Was sagen wir Christen zu diesem? Wie begehen dann wir die Festtäge unseres wahren Gottes, der uns erschaffen und erlöst hat? wie? Die Hebräer halten ihren Sabbath so eiferig, daß sie an demselben [463] gar kein Feuer aufmachen, gar kein Feuer auslöschen, gar keine Stuben auskehren, gar keine Speis kochen, gar nichts tragen, nichts führen, nichts schieben, nichts Schweres heben, will geschweigen, andere Arbeit thun. Einer sogar in Engelland ist durch Unglück in einen unflätigen Ort gefallen, und wollte auf keine Weise aus dieser Gestankpfütze gezogen werden, bis der Sabbath vorbei, sprechend, Sabbata Sancta colo, de stercore surgere nolo. Was thun wir Christen? wie halten dann wir unsere heiligen Sonntäge und Feiertäge? wie?

Maria Magdalena, Maria Jakobi und Salome haben kostbare Spezereien kauft, damit sie den heiligsten Leichnam Jesu im Grab mochten salben, wie es bei felbiger Zeit gebräuchlich; solches gute Werk aber haben diese frommen und heiligen drei Frauen erst am Sonntag in aller Frühe vollzogen, warum aber nit ehunder meine gottseligen Matronen? wann ihr den Herrn Heiland so inniglich liebet, wie daß ihr nit schleuniger dieses gute Werk verricht habt? Es ist kein Wunder, daß ihr nachmals am Sonntag zu spat kommen, und er dazumal schon von Todten auferstanden, so ihr aber den Tag zuvor euch hättet eingefunden, sodann wäre der gute Handel angangen. Es geben mir aber diese drei heiligen Weiber die Antwort, wie daß bei ihnen die gute Meinung, solches Werk bald zu verrichten, nit sey abgangen, allein der Sabbath, so entzwischen kommen, habe sie verhindert. So höre ich wohl, seyd ihr gewissenhafte Frauen so scrupulos gewesen, daß ihr euch nit getrauet, auch dieses, obschon gute und an sich selbst [464] lobwürdige Werk, zu verrichten, in Meinung, der Sabbath möchte hierdurch, vermög des Gesetzes, nit vollkommentlich begangen werden. Was sagen wir hierzu?

So scrupulos bin ich nit, sagt ein Edelmann, dann nachdem mir mein Kapellan Longinus eine kurze Meß auf der Post herab gelesen, begib ich mich zu einer Gemüths-Erquickung und ehrlichen Gespäß ins Feld hinaus, und siehe, daß ich meine Kuchel mit einem Wildprät regalire, Sonntag hin, Feiertag her, mein Kalender schreibt, es sey heut gut jagen und hetzen. Gnädiger Herr, mit dero Erlaubniß, Sie haben ja auch zweifelsohne gestudirt, und folgsam werden Sie wissen, daß auf Lateinisch der Sonntag dies Dominica genennet wird, das ist der Tag unsers Herrn, wann ihr dann solchen zu eurem Gespäß oder Nutzen gebraucht, sodann ist solcher Tag nit unsers Herrn, sondern Eurer, Ihr aber stehlt solchen unserm lieben Herrn hinweg, wie ein anderer etc., und glaubt ihr dann, daß dieses der Allmächtige werde ungestrafe übersehen? Ist dann schon vergessen, was Cantipratanus schreibt, daß ein Edelmann in Deutschland Sonntag und Feiertag meistens mit Hetzen und Jagen zugebracht, ob er schon dessenthalben von seiner Frau öfters ermahnet worden, nachmals aber der gerechte Gott ihn dergestalten gestraft, daß ihm seine Frau Gemahlinn einen Sohn geboren mit einem Hundskopf, wie die Windspiel pflegen zu haben.

So scrupulos bin ich nit, sagt eine Edelfrau, dann mein Herr acht sich nit viel der Wirthschaft, deßwegen liegt es mir ob, ein wachsames Aug auf das Meinige zu haben, unser Herr macht mit mir [465] und den Meinigen kein solches Mirakul, wie er gemacht hat mit denen Israelitern, welche er 40 ganze Jahr in der Wüste mit allem versehen, sogar, daß ihnen nit ein Faden an ihren Kleidern zerrissen, 40 ganze Jahr ein Hemd getragen, und gleichwohl das lateinische Lob nit darein kommen etc. Auf dergleichen Mirakul darf ich mich nicht verlassen, dahero muß ich mich um das Meinige sorgfältig bewerben, und im Sommer suchen, was ich den Winter gehofft habe. Sonntag hin, Feiertag her, ich werd dessentwegen mit dem Mose die 10 Gebot nit brechen, sogar nit klieben, wann ich heut am Sonntage laß das Getreid schneiden, es ist besser, ich habs, als ich hätts. Es ist nit weniger, meine gnädige Frau, und thut sie dießfalls nit übel, daß sie eine gute Martha abgibt, allein muß sie wissen, daß sie weit unhöflicher ist, als die gröbste Bäurin, massen ihr der gütigste Gott die ganze Woche aus purer Freigebigkeit geschenkt und gespendirt, den Sonntag aber ihm allein vorbehalten, und seinen göttlichen Ehren und Diensten, sie aber ist so unverschämt, daß sie ihm auch diesen seinen selbst erwählten Tag aus den Händen unverschämt reißet, und glaub sie gewiß, daß solches die beleidigte göttliche Majestät nit wird ungerochen lassen, gestalten zu lesen ist in den Geschichten des heiligen bambergerischen Bischofs Othonis, daß eine Edelfrau an einem Sonntag ihre Leute auf den Acker hinausgeführt, damit sie das Getreid sollen abschneiden, weil der Tag so schön warm und heiter, und damit sie die Arbeiter desto mehr zum Schnitt aufmunterte, hat sie selbst die Kleider aufgeschürzt, die [466] Sichel in die Hand genommen, mit der Linken das Getreid umfaßt, und anbei gesprochen, schauet, was ihr sehet, das ich thue, so thut es auch; kaum aber daß solche Wort geschehen, ist sie alsobalden erstarret am ganzen Leib, also gebückt ganz unbeweglich gestanden, ob wäre sie vom harten Marmorstein, und zugleich ihre unglückselige Seele aufgeben.

So scrupulos wie Magdalena und ihre zwei Kameradinnen bin ich nit, sagt ein Burger, dann wann ich zuweilen überhäufige Arbeit hab, so nimm ich den Sonntag zur Beihilf, arbeite den Sonntag Vormittags bis um halbe zwölf Uhr, sodann ertappe ich noch eine Meß, und gemeiniglich treff ich einen Priester an, der zwischen Anfang und End sich nit viel aufhält, solchergestalten hab ich dem Sonntag weder Ehr noch Ohr abgeschnitten, wann mir die Raben das Brod ins Haus tragen, wie dem Eliä, so thät ich mich um das Arbeiten auch nit viel annehmen. Mein Burger, wie gottlos zeigt ihr euch gegen den Allerhöchsten; Adam war derentwegen so großer Straf würdig, weil ihm der Allerhöchste das ganze Paradeis und alles Obst darinnen zu seinem Wohlgefallen übergeben, einen einigen Baum aber ihm vorbehalten, und Adam gleichwohl so vermessen, daß er Gott auch diesen Baum nit gelassen. Euch hat Gott 6 Tag in der Woche geben, die ihr pur und einig zu euren Diensten nach Wohlgefallen könnt brauchen, einen einigen Sonntag aber hat er ihm vorbehalten, und ihr seyd so gewissenlos und unverschamt, daß ihr auch diesen ihm nit vergönnet. Sehet aber zu, daß euch und das eurige nicht Gottes Hand züchtige, welche [467] dergleichen Uebertretungen nit ungestraft läßt. Lieset man doch in dem Leben des h. Ugonis, daß ein Burger, und seines Handwerks ein Bäck, je und alle Sonntag den ganzen Tag gebacken, mehr aus Frevel, als aus Noth; einmal aber, da er das Brod aus dem Ofen genommen, und einen Laib von einander schnitten, ist eine Menge Blut aus demselben herausquellt, ja, das ganze Gebäck blutig gesunden worden, wovon man zur ewigen Gedächtnuß einige Laib hin und her in die Klöster geschickt hat.

So scrupulos bin ich nit, wie diese 3 Marien, sagt eine Burgerin, dann anstatt und unterdessen andere Weiber am Sonntag spazieren gehen, bleib ich sein zu Haus, und mach mich über mein Spinnrädel, greift mich ein Durst an, so schick ich mir um ein Mäßel Wein, der Faden wird nur desto zarter, und die Leinwand läßt sich besser bleichen, es ist nichts schöners im Haus, als der weiße Zeug, und wär es mir sehr leid, wann es meinen Kindern sollte gehen, wie dem Jüngling, der in dem Garten, allwo der Heiland gefangen worden, das Unglück hatte, daß er gar nackend und bloß ohne Hemd davon geloffen; also schreibt Marcus am 14. Kapitel: Es folgte ihm aber in Jüngling nach, der war mit Leinwand bekleidet auf der bloßen Haut, und sie griffen ihn an, er aber warf das leinene Kleid von sich, und floh nackend von ihnen. Solches Unglück wollte ich meinen Kindern nit vergönnen, dahero glaube ich, daß der Sonntag von mir keine Scharten bekomme, wann ich schon einen Faden spinne. Meine liebe Burgerin, solches Spinnen thut der Teufel anspinnen. Was der Prophet [468] Nathan dem König David vorgeworfen, das thue ich auch euch sagen: Ein Reicher hatte sehr viele Schafe, der Arme aber einige Schäflein, und gleichwohl war der Reiche so gottlos und gewissenlos, daß er dem Armen das Seinige genommen, und es in seiner Kuchel verzehrt. Ihr Burgerin seyd reicher als unser Herr, dann ihr habt 6 Tag in der Woche, er aber nur einen, benanntlich den Sonntag, und gleichwohl seyd ihr so unverschämt und frech, daß ihr auch den einigen Tag unserm Herrn hinweg stehlet; pfui, das wird Gott keineswegs ungerochen lassen.

In dem Leben der heil. Hedwigis wird geschrieben, daß eine Burgerin so vermessen gewesen, und an einem heiligen Sonntag habe an einer Handmühl gemahlen; kaum aber, daß sie solche Arbeit angefangen, ist ihr die Hand an das Holz also angewachsen, daß man's auf keine Weise, auch mit keiner Gewalt konnte von einander bringen, bis sie endlich die heil. Hedwigis erlöst hat.

So scrupulos bin ich nit wie Magdalena, sagt ein Bauer, dann dem Müßiggang ich gar nit hold bin, und mir nichts mehrers zuwider, als das Feiren; die Geistlichen setzen gar zu viel rothe Täge in unsern Kalender, sie haben gut reden auf der Kanzel, daß man die Fest sollte fest halten, dann ihnen fliegen die gebratenen Vögel ins Maul, aber uns Bauren muß der harte Schweiß erhalten. Wann ich Vormittag in die Kirche gehe an einem Feiertag, wer soll mir Nachmittag die Arbeit verbieten? ich hab noch nie ein Haar in der Arbeit gesunden, daß mir davor grausen sollt. Mein Bauer, du bist ziemlich [469] wehrhaft, und daurest noch eine lange Zeit, es müssen viel Scheiden von dir springen, wann man dich zu einem Zahnstierer sollte schnitzlen; mein Bauer, du hast nit gern, wann dir des Nachbauern Ochs auf deiner Wiese weidet, und Gott soll es nit mißfallen, wann du ihm seinen Tag hinweg nimmst? wann der Allmächtige mit dir hätte die Woche getheilt, daß die Hälfte ihm solle gehören, so hättest du nichts können dawider legen; aber er verlangt nur den einigen Sonntag, die anderen alle seynd dir zu Diensten, und du willst ihm auch diesen nit gar vergönnen. Der h. Bischof Kentingernus hat bei dem Fluß Gladt eine Mühl gebauet, welche die ganze Woche hindurch allezeit gangen; außer am Sonntag, an welchem man auch mit der größten Gewalt nit konnte ein Rad bewegen. Diese Mühl soll dir Bauer eine Schul seyn, worin du lernest den Sonntag heiligen, oder sey dir eine Witzigung dasjenige, was etlichen Bauren zur Zeit des heil. Abts Leufridi widerfahren. Nachdem einstmals dieser heil. Mann an einem Sonntag den gewöhnlichen Gottesdienst verricht, und nachmals in der Gegend herum mit einem kleinen Spaziergang ergötzt, so hat er ohn' alles Verhoffen etliche Bauren angetroffen, welche denselben h. Sonntag auf dem Acker den Pflug geführet; Leufridus thät sich hierüber nit wenig entrüsten, gab ihnen derenthalben einen ernstlichen Verweis, um weil sie das göttliche Gebot so freventlich übertreten, wendet beinebens seine Augen gen Himmel, nit ohne häufige Zähren, und wünschte zugleich, daß in Ewigkeit keine Frucht mehr an diesem Ort wachse, welches auch also geschehen, und siehet [470] man noch auf diese Stund das ganze Feld voller Distel und Dornen, angefüllt mit allerlei Schlangen, Nattern und schädlichem Unziefer, und so man es auch hundertmal sollte umackern und besaamen, so würde doch, wie probirt worden, nit ein Körnlein aufgehen.

So scrupulos wie besagte 3 fromme Weiber bin ich nit, sagt eine Bäuerin, unser Pfarrherr predigt zwar, man soll am Sonntag nit arbeiten, entgegen thut er denselben Tag fast ganz zubringen im Wachtelfangen, warum soll es mir nit erlaubt seyn, die Leinwand zu bleichen? warum nit meinen Kindern die Hemder flicken? warum nit das Unkraut aus dem Garten jäten? Sonntag hin, Feiertag her, der Himmel wird derentwegen kein Loch bekommen, wann ich schon Nachmittag eine Arbeit an die Hand nimm. Meine Bäuerin, jenes Weib im Evangelio, hat 2 Heller in den Opferstock gelegt, ihr aber seyd nit einen Heller werth, weil ihr das göttliche Gebot so spöttlich schimpfet; was ist heiliger? der Samstag im alten Testament bei denen Juden, oder der Sonntag im neuen Testament bei denen Christen? und dannoch hat dem Volk Israel der Himmel in der Wüste alle Tag das Manna oder Himmelbrod herunter gespendirt, außer am Samstag, welchen Tag auch der Himmel selbsten wollte feyren, und bilde es dir nit ein, mein Weib, daß dich Gott von der Straf werde befreien. Wie dann in dem Leben des heil. Veroni registrirt wird, daß ein vermeßnes Baurenweib an einem heil. Sonntag in ihrem Krautgarten habe gearbeitet, ihr aber in Mitte der Arbeit das Kraut also an die [471] Hand gewachsen, daß sie neben unbeschreiblichen Schmerzen solches auf keine Weise konnte hintan legen, bis sie vor jedermann ihre Sünde öffentlich bekennet, und nachmals von dem heil. Verono erlediget worden.

Edelmann und Edelfrau samt den eurigen, Burger und Burgerin samt den eurigen, Bauer und Bäuerin samt den eurigen, arbeitet nur wohl, laßt arbeiten nur emsig, an Sonn- und Feiertagen, thut ackern, laßt ackern, thut schneiden, laßt schneiden, thut säen, laßt säen, thut machen, laßt machen, thut dreschen, laßt dreschen, thut bauen, laßt bauen, thut hacken, laßt hacken, thut führen, laßt führen, thut tragen, laßt tragen, thut graben, laßt graben, thut heben, laßt heben, thut flicken, laßt flicken, thut hohlen, laßt hohlen, thut schnitzlen, laßt schnitzlen etc., thut alle Arbeit, und laßt alle Arbeit geschehen am Sonn–. und Feiertag, aber gedenkt anbei vor gewiß, daß weder Glück noch Segen aus solcher Arbeit entspringe, gedenkt und haltet vor gewiß, daß Gottes Straf nit werde ausbleiben.

Es wird nicht ausbleiben.

Das hat erfahren ein Baurenknecht in dem turonischen Gebiet, welcher an einem Feiertag einen baufälligen Zaun wollte flicken, ihm aber die Hand an dem Zaun und Holz also angehangen, daß er solche mit keiner Gewalt konnte frei machen.

Es wird nit ausbleiben.

Das hat erfahren ein Bauer An. 1126 in der Pfarr Geblach, welcher an einem Sonntag das Getreid auf die Mühl geschütt, anstatt aber des weißen [472] Mehls ist nichts anders als zerstoßene Kohlen aus dem Beutel gefallen.

Es wird nit ausbleiben.

Das haben erfahren jene Fischer, welche am heiligen Ostertag in dem Rhein ihre Netz ausgeworfen, wie sie aber bereits mit einem großen Fischfang wieder zu dem Gestad kommen, so seynd sie alle an Händ und Füßen erkrummt, daß also keiner aus ihnen konnte hinaus steigen, ein einiger aus allen hat durch das Heiligthum des heil. Bertini die Gesundheit wieder erhalten.

Es wird nit ausbleiben.

Das hat erfahren jener Bauersmann, welcher an einem Feiertag das Heu auf der Wiese zusammen gerechet, alsbalden aber ein solcher Sturmwind entstanden, daß er alles Heu hinweg getragen, und nit mehr eine Handvoll ist gesehen worden.

Es wird nit ausbleiben.

Das hat erfahren Andulphus, ein Priester des Domstifts zu Paris, welcher an einem heiligen Feiertag in seinem Weingarten die Nüß von einem Baum herab geschüttelt und abgepoßt, von Gott aber alsobalden gestraft, daß er an beeden Augen erblindet.

Es wird nit ausbleiben.

Das haben erfahren jene Weiber, welche wider den Rath des heil. Bischofs Oedi an einem Sonntag in das Bad gangen und ihre Köpf gewaschen; bei der Nacht aber seynd ihnen die Haar ganz völlig ausgefallen, und sie des andern Tags nit anderst ausgesehen, als wie die geputzten Kalbsköpfe.

Es wird nit ausbleiben.

[473] Das hat erfahren jener Polack, welcher an einem heil. Feiertag hinaus gangen, Willens, einen Leim zu graben, ob ihm das von einer frommen Jungfrau stark widerrathen worden, als die ihm den Untergang derenthalben prophezeihet, wie es der Ausgang sattsam gezeigt, dann kaum hat er angefangen zu graben, so ist der halbe Berg auf ihn gefallen, und ihm also der elende Tropf selbsten das Grab gemacht.

Es wird nit ausbleiben.

Das hat erfahren ein Bauer in dem Königreich Neapel, an dem Ort, Caserta genannt, allwo er Anno 1634 am Fest des heil. Apostels Andreä auf dem Feld geackert, und wie er von einigen dessenthalben ermahnet worden, gab er die Antwort, der heil. Andre soll gleichwohl fischen, er aber sey ein Ackersmann, und das laß er ihm nit wehren. Was geschieht? wie der Schnitt herzu kommen, so hat man gefunden, daß alle Kornähren anstatt der Körner mit lauter Sand angefüllt, welcher einen Fisch-Geruch an sich hatte.

Es wird nit ausbleiben.

Das hat erfahren einer neben der Donau, welcher an einem Feiertag daselbst das Heu auf große Schöber zusammen gesammlet, wie er aber den andern Tag mit dem Wagen hinaus kommen, Willens, dasselbe nach Haus zu führen, da hat er gefunden, daß zwar solche Haufen auswendig wie das beste Heu geschienen, wie man aber mit der Gabel hinein gedrungen, so war inwendig nichts, als die pure Asche.

Es wird nit ausbleiben.

Das hat erfahren die Mutter des heil. Petri [474] Cölestini, dann wie sie am Festtag des heil. Johannis Baptistä den Teig eingemacht, in Willens, den andern Tag zu backen, so ist über Nacht alles zu Würmern worden, und der Backtrog voll mit Würmern angefüllt, nit ohne höchste Verwunderung gesehen worden.

Es wird nit ausbleiben.

Das hat erfahren jener Burger An. 861 in Flandern, welcher auf alle Weise von seinem Weib verlanget, daß sie ihm denselben heiligen Tag ein neues Hemd machen sollte, dem dann die furchtsame Haut den Gehorsam gethan; wie sie aber die Leinwath hiezu geschnitten, so hat man allerseits das helle und klare Blut sehen herausrinnen.

Es wird nit ausbleiben.

Das hat erfahren jener, der An. 1647 zu Therville in Niederland, an einem Sonntag wollte das Getreid heimführen, wie er nun die ersten Garben auf den Wagen geworfen, ist er alsobalden des gähen Tods dahin gefallen.

Es wird nit ausbleiben.

Das hat erfahren einer in der casalischen Diözes, welcher an einem Feiertag gar keine heilige Meß gehört, sondern anstatt dessen dem Vogelfang nachgangen, wie er nun etliche Rebhühner nach Haus gebracht, und dieselben zu kochen dargeben, da seynd solche alsobald wieder lebendig worden, alle davon geflogen, er aber zur Straf stockblind worden, bis er endlich solche Unthat bereuet, und bei dem Altar des h. Martyrers Defendentis das vorige Gesicht wiederum erhalten.

[475] Wohlan ihr unbedachtsamen Adamskinder, wann ihr dann den Feiertag nit wollt heiligen, sondern an demselbigen führen und tragen, waschen und zwagen, hohlen und feilen, hauen und keulen, nähen und stechen, bauen und brechen, leimen und flicken, kleckten und stricken, fischen und hetzen, schleifen und wetzen, schächern und kaufen, schwitzen und laufen, heften und binden, dreschen und winden, hämmern und klopfen, putzen und rupfen etc. Wann ihr dergestalten den Feiertag entheiliget, so wird euch Gott mit einem Feuertag strafen, und folgsam euer nit Feiren ein anders Feuren verursachen, benanntlich das ewige Feuer, wohin alle diejenigen der göttliche Richter stoßen wird, die so freventlich seine Gebot übertreten, ja neben diesem ewigen Verlust der Seligkeit, habt ihr noch einen zeitlichen Schaden, massen solche Arbeit am Sonn- und Feiertag meistens umsonst ist, fast allemal fruchtlos abgehet, ja alles dasjenige, was man durch solche Arbeit verfertiget, gleichsam wieder unter den Händen verschwindet, oder sonsten ganz unglücklich von Statten gehet. Wie man dann lieset in dem Leben des heil. Abts Othomari, daß ihre 3 Brüder oder Kiefler an dessen heil. Festtag in dem Conventkeller ein altes Weinfaß wollten binden, von aller Frühe an sich zu der Arbeit gemacht, allen möglichsten Fleiß, Kunst und Wissenschaft angewendet, nit eine Viertelstund von der Arbeit nachgelassen, gleichwohl von Frühe an bis auf die Nacht nit einen einzigen Reif können an das Faß bringen, und also den ganzen Tag umsonst gearbeitet, welches ihnen eine genügsame Witzigung gewesen, [476] daß sie inskünftig die heiligen Feiertäg besser in Obacht genommen.

Das dritte Gebot, du sollst den Feiertag heiligen.

Heiligen, verstehest? heiligen, hast gehört? heiligen, daß du es weißt? heiligen, vergiß nit? heiligen, laß dir es gesagt seyn, heiligen, schrei ich, thu die Ohren auf. Am Feiertag ist nit allein verboten schwer arbeiten, sondern auch schwer sündigen; am Feiertag, mein Edelmann, mußt nit allein nit hetzen Gemsen und Bären, sondern auch nit in Ungebühr nach Damas und Ursulas trachten. Am Feiertag, mein Burger, mußt nit allein die Werkstatt zusperren, sondern auch nit schlimme Werk thun. Am Feiertag, mein Kaufmann, mußt nit allein keine Handlung treiben, sondern auch keine bösen Händel anfangen. Am Feiertag, mein Maler, mußt nit allein die Farben mit Fried lassen, sondern auch im Trinken und Spielen es nit braun machen. Am Feiertag, mein Bildhauer, mußt nit allein kein Bild schnitzlen, sondern auch Niemand eine Unbild anthun. Am Feiertag, mein Goldschmied, mußt nit allein keine Becher machen, sondern auch nit gar zu stark in die Becher schauen. Am Feiertag, mein Apothecker, mußt nit allein ohne Noth mit keinen Kohlen und Brenngläsern umgehen, sondern auch nit das Deinige in Wirthshäusern und andern unzuläßlichen Dingen verdistilliren. Am Feiertag, mein Gärtner, mußt du nit allein im Garten nit umgraben, sondern auch deinem Nächsten keine Grube graben. Am Feiertag, mein Schuster, mußt du nit allein den Draht nit in die Hand nehmen, sondern auch deinem Nebenmenschen keines verdrehen. Am [477] Feiertag, mein Schneider, mußt nit allein keine Löcher zuflicken, sondern auch kein Loch ins Gewissen machen. Am Feiertag, mein Kirschner, mußt nit allein den Zobel auf die Seite legen, sondern auch kein Zoberl seyn. Am Feiertag, mein Tischler oder Schreiner, mußt du nit allein keine Breter abhoblen, sondern auch nit ungehoblet leben. Am Feiertag, mein Zimmermann, mußt du nit allein den Röthel und Winkelmaas nit viel brauchen, sondern auch dich nit unverschämt in diesem und jenem Winkel halten. Am Feiertag, mein Huter, mußt du nit allein keinen Hut machen, sondern auch keinen Schalk bedecken. Am Feiertag, mein Maurer, mußt du nit allein kein Zimmer ausweißen, sondern auch das Gewissen nit schwarz machen. Am Feiertag, mein Rothgerber, mußt du nit allein mit den Häuten nit umgehen, sondern auch kein Schelm in der Haut seyn. Am Feiertag, mein Schlosser, mußt du nit allein kein Schloß machen, sondern auch die Ehrbarkeit nit ausschließen. Am Feiertag, mein Schmied, mußt du nit allein kein Hufeisen schmieden, sondern auch kein Zankeisen abgeben. Am Feiertag, mein Wagner, mußt du nit allein keine krummen Hölzer machen, sondern auch keinen krummen Wandel führen. Am Feiertag, mein Glaser, mußt du nit allein keine Fenster machen, sondern auch kein Gebot brechen. Am Feiertag, mein Hafner, mußt du nit allein mit Leim nit umgehen, sondern auch dein Gewissen nit besudlen. Am Feiertag, mein Kupferschmied, mußt du nit allein das Kupfer liegen lassen, sondern auch dich nit ganz kupferig ansaufen. Am Feiertag, mein Messerschmied, mußt du nit allein [478] keine Messer machen, sondern auch nit vermessen seyn. Am Feiertag, mein Färber, mußt du nit allein das Tuch nit schwärzen, sondern auch denen Lastern kein Färbel anstreichen. Am Feiertag, mein Wachskerzler, mußt du nit allein kein Wachs ziehen und mit Dacht umgehen, sondern auch nit im Verdacht leben. Am Feiertag, mein Riemer, mußt du nit allein im preußischen Leder nit arbeiten, sondern auch dein Gewissen dem Teufel nit Preis geben. Am Feiertag, mein Seiler, mußt du nit allein keinen Strick machen, sondern auch kein henkermäßiges Leben führen. Am Feiertag, mein Bauer, mußt du nit allein nit dreschen, sondern auch keine Greinhändel ausdreschen. Am Feiertag, mein Christ, mußt du nit allein nit arbeiten, sondern auch nit sündigen. Dann das dritte Gebot heißt, du sollst den Feiertag heiligen, hast es gehört? heiligen, hast es verstanden? heiligen, soll ich es dir denn so oft sagen? heiligen, vergiß es nit, heiligen, und nit heil los leben, und nit etc. O Gott! o Gott! o Gott! Ja wohl heiligen.

Was ist der Sonntag? o leider ein Sündtag!

Wie unser gebenedeite Heiland zu Bethania war in dem Haus Simonis des Aussätzigen, und daselbsten zu Tische saß, da kam ein Weib, benanntlich Maria Magdalena, die hatte eine Alabasterbüchse von kostbaren Salben, und sie zerbrach den Alabaster, und schüttete die Salbe aus auf sein Haupt etc. Ueber solche Salbe murrete der Judas, ich aber murre über und wider die Alabasterbüchse, fracto allabastro, warum Magdalena solches kostbare Geschirr zerbrochen? Sie hätte ja gleichwohl die Salbe nach ihrer [479] Andacht können über das Haupt Christi des Herrn schütten, wann sie die Alabasterbüchse nit zerbrochen hätte; es scheinet wohl, Magdalena sey keine so gute Wirthin, als ihre Schwester Martha, sie hätte sollen die Büchsen nit zerbrechen, damit mans noch zu andern Sachen hätte können brauchen. Aber die gottselige Büßerin ist dießfalls zu entschuldigen, dann sie mit allem Fleiß, und zwar vorsätzlicher Weis', das alabasterne Geschirr zerbrochen, damit es hinfüran zu keiner Sache mehr möchte gebrauche werden, dann sie vernünftig bei ihr gedacht, daß ein Ding, so schon unserm Herrn zu Diensten gewidmet, auf keine Weise zu andern Sachen solle gebraucht werden. Recht ist dieß, und tausendmal recht. Der Sonntag gehört keinem andern zu, als Gott dem Herrn, wie er dann von denen Lateinern dessenthalben Dies Dominica, genennet wird, der Sonntag ist pur und alleinig an- und eingestellt zu den Diensten Gottes, dahero geziemt es sich nit, daß man denselben zu anderen Sachen solle brauchen. Aber sag her, lauer und unbedachtsamer Christ, wie, und zu was brauchest du den heil. Sonntag? wie pflegst du den Sonntag zu heiligen? an welchem Tag doch die höchsten göttlichen Geheimnisse vollbracht worden. Der Sonntag ist der allererste Tag gewest, dann an demselben hat der allmächtige Gott das Licht erschaffen, an diesem Tag aber thust du das Licht auslöschen, verstehe lumen rationis, das Licht des Verstandes durch unmäßiges Saufen und Schwärmen, wie oft heißt es: Brüder, wann wollen wir uns wiederum einen guten Rausch ansaufen? wann? morgen? nein, weder morgen, noch übermorgen hab [480] ich derweil, ich hab gar zu viel zu thun, aber bis Sonntag, wills Gott, da will ich redlich Bescheid thun. Da machst du schon aus einem Sonntag eines Sündtag.

Am Sonntag ist Christus der Herr aus der unbefleckten Jungfrau Maria zu Bethlehem geboren, und und haben dazumal die Engel ganz fröhlich intonirt und gesungen: »Ehre sey Gott in der Höhe, und Friede auf Erden den Menschen etc.« Du aber bringst diesen Tag zu mit keinem englischen Lobgesang, sondern mit Fluchen und Schwören, und verzehrest diesen Tag nit in Fried und Einigkeit, sondern in Zank und Hadern, dann wann und wo seynd mehr Saufhändel zu finden, als am Sonntag in Wirths-Häusern? Also machst du schon aus einem Sonntag einen Sündtag.

Am Sonntag seynd die heil. 3 König durch Wegweisung eines Sterns zu Christo dem Herrn kommen, du aber an diesem Tag sitzest die ganze Zeit im Wirthshaus beim goldenen Stern, und füllest dich daselbsten so sternvoll an, daß du eine Marter-Saul vor einen Burgermeister grüßest. Solchergestalt machst du ja aus einem Sonntag einen Sündtag.

Am Sonntag ist der gebenedeite Herr und Heiland von Joanne in dem Fluß Jordan getauft worden, du aber, gleich einem unsinnigen Narren, dem ein Dutzend Wespen in die Nase gerochen, turnirest den ganzen Tag von Frühe an bis auf die Nacht, und thust einem jeden im Haus den Kopf zwacken, ja gar ungereimt taufen, und wilde Namen geben, [481] auf solche Weise machst du schon aus einem Sonntag einen Sündtag.

Am Sonntag hat unser Herr das erste sichtbare Wunderwerk gewirket, indem er auf der Hochzeit zu Cana Galiläa das Wasser in den besten Wein verkehrt, du aber an diesem Tag thust dich nit allein nit bekehren, sondern mehr verkehren, dann meistens dieser Tag dir die Materie zur Beicht spendiret. Also machst du schon aus einem Sonntag einen Sündtag.

Am Sonntag hat unser Herr mit so wenig Brod so viel tausend Menschen gespeist, du aber luderst diesen ganzen Tag durch unmäßiges Leben, und vergönnest einem armen Bettler nit ein Stück Brod. Auf solche Art machst du gar gewiß aus einem Sonntag einen Sündtag.

Am Sonntag ist der gebenedeite Heiland ganz glorreich von Todten auferstanden, und zu allererst den frommen Weibern erschienen, du aber bringst diesen Tag zu unter den schlimmen Weibern und unverschämten Schleppsäcken, wie es das saubere Bürschl im Evangelio, der verlorne Sohn, im Brauch gehabt. Auf solche Weise machst du aus einem Sonntag einen Sündtag.

Am Sonntag ist unser lieber Herr durch verschlossene Thür eingangen in das Gemach, allwo die Aposteln versammlet waren, du aber an diesem Tag sperrest der Ueppigkeit und Muthwillen Thür und Thor auf, solchergestalten machst du freilich aus einem Sonntag einen Sündtag.

Am Sonntag hat Christus der Herr den heil. Geist vom Himmel geschickt in Gestalt der feurigen [482] Zungen, wodurch die Apostel allerlei Sprachen geredet haben, du aber redest am Sonntag bei frecher Gesellschaft nichts anders als grobe Zotten und unverschämte Raupenwort. Also machst du schon aus einem Sonntag einen Sündtag.

Am Sonntag hat der große Heiland seinen Apostel ausgeschickt, das Evangelium zu predigen in der ganzen Welt, du aber am Sonntag bleibst bei keiner Predigt, sondern anstatt dero eilest du zum Frühstück, damit du Nachmittag bei Zeiten auf dem Tanzboden dich mögest einfinden: auf solche Art machst du ja aus einem Sonntag einen Sündtag.

O ihr unbehutsamen Adamskinder! auf solche Weise bringt ihr meistens zu den Tag des Herrn. Wie hart es empfunden der Jakob, ist leicht zu errathen, da er aller seiner Söhne mußte gerathen, bis auf den Jüngsten, Benjamin, und endlich auch dieser hinweg genommen worden. Aber weit härter empfindet es der allmächtige Gott, indem er alle Tag in der Woche gerathen muß bis auf den letzten Benjamin, den Sonntag, und man ihm noch diesen hinweg zuckt.

Meine Christen, wie hart werdet ihr einmal Rechenschaft geben am Sonntag wegen der Sonntäg, dann am Sonntag wird Christus Jesus im Thal Josaphat richten die Lebendigen und die Todten, am Sonntag, merkt es wohl, an einem Sonntag wird das jüngste Gericht seyn, an einem Sonntag wird es heißen, entweder Venite oder Ite kommt her, ihr Gebenedeiten meines Vaters, oder gehet hin, ihr Vermaledeiten; o Gott!

[483] In dem Leben des heil. Abtes Aicandri ist zu lesen, daß er einmal an einem Sonntag, um weil er die ganze Woche hindurch in andern Sachen beschäftiget war, ihm habe lassen von dem Barbierer die Haar abschneiden; unter währendem diesem siehet der heil. Mann den Teufel in einem Winkel, welcher einen Zettel in der Hand, samt einem Bleistift, thut auch beinebens wahrnehmen, daß der böse Feind, so oft ein Haar auf die Erde gefallen, solches ganz genau aufgehebt, und die Zahl derselben mit dem Bleistift auf das Papier getragen; fragt demnach diese höllische Larve, warum er dieses thue? worauf der Teufel geantwortet: Ich, sagte er, ich bin von meinem Obrist Lucifer beordert, alle Fehler der Geistlichen in diesem Kloster aufzuzeichnen, heut aber werd ich ein absonderliches Lob und Frohlocken in die Höll bringen wegen deiner, ja wir werden daselbst so viel Jubel schreien, als Härl von deinem Kopf und Bart gefallen, warum? weilen du heut an dem heil. Sonntag dir hast lassen die Haar abschneiden, und also den Tag, wie es sich rechtmäßig gebührt, nit begangen hast. Hat nun der leidige Satan sogar dieses in sein Register gezogen, welches kaum einen Schatten hat eines Uebels, wie wird er erst aufzeichnen die Unthaten, die Schandthaten, die Mordthaten, die Missethaten, mit welchen die muthwilligen Adamskinder den heiligen Sonntag beflecken?

Was bei den Hebräern der Sabbath war, das ist bei uns der Sonntag; den Sabbath mußten sie auf das möglichste hochfeierlich begeben, sogar, daß einer, der an demselben Tag nur etliche Scheiter oder [484] Prügel gesammlet, derentwegen durch göttlichen Befehl von dem ganzen Volk versteiniget worden. Also will auch der Allerhöchste haben, daß wir seinen Tag, benanntlich den Sonntag, nit allein feierlich begehen, sondern auch heilig begehen. Gott hat denen Israelitern alle Tag in der Woche, außer des Samstags, das Manna lassen vom Himmel fallen, und zwar derentwegen am Sabbath nicht, weil das Manna bei Aufgang der Sonne allezeit verfault, dahero wollt er dasselbige am Sabbath nit vom Himmel regnen lassen, damit am selben hochfeierlichen Tag nichts faules gefunden würde, woraus zu lernen, daß, ob wir schon den Sonntag sollen feierlich celebriren, und von schwerer Arbeit uns enthalten, gleichwohl wir nit sollen faulenzen, oder den Tag mit Faul- und Trägheit zubringen, sondern uns in allerlei heiligen und gottseligen Werken üben. Vorderist aber denselben Tag, wann es nur die Möglichkeit zulasset, den heil. Gottesdienst nit vernachläßigen, welches wir auch unter einer schweren Todsünde zu verhüten schuldig seyn. Wie viel weiß man dergleichen, so am Sonntag die heil. Meß nachläßiger Weise versaumen, daß sie von dem höchsten Gott nit allein ewig in jener, sondern auch zeitlich in dieser Welt gestraft worden.

Aeneas Sylvius schreibt von einem Edelmann, bei dem die Melancholei dergestalten überhand genommen, daß ihm fast immerzu der Gedanke kommen, als soll er sich erhängen, als er aber einsmals solches einem gelehrten Mann geoffenbart, hat er von ihm den heilsamen Rath bekommen, daß er auf seinem Schloß, so ziemlich in der Einöde und Wüste [485] gelegen, bei sich solle halten einen eignen Kapellan, der ihm alle Tag die heilige Meß lese. Der Edelmann folgt diesem Rath, und hat solcher also glücklich ausgeschlagen, daß er ein ganzes Jahr hindurch von dergleichen verzweifelten Gedanken nit mehr ist geplagt worden. Es hat sich aber zugetragen, daß ein benachbarter Pfarrherr genannten Kapellan bittlich ersucht, daß er ihm wolle künftigen Sonntag, an welchem falle das Fest der jährlichen Kirchweihe, mit seiner werthen Gegenwart eine geistliche Assistenz leisten, welches der Kapellan auch gern zugesagt, um weilen der Edelmann die Erlaubnuß nit geweigert, massen er selbsten des gänzlichen Vorhabens gewesen, daselbst dem Gottesdienst beizuwohnen. Wie nun der Sonntag herzukommen, und der Kapellan in aller Früh sich in die nächste Pfarrkirch, so auf einem Berg stund, schleunig begeben, hat sich wegen eines und andern Geschäft der Edelmann also verweilet, daß fast der Mittag herzugeruckt, macht derowegen sich desto hurtiger auf den Weg, gleich aber in dem nächst entlegnen Wald begegnet ihm ein Bauer, der auf Befragen die Antwort gegeben, wie daß der Gottesdienst schon ein End genommen, und bereits die Leute alle aus der Kirche, welches den Edelmann also bestürzt gemacht, um weilen er denselben Tag des allerhöchsten Guts unter der Gestalt des Brods nit ansichtig worden, daß er halb verzweifelt sich in den Haaren gekratzet; der Bauer unterstehet sich, denselben zu trösten, sprechend, gnädiger Herr, nit so kleinmüthig, nit so traurig, wanns bis auf die Sonntagsmeß kommt, so ist der Sache leicht geholfen, ich will ihm meinen [486] heutigen Sonntags-Gottesdienst um ein leichtes verkaufen, und zwar um den Rock, den euer Gnaden anhaben; wohlan, sagt hierauf der Edelmann, der Kauf ist geschlossen, und gibt ihn, den Rock, welchen der vermessene Bauer aus purem Muthwillen alsobalden angezogen. Der Edelmann aber wollte gleichwohl noch dieselbe Kirche besuchen, wenigst etliche Vater unser zu beten, weilen er ohnedieß die heil. Meß versaumet; nach verrichter solcher kurzer Andacht nimmt er den Weg wieder nach Haus, findet aber in besagtem Wald, o gerechter Gott! findet, daß der freventliche Bauer, welcher so gering und wenig den Gottesdienst am Sonntag geschätzt, sich samt dem Rock an einem Baum erhängt hat. Wohlan dann mein Christ, lerne durch eines andern Schaden den Sonntag heiligen, und aus dem Sonntag keinen Sündtag machen.

Was ist der Festtag? o leider! ein Freßtag.

Nachdem unser Heiland der Welt samt 2 Schächern auf das Kreuz genagelt worden, auf dem hohen Berg Kalvariä, da seynd die Juden zu dem Landpfleger Pilatum gangen, ihn demüthigst ersucht, daß man durch seine Erlaubnuß die Leiber der Gekreuzigten möchte herab nehmen, dann es würde sich gar ungereimt schicken, daß am Sabbath und hohen Festtag die Leiber sollten am Kreuz bleiben. O ihr Schelmen, wie zeigt ihr euch dießfalls so scrupulo! Aber leider eures Gleichen findet man noch genug und über gnug unter denen Christen, welche nicht wollen zulassen, daß an einem Festtag und Feiertag die Leiber sollen auf dem Kreuz seyn. Etliche Tag hero, heißt es, hab ich [487] mich ziemlich strapeziret, hab gearbeitet, daß, mir der Buckel kracht hat, hab geschwitzet wie ein Postklepper, heut aber, Gott sey Lob, daß ein Feiertag ist, heut will ich mir ein gutes Müttel anthun, hinweg mit dem Kreuz, heut will ich mir einen guten Zinober ansaufen, Bruder, wo hat man einen guten Zwölfkreuzerwein, wann ich dessen drei Maaß gesoffen, so leg ich mich nachmals auf eilfe. Aber höre, mein Christ, daß dir sowohl Gott der Herr dasjenige zuschreiet, was er einmal seinem Volk hat vorgerupst durch den Mund des Propheten Isaiä: »Höret ihr Himmel, und merk auf mit den Ohren du Erde, ich habe Kinder erzogen und erhöht, sie aber haben mich veracht. Ein Ochs kennet den, dem er zugehört, und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber Israel kennet mich nit; eure Sabbath und andere Festtäge kann ich nit mehr gedulden, meine Seele hasset euren Neumond und hohen Festtäge, sie seynd mir beschwerlich, und fällt mir mühselig zu leiden.« Aber warum beklagt sich der Allerhöchste wegen deiner Festtäge? darum, weil du aus dem Festtag einen Freßtag machest. Am neuen Jahr, da du sollst einen neuen Wandel anfangen, da sitzest du im Wirthshaus, da sagst du, Bruder, es gilt auf die alten Hacken. An Pauli Bekehrung, da du dich billig sollest bekehren, ist es mehrer Mauli Verehrung, weilen du die Goschen stets in der Kandel hast. Zu Lichtmessen, wo die Mutter Gottes nach dem Gesetz Mosis gereiniget worden, die es doch nit vonnöthen hatte, sollst du dich reinigen von deinen begangenen Sünden, da thust du nit reinigen deine Seele, wohl aber den ganzen Tag das [488] Maul auswaschen mit Wein. Am Mathiastag, welcher anstatt des verzweifelten Judä, wegen seiner Heiligkeit zum Apostelamt kommen, sollst du einen apostolischen Wandel führen, aber anstatt apostolisch, saufest du, daß du fällst unterm Tisch. An Mariä Verkündigung, da Gottes Sohn ist Mensch worden, da saufest du, daß du keinem Menschen gleich bist, wo es sich vielmehr gebührte, daß du mit dem Engel Gabriel das Ave repetirest. Am Philippi-und Jakobitag, so da fällt den ersten Mai, sollst du dich zieren mit allerlei Blumen der Tugenden, aber anstatt deren hast du nichts lieber als das Weinkräutel. An Ivannis Baptistätag sollst du mit seinem Vater Zacharia Gott loben, aber anstatt Zacharia gehest du zum Zachäum. An Petri und Pauli, welche 2 Fürsten der Kirche, sollest du denselben Tag sein der Kirche schenken, aber anstatt der Kirche ist dir lieber der Kirchtag. An Mariä Heimsuchung sollst du von Rechtswegen die Tempel und Gotteshäuser heimsuchen, aber anstatt der Gotteshäuser seynd dir lieber die Wirthshäuser. Am Jakobitag sollst du dich absonderlich mit einer Andacht dem heiligen Apostel befehlen, weil seine Hülfe so vielfältig erfahren die Spanier; aber es kommt keinem mehr spanisch vor, wann du denselben Tag einen deutschen Rausch hast.

Am St. Laurentiitag, welcher um Christi des Herrn willen sich lebendig hat braten lassen, sollst du dich auch üben in guten und gottseligen Werken, aber dieser Braten schmeckt dir nit so gut, als der Trunk. An Mariä Himmelfahrt sollest du dieser glorreichen Königinn mit dem Herzen das Geleit geben in die [489] obere Stadt Jerusalem, aber du saufest lieber in der Vorstadt. Am Tag des h. Bartholomäi sollest du dich lieber mit ihm schinden lassen, als Gott beleidigen, aber du trägst lieber deine Haut auf den Weinmarkt. An unser Frauen Geburtstag sollst du ihr zu Ehren dich also durch die Beicht reinigen, als wärest du neu geboren, aber du willst lieber sterben, als das Saufen lassen. An, Tag des h. Apostels Matthäi sollst du fromm, auferbaulich und nüchtern das Fest celebriren, aber du saufst so lang, bis nichts mehr im Krug, und also, wie man pflegt zu sagen, Matthäi am letzten. Am Tag des heil. Erzengel Michael sollst du ebenmäßig dich befleißen, den bösen Feind zu verjagen und zu überwinden, aber kein Teufel kann dich denselben Tag aus dem Wirthshaus bringen. Am Tag Simonis und Judä sollst du forderist der christlichen Andacht obliegen, aber denselben Tag führest du lieber dem Weib zum Wein, wie es etwann deine Schuldigkeit scheinet zu seyn. Am Allerheiligentag sollst du absonderlich heilig leben, aber du glaubest, man thäte dich vor einen seltsamen Heiligen halten, wann du denselben Tag keinen Rausch hättest. An St. Martinitag sollst du lieber diesem Heiligen nachfolgen in Austheilung des Almosens, aber die Gans ist dir lieber, als der Paradeisvogel. An St. Andreätag sollst du lieber mit diesem Apostel das Kreuz Christi verehren, aber du versaufest lieber denselben Tag dein Geld bis auf den letzten Kreuzer. Am Tag der unbedeckten Empfängnuß Mariä sollst du ihr zu Ehren auch ohne Flecken und Mackel wanden, aber dir ist lieber das Wirthshaus beim weißen Rößel, als [490] der Fleiß des weißen Gewissens. Am St. Thomastag sollst du mit diesem Apostel die Seite Christi verehren, aber du gehest lieber mit deinen Saufgesellen auf die Saite. Vor allen andern sollst du mit sonderem Eifer die Festtäge Christi des Herrn deines Gottes und Heilandes verehren und heilig zubringen, aber wie oft wird dir die heilige Weihnacht zu einer Weinnacht, wie oft heißt bei dir Ostern, O stern voll! wie oft ist es bei dir wahr, daß man zu Pfingsten die Apostel falsch bezüchtiget, quia musto pleni sunt isti, diese Leute sind voll. Wie oft thust du an unsers Herrn Himmelfahrt in allen Wirthshäusern herum fahren. Fast allemal am heil. Fronleichnamstag bist du Vormittag bei der Prozession mit unserm Herrn, Nachmittags aber hast du einen Prozeß mit dem Wirth. In Summa, ist es leider schon so weit kommen, daß bei den Christen die mehresten Fasttäge in Freßtäge verkehret werden. Man siehet ja, daß an einem Festtag fast alle Küchen rauchen, alle Pfannen schwitzen, alle Wasser sieden, alle Bräter laufen, alle Rost glühen, alle Schüssel tragen, alle Teller leiden, alle Tafeln prangen, alle Keller geben, alle Kandeln schöpfen, alle Becher hupfen, alle Gläser schwimmen, alle Mäuler saufen, alle Gurgeln schlucken, alle Füß wacklen, alle Köpf sumsen; da trinkt ein Burger, dort sauft ein Bauer, da ludert ein Gesell, dort würgt ein Knecht, da stolpert ein Junger, dort fällt ein Alter, da lehnet der Sohn, dort liegt der Vater, da grappelt der Herr, dort kriecht der Diener, da gaumetzt der Richter, dort schnarchet der Geschworne. Beim güldenen Lämmel trinkt der Meister Wolfgang, beim [491] guldenen Wolf sauft der Meister Lambert, beim blauen Hechten schwimmt der Fischer, beim schwarzen Ochsen ludert der Fleischhacker oder Metzger, beim weißen Hirschel zecht der Jäger, beim grünen Flederwisch mäßlen etliche alte Weiber; da gibts Viertelräusch, halbe Räusch, ganze Räusch, dürmische Räusch, verliebte Räusch, witzige Räusch, empfindliche Räusch, stolze Räusch, säuische Räusch, Burgerräusch, Bauernräusch, Gutscherräusch, Bettlerräusch, Narrenräusch etc., bald im Wein, bald im Bier, bald im Brautwein, bald im Meth, bald im Tyrolerwein, bald im Oesterreicherwein, bald im Neckarwein, bald im Frankenwein, bald im Rheinwein, bald im ungarischen Wein, bald im welschen Wein, bald im spanischen Wein etc. Das Aufdinggeld, auch das Freisprechengeld, auch das Strafgeld, auch das Trinkgeld, auch das Leihkaufgeld, auch das Einkaufgeld, auch das Abkaufgeld, auch das Spielgeld, auch das Ladgeld, auch das Büchsengeld, was Namen es immer hat, das wird gespart aus den Feiertag, dort muß versoffen werden. Ihr Weinwirth, wann löset ihr das meiste Geld? am Feiertag. Ihr Bierzäpfler, wann ziehet ihr den meisten Gewinn ein? am Feiertag. Ihr Lebzelter und Methsieder, wann spickt ihr am besten euren Beutel? am Feiertag. Ihr Sudler und Garköch, wann habt ihr den besten Gewinn? am Feiertag. Ihr Brätelbrater und Krapfenbacker, wann gehet euch euere schmutzige Waar zum besten ab? am Feiertag. O festum infaustum! O festum infestum! O Festtag, Freßtag! Die Fest unsers Herrn Jesu Christi seynd eingestellt, damit wir dieselben Täg sollen anwenden zu seiner göttlichen [492] Ehre, und ihm danken um so häufige Gutthaten. Die Fest der lieben Heiligen seynd eingestellt, auf daß wir uns zur selben Zeit absonderlich sollen üben in denen Tugenden, mit denen sie uns vorgeleuchtet. Aber wir, durch unser unmäßiges Leben, machen die Fest unsers lieben Herrn, die Fest der heil. Patriarchen, der heil. Propheten, der hell. Aposteln, der heil. Beichtiger, der heil. Jungfrauen zu lauter Marterfest, indem wir solchergestalten an dergleichen Festen gleichsam Gott und Gottes Gebot martern.

O Pater, warum soll es unrecht seyn, wann man an einem Feiertag dem Essen und Trinken eine Zuwag gibt? Es ist nit ohne, daß ein Buchstab K muß beobacht werden, nemlich K Kirche, man kann aber noch zwei andere K K celebriren, benanntlich K Kuchel, K Keller etc. Diesem Einwurf bin ich so stark nit zuwider, massen der heil. Vincentius Ferrerius schreibt und lehret: »Deus divisit totum tempus in septem diebus, de quibus nobis dedit sex ad laborandum, et lucrandum, et retinuit sibi septimum diem, ut pro anima laboremus, et adhuc non vult totum, nam in die sunt, 24 horae, da solum unam Deo audiendo Missam, alias poteris dare ad placita corpolis licita et honesta.« Die Werktag gehören dir zu, mein Christ, da kannst du deine Arbeit und Gewerb suchen, allein den Sonntag und Feiertag will Gott vor sich haben, er verlangt sogar aber auch nicht den ganzen Tag, damit du dich nit zu klagen habest, sondern schenk Gott eine Stund zu seinem Gottesdienst, dann die andere Zeit des Tags [493] kannst du zubringen nach deinem Wohlgefallen, jedoch in Sachen, die ehrlich und erlaubt seynd. Also lehrt dieser Heilige. Ob nun schwärmen, schlemmen, und vollsaufen ehrlich und erlaubt sey, laß ich dich selbsten urtheilen. Aber etwas mehrers an einem Feiertag dem Leib vergönnen, als sonsten, will aus denen Worten des h. Hieronymi verlauten, da er spricht: »nobis solicitius providendum est, ut solemnem diem non tam ciborum abundantia, quam Spiritus exultatione celebremus.«

Was ist der Feiertag? o leider! ein freier Tag.

Die Kalender setzen allzeit die Feiertag mit rothen Buchstaben, als thun sie sich selbsten schämen, daß man an dergleichen Festtägen so frei und freventlich pflegt zu leben. Ehe und bevor Pilatus Christum den Herrn zum Tod verurtheilt, hat er dem gesamten jüdischen Volk vortragen lassen, wie daß es schon ein uralter Brauch und Gewohnheit sey, jährlich, zu Ehren des hohen Festtags, einen Gefangenen frei und los lassen, stehe demnach bei ihrem Willen, den Barrabam oder Jesum frei zu sprechen; worauf alle insgesamt mit lauter und heller Stimm aufgeschrien: zu Ehren des Fests wollen sie den Schelm, den Dieb, den Mörder Barrabam auf freien Fuß stellen, Jesus aber solle gekreuziget werden. O ihr verruchten Gesellen! so wollet ihr den heil. Festtag mit einem solchen Hauptschelm und großen Sünder verehren?

Nicht um ein Haar besser seynd wir Christen bei jetziger Zeit, dann man allerseits wahrnimmt, daß [494] die Fest- und Feiertag nit anderst celebrirt und begangen werden, als mit Freilassung alles Muthwillens, und Uebels. Am Feiertag putzen wir die Kirchen besser auf, aber verschleudern anbei die guten Sitten. Am Feiertag seynd bei uns die Altär mehrer gezieret, aber entgegen werden die Seelen mehrer entblößt. Am Feiertag zünden wir mehr Lichter an, aber beinebens wird desto mehrer das Gewissen verfinstert. Am Feiertag läuten wir mehr Glocken, aber dabei lauten die Werk desto übler. Am Feiertag seynd die heiligen Ablaß, aber nichts wenigers als ablassen vom Bösen. Am Feiertag ist nichts als Feuer, und zwar das Feuer der Geilheit und Unzucht. Am Feiertag ist nichts als Feuer, und zwar das Feuer des Zorns, Feuer im Dach. Am Feiertag ist nichts als Feuer, und zwar das Feuer zum Sieden und Braten. Wie? wo? wann seynd mehrer Buhlschaften, als am Feiertag? Wie? wo? wann geschehen mehrer Mordthaten, als am Feiertag? Wie? wo? wann schlemmt, und schwärmt man mehrer, als am Feiertag? Wann? wo? wie schilt und gottslästert man häufiger, als am Feiertag? Wie? wo? wann tanzt und springt man öfter, als am Feiertag? Wann? wo? wie läßt sich die Hoffart besser sehen, als am Feiertag? Wie? wo? wann redet man übler von dem Nächsten, als am Feiertag? Die Teufel selbsten haben ausgesagt und bekennet, daß sie nie mehrer Sünd und Laster zählen, als an Fest- und Feiertägen. Unser Herr Jesus im 12. Jahr seines Alters ist verloren worden zu Jerusalem, und erst nach 3 Tagen wiederum gefunden. An einem Werktag ist er gefunden worden, [495] merks, an einem Festtag ist er verloren worden. Das geschieht leider auf den heutigen Tag noch, und verliert man nit öfter Gott und Gottes Gnad, als an denen Festtägen. So muß man sich dann so stark nit verwundern, wann uns der gerechte Gott mit öftern Strafen und Ruthen heimsucht, dann also schreibt der heil. Vincentius Ferrerius, dieser große Heilige, der auch in seiner Muttersprach geprediget, und doch von allen Nationen verstanden worden. Dieser große Heilige, der sich schon in Mutterleib hat hören lassen, welches ein Vorbot war seiner kräftigen apostolisehen Predigen. Dieser große Heilige, bei dessen seligstem Hinscheiden die Kerzen sich selbsten angezündt. Dieser große Heilige schreibt, daß die mehresten Unglück, Pest, Krieg, Unfruchtbarkeiten der Erde, Schauer, Reif, Donner, und andere Drangsale über uns kommen, zur billigen Straf und Geißel, um weilen wir seine heiligen Festtäg so schlecht heiligen, und bereits bald jeder Feiertag ein freier Tag wird. Dom. 2. post. Pasch. fol. 30.

Fünfter Band

Judas verursachet, daß die Hebräer von Gott gezüchtiget worden
[5] Judas Iscarioth verursachet, daß die Hebräer auf solche Weis', mit solcher Maaß seynd von Gott gezüchtiget worden, wie sie mit Gott verfahren.

Der meineidige und vom Geldgeiz verblendte Apostel Judas, damit er dasjenige, was er denen hohen Priestern versprochen, werkstellig mache, nimmt zu mehrer Sicherheit mit sich in den Garten eine große Anzahl bewaffneter Männer, und zwar erstlich 550 Soldaten zu Fuß von der Garde des obristen Landpflegers Pontii Pilati. Item 56 Mann zu Pferd aus besagter Garde, massen Pilatus zu Jerusalem 1425 Mann in seiner Garde hatte. Mehr waren mit ihm sehr viel der hohen Priester, der Fürsten der Synagog, der Aeltern und Schriftgelehrten von denen Synagogen und Gerichtern. Dann zu wissen, daß bei denen Hebräern zwei Tribunalien und Gericht gewesen, eines wurde genannt Sanedrim, welches Collegium bestund in 72 Personen, so meistens lauter alte, gelehrte, und in der Schrift erfahrne Rabbiner gewesen, und diese urtheilten in Sachen, welche da Gott, Gottes Gebot und Satzungen der Synagog betrafen. [5] Das andere Tribunal und Gericht ist genennet worden das Kriminal-Kollegium, worin 24 hohe Priester gesessen, deren Haupt und Präsident war der Annas, die mehresten aus diesen samt einer großen Anzahl der andern Priester, gestalten der Annas allein 5 Söhne zu Priestern gehabt, deßgleichen eine große Menge der Diener, der Schergen, der Aufwärter, des Lottersgesinds, waren alle mit Juda, und ob es schon dazumalen der Vollmond, und die Nacht ganz hell und licht, ungeacht dessen, auf Einrathung und Anstalten des Iscarioths mußten allerseits Fackeln, Wind-Lichter, Pechkränze und angezündte Laternen getragen werden, damit sich der Herr und Heiland in der Finster nit könne verbergen. Aber wehe, wehe euch gottlosen Hebräern! Ihr werdet noch zu seiner Zeit erfahren, was Unheil euch der Erzschalk Judas auf den Hals geladen, Gott wird euch eben mit dem Maas und Weise züchtigen, wie ihr mit ihm verfahren; welches hernach bald geschehen, dann wie Titus und Vespasianus die Stadt Jerusalem mit dem römischen Kriegs-Heer erobert, viel hundert tausend der Juden jämmerlich ermordet, da haben auch die römischen Soldaten mit Fackeln, mit Windlichtern, mit Pechkränzen, mit Laternen, alle Keller, alle Gruften, alle Höhlen und Winkeln durchsucht, und die hohen Priester, die Fürsten der Synagog, und andere vornehme Rabbiner, so sich darin verborgen, mit aller Gewalt herausgezogen, und zum Tod geschleppt, das heißt mit gleicher Münz bezahlt, da siehet man, mit welchem Maas man messet, mit dem wird ihm wieder gemessen werden.


[6] Warum? Darum.


Ihr Kaufleute, was ist euere Klag? Ihr Handwerksleute, was ist euere Plag? Ihr Wirthsleute, was ist eure Sag? unsere Sag, unsere Plag, unsere Klag ist, antworten diese, daß die Leut so ungern zahlen. Wahr ist es, daß die Leut ungern zahlen, und zwar meistens vornehme Herren, darum der gelehrte, aber anbei sehr arme Mann Henricus Glareanus, als er gefragt wurde, wie er lebe? die Antwort gegeben, ich lebe gar wohl, und zwar lebe ich, wie die großen Herren, ich esse und trinke, und laß mir wohl geschehen, und bin jedermann schuldig. Wenig gute Zahler trifft man auf der Welt an, aber der beste Zahler ist derjenige, der die Welt erschaffen, Gott bezahlt bei einem Heller, und je und allemal mit gleicher Münz.

O was für einen elenden Tod hat Absalon, der schöne Prinz des Königs David, genommen! Es scheinte, als hätte die Natur alle ihre Gaben bis auf den Grund ausgeleert; und diesem jungen königlichen Prinzen gespendirt, er war jung in Jahren, schön in Haaren, er war rahn in Lenden, stark in Händen, er war lieblich an der Stirn, verständig in dem Hirn, er hatte die Schönheit in dem Gesicht, die Lieblichkeit in den Augen, die Freundlichkeit in den Lefzen, die Wohlredenheit in der Zung, die Herrlichkeit in den Gebärden, die Annehmlichkeit in allem. Alle Augen schaueten auf ihn, alle Zungen redeten von ihm, alle Gemüther seufzten nach ihm, alle Finger zeigten auf ihn, alle Vasallen hofften auf ihn. Dahero höchst zu bedauren, daß er in dem blühenden Alter so unglückselig [7] zu Grund gangen, massen dieser durchlauchtigiste Fürst in einer Schlacht mit dem Joab den Kürzern gezogen, und sein Leben sicher zu salviren, auf einem Maulthier die Flucht genommen; als er aber unter einem ästigen Eichbaum wollte durchsprengen, da ist er mit seinem Strobelkopf hangen geblieben, das Maulthier aber durchgangen, und weil er sich so bald nicht konnte los machen, ist er von dem Joab mit einer dreifachen Lanze erstochen worden. Es ist schad und immer schad, der ganze Hof war darüber bestürzt; der David, als dessen gnädigster Herr Vater, hat ihm schier die Augen ausgeweinet; gütigster Gott, sagte mancher, wie bist du doch so wunderbarlich, daß du diesen so schönen Prinzen hast lassen einen Appendix werden an einem Eichbaum, hab ich doch mein Lebtag kein Eichel gesehen mit Stiefel und Sporn, wie diese; warum hat er müssen auf solche Manier sterben? Mein Mensch, halt das Mau', Gott ist ein guter Zahler, und zwar zahlt er mit gleicher Münz; da hast du auf dein warum ein darum, darum ist er durch die Haar, und mit denen Haaren zu Grund gangen, weilen er mit den Haaren, und durch die Haar Gott beleidiget, dann er stolzirte dergestalten mit sei nem goldfärbigen Strobelkopf, daß er solche Haar über Silber und Gold geachtet, und mußte das hebräische Frauenzimmer lang suppliziren, viel spendiren, bis es etliche Härl erhalten, womit der Weiberschädel möchte geziert werden.


Warum? Darum.


Warum, lamentirt mancher, muß ich der ganzen Stadt zu Spott werden? ich lebe, wie es einem [8] katholischen Christen zuständig ist, ich bete so eiferig, als es meine Geschäfte zulassen, ich gib Almosen, so viel der Beutel vermag, und gleichwohl hat mich Gott gestraft mit einem Weib, die a latere nit weit her, und mir wissentlich untreu, wessenthalben jedermann mir das Hahnen-Prädikat gibt. Mein Gott, wie hab ich das um dich verschuldt! Herr Corneli, das Maul zu, die Ohren auf! und höre der Herr, was dem David begegnet.

David, dieser israelitische Monarch, erzeugte mit der Abigail einen Sohn, welcher aber an keiner einzigen Gliedmasse dem Herrn Vater gleichte, es hatte dieser Prinz über alle Massen ein ungeschicktes Tremelanten-Gesicht, er hatte einen Kopf wie ein Saukürbes, er hatte ein Maul wie eine offene Beißzange, er hatte eine Stimm wie eine zerklobene Feuerglocke, er hat dalketzt, und die Wort über einander geworfen, wie ein Garnhaspel, er hatte ein Gesicht wie eine Nachteul, er war untersetzt wie ein Hackstock, er hatte ein Fell oder Haut wie ein Baurenkummet; in Summa, er war ein grober, ein plumper, ein wilder, ein dalkender, ein schmutziger und ungebärdiger Mensch, dahero jedermann den Argwohn gehabt, weil dieser dem David im geringsten nit gleichte, daß er einen andern Vater gehabt; man redete zu Hof ohne Scheu, der König hab eine Kron von einem Widder zu leihen genommen. Was brauchts viel, sagte fast jeder Stallknecht, jetzt sieht unser König einem Widhopfen gleicher, als einem Paradeisvogel; es wäre bald dahin kommen, daß man den David ermahnet hätte, er soll sich bucken, wann er durch eine Thür gehet, [9] damit er nit anstoße. Das hat den guten und frommen David also geschmerzt, daß er manche Nacht nicht ein Aug zugethan, sondern stets und immerzu geseufzet; o mein Gott, sagte er oft, mein Gott,warum strafest du mich also? ich wollt alles gern gedulden und ausstehen, nur das nit, daß man mich vor einen Henricum soll halten. Mein David, auf dieses warum ist gar leichtlich zu geben das darum, Gott ist ein guter Zahler, und zahlt er meistentheils mit gleicher Münz, darum schickt er diesen Spott über dich, ob er schon auf bloßen Argwohn mehr gegründet, weil du auch dem Uriä solchen Spott angethan, und ihm Hörner aufgesetzt. Gott hat sich endlich gleichwohl seines Dieners erbarmet, und den David wieder aus solchem üblen Geschrei gebracht, dann einsmals führte er besagten übelgeschaffenen Prinzen auf einen Saal, in Beiseyn des ganzen Hofstaats, hebt daselbst seine Augen gen Himmel, und bricht in diese Wort aus: »Judicet est ostendat Deus per evidens signum, cujus iste puer sit filius,« der gerechte Gott wolle doch durch ein scheinbares Kennzeichen offenbaren, wer dieses Knabens Vater sey. Worauf alsobalden ein Strahl vom Himmel in das Angesicht des Prinzen gefallen, welcher ihn augenblicklich also verkehrt, daß er der allerschönste Mensch worden, und dem David so gleich, als wäre er ihm vom Gesicht herunter geschnitten; aber vorhero mußte der David gleichwohl mit gleicher Münz bezahlet werden. Ja dießmal zwar nur mit dem Argwohn, zu andern Zeiten aber in der That selber; dann also hat ihm Gott vorgestoßen durch den Propheten Nathan, um [10] weilen er ein Ehebrecher gewesen, so woll er auch zulassen, daß andere bei seinen Weibern schlafen, die Wort der heiligen Schrift lauten also: »Weilen du mich veracht hast, und das Weib Uriä, des Hethiters, genommen, daß sie dein Weib seyn soll, derowegen sagt dieß der Herr: siehe, ich will ein Unglück über dich erwecken aus deinem Haus, und will deine Weiber nehmen aus deinen Augen, und geben sie deinem Nächsten, und der soll bei deinen Weibern schlafen etc.« Das heißt ja mit gleicher Münz bezahlen. Was dem David begegnet, geschieht auch noch auf heutigen Tag bei manchem, und muß sich dessenthalben nit verwundern mit seinem warum? darum, weil er solches auch einem andern gethan.


Warum? Darum.


Warum, sagt oft einer, hat Gott diesen Menschen also gestraft? jenen auf solche Weise lassen zu Grund gehen? warum? such nur recht nach, frag um seinen Wandel, so wirst du in der Wahrheit finden, daß er mit gleicher Münz bezahlt worden; weißt du, warum des Loths Weib in eine Salzsäule verkehrt worden? Ja, ist deine Antwort, ja ich weiß, um weil sie wider das. Verbot zuruck geschauet; aber warum gleich in eine Salzsäule? warum nit in ein wildes Thier? wie der Nabuchodonosor, warum nit in einen Hackstock? darum in eine Salzsäule, damit sie mit gleicher Münz bezahlt werde, dann sie kurz vorhero, wie sie die Engel in Fremdlings Gestalt bei der Tafel gespeist, kein Salz aufgesetzt, auch die Speisen gar nit gesalzen, damit diese, wie sie glaubte, Schmarotzer, nit öfter kämen. Wie man in dem Marktfleck [11] Rutiliano eine Kirche aufgebauet zu Ehren des h. Nikolai, und der Meister zur Beschleunigung des Werks denen Arbeitern an einem Samstag zugesprochen, sie wollen doch etwas länger arbeiten zu Ehren des h. Bischofs; worauf einer aus ihnen geantwortet, es wird gewiß der h. Nikolaus heut kommen, und uns einen Fisch einlegen; warten wir nur eine Weil, laß die Pfaffen arbeiten dieses h. Nikolai von Bari, die haben große Einkommen, und fressen Fisch, wann sie wollen. Kaum daß solches der vermessene Mensch ausgeredet, da ist ein Stein vom Thurm ihm auf den Kopf gefallen, wovon er halb todt niedergesunken; seine Kameraden wollten ihm beispringen, finden aber, daß sich der Stein in zwei Theile zerbrochen, inwendig aber die Figur eines Fisches vorstellte, so natürlich, als wäre er von einem Maler entworfen, ja sogar empfand man den Geruch eines frisch abgesottenen Fisches. Das heißt mit gleicher Münz bezahlt.

Als auf eine Zeit die Engelländer zu Stroden den heiligen Thomam, cantuariensischen Bischof, ausgelacht, und zum größern Hohn und Spott seinem Pferd den Schweif abgeschnitten, so ist es geschehen durch gerechte göttliche Zulassung, daß alle Nachkömmling, alle Kinds-Kinds-Kinder aus diesem Geschlecht geboren worden mit einem Roßschweif auf dem Ruckgrad; das heißt mit gleicher Münz bezahlt.

Der h. Bischof Patritius baute unweit der Insel Inchenn eine Kirche im Dorf, und als solche halb verfertiget, haben daselbsten die groben und ungeschlachten Bauren das Gebäu eingestellt, welches Gott dem Herrn also mißfallen, daß noch auf den heutigen Tag[12] und Stund kein Bauer alldorten ein Haus kann ausbauen, und also bestehet noch, und wird ferners allzeit bestehen dasselbige Dorf in lauter halb ausgebauten Häusern. Das heißt mit gleicher Münz bezahlt.

Da einsmals der heil. Mädhog in der Mühl sich aufgehalten, daselbsten das Getreid zu mahlen vor die Armen, so kommt zu ihm von dem edlen Geschlecht Oscarus einer, aber in Bettlers-Kleidern verstellt, druckt zugleich ein Aug zu, als wäre er ein armer halbblinder Mensch, und haltet an um ein Mehl, dem der hl. Mann zwar geben, aber beinebens ihm und seinem ganzen Geschlecht den Fluch gethan, daß er und alle seine Nachkömlinge so lang das Haus gewährt, nur ein Aug hatten. Das heißt ja mit gleicher Münz bezahlt.

Ich hab selbsten einen gekennt, der von guten Eltern, aber nit von guten Sitten, vor etlich Jahren zu Wien bei nächtlicher Weil wegen verruchter Eifersucht ermordet worden; da er den tödtlichen Stich vermerkt, hat er bittlich angehalten um einen Beichtvater, welches ihm aber sein Feind abgeschlagen, sprechend, gehe hin, und beichte dem Teufel in der Höll, womit er ihm noch mit mehrern Wunden den Rest gegeben. O mein barmherziger Gott, in dessen Händen alles stehet, warum lässest du solches zu? darum, merks, Gott ist ein guter Zahler, zahlt mit gleicher Münz, darum ist ihm elenden Menschen dieß begegnet, weil er vor einem Jahr, eben an demselben Tag, anderwärts auf gleiche Weise, mit Abschlagung der Beicht, einen Menschen ermordet hat. Das heißt ja mit gleicher Münz bezahlen.


[13] Warum? Darum.


Warum wird mancher Vater von seinen Kindern geplagt? indem sie ihm keinen Gehorsam leisten, ja sein Sohn Michael hat den Teufel nit unter den Füßen, sondern gar im Kopf, der andere Sohn Gabriel grüßt nit die seligste Jungfrau, wohl aber andere Schleppsäcke, der ältere Sohn Jakob verspielet alles das Seinige, daß er nit den Pilgrimstab, sondern den Bettelstab ergreifen muß. Der jüngere Sohn Athanasi ziehet den Vater schon auch bei der Nase herum, das kann ja ein väterliches Herz fast in Tod schmerzen. O mein Gott, sagt ein solcher Vater, mein Gott,warum schickest du mir ein solches großes Kreuz übern Hals? ich mein, ich wollte alles gern ausstehen, wann nur dieß nit wär. Still mit dergleichen Worten, mein alter, mein kalter, mein gefalter Hennen-Fanger, still! auf dein Warum folgt das gewisse Darum, darum straft dich Gott mit so ungebärdigen Söhnen, weil du auch in deiner Jugend gegen deinen Vater einen schlechten Respekt getragen, in allen Untugenden dich vergriffen, deßwegen läßt der gerechte Gott als ein genauer Zahler auch zu, daß du mit gleicher Münz wirst ausgezahlt. Ein gottloser Sohn ist gewest, welcher nit allein gewaltthätige Hände an seinen Vater gelegt, sondern auch denselben bei denen Haaren bis zu der Hausthür gezogen; nachdem dieser Sohn auch eraltet, hat ihn ebenfalls sein Sohn bei denen Haaren hinausgeschleppt, und als er ihn wollte gar zu der Hausthür hinaus ziehen, sagte er weinend, höre auf, mein Kind, nit weiter, mein [14] Sohn, dann ich auch nur bis hieher meinen Vater gezogen.

Eine alte zahnluckete Mutter, die ein Maul hat, wie ein leeres Messergesteck, die eine Nase hat, so feucht, wie ein Duftstein in einer Wasserkunst, diese Alte murret den ganzen Tag, beklagt sich die ganze Zeit, saiffert und seufzet immer fort, daß ihr so übel gehe, dann kaum ihr Schnur drei Tag im Haus, und führen schon den Regimentsstab, sie muß jetzt hinterm Ofen losen, wie eine Bruthenne, die da mausen thut, die Schnur, das Spottvieh, habe die Schlüssel zu allem, mir gibt man, was im Spühlwasser am Boden liegt. O Gott, o Gott! es wäre kein Wunder, ich thät mir selbst ein Leid an; mein Gott, warum hast du mich das erleben lassen! Schweig still, du alter Stiefelbalg, putz lieber die Nase, diesen garstigen Distillirkolben, was und wie beklagst du dich? gedenke ein wenig zuruck, wie du dich verhalten hast gegen deine Schwiegermutter, wie spöttlich und unbarmherzig du mit ihr verfahren. Wohlan dann, alter Kehraus, stecke die Brille auf die Nase, und schaue, ob nit dieses eine gleiche Münz, mit der dich Gott bezahlt. Merk dießDarum.

Der halsstarrige König Pharao in Egypten, nachdem er mit 10 Plagen so hart von dem gerechten Gott gezüchtiget worden, hat den Moses mit großer Kriegsmacht verfolgt bis zu dem rothen Meer, durch welches Moses mit dreißigmal hundert tausend Menschen ganz sicher durchpassirt. Dann zu wissen, daß aus den Israeliten, Jakob samt 75 Personen zum allerersten in Egypten kommen, allwo sie sich in vierhundert [15] und dreißig Jahren also vermehret, daß sie sich auf drei Millionen erstreckt, weilen dazumalen die Weiber auf einmal wohl 4, sogar 6 Kinder geboren. Nachdem nun Moses frei und sicher durch das Meer passirt, ist ihm auf dem Fuß nachgefolgt der Pharao mit zweimal hundert tausend zu Fuß, und fünfzig tausend zu Pferd, auch mit sechshundert Bagaschtwägen, aber den 24. Merz an einem Sonntag mit allen den Seinigen im Meer zu Grund gangen. O allmächtiger Gott! warum im Wasser? warum hat ihn nit die Erde verschluckt, wie den Dathan und Abyron? Warum hat ihn nit das Feuer verzehrt, wie die Inwohner zu Sodoma? Warum hat ihn nit die Luft erstickt, wie den Aman? Warum ist Pharao mit Wasser gestraft wor den? Ei so warum alleweil! hörest du dann nit? Gott hat schon im steten Brauch, daß er mit gleicher Münz bezahle, Pharao hat 10 Monat nacheinander die gebornen Knäbel der Hebräer im Fluß Nilo ertränken lassen, weilen er dann Gott mit Wasser beleidiget, so wollte ihn auch Gott mit Wasser strafen. Das ist mit gleicher Münz.

Zu Vizoch in Bosnia predigte gar eiferig der seel. Jakobus Picenus, weil ihm aber ein Ketzer feind und abhold, also hat dieser in der Still, da keine Leute vorhanden, den Fuß der Kanzel mit einer Säg abgeschnitten, damit also der Prediger samt der Kanzel umfalle, aber Gott züchtigt ihn unverzüglich, und zwar mit gleicher Münz bezahlte er ihn, massen nit allein er an einem Fuß erkrummt, sondern auch alle, die von seinem Haus Nachkömmling, sogar noch auf heutigen Tag an einem Fuß krumm seyn.

[16] Eine Edelfrau, schreibt Janus Nicius, wohnte auf ihrem Gut, und schaffte einsmals an einem Sonntage dem Pfarrherrn, daß er mit der heil. Meß wolle warten, auf sie in der Kirche; aber bis sich ein solches Flohnetz aufputzt und aufkraust, bis sich ein solcher Paradeiß-Aff schmückt und zieret, verfließt allemal eine ziemliche Zeit; weil dann besagter Pfarrherr fast bis auf Mittagzeit gewartet, sie aber noch nit erschienen, also hat er wegen Antrieb des Volks den gewöhnlichen Gottesdienst angefangen, und folgsam auch vollendet. Wie unterdessen die Edelfrau sich nach der Kirche begeben, haben sie etliche Leut unterwegs berichtet, daß der Gottesdienst bereits ein End habe, und fast niemand mehr in der Kirche sey; dessen aber ungeachtet eilet sie in die Kirche, allwo sie den Pfarrherrn mit zornigem Angesicht also angefahren: Hui Pfaff! heißt das auf mich gewartet? ist das eine Manier, eine Dame zu tractiren? versetzt dem Geistlichen mit vermessener Hand hierauf eine starke Maultasche, und nimmt ihren Rückweg nach dem Schloß. Aber Gott ist ein guter Zahler, indem dazumal gedachte Edelfrau großen Leibs war, hat sie nach verflossener Zeit zur gebührenden Straf eine Tochter geboren mit einer ganz krummen und lahmen Hand, welche sie auch ihr Lebentag also unbrauchbar herum getragen. Da siehest du es, stolzes Blut, wie Gott dich mit gleicher Münz bezahlt.


Warum? Darum.


Meine hochgeehrte Frau, allem Ansehen nach ist ihr nit recht um das Herz, sie hat gewiß Haasenfleisch geessen, daß sie so melancholisch, ist doch sonsten[17] allezeit der heil. Hilarion ihr Patron gewesen, wenn ihre Seufzer Schellen anhätten, so thäts man durch die ganze Stadt hören. Was? hab ich nit Ursach, zu trauren? sagt sie, ein verfluchte, vermaledeite, verdammte vergifte, verlogne, vermessene, verkehrte, verzweifelte, verbainte, verschalkte, verteufelte, verwirrte, verruchte Zung (Frau, ihr habt ein gut Gedächtnuß), hat mir die Ehr, abgeschnitten, ich komm unschuldiger Weise ins Geschrey, als hätte ich zu dem Buchstaben E. das Z. gesetzt, mein Mann eifert anjetzo mit mir, und darf ich mich bald weniger sehen lassen, als ein Palm-Esel, Gott sey es klagt, ich glaub nit, daß ein unglückseligers Weib in der ganzen Welt, als ich, mein Herr, wie hab ich dieß um dich verschuldet? ich wollt, ich wäre unter der Erd! (der Weinkeller ist auch unter der Erd) warum komm ich arme Veronica so unschuldiger Weise um meine Ehr? O, meine Frau, der letzte Weihnachtfeiertag ist hart euer Geburtstag, ihr seyd nit so unschuldig, wie ihr euch einbildet, setzt euch ein wenig nieder, schauet mit des Loths seinem Weib zurück in die verwichenen Jahre, umblättert ein wenig das Protokoll eures geführten Wandels, da werdet ihr finden und ergründen auf euer Warum? das Darum, darum kommt ihr so unschuldiger Weise in ein übels Geschrei, weilen ihr vor vielen und mehreren Jahren auch einer ehrlichen Frau den guten Namen genommen, spöttlich und Ehr-abschneiderisch von ihr geredet, und eine üble Ehe mit ihrem Herrn verursachet, darum merkts wohl, darum ziehet die Hauben von den Ohren weg, darum zahlt euch Gott mit gleicher Münz.

[18] Einen stärkeren Helden hat die Welt nit gesehen, als den Samson. Anno 1511 hat man zu Augsburg auf dem Reichstag vor den Kaiser Maximilian einen großen starken Mann geführt, welcher auf einmal ein ganzes Kalb mit Haut und Haar verzehrt, auch mit der Faust den stärksten Ochsen niedergeschlagen. Der war stark, aber noch stärker Samson. Galeotus Bardasinus war ein solcher tapferer Held, und von so ansehnlichen Kräften, daß er nit allein einen mit Holz beladenen Esel mit einer Hand in die Höhe gehebt, sondern auch öfter er allein wider dreißig und mehr gefochten, auch überwunden. Der war stark, aber noch stärker Samson. Aenotherus, gebürtig aus Schwaben, war unter dem Kriegsheer Karoli Magni ein so tapferer Kriegsheld, daß er den Feind niedergehaut, als wie ein Mäder das Gras, ja, er hat einen und den andern mit seiner Lanzen gespießt, und solchergestalten auf der Achsel herumgetragen, als trage er etliche gebratene Vögel am Spieß. Der war stark, aber noch stärker Samson. Massen dieser mit einem Esels-Kinnbacken tausend Philistäer erlegt, und endlich gleichwohl, Pfui, von einem Weib überwunden worden, ja, so weit kommen, daß ihm beede Augen seynd ausgestochen worden. Warum dieß? Darum, er hatte sich versündiget mit denen Augen, indem er dieselbige geworfen auf die üppige und muthwillige Dalila. Das heißt ja mit gleicher Münz bezahlt.

Solches hat auch erfahren der heilige Ephräm; dieser wurde auf eine Zeit von seinen Eltern auf das Land hinausgeschickt, weil er aber von der Nacht überfallen worden, konnte er nit anderst, als das Losament [19] nehmen bei etlichen Küh-Hirten in ihren alten Hütten und Wohnungen; bei nächtlicher Weile aber, da sowohl er, als die Hirten im sanften Schlaf ruheten, haben die Wölf eingebrochen, und sehr viel Vieh hinweggetrieben, daß also die armen Tropfen in aller Frühe mit weinenden Augen diesen Schaden bedauret, sie waren aber der gänzlichen Meinung, daß solches nit seye geschehen durch die Wölf, sondern durch gewisse Bösewicht und Dieb, glaubten anbei, der Ephräm, so bei ihnen die Nachtherberg genommen, seye ein Ausspäher gewest, ja er selbst der Haupt-Kühdieb, dahero sie ihn ohne Verweilung mit allem Gewalt zum Gericht gezogen, allwo er an eiferne Band gefeßlet in das Gefängniß geworfen worden, in welchem noch 2 andere auch Gefangene gelegen. In dieser finstern Keuchen lamentirte Ephräm über alle Massen, wie dergleichen Leut pflegen zu thun, wenn sie, ihrer Einbildung nach, unschuldig leiden, doch aber hat er alles dem gerechten Gott überlassen, ihm aber ist nicht lang hernach ein Engel in Gestalt eines schonen Jünglings erschienen, und die Ursach seiner Gefängnuß ausgeforscht, dem der fromme Ephräm alles umständig entdeckt, wie daß er so unschuldiger Weis als ein Kühdieb sey eingezogen worden, worauf der Engel ihm mit trostreichen Worten zugesprochen, er solle eines guten Muths seyn, und beinebens gedenken, daß der allmächtige Gott aus gewissen Ursachen dieses Unglück über ihn verhängt habe, desgleichen seyen auch unschuldig dieselben zwei, so neben seiner im Gefängniß seyen. Darauf verschwindet der Engel, und Ephräm fragt ohne Verzug beide Gefangene, was sie denn verwirkt haben? [20] Ich, sagt einer, bin angegeben worden, als hätt' ich einen entleibt, und dem ist nit also, ich bin unschuldig; ich, sagt der andere, bin angeführt als ein Ehebrecher, und dem ist nit also, da bin ich vor Gott unschuldig; und ich, sagt Ephräm, bin hieher in diese Keuchen geworfen worden als ein Kühdieb, und dem ist auch nit also, ich bin ganz und gar unschuldig. Mein lieber Bruder, forschet weiter der Ephräm aus, weißt du dich nicht zu entsinnen, daß du etwan einmal ein Uebel gestiftet? Ja, antwortet er, welcher des Todschlags unschuldiger Weise bezüchtiget worden, ja, ich bin einsmals gegenwärtig gewest, wie ihrer zwei auf einer Brucken gezankt, und einer aus ihnen in den tiefen Fluß gefallen, dazumalen spazierte ich an dem Gestad, und hätte gar leicht den armen Tropfen, so mir wehemüthig zugeschrieen, können aus dem Wasser helfen, hab ihn aber, als ein unbarmherziger Mensch, lassen ersaufen, jetzt spüre ich, daß mich Gott bezahlt mit gleicher Münz, indem ich als ein Todtschläger, ob zwar hierinfalls unschuldig, bin angegeben worden.

Mein lieber Bruder, also redet Ephräm den andern an, was hast etwan du Böses gestift dein Lebtag?

Ich, sagte der andere, sitz allhier als ein vermeinter Ehebrecher, es geschieht mir aber unrecht; das weiß ich zwar wohl, daß einmal ihrer zwei Brüder einen reichen Verlaß ihres verstorbenen Vaters wollten theilen, anbei aber der Schwester, so dazumal eine Wittib, ihre Erbportion zu geben geweigert, und vorgeschützt, sie führe ein liederliches Leben, und gebe eine öffentliche et caetera ab; zu dieser Unbild habe ich mich brauchen lassen, und nach Empfang 50 Ducaten, [21] hab ich einen falschen Eid abgelegt, als hätte ich sie in einem Ehebruch ertappt: Nun merk ich wohl, daß mich Gott mit gleicher Münz bezahlt, indem er hat zugelassen, daß ich unschuldiger Weise vor einen Ehebrecher bin eingezogen worden. Was hast dann du Ephräm verdient, daß du in eiserne Band bist gerathen? Mich hat man eingelegt als einen Kühdieb, und bin doch unschuldig. Aber hast du dann gar nichts übels gestift dein Lebtag? Ja, sagt Ephräm, mich hat mein Vater ungefähr vor einem Monat auf das Land hinausgeschickt, da hab ich unterwegs in dem Wald eine tragende Kuh angetroffen, welche ich aus lauter Muthwillen mit Steinen solang geworfen und getrieben, bis sie niedergefallen, und bei der Nacht denen Wölfen zu einem Raub worden; solches Rindvieh hat einem armen Mann zugehört. Und ich Ephräm merke anjetzo auch, daß mich Gott mit gleicher Münz bezahlt, indem ich, ob zwar dießfalls unschuldig, als ein Kühdieb allhier gefangen lieg. O du gerechter Gott in allen Sachen!

O wie oft klagen wir unbesonnene Adamskinder und lamentiren, daß uns Gott dieß oder jenes Unheil über den Hals schickt, wollen gleichsam den allmächtigen Gott beschuldigen einer Ungerechtigkeit, wann er uns und das Unsrige in einiges Unglück bringt: Aber still mit solchen Reden, ihr ungeduldige Menschen, sondern glaubt sicher und gewiß, daß, wann ihr auch, eurer Meinung nach, unschuldig euch erkennet, Gott gleichwohl euch kein Unbild zufüge, ja sucht nur nach, und zählt die Jahr, die Monat, die Wochen, die Stunden, examinirt alle wohl, thut dieselben auswaiden, [22] wie Tobias den Fisch, so werdet ihr finden, daß auch Gott dießmal zahle, was ihr schon längst verdienet, und werdet allemal finden, daß er euch zahle mit gleicher Münz, wie den Ephräm, so nachmals ein großer Heiliger worden, und wie seine 2 Mitgespän in der Keuchen.


Warum? Darum.


Die Inwohner der Stadt Sodoma und Gomorrha samt andern benachbarten Oertern seynd erschrecklich von dem gerechten Gott gestraft worden, aber wie? sie seynd nit mit Steinen und Felsen zugedeckt worden, wie die Amoräer; aber wie? sie seynd nit durch feurige Schlangen zu todt gebissen worden, wie die murrischen Israeliten in der Wüste. Aber wie? Sie seynd nit von wilden Bären zerrissen worden, wie jene Knaben, so den Elisäum ausgespöttelt. Aber wie? Sie seynd nit mit einem Schwert von einem Engel zu Boden geschlagen worden, wie das Kriegsherr des Sennacheribs. Aber wie? Sie seynd nit durch die Pest hingerissen worden, wie die Palästiner zur Zeit des Davids. Aber wie? Diese große Sünder seynd von schweflichem, stinkendem Feuer, so von oben herabgefallen, verzehrt worden. Warum mit Feuer? Darum, Gott war höchst erzürnt über diese Städt und dero lasterhafte Inwohner, wie dann auch in derselben Nacht, und zwar denselben Augenblick, da Christus Jesus aus der unbefleckten Jungfrau geboren, alle mit sodomitischer Sünd behafte Menschen in der ganzen Welt des gähen Tods gestorben. Weil dann Gott auf alle Weise beschlossen, diese gottlosen Leut zu strafen, also hat er sie mit gleicher Münz wollen bezahlen; [23] was war anderst unter ihnen? was anderst bei ihnen? was anderst in ihnen, als das stinkende Venus-Feuer? und weilen dero verruchte Sünd wider die Natur war, also hat sie der gerechte Gott mit stinkendem Schwefelfeuer, und zwar mit einem Feuer, welches wider seine Natur herabgestiegen, strafen wollen, damit sie sehen, wie Gott so genau mit gleicher Münz bezahle.

Bekannt ist jenes, was Joannes Duegonius schreibt, daß nemlich Einer gewest, der äußerlich einen sehr frommen und auferbaulichen Wandel geführt, auch endlich einen solchen Tod genommen, der nit weniger selig als glückselig gehalten wurde, wie man aber den Leichnam in die Kirche getragen, und der Bischof für den verstorbenen das Seelamt gehalten, da hat sich dieses Wunder ereignet, so oft sich der Bischof gegen das Volk gewandt, und das gewöhnliche Dominus Vobiscum gesungen, so oft hat ein hölzernes Cruzifix-Bild, in Mitte der Kirche hangend, beede Hände vom Kreuz herabgelöst, und damit die Ohren verstopft, nach vieler Nachforschung ist man endlich darhinter kommen, daß dieser ein abgesagter Feind der Armen sein Lebtag gewest seye, ja sogar habe er mehrmalen die Ohren verstopft, damit er nit höre das Geschrei der Bettler, auch derentwegen sich eine Wohnung gebauet, wo kein einiger Bettler hat können zukommen. Da hast dus, o elender Tropf, erkenne nun, aber zu deinem ewigen Schaden, die gleiche Münz, mit welcher dich Gott bezahlt, weil du vor ihm und den Seinigen die Ohren hast zugestopft, desgleichen hat er dir wieder gethan.

[24] Fast keine seynd besser mit gleicher Münz ausgezahlet worden, als die gottlosen Juden. 36 Jahr nach dem bittern Tod Christi des Herrn ist die Stadt Jerusalem, wohin eine unzahlbare Menge der Juden sich begeben, von Titi Vespasiani Kriegsherr den 14. Tag Aprilis belagert worden, und hat Titus eben an selbem Ort das Lager aufgeschlagen, benanntlich auf dem Oelberg, wo der Herr Jesus gefangen worden. Siehe eine gleiche Münz.

Zur österlichen Zeit haben die Hebräer, ohne Respekt des hohen Fests, Christum den Heiland gefangen, und in einen abscheulichen Kerker geführt. Auch zur österlichen Zeit hat Titus die Stadt Jerusalem innerhalb 3 Tagen mit einer ganz neuen Mauer umgeben, welches in sich selbst nit natürlich war, daß also die gesamten Juden gleichwie in einem Kerker seynd eingesperrt worden. Siehe eine gleiche Münz.

Derjenige, so Himmel und Erden erschaffen, der an sich und in sich begreift einen unendlichen Schatz und das höchste Gut selbsten, ist von denen Juden nit höher geschätzt worden, als um 30 Silberling, weilen dann 97,000 Juden unter währender Belagerung gefangen worden, also seynd sie so gering geschätzt worden, daß man 30 Hebräer um einen Silberling konnt haben. Siehe eine gleiche Münz.

In der Nacht, in welcher dieses göttliche Lamm von den reißenden Wölfen ist gefangen worden, mußte der Herr und Heiland allerlei Schimpf und Spott ausstehen; unter andern verbanden sie ihm seine Augen, schlugen sein göttliches Angesicht mit harten Backenstreichen, begehrten anbei, er soll prophezeihen, [25] wer es gethan? neunten ihn einen falschen Propheten.

In der belagerten Stadt Jerusalem befand sich ein falscher Prophet, welcher öffentlich ausgegeben, daß alle diejenigen, so sich in den Tempel salviren werden, mit dem Leben davon kommen, indem sich dann über die 6000 dahin begeben, seynd alle diese zu Aschen verbrannt worden. Siehe eine gleiche Münz.

Die Juden haben Christum den Herrn, diese eingefleischte göttliche Weisheit, ausgespottet, und mit ihm und an ihm allerlei Muthwillen getrieben. Titus Vespasiani hat nachmals An. 73 aus denen gefangenen Juden 2000 auf das Theatrum lassen führen, und nach vielem Gespäß und Spielen, theils mit Menschen als wilden Thieren, allesamt lassen erwürgen. Siehe eine gleiche Münz.

Die Hebräer, als unverschamte Bestien, haben den Herrn Jesum seiner Kleider beraubt, und denjenigen blutnackend ausgezogen, der die Erd mit Gras und Blumen, die Bäume mit Blättern und Rinden, die Vögel mit Federn bekleidet. Diejenigen Juden, so da flüchtig aus der belagerten Stadt worden, seynd alle gefangen, und nackend ausgezogen worden, auch haben die Arabier und Syrier dero Leiber aufgeschnitten, und Geld darinnen gesucht, wie dann in einer Nacht mehr als 2000 dergleichen ausgeweidet worden. Da siehe eine gleiche Münz.

Die Juden haben mit gesamter Stimm von Pilato begehrt, er solle Jesum kreuzigen lassen, Crucifige! Wie es dann nachmals geschehen. Titus hat aus denen gefangenen Juden alle Tag lassen 500 auf die Kreuz naglen, daß also letzlich die Bäume abgangen, [26] diese Böswicht darauf zu hängen. Siehe mehrmalen eine gleiche Münz.

Die Hebräer haben den göttlichen Mund Jesu des Herrn beleidiget, indem sie ihn im größten Durst mit Galle und Essig gekränkt. Zu Jerusalem war unter währender Belagerung ein solcher Hunger, daß allein über dreimal hundert tausend hiervon gestorben, nachdem sie das Leder von den Schuhen, den Mist aus dem Stall, ja sogar Menschenfleisch vor eine Spets genossen. Da siehe mehr eine gleiche Münz.

Die Hebräer haben um die Kleider Christi gewürflet. Zu Jerusalem war die Noth schon so weit kommen, daß sie, die Inwohner, mit einander gespielt, wer unter ihnen muß und soll Henker seyn, der den andern umbringe, damit sie nit des Feindes Hände gerathen. Siehe wieder eine gleiche Münz.

Die Juden, diese verstockten Leut, nachdem sie doch gesehen, daß das Blut Jesu von Nazareth ist unschuldig vergossen worden, haben gleichwohl aufgeschrien, Sanguis ejus etc., sein Blut komme über uns etc. Als Titus Vespasiani die Stadt mit stürmender Hand erobert, dieselbe an allen Orten angezündet, so war doch beinebens ein solches Metzgen und Blutvergießen, daß an vielen Orten das Feuer mit Blut gelöscht worden. Siehe eine gleiche Münz.

In Summa, die Hebräer durch den Tod, welchen sie dem wahren Messiä und Heiland der Welt angethan, haben verschuldet, daß sie Gott mit gleicher Münz bezahlt, und deren auf die zehenmal hundert tausend durch Pest, Hunger und Schwert lassen umkommen.

[27] Es ist auch absonderlich und denkwürdig zu merken, daß alle Nachkömmling derjenigen Juden, durch dero Händ der Herr Jesus gelitten, noch auf den heutigen Tag mit gleicher Münz bezahlt werden.

Diejenigen, so den gebenedeiten Heiland in dem Garten gefangen nach dem Kuß Judä, waren von dem Geschlecht Ruben. Dahero alle Juden aus besagtem Geschlecht, wo sie in der Welt ausgetheilt, was sie immer Grünes in Gärten und Feldern anrühren, muß dasselbe alsobalden verdorren, auch kein Saamen, den sie in die Erde säen, wird aufgehen, sogar wo sie begraben werden, wächst nie ein Gras auf dero Gräber. Das heißt ja mit gleicher Münz.

Diejenigen Juden, welche Christo dem Herrn harte Backenstreich versetzt, waren aus dem Geschlecht Aser, dannenhero alle dero Nachkömmlinge auf den heutigen Tag geboren werden mit dem rechten Arm kürzer als der linke ist, die rechte Hand aber krumm und zusammengebogen. Das heißt ja mit gleicher Münz.

Wie der Herr Jesus von dem Palast des Annas zu der Behausung Caiphä geführt worden, haben die muthwilligen Juden allerlei Possen und Bosheiten getrieben; unter andern schreibt Carafa Rabbinus, der nachmals ein Christ worden zu Rom, haben die Hebräer etliche ihrer Kinder in einen Stall, wo der Herr Jesus vorbei gangen, mit allem Fleiß eingesperrt, auch nachmals den Heiland gefragt, wer, und was in diesem Stall sey? worauf Christus geantwortet, daß ihre Kinder darinnen; die Juden aber aus Scherz sagten, nein, sondern es seynd Schwein darinnen; darauf der Herr sagte, so seyens dann [28] Schwein; kaum daß er solches ausgeredt, seynd alle diese Kinder in Schwein verkehrt worden, welche sich im nächsten Wasser ertränkt haben. Wovon auch noch kommt, daß alle Descendenten und Nachkömmlinge von diesem Geschlecht Nephtalim mit 4 Sauzähn im Maul geboren werden, dergleichen einen, sagt obgedachter Carafa, hab er gesehen zu Rom. Das heißt ja mit gleicher Münz.

Diejenigen, so dem Heiland Jesu auf dem harten Kreuzbaum Gall und Essig haben dargereicht, waren von dem Geschlecht Benjamin, dessentwegen alle dero Nachkömmlinge alle Jahr am Charfreitag das Maul und Nase voller Würm haben, und können den Kopf niemalen still halten. Das heißt ja mit gleicher Münz. Dergleichen Juden, sagt Franciscus da Viscie und Bernardinus de Piperno, haben sie gesehen zu Tripoli und zu Damasco.

Diejenigen Juden, welche in das allerheiligste Angesicht Christi des Herrn spöttliche und stinkende Speichel geworfen, waren aus dem Geschlecht Levi, alle dero Descendenten, wo sie immer zu finden, können auf keine Weise den Speichel auf die Erde werfen, sondern so oft sie ausspürzlen, springt ihnen der Speichel wieder in das Gesicht. Dergleichen Juden seynd vor etlich Jahren zu Pesaro angetroffen worden. Das heißt ja mit gleicher Münz.

Diejenigen Juden, welche gegen den Herrn Jesum mit so blutiger Geißlung verfahren, seynd gewest von dem Geschlecht Isacar; diese empfinden alle Jahr den 25. Martii 6666 Wunden oder Stich an ihrem Leib, nit anderst, als wären sie am ganzen Leib geschrepft,[29] auch fließt sehr häusiges Blut von ihnen; von diesem Geschlecht ist vor wenig. Jahren einer, Namens Eleazar da Fessa gesehen worden. Das heißt ja mit gleicher Münz.

Diejenigen Juden, welche dem Herrn Jesu eine dörnerne Kron auf das Haupt gesetzt, und 15 gespitzte Dörner gar bis ins Hirn hinein gedrungen, seynd gewest von dem Geschlecht Gad, dero Descendenten und Nachkömmlinge den 25. Martii alle Jahr 15 Wunden bekommen, aus welchen sehr wiel Blut rinnet, wann sie aber getauft werden, und den christlichen Glauben annehmen, sodann weichet dieses Uebel von ihnen. Das heißt ja mit gleicher Münz.


Warum? Darum.


Es ist nit an der Größe gelegen, sonsten gält ein Wießbaum mehrer als ein Scepter. Es ist nit an der Größe gelegen, sonsten könnte ein Kuh einen Hasen erlaufen. Es ist nit an der Größe gelegen, sonsten wäre eine Kürbis besser als eine Pomeranze. Es ist nit an der Größe gelegen, sonsten hätte der Goliath dem David den Rest gegeben, allwo doch das Widerspiel begegnet. Goliath war ein Riese, 6 Ellen und eine Spann hoch, dergleichen ungeheure große Menschen Gott mehrmalen, seine Allmacht zu zeigen, der Welt gegeben. In der Insel Senno ist ein todter Leib gefunden worden, dessen Hirnschal zwei Eimer Wasser gehalten. Zu Trapani in Sicilia hat man viel Menschenzähn gefunden, deren die meisten fast drei Pfund gewogen. Wann nun der Mensch aufs wenigst 28 oder 32 Zähn, so folgt, daß ein solcher einen ganzen Zentner Zähn im Maul gehabt. [30] Wie man in Mauritania die Begräbnuß des Riesens Antei zerstört, so ist ein Menschenkörper gefunden worden, der hundert und fünf Schuh lang war. In Afrika, neben der Stadt Utica, am Gestad des Meeres, hat man einen Menschenzahn gefunden, welcher so groß, daß man unschwer daraus hat schließen können, daß dieser hundertmal seye größer gewest, als ein anderer Ordinari-Mensch. In dem Königreich Polen, in einem alten Grab, ist ein Todtenkörper gefunden worden, der so große Finger hatte, daß dessen guldener Ring einem andern vor ein Armband gedienet hätte. Goliath ist zwar nit so groß gewesen, aber gleichwohl viermal größer als der David, und gleichwohl hat der Längere das Kürzere gezogen, David hat den großkopfeten Goliath mit einem Stein an die Blasen oder Stirn getroffen, worvon er zu Boden gefallen. Warum aber gleich an die Stirn? warum nit auf die Brust? oder anderwärts hin? Ei Gott ist allzeit gewest, er ist noch, und wird allzeit bleiben ein guter Zahler, und zwar mit gleicher Münz. Darum hat der gerechte Gott zugelassen, daß dieser stolze Limmel an die Stirn getroffen worden, weil er sich dorten viel eingebildet, den David in allweg verachtet, und nur vor einen Buben gehalten.

Man wird nicht leicht eine seltsamere Geschichte lesen, als in denen Actis des heiligen Martyrers Gengulphi, ob zwar hierinfalls die Feder schier möcht die Ehrbarkeit offendiren, weilen ohnedas viel Nasenwitzige in alle Bücher pflegen Esel-Ohren zu machen. Wann ich aber erwäge, daß auch die heil. göttliche Schrift [31] dergleichen Ding nit umgehe, massen im ersten Buch der Könige am 24. Kap. zu lesen: Wie der Saul in die Höhle hineingegangen, seinen Bauch zu reinigen. Item im 4. Buch der Könige am 9. Kap. hat Gott durch den Propheten gedrohet, ich will das ganze Haus Achab vertilgen, und erwürgen von Achab mingentem ad parietem, auch der an die Wand etc. in Ansehen dieser Text, kann ich nit verbergen, was mit dem heiligen Martyrer Gengulpho sich zugetragen. Dieser war ein sehr eifriger und gottesfürchtiger Mann, der sich nit allein in allen heiligen Werken geübet, und männiglich mit seinem Tugendwandel vorgeleuchtet, sondern auch um den wahren, allein seligmachenden christlichen Glauben als ein tapferer Kämpfer und Blutzeuge Jesu das Leben gelassen. Wie man dessen heiligen Leichnam zum Grab getragen, und zur Erden bestattet, und dazumalen sehr viel Miraculn und Wunderwerk geschehen, hat man solches seinem hinterlassenen Weib zu Haus angedeutet; kaum aber, da sie solches vernommen, hat sie darüber schimpflich den Kopf geschüttelt, und nach Art aller bösen Weiber angefangen zu schmählen. Was! sprach sie, was? mein Mann Miracul thun? mein Mann macht Miracul, wie mein Hinterer singen thut, auf solche freche Red hat sie alsobalden wider ihren Willen eine große Anzahl der wilden und schändlichen Klang müssen auslassen, ja sogar die Zeit ihres Lebens alle Freytag den ganzen Tag, massen an diesem Tag Gengulphus gemartert worden, von Frühe an bis auf die Nacht, so oft sie ein Wort geredet, hat sie zugleich müssen von hintenher sich hören lassen, [32] dergestalten der ganzen Welt zu Spott worden. Der König Pipinus selbst hat sich dieses Weib lassen vorführen an einem Freytag, und die Erfahrenheit dieser Sau-Musik eingenommen. Aber heißt dann dieses auch nicht mit gleicher Münz bezahlt?

Joannes Zwikius, ein guter Soldat, aber ein schlimmer Christ, hat sich vermessen zu sagen, er wolle dem Weibel zu Hall (verstunde das miraculose Bildnuß unser Lieben Frauen daselbst) die Nasen abschneiden, kaum hat er solches ausgeredt, fliegt eine Musquetenkugel aus der Stadt, und nimmt ihm wurz die Nasen weg. Das ist mit gleicher Münz.

Aman, wie ist es dir ergangen? Ich hab durch meine politische Griffel die Sach bei dem Hof des Königs Aßveri so weit gebracht, daß der Galgen und der Strick vor den Mardochäo schon in der Bereitschaft gestanden, und nichts abgangen als der Hals; aber Gott hat mich mit gleicher Münz bezahlt, indem ich eben an demselben Holz mußte den Kehraus tanzen.

Ihr alte, aber nit kalte, Richter zu Babylon, ihr kommt mir vor wie die Eisenhämmer in Obersteyer zur Winterszeit, diese seynd über sich mit Schnee bedeckt, inwendig aber voller Feuer, wie ist es euch ergangen? Wir haben die schöne Susannam im Bad ertappt, aber selbsten nachmals müssen das Bad austrinken, unsere Bosheit hat schon so viel ausgerichtet, daß Susanna bereits ausgeführt worden zum versteinigen, so hat ihr aber der Daniel einen Stein in Garten geworfen, und die Sach also umgekehrt, daß wir mit gleicher Münz bezahlt, und von dem gesamten Volk seynd versteiniget worden.

[33] Laban, wie ist es dir ergangen? Ich habe, nach Edelmanns Art, dem Jacob viel versprochen, und wenig gehalten, der gute Mensch hatte auch lieber die sauberen Weiber, als die sauberen Weiber, darum hat er mir um die schöne Rachel sieben Jahr gedienet; zu Ende dieser Zeit hab ich auf den Abend eine kleine Mahlzeit angestellt, nachmals die Lichter ausgelöscht, und gesagt, er soll mit seiner Braut schlafen gehen, unterdessen war es nit die Rachel, sondern die garstige triefaugige Lia, es hat mich aber durch Eingebung und Angebung eines Engels der Jakob wieder mit gleicher Münz bezahlt, indem er, vermöge des aufgerichteten Contracts, die gescheckete Lämmel, denen er die Farben durch halb geschälte Ruthen zuwegen gebracht, alle zu sich genommen. Ich habe ihn mit einem geschecketen Weibe betrogen, er hat mit geschecketen Lämmeln mich wieder übervortheilt.

Adonibezec, wie ist es dir ergangen? Ich hab mit meiner Kriegsmacht 70 Könige überwunden, alle gefangen genommen, und endlich im Hochmuth und Tyranney also gestiegen, daß ich ihnen allen habe lassen die Finger an Händen, und die Zähen an Füßen abschneiden. Aber ich bin mit gleicher Münz bezahlt worden, denn nachmals die Israeliten mit ihrem Führer Juda die Oberhand erhalten, zehntausend Mann erlegt, und auf gleiche Weise mit mir verfahren, wie ich mit denen siebenzig Königen.

Reicher Prasser, verdammter Schlemmer, wie ist es dir ergangen? Ich hab den Bettler Lazarum gleichwohl lassen liegen vor der Hausthür, und ihm nit ein Brösel Brod lassen zukommen, aber Gott hat [34] mich mit gleicher Münz bezahlt; denn wie mich der, Teufel geholt hat, da hab ich nur um ein Tröpfel Wasser angehalten, aber der ich nit ein Brösel hab geben, konnte auch das Tröpfel nit bekommen, und hab doch dem Abraham so gute Wort geben.

Ihr hohe Beamte des großen Königs Darii, wie ist es euch ergangen? Wir haben aus Neid, der sonst allzeit der Erste in die Schüssel bei der Hofsuppe, aus Neid haben wir den Daniel bei der Herrschaft dergestalten durch die Hechel gezogen, und angeben, daß er sogar in die Löwengrube ist geworfen worden: Aber Gott hat uns mit gleicher Münz bezahlt, nachdem der Daniel wunderbarlicher Weise von den wilden Thieren verschonet worden, mußten wir, auf Befehl des Königs, in diese Grube, worinnen uns die Löwen zu tausend Stücken zerrissen.

Paule, wie ist es dir ergangen? Wie Stephanus ist versteinigt worden, dazumalen habe ich noch Saulus, und nit Salus geheißen, hab der Henkers-Gesellen ihre Kleider gehütet, damit sie ohne Hindernuß dem Stephanus könnten den Rest geben: Aber es hat mich Gott brav wieder mit gleicher Münz bezahlt, indem ich auf meinen Buckel einen manchen Steinwurf bekommen, semel lapidatus etc.

Ihr Juden in Palästina, wie ist es euch ergangen? Wir haben dem König Herodi alle Nachricht geben, wie, wo, und wann der Messias geboren, damit er mit dem Schwert denselben aus dem Weg raume, aber wir seynd mit gleicher Münz bezahlt worden, indem vierzehntausend unserer Kinder durch seine Tyranney umbracht worden.

[35] Die Welt bezahlt zuweilen auch mit gleicher Münz, und ist solche Straf poena talionis genannt worden. Es wird erzählt von einem Bauren, welcher in der Stadt beym Wein sich also wohl befunden, daß er im Wirthshaus unter dem offnen Fenster ganz sanft eingeschlafen, indem aber gäh ein Getümmel entstanden, von welchem der berauschte Bauer erwacht, und weilen der Kopf in gar zu schwerem Gewicht, ist er vom hohen Fenster hinabgefallen, und gleich dazumalen einen vorübergehenden Menschen zu todt geschlagen, wie solches der Freundschaft dieses Tropfens zu Ohren kommen, hat sie alsobald den unbehutsamen Bauren in starke Verhaft genommen, und die Sach so weit durch einen Advokaten getrieben, daß er auch, dieser verübten That halber, sollte vom Leben zum Tod verurtheilt werden. Wie solches der Bauer von dem Gericht vernommen, hat er um Erlaubniß zu reden gebeten, auch unschwer erhalten. Ihr Herren, sprach er, ich bin erbietig auch zu sterben, weil ich dieses Menschen Tod eine Ursach bin gewesen, und begehr auch mit gleicher Münz gestraft zu werden: Wohlan denn, so thue sich dieser Advokat auch rauschig antrinken, schlaf unter dem hohen Fenster wie ich, und falle gleichmäßig vom Fenster herab auf mich. Solches Anerbieten wollte dem Actori gar nit gefallen, ließe also den ungefähr erschlagenen Menschen ungerochner, und nahm von dem gesamten Gericht nit ohne Gelächter den Abtritt.

Judas, der verblendte Böswicht
[36] Judas, der verblendte Böswicht, samt seiner zusammen gerotten Schaar, siehet das erschreckliche Angesicht des Herrn Jesu, welches er zeigen wird am jüngsten Tag.

Nachdem der gebenedeite Heiland drei Stund sein Gebet verricht in dem Garten, ist endlich der verruchte Iscarioth samt einer großen Anzahl der Soldaten und Juden ankommen, unter welchen vornehme Hohepriester und Fürsten der Synagog gewesen, denn sie wußten, daß Judas ein schlimmer und nichtsnutziger Gesell war, der stets mit Partiten umgangen, dahero wegen geschöpften Mißtrauen auf ihn wollten sie selber gegenwärtig seyn. Da nun alle diese samt ihrem saubern Führer dem Garten zunaheten, erhuben sie ein solches ungeheures Geschrei und Getümmel, daß hiervon die 8 Aposteln, so auf der andern Seiten geschlafen, gäh erwachet, und in aller Eil zu dem Herrn Jesu geloffen, sprechend: »Herr, Herr, helft uns, diese Leut bringen uns um!« »Fürchtet euch nit,« antwortet er, »diese seynd allein meinetwegen kommen, denn nunmehr ist die Zeit meines Todes.« Darauf ist er ganz beherzt und unerschrocken ihnen vierzig Schritt entgegen gangen, und sie also angeredet: wen sucht ihr? Jesum von Nazareth, gaben sie zur Antwort. Ich bins, sagte er, ego sum, auf welche zwei kurze Wort, 6 einige Buchstaben, [37] sie allesamt ganz unbeweglich gestanden wie die marmorsteinernen Statuen, stumm und blind; nachmals seynd sie dergestalten zurückgefallen, als hätte sie alle ein starker Donnerkeil zu Boden geschlagen. Unter solchen war Judas der allererste. Was diesen und alle diejenigen zusammen geschwornen Feind zu Boden geworfen, war nichts anderst, als das erschreckliche Angesicht des Herrn; denn dazumalen schoßen ganz feurige Strahlen aus seinen Augen, und machte er eben dasjenige Angesicht, wie er es einmal zeigen wird am jüngsten Tag, da er richten wird die Lebendigen und die Todten.

Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe!

In der heiligen Schrift suche ich, finde ich, zähle ich hundert und zweiundfünfzigmal das Vae! Wehe! bei dem Evangelisten Matthäo sechszehnmal Vae! Wehe! bei dem Marco zweimal Vae! Wehe! bei dem Luca vierzehnmal Vae! Wehe! bei dem Joanne in seinem Apocalypsi vierzehnmal Vae! Wehe! noch mehrere Vae! Wehe! wehe! wehe! wehe! am jüngsten Tag. Mein lieber und heiliger Patriarch Jacob du hast zwölf Söhn erzeugt, mein sag her, welcher ist dir der Liebste? Der erstgeborne heißt Ruben, ist dieser? Nein. Der Andere heißt Simeon, ist dieser? Nein. Der Dritte heißt Levi, ist dieser? Nein. Der Vierte heißt Juda, ist dieser? Nein. Der Fünfte heißt Nephthali, ist dieser? Nein. Der Sechste heißt Isaschar, ist dieser? Nein. Der Siebente heißt Gad, ist dieser? Nein. Der Achte heißt Dan, ist dieser? der gar nit. Der Neunte heißt Zabulon, ist dieser? Nein. Der Zehnte heißt Aser, ist dieser? Nein. Der [38] Eilfte heißt Joseph, ist dieser? auch nit. So kann ich es leicht errathen, der Zwölfte heißt Benjamin, dieser ist es, und kein anderer; ja, sagt Jacob, der letzte Sohn, der jüngste Sohn ist mir der liebste, ist der einige Trost meines Herzens. O was Unterschied! Wir sterbliche Adamskinder zählen mehrmalen viel gute Täg in der Welt, die uns lieb seynd, aber der letzte Tag, der jüngste ist uns kein Trost, ja wohl Trost! ist uns keine Freud, ja wohl Freud! ist uns nit lieb, ja wohl lieb! sondern bringt uns 10000000000000000000, ja unendliche Vae! Wehe! Nachdem der vermaledeite Antichrist, der die Zeit seines Lebens keinen einigen guten Gedanken, und folgsam kein einiges gutes Werk gethan, in vierthalb Jahren mit einer Kriegsmacht von 200 Millionen der Reuter allein, das ist, auf die zwanzig tausendmal zehntausend, die Christen wird verfolgt haben, daß auch das Blut wie große Wasserströme fließen wird, nachdem diese verruchte panische Brut am Aschermittwoche (das Jahr ist Gott allein bekannt) von dem Erzengel Michael samt den seinigen in den Abgrund der Hölle gestoßen worden, wird an dem folgenden Ostertag hernach der jüngste Tag seyn, und werden an demselben Tag, ja, in derselben Stund, in welcher der Herr Jesus vom Todten auferstanden, alle Menschen, von dem Adam an, wieder zum Leben erwecket werden, und dieser Tag wird seyn voller Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! nachdem die ganze Welt nichts als ein Aschen seyn wird, massen alles durch das Feuer muß verzehrt werden, welches Feuer dazumalen dem Gerechten wird seyn anstatt des Fegfeuers, den gottlosen[39] Sündern aber ein Verkost der höllischen Straf. Nachdem die Sonne ihre Strahlen verborgen, und gleichsam in einen schwarz-härenen Sack geschloffen, nachdem der Mond ganz roth wird seyn, als hätte er im Blut gebadet, nach die Sterne und alle Himmels-Lichter wie die Wachs-Kerzen werden ausgelöscht seyn.


Da läßt sich unversehens hören

Posaunen großer Schall,

Der höchste Hauptmann Gott des Herrn

Citirt die Todten all,

Posaun erschallt aus Gottes Gwalt,

Die Gräber kanns durchdringen,

Zum letzten Gericht sie all verpflicht

Solln aus den Gräbern springen.


Da wird man sehen, daß in einem Augenblick auf den gethanen Posaunenschall alle Menschen, von dem Adam an bis auf selbige Zeit werden vom Todten auferstehen, wann auch dero Leiber schon zuvor wären in Sonnenstäubl verkehrt gewest; dazumal wird die Hölle auf einmal so viel Millionen der Verdammten auswerfen, wie der Wallfisch den Jonas. Dazumal wird der Himmel, die Höll, die Vorhöll, das Fegfeuer völlig ausgeleert werden. Da werden ohne Scepter, ohne Kron, ohne Purpur, ohne Hofstaat, ohne Macht, ohne Titul, ohne Pracht, von denen Gräbern heraus gehen von Julio Cäsare, von Carolo Magno an, alle Kaiser. Von Belo an alle Könige der Assyrier, von Arbace an alle Könige der Medier, von Cyro an alle Könige der Persier, von Carano an alle Könige der Macedonier, von Inacho [40] an alle Könige der Argivier, von Cecrops an alle Könige der Athenienser, von Lelex an alle Könige der Lacedämonier, von Magog an alle Könige in Schweden, von Suibdagero an alle Könige in Norwegen, von Mahomed an alle Könige der Arabier, von Sapor an alle Könige und Kaiser der Türken, von Alboino an alle Könige der Longobardier, von Rogerio an alle Könige in Sicilien, von Athanarico an alle Könige in Spanien, von Pharamundo an alle Könige in Frankreich, von Stephano an alle Könige in Ungarn, von Craco her alle Könige in Polen, von Zecho her alle Könige in Böhmen, von Brito her alle Könige in Engelland. In Summa, alle gewesten Könige und gekrönten Häupter der Welt. Dann hat der Tod gespielt, und so oft den König troffen, so muß er dazumalen wiederum aufsetzen auch. Dazumalen wird den Auserwählten eines jeden sein gewester Schutzengel den Leib zeigen und offeriren, den Verdammten aber und Gottlosen wird ein Teufel den Leib bringen; o mit was großem Unterschied! Eine auserwählte Seele wird mit größtem Frohlocken, mit unbeschreiblichen Freuden den Leib also anreden: willkomm, willkomm, mein allerliebster Leib, gebenedeit seyd ihr alle meine Glieder, ich danke dir zu tausend und tausendmal mein Fleisch, daß du dich in Fasten und Abbruch hast kasteiet, ich danke euch zu tausend und tausendmal meine Augen, um weil ihr so oft mit Bußzähren übergossen gewest, ich danke dir zu tausend und tausendmal mein Mund, weilen du so oft in Gottes Lob dich hast brauchen lassen, ich danke euch zu tausend und tausendmal meine Schultern, um[41] weilen ihr euch nit geweigert habt, manches Kreuz zu tragen, ich danke euch zu tausend und tausendmal meine Hände, weilen ihr so gern den Armen etwas mitgetheilet, ich danke euch zu tausend und tausendmal meine Knie, um weil ihr euch so oft gebogen in dem heiligen Gebet, ich danke dir zu tausend und tausendmal meine Brust, indem du so gern das mea culpa und harten Bußstreich hast ausgehalten, ich danke dir zu tausend und tausendmal mein Rucken, weil du dich vor den blutigen Geißelstreichen so wenig gescheuet, ich danke euch zu tausend und tausendmalen meine Lenden, um weil ihr die rauhe Cilicia nit habt abgeschlagen, ich danke euch zu tausend und tausendmal meine Füß, weil ihr so vielfältig und eiferig nach dem Tempel und Gottesdienst geloffen, ich danke dir unendlich, mein Herz, um weil du die Liebe zu Gott hast gern beherberget. Dank und aber Dank sey dir mein ganzer Leib, um weil du so redlich, so treuherzig mir hast mitgewirket zu den guten Werken. Wohlan dann, so vereinige dich wieder mit mir, und laßt uns nach diesem Gerichtstag genießen die ewige Seligkeit.

O wie wird aber eine verdammte Seele ihren Leib bewillkommnen? wie? es ist zu wissen, daß gleichwie der Auserwählten ihre Leiber schön und vollkommen werden seyn, und wann schon einer oder eine langnasend, einäugig, bucklet, großköpfig, schändlich und ungestalt gewest ist, beinebens aber fromm und gottsfürchtig, so wird man mit solchen Ungestalten und Leibesmängeln nit auferstehen, sondern mit dem schönsten und vollkommensten Leib. Entgegen aber die verdammten Seelen werden ihre Leiber wieder müssen [42] annehmen mit allen dero Ungestalten. Der in aller Unmäßigkeit im Saufen und Ludern sein Leben zugebracht, und ihm selbsten ein solches Gesicht verursachet, als hätte er's mit preußischem Leder überzogen; eine solche Nase, die mit der Rannruben ein geschwisterigs Kind, solche ungestalte Poppen und Eiterperl, als wäre das Gesicht abcopirt von einem Sechenschild, ein solcher wird mit dieser und mit keiner andern und bessern Gestalt auferstehen. Die mit falschen Haaren ihre alten Schädel überhüllt, das gerunzelte Angesicht mit Farben und Anstrich ausgefüttert, ihre Zahnlucken mit elfenbeinernen Commissarien ersetzt, unterdessen aber allerlei Geschwür und französisches Confect mit den Kleidern bedeckt, eine solche wird mit dieser megärischen Larve, mit einem ungestalten Kahlkopf, mit einem zahnluckenden Maulkorb, und mit den vorigen leonischen Waaren auferstehen.

Aber wie wird eine solche verdammte Seele ihren Leib grüßen und empfangen? wie? sieh ich dich, wird sie sagen, wieder einmal, du vermaledeiter Leib, du verruchte Herberg, hast mich in das ewige Verderben gestürzt, und soll ich dann wieder in dir wohnen? in dir? du Ursach meiner Verdammnuß, in dir? du Schroffen meines Untergangs, in dir? du Schmiedin meiner ewigen Ketten. Verflucht seyd in Ewigkeit ihr Augen, die ihr euch stets in unzuläßigen Blicken habt aufgehalten, und den geilen Gedanken den Weg gezeigt. Verflucht ihr Wangen im Angesicht, die ihr euch derenthalben gewaschen, damit andere unrein werden. Verflucht sey du Maul, weil du je und allemalen nichts anders, als eine gottslästerige [43] Zunge beherberget hast. Verflucht sey du Hals, weil du immerzu wie ein Schlauch im Keller nach Wein gestunken. Verflucht seyd ihr Hände, um weil ihr nach fremden Gut habt gegriffen. Verflucht seyd ihr Lenden, in denen nichts als Unzucht und Venusbrut eingenist. Verflucht seyd ihr Füß, um weilen ihr in alle Lasterwinkel zu allen Unthaten allezeit geloffen. Verflucht und vermaledeiet du ganzer Leib, der du mich von Gott ewig durch dein zergängliches Liebkosen hast abgesondert. Soll ich dann mehrmalen in dir das Losament nehmen? in dir? du verdammtes Erden-Geschirr, in dir? du blutgieriges Tiegerthier, in dir? du aller Laster Quartier. So sey es dann, ich will dir wieder das Leben ertheilen, damit du einen ewigen Tod kannst kosten; ich will machen, daß deine Augen wieder sehen, aber nichts anders, als die höllischen Larven und Furien; ich will machen, daß deine Ohren wieder hören, aber nichts anders, als Weinen und Wehklagen; ich will machen, daß deine Nase wird wieder riechen, aber nichts anders, als Schwefel und und Pech; ich will machen, daß deine Zung wieder kann kosten, aber nichts anders, als zerlassenes Metall und Glockenspeis; ich will machen, daß deine Hände wieder fühlen, aber nichts anders, als Flammen, Feuer, Nattern und Schlangen. Du vermaledeiter Leib, weil wir beede zusammen geholfen, Gott den Herrn zu beleidigen, so wollen wir auch beede ewig mit einander leiden; so sey es dann, nun bin ich wieder in dir, stehe auf, und stelle dich vor den göttlichen Richter, den Sentenz und Urtheil deiner und meiner ewigen Verdammnuß anzuhören.


[44] Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe!

Bald wird der Himmel aufgethan,
Die Thor von einander fahren,
Alle Gottes Heiligen außergahn,
Und alle englischen Schaaren.
Eine kleine Zahl wird dazumal
Tausendmal tausend scheinen,
So dickes Heer, als Sand im Meer
Würd'st du da sein vermeinen.

O was vor ein erschreckliches Angesicht wird dazumal Jesus Christus auf seinem majestätischen Thron oberhalb des Thals Josaphat in denen Wolken zeigen! Rupertus Holkot schreibt, daß einsmals drei Reis-Gespäne durch das Thal Josaphat ihren Weg genommen, worunter einer sich auf einen Stein oder kleinen Felsen niedergesetzt, und lachender Weise in diese Worte ausgebrochen: Liebe Kameraden, weil die Pfaffen doch vorgeben, daß in diesem Thal das jüngste Gericht werde seyn, also will ich mir bei Zeiten um einen guten Sitz umsehen, damit ich desto besser vernehmen kann, was dazumal abgehandelt wird. Wie er nach solchen frohen Worten die Augen gen Himmel gewendet, da hat er Gottes Sohn gesehen in derjenigen Gestalt, wie er einmal richten wird am jüngsten Tag, wovon er also stark erschrocken, daß er gleichsam todt zu Boden gefallen. Nachdem er aber in etlich Stunden wieder zu sich selbsten kommen, hat er die Zeit seines Lebens, so viel Jahr angestanden, nit mehr gelacht, ja so oft er hat gehört, das einige WortGericht, ist er ganz in Tod erbleicht, und [45] in ein langes und erschreckliches Heulen und Weinen ausgebrochen.

Wie der Herr und Heiland zu Jerusalem in dem Tempel hat wahrgenommen, daß die Priester und Juden das Haus Gottes zu einem Jahrmarkt gemacht, Ochsen, Schaf, Tauben und allerlei Sachen darinnen kauft und verhandlet, hat er hierüber einen billigen Zorn gefaßt, aus etlichen Stricklen daselbst, womit das Vieh angebunden, eine Geißel gemacht, und damit alle zum Tempel hinaus gepeitscht, dergestalt, daß fast einer den andern schier erdruckt. Es kann sich der h. Hieronymus nit genugsam verwundern, und hält davor, daß dieses eines aus den vornehmsten Wundern gewest, die er auf Erden gewirkt; dann wie kommt es doch, daß sich nit einige aus so großer Anzahl Leut in die Gegenwehr gestellt? haben sie ihn doch ohnedas nit viel geachtet, noch weniger geforchten, vorgebend, filius fabri, er sey eines gemeinen Zimmermanns Sohn. Ja zu einer andern Zeit wollten sie ihn mit Steinen zu todt werfen in dem Tempel, dahero er sich verborgen; dasmal aber schreiet er, drohet er, wirft sogar die Krämerläden und Tisch übern Haufen, daß hin und her das Geld auf der Erde herum getanzt, kein Schelm ist gewest, der ihm getrauet hätte, ein Wort zu sagen, viel weniger ein Geld aufheben, nit ein einiger aus so großen, starken, groben, gesunden und mannbaren Juden hatte das Herz, daß er sich gegen ihn hätte gesetzt, sondern alle, alle über Hals und Kopf zum Tempel hinaus, und vor Furcht also erschrocken, daß sie gezittert an Händ und Füßen. Warum dieses? Ihr [46] barbarischen Böswicht, wo ist euer Couraggi? Es hat, spricht der heilige Hieronymus, Christus der Herr dazumal eine solche göttliche Majestät aus seinen Augen geworfen, daß sie alle darob ertattert, ja vermuthlich hat er ein Gesicht gemacht, wie er einmal zeigen wird am jüngsten Tag, wann er richten wird die Engeln und Menschen.

Die Engeln, diese Paggi der göttlichen Majestät seynd nach Lehr der hocherleuchten Scribenten in 9 Chöre ausgetheilt, und zwar in einer unzahlbaren Menge und Anzahl. In dem alleruntersten Chor schreibet Spargiati, seynd 8,400,000,000,000. In dem andern Chor der Erzengel seynd zehenmal mehr, welches forthin zu verstehen, als in dem Ersten, nemlich 84,000,000,000,000. Im dritten Chor der Fürstenthümer genannt seynd 840,000,000,000,000. In dem vierten Chor der Potestaten seynd 8,400,000,000,000,000. In dem fünften Chor seynd auch wiederum zehenmal mehr als zuvor, nemlich 84,000,000,000,000,000. In dem sechsten Chor der Dominationen oder Herrschungen genannt, seynd wieder zehenmal mehr als oben, nemlich 840,000,000,000,000,000. In dem siebenten Chor seynd auch zehenmal mehr, als in dem vorigen, das ist, 8,400,000,000,000,000,000. In dem achten Chor der Cherubinnen seynd mehrmal zehenmal mehr, nemlich 84,000,000,000,000,000,000. In dem neunten Chor der Seraphinnen seynd 840,000,000,000,000,000,000, seynd also die Engeln insgesamt in besagten 9 Chören 933,333,332,400,000,000,000. In dem allermindesten Chor, benanntlich der Engel, seynd so viel [47] darinnen, daß einem jeden Menschen von derselben Zahl nur einer zu einem Schutzherrn wird zugestellt, nach dem Tod aber desselbigen Pflegkinds darf er keinen mehr versorgen. Und ist doch anbei sehr glaublich, daß vom Anbeginn der Welt bis auf den jüngsten Tag viel tausend, tausend, tausend, tausend, tausend Millionen der Millionen Menschen gezählet werden, sogar daß mehrmal in einem Augenblick in der ganzen Welt bis in die 60000 Menschen sterben. Alle diese englischen Geister werden den göttlichen Richter begleiten, daß also nit weniger im Himmel verbleiben werden. Suarez hält davor, daß solche Engel aus der Luft die allerreinesten Leiber werden annehmen, damit sie von den Verdammten mögen gesehen werden. Alle diese Engel, keinen einigen ausgenommen, ob sie schon versichert ihrer Seligkeit, werden dannoch erschrecken ob dem erschrecklichen Angesicht des göttlichen Richters, also bezeugt es neben andern der heil. Chrysostomus, quia tunc, tam terrible erit Judicium illud, ut ab Angelis timeatur. O Himmel und Erd, ich weiß nit, was ich soll vor lauter Verwunderung reden, o Gott, o höchster Gott! wann die Engel, wann die Heiligen und Auserwählten sogar zittern dazumal vor dem Richterstuhl Gottes, was werden erst thun die Verlornen und Verdammten? diesen wird das erschreckliche Angesicht Gottes weit schwerer vorkommen, als die Höll selbsten. Daß sich auch die Heiligen und Auserwählten vor dem Gericht entsetzen, bestätiget es mehrmals den heilige Chrysostomus, tantus erit timor Sanctorum, ut nemo speret se justum inveniendum, [48] sed adhuc timet, ne reus existat. Den höllischen Geistern kann nichts peinlichers vorkommen, als wann sie gedenken, daß sie auch vor diesem majestätischen und göttlichen Richter müssen erscheinen. Gewiß ist es, daß den Teufeln allemal ihre Pein vergrößert wird, wann sie einen Menschen zum Fall bringen, dennoch stehen sie nit ab von dergleichen Versuchungen, und gibt dessen die Ursach Dion. Carthus, sprechend, die verdammten Geister wissen wohl, daß wann die Sitz im Himmel erfüllet seynd, nachmals werde der jüngste Tag seyn, dahero die bösen Geister durch ihre steten Anreizungen die Leut zum Sündigen bringen, damit nit so bald die Sitz im Himmel erfüllt, und folgsam der jüngste Tag und dessen Gericht länger aufgeschoben werde, massen sie sich mehr ob dem Angesicht dieses Richters entsetzen, als ob der Höll und allen deren Tormenten. Das wird man dazumal abnehmen bei einer besessenen Person, wann man die verdammten Inwohner mit gewöhnlichem Exorcismo beschwören thut, massen ein jeder Exorcismus sich nit anders endet, als mit diesen Worten: »qui venturus es judicare saeculum per ignem, der du kommen wirst zu richten die Welt durch das Feuer.« Zu diesen Worten tobt, wüthet, brüllt, schlagt, schreiet, kirret, gumpt der Besessene über alle Massen.


Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe!

Da werden alsdann offen stehen
Die Heimlichkeit der Seelen,
Der Richter scharf darauf wird gehen,
Man kann da nichts verhehlen;
[49]
Alls muß an Tag und auf die Waag,
Was dacht, was gredt, was gschehen,
Von Adam an, Kind, Weib und Mann,
Was jeds gethan, wirst sehen.

Die Pharisäer und Schriftgelehrten suchten in allweg, wie sie doch könnten den Herrn Jesum ins Garn bringen; unter andern führten sie einmal ein Weib zu ihm in den Tempel, vorgebend, die sey in wirklichem Ehebruch ertappt worden, weil er dann immerzu bestehe, er sey kein Uebertreter des mosaischen Gesatzes, als soll er auch dießmal sein parere geben, ob man, vermög der Gebot, diesen Schleppsack solle versteinigen? auf solchen Vortrag neigte sich der Herr, und schrieb mit dem Finger auf die Erd, nachmals sagte er, welcher aus euch ohne Sünd ist, der hebe den ersten Stein auf. Nach solchen Worten schrieb er mehrmal auf die Erd, und wie diese Gesellen die Schrift gelesen, seynd sie davon gangen, als hätt man sie aufs Maul geschlagen, seynd alle blutroth im Gesicht worden. Die alten Schelme seynd die ersten gewesen, so sich aus dem Staub gemacht, daß also der Herr ganz allein geblieben mit dieser Sünderin, die er dann gleich auch absolviret. Was muß dann die Ursach gewesen seyn, daß die sobald den Reißaus genommen? Diese war keine andere, ein jeder aus ihnen hat aus besagter Schrift gelesen alle Sünden und Schelmenstückel, die er die Zeit seines Lebens gethan, und derentwegen haben sie sich also geschämt. Wie werden wir elende Adamskinder uns erst schämen, wann unsere Sünden am jüngsten Tag nit nur einem oder dem andern, sondern forderist Gott, denen Engeln, [50] denen Menschen und gesamter Welt werden offenbar seyn. Von etlichen Heiligen lieset man, daß sie durch sondere Gnad Gottes eine und an dere geheime Sach sogar auch des Gewissens erkannt haben.

Wie der heil. Thomas de Aquino einmals zu Neapel sich im Chor befunden, und ein anderer Geistlicher neben seiner unter dem Singen stete Gedanken gehabt von einer gewissen Speis, so hat Thomas ihm ganz still in die Ohren gesagt: Mein Bruder, sey nit so sorgfältig wegen desselben guten Bissel, nach vollendtem Chor will ich's mit dir halten.

Einer kommt auf eine Zeit zu dem heiligen Franciscum de Paula, und befiehlt seinen kranken Sohn in sein heiliges Gebet, damit er aber des Herrn Vaters Hülf desto ehender möge erhalten, spendirt er ihm ein Körbel voll guter Feigen; Franciscus schüttelt hierüber den Kopf, mein Freund, sagte er, diese Feigen habt ihr dem und dem entfremdet, worüber dieser schamroth worden, und seine Schuld bekennet.

Als zu Panormi des Königs Prinz tödtlich dahin gelegen, hat ihm der heil. Mönch Sylvester freundlich zugesprochen, er, benanntlich der König, solle guten Muths seyn, der Sohn werde bald frisch und gesund aufstehen. Die Herren Medici hielten diesen Sylvester vor einen albernen Menschen, wollten ihn also derentwegen foppen, und ließen einen Urin von einem Schwein herbeitragen, woraus er solle abnehmen, was der kranke Prinz vor einen Zustand habe? worauf der heilige Mann geantwortet, wie daß solches Wasser von keinem Menschen, sondern von einem Schwein[51] sey, die wirklich zehn Junge im Leib trage, welches sich auch also befunden.

Der seraphische Franciscus, der heilige Bernardus, die h. Coleta, die h. Theresia, der h. Dominicus, Philippus, Nerius, Joannes Saguntinus, Benedictus, Rosa Peruana, Ignatius, Xaverius, und andere Heilige mehr, haben zuweilen ganz geheime Sachen gewußt. Am jüngsten Tag aber wird alles geheim aufgehebt seyn, zumal werde ich wissen, was die ganze Welt gethan, und die ganze Welt wird wissen, was ich gethan; ein Gedanke sogar eines Augenblicks wird dazumal nit verborgen bleiben, nichts verdeckt, alles offenbar, nichts vermäntlet, alles offenbar, nichts verblümlet, alles offenbar, nichts vertuscht, alles offenbar, nichts verborgen, alles offenbar, nichts verhüllt, alles offenbar, nichts versteckt, alles offenbar, nichts verschwiegen, alles offenbar, alles nach der Länge, alles nach der Breite, alles nach dem Maaß, alles nach der Weis', alles nach der Zahl, alles nach dem Gewicht, alles nach den Umständen. Jetzt heißt es still, jetzt schlieft man in die Winkel, jetzt sucht man die Finstere, jetzt sperrt man alle Thüren zu, jetzt verhüllt man die Fenster, jetzt verbrennt man die Brief, jetzt gibt man acht, damit es niemand weiß, niemand sehe, niemand höre, niemand schmecke, niemand ertappe. Jetzt kommt es manchem so schwer an, daß er lieber drei Muth Habern ausdreschen, als dem Beichtvater etwas in ein Ohr sagen. Ja manches Weibsbild, (massen es diesem Geschlecht beförderist anhängig) verschweigt gar oft einige Sünd, und will lieber zum Teufel fahren, als vor einem Menschen, [52] und zwar in der Stille ihre Wunden entdecken, und schamroth werden. Jetzt stellet sich der Richter, als wär er gerecht, die Frau, als wär sie keusch, der Mann, als wär er treu, der Geistliche, als wär er fromm, die Obrigkeit, als wäre sie wachsam, der Unterthan, als wär er redlich, die Tochter, als wär sie züchtig. Jetzt kann man leichtlich mit der Rachel die Götzen verbergen unter das Stroh, mit der Michol einen Holzstock vor den David ausgeben, mit der Rebekka ein Kühfleisch vor ein Wildprät auftragen, mit dem Mose den todten Egyptier unter den Sand vergraben, mit der Rahab die Ausspäher des Josue mit Flachsstupflen zudecken, mit dem Acham die Beut in die Erd verstecken, mit der Sara hinter der Thür lachen, jetzt kann man leicht etwas verbergen, aber am jüngsten Tag wird alles offenbar; es ist nichts so klein gesponnen, dorten kommt es an die Sonnen.

Nachdem unser Heiland Jesus auf dem bitteren Kreuzstamm das Siebentemal geredet, nemlich: Vater! in deine Händ befehl ich meinen Geist, hat er gleich hernach mit geneigtem Haupt seinen Geist aufgeben, an demselben Tag, in derselben Stund, in welcher Adam gesündiget. Dazumal war der Heiland sei nes Alters 33 Jahr und 3 Monat, da hieß es wohl, aller guten Ding seynd drei; von dem Augenblick aber zu rechnen, da er die Menschheit in dem reinsten Schooß Mariä angenommen, hatte er 34 Jahr erfüllt. Kaum daß Christus unser Erlöser am Kreuz verschieden, ist alsobald der Erzengel Michael vom Himmel herabgestiegen, und mit einem Schwert den großen und kostbaren Vorhang in dem Tempel [53] in der Mitte von einander zerschnitten. Ersterwähnter Vorhang ist 50 Ellen hoch, und 16 breit gewesen. Die Menschen auf dieser Welt seynd mehrentheils also gesitt und gesinnet, daß sie vor ihr Thun und Lassen, vorderist aber vor ihr Gewissen, einen großen Vorhang hängen, denn ein jeder will verborgen halten den innern Zustand seines Herzens, keiner will ein Esau seyn, sondern den Vorhang vor, so glaubt man, es sey ein Jacob darhinter, keiner will ein Cain seyn, sondern den Vorhang vor, so meint man, es stecke ein Abel darhinter, keiner will ein Saul seyn, sondern den Vorhang vor, so vermuthet man, es stehe ein David darhinter. Trotz daß du diese Dame sollst eine Thamar nennen, diese war eine mit dem achten Buchstaben im A B C, sondern den Vorhang vor, so hält man vor gewiß, es lebe eine Susanna darhinter. Am jüngsten Tag aber wird solcher Vorhang völlig zerschnitten werden, da wird alles an Tag kommen, nichts verborgen bleiben, da wird man sehen, wie manche schöne Nuß gewest mit einem wurmstichigen Kern, da wird man abnehmen, wie mancher weisse Schwan gewest mit einem kohlschwarzen Fleisch inwendig, da wird man sich verwundern, wie mancher seidene Beutel gewest, mit kupferner Münz und wälschen Soldi, da wird an Tag kommen, wie mancher auswendig heilig zu seyn gescheinet hat, und gleichwohl im Herzen ein Machiavellus gewest. Eine solche Schand wird dazumalen den Gottlosen eine schwerere Pein seyn, als die Hölle selbsten, darum sie heulen werden, brüllen werden, wünschen werden, daß alle Berg auf sie fallen, und sie bedecken. Noe, der [54] gerechte Altvater, hat sich dermassen geschämt, wie ihn der Cham entblößet hatte, daß er sogar in einige vermaledeite Wort ausgebrochen; wie wird es dann allen Verdammten um das Herz seyn, wann sie nit vor einem oder zwei, sondern vor der ganzen Welt am jüngsten Tag werden entblößt seyn, nit allein am Leib, sondern auch an Seel und Gewissen.

Wann man Citronen-Saft anstatt der Tinten braucht, und mit einer neugeschnittenen Feder auf das Papier schreibt, so wird man die geringste Schrift nit abnehmen, sondern bleibt alles weiß, wie zuvor; da man aber besagtes Papier gegen das Feuer hält, so ist alles, auch bis auf das kleinste Tüpfel, vollkommentlich zu lesen. O wie viel solche weisse Papier seynd in der Welt zu finden! wie viel seynd anzutreffen, welche wir, dem äußerlichen Schein nach, vor weiß und unschuldig halten, wann sie aber am jüngsten Tag vor das Angesicht des göttlichen Richters gestellet werden, aus dessen Augen ganz feurige Strahlen herausgehen, da wird erst die heimliche Schrift ihres Gewissens von männiglich zu lesen seyn, da wird Gott mit dem gesamten menschlichen Geschlecht umgehen, wie der Tobias der Jüngere mit dem Fisch, alles und alles ausweiden, und vor die Augen stellen, was vorhero verborgen gewest; da wird kein Engel mehr seyn, der den Schwemmteich zu Jerusalem bewegt und trüb macht, damit man der Kranken ihre böse Zuständ nit sehe, da wird kein Samaritan mehr seyn, der dem elenden Tropfen, so unter die Mörder gerathen, seine Wunden mit Tüchel und Fätschen wird verbinden, sondern alles und alles wird offenbar seyn, [55] alle geringste Zuständ und Mängel des Gewissens, alles wird zu lesen seyn, wie in einem Buch, alles wird zu sehen seyn, wie in einem Spiegel, alles wird entworfen seyn, wie auf einer gemalten Tafel, illuminabuntur abscondita tenebrarum.


Wehe! wehe! wehe! wehe! wehe! wehe!

Alsdann man von einander scheidt
Die Frommen und die Bösen,
Viel Schaarn der Engel allbereit,
Was gut ist, rausser lesen.
Die Gsandte zwar durch alle Schaar
Gschwind hin und wieder laufen,
Und stellen die Frommen, wo sies bekommen,
Fröhlich zum rechten Haufen.

Sobald der göttliche Richter mit einer solchen Majestät, daß alle Creaturen darob erschrecken, seinen Thron wird gesetzt haben in den Wolken, alsdann wird der erste Befehl ergehen, daß die Engel gleich und ohne Verweilung die Bösen von den Guten sollen absondern, worauf dann einige alsobald an das Ort sich werden begeben, wo die römischen Päbste und Statthalter Christi auf Erden stehen, et separabunt malos de medio justorum, und werden auch die Bösen absondern von der Mitte der Gerechten; Alle haben allhier auf Erden den Namen gehabt: Ihr Heiligkeit; aber an jenem Gerichtstag wird man sehen, daß die Heiligkeit nit werde gemessen nach dem Namen, sondern nach den Werken; es werden diese ein schärferes Examen ausstehen, als alle Menschen[56] der Welt, und wird man sehen, daß auch einem, dem der heil. Geist die Schlüssel zum Himmel eingehändiget, gleichwohl ein Riegel kann geschossen werden.

Nachmals werden andere Engel gehen an den Ort, wo die Kardinäl, Erzbischöf und Bischöf versammlet stehen, et separabunt malos de medio justorum, und werden gleichfalls die Bösen heraus klauben, und auf die linke Seite stellen, benanntlich diejenigen, so auch im Purpur sich nit geschämt haben, zu sündigen. Diejenigen, welche rosenfarb in Kleidern gewest, und leibfarb im Gewissen. Diejenigen, welchen ein doppeltes Kreuz ist vorgetragen worden, sie aber ohne Kreuz wollen leben. Diejenigen, welche von dem Patrimonio Christi ihre Befreundten und Anverwandten bereicht, und mehrer ihrem Haus aufgeholfen, als dem Gottshaus. Diejenigen, welche zu geistlichen Benefizien und Aemtern gesetzt haben, dieselbigen, so da gedient haben, aber nit verdient haben. Diejenigen, so zwar den Namen getragen, Bischof, unterdessen waren, sie Beiß-Schaf, massen durch dero Saumseligkeit in ihrer Diözes so viel Seelen zu Grund gangen. Diejenigen, welche nach der Insul wegen der Insul getrachtet, und haben sich in dieses heilige Amt eingedrungen mit Goldseligkeit, und nit mit Gottseligkeit. O wie werden dazumalen frohlocken und sich inniglich erfreuen ein heiliger Bernardinus Senensis, ein heiliger Bonaventura, ein heiliger Dominicus, ein heiliger Thomas Aquinas, um weil sie die anerbotenen Bisthümer und Erzbisthümer geweigert und ausgeschlagen. Wie wird dazumalen jubiliren [57] und Gott danken ein Bruno, daß er von sich geschoben die Insul, welche mit ihren zweien Spitzen manchen schon hart verwundet hat. Recht hat der Poet gesagt:


Renuit oblatum sibi Bruno Pontificatum,
Cernens esse statum Magnatum raro beatum.

An diesem Ort werden auch stehen alle Domherren, alle Dechant, Pfarrherren, Seelsorger und Priester, und von diesem so großen Haufen werden die Engel alle Bösen auch absondern, und stellen auf die linke Seite der Verdammten. Fort mit denjenigen, denen ein Petronilla lieber gewest als Petrus; fort mit denjenigen, die mehrer Kaynizi als Kanonici gewest; fort mit denjenigen, die mehrer säuisch als clerisäuisch gelebt; fort mit denjenigen, die mehrer Impostores als Pastores abgegeben; fort mit denjenigen, die ehender getracht nach Mnam, als nach Animam; fort mit denjenigen, welche divitias mehr gesucht, als Divina; fort mit denjenigen, denen der Plempel angenehmer war, als der Tempel; fort mit denjenigen, denen mehrer im Sinn gelegen das arare, als das orare; fort mit denjenigen, die sich mehr gespeist, als ihre untergebenen Schäflein. O wie mancher wird dort schreien: vermaledeit der Tag, an dem ich bin Priester worden, vermaledeit der Bischof, der mich geweihet hat, vermaledeit die Stund, da ich bin zu der Seelsorg kommen, vermaledeit derselbe, der mir zu dieser Pfarr verhülflich gewest!

Ueberdieß werden mehrmalen andere Engel sich wenden zu der großen Anzahl der Ordenspersonen,[58] worunter zwar viel hundert tausend und tausend mit Heiligkeit und Glorie werden gezieret seyn, et separabunt malos de medio justorum, dannoch werden auch die Bösen von denen Guten und Gerechten abgesondert werden, das wird eines aus den traurigsten Spektakeln seyn am jüngsten Tag. Wie der reiche Prasser bei nächtlicher Weil durch den Steckkathar, so ihm das stete Schlemmen verursacht, erstickt, und folgsam den geraden Weg zur Hölle gestiegen, da hat er in Mitte der Flammen und Feuerfunken seine durstige Zung heraus gestreckt, und wehemüthig bei dem Vater Abraham angehalten, um eine einige, auch die allergeringste Erquickung; er hat aber eine abschlägige Antwort bekommen, und hat es geheißen, recepisti bona in vita tua, du Kerl hast dir gute Täg angethan, so lang du gelebt hast, jetzt kannst du schon schwitzen, zwei Himmelreich gehen nit aufeinander etc. Aber ein Religios und Ordensperson hat keine guten Täg gehabt, hat müssen unter dem strengen Gehorsam leben, ist in einem rauhen Kleid gesteckt, und soll gleichwohl verloren werden? verdammt werden? Freilich wohl, es werden gestellt unter die Böck, welche zwar geschoren waren um den Kopf, aber nit ein Haar gefragt nach ihrer Regel. Unter die Böck, welche mit der Schlange die alte Haut abgezogen, aber dannoch das Gift behalten. Unter die Böck, welche öfters mit dem Raben aus der Arche geflogen, und vielleicht um ein stinkendes Aas umgeschauet. Unter die Böck, welche wie ein Misthaufen im Winter äußerlich mit Schnee bedeckt, inwendig aber nichts als pfui verborgen. Unter die Böck, welche die Hoffart mit [59] einer rauhen Kutte zugedeckt, die sonsten nur in Seiden und Sammet gesucht wird. Unter die Böck welche sich in weltliche Geschäfte eingemischt, und dasjenige davon getragen, was der Hafner von dem Leim. Alsdann wird sich erheben ein ungeheures Geschrei und Heulen, alsdann werden sie wiederholen, vermaledeit die Stund, in dero ich zum geistlichen Stand bin berufen worden, vermaledeit der Habit, den ich getragen, vermaledeit die Regel, dero Uebertretung mich anhero gebracht hat, vermaledeit der ganze Orden, dessen Mitglied ich gewesen bin etc.

Nachmals werden die Engel sich begeben an den Ort, wo Kaiser und König bei einem Haufen stehen, dort wird man nichts sehen von Kron und Scepter, nichts von Diener und Hofstaat, nichts von Armee und Waffen, sondern alle müssen zu Fuß stehen wie Arme und Untergebene, ein jeder wird erkennen, wer Kaiser gewest, wer König in Frankreich, wer König in Spanien, wer König in Engelland, wer König in Ungarn, wer König in Polen gewest, et separabunt malos de medio justorum da werden die Engel auch absondern die bösen Könige von den frommen und gerechten. O wie viel werden auf die links Seite geführt werden! Von dem Gieroboam an bis auf den Ozia seynd neunzehn gekrönte König in Israel gewest, und vermög der heil. Schrift seynd alle neunzehen verdammt worden. Was genaue Rechenschaft wird der göttliche Richter fordern von allen hohen Häuptern, sie werden in diesem strengen examine nicht allein befragt werden, was sie gethan, und was sie zu thun unterlassen, sondern wie alle dero [60] Vasallen, alle des Lands Untergebne gelebt haben, sogar das geringste Gräsel, welches sie durch Jagen und Hetzen den armen Bauren niedergetreten, wird dorten auf die Waagschal gelegt werden; dieses glauben die Wenigsten, es wird aber die Erfahrenheit am jüngsten Tag es sattsam zeigen. Erwäge und betrachte jemand, wie es einem König, einem großen Landsfürsten wird um das Herz seyn, wann er nach solchem Pomp und gehabter Majestät auf Erden wird durch einen Engel bei der Hand genommen, und zum großen Haufen der Verdammten geführt werden, daselbst mit ihnen ewig, ewig, ewig zu brennen.

Es werden nachmals die Engel alle Bösen von denen Guten, was Stand sie immer gewest seynd, absondern. Dorten werden viel Kinder von ihren Eltern den Abschied nehmen, und wird auf einer Seite stehen der Vater Abraham, auf der andern der Sohn Ismael, dort werden viel Brüder von einander zertheilt werden, und wird auf der Auserwählten Seite stehen der Jakob, auf der verlornen sein Bruder Esan. Dort wer den sich beurlauben auf ewig viel Eheleut, und wird eine Esther gestellt werden unter die Seligen, ihr gewester Gemahl aber der Asverus unter die Verdammten. Dorten werden von einander weichen viel derjenigen, welche auf dieser Welt die besten und vertrautesten Freund gewesen seynd, et separabunt malos de medio justorum diese Absonderung durch die Engel wird eine aus den peinlichsten Schmerzen seyn der Verdammten.


Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe!

[61]
Wann dann seynd abgesondert gar
Die Frommen und Gottlosen,
So triumphirt die rechte Schaar,
Umgibt ihrn Herrn wie Rosen.
Das gottlos Gsind, dems Hirn zerrinnt,
Seufzet zu dieser Stunde.
Das selig Volk, schwebt ob der Wolk,
Der bös Hanf sinkt zu Grunde.

Der h. Joannes Chrysostomus schreibt, daß am jüngsten Tag werde geschehen, was dazumalen geschieht. Wann einer ein Schwalbennest zerstört, diejenigen Jungen, welche schon gute Flügel haben, achten solchen Sturm nit, sondern fliegen in die Höhe, die aber noch bloß, seynd, bis platzen elend herab, und müssen zu Grund gehen. Also am jüngsten Tag werden die Auserwählten, um weil sie mit Flügeln der guten Werke wohl versehen, nach der allgemeinen Absonderung sich in die Höhe begeben, und daroben in denen über Gold und Edelgestein glänzenden Wolken ihren Platz nehmen. Die Verlornen entgegen, weil sie ganz bloß an guten Werken, bleiben in der Nieder, in dem Thal Josaphat, und stehen unter den Füßen der Auserwählten. Es wird dazumal so ordentlich alles hergehen, daß just die Tyrannen werden stehen unter den Füßen der Martyrer etc. Die Reichen werden stehen unter den Füßen der Armen, die sie vorhero veracht haben. Die Zornigen und Rachgierigen werden stehen unter den Füßen derjenigen, welche sie verfolgt. Die Calumnianten und Ehrabschneider werden stehen unter den Füßen derjenigen, welche sie ungerechter Weise verkleinert. Also wird unter den Füßen Mosis auch [62] stehen der egyptische Pharao mit allen den Seinigen. Unter den Füßen Eliä werden stehen der Achab und die Jezabel. Unter den Füßen des Davids werden stehen der Saul und der Goliath. Unter den Füßen der Judith wird stehen der Holofernes. Unter den Füßen Joannis Baptistä wird stehen die Herodias. Unter den Füßen des Lazari wird stehen der reiche Prasser etc. Wie wird dazumalen der verdammte Nero schauen, wann er gegen seiner hinüber in der Höhe wird sehen Petrum als einen Mitrichter, mit dem er so tyrannisch verfahren? Wie wird sich am selben Tag schämen ein Kaiser Diocletianus, wann ober seiner in den Wolken wird schweben Sebastianus, mit ganz güldenen Pfeilen in einem mit Edelgesteinen versetzten Köcher? Wie wird Valerianus der Tyrann heulen und ergrimmen, wann er wird Laurentium in so großer Glorie und Herrlichkeit sehen, dessen eiserner Rost in lauter Gold und Diamant verkehret worden? Dort wird ein Maximinus, ein Decius, ein Sempronius ihm lieber tausend Höllen und höllische Kerker wünschen, als vor seinen Augen sehen in so großem himmlischen Glanz eine Katharina, eine Agnes, eine Appolonia, die sie so schmählich gemartert. Unbeschreiblich ist die Angst und Furcht, so zur selben Zeit die Verdammten auf der linken Seite empfinden werden wegen des herzunahenden Examen und letzten Sentenz.

Kranzius schreibt, daß ein Deutschmeister einen jungen Kaufmann wider alles Recht und Billigkeit habe unschuldiger Weise lassen aufhängen, und weil besagter Kaufmann weder durch Bitten noch Weinen[63] den ergrimmten Fürsten konnte besänftigen und zur Barmherzigkeit bewegen, also hat er kurz vor dem Tod den ungerechten Fürsten zu dem Richterstuhl Gottes berufen, daselbst soll er nach dreizehen Tagen Rechenschaft geben seines unschuldigen Todes. Hierüber thäte zwar der Deutschmeister lachen, und solche Drohwörter in Wind schlagen; aber wie der dreizehnte Tag angebrochen, da hat der Fürst angefangen, an Händen und Füßen zu zittern, und mit diesen Worten unverhoffter Weise seine Seel aufgeben: »Wehe mir armseligen Menschen! wehe mir! dann heut muß ich vor dem Richterstuhl Gottes erscheinen. Wehe mir!«

Fulgosus erzählt, wie daß ein neapolitanischer Tempelherr samt andern Mitgesellen zum Tod geführt worden, und anbei wahrgenommen, daß Clemens, der sechste römische Papst, und Philippus Pulcher, König in Frankreich, beede Ursache seines Tods, dazumal aus dem Fenster zugeschauet, so habe ersternennter Edelmann und Tempelherr aufgeschrien, weil ich dann auf Erden keinen mehr habe, zu dem ich könnte appelliren, also citire ich euch beede vor denjenigen Richter, der uns mit seinem Blut erlöset hat, innerhalb Jahr und Tag sollt ihr beede daselbst erscheinen. Solche Wort haben ihnen dergestalten in das Herz gegriffen, daß sie nachmals in steter Furcht gelebt, auch alle beede dasselbige Jahr durch unverhofften Tod bei dem Richterstuhl Gottes sich müssen einfinden.

Anno 1154 unter dem Kaiser Friedrich, welcher insgemein Aenobarbus, der Rothbartete genennet worden, ist Henricus, Bischof zu Mainz, oder wie etliche davor halten, Bischof zu Worms, zu Rom bei[64] dem Papst Eugenio, dem Dritten, falsch angeklagt, und von zweien Kardinälen, denen die ganze Sach übergeben, ungerechter Weise von dem Bisthum gestoßen worden, welches den unschuldigen Mann Henricum also geschmerzt, daß er endlich ganz ernsthaft in folgende Wort ausgebrochen: »Ihr habt unrecht geurtheilt, dahero ich zu dem göttlichen Richter Jesum Christum appellire, alldorten erscheint ihr.« Anderthalb Jahr hernach ist Henricus mit Tod abgangen, beede Kardinäl aber in einem Tag eines elenden Tods gestorben, massen einer die Seel aufgeben an einem Ort, welchen die Ehrbarkeit nit trauet zu nennen, der andere aber hat sich also entsetzt vor dem Gericht Gottes, daß er dessenthalben ganz unsinnig worden, und ihm selbsten die Finger abgebissen.

Vor mehr als 50 Jahren ist ein gemeiner Soldat, um weil er einige Meldung gethan wegen der Bezahlung, massen ein Soldat vom Sold den Namen hat, durch den Sentenz zum Strang verurtheilt worden; bevor er aber gestorben, hat er den Hauptmann zum Richterstuhl citirt, da soll er innerhalb drei Wochen erscheinen. Von solcher Stund an lebte dieser Hauptmann in größter Furcht und Schrecken, bis er endlich nach 3 Wochen in derselben Stund, ja in demselben Augenblick, da der andere gehängt worden, über eine Schiffbrucken hinab gefallen, und elend ertrunken

Wann nun die größte Furcht und Schrecken diejenigen empfinden, welche vor dem göttlichen Richter erscheinen müssen, da er ganz allein richtet und urtheilt, was Zittern, und Schrecken wird erst über die[65] Verlornen kommen, wann sie am jüngsten Tag vor der ganzen Welt, vor allen Engeln und Heiligen, vor allen Teufeln und Verdammten müssen vor dem Richterstuhl Gottes im Thal Josaphat erscheinen, und von allen ihren Sünden und Uebelthaten Rechenschaft geben! O wehe! o wehe! o wehe! Dazumal


Des höchsten Richters Zorn und Grimm

Von seinem Thron herbrummet,

Die Welt ertattert hart ab Ihm,

Himmel und Erd erstummet.

Dem kühnen Held das Herz entfällt,

Tyrannen höchst erschrecken,

Die Unschuld selbst wird bleich und gelb,

Von des Richters Anblicken.


Nach solchem wird das Gericht und Urtheilfällen seinen Anfang nehmen, und zwar von denen Gerechten, welche dazumal schon mit großem Glanz umgeben seynd, und solchen werden sie meistens erben von dem heiligen Kreuzzeichen, welches zur selben Zeit in dem Himmel erscheinen wird, denn derjenige Kreuzbaum, an dem der Herr Jesus mit seinem Tod das menschliche Geschlecht erlöset hat, wird in Mitte der Wolken von denen Engeln getragen werden, auch siebenmal heller und herrlicher scheinen, als die Sonne, auch wird nachmals solches auf ewig in der Glorie unter den Chören der Engel gestellt werden, mit dem Kreuz werden auch alle Stirn der Auserwählten bezeichnet erscheinen. Worauf dann der göttliche Richter mit liebreichestem Angesicht, mit holdseligsten Geberden, mit einem güldenen Mund, mit freundlichsten Augen sich gegen die Auserwählten wenden wird, und [66] sie mit den trostreichsten Worten anreden: Kommt her, ihr Gebenedeite meines Vaters, besitzet das Reich, das euch bereit ist von der Zeit, da der Weltgrund gelegt ist. Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben, ich bin durstig gewesen, ihr habt mir zu trinken gegeben, ich bin ein Gast gewesen, ihr habt mich beherberget, ich bin nackend gewest, ihr habt mich bekleidet, ich bin krank gewest, und ihr habt mich besucht, ich bin im Kerker gewest, und ihr seyd zu mir kommen: Das, was ihr einem aus meinen geringsten Brüdern gethan, das habt ihr mir gethan. Venite, kommt her, ihr Gebenedeite, kommt von der Finsterniß zu dem ewigen Licht, kommt von der Keuchen zu der ewigen Freiheit, kommt von dem Krieg zu dem ewigen Frieden, kommt von der Fremde zu dem ewigen Vaterlands, kommt von dem Streit zu der ewigen Beut, kommt endlich von dem Tod zu dem ewigen Leben. O was Jubel-Schall und Frohlocken wird sich dazumal erheben in den Herzen der Auserwählten! wie wird sich dazumal erfreuen Petrus wegen desjenigen, was er um Jesu willen gelitten zu Rom, Andreas wegen desjenigen, was er um Christi Namens willen gelitten in Griechenland, Jakobus der Aeltere wegen desjenigen, was er um christlichen Glaubens willen gelitten in Spanien, Joannes wegen desjenigen, was er um des liebsten Heilands willen gelitten in Asia, Philippus wegen desjenigen, was er um des Seligmachers willen gelitten in Scythia und Phrygia. Wegen desjenigen, was Bartholomäus um Jesu willen gelitten in Armenia, Thomas in India, Matthäus im Mohrenland,[67] Simon und Judas in Egypten, Jakobus der Jüngere und Matthias im Judenland. Unbeschreiblich wird dazumal seyn die Freud der Patriarchen, Propheten, Martyrer, Beichtiger, Jungfrauen, Wittiben und aller seligen Schäflein auf der rechten Seiten. Wie mancher Bauer in der Höhe wird zur selben Zeit auslachen seinen gewesten Landesfürsten auf der verlornen Seite? Wie mancher Eseltreiber und Holztrager wird an demselben Tag auslachen seinen König und Herrschaft! wie manches altes Bettelweib wird dazumal auslachen eine große Landesfürstin! ein mancher einfältiger Mönch seine geweste Obrigkeit! ein mancher Pfarrherr seinen gehabten Bischof! ein mancher Musquetirer seinen gewesten General! Wie wird an selbigem Tag ein mancher Bettelmönch, der vorhero barfuß in einer rauhen Kutten verachtet worden, auslachen die gewesten großen Herren, bei denen er zuvor mußte hinter der Thür stehen, und etwan anstatt des Allmosen einen guten Filz darvon getragen. Wie wird dazu mal ein mancher armer und krummer Bettler, der allhier zu Wien an einem Eck gesessen, auslachen diesen und jenen großen Herrn, der alle Tag in einer verguldten Carossen mit einer ganzen Laquei-Prozession vorbeigefahren? Wie wird dazumal eine manche Holzhacke die königlichen Scepter, eine manche Schmeerkappe die bischöflichen Infuln, eine manche Bauern-Joppen die fürstlichen Purpur, ein mancher zwilchener Kittel die Doctorsmäntel auslachen? Zu dem einigen Wort Venite, kommet her, wird der ganze Himmel frohlocken, alle Engel werden Glück wünschen, alle Heiligen werden vor Freud die [68] Händ zusammen schlagen, alle Herzen der Auserwählten werden vor Jubel aufhupfen, alle Augen der Seligen werden aneinander frohlockend anschauen. Da wird als ein Gebenedeiter eingeladen werden ein heiliger Leopoldus mit viel Oesterreichern, ein heil. Ludovicus mit viel Franzosen, ein heil. Casimirus mit viel Polacken, ein heil. Stephanus mit viel Hungarn, ein heil. Henricus mit vielen Bajern etc. Da wirds heißen: Komm her Benedicte mit den Deinigen, Augustine mit den Deinigen, Basili mit den Deinigen, Franzisce mit den Deinigen, Dominice mit den Deinigen, Bernarde mit den Deinigen, Bruno mit den Deinigen, Ignati mit den Deinigen, da wirds heißen Venite, kommt her ihr gebenedeite Ordensstifter, mit allen denjenigen, die alles meinetwegen verlassen, und mir nach dero Gesetz und Regul treulich gedienet haben. O Freud über alle Freud!


Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe! Wehe!

Bald wiederum wie Donnerschlag
Sein Stimm die Böse quälet,
Die drohet ihnen große Plag,
Drauf das letzt Urtheil fället.
Thu auf dein Schlund, o Höllen-Grund,
Verschling die Ungeheuer,
Vermaledeit, in Ewigkeit,
Seyd ihr, geht hin ins Feuer.

Nachdem der Herr Jesus als göttlicher Richter, auf seinem majestätischen Thron die Auserwählten zur ewigen Belohnung wird berufen und eingeladen haben, alsdann wird er sich wenden mit einem erschrecklichen [69] Angesicht zu dem großen Haufen der Verlornen, mit solchen feurigen Augen, und ergrimmter Majestät, daß der ganze Erdboden hierüber zittern, und der höllische Abgrund seufzen wird. Durch ein Miracul und Wunderwerk werden dazumal alle Verlorne stehen in dem Thal Josaphat, massen selbes in seiner Weite und Umkreis nit sehr groß; denn natürlicher Weise sollte der Ort, allwo so viel tausend Millionen der Leut stehen, etlich hundert Meil in seinem Umkreis fassen, es geschieht aber darum das Gericht und letzte Urtheil in diesem Thal, damit den Verdammten ihre Bosheit, und mehr als viehische Undankbarkeit besser könne verwiesen werden: Denn allda werden sie mit Augen sehen alle diejenigen heiligen Orte, allwo die Erlösung und Seligmachung vor das menschliche Geschlecht vollzogen worden, dort wird ihnen vor Augen seyn das Nazareth, allwo Gottes Sohn die menschliche Natur angenommen, und den Himmel mit der Erd vertauscht hat, dort wird ihnen gezeigt werden das Bethlehem, wo Jesus Christus geboren, dort werden sie vor Augen haben das Jerusalem, wo er geprediget, den Garten, wo er Blut geschwitzet, das Haus Pilati, wo er gegeißelt worden, den Berg Calvariä, wo er nackend und bloß auf das Kreuz genagelt worden, den Oelberg, wo er gen Himmel gefahren, den Ort, wo er den heiligen Geist gesandt hat. Da werden die Verlornen vor Aengsten fast vergehen, wann ihnen der göttliche Richter wird unter die Augen stellen, wie sie alle diese so große und unendliche Gutthaten veracht, verschwendt, und mißbraucht haben. Jene Söhne des Patriarchen Jakobs seynd vor Schrecken [70] schier zu Boden gefallen, wie der königliche Statthalter in Egypten, vor dem sie zitternd gestanden, diese Wort geredet: »ego sum frater vester, ich bin derjenige euer Bruder, den ihr verkauft habt etc.« Wie wird es dann allen Unglückseligen um das Herz seyn? Wann der damalige majestätische Richter sagen wird: Ich bin Jesus, der euch erschaffen, ich bin Jesus, der euch erlöst, ich bin Jesus, der euch erhält, ich bin Jesus, der euch erleucht, ich bin Jesus, der euch so oft verziehen, ich bin Jesus, der euch die ewige Belohnung versprochen, ich bin Jesus, der euch mit der ewigen Verdammnuß gedrohet, und ihr habt mir nit gedankt, und ihr habt mir nit geglaubt, und ihr habt meiner vergessen, und ihr habt mir den Rucken gezeigt, und ihr habt wider mich gestritten, und ihr habt mich ausgehöhnet, und ihr habt mein theures Blut mit Füßen getreten, und ihr habt meine göttliche Gnaden in Wind geschlagen, und ihr habt meine heil. Sakramente so schimpflich tractirt, und ihr habt lieber dem höllischen Feind gedienet als mir. Als mir, der ich doch euch geliebet wie ein Vater, als mir, der ich euch gespeiset hab wie eine Mutter, so gar mit meinem Fleisch und Blut, als mir, der ich alle Augenblicke euch mit Gutthaten hab überhäuft. Wo seynd jetzt eure Reichthümer, mit dero wenigstem Theil ihr hättet gar leicht können den Himmel erwerben? Wo? wo seynd jetzt die Wollüsten, in welchen ihr über die Ohren seyd geschwommen. Wo? wo ist die guldene Zeit, dero ein einige Stund euch hätte können meine göttliche Burmherzigkeit gewinnen? Wo? wo ist jetzt die Welt, dero Liebkosen euch mehr [71] gefallen, als meine Gebote? Wo? alles ist zergangen, wie der Schnee, alles ist verschwunden, wie ein Schatten, alles ist verwelkt, wie ein Gras, alles ist abgeloffen, wie eine Reis'-Uhr, alles hat. ein End, und jetzt wird bei euch anfangen die unglückselige Ewigkeit.

Wo wird sich dazumal hinwenden der elende Sünder? Zu Gott nit, denn dessen Zorn wird an diesem Tag, bei diesem Gericht, zu dieser Zeit ein Zorn seyn über alle Zorn, die er einmal der Welt gezeigt hat. Groß war sein göttlicher Zorn, wie er die abtrünnigen Engel, diese stolzen Limmel, vom Himmel gestoßen, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er unsern Vater und Mutter aus dem irdischen Paradeis-Garten verjagt, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er wegen der Laster Ueberfluß den Sündfluß in die Welt geschickt hat, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er die Städte Sodoma und Gomorrha mit Schwefel und Pech in Aschen gelegt, und dero Faßnacht mit einem so traurigen Aschermittwochen gezüchtiget hat, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er den Pharao samt seiner egyptischen Macht im Meere zu Wasser gemacht, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er die zween Söhne des Aarons durch das Feuer vom Himmel verzehrt hat, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er den Core, Dathan und Abiron von der Erd hat lassen lebendig verschlucken, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er den armen Tropfen, der am Samstag [72] etlich wenigs Holz zu seiner Nothdurft gesammlet, hat lassen von männiglich versteinigen, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er so viel tausend Israeliter, um weil sie das Maul zu weit aufgethan, mit feurigen Schlangen gestraft, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er wegen der Unzucht 25000 bewaffnete Männer aus dem Geschlecht Benjamin getödtet hat, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er wegen des Davids Uebermuth 70000 der Seinigen durch einen Engel hat lassen erwürgen, aber was wollt dieser seyn? Groß war sein göttlicher Zorn, wie er aus dem Kriegsheer Senacherib 185000 hat zu Boden geworfen, aber was wollt dieser seyn? Groß war seyn göttlicher Zorn, wie er den Propheten von einem Löwen, 42 Knaben von wilden Bären, die stolze Jezabel von den Hunden, den gottlosen Herodes von den Würmern hat lassen verzehren, aber was wollt dieser Zorn seyn gegen denjenigen, den er am jüngsten Tag zeigen wird denen Verdammten und Verlornen auf der linken Seite?

So groß wird sein Zorn seyn, daß ein einiger seiner Augenblick Himmel und Erde auf einmal vernichten thäte, dafern sie nicht durch ein Wunderwerk erhalten würden. So groß wird sein Zorn seyn, daß ein einiger Blitz von seinem Angesicht auch die runde Erdkugel, wann sie auch vom harten Metall und Glockenspeis, könnte zerschmelzen. So wird sich dann dazummal der verlassene Sünder nit können, noch dürfen wenden zu Gott, bei dem nit mehr Barmherzigkeit, [73] sondern Rachgierigkeit zu finden. Er wird desgleichen von Gottes Mutter, die sonsten eine Mutter der Barmherzigkeit benamset wird, verstoßen werden. Er wird von seinem gehabten Schutzengel, der ihn so viel Jahr und Zeit zu allem Guten zu leiten sich beflissen, angeklagt, und gar vermaledeit werden. Er wird von dem Heiligen, dessen Namen er in der heiligen Tauf empfangen, mit allem Fluch überhäufet werden. Endlich thut sich des Richters göttlicher Mund eröffnen, und in das letzte unwiderrufliche (Merks!) unwiderrufliche (zitterst du dann nit ob diesem Wort am ganzen Leib?) unwiderrufliche Urtheil ausbrechen: »Ite maledicti in ignem aeternum, gehet hin ihr Vermaledeite in das ewige Feuer.« Ihr Vermaledeite vom Kopf bis auf die Fersen, ihr Vermaledeite zu Leib und Seelen, ihr Vermaledeite von Innen und Aussen, ihr Vermaledeite von Mir, ihr Vermaledeite von meinem himmlischen Vater, ihr Vermaledeite vom heiligen Geist, ihr Vermaledeite von allen meinen Heiligen, ihr Vermaledeite von allen Geschöpfen, gehet hin in das ewige Feuer, ins ewige! der Geistliche sollte dieses Wort ins erste Blatt seines Breviers schreiben.Ins ewige, ihr Cavalier sollt dieses Wort auf das Degengefäß stechen lassen. Ins ewige, ihr Dammasen sollt dieses Wort auf euren, Spiegel-Kramm zeichnen lassen. Ins ewige, ihr Kaufleute sollt dieses Wort zu Anfang eurer Bücher setzen lassen.Ins ewige, ihr Bauren und gemeine Leute sollt dieses Wort auf die Thür eures Hauses schreiben lassen. Ins ewige, dieses Wort hat ganze Wüsten und Einöden mit Leuten angefüllet. [74] Ins ewige, dieses Wort hat gemacht, daß so viel Reichthum, Hoheit veracht, und mit evangelischer Armuth vertauscht worden. Ins ewige, dieses Wort hat auch dem verwegensten Sünder einen Zaum eingelegt. Ins ewige, dieses Wort hat viel tausend in die Klöster gezogen. Ins ewige, dieses Wort erschrecket mich dergestalten, daß ich vor Zittern nit mehr schreiben kann!

Judas der verblendte Gesell suchet das wahre Licht
Judas der verblendte Gesell suchet das wahre Licht mit Lichtern und Laternen.

Daß solcher verrätherische Apostel mit so großer Mannschaft, mit so starken Kriegs-Waffen wider den Herrn Jesum ausgangen, gibt die Ursach der heilige Paschasius, sprechend: Es habe Judas Christum vor einen Zauberer und Schwarzkünstler gehalten, als der durch Beihülfe des Teufels Beelzebub sich leicht könne aus dem Staub machen, wie es dazumalen geschehen, als er sollte von der Höhe des Bergs gestürzt werden, er aber aus den Händen der Juden wunderbarlich entronnen. Damit dann Christus desto sicherer möchte gefangen werden, hat er ein so großes Volk mit sich geführt in den Garten; daß aber obbenannter Böswicht so viel Laternen und brennende Fackeln mit sich genommen, indem doch dazumal der Vollmond[75] gewesen; und solcher die ganze Nacht hindurch geschienen, war die Ursach, weil er geforchten, es möchte etwan er oder seine Kameraden in eine Gruben fallen, oder sonst etwan an eine Mauer oder Stock anlaufen. Also bezeuget es der heil. Cyrillus von Alexandria: timebant forsan, ne aut in foveas caderent, aut pedes lapidibus offenderent. O verblendeter Apostel und verruchter Gesell! so gilt bei dir der Leib, so bald hernach ein Galgen-Schlenkel seyn wird, vielmehr als die Seel? dann du mit Beihilf der Laternen und Lichter hütest, damit du nit in eine Grube fallest, unterdessen achtest du wenig, daß deine Seel in die Hölle fallet: deinesgleichen findet man leider viel bei dieser verkehrten Welt.

Der Trampel gilt alles, der Mistfink gilt alles, der Sautrog gilt alles, der Wurmkübel gilt alles, der Kothsack gilt alles, der Talken gilt alles, der Gestankkolben gilt alles, die Eiterbüchsen gilt alles, der wilde Mufti gilt alles, diese Lausweid gilt alles, der Leib, sag ich, gilt alles, und die Seel, dieses kostbare Kleinod, diese wertheste Braut Jesu Christi, gilt wenig, und muß diese fast gleich einem armen Lazaro hinter der Thür vorlieb nehmen.

Zu Cäsarea, schreiben die Evangelisten, ist ein Weib gewest, und nach Aussag Eusebii, eine gar ehrliche und wohlhabende Burgerin, welche darum bei so guten Mitteln sich befunden, weil sie in Kleider-Pracht das Ihrige nit also verschwendet, wie der Zeit bei etlichen zu sehen ist, die, des Bügeleisens und Schuster-Leists vergessend, einer halben Dame gleich, die krause Goglhöpf auf dem Kopf tragen wollen. Diese Burgerin [76] wurde von einem harten und sehr üblen Zustand überfallen, benanntlich von dem steten Blutgang, woran sie zwölf ganzer Jahre gelitten, unter solcher Zeit war kein Arzt, keine Arznei, die sie nit gebraucht, ja so gar hat sie all ihr Hab und Gut an die Doctores gewendet, nur, damit sie möchte zu der gewünschren Gesundheit gelangen.

Es war aber diese arme Haus nit allein also beschaffen, sondern ihres Gleichen findet man mehr, so gar keine Unkosten sparen um ihres Leibs Gesundheit willen. Manlius Cornutus, aquitanischer Legat, hat seinem Medico, weilen er ihn wiederum zu voriger Gesundheit gebracht zu einer Belohnung 4000 Dukaten verehret. Erasistratus, ein berühmter Doktor und Leibarzt, hat von dem König Antiocho allein 60,000 Dukaten bekommen, das heißt die Puls griffen! Thadäus, ein Medikus zu Florenz, hat von dem Papst Honorio dem IV. 20,000 Gulden empfangen, um weil er ihm wegen der Gesundheit beigestanden. Ludovicus der II., König in Frankreich, hat innerhalb 5 Monaten seinem Medico 54,000 Dukaten gegeben, dann solcher den König persuadiret, daß er ohne seine Hülf nit lange Lebensfrist haben werde.

Ein manches alte Weib greift ihr so lange Zeit hero verschlossenes Schatzgeld an, nimmt hervor die alten Thaler, so von Carolo Magno seynd geprägt worden, schickt und schenkt dem Doktor und Apothecker solche guldene Münz, die noch mit der Bildnuß Julii Cäsaris prangen, nur damit sie wieder zu der Gesundheit gelange. Eine ist gewest, die wegen ihres hohen Alters so häufigen Catharr und gesalzene Flüß [77] vom Kopf herab gelitten, daß ihr derenthalben die Augen völlig in Verlust gangen, darum sie den Medicum um Gottes Willen gebeten, mit Verheißung einer ziemlichen Summa Geld, er wolle und solle ihr das Gesicht wieder erstatten; worauf er ganz unwillig geantwortet, daß es sich nit schicke, in ein altes baufälliges Haus neue Fenster zu setzen. Alles und alles spendiret man auf den Leib, damit derselbe gesund bleibe oder gesund werde.

Man leidet das Brennen, man geduldet das Schneiden, man stehet aus das Brechen, man versucht das Schwitzen, man ergreift das Fasten, man nimmt allerlei grausliche Medizin, Pillulen von assa foetida oder Teufelskoth, sal volatile urinae den succum und Saft von Esels- und Saukoth, distillirte Würm, Stinkwurzen, sonsten Bigonia genannt, Saft von dem Roßmist, ja allerlei verzuckerten Wust und präparirten Unflath, nur damit der Leib, dieser grobe Limmel, wieder gesund werde. Wegen der Seele aber, wegen dieser unsterblichen Kreatur, wegen dieser so herrlichen Braut Jesu Christi, wendet man nit den vierten Theil so viel Mühe und Fleiß an. Bei allen Tafeln, auf allen Mahlzeiten, in allen Gesellschaften, aus Pütschen, aus Gläsern, aus Kandeln, aus Krügen, aus Tätzen, sogar aus Salzbüchslen und Pantoffeln trinkt man die Gesundheit dieser und dieses, bald in Wein, bald in Bier, bald in Meth, da wünscht man, ruft man, schreiet man, vivat! er soll leben! bei allen Zusammenkünften wird der Gruß seyn, ich erfreue mich seiner Gesundheit! in allen Beurlaubungen wird das Complement seyn, der Herr bleib [78] fein gesund! in allen Briefen wird der Zusatz seyn, ich bin, Gott sey Lob, wohlauf! Ihr limmelblaue Lackeien, ihr verbrämten Gassentreter, ihr regenbogenfärbigen Pagen, ihr indianischen hochzornleibfärbigen Diener, was ist euer vormittägiges Aus- und Ein-, Hin- und Her-, Auf- und Ablaufen und Schnaufen? was anders, als die Ordinari-Post; wie man geschlafen? wie man sich befinde? ob man gesund sey? je und allemal gedenkt man nur des Leibs, dieses tramplischen Wildfangs; der Seele aber, dieser nach dem Ebenbild Gottes erschaffenen Wesenheit, dieses so theuren Schatzes, ist man gar selten eingedenk, ja oft gar nie.

Im alten Testament war nichts wunderthätigers, als die Ruthe Mosis; Virga, im neuen Testament scheinet nichts wunderthätigers, als Virgo, verstehe die übergebendeite Mutter Gottes und glorwürdigste Jungfrau Maria; das siehet man zu Loretto in Welschland, das findet man zu Einsiedel im Schweizerland, das beobachtet man zu Altenötting in Bayern, das wundert man zu Zell in Steyermark; in allen diesen Orten hangen große Tafeln, kleine Tafeln, mittlere Tafeln, alte Tafeln, neue Tafeln, gemalte Tafeln, silberne Tafeln, guldene Tafeln; woraus zu sehen, wie die Leute ihre Hände aufheben zu der gnadenvollen Mutter Gottes in ihren Nöthen und Bedrängnissen; da siehet man vorgebildet einen Fallenden vom hohen Gebäu, einen Schwimmenden in einem tiefen Wasser, einen Geschleiften von dem Pferd, einen Verwundten von den Mördern, einen Hangeden an dem Mühlrad, einen Verschlossenen in der Feuersbrunst, einen [79] Liegenden in dem Bett, welche alle die gnadenreiche Himmelsköniginn angerufen in ihren Nöthen des Leibs; aber wenig Tafeln, ja fast keine wirst du antreffen, woraus abzunehmen, daß jemand in der Seelennoth hätte Hülf gesucht. Alles gilt der Leib, dieser plumpe Schlenkel, dieser garstige Sau-Narr, dieser talkete Schurk, dieser sterbliche Madensack, die Seele aber, welche Gottes Sohn mit seinem kostbaren Blut, mit seinem bittern Tod erlöset hat, dieses unsterbliche Geschöpf wird so wenig geachtet; es wäre noch leidentlich, wann man ihr nur halbentheil so viel erwiese, was man dem fleglantischen Leib gibt, O Gott! O Seel! O Ewigkeit! Ihr Juden seyd dazumalen verdammte Böswichter gewest, wie ihr den Barrabam, solchen öffentlichen Mörder und Aufrührer, habt frey und los begehrt, Jesum aber, als wahren Gottes-Sohn, zum Tod gezogen; wir aber seynd nit um ein Haar besser als ihr, die wir in den mehristen Begebenheiten den schlechten Leib der so kostbaren Seele vorziehen.

Unter andern Uebeln, wormit Gott die sündigen Adams-Kinder zu strafen pflegt, ist nit das mindeste die grassirende Pest und giftige Seuche, wie behutsam aber der Mensch dieselbige fliehet, ist sattsam bekannt, An. 1679 hat es die kais. Residenzstadt Wien genugsam erfahren, indem sich dazumalen ein Freund vom Freund abgesondert, ein Mann das Weib geschieden, ein Kind von den Eltern geflohen, in denen öden und sonst unbewohnlichen alten Schlössern, in hohlen Felsen und Steinklippen, in geringen von Gesträuß und Stauden zusammen geflochtenen Hütten, in tiefen [80] und salittersüchtigen Kellern und Gewölbern, sogar in wüsten und gestunknenBocks-Ställen haben die Leute ihre Wohnung gemacht, damit sie nur von der Pest nit möchten angesteckt werden. Eine Edelfrau, nit unweit Wien, hat einen großen hohlen Kürbis, so mit lauter Pommeranzen-Scheller ausgefüttert war, stets über den Kopf getragen, damit sie die vergifte Luft nit anblase, die ganze Stadt Wien ist dazumal fast zu einem Nonnen-Kloster worden, dann durch und durch eine strenge Clausur, und schier alles durch Fenster und Winden ein- und ausgelassen worden, damit nur der Leib, dieser abgeschmackte Schliffel, die Pest nit erbe. Aber auf die Seele, so doch ein unsterbliches Kleinod, hat man wenig acht, Gesellschaften und Zusammenkünfte, Tanz- und Spielhäuser, Mahlzeiten und Haingarten seynd mehrmalen schädliche Pest, wodurch gar viel Seelen zu Grunde gehen, werden doch nit gescheut, sondern gesucht, werden doch nit geflohen, sondern angebetet, ist also mehr gelegen an dem Heil des Leibs, dieses groben Leimpatzen, dieses wurmstichigen Blocks, dieses ungeschlachten Flegels, als an dem Heil der unsterblichen Seele.

In einer vornehmen Stadt trieb einsmal ein Bauer einen wohlbeladenen Esel bei einem hochfürstlichen Hof vorbei, weilen er aber das langohrige Thier mit so heftigen Streichen und Schlägen geplagt, also hat ein Kavalier von der Ritterstube oder Hofsaal hinunter geschrien, und gegen den Bauren mit harten Worten verfahren, daß er so tyrannisch mit dem armen Thiere umgehe, worauf der schlaue Bauer geantwortet: gnädiger Herr, verzeihet mir's, ich habe nit [81] gewußt, daß mein Esel einen Befreundten zu Hof habe, der sich seiner so eifrig werde annehmen.

O wie viel gibt es solche Esels-Freunde! was ist anderst unser sterblicher Leib als ein Esel! also hat ihn allemal der heil. Einsiedler Pachomius benamset, und dieses Gesellen nimmt man sich doch allerseits an, damit nur ihm nichts übels begegne, damit nur er wohl gehalten werde, an die Seele gedenkt man wenig, auf solche Weise seynd die egyptischen Zwiefel besser, als das himmlische Manna, auf solchen Schlag gilt das Linsenkoch des Esau mehr als der Honigfladen des Samsons, auf solche Manier ist schöner der Misthaufen des Jobs, als der guldene Thron Salamonis, wann der Leib alles gilt und die Seele so wenig.

Daß Joannes Baptista im Mutterleib aus lauter Freuden wegen der Gegenwart Christi in dem Schoos Mariä aufgehupft, ist ein groß Wunder. Daß Benedictus im Mutterleib von freien Stücken hat angefangen zu psalliren und singen, wie ein Mönch im Chor, ist ein groß Wunder. Daß Vincentius Ferrerius im Mutterleib stark angefangen zu bellen wie ein Hund, ist ein groß Wunder. Daß aber Jakob und Esau beede Brüder im Mutterleib miteinander gebalgt und gestritten, ja sogar einer den andern hin- und hergestoßen, ist es nit weniger ein großes Wunder, dann sie hätten ja sollen aus Antrieb der Natur den Schoos der Mutter, als einen so hoch privilegirten Burgfrieden respektiren; es hat aber dazumal die verdammte Ehrsucht schon die zwei kleinen Kinder also kitzelt, daß sie um die Präcedenz und Vorgang nach Kräften gestritten, welches leider noch in der ganzen [82] Welt zu sehen. O was Fleiß und Unkosten wird allerseits angewendet, damit der Leib, dieser leimige Trampel, verehret werde! Signore, ich sehe euch schon ein halbes Jahr hindurch alle Tage bei Hof; ihr steigt, auf und ab wie eine Gems, ihr buckt und biegt euch mehrmalen wie eine Passauer-Kling, ihr sucht hin und her, wie ein Wachtelhund, ihr schmotzt wie ein Flecksieder nach der Fasten, ihr seufzet oft wie ein ungeschmierter Nüstwagen, ihr hupft bald da bald dort wie eine unruhige Bachstelze, ihr schmeichelt nit weniger als ein Kammerhündlein, ihr schleichet öfters wie ein Fuchs im Schwarzwald, ihr richtet such in alle Possen wie ein Aff eines Marktschreiers, ihr demüthiget euch wie das Geröhr im Teich, ihr stellet euch so züchtig, wie eine ehrbare Braut bei Ablesung der Verkündzettel, ihr thut aufwarten wie Koridon bei der Tafel, ihr tragt nit Last sondern Unlust, mehr als ein Müllneressel, ihr dissimulirt wie die Glocken am Charfreitag, ihr zwitzert in allen Winkeln wie ein Lockvogel, ihr klopfet allenthalben an wie ein Baumhackl, in Summa, kein Geld ist euch zu lieb, keine Zeit ist euch zu lang, keine Sorge ist euch zu groß, keine Bürde ist euch zu schwer, ihr spondirt und spendirt, ihr parlirt und burlirt, ihr advocirt und invocirt, damit ihr nur eine Ehr, ein Amt, eine Charge, eine Dignität mögt erschnappen, ertappen.

Fast lächerlich ist, was Cäsarius erzählet von einem Mönch und gemeinen Laienbruder in einem Kloster: dieser ward von dem Hoffarts-Teufel dergestalten angefochten, daß er in allweg getrachtet, wie er doch möchte ein vornehmer Prälat werden; weil er aber [83] mit dem Kochlöffel allein schreiben konnte, und nichts anders lesen, als Linsen und Arbes, also hat er sich von freien Stücken, obschon ziemlich bei Jahren, über das A B C gemacht, worin er aber wegen steter Klosterarbeit wenig erlernend, dessentwegen das Kloster quittirt, und wieder in die Welt gekehret, damit er desto füglicher und besser dem Lesen und Schreiben und fernerem Studio könne abwarten, es blieb aber der saubere Urian ein Doktorpüffel wie zuvor, dahero dann wieder in das vorige Kloster getreten, aber von dem vorigen Hoffartsgeist nie abgetreten, sondern auf ein Neues mit größtem Eifer sich mehrmal auf das Studiren sich begeben, Tag und Nacht speculirt, damit er nur möchte Bischof werden, früh und spat im Buch gelegen, damit er nur möchte Bischof werden, Vormittag und Nachmittag gearbeitet, damit er nur möchte Bischof werden, inwendig und auswendig gelernet, damit er nur möchte Bischof werden, in der Zell und außer der Zell gestudiret, damit er nur möchte Bischof werden, es hätten ihm mögen die Augen ausrinnen, es hätte ihm mögen das Hirn zerspalten, es hätte ihm mögen die Gedächtnuß zerklieben, vor lauter Lernen, damit er nur möcht ein Bischof werden. O Frater Narrciß! Einstmals erscheinet ihm der böse Feind, in der Gestalt eines glorrreichen Engels, und trägt ihm mit freundlichem Gespräch vor, wie daß Gott dem allmächtigen höchst wohlgefällig seye seine so heilige Meinung, solle demnach auf keine Weise von dem Studiren nachlassen, massen ihn schon Gott habe auserkiesen zu einem vornehmen Erzbischof. Wie solches der geschorne Knollius vernommen, da[84] war keine Weis' kein Fleiß, keine Zeit, kein Streik, kein Ort, kein Port, so er nit hätte zu dem Studiren angewendet, er schauete seine Nebenbrüder über Zwerg an, er resignirte alle Kuchenarbeit, und thät verachten seine vorgesetzte Obrigkeit, er weigerte allen Gehorsam, in Summa, er thäte dergestalten unaufhörlich dem Studiren obliegen, daß er mußte wie ein ausgelernter Schuhmacher mit einem großen Riemen den Kopf binden, wann er anderst hat wollen verhüten, daß ihm solche Strohhütte nit einfalle, was? sagt er, was meint ihr, was ich mit der Zeit werde werden? ihr grobe Brüder müßt noch einmal mir die Kniee biegen, und meiner Gnaden leben. Dem Teufel gefiel das Spiel, daß er solchen Lai- oder Heubruder in sein Garn gebracht, erscheinet ihm demnach das andermal wie ein englischen Botschafter vom Himmel, und deutet ihm beinebens an, wie daß in dieser N. Stadt der Erzbischof seye mit Tod abgangen, dessen Stelle er unverweigerlich solle antreten. Ho, ho, das war eine angenehme Zeitung unserm schmotzigen Baocalaurio, der macht sich bei Mitternacht aus dem Kloster, und reiset 3 ganzer Tag dahin, eine Meile aber von besagter Stadt entlegen, nimmt er die Nachtherberg bei einem Pfarrherrn, der ihn gar höflich und mit großer Liebe traktirt, nachdem der unzeitige Bischof sich in das Bett gelegt, machte er sich allerlei sorgfältige Gedanken, unter andern gedachte er, daß ihm die gesammte Stadt werde entgegen gehen, und den neuen Celsissimum mit sonderm Pomp und Pracht einbegleiten, es schickte sich aber zu solchem stattlichen Einzug gar nit wohl sein schmotziger Habit, den er[85] bereits ins dritte Jahr bei den Kuchgeschirren und Hackbrettl getragen, fällt ihm gleich ein, daß er kurz vorhero eine nagelneue Kutte des Herrn Pfarrers in der Kammer habe wahrgenommen, dann auch einen schönen Klepper in dem Stalle; besinnt sich darauf nit lang, sondern schlieft ganz still in den neuen Rock des Pfarrherrns, setzt sich auf das schöne Pferd, und reitet also wohl ausstaffirter nach der Stadt. Dem Herrn Pfarrherrn ist es seltsam in aller Frühe vorkommen, daß ihm das Pferd die Kutte, oder die Kutte das Pferd hinweggeführet, schöpfte also gleich einen wohlgegründeten Argwohn, der Herr Frater seye dieser saubere Gast gewesen, dahero er demselben unverzüglich nachgeeilet, und ihn gleich in Mitte der Stadt angetroffen, allwo er den großen Platz auf- und abgeritten, immerzu wartend, wann man ihn dann empfangen werde, weil aber der Pfarrherr dem Magistrat angedentet, daß dieser zweifelsohne nur in Mönchskleidern verhüllte Böswicht bei ihm solches Diebsstuck begangen, also ist er, unangesehen seiner vielfältigen Protestation und Vorwand des geistlichen Stands, so man ihm nit geglaubt, als ein rechter Dieb auf den hohen Galgen gehängt worden. Dieses schreibt Cäsarius und Valerius Venetus in seinem Prato Fior: und erhellet aus solcher Geschicht, was Fleiß, Mühe und Arbeit ein Ehrsüchtiger anwende, damit er nur hoch komme, damit man ihn verehre. Aber daß die unsterbliche Seele einen hohen Thron im Himmel bekomme, da gedenkt man nit viel, da arbeitet man nit viel, da spendiret man nit viel; auf daß aber der Leib, dieser wilde Kothfang, dieser garstige Lackendrescher, [86] dieser übelriechende Madenkoch hoch, sitze, in Ehren sitze, da sucht man alles, und versucht man alles, mit einem Wort, der Besti gilt alles.

Was jenem Hofbecken oder Pfisterer in der Keuchen geträumet, das erfährt man noch alle Tag, Tag und Stunde, Stund und Augenblick, ihm hat geträumt, als trage er auf dem Kopf 3 große Körb voll mit Brod, in dem obersten Korb waren die Mundsemmel vor den König, und dieser Korb stunde offen, daß die Vögel daraus gefressen und weggetragen, die andern zwei Körb waren zugedeckt, da doch nur das gemeine Gesindelbrod darinnen, die schwarze Laib vor die Kuchel- und Stallbursch, also hat man auf das schwarze Gesindelbrod mehr Acht gehabt, mehrere Sorg gehabt, als auf die Mundsemmel des Königs Pharao, also geschieht auch noch immer fort, daß man mehrere Sorg trägt auf den Leib und dessen Heil, auf den Leib, diesen gemeinen Kerl, diesen siechigen Tropfen, als auf die Seele, die noch mehr werth, als unendliche Wert, als unzahlbare Schätze

Sterblich ist der Leib, und ihm ist der Tod und Untergang unvermeidlich. Ein vornehmer Kavalier hatte einen sehr herrlichen Pallast aufgebauet, denselben auf das Allerprächtigste mobilirt, und alles mit allem so wohl versehen, daß auch ein naswitziger Vitruvius ihm nichts hätte können ausstellen, gleichwohl hat sich einer gefunden, welcher in diesem so adelichen Pallast und vollkommemen Gebäu einen Mangel vermerkt, der Patron de Kasa wollte kurzum wissen den Fehler des Gebäues, dem dann der andere mit gebührendem Respekt geantwortet, wie daß eine Thür [87] solle zugemauert seyn, massen diese Thür das ganze Werk schände, was vor eine Thür? die Thür antwortete er, durch welche einmal der Tod wird einschleichen, die Thür, durch welche einmal mein gnädiger Herr zum Grabe wird getragen. Das hat geheißen, du bist ein sterblicher Mensch, und wann du schon würdest alle Ziegelsteine von dem babylonischen Thurm abbrechen, so klecketen solche nit, das Loch und die Thür zu vermauern und schließen, wo der Tod einschleicht, ist also dein Leib sterblich, deine Seele aber unsterblich, und gleichwohl traktirest du den Leib weit besser als die Seele.

Der Evangelist Matthäus am 12. Kap. registrirt, wie der Herr Jesus an einem Sabbath durch ein Treid- Feld gangen, da waren die Apostel ziemlich hungrig, also zwar, daß sie angefangen die Kornähren auszuropfen und zu essen: der Zeiten ist man mit dem Leib viel heiklicher, und traktirt man ihn nit mit Korn, wohl aber mit lauter auserkornen Speisen. Im A B C gehet der Buchstaben E nur die Verheiratheten an, der Buchstaben G nur die Maulaffen, der Buchstaben O nur die Fuhrleute, der Buchstaben R nur die Zornigen, aber das S, Ss ist fast ein allgemeiner Buchstaben, Ss in der Frühe, Ss zu Mittag, Ss auf den Abend, Ss lauter gute Bißlein. In Summa, es finden sich Frißländer durch die ganze Welt: zu gedulden wäre es aber noch, wann man den menschlichen Leib mit gemeinen Speisen versehen thäte, aber den Limmel fütterte man mit allerlei fremden und kostbaren Schleckereien, und muß ein französsicher Suppenschmied oft eine ganze Nacht speculiren, [88] wie er den andern Tag mit fremden Trachten seine gnädige Herrschaft möge bedienen; da nimmt er mit aller Macht das Dominium, welches Gott von Anbeginn der Welt dem Adam noch im Stand der Unschuld gegeben, herrschet über die Fische des Meers, und über die Vögel des Himmels, und über alle Thiere, die sich auf Erden bewegen, da müssen alle Elemente ihre Inwohner in die Kuchel-Robath und Scharwerk schicken, es müssen die Schnecken gar auf der Post Paphlagonia kriechen, es müssen die Fische gar aus Mauritania berufen werden, es müssen die Vögel gar aus Asia citirt werden, es muß das Gewürz drei Meilen hinter Kalekut hergebracht werden. Unser lieber Herr Jesus hat zwar zu unserer Nachfolge die ganze Zeit, da Er auf Erden gewandert, den Tag nur einmal gessen, auch nie kein Fleisch ausser zu Ostern von dem Osterlamm, vermög des mosaischen Gesetz.

Der jetzigen Christen Wandel ist weil entfernet von Christi Wandel, massen das dermalige Essen in einem viel andern Esse stehet, dann fast alle Tag neue Fünde und Vortheil erdenkt, erdicht und erdacht werden, wie man auf eine besondere Weise dem Appetit und Freßgierigkeit könne Satisfaktion leisten, es koste was es immer, wolle. Die ersten Eltern im Paradeis, sobald sie die verbotene Frucht gessen, haben sich nackend und bloß erkennet, auf solche Weise hat sie das Essen entblößt; bey jetziger Welt ist es nichts mehr neues, daß sich gar viel, durch stetes und kostbares Essen und Mahlzeiten, aller Mittel entblössen, ja gar erarmen. Mit einem Wort, der Leib, [89] dieser Schurk, gilt alles. Entgegen die Seele, dieses so herrliche Ebenbild Gottes, dieses unsterbliche Meisterstuck der allmächtigen Hände, gilt fast nichts, ein ganzes Jahr hindurch was kost nit der Leib, dieser garstige Mist-Fink? der Seele aber oft vergönnet man gar nichts.

Das erste Kapitel in heil. Schrift, im ersten Kapitel die erste Zeil, in der ersten Zeil die ersten Worte lauten also: Im Anfang hat Gott den Himmel und die Erde erschaffen. Auf solche Weise ist der allmächtige Gott ein seltsamer Baumeister, um weilen Er anfangs das Dach aufführet, nachmals erst die Fundamenta leget, dann was ist anders der Himmel als ein Dach über die Erde? Es hat aber Gott der Herr, wie es andeutet der heil. Chrysostomus, derenthalben ehender den Himmel erschaffen als die Erde, damit wir sterbliche Adams-Kinder hierdurch eine Lehr nehmen, und auch allemal das Himmlische dem Zeitlichen, die Seele dem Leib vorziehen, aber leider es geschieht fast jederzeit das Widerspiel, und thut man hundertmal mehr bedienen den Leib, als die Seel.

Der Apostel ihre Netz, da sie noch arbeitsame Fischer waren, seynd nit so oft gewaschen worden, als da gewaschen wird ein Menschen-Gesicht, das muß alle Tag ins Bad, das muß alle Tag, ja oft alle Stund, vor dem gläsernen Richter erscheinen, wie dann Eine gewesen, die immerzu, und fast die meiste Zeit, vorm Spiegel gestanden, zuweilen aber ganz wehmüthig geseufzet, wessenthalben ihre Magd einmal die Ursach gefragt, warum sie also seufze? Ach! sagt sie, [90] das Gesicht gehet bey mir schon hin, wann ich nur Person halber nit so klein wäre, das betrübet mich. O! gibt hierüber das einfältige Dienst-Mensch die Antwort, Frau, thut euch derenthalben nit bekümmern, dann ob ihr schon Leib halber klein, so seyd ihr beinebens gleichwohl eine große et caetera etc. Den Spiegel dieses wahrsagerische Glas thut man immerzu befragen, wie das Gesicht stehe? Ob kein Mahl darinnen? darauf? darum? es muß sich das Gesicht mit allerlei Wasser putzen und reiben lassen, forderst bei denen Weibern; da müssen Schnecken-Häusel her, Adlers-Federn her, junge Schwalben her, Sauerteig her, Märzen-Schnee her, Katzen-Schweif her, Brodrinden her, Schild-Kroten-Bratzen her, Frauen-Glas her, Himmel-Thau her, Hahnen-Kämm her etc. warum nit auch Kuttelfleck-Unterfutter her? alles in gewissen Wassern gebeizt und gesotten, und distillirt, damit das Gesicht wohl gewaschen, auf daß es schön bleibe, oder schön werde.

In dem Leben des heil. Patritii wird gelesen, daß einsmals ein schneeweißer alter Tällt zu ihm kommen, sprechend: er habe viel vernommen und gehört von seinen großen Thaten und Wunder-Werken, und also versprach er, daß er wolle aus einem Helden ein Christ werden, und seinem allerseits ausgebreiteten Glauben nachkommen, wann er ihm seine Jugend wieder zuwegen bringe. Patritius fällt alsobalden auf seine Knie nieder, und verrichtet sein Gebet zu Gott dem allmächtigen; kaum daß er eine kleine Zeit dem eiferigen Gebet obgelegen, da ist mit höchster Verwunderung der alte Geck ein ganz junger Mensch worden, [91] die Haar sich verändert, die Runzeln sich verloren, das Maul mit Zähnen wieder versetzt, das ganze Angesicht sich verjüngert, und gäh aus einem Winter ein Frühling worden.

Wann sollte der heil. Patritius noch in dem zeitlichen Leben seyn, was würde er nit vor einen Zulauf haben? ein mancher alter Greis verlobte sich mit bloßen Füßen auf Kompostell zu wahlfahrten, wann er nur könnte wieder jung werden; eine manche alte Zibet-Katz thät sich hundertfältig, tausendfältig einstellen, wann sie nur der Falten möchte los werden; bin versichert, das ein jedes Spital-Weib mit Krucken und Stecken dem heil. Patritio würde zueilen, und von ihm ihre blühende Jugend wieder erbitten, der heil. Mann würde immerzu mit weißen Schimmeln umgeben seyn, und müßte Tag und Nacht geplagt werden, wie er die geschimmelten Waaren wieder möchte frisch machen. Aber Seelen halber ist wenig Sorg, es mag dieselbe eine Gestalt haben, wie sie will, derentwegen entstehet wenig Kummer, wenig, gar wenig bemühen sich dieselbe zu verjüngern, und in den ersten Unschuld-Stand zu setzen, in dem sie nach der heil. Tauf in der Kindheit gewest. Es gilt mit einem Wort der Leib alles, dieser garstige Puffer alles, dieser Zoten-Vogt alles, dieser Sau-Narr alles, die Seel aber, so mehr werth, als Himmel und Erde, mehr werth als ganze Berg von Gold, mehr werth als ganze Felsen von Diamanten, mehr werth als ein ganzes Meer von Balsam, die Seel, so mit nichts anderst, als mit dem theuren Blut Jesu Christi erkaufe worden, diese gilt so wenig, das sey Gott geklagt!

[92] Sobald der Vater Jakob dem jüngern Sohn, benanntlich dem Joseph, einen schönen bunten Rock machen lassen, und folgsam besser bekleidet, als die anderen, sodann ist gleich ein Neid entstanden unter den andern Brüdern; aber ihr saubere Gesellen, ihr Limmel auf allen Seiten (Lemmel hinter sich und vor sich gelesen) ihr habt nit Ursach, den frommen Joseph zu beneiden und ihm des schönen Kleids halber mißgünstig zu seyn, weil er auch frömmer und tugendlicher ist, auch mit weit bessern Sitten und Gemüths-Gaben versehen, als ihr, warum soll ihn der Vater nit auch mit einem bessern Kleid ausstaffiren? Aber die Seele, diese so hochansehnliche Prinzessinn, hätte tausend Ursachen zu klagen, tausend Ursachen, den Leib zu beneiden, um weilen dieser so abgeschmache Trampl je und allemalen so stattlich bekleidet wird, sie aber mit einem alten schlechten zerfetzten Küttel muß vorlieb nehmen.

Anno 2544 von Erschaffung der Welk, seynd drei Millionen der Hebräer von der ägyptischen Dienstbarkeit durch die göttliche Hand wunderbarlicher Weise erlöset worden, und etliche hundert Jahr hernach haben die Hebräer zu einer Dankbarkeit scilic. Gottes Sohn eben in derselbigen Nacht, eben in derselbigen Stunde gefangen genommen. Diese seynd anfänglich von dem Mose aus Aegypten geführt worden in die Wüste Faran, allwo sie von dem Allerhöchsten wunderbarlich erhalten worden vierzig ganzer Jahr, unter dieser währenden Zeit ist ihnen weder Haar, weder Nägel gewachsen, wie es Salvianus Massiliensis bezeuget, auch sogar keinem ein Zahn ausgefallen, [93] mit den kleinen Kindern seynd die Kleider aufgewachsen, und den großen Leuten ist durch 40 Jahr nit ein Faden verletzt worden; vierzig Jahr nur ein Kleid tragen, das ist viel, aber alle vierzehn Tag ein anders Kleid tragen, das ist auch viel, alle vier Wochen anderst aufziehen, das ist auch viel, alle vier Zeiten des Jahrs eine andere Modi in Kleidern haben, das ist auch viel, und leider bei dieser bethörten Welt gänzlich im Schwung.

Es hat unser lieber Herr einst gesagt, daß kein Prophet angenehm seye in seinem Vaterland, ich und ein anderer sagt ebenfalls, daß kein Zeug, und Tuch und Band angenehm seye in dem Land, wo es gemacht, der jetzige Kleider-Pracht will nur mit ausländischen Waaren versehen seyn, aus Galiläa ist vor diesem alles Gute entsprungen, massen darinnen unser Herr und Heiland geboren, aber aus Gallia kommet der Zeit alles Uebel her, weilen darinnen alle Teufels-Modi in der Wiegen liegt, man achtet es nit, wann schon dergleichen Modi, Maden seynd, welche den Beutel durchfressen. Der Atlas, sagen und singen die Poeten, habe Vorzeiten die Welt getragen, jetzt könnte man schier sagen, der Atlas thue die Welt verderben, dann bereits auch eine rußige Kästen-Braterinn an einem Fest-Tag in Atlas daher prangt. Mit Kameelen seynd vor diesem die drey Könige aus Orient zu unserm Herrn kommen, jetzt will auch eine gemeine Fleck-Siederinn, in und mit Kammeloth zum Teufel fahren. Es haben dazumal die Hebräer sich verwundert und vergafft, wie sie gehört, daß die Apostel zu Pfingsten allerlei Sprachen geredet, ja etliche glaubten, [94] diese Fischer haben zu tief in die zinnerne Reussen geschauet, es ist sich dermalen nit viel weniger zu verwundern, wann man höret, daß die Schneider (cum pleno titulo) die auch vorhero das A B C nit durchbügelt, gleichwohl allerlei Sprachen reden, wann sie bald mit Kallamoko, mit Raßdizipre, mit Legratur, mit Sargedinim, mit Sarge di Roma, mit Sarge di Lill, mit Sarge di Drill, mit Trapdiparis, mit Scotsignoria herausbrechen, und seynd diese alle fremde kostbare Zeug, mit dem sie den Leib, diesen stinkenden Maden-Sack, bekleiden. Den Kapizoll der Teubel holl! O Terzennell wärst in der Höll! O Ferentin wärst du nur hin! O Zimmepon kei dich davon! O Scharlerin fall mir aus dem Sinn, Grüseth, Träpeth zum Galgen geht! Rättin, Krepan bleibt weit von dan, dann ihr der Untergang seyd so vieler tausend Men schen. So köstlich, so künstlich, so herrlich, so ehrlich, so mächtig, so prächtig verdeckt man, verhüllt man, und bekleidt man den Leib, diesen Flegelanten, und der unsterblichen Seele, dieser so adelichen Kreatur, vergißt man gar.

Jesus trat hinab, schreibt der Evangelist Lucas, an ein Ort in einem flachen Feld, und mit ihm die Schaar seiner Jünger, und eine große Menge des Volks aus dem ganzen Judenland, und von Jerusalem, und aus der Gegend am Meer, und bei Tyro und Sidon, welche kommen waren, daß sie Ihn höreten, und von ihren Krankheiten gesund gemacht würden: und alles Volk suchte ihn anzurühren, dann es ginge eine Kraft von Ihm aus, und machte sie alle gesund. Der Meister Daniel ist von etlich 20 Meil [95] zu unserm Herrn gereist, die Frau Esterl hat etliche Tag-Reisen, und mit nit wenigen Unkosten zubracht, damit sie den Herrn angetroffen, der gute Holzhacker Malachias, der ihm selbsten mit einer Hacken den Fuß zerspalten, ist mit zwei Krucken daher gehunken, die Jungfrau Sarl, um weil sie die Gelbsucht bekommen, und folgsam in der Forcht gestanden, sie möchte keinen Mann erhalten, hat sich lassen auf einem Kramer-Karren führen, damit sie könnte den Herrn anrühren. Die alte Ahnfrau Rebekka hat sich schier lassen von dem Volk zu todt drucken und treten, auf daß sie zu Christi Gegenwart gelange, viel tausend, und tausend haben alle ihre Geschäfte und Arbeit zu Haus verlassen, und zu unserm Herrn geeilet, warum? etwan damit ihre Seelen möchten in einen guten Stand gebracht, werden? das nit, das wohl nit, das gar nit, sondern damit sie die Gesundheit des Leibs möchten wieder erhalten. O Gott! so gilt halt allerseits der Leib vielmehr als die Srel, der Leib, so von Rechts wegen nit anderst soll titulirt werden, als ein Limmel, dann er von Limo herkommt, laut göttlicher Schrift, de limo terrae etc. Entgegen aber die unsterbliche Seel, welche Gottes Sohn mit seinem theuersten Blut erkauft, und gern vor eine jede Seel hätte so viel gelitten, was er hat ausgestanden, vor das gesamte menschliche Geschlecht, diese Seele wird fast allemal dem bachantischen Leib nachgesetzt, auf solche Weise ist eine Sau-Blatter in größerm Werth, als die Dukaten darinnen, auf diese Manier seynd die ganz guldenen Becher schlechter, als die hölzernen Futteral darüber, auf solchen Schlag gilt eine [96] Dienst-Magd Agar mehr im Haus, als die Haus-Frau Sara selbsten.

Sogar fällt uns nit ein, was der allmächtige Gott über den geduldigen Job verhängt, als er dem Teufel die Vollmacht geben über all sein Haab und Gut, über seinen Leib, und auch über seine Kinder. Nimm ihm, sagt Gott zu dem Satan, nimm ihm hinweg Schaf und Schaf-Stall, nimm ihm Haus und Haus-Rath, nimm ihm Geld und Gelds-Werth, sogar alle Kinder und Rinder, sogar die Leibs-Gesundheit, so über alles höchst geachtet wird, außer eines nit, die Seel, die Seel, die Seel soll mir verbleiben, veruntamen animam ejus serva. Gott schätzt alles geringer als die Seel, ja hundert tausend Welt, ja so es möglich wäre, unendliche Welt geringer als die Seel, den Himmel selbsten geringer als die Seel, wir aber verblendte Adams-Kinder schätzen alles höher als die Seel, zuweilen ein altes paar Hosen höher als die Seel, zu Zeiten einen Hund höher als die Seel, dann wir gar oft beweinen den Verlust, eines Kleids, eines Viehs, gar selten aber den Verlust einer Seel. Stengelius schreibt gar, daß einer dem Teufel seine Seel um sechs Kreuzer verschrieben, damit er könne eine Maaß Bier trinken. Es wäre zu wünschen, daß mancher Stockfisch mit ihm selbsten thäte umgehen, wie er pflegt umzugehen mit dem Häring, dann in den mehristen Orten des Teutschlands pflegen die gemeinen Leute zur Fasten-Zeit die Blasen von dem Häring, welche sie die Seel nennen, ober dem Tisch in die Höhe zu werfen, daß sie daselbst hangen bleibt;. zu wünschen wäre es, daß ein jeder Mensch mit sei– [97] ner Seel in die Höhe thäte trachten, aber leider, der Leib hat den ersten Sitz, und die Seel, diese so adeliche Kreatur, muß hinter der Thür stehen.

Mein lieber Herr Joannes, meine liebe Frau Joanna, mein lieber Meister Franziskus, meine liebe Meisterinn Franziska, hätt es bald vergessen, mein gnädiger Herr Ludovikus, meine gnädige Frau Ludovika, setzt euch in etwas nieder, und gehet mit euren Gedanken zurück, durchblättert eure Bücher, und schauet fein wohl, was ihr in 50 Jahren schon habt angewendet an den Leib, betrachtet fein wohl, was euch dieser Mistfink schon kostet, was manche gute Täg und Nächt habt ihr diesem Lotters-Gesellen vergönnt, 24 Stund hat der Tag, erwägt demnach wohl, ob ihr aus dieser Zeit nit alles dem Leib, und zu seinem Interesse gewidmet, der Seel aber hart eine halbe Stund vergönnt, wann ihr die Sach, wie es nit viel anderst ist, also befunden, so bitt ich euch doch um die Wunden Jesu meines Erlösers, folget nach, und tretet in die Fußstapfen des Jakob im alten Tastament.

Nachdem Jakob über 14 Jahr in des Laban Diensten gewesen, hat er erstgedachten seinen Schwähr-Vater also angeredet: Ihr wisset gar wohl, was Gestalten ich euch über 14 Jahr lang treue Dienst geleistet habe, Tag und Nacht, früh und spat, Sommer und Winter hab ich wenig Schlaf noch Ruhe gehabt, sondern je und allemal mit höchstem Fleiß und Sorgfältigkeit euren Nutzen und Interesse beobachtet, weil ich dann nun eure zwei Töchter zu Weibern hab, und mittlerzeit auch mehr Kinder zu gewarten, also hoffe ich, ihr werdet es mir nit vor ungut aufnehmen, [98] wann ich endlich auch auf das Meinige eine genauere Obsicht werde tragen, justum est, ut et ego aliquando provideam domui meae, es ist gar recht, daß ich auch meinem Haus einmal vorstehe.

Die Jahr meiner Kindheit im Stecken-Reiten, und Häusel-Bauen, meine ganze Jugend hab ich verzehrt in schnöder Liebe und Muthwillen, die Zeit meiner Mannheit hab ich angewendet zu lauter Negotien und Trafica, die Zeit meines Lebens weiß ich keinen Tag, an dem ich nit dem Leib hätte gedienet, und ihm in Allem gewillfahret. Ei so ist ja recht, daß ich auch meinem Haus einmal vorstehe, es ist ja recht, daß ich einmal einen andern Lebens-Wandel führe, es ist ja recht, daß ich einmal meine so theure Seel versorge, es ist ja recht, daß ich einmal durch eine General-Beicht alle meine Sünden bereue, es ist ja recht, daß ich die übrige und vielleicht gar kurze Zeit meinem Gott diene, und das unendliche Heil meiner Seele in Obacht nehme. Justum est, ut et ego aliquando provideam domui meae.

Judas, der falsche Böswicht, verrathet Jesum mit einem Kuß
Judas, der falsche Böswicht, verrathet Jesum mit einem Kuß.

Es ist ja der gebenedeite Heiland im ganzen Judenland keinem Menschen unbekannt gewesen, massen Er nit in geheimen Schliefwinkeln, nit in finstern [99] Gewölben und verborgenen Orten geprediget, sondern im öffentlichen Tempel, auf ebnen Feldern, auf allbekannten Straßen seine Lehr ausgebreitet und vorgetragen, dem auch viel tausend Menschen mit größtem Eifer zugehört, eine unzahlbare Menge Volks ihm stets nachgefolgt, daß auch derenthalben seine Apostel und Jünger ungeduldig worden, um weilen sie von denen ungestümen Leuten immerzu gedruckt und hin und her gestoßen worden. Weil Ihn dann jedermann wegen seiner heiligen Lehre und großen gewirkten Wunderthaten gekennet, auch insgemein von den Buben auf der Gasse der Wundermann von Nazareth genennet worden, was ists vonnöthen gewesen, daß er durch ein Zeichen von Juda soll verrathen werden? Theophylaktus erörtert diese Frag mit folgenden Worten: wie daß wenig Volk und gemeiner Pöbel sich habe befunden unter denjenigen, die da kommen seynd, Jesum zu fangen, sondern dieselben seynd meistentheils gewesen: Soldaten, Hofbediente Schriftgelehrte und bei dergleichen Standspersonen ist Christus, als die ewige Wahrheit, nit gar viel bekannt; Origenes aber gibt dessen eine andere Ursach, sprechend: es habe der Herr Jesus unterschiedliche Gesichter gehabt, gleichwie das Manna im alten Testament unterschiedliche Geschmach, und seye er einem Jeden anderst erschienen, gleichwie er es würdig oder bedürftig war. Andere glauben, er seye dessenthalben von Juda durch ein gewisses Zeichen verrathen worden, um weil dieser Erzschalk den Hebräern vorgetragen, es seye einer unter seinen Mitkameraden, Namens Jakobus der Mindere, welcher Gesicht halber dem Jesu von Nazareth [100] ganz ähnlich und gleich; damit also sein Fehler noch Irrthum möchte unterlaufen, so seye vonnöthen, durch ein gewisses Kennzeichen ihn zu unterscheiden.

Warum aber, o verruchter Abfaim! durch einen Kuß? warum hast du nicht mit Fingern, die vorhero so diebisch oft die apostolische Kassa visitirt und bestohlen, auf ihn gedeutet, und solchergestalt verrathen? Es ist zu wissen, daß dazumalen unter denen Aposteln dieser löbliche Brauch gewesen, daß sie allezeit, wann sie Geschäften halber ausgangen, und nachgehends wieder nach Haus gekehrt, dem Herrn Jesu einen Kuß gegeben, gleichwie bei unsern Zeiten die untergebenen Geistlichen von ihrer Obrigkeit pflegen die Benediktion zu nehmen, und die Gürtel oder Skapulier zu küssen, weil es dann der Ischarioth nie malen redlich mit seinem Herrn vermeint, sondern allzeit äußerlich sich fromm, freundlich und friedlich gestellt, inwendig aber ein Schelm im Herzen, also wollt er auch dieses letzte Schelmenstück solchergestalt vermäntlen und bescheinigen. O Falschheit!

Wer sucht, der findt, lautet sonst das gemeine Sprichwort; aber das Glück hab ich nit gehabt. Der Esau hat ein Wildprett vor seinen alten und betagten Vater gesucht, und hat es gefunden, der hats Glück gehabt. Der Saul hat die Estin seines Vaters gesucht, und hat sie gefunden, der hats Glück gehabt. Die Agar hat einen Brunnen gesucht vor ihren halbverschmachten Ismael und hat ihn gefunden, die hats Glück gehabt. Die Bedienten des Vice-Königs Joseph haben das Gold und den Mund-Becher gesucht und haben Alles gefunden in den Säcken der Brüder, die[101] haben das Glück gehabt. Die Braut in dem Hohen-Lied Salomonis hat ihren Liebsten gesucht, und hat ihn gefunden, die hats Glück gehabt. Das Weiblein im Evangelio hat den verlornen Groschen gesucht und nach vielem angewandtem Fleiß denselben auch gefunden, die hats Glück gehabt. Petrus zu Abstattung des Tributs hat das erforderte Geld gesucht, auch selbiges in dem Maul des Fisches gefunden, der hats Glück gehabt. Der gute Hirt hat das verlorne Schäflein gesucht in der Wüstes und hat es auch gefunden, der hats Glück gehabt. Maria und Joseph haben den zwölfjährigen Jesum gesucht, denselben endlich nach drei Tagen gefunden in dem Tempel, die haben das größte Glück gehabt. Ich aber suche so viel Jahr nacheinander, suche oben und unten, und auf der Seite, suche allenthalben, suche über und über, und hab es noch nit gefunden, werd auch das Glück nit haben, daß ich es werde finden, benanntlich dieRedlichkeit.

Ich hab mich anfänglich in die Kirche begeben, der gänzlichen Hoffnung, daselbst die liebe Redlichkeit anzutreffen, aber leider bald mehr Falschheit gefunden als anderwärts. Meine Augen waren zum Allerersten geworfen auf die Kanzel, und gedachte unfehlbar daselbst zu sehen, nachdem ich so lang getracht, das Widerspiel aber hat sich bald erzeigt, indem ich geglaubt, diese sey mit dem besten Gold überzogen, unterdessen war es nur Metall und von dem Firniß in solchen Glanz gezogen. An Gott! sagte ich bei mir selbsten, auf der Kanzel soll alles wahr seyn, anjetzo aber triff ich das Widerspiel. Auf dem Altar [102] erblickte ich sechs große Leuchter, die ich alle vor das beste Silber gehalten, und schätzte sie von Augsburger Prob, fand aber nachgehends mit eigner Schamröthe, daß sie Lugenburger Prob von Kupfer, also künstlich getrieben, stark übersilbert, und inwendig mit einer eisernen Seel verstärkt, das verdroß mich schon, wie ich wahrgenommen, daß fast alles nur auf den äußerlichen Schein gemacht seye. Weil aber dazumalen der Priester etliche fromme und eifrige Christen kommunizirt, wollte ich noch den Segen des höchsten Gutes erwarten, dessen ich auch, dem Himmel seye gedankt, theilhaftig worden, und anbei mich zugleich verwundert über das wunderschöne mit Gold gestickte Röckl des Ciborii, konnte mich derenthalben nicht enthalten daß ich den Meßner gar zu bescheiden angeredet, und gefragt, was selbiges doch möchte kosten? der mir aber zur geschwinden Antwort gesagt, wie daß solches nur falsches Gold, nur leonisch, und folgsam nit im großen Werth; dieses hat mich dergestalten bestürzt gemacht, daß ich fast über den Opferstock gefallen; ich machte mir keine andere Hoffnung, als daß ich allenthalben werde lauter Falschheit, und nirgends die Redlichkeit antreffen, weilen man auch bei dieser verkehrten Welt das höchste Gut selbsten mit falschem Gold kleidet, hab mich demnach ohne weitere Saumung aus der Kirche begeben; im Ausgang daselben hab ich mich nit wenig verwundert über das stattliche Portal, und hätte ich mit einem weiß nit was gewettet, es wäre von Salzburg mit großen Unkosten dahin gebracht worden, mir aber hat gleich ein altes Bettelweib allda die Meinung versalzen, indem [103] sie mit ihrem Aftermaul mich eines Irrthums beschuldiget, sprechend: es seye dieses große Thürgestell ganz und gar nit aus Marmor, sondern nur von Gipsarbeit, und auf Marmorart also pallirt. Ei pallir dich du Alte der Pokkränzky! gedachte ich ganz ungeduldig bei mir, so kommt mir dann nichts Redliches, sondern lauter Falschheit vor die Augen, hab mich sodann abgewendet von dieser baufälligen Redstube, und unweit derselben einen armen mühseligen Bettelmann angetroffen, dessen erbärmliche Gestalt mich billig zu einem Mitleiden bewogen, dann ihm der ganze Leib mit Siechthum und abscheulichen Rufen dermassen überzogen war, daß einem gedunkte, er habe sich mit eichenen Rinden bekleidet. O! seufzte ich, wann ich bei Geldmittlen wäre, wie mancher reiche und wohlhabende Gesell, wie gern und urbietig wollte ich mit diesem Tropfen das Meinige theilen, weil ich weiß, daß das denari do bei Gott dem Herrn meistens das Spiel gewinnet. Wie der Herr Jesus aus den Grenzen Tyri durch Sidon an das galliläische Meer kommen, da führten die Leute zu ihm einen, der da taub und stumm war, auch ersuchten sie den Herrn, daß Er die Händ auf ihn legte, und Er nahm ihn von dem Volk besonders, und leget ihm seine Finger in die Ohren, thät anbei ausspeien und sprach zu ihm Ephpheta, das ist »thue dich auf.« Zu wünschen wäre, daß mancher Reiche thäte zu seinem angefüllten Treidkasten sagen, Ephpheta, thue dich auf! zu Küsten und Truhen, die mit Kleidern angestrotzt, Ephpheta, thue dich auf! zu Taschen, Beutel und Geldsack, Ephpheta thue dich auf zur Hilf der [104] Armen, alsdann würde er spüren, daß solches Allmosen, alle Maßen verstehe, alle Sünden bei Gott auszutilgen. In Erwägung dessen hätte ich so gern dem armen und elenden Bettler, der wie ein anderer Job daselbst anzusehen war, von dem Meinigen etwas dargestreckt, weil aber das meum bei denen Religiosen und Ordensleuten von der evangelischen Armuth verfolgt wird, und ein barfüßiger Mönch mit Baarschaft gar nit versehen, also mußte meine Gutthat bestehen in gutem Willen. Anbei aber ist mir eingefallen jene Wundergeschicht, so sich mit einem frommen und heiligen Bischof in Frankreich zugetragen, dieser war ein absonderlicher Gutthäter der Armen, forderist aber willfährig und freigebig gegen die Aussätzigen, also zwar, daß er auf öffentlicher Gasse je und allemal dergleichen arme und elende Leut mit einem freundlichen Kuß empfangen. Einsmal aber begegnet ihm ein Aussätziger mit solcher abscheulichen Gestalt, daß sich darob jedermann entsetzte, massen das faule Eiter aus der Massen häufig herab geflossen, der heilige Mann war ganz freigebig gegen diesen bedrängten Menschen, und reichte ihm dar ein reichliches Allmosen von baarem Geld, welches er aber geweigert anzunehmen, sondern allein gebeten, er Bischof, wolle ihm doch nur das Angesicht abtrücknen, welches er auch aus Antrieb der Lieb urbietig vollzogen, es beklagte sich aber er Aussätzige, daß er ihm hierdurch zu große Schmerzen verursache, bat also, er wolle ihm die geschwürige Materie mit der Zung ablecken, ob welchem anfangs der heilige Wann ein natürliches Abscheuen getragen, doch endlich allem Widerstand der Natur ganz lobwürdig [105] obgesieget, und als er bereits mit der Zung den Unflath aus der Nase wolle ziehen, siehe Wunder! anstatt des eiterigen Wustes, zog er ein sehr kostbares Edelgestein in den Mund, worüber dieser elende Aussätzige, massen Christus der Herr selbsten gewesen, augenblicklich verschwunden.

Die Erinnerung dieser Geschichte hat mich mehr zum Mitleiden bewogen, absonderlich, weil ich sah, daß der grausliche Aussatz diesen Menschen gar so häufig überzogen, da ich nun in Mitte dieser Gedanken gestanden, redet mich ein bekannter Barbierer an, ich soll mich doch von diesem gewissenlosen Lumpengesind nit bethören lassen, als welches durch lauter Betrug und Falschheit das Allmosen von den Leuten erpresse, er wisse nur gar zu wohl, daß dieser lose Gesell der gesundeste Mensch, seine Gestalt zwar dem Aussatz gleich sehe, aber in der Wahrheit seye nichts als die Falschheit, er nehme, wie ihm gar zu wohl bekannt, Bohnenmehl, gedörrte Wurzel vom wilden Sauerampf, die Suppen von gesottnen Ochsenfüßen, mache hieraus eine Masse oder Teig, streich damit die Haut an, welches nachmals der Tausende vor einen natürlichen Aussatz thue halten. O Schelmen! gedachte ich, wie groß ist euer Anzahl? so findet man dann allerseits nichts als die Falschheit, a Dio, mein Weg ist weiter.

Kaum hatte ich etliche Schritt gethan, da kamen mir unter die Augen zwei sehr prächtig aufgeputzte Frauen, die auch Gestalt halber der schönen Rachel, um welche Jakob so viele Jahre gedient, nit viel nachgaben. Es schimmerte alles an ihnen von [106] Gold, Perl und Edelgestein, daß mir schier eingefallen, als hätten sie die spanische Flotta beraubet. O sagte ich bei mir selbsten, das haben fast alle Weiber, daß sie wollen schön seyn, wenig seyn anzutreffen, wie da gewest die heilige Paula, eine spanische Jungfrau zu Abula, welche Gestalt halber sehr oft von vielen muthwilligen Gesellen ist angefochten worden. Als sie auf eine Zeit von einem dergleichen Luder zur Ungebühr gesucht worden, hat sie sich ganz schleunig in die Kirche des heiligen Laurentii begeben, daselbsten die Füß des gekreuzigten Jesu umarmet, und mit nassen Augen den Heiland ersucht, daß er doch möchte von ihr die schöne Gestalt hinwegnehmen, worauf ihr alsobalden ein spannlanger Bart gewachsen, die Stirn voller Runzeln, das Angesicht bäurisch, grob und holzhackerisch, wessenthalben sie aller Gefahr entgangen, auch bis in den Tod einen heiligen Lebenswandel geführt, und in der Legend der Heiligen, Paula barbata, die bartete Paula genennet wird.

Desgleichen wird man wenig zählen in der Welt, wohl aber die Menge derjenigen, so die schöne Gestalt über alles, und gleichsam anbeten, und zwar obgedachte zwei Frauen waren ganz und gar über diesen Leist geschlagen, ich machte mir die Einbildung, als hätten beede erst dieses Jahr geheirathet, dann sie sehr jung scheinen, ich bin aber nit lang hernach mit Wahrheit berichtet worden, wie daß nit ein redlichs Haar an ihnen, beede voller Falschheit, die Kleider falsch mit leonischen Spitzen, die Perl um den Hals falsch von venetianischer Masse, der Geschmuck falsch von böhmischen Steinen, die Haar falsch, massen [107] selbe nur fremde, die Zähn falsch, und zwar von Elfenbein, die sie alle Nacht aus dem hohlen Graben herausziehen, die rothe Farb im Angesicht falsch, dann sie nur ein gemalter Anstrich, sogar mit Ehren zu melden, das Hemd falsch, dann nur die Aermel von aussen her aus subtiler Leinwath, das übrige aber alles aus grobem Zwilch, also sagten die Leut, weilen ich dann alles falsch all diesen zweien Frauen erfahren, hatte ich bei mir entschlossen, gar nit mehr wegen der Redlichkeit umzufragen, zumalen solche nirgends anzutreffen, zweiflete aber gleichwohl, ob selbige nit möcht wenigst in den Gemüthern der Menschen zu finden seyn, dann ich erinnerte mich, was massen Christus der Herr dem Nathanael dieses Lob gegeben, daß er ein wahrhafter Israeliter seye, in dem kein Betrug, aber ich nach allem angewendtem Fleiß konnte keinen Nathanael mehr zu sehen bekommen, und forderist zu Hof hab ich wahrgenommen, daß nit drei Quintl von der Redlichkeit zu spüren, auch der Herr Kandidus völlig vom Hof geschafft seye.

Sehe jemand zu, wie jene zwei Kavalier in der Antecamera so freundlich mit einander reden, mit was großen, auserlesenen, vielfältigen, liebreichen, schönen, artlichen, wohlanständigen, und freundlichen, und höflichen, und manierlichen Ceremonien haben sie da einander empfangen: Ich habe vorhin gelesen, wie daß man die Ceremonien in der Kirche auf keine Weis soll verhöhnen noch auslachen, massen mir selbsten bekannt, wie vor 15 Jahren ein unkatholischer Kaufmannsdiener die Kirchen-Ceremonien in der Charwochen bei St. Stephan allhier zu Wien ausgespottet, gleich hierauf ganz [108] unsinnig worden, und als er nach Haus wurde geführt, ihm selbst unterwegs die Zung abgebissen, also getrauete ich mir auch nit die Ceremonien, ob sie schon nit heilig, dieser zweien Hof-Herren gering zu schätzen, dann ich glaubte, daß die liebe deutsche Redlichkeit selbige in ihrem Rituali habe vorgeschrieben; ich bin aber bald berichtet worden, wie daß solche Zwei aufs Höchste entzweiet seyen, doch aber solchen Haß mit dem Simulanten- Mantel bedecken, und auf Katzen-Art den Wust mit Sägspän zuhüllen, dann bei dergleichen ist der Brauch, mit dem Maul sagen: bona dies, im Herzen aber tragen einen Spieß; mit den Füßen machen Reverenz, im Herzen aber reverenter etwas anders, den Hut tragen in der Hand, einen Filz aber im Herzen; den Leib höflich neigen, im Herzen aber ungeneigt seyn; im Maul ein freundlicher Gruß, im Herzen ein feindlicher Graus; mit der Zung sagen: ich will dir wohl, mit dem Herzen klagen, daß dich der Teufel hol! mit dem Maul sagen frater, im Herzen aber seyn ein Verräther; auf der Zung das Ave, im Herzen Cave, in Summa äußerlich alles Gold, inwendig aber nit hold.

Joab, ein vornehmer Mann in den Diensten des Königs David, Amasa auch nahend beim Brett im selbigen Hof, beide stattlich und statistisch; aber, Joab wußte den Wolfspelz, welches unter dem rauhen Futter zu Hof eine gemeine Tracht, weit besser zu verbergen. Diese beiden Herren begegneten einander bei Gabaon; Joab von weitem fangt schon an die Komplementa zu schneiden, willkomm! willkomm mein lieber Bruder Amasa! fasset zugleich mit der [109] rechten Hand den Kinnbacken, als wann er ihn küssen wollte, unterdessen sticht er ihn mit der linken Hand zu todt, daß ihm das Gedärm herausgehangen. Da hast du die Redlichkeit zu Hof!

Serarius schreibt, daß bei dem Rheinstrom ein Mann seye gewesen, eines frommen und gottseligen Wandels, eine Sach aber wollt er und konnt er nit glauben in der heiligen Schrift, benanntlich daß Samson auf einmal dreihundert Füchs habe gefangen, ihnen brennende Fackeln an die Schweif gebunden, und doch von keinem gebissen worden. Dieser Simplicius hat sollen wissen, gleich wie in Polen und Moskau die Menge der Bären, in Afrika die Menge der Löwen, in England und Holland die Menge der Königlein, also in Palästina, wo Samson sich aufgehalten, die Menge der Füchse zu finden gewesen. Zum andern ist es ein absonderlicher Willen gewesen und Schickung Gottes, daß dem Samson zur Bestrafung der Philistäer so viel Füchs eingangen, gleich wie dem Petro auf einmal so viel Fisch, der vorhero umsonsten die ganze Nacht hindurch hat gearbeitet. Die Menge der Füchs war nit allein zu finden dazumalen in demselbigen Land, sondern nach der Zeit in einem jeden Land der ganzen Welt arglistige und betrogene Füchs seynd allerseits anzutreffen, von der Zeit an, da die Schlang, als die arglistiger laut göttlicher Schrift, als alle Thier auf Erden, unsere ersten Eltern hinter das Licht geführt, ist an allen Orten die Redlichkeit verbannisiret, und hat der Betrug und Falschheit meistens überhand genommen, und was Christus der Herr einst den Aposteln gesagt hat: vos estis lux mundi, [110] et sal terrae, kann man anjetzo den mehristen Leuten, absonderlich zu Hof, sagen, vos estis Fux mundi, et Schaeh terrae etc.

Ein solcher Fuchs war Herodes, nachdem solcher in Erfahrenheit gebracht, daß ein neuer König der Juden, wie es die drei Monarchen aus Orient vorgebracht, sey geboren, hat er alsobald kleinmüthige und furchtsame Gedanken gehabt vom Verlust seines Scepters, demnach alle Mittel ersucht, wie er solchen möcht aus dem Weg raumen, auch hat ihn gedunkt, er könne nit besser zum Zweck gelangen, als durch die Politika, welche eine allgemeine Kupplerin, die alles weiß zuweg zu bringen, stellt sich derhalben gar freundlich gegen erstgedachte drei Könige, sprechend, sie sollen ihm diese Lieb und Freundschaft erzeigen, und ihm die ganze und gewisse Nachricht geben, wann und wo sie den neugebornen König haben angetroffen, damit er auch nach Schuldigkeit denselben möge anbeten und verehren. O schelmischer Fuchs!

Der lieben Redlichkeit hat auch einen großen Schimpf angethan Hatto, ein Erzbischof zu Mainz, welcher Alberto, Grafen zu Bamberg, durch so zuckersüße Wort das Maul gemacht, als woll er ihn bey dem Kaiser Ludwig III., dessen Bruder Konrad er unrecht unterdrückt, wieder in Gnaden bringen, auch es mit einem Eid bestätiget, daß er ihn frisch und gesund wieder nach Haus wolle führen; wie, sie nun wirklich auf dem Weg, damit der arge Hatto seinem Schwur nachkomme, wendet er sich gegen den Grafen, sprechend: wir haben unser Sach so gar weislich nit angegriffen, dann es sehr rathsam, daß wir wieder zurück nach dem [111] Schloß kehren und zuvor ein kleines Mittagmahl einnehmen, welches auch also geschehen, gedachte sodann der schlaue und falsche Hatto, daß er solchergestalten seinem eidlichen Versprechen schon habe genug gethan, indem er ihn frisch und gesund wieder nach Haus gebracht, nach vollendtem Mittagmahl begibt er sich mit dem Grafen und guten. Albrecht von Bamberg, so sich aller Redlichkeit getröst, ganz schleunig in das Lager zu dem Kaiser, überantwortet ganz verrätherisch ihn, wie er dann gleich darauf mit dem Schwerdt daselbst ist hingerichtet worden. O Schalk, und zwar ein Erzschalk!

Die liebe Redlichkeit hat bei der Nase gezogen Absolon, der sonst schöne gekraußte Haar, aber nit ein Haar-groß Redlichkeit hatte, dieser wollte an seinem Bruder Ammon rächen die Schmach, welche er der Schwester Thamar angethan, konnte aber nit anderst, ja wollte nit anderst die Sach angreifen, als mit List und Betrug, begehrt von dem König David, daß Seine Majestät doch wollten seinen Kindern die gnädigste Erlaubnuß ertheilen, daß er sie mit einer geringen Mahlzeit dürfte traktiren, absonderlich aber wolle er gern seinem lieben Bruder Ammon eine Ehr anthun; (ja wohl Ehr) der König David verwilligt es, die durchlauchtigsten Gäst erscheinen, man trägt herrlich auf, es war eine Menge der Schüsseln und guten Bißl zu sehen, die Gläser gallopirten gar lustig bei der Tafel herum, der Ammon bekam zum allerersten einen guten Spitz, und ließ ihm gar nit traumen von einem eisenen Spitz, welche der falsche Bruder durch hierzu verordnete Knecht schon angestellt [112] hatte. Mein lieber Bruder, sagt Absolon zu ihm, das thue mir noch bescheid, schenkt ihms wohl und voll ein, Bruder gar aus! (freilich war es mit ihm gar aus) dann unter diesem Trunk der Absolon seinen Knechten einen Wink gethan, worauf sie den Ammon jämmerlich ermordet. O Falschheit!

Ich sahe also gar scheinbar, daß die Falschheit bei der Hof-Tafel fast den ersten Sitz hatte, und lobte beinebens die Lateiner, daß sie den Hofstaat nit anders genennet haben, als Aula, welches im Buchstaben-Wechsel Laua lautet, das heißt so viel, als wasch mir den Pelz, und mach mir ihn nit naß. Solche falsche Hofleut, die im Maul Honig, im Herzen höhnisch seynd, die in Worten Zucker, im Herzen Zanker seynd, die von aussen eine Lieb, von innen ein Dieb tragen, die kommen mir vor, wie der Zeiger auf einer großen Uhr, dieser auf einer Seite ist gestaltet wie ein Herz, auf der andern Seite sieht er aus wie ein Pfeil, nit viel anderst seynd dergleichen Hofleut, als welche sich die beßten und herzlichsten Freund unter die Augen stellen, im Herzen aber auf allweg suchen denselben zu verfolgen, und ihm tausend Prügel unter die Füß zu werfen.

Nun hatte ich bei mir gänzlich entschlossen, nit aufhören zu suchen, bis ich die liebe Redlichkeit würde finden, erblickte demnach in einem Kaufmanns-Gewölb zwei gute Freund bei einer Kandel Wein sitzen, ich hätte mich nit unterfangen, den Kaufmann zu fragen, wer diese seynd? wann wir nit hiezu sein ausgehenkter wunderlicher Schild hätte Anlaß gegeben, dann auf diesem war nichts anders zu sehen, als etliche Bücher mitten im Feuer liegend, hab also mich nit [113] können enthalten zu fragen, warum dieses auf den Schild gemalet worden? worauf mir der Kaufmann die Antwort versetzt, wie daß vorhin so viel Waaren auf Borg ausgenommen worden, und ein jeder versprochen, als ein redlicher Mann zu zahlen, der Wenigste aber sein Wort gehalten, als seye nunmehr der Kredit bei ihm aus dem Leim gangen, und borge auch keinem mehr auf seinen redlichen Namen einen Pfennig, sondern deute allemal auf seinen Schild, wie daß seine Schuldbücher wären im Feuer verbronnen. Ich seufzte bei mir selbst, daß auch allhier die Redlichkeit nit anzutreffen, und fragte beinebens, wer diese Zwei wären, die also stark die Festung Kandelberg belägerten? da mußte ich anhören daß einer ein reicher und wohlhabender Herr seye, der andere aber nur ein Schmarotzer, und gebe sich zwar aus vor seinen guten Freund, dem aber nit also, da ist mir gleich eingefallen der geduldige Job, welcher auch geglaubt, er habe die redlichsten Freund, unterdessen aber hat es geheißen, ubi dapes, ibi apes, Brod-Freund, und nit Noth-Freund.

Nachdem Gott der Allmächtige den Job wieder in guten Stand gesetzt, und ihm alles verdoppelt, ja dergestalten bereichet, daß er 14000 Schaf, 6000 Kameelthier, 1000 Joch-Ochsen, 1000 Eselinnen bekommen, und in allem und jedem den Ueberfluß, da haben sich seine Freund in der Menge und Länge angemeldet, venerunt et comederunt panem cum eo, mit ihm wohl auf, und guter Ding gewest, mein Bruder, hats geheißen, ich erfreue mich von Herzen deines Wohlstands, deiner Gesundheit, es gilt eins [114] Nachbaur Phatuel, in Gesundheit unsers liebsten Bruders Job, Vivat, auf viel, und gar 300 Jahr Vivat! So lang Job Fortunatus hat geheissen, so lang der Herr Faelicianus sein Hauspfleger war, so lang die Kuchl bei ihm geraucht, so lang waren Freund genug bei ihm, an ihm, um ihm: sobald er aber Gut verloren, Blut verloren, Geld verloren, Zelt verloren, Haus verloren, Schmaus verloren, und zuletzt gar kommen auf den Misthaufen, da hat er auch verloren den andern Haufen, nämlich einen ganzen Haufen Freunde, fratres meos longe fecit a me, diese haben sich aus dem Staub gemacht, wie die Fliegen aus einer kalten Kuchl, diese haben es gemacht, wie die Schwalben, welche so lang den Hausherrn mit ihrem Geschwätz liebkosen, wie lang es warme und lustige Zeit ist, sobald aber der kühle Herbst herbei nahet, sodann nehmen sie hinter der Thür den Abschied, und verlassen nichts hinter sich, als ein beschmutztes Nest. Diese haben es gemacht, wie ein klares Bächlien, welches so lang mit seinem silberstrahlenden Wässerl zwischen dem Gehäg und Stauden daher rauschet, so lange es warme Zeit ist, sobald aber der rauhe Winter anklopft, so dann es aufhört zu rinnen, ja ganz und gar erstarret. Diese haben es gemacht wie die Fisch im Teich oder Weiher, welche niemalen den Kopf aus dem Wasser in die Höhe heben, ausser man wirft ihnen etliche Brocken Brod hinein, diese haben es gemacht wie die Egel, welche so lang dem Menschen anhangen, bis sie mit Blut gnugsam gesättiget, alsdann tanzen sie den Kehraus.

[115] Mannlius von Sinzerau hatte einen, seines Gedunken nach, den besten Freund, ohne den konnt er nie leben, ohne den konnt er nit essen, ohne den konnt er nit seyn, ohne den trank er keinen Wein, dann solcher gar das Leben vor ihn zu lassen, öfters versprochen, und mit tausenderlei Verheissungen das Maul gemacht, ja, sagte er mehrmalen, ich biete einen Trutz des Diokletiani seiner Grausamkeit, des Domitiani seiner Unmenschheit, des Valentiniani seiner Tyrannei, des Maximinian seiner Keierei etc. Diese und alle andern sollen mich nit können abwendig machen. O! O! O! (Vocativus du schlimmer) O wollt Gott, es wäre die Gelegenheit, auch tausend Leben vor dich zu geben, all Teufel in der Hölle Regimentweis kommen und holen mich, wann ich nit vor dich, liebster Bruder, lebe und sterbe etc. Mannlius wollt es doch probieren, ob dem also? läßt derohalben zu einer andern Zeit, nach vielen freundlichen Diskursen, einen gar guten Wein auftragen, und nachdem sie beederseits gar eine schleunige Expedition mit den Gläsern gemacht, fängt Mannlius folgende Wort an zu reden:

Mein Bruder, unsere Freundschaft müssen wir rechtschaffen bestätigen, zu dem End laßt uns heede niederknien, und ein jeder drei Gläsl austrinken, unterdessen aber fängt Mannlius eine lange, lange Histori und Geschicht zu erzählen, und machte mit allem Fleiß dessen kein End, dahero der andere Prahlfreund aus Ungeduld in diese Wort ausgebrochen: Du Parlaments-Narr, stehe lieber auf, und erzähle dieses Mährl, der Teufel knie wegen deiner so lang etc. So, setzt hinwieder der Mannlius, so bist du ein solcher[116] Freund! du hast allen Teufeln in der Hölle die Ohren abgeschworen, daß vonnöthen wäre, sie thäten derenthalben Parokka tragen, du wollest vor mich sterben, und tausend Leben geben, anjetzo aber kannst nit eine kleine Zeit wegen meiner knien, auf solche Weis bist du nur ein Kandl-Freund, und kein erkanntlicher Freund, auf solche Manier bist du nur ein Waarfreund, und kein wahrer Freund, auf solchen Schlag bist du nur ein Ramant, und nit ein Amant etc.; dieser aber bekräftigte es mit tausend Schwüren, daß er es nit also vermeint habe.

Ein andersmal wollt es wiederum der Mannlius versuchen, ob dieser Feingold oder Leonisch seye, zu solchem End steckte er auf eine Zeit ein abgestochenes Kalb in einen Sack, daß aller Orten das Blut durch und durch schweiste, trägt solches bei nächtlicher Weil zu mehrbesagtem Freund, weinend und lamentirend, was ihm vor ein Unglück widerfahren; o liebster Bruder, sprach er, was hab ich gethan! Ach was Elend hat mich überfallen! wann du mir nit an die Hand gehest, so bin ich verloren, verloren bin ich etc. ich hab aus jähem Zorn meinen Buben, den Valentin, umgebracht, es weiß noch kein Mensch nichts davon, also bitte ich dich, liebster Bruder, ich bitte dich um Gottes willen, begrab solchen in der Still in deinem Garten, damit also diese meine Unthat nicht lautmährig werde. Sagt der andere, du den Valentin todt geschlagen? ich den Valentin hinter mein Haus begraben? nur das nit, begehr nur das nit von mir, da käm ich in des Täubels Händ, Potz tausend Element, was thät ich mir selbsten vor [117] ein Bad zurichten, da behüt mich Gott, daß ich mir wollt den Fleiß ohne F. in Pelz setzen. Ho! ho! spricht der Mannlius, und macht anbei den Sack auf, zeigt das abgestochene Kalb, bist du ein solcher guter Freund, der mir alles in der Welt versprochen, auch meinetwegen gar in Tod zu gehen, anjetzo aber spüre ich, daß bei dir Herz und Mund weiter von einander, als Passau und Erlau, nun erkenne ich, daß du nur ein Interesse-Freund, und kein Prodesse-Freund, ein reditus-Freund, und kein redlicher Freund, ein Semmel-Freund, und kein Semper-Freund, schlagt ihn anbei mit dem tobten Kalb über den Haufen, und verläßt ihm das Prädikat und Ehren-Titul eines falschen Schelmen.

Wie Christus der Herr von dem Berg Arlon, nit weit von Nazareth, auf die Ebne herabgestiegen, da hat er eine große Menge Volk wahrgenommen, worüber er sich alsobalden erbarmet, und solche wunderbarlicher Weis mit fünf Gerstenbrod und zwei Fischen dergestalten gespeist, und gesättiget, daß gleichwohl, unangesehen der Männer allein, ohne Weiber und Kinder fünftausend gewesen, die Aposteln von den überbliebenen Bröcklein Brod noch zwölf Körb angefüllet, wie dann zu Rom ein solches Brod und Fisch bei St. Joan. Laterano noch gezeigt wird.

Dieß Wunder hat sich zugetragen den 13. April, als Christus 32 Jahr, 3 Monat und 12 Tag alt war. Gleich nach diesem vollbrachten Wunderwerk wollte das Volk Christum den Herrn zu einem König machen, er aber ist verschwunden.

[118] Sonsten nie wollte das Volk ihn zu einem König machen, als diesmal, weil er nämlich ihnen das Maul ausgewaschen, dann aus den Fischen ein solcher edler Saft gangen, als wäre es der beste Wein, weil er sie in allweg gesättiget, dessenthalben seynd sie ihm also affektionirt gewesen. Es zählet Mancher eine ziemliche Zahl der guten Freunde, die seynd Tag und Nacht auf seiner Seite, die sumsen um ihn herum wie die Wespen um einen Zuckerhut, die loben ihn, lieben ihn, wie ein Marktschreier seine Wurmzeltl, er ist alles, er gilt alles, er hat alles, er bleibt alles, darum, weil er gibt alles, dahero solche nur Tafelfreund und Taffetfreund, nur Brockenfreund und Sockenfreund, nur Schüsselfreund und Bisselfreund zu nennen, auch nichts redliches an ihnen ausser das Maul, ihr ganzesEsse, ist wegen des Essens, ihr ganzer Affekt wegen des Konfekt, ihre ganze Brüderschaft wegen des Brättlsaft.

Bei dem Schwemmteich zu Jerusalem hat unser lieber Herr einen elenden und preßhaften Menschen angetroffen, der schon 38 Jahr daselbst war, dahero ihn der Herr befragt, warum er nit in so langer Zeit seine Gesundheit gesucht in solchem Fischteich? dar auf er die Antwort gegeben, er habe keinen Menschen: weil er arm gewesen, in der Noth gewesen, dessentwegen ist er auch verlassen gewesen. O wie Mancher ist von Haus und Hof kommen? wie Mancher vom Regimentsstab zum Bettelstab gerathen? wie Mancher von großen Mittel kaum einen Kittel anzulegen? frage ihn, wie daß er nit besser fortkomme? so würdest du hören, er habe keinen Menschen, [119] der ihm unter die Arme greise, vorhero Leut genug, bevor er zum Leiden kommen, vorhero Freund genug, Freund satt, so lang er sie hat gesättiget; vorhero Gäst genug, ehe es so garstig hergangen, jetzt in der Noth gehen 77 auf ein Loth, so ist auch unter guten Freunden wenig Redlichkeit zu finden.

Weilen ich dann die wertheste Redlichkeit auch nit unter den guten Freunden hab angetroffen, so hab ich mir gänzlich vorgenommen, noch weiter dieselbe zu suchen, wann mir auch sollten tausend Blattern auf den Füßen auffahren, bin dahero den geraden Weg zu zwei Brüdern gangen, weil ich wußte, daß aus diesen einer dem andern nit einmal ein ungeschaffnes Wort habe geben, aber dannoch leider! ist mir daselbst die Falschheit bei der Hausthür entgegen getreten.

Dies hat man schon bei denen ersten zwei Brüdern Kain und Abel wahrgenommen, wie der Kain hundert und fünfzehen Jahr alt war, hat er wegen des gefaßten Neid bei sich beschlossen, den Abel aus dem Weg zu räumen, aber durch Betrug und Falschheit, massen er den 25. Tag des März den Abel, so dazumal das hunderte Jahr erreicht, also angeredet: »Liebster Bruder, weilen heut der Himmel uns mit so günstigem Wetter anlachet, und die Annehmlichkeit der Luft allerseits gespüret wird, so laß uns diesen Tag ein wenig auf das Feld hinausspazieren, und die Zeit mit einer freundlichen Untersprechung zu vertreiben.« Wer hätte geglaubt, daß dieser Geselle seye wie die Apothecker-Pillen, so auswendig verguldet, innerhalb aber pfui Teufel! Abel urtheilte nit anderst, als daß er einen redlichen Bruder habe, dahero, [120] ohne weiters Widerreden, sich zu Allem willfährig gezeigt, und folgsam gern und urbietig sich mit ihm in das grüne Feld hinaus begeben, daselbsten unter dem allerfreundlichsten Gespräch und angenehmsten Reden seinen Vortheil ersehen, mit einem Tremmel ihm von Rucksher einen harten Streich auf das Genick versetzt, nachgehends denselben meuchelmörderisch zu todt geschlagen. An diesem Ort, allwo solcher Brudermord vollbracht worden, ist die Erd bis auf heutigen Tag ganz roth, und ist auch dahin die große Stadt Damaskus lange Zeit hernach gebaut worden. So ist dann unter den ersten zweien Brüdern die Redlichkeit schon verbannisirt worden.

In Böhmen hat Bouslaus falscher Weis seinen Bruder Wenzeslaus zu der Mahlzeit geladen, nachmals ihm den Rest geben. Ein solcher falscher Bruder ist wie der Wintergrün, der mit seinen Blättern, so wie die Herz aussehen, einen Baum umhalset, unterdessen aber ihm nach und nach den Saft, und folgsam das Leben nimmt.

In Dänemark hat König Froto V. mit vielem Versprechen und Liebkosen seinen Bruder Haraldus zu sich gezogen, nachgehends unbarmherzig ermordet. Ein solcher falscher Bruder ist wie ein Grabstein, welcher von Aussen sehr stattlich polirt, und herrlich glänzet, verdeckt aber unterdessen nichts anders, als wilden Gestank und abscheuliche Todtenkörper.

In Egypten hat der König Typhon seinen Bruder Osyrim also freundlich gehalten, daß er sich ganz falsch gestellt, als wollt er ihm die Regierung abtreten, Kron und Scepter überlassen, unterdessen nach[121] ersehenem Vortheil ihm das Leben genommen. Ein solcher falscher Bruder ist wie ein Apfel, der von Aussen her schön roth, zeitig, saftig und gut scheinet, inwendig aber durchnagen und wurmstichig.

In Asia hat Kambyses seinem Bruder Smerdem so schön gethan, daß solcher geglaubet, sein Bruder meine es ganz redlich, aber nachmals das Widerspiel mit Verlust seines Lebens erfahren. Ein solcher falscher Bruder ist wie der Schwan, welcher von Aussen mit ganz schneeweißen Federn bekleidet ist, unter diesen aber ein kohlschwarzes Fleisch stecket.

In Schweden hat sich der König Birgerus gegen seine zwei Brüder Valdemarum und Erikum also freundlich gestellt, daß sich keiner hätte träumen lassen von einer Falschheit, und gleichwohl hat er mörderisch seine Händ in dero Blut gewaschen. Ein solcher falscher Bruder ist wie s.v. ein Misthaufen im Winter, der zwar über sich einen schönen weißen Deckmantel, inwendig aber dadurch wild und abscheulich.

In Polen hat der Lechus seinem Bruder Krako lange Zeit den Fuchsschweif gestrichen, bis er ihn endlich hintergangen, und um das Leben gebracht hat. Ein solcher falscher Bruder ist wie Asche, so gar oft äusserlich her weiß und unschuldig einem vorkommt, unterdessen aber stecken gleichwohl glühende Kohlen darunter.

Zu Neapel hat Kaiser Konrad IV. seinem Bruder Henrich fast allemal ein gnädigstes Gesicht gezeigt, dannoch in der Still nach dessen Leben getracht, wie es nachmals im Werk selbsten vollzogen worden. Ein solcher falscher Bruder ist wie eine Wolfsgrube, die[122] über sich mit schönem grünen Gesträuswerk verhüllt, unter sich aber ein tiefer Kerker.

In Ungarn hat sich Attila gegen seinen Bruder Buda fast allemal geneigt und willfährig erwiesen, unterdessen aber denselben zum Tod gesucht. Ein solcher falscher Bruder ist wie manches Haus, so von Aussen her eine sehr schöne und prächtige Facciada zeigt, inwendig aber einer Mördergrube gleich sieht.

Also hat im Judenland der Joram seine sechs Brüder, der Abimelech seine 70 Brüder, in England Richardus der andere Thomam seinen Bruder, in Friaul Odelphus Franziskum seinen Bruder, im Orient Angelus Isaccum seinen Bruder hinter das Licht geführt. Also werden noch auf heutigen Tag in allen Orten der Welt solche Falschheiten unter den Brüdern wahrgenommen, und hat solches der Joseph nit allein erfahren von seinen saubern Brüdern, sondern auch unzählbare andere mehr. O wie mancher Bruder zeigt sich, wie jener Bauer gegen den Fuchsen, welcher vom Jäger mit Hunden gehetzt, und zu allem Glück sich in eine Bauern-Scheune salvirt, auch den Bauern auf das Schönste gebeten, er wolle seinen armen Fuchsbalg schützen, mit hohem Versprechen und Schwören, es soll hinfüro weder von ihm, noch seiner ganzen fuchsischen Kassada seinen Hühnern ein Leid geschehen. Der Bauer ließ sich überreden, und versteckt ihn unter das Stroh, bald hernach kam der Jäger, und fragt den Bauern, ob er nit habe gesehen einen Fuchsen vorbeistreichen? der Bauer antwortete, da und da hab ich ihn gesehen hinauslaufen, winkte aber indessen mit den Augen, daß er hier unter [123] dem Stroh verborgen liege, welches zwar der Fuchs, so unter dem Stroh in größten Aengsten hervor sahe, wohl, der Jäger aber, so nur auf die Wort und Wegweisung des Bauern Acht hatte, nit vermerkt; als nun der Jäger hinweggangen, deckte der Bauer den Fuchsen auf, und ließ ihn laufen, sprechend: »Mein lieber Fuchs, du kannst mir und sollst mir dein Lebentag dankbar seyn, auch deiner Zusagung nachkommen, dann durch meine Wort habe ich dich beim Leben erhalten.« »Ja!« sagt der Fuchs hinwieder, »dein Wund war zwar gut, aber das Augenwinken dank dir der Teufel.« Das ist die Art vieler falschen Brüder, die sich mehrmalen ganz redlich und gut zeigen mit dem Maul, unterdessen in der Stille einen verfolgen, und nach dem Sejnigen trachten. Dergleichen Exempel ist die halbe Welt voll. Um Gottes willen! wo muß ich dann die liebe Redlichkeit antreffen?

Da ich in dergleichen Gedanken gestanden, als wäre fast keine Hoffnung mehr, solche zu finden, erblickte ich ein paar Ehevolk, welche ein so freundliches Gespräch führten, daß ich hätte geschworen, es könne hierinnen keine Falschheit verborgen seyn, sondern beiderseits im Mund und Herzen logiere die Redlichkeit, bin ich aber bald hernach ganz anderst berichtet worden, daß sie Madame ihm zwar schön thäte, aber unterdessen gehe es ihrerseits nit redlich her.

Der König Pharao in Egypten hatte einen Kammerherrn, der zugleich auch ein Feld-Obrister war, Namens Putiphar, dieser aber hätte billiger sollen heißen Putanifer, dann er hatte eine Frau, seiner [124] albern Meinung nach, die allerredlichste, aber sie konnte sich meisterlich in die Falschheit schicken, nachdem sie die Augen geworfen in die schöne Gestalt des Joseph, so daselbsten in Diensten, so war zugleich auch die Keuschheit verworfen, darum ehrliche Weiber sollen beschaffen seyn wie der armen Leut ihre Suppen, die gar wenig Augen haben, sie feierte nit, und sucht in allweg, ihr übles Beginnen zu vollziehen, ja sie feurete nur gar zu stark, als welche der muthwillige Kupido so sehr entzündet hatte. Da auf eine Zeit ein vornehmes Fest eingefallen und mein Herr Putiphar den königlichen Hofstaat in den Tempel begleitet, dazumalen blieb das saubere Frauenzimmer zu Haus, beklagte sich wehmüthig, wie daß sie so überlästige Zahnschmerzen leide, ja die ganze Nacht hindurch habe sie nit ein Aug zugeschlossen, seye demnach ihr nit möglich, in so scharfe Luft zu gehen. Ach das seynd Schmerzen! (O Schelmen-Vieh im Herzen. Ach was leide ich! es wäre kein Wunder, daß ich den Kopf an eine Wand stoße. (O Bestia! an eine spanische Wand, die vor dem Bett stehet.) Ach Jammer! (si, si, wegen der Kammer) Mensch lauf geschwind in die Apothecke bei dem weißen Einkürn (gar recht) bring alsobalden ein gebranntes Hirschhorn (du armer Putiphar merkst das Konzept nit?) In Summa, ihr Herr hatte selbsten ein herzliches Mitleiden mit ihr, er könnte aber wegen seines Dienstes nit zu Haus bleiben, schaffte aber gar ernstlich den Menschern, daß sie auf die Frau Achtung geben und sie bestermaßen bedienen. O nein, mein Schatz, sagte sie, ich hätte dessenthalben einen ewigen Skrupel, wann ich [125] sie bei so hohen Fest nit in die Kirch thäte schicken, es ist schon gnug, wann der Verwalter, der Joseph, zu Haus bleibt, er pflegt ohnedas nit zu seyn bei unsern Festivitäten, weilen er auch nit unsers Glaubens. So seye es; der Herr fahrt aus, die Bedienten gehen aus, und die Zähnschmerzen seynd auch aus; Madame, die unverschämte et caetera etc., begehrt von dem Joseph, was die Ehrbarkeit und Furcht Gottes nit könnte zulassen; weil sie aber einen schlechten Bescheid auf ihr verruchtes Memorial erhalten, also thät sie bald die Lieb in Haß vertauschen, zeigt den Mantel, welchen der flüchtige Joseph in ihren Händen gelassen, ihrem Herrn, mit weinenden Augen, vorgebend, wie daß der vermessene und leichtfertige Hauspfleger ihr habe wollen Gewalt anthun, worauf der Putiphar ohne reifere Erwägung und fernerer Nachfrage der Sachen, gleich den unschuldigen Jüngling in Eisen und Banden schlagen lassen und in eine finstere Keuchen werfen. Da sollt man gehört haben, wie lobwürdig, wie ruhmwürdig er allenthalben von seiner Frau geredet, forderist zu Hof thäte er über alle Massen die Treu seiner Frau hervorstreichen; was wollt Lukretia gegen ihr seyn, glückselig und aber glückselig seye er, daß er ein so ehrliches und redliches Weib bekommen.

O Monsignor Simpl, wie wißt ihr so gar nit, falsitas cujus generis? ihr müßt glauben, daß Lust und List haben einen Sitz auf der Weiber Mist, ihr müßt darvor halten, daß Frau und Fraus einander gar nahend verwandt seynd. Wollte Gott, es wäre nir wahr, aber es ist nur gar zu gewiß, daß [126] eine unzahlbare Anzahl derer gefunden wird, die da glauben, es gehe in ihrem Ehestand ganz redlich her, da unterdessen die vermantlete Falschheit alle Untreu übet.

Jene gab eine sehr kluge Antwort, indem ihr Herr vernommen, daß dieser und jener mehrmalen eine große und namhafte Erbschaft bekommen, und sagte, daß er dießfalls so unglückselig seye, ja was mehr? er glaube, daß wann alle Teufel in der Hölle stürben, so würde er nit ein paar Hörner erben, worauf die Frau, die gar nit die Beste, geantwortet, mein Schatz, haben wir doch schon so genug, laßt uns mit diesem zufrieden seyn, er verstunde aber nit des arglistigen Weibs Bosheit.

Es hat aber auch den begangenen Ehebruch David wollen in Allweg verblümlen, indem er den Uriam gar zu Tisch gerufen, und ihm freundlich zugesprochen, daß er doch möcht ein paar Nächt zu Haus bleiben etc., der Feldzug könne wohl ohne seiner geschehen, er sehe gern, daß er seiner Frau zu Trost das Feld quittiren möchte. David hat auch seines gleichen viel, die sich stellen, als meinten sie es gar redlich, mit ihren Weibern, da unterdessen die Sach in weit anderem Stand und die Falschheit fein warm unter der Decke liegt; tausend Griffl, Vortheil, Arglist, Betrug könnte man beibringen, welche beederseits in dem Ehestand von der vermantelten Falschheit seynd erdacht worden, weilen aber dergleichen Geschichten mehrer zu einer Bosheit, und üblen Unterrichtung, als zu einer heilsamen Lehr möchten dienen, also bleiben solche mit der Verschwiegenheit zugedeckt [127] und verhüllt. Ware mir also sehr leid, daß ich so wenig Redlichkeit auch in diesem sonst lobwürdigsten Stand habe angetroffen.

Ich hörte gleich hierauf ein großes Geschrei, und ungeheures Getümmel im nächsten Haus, aus solchem Wetter und ungestümen Zank-Worten konnte ich mir leicht einbilden, es werde bald einschlagen, wie es dann nit anderst geschehen, und hatte Weib und Mann gergestalten duellirt, daß solcher grobe Takt beederseits eine blutige Musik verursachet, keinen andern Text hörete ich, so viel ich konnte vernehmen, als diesen: du Schelm! du hast mich betrogen, du Mörder! hast dich so fromm und heilig gestellt, daß ich geglaubt, du habest schon eine Supernumerari-Stell in der Litanei Aller-Heiligen, daß ich vermeint, du habest schon eine Expectanz zu einer Kanonization, jetzt sich ich, wie du mich übervortheilt hast. Ovidius fabelt viel, wie ich von unserm Präzeptor gehört, von dem Möttprofosen, oder wie ers genennet, von seltsamen Veränderungen, ich hab es leider anjetzo selbsten erfahren, daß du aus einem guldenen Helm, ein Schelm bist worden, aus einem Tempel, ein Tölpel bist worden, aus einem Engel ein Bengel bist worden. Unser Pater Prediger hat vor acht Tagen gesagt, daß Petrus habe einmal aus dem Wasser einen Fisch gezogen, in dessen Maul er ein Geld gefunden, solches Glück ist mir wegen Deiner nit wiederfahren, ob ich zwar dich als einen groben Stockfisch bekommen, so hab aber nichts anderst gefunden, als Tölpelthaler etc. Ja wohl, setzte hinwieder er, du verfluchte Höllenbrut! du ziehest mit [128] meinen Waaren auf den Markt, dein Konzept ist aus meiner Kanzlei, du, du, du hast mich betrogen, der Laban hat mit dem Jakob nit redlich gehandelt, indem er ihm anstatt der Rachel die Lia gegeben, dein Vater kann es in jener Welt nit verantworten, daß er mich also hinter das Licht geführt, mir spöttlich s.v. vorgelogen, du seyest ein frommes und häusliches Mensch, da unterdessen dich jedermann nennet ein höllisches Pantherthier, du hast dich freilich ganz züchtig gestellt, und hätt ich schier geglaubt, dein Tag seye den 28. Dezember, aber jetzt sieht man, daß in der ganzen Offenbarung Joannis kein ärgers Thier beschrieben wird, als du bist; mit falscher Münz werden die Leut betrogen, und ich mit dir, die seynd ja leichtfertige Leut, welche Zucker im Mund, und Pfeffer im Herzen tragen, das finde ich bei dir etc. Mein Gott! gedachte ich, so wird dann in dieser ganzen und langen Disputation nit einmal die liebe Redlichkeit citirt.

Freilich gibt es die tägliche Erfahrenheit, daß im Heirathen große Falschheiten unterlaufen, es ist die Thamar gar nit allem, welche den Judam im alten Testament, als er auf dem Weg war, nach Thammam, hinter das Licht geführt, und mit ihrer Weiberlist ihn ertappt, sondern es seynd viel tausend ihres Gleichen, welche mit schlauen Griffeln und Verschlagenheit die Männer erwerben. Eines ist, so allhier ungefähr vor 19 Jahren sich zugetragen.

Ein vermöglicher und wohlhabender Kaufmann zu Wien wurde durch einen unverhofften Tod seiner Frau verwittibt, wessenthalben er sich nit allein stark [129] betrübt, sondern es schmerzte ihn zugleich, daß seine Wirthschaft wegen Mangel einer Hausfrau auch handgreiflich den Krebsgang nehme, mußte also gezwungen bei sich beschließen, zur andern Ehe zu treten, konnte aber noch eigentlich nit ein festes Absehen haben auf eine gewisse Person, welches sein arglistiges Dienstmensch gar wohl in Acht genommen, auch auf Mittel und Ränk gedacht, wie sie doch möcht diesen so guten Fisch ins Netz bringen, zu solchem End sie bei nächtlicher Weil einen schwarzen Rock angezogen, die Hälfte aber des obern Leibs war ganz weiß, sogar auch thäte sie das Angesicht mit weißem Semmelmehl überziehen, und solchergestalten mit tiefem Seufzer und Wehklagen ihrem Herrn beim Bett erscheinen, welches ihm, wie unschwer zu glauben, einen sondern Schrecken verursachte, meistens darum, weilen nit lang vorhero seine Liebste mit Tod abgangen, wußte demnach in Gestalt der Sachen keinen bessern Rath zu suchen, als bei den Geistlichen, welche dann ihm sämmtlich nicht anderst eingerathen, als daß er nach vorhergehender vollkommener Beicht und heiligen Kommunion soll unerschrocken den Geist befragen, was dann sein Begehren seye? dem er dann in allem emsig nachgekommen, und wie dieser schlaue Kittelgeist wieder bei der Nacht erschienen, so fragt er ihn, zwar mit Schrecken und Zittern: alle guten Geister loben Gott den Herrn etc., was sein Verlangen seye? wer er seye? in was Stands er seye? Ach! ach! ach! O Schmerzen! O Schmerzen! über alle Schmerzen! ich bin deine geweste Ehewirthin, und bin vor dem gerechten Gott wegen meiner noch nit recht abgebüßten Sünden, [130] auch anderer Unvollkommenheiten in die zeitliche Strafe des Fegfeuers gestoßen worden; ach! ach! ach! O Schmerzen! O Schmerzen! über alle Schmerzen! Wohlan, sagt er, ist dann einiges Mittel, dir zu helfen, und dich aus solchen Peinen zu erlösen, so entdecke es, ich will allen möglichen Fleiß auch Unkosten anwenden, dir zu helfen; ach ja, ja! seufzete dieser langzopfete Geist, ja, sprach er, weilen ich bei Lebzeiten nach Weiberart auch der Hoffart ziemlich ergeben war, derenthalben ich auch anjetzo also leide, so will mich auch der genaue göttliche Richter nit frei- und los lassen aus diesem so peinlichen Kerker, bis du ein Werk der Demuth übest, und dein ohne das treues Dienstmensch die Mariandl heirathen thust. Hiemit packte sich der verstellte Geist wieder aus den Augen, dem Herrn aber nit aus der Gedächtnuß; dann in aller Frühe des andern Tages er sich mit seinen Bekannten und Anverwandten berathschlaget, wie der Sache zu thun wäre? deren etliche es vor eine Geschicht, andere vor ein Gedicht gehalten, der Herr aber hatte schon gänzlich entschlossen, gedachtes Mensch zu freien, es wurden auch alle gehörigen Anstalten hiezu gemacht, und wäre sie unfehlbar zu ihrem gewünschten Ziel gelangt, dafern sie solchen angestellten Possen nit offenbaret hätte ihrer vertrautesten Dauzschwester, welche aus Neid, daß diese sollte eine so große Frau werden, alles umständig entdeckt, und an Tag geben. So viel mir bekannt ist, hat sie nachmals ihren Ehrentag im allgemeinen Zuchthaus gehabt.

So hab ich dann weder Land, weder Stand, weder Sand, weder Hand, weder Wand angetroffen, [131] wo nit einige Falschheit begegnet, aber doch hab ich mir eingebildet, daß solche gar keinen Fuß darf setzen in die Tribunalien und Gerichte, es hat mich aber auch diesfalls meine Meinung betrogen, dann ich allda so viel falsche Bericht, falsche Zeugen, falsche Schwür hab wahrgenommen, daß mir die Haar gen Berg gestiegen, und fast gezweifelt, ob dann ein Ort in der Welt seye, wo alles redlich hergehet. Insonderheit aber ist mit blutigen Zähren zu beweinen, daß solches Unheil auch bei den Gerichten eingeschlichen.

Das hat erfahren der Heiland Jesus selbsten, als er mit großem Ungestüm an Band und Ketten angefesselt, bei nächtlicher Weile vor den Kaiphas geführet worden, welcher in allweg suchte, Christum den Herrn aus dem Weg zu räumen. Zu solchem Ende hat dieser boshafte Hohepriester, welcher durch Geld diese geistliche Dignität von dem König Herode Ascalonita erhandelt, bei der Nacht den ganzen hohen Rath, welcher in zwei und siebenzig Stimmen bestanden, ernstlich lassen ansagen, wobei auch der Herr Jesus, als bereits ein Gefangener und ihrer Bosheit nach vermeinter Uebelthäter erschienen, und weil der vor Zorn rasende Kaiphas der Wahrheit gemäß wider Ihn nit konnte verfahren, so hat er theils durch gute Wort, meistens aber durch Geld und Schenkungen, etliche gewissenlose Schelmen aufgetrieben, die mit allerlei ungegründeten falschen Zeugnissen hervorkommen. Nachdem der Heiland Jesus glorreich vom Todten auferstanden, und solches die Schildwacht bei dem Grab nur gar zu gut gesehen, so haben die Hohepriester und vornehme Synagoger den Soldaten gespendiret, [132] und ein Ziemliches auf eine Pfeife Toback gegeben, damit sie nur sollten falsches Zeugnuß geben, wie daß den Leib des gekreuzigten Nazaräer seine Jünger bei nächtlicher Weile haben hinweg praktiziret, welches dann auch die Quardiknecht, so ohnedas nit gar eng Gewissen tragen, gar gern gethan, und anbei nit betrachtet, wie mißfällig es seye in den göttlichen Augen eine solche Falschheit.

Jene alten Limmel und Schimmel, welche mit falscher Unzucht die keusche Susanna bei der Obrigkeit also angegeben, als ob sie die allerunverschämtiste Ehebrecherinn seye, seynd sein schön von dem allwissenden und gerechten Gott entdeckt, als der gar selten solche Falschheit ungestraft läßt, und von dem gesamten Volk versteinigt worden, die also arm an ihrer Ehr und Redlichkeit gewesen, seynd billig dergestalten steinreich worden.

In dem Leben des heil. Martyrers Quintini wird eine seltsame Geschicht eingeführt: Einer, Namens Bernuinus, war so vermessen, daß er bei Gericht, wegen eines Walds, so von Rechts wegen der Kirche des heiligen Quintini zugehörig, ein falsch Zeugnuß ablegte; worauf aber gleich folgende Nacht der heilige Martyrer diesem gewissenlosen Menschen erschienen, ihn bei der Nase gezogen, sprechend: Du bist ein falscher Schelm. Früh Morgens, als er die Kleider angezogen, erzählet er seinem Weib den gehabten Traum, nun, sagte er, heut hab ich eins von Quintino auf die Nase bekommen, vielleicht, weilen ich ihm habe eins auf die Nase geben, wäschet hierüber nach Gewohnheit das Angesicht, und als er mit [133] den nassen Händen über die Nase gefahren, da ist von freien Stücken dem Kerl sein Schmecker in das Handbeck herunter gefallen, und hat er wahrgenommen, daß er in seinen falschen Reden ein Ovidius gewest, aber nunmehr kein Naso. Der stolze Gesell hat sich zwar ferner wegen des Waldes nit mehr angemaßt, aber gleichwohl hat er gesucht, nasenwitzig zu seyn, und ihm eine guldene Nase lassen verfertigen, welche er gar manierlich konnte und wußte anzuhängen. Aber der heilige Quintinus wollte auch diese nit leiden, sondern ihm bei der Nacht mehrmalen erschienen, bedrohend, dafern er ohne Nase nit wollte seyn, so habe er das größte Uebel zu gewarten, dann Gott, als die ewige Wahrheit, wolle dessenthalben solches Zeichen an ihm erhalten, damit die Welt sehe, wie so mißfällig seye seinen göttlichen Augen das falsche Zeugnuß. Durch solche schwere Bedrohung ist er dergestalten bewegt worden, daß er nit allein sich selbst die falsche Nase abgenommen, sondern auch solche zum Zeichen seiner begangenen Falschheit öffentlich in der Kirche aufgehängt.

Falsch Schwören ist schwer, und schwöret Mancher dem Teufel ein Ohr ab, und kommt nachmals zum Teufel, welcher sein Ohr wird ziemlich rächen. Bei Karolo Magno, lobwürdigsten Kaiser, haben sich zwei Schwestern eines Herzogs in Franken beklagt, wie daß ihnen ihr Bruder die gebührende Erbsportion ganz gewissenlos entzogen. Der Herzog wurde dessenthalben befragt, so aber alles rund abgeläugnet, auch noch hierüber sich zu einem Jurament freiwillig anerboten, sobald er aber solches falsch abgeleget, [134] ist er urplötzlich dahin gefallen, das Eingeweid wie ein verzweifelter Judas herausgeschüttet, und solchergestalt von der zeitlichen Strafe zu der ewigen kommen.

Zu Rom, in der Kirche des heiligen Antonii, wird ein Bild gezeiget, worauf ein Mensch in Mitte der Feuerflammen zu sehen, darunter die Schrift verfasset: »Marcus, ein Soldat von Brixen, als er auf dem Altar des heiligen Antonii einen falschen Schwur abgelegt, ist wunderlich durch das Feuer verzehrt worden. An. 1587.«

Bauren seynd Lauren, ja mancher wohnet unter einer mit Stroh bedeckten Hütte und hat beinebens nit allzeit Stroh im Hirn, und so auch Petrus manchem Bauren sollte das Ohr abhauen, wie dem Malcho, so bliebe gleichwohl noch etwas übriges hinter den Ohren. Dergleichen schlauer Gesell war jener Bauer, welcher von dem Grund, so der Kirche des heil. Eguini zugehörig, einen ziemlichen Theil ihm zueignete, und als er derentwegen vom Gericht einen scharfen Befehl bekommen, daß er solle an einem bestimmten Tag erscheinen und daselbst ein Jurament ablegen, daß solche Erde sein seye, dem auch der Bauer emsig nachkommen, zuvor aber in seine Schuh etliche Hände voll Erde, die er aus seinem eigenen Haus genommen, arglistig geschüttet. Als er nun vor Gericht, vermög des ergangenen Befehls, erschienen, und geschworen, daß er auf seiner ihm eigentlich zugehörigen Erde stehe (verstunde aber, die er aus seinem Hause gegraben) hat ihn seine in der Hand haltende Sichel durch eine unsichtbare Gewalt also verwundet, daß er gleich hierauf todt dahin gefallen.

[135] Ein verwegener Gesell, der ohnedas den stylum furandi wohl praktiziret, hat auf eine Zeit von der Schafheerd des heil. Maldhog einen Widder hinweggetrieben und damit seine Diebs-Wampen angefüllt, als er aber dessen bezüchtiget worden und dannoch vermessener Weise in Gegenwart erstbenannter Heiligen einen falschen Eid abgelegt, ist ihm alsobald ein Ohr von dem verzehrten Widder oder Kastraun aus dem Maul herausgehangen, welches allen Umstehenden ein Gelächter, Gott dem Allmächtigen aber Ehr und Glori verursachet, der so wunderlich die falschen Schwörer entdecket.

Dergleichen könnte eine Zahl fast ohne Zahl beigebracht werden, aus welchem sattsam erhellet, wie hart die göttliche Gerechtigkeit mit denjenigen verfahre, so ganz gewissenlos sich unterstehen, ein falsches Jurament abzulegen, aber ungeachtet der stets ausgestreckten göttlichen Ruthe wollen sich die vermessenen Adams-Kinder so gar nit bessern, sondern mehrmalen ohne Scheu und Reu, als wäre weder Gott noch Höll, in öffentlichen Gerichts-Stuben mit ungerechtem und falschem Schwören sich verdammen.

O du liebe Redlichkeit, so suche ich dann dich an allen Orten umsonst, hab schon etliche Blattern an Füßen wegen des steten Laufen, nunmehr aber ist meine Hoffnung in Brunnen gefallen, ich finde aber, daß auch im Brunnen, wo es sonst alles klar ist, falsch hergehe, dann daselbst sieht man den Himmel, samt seinen hellstrahlenden Lichtern, so man aber die Lichter beim Licht beschauet, sodann zeigt sich eine pure Apparenz. A Dio! das Suchen wird mir zu [136] lang, ich befügte mich demnach in die nächste Kirche des heil Märtyrers Fidelis, daselbsten etliche Vater unser Gott dem Herrn abzulegen, und nachmals zu Haus etwas anderst unter die Hände zu nehmen, hab aber mehrmalen erfahren, daß es auch daselbsten nit fideliter, das ist, nit redlich, hergehe, dann wie ich mich sehr verwundert über ein Weib, welche allda mit solcher Inbrunst gebetet, daß ich glaubte, sie werde bald dritthalb Klafter von der Erde verzucket werden, sagte mir der Nächste auf der Seite, er halte davor, daß diese eine fromme und gottsfürchtige Seel sey; allein vor einem Jahr seye in diesem Mark-Flecken eine Hex verbrannt worden, welche fast allezeit die Erste in der Kirche gewesen, keine Andacht noch Fest-Tag ist eingefallen, wo sie sich nit hätte emsigst eingefunden, sie hat ihr Gebet mit solchem Eifer vollzogen, daß einem eingefallen, ihr Herz habe bereits Flügel wie die jungen Schwalben, und werde bald in die Höhe fliegen, seye aber alles nur auf den Schein gewesen, und in den Gleißner-Moden gossen, hab sich heilig und geistreich gestellet, unterdessen aber mit solcher falscher Heiligkeit den Teufel im Herzen zugedeckt. Ja nachdem ihr das Urtheil angedeutet worden, und neben andern sie noch befragt wurde, warum sie so inbrünstig gebetet hätte? gab sie zur Antwort, daß es kein Gebet seye gewesen, sondern folgender Inhalt:


Nestel und Hosen, Knöpf und Rosen,

Spiel und Karten, Speck und Schwarten,

Leder und Tuch, Strümpf und Schuch,

Gais und Lämmbl, Bürsten und Kämpl,

[137]

Stühl und Sessel, Pfann und Kessel,

Degen und Sabel, Schaufel und Gabel.

Gerade und Krumpe, Bescheide und Plumpe,

Zittern und Harpfen, Hechten und Karpfen,

Rüßl und Schauer, händig und saur,

Kommt zusammen ins Teufels Namen.


So weit ist es schon kommen, daß man auch die größten Laster mit einer falschen Heiligkeit zuhüllet. Der König Saul konnte nit gedulden, daß des Davids Lob und Ruhm allerseits so stark ausgebreitet wurde, suchte demnach in allweg denselben aus dem Weg zu raumen, unangesehen David mit seiner heroischen Tapferkeit die Kron des Sauls wider seine Feinde und Mißgönner bestens stabilirt. Auf eine Zeit schickte besagter gewissenlose Saul die Hof-Trabanten in die Behausung des Davids, daß sie ihn sollen daselbsten verwachten und folgenden Tags zum Tod führen; wie solches die Frau Gemahlin des Davids, benanntlich die Michol, in der Geheim benachricht worden, hat die schlaue Frau nach Weiber-Art die Sache mit Arglist angegriffen, den David in aller Stille von einem hohen Fenster hinunter gelassen, und auf solche Weise bestermassen salvirt, an dessen Statt aber einen hölzernen Stock, wie es Lyranus ausdeutet, mit des Davids Kleidung angelegt, in das Bett gelegt, den Kopf mit einem Kützl-Fell bedeckt; als nun die Soldaten und Leib-Quardi des Königs Sauls um den David gefragt, da hat solche die Michol mit betrübtem Angesicht in die Kammer hineingeführt, he-he-herzlich seufzend, (O Weiber-List!) daß ihr Herr schwer krank liege, wegen allzugroßer Hitze habe er die ganze [138] Nacht phantasirt (O ihr Phantasten glaubts nit!) und jetzt habe er kurz vorhero eingeschlafen, still, still, damit er nit erwacht, o mein Gott, sagt doch dem König, daß er im Bett liege wie ein Stock, er könne sich gar nit rühren, (ist wahr, wie ein Stock) er wird ihm ohne das nit entgehen; diese Trabanten, wohl rechte Maul-Affanten glaubten, daß in der Wahrheit der David im Bett krank liege, haben also einen eichenen Stock und Block vor den David gehalten und angesehen.

Wie oft ist dieses geschehen! wie oft geschieht es noch! wie oft wird es geschehen! daß man einen Stock vor den David, will sagen, einen verstockten Sünder und Böswicht vor einen Heiligen haltet, weilen seine äußerlichen Geberden den menschlichen Augen nichts anderst vorhalten, als den besten Tugend-Wandel, und Ruhm-würdigste Heiligkeit, da unterdessen er nit anderst ist, als einer mit Gold und Zierrathen überzogener Trämb in einem hoch-fürstlichen Pallast, so aber inwendig faul, moderig, und wurmstichig.

Allhier könnten sehr viel erschreckliche Geschichten beigesetzt werden, vorderst von etlichen Religiosen und Ordens-Leuten, welche da von aussen einen solchen Eifer, Zucht und Heiligkeit der Welt gezeigt, daß man sie vor vollkommene Leute, halbe Engel, mehr als irdische Kreaturen, von Gott erleuchtete Gemüther gehalten, und fast unter die Zahl der Heiligen gesetzt, die nachmals aber nit ohne Schad und Schande der katholischen Kirche spöttlich gefallen, und abgefallen, und zwar hab sie der gerechte Gott in [139] solche verdammliche Irrthum gerathen lassen, seine göttliche Gnade darum ganz entzogen, weilen sie vorhero mit dem Gleißner-Mantel die stillen Laster und verborgenen Untugenden verdeckt, verhüllt, vertuscht.

Ich will aber dermalen mit allem Fleiß dergleichen Begebenheiten umgehen, weilen ich fürchte, es möchte den rechtschaffenen und mit redlichen Sitten begabten Geistlichen schädlich fallen, die ohnedas allerseits, wie das Licht von den Fledermäusen, verfolgt werden. Ob es zwar nit verschweigt der heil. Antoninus, welcher schreibt von einem dergleichen falschen Heiligen, der mit seiner Gleißnerei im Ruhm der Heiligkeit so weit gestiegen, daß man insgemein schon glaubte, dieser heilige Mönch erhalte mit seinem Gebet die ganze Welt, als aber solcher ins Todbett gerathen, hat ein heiliger und gerechter Mann gesehen, daß auf Befehl des göttlichen Richters, dem auch das Innerste der Herzen offen stehet, die bösen Feinde mit eisernen Hacken die Seele aus diesem Gleißner herausgezogen.

Der heilige Gregorius registrirt, daß zu seiner Zeit ein solcher Mönch habe gelebt, welcher des äußerlichen Wandels halber, forderist aber des strengen Fastens und Abbruchs, in solches Geschrei des Heiligen kommen, daß etliche vor glückselig sich erkannt, wann sie dero Kleid und Habit könnten berühren. Dieser Gesell aber war nur in den Augen der Leute also beschaffen, und konnte sich meisterlich auf den Leist der Heiligkeit selbst schlagen, in der Stille aber war er ein Erzschalk, und wußte seiner Wampe die besten Bissel zuzubringen. Wie dieser bereits nahe beim Tod war, da seynd alle seine Mitreligiosen begierig [140] gewesen, von diesem ihren sterbenden heiligen Mitglied eine sondere Lehr zur Gedächtnuß zu empfangen. Wie sie nun alle versammlet, brach er mit ganz verzweifeltem Angesicht in diese folgende Worte aus: Fratres, ihr habt mich bishero für fromm und heilig gehalten, dem war es aber nit also, wie ich mich gestellet, weil ich dann von Aussen heilig, von Inwendig aber, so meistens gelten thut, ein Schelm gewesen, also umwickelt mich anjetzo ein höllischer Drach mit seinem vergiften Schweif, den Kopf aber streckt er in meinen Rachen, und reißt die verdammte Seele heraus etc., auf solche Worte hat er alsobald seinen verdammten Geist aufgeben.

Nit viel besser war jener Bischof zu Sardis noch bei Lebzeiten des heiligen Evangelisten Joannis, demGott hat lassen andeuten, daß er ein falscher Heiliger seye, in großem Ruhm bei Jedermann wegen seiner vollkommenen Werke, inwendig aber es weit eine andere Beschaffenheit habe, also soll er den falschen Deckmantel der Heiligkeit ablegen, oder er wolle mit seiner göttlichen Straf ihn überfallen. Solche falsche Heiligen kommen mir vor wie das Götzenbild, mit Namen Bel in der großen Stadt Babylon, welches von Aussen her Erz und Glockenspeis spendirte, inwendig aber von Erde und Hafnerarbeit. Solche falsche Heiligen seynd nit anderst als jener Säbel, mit welchem der David dem Riesen Goliath das Haupt abgehauen, und ihn nachmals im Tempel aufgehängt, aber in Seide und Taffet eingewickelt, daß sich also der Wenigste eingebildet, daß unter einem so schönen Ueberzug ein scharfes Schwert verborgen wäre. Solche [141] falsche Heiligen seynd nit besser als der Teufel, welcher auch Christo dem Herrn in der Wüste wie ein alter heiliger Einsiedler mit einem rauhen Kleid erschienen, und ihn versucht, als von Aussen einer ex Eremo von Innen einer ex Erebo.

Der heil. Pachomius muß schon zu seiner Zeit auch solche falsche Heiligen gehabt haben, dann unter ihm waren dreihundert Mönche, aus denen er einem Jeden einen Buchstaben mit dem A B C zugeeignet, und dies nit ohne sondere Ausdeutung. Die es gut, redlich und aufrichtig meineten, diese pflegte der heil. Mann zu notiren mit dem aufrichtigen Buchstaben I Diejenigen aber, so politische Sitten angezogen, und bald diesem bald jenem sich accommodirten, ja also Gott kenneten, daß sie zugleich den Teufel nicht offendirten, solche zeichnete er mit dem Buchstaben Z. O wie wenig Buchstaben I, wenig, die sich so aufrichtig zeigen, wie sie es inwendig meinen, wenig, die sub ritu simplici, viel aber, die sub ritu duplici leben. Wenig, die wie eine Lilie beschaffen, dessen Wurzel oder Zwiefel einem Herz gleichet, wenig, die sich also stellen, wie sie es von Herzen meinen, wenig, die da nit seynd, wie das Hafnergeschirr, das ist, nur auswendig glänzend und glasirt, wenig, die nit ihre Bosheit mit scheinbarer Heiligkeit kanoniziren. Aber diese thun nichts anderst, als jene verruchten Hebräer, welche neben andern Schmachen und Plagen den HeilandJesum in seinem Leiden zwanzigmal sowohl schimpflich als peinlich bei der Nase gezogen.

Zwei Frauen begegnen einander auf der Gasse; guten Morgen, sagte die eine, wie gehts dir? Dank [142] dir Gott der Frag, antwortet diese, es gehet so und so, halb und halb, wie des Davids seine Gesandten Bärt von dem Ammon nach Haus getragen, die waren halb Haar, halb gar geschoren. (O wohl ein Schriftgelehrter Weiber-Kopf!) Weißt nichts Neues? Vor diesmal nit viel besonders, sagt sie, nichts? Hast nichts Neues gehört von des Herrn Sauersüß seiner Theresl? Vorwahr nichts, ich kenne sie zwar gar wohl, wie da? Sie ist heut ihr Maternität worden. Ei was sagst, das ist nit möglich! so wahr als ich lebe, sie hat was Lebendiges an Tag gebracht. Wann dem also, sprach die an dere, so mach ich ein Kreuz, das größer ist, als die Fahnstange um den Berg Andechs in Bayern. Ich hätte tausend Eid geschworen, das Mädl wäre heilig, so sie nur ein unbärdiges Wort gehört, so ist sie so roth worden wie ein gesottner Krebs, wann schon ihre Ehr hat gleichwohl den Krebsgang genommen, ei ei, wann sie gehört hat, daß einer mit der Dina, als des alten Jakobs Tochter, auf den Kranz getreten, da hat sie sich also erzürnet, daß sie mit den Aposteln das Feuer vom Himmel gewünschet. Wann schon, sie hat sich gleichwohl verbrannt. Ei, ei, so sie vermerkt, daß eine mit einem jungen Bürschl gelacht und gelöffelt, da hat es ihr mehr graust, als den Prophetenkindern, wie sie die bittere Kolloquint gessen, wann schon, sie hat es dennoch übersehen. Ei, ei, sie hat ja fast allemal einen halben böhmischen Hopfensack voll Betbücher mit sich in die Kirche getragen. Wann schon, es ist halt wohl gleichwohl dieß Oremus heraus kommen. Ei, ei, ich hätte vor sie mein Leben verpfändet, daß sie heilig wär, ja heilig, [143] aber falschheilig, dergleichen gibt es an allen Orten und Enden, und muß die äußerliche Heiligkeit gar oft einen Schaberäcken abgeben über den Teufel, gleichwie die gewissenlose Hebräer das Geld aus dem Tempel und Opferstock, so dazumalen ein heiliges Geld ist genennet worden, gebraucht haben zur größten Bosheit, indem sie damit die Soldaten beim Grab bestochen und zu ungegründeten Lügen veranlasset, also pflegen auch viel mit Tugenden und heiligen Werken große Laster zu bedecken, und wollen bei dieser Welt für fromme und eifrige Christen angesehen werden, da unterdessen am jüngsten Tag unter dem Schafpelz ein großer Wolfsbalg wird hervor gezogen werden.

Der heilige Paulus in der zweiten Epistel zu Korinthern schreibt gar beweglich, wie daß die Weiber auf alle Weise ihre Häupter sollen bedecken, aber der Teufel gibt den Weibern eine andere Lehr, benanntlichen, wie sie ihre Bosheit mit der falschen Heiligkeit und erdichtem Eifer sollen bedecken. In solchen Handel können sich die Dienstmenscher meisterlich schicken.

Wohin Mensch? ins Norate, das ist gut, wohl eine schöne Andacht, aber wohl Acht geben, daß dieses nit ein Deckmantel seye, in großen Kirchen, forderist zu Rom, werden sehr schöne, köstliche und künstliche Kapellen gefunden, aber es mangelt gar oft in andern und gemeinen Kirchen das Kuppeln nit, dahero bedenkt die Sache wohl, damit auf das Orate nit einPlorate folgen thue.

Wohin Mensch? in die Predigt, gut und aber gut ist dies, auch ein sehr lobwürdiges Werk, aber [144] wer weiß es, ob dies nit ein heiliger Deckmantel seye, dann bei dergleichen Geflügel ist mehrer Theils das Evangelium in Emaus, und sie spazieren anstatt der Predigt in die Grüne, geschieht aber wohl, daß ihnen die grüne Farb eine üble Hoffnung bringt, und bleibt ihnen von der Predigt nichts anderst über, als die Verkündzettel.

Wohin Mensch? Kirchfahrten will ich gehen, wohl eine preiswürdige Andacht, aber nur geschauet, ob nit ein heiliger Deckmantel bei Handen ist, dann man zuweilen auf dergleichen heiligen Orten einen wächsenen Fuß aufopfert, beinebens aber auf nichts Gutes umgehet, und ist sich oft zu verkreuzigen, wie man so seltsam mit dem Kreuz gehet, auch sogar, daß bei der Prozession die Ehrbarkeit einen Prozeß führet.

Wohin Mensch? zum Segen, das ist überaus ein heilig Werk, wäre zu wünschen, daß alle Leute also beschaffen, aber wohl umgeschauet, daß aus solchem englischen Tuch nit ein heiliger Deckmantel zugeschnitten werde, dann es geschieht gar oft, dann man mehr sucht den Benedikt als die Benediktion.

Was ist das Mensch? O meine Frau, eine zusammengeschütte Suppe vor die armen Leute, ei dies ist ein heiliges Werk, Gott wird solche Lieb zum Nächsten gewiß vergelten, aber sicher gangen, es kann gar wohl ein Futtertuch von einem heiligen Deckmantel über den Hafen gedeckt seyn; bann unter der Suppe stecken oft halbe Kapaunen, drei Pfund Bratl, welches austatt der Besoldung ist der alten Kupplerin, wegen der so vielen geleisten Korrespondenzpost.

[145] In Summa, tausend und aber tausend heilige Falschheiten werden angetroffen, womit dergleichen Leute ihre Bosheiten bedecken, wie die Rachel die güldene Götzenbilder des Labans, wie die Rahab die Ausspäher des Kriegsfürsten Josue, wie das Dienstmensch Abra das abgehauete Haupt des Holofernis.

Ich hab allhier zu Wien mit Augen gesehen, wie in unserer kaiserl. Hofkirche hinter einem Herrn, dessen Kleid mit häufigen von Silber gegossenen Knöpfen besetzt war, ein Weib gekniet, eines sehr ehrbaren und saubern Aufzugs, nachdem der Herr bei Aufwandlung des höchsten Guts in der heil. Meß sich tiefer gegen die Erde geneigt, hat sie ganz inbrünstig mit der linken Hand an die Brust geschlagen, mit der rechten Hand aber durch eine Scheer die hintern Knöpf sammt Tuch abgestutzt, und anbei so andächtig geseufzt, daß sich der gute Herr selbst auferbauet, ich glaubte bei mir, dieser schlimme Schleppsack müßte unfehlbar Resl seynd genannt worden, weil sie sich so nahend bei den Knöpfen eingefunden.

So finde ich dann allerseits die Falschheit, falsches Reden, falsches Schreiben, falsches Winken, falsche Kleider, falsche Münzen, falsche Stimmen, falsche Wein, falsche Siegel, falsches Gold, falsches Silber, falsche Blumen, falschen Geschmuck, falsche Haar, falsche Gesichter, falsche Freund etc., ja die ganze Welt falsch, so wende ich mich zu meinem Heiland Jesu, der es allein redlich mit mir meinet, und mir sogar am Stamm des Kreuzes ein offenes Herz zeiget, und verdamme mit ihm, verfluche mit ihm, verwerfe mit ihm, verstoße mit ihm, vertilge mit ihm, verhasse mit ihm, verfolge [146] mit ihm alle Falschheit? Als dieser gebenedeite Erlöser erst einen Monat und eilf Tage alt war, hat er sich eilfertig mit Joseph, seinem Nährvater, und Maria, seiner herzigsten Mutter, in die Flucht begeben nach Egypten, nit sogar darum, daß er sich geforchten vor der Tyrannei des Herodis, dann er gar leicht eine Million der Engel zu seinem Schutz hätte gehabt, auch vermög eigener göttlichen Allmacht alles überwinden können; aber meistens hat er sich aus Judäa hinweg gemacht, damit er nur den falschen Herodes nit dürfe anschauen, massen dieser ein falscher Fuchs über alle gewesen, wie er es mit göttlichem Mund selbsten ausgesprochen: Ite et dicite, vulpi illi, »gehet hin und sagts diesem Fuchsen.« Ja über kein Laster hat er öfters geredet, als über die Falschheit und Gleißnerei, wie zu sehen Matth. am 22. K. Matth. 6. Matth. 23. Luk. 12. Luk. 13. Luk. 6. Job. 8. Job. 20. Merk alles dieß wohl mein Teutscher, der du sonst prangen willst mit dem Namen Redlich

Judä, dem Erzschelm, gibt der mildreicheste Heiland noch gute Wort
Judä, dem Erzschelm, als seinem abgesagten Feind, gibt der mildreicheste Heiland noch so gute Wort, sprechend: amice, ad quid venisti? Freund! wozu bist du kommen?

Gut ist die Erd, dann ob sie schon der Ackermann mit dem Pflug hart tractirt, auch über und über verwundet, so acht sie nit allein solchen Tort [147] gar nit, sondern stellt sich noch ein mit dem besten Getreid und Früchten.

Gut ist das Meer, dann unangesehen es allerlei große Last tragen muß, und man ihm mit den schweren Rudern eine Goschen über die andere versetzt, so spendiret es gleichwohl noch allerlei auserlesene Fisch, und beste Schleckerbißl.

Gut ist die Weintraube, dann solche gar nit rüget die angethane Schmach und Unbild, ob sie schon mit Füßen getreten, auch unter der schweren Preß liegen und leiden muß, so macht sie nit allein hierüber kein saures Gesicht, sondern gibt noch den süßesten Saft und Most zum Dank.

Gut ist der Weihrauch, dann wann er schon auf das Feuer und glühende Kohlen geworfen wird, so zeigt er sich derenthalben nit beleidiget, ja zum Dank läßt er noch einen lieblichen Geruch von sich.

Gut ist der Saffran, dann je mehr man ihn auf den Kopf tritt, je weniger erzürnet er, ja sogar vor die ihm zugefügte Schmach pflegt er noch besser und häufiger zu wachsen.

Aber gut und gut, und über alle gut ist unser Heiland Jesus, welcher nit allein den falschen Judas-Kuß gern und urbietig angenommen, auch sich derentwegen geneigt, um, weilen der Iscarioth nit gar groß von Person, wohl aber ein großer Schelm, sondern noch hierüber den verdammten Böswicht einen Freund genannt, wodurch er uns allen Adamskindern eine Lehr gegeben, wie wir unsern Feinden sollen verzeihen.

[148] Christus der Herr hat Teufel ausgetrieben, die Apostel in seinem Namen haben Teufel ausgetrieben, andere Heilige zu unterschiedlichen Zeiten haben Teufel ausgetrieben, und zwar durch allerlei heilige Mittel. Die Apostel durch den Namen Jesu, der heilige Gregorius durch das heilige Kreuzzeichen, der heil. Kolumbanus durch seine zwei Finger, die er dem Besessenen auf die Zung gelegt, der heil. Anatholius durch das bloße Anrühren, der heil. Dominikus durch einen bloßen Befehl, der heil. Maltonius durch den Weihbrunnen, Papst Joannes durch die Ketten des heiligen Petri, andere durch Reliquien und Heiligthümer, die Meisten aber durch Exorcismos und Beschwören, dergleichen Weis gar viel von der katholischen Kirche vorgeschrieben seynd. Ich soll, ich will, ich muß auch einen Teufel austreiben, und zwar einen harten, einen stutzigen, einen eigensinnigen, einen widerspenstigen, einen stolzen, einen hochmüthigen, einen trutzigen, einen zornigen, einen bissigen, einen rachgierigen, einen dürmischen Teufel; ich fürchte zwar, daß dieser höllische Spottvogel mich ohne Schimpf nit werde lassen, massen dergleichen einer aus der besessenen Person dem heiligen Bernardo auf eine Zeit vorgeworfen: Du Bernard wirst mich aus dem alten Weib nit austreiben, der du gut Kraut und Speck issest, worauf der heilige Mann die arme Person zu den Reliquien des heiligen Sypi geschickt, es hat aber auch allda der trutzige Geist sich hören lassen: daß ihm weder Sypus noch Bernardus werde die Herberg verbieten, wann dann, sprach der heilige Klarevalensische Abt, weder Sypus noch Bernardus [149] dich wird austreiben, so mußt du doch Gehorsam leisten dem Herrn Jesu Christo, auf welche Wort, samt einem eiferigen Gebet, der höllische Gast das bedrängte Weib verlassen, und sich in die Flucht geben.

Es mag mir nun dieser Teufel vorwerfen, was er will, und was die göttliche Allmacht ihm erlaubet, unangesehen dessen fang ich an, ihn zu beschwören: »Ich beschwöre dich in dem Namen Jesu, dich Satan, die alte Schlang, dich Erbfeind des menschlichen Geschlechts, dich Zunder aller Laster, du Ursacher alles Uebels, dich Tyrann und Peiniger dieses armen Menschen, und befehle dir anbei ganz ernstlich durch die Menschwerdung, Leiden, und glorreiche Urständ unsers Herrn Jesu Christi, daß du ohne Widerständ und Verweilung mir vor allen andern offenbarest deinen Namen,« dann hierin folge ich nach meinem gebenedeiten Heiland, welcher auch bei den Gerasenern einen Teufel ausgetrieben, zuvor aber befragt, wie sein Name seye? dem die verdammte Larve geantwortet, Legio ist mein Name.

Wohlan dann du unreiner Geist, ich beschwöre dich durch das Kreuz, und die fünf purpurfarbe Wunden Jesu Christi, sag an, wie ist dein Nam? Blam, Blo, Blis, Blurs, Blesch, Blombs, Blasch, Blinris, Blitzmotruefh, sagt er, faimt er, gront er, brüllt er etc. Ho ho verdammter Geist, ich laß mich anjetzo nit foppen, und bei der Nase ziehen, die Sprach ist mir unbekannt, sag an, ich beschwöre dich durch die allerhöchste Dreifaltigkeit, wie heißt du? Ich? o o o o o o, Q wehe, Ich, bu, bu, bu, bu, bu, Ich? ja du, wie hart kommts dich an, ich, ich, ich, ja ich, was [150] dann, ich heiß, ich heiß, so heiß ich, ich heiß, Auwe-e-e-e ich heiß Revantsch-Teufel, ich und meine Kameraden, plagen und besitzen die meisten Menschen, und können schwerlich ausgetrieben werden. Gott seye Lob, daß ich gleichwohl den Namen weiß. Revantsch-Teufel, das ist ein harter und wilder Teufel, da wird es schwitzen gelten, bis ich den Gesellen, aus dem Nest jage. O was höre ich!

Der Hund hat mir den Despekt angethan, das kann ich mein Lebtag nit vergessen, ich wollt lieber das Leben lassen, als ich es ihm sollte schenken, ich will mich revantschiren auch nach zehn Jahren, das leid ich nit, das kann ich nit leiden, das will ich nit leiden, ich wäre werth, daß man mich mit Eselsohren sollte krönen, wann ich es leiden thäte, aus, aus Revantsch du unreiner Geist!

O mein Mensch! ich halt es für gewiß, daß du in der heiligen Tauf widersagt habest dem bösen Feind und allem seinem Anhang, zugleich auch versprochen, daß du an Jesum Christum glauben wollest und seine Gebot und Gesetz halten, unter solchen aber ist nicht das Mindeste, daß wir unsern Feinden sollen verzeihen. Ja in dem Vater unser geschieht keine einige Meldung vom Revantschiren, wohl aber, daß uns Gott unsere Schulden woll vergeben, gleich wie wir vergeben unsern Schuldnern, aus welchem dann folgt, daß wir unsern Feinden verzeihen sollen, weilen es unser Heiland Jesus also befiehlt und also gebietet.

Ich muß mich revantschiren, sagst du, Gott verbietet es aber ausdrücklich, sage ich, Gott, der dich erschaffen, Gott, der dich erlöset, Gott, der dich richten[151] wird, dieser Gott verbietet das Revantschiren, und du sollest diesem Gott, dem alles, im Himmel und auf Erden, den Gehorsam leistet, du Schatten an der Wand, du geringer Erdwurm, du zerlumpter Kothsack, du Ebenbild des Elends, du, du sollst dich diesem deinem Gott widersetzen? Der Herr und Heiland trat einst mit seinen Aposteln in ein Schifflein, da erhub sich unvermuthet ein großes Ungewitter, der Himmel thäte sich also mit schwarzen Wolken überziehen, als wollt er völlig in tiefe Klag und Trauren gehen, die steten Blitzer und krachenden Donnerstreich droheten gleichsam, als wollte das runde Gewölb des Himmels einbrechen, die ungestümen Winde stürmten mit solcher Gewalt, daß sie auch den Grund des tiefen Meeres bewegt, und bald die Wellen wie ein Berg erhöhet, bald wieder in tiefes Thal erniedert, daß also das Schifflein einem Ballen gleich, durch trotzige Freiheit der Winde getrieben wurde, und folgsam der gewisse bevorstehende Untergang vor Augen schwebte, wie könnt es anderst seyn, als daß die fast todt erbleichten Apostel ihre Händ und Stimm erhebten, und den Heiland um schleunige Hilf ersuchten, worauf dann alsobalden der Herr dem ungestümen Meer, den tobenden Winden befohlen, daß sie sich in die Ruhe begeben, welches dann ohne Verzug, ja augenblicklich geschehen. Wind und Meer, merk es wohl, du lieber Christ, hören auf zu wittern, weil es ihnen Gott der Herr also befohlen, und du willst nit nachlassen, und ablassen zu wittern wider deinen Feind, sondern tausend Revantsch zu suchen, da doch der [152] Heiland Jesus so vielfältig geboten, du sollest deinen Feind lieben.

Paulus, der Apostel, schafft in der Insel Melita oder Malta den Schlangen und Nattern, daß sie nit sollen giftig seyn, und haben solche alsobalden den Gehorsam geleistet; und du Mensch, du, du, der du den Namen eines Christen trägst, willst nit lassen deinen Zorn, deinen Gift wider deinen Nebenmenschen, da es dir doch Christus so ernstlich. auferlegt.

Sieben wilde und ausgehungerte Löwen zu Babylon haben sich auf den Befehl Gottes enthalten, daß sie ihre Rachen nit eröffnet gegen den Daniel, und du suchest stete Rache, immerwährende Rache, unauslöschliche Rache an deinem Feind, unangesehen der Heiland der Welt es so hoch verboten.

Drei Knaben zu Babylon seynd auf Befehl des tyrannischen Nabuchodonosors in den angezündten Ofen geworfen worden, weil aber Gott dem Feuer geboten, daß es ihnen nit ein Härl solle schaden, also ist es dem göttlichen Befehl nachkommen, und seine natürliche Hitz entzogen; und du willst noch immerzu im Zorn wider deinen Nächsten ganz entzündet seyn, und nach Revantsch trachten, so doch wider das klare Gebot deines Heilands Jesu?

Auf den Befehl Josue läßt sich das große Sonnenlicht von seinem schnellen Lauf aufhalten, und vollziehet, was ihm anbefohlen wird; und du, auf den Befehl des allmächtigen Gottes, läßt dich nit aufhalten, Rache zu suchen an deinem Feind.

Gott der Herr gebietet einem großen Wallfisch daß er dem ungehorsamen Jonä eine Herberg vergönnen,[153] und ihn, gleich wie andere Speisen, nit verzehren: welchem dann der große Fisch urbietig nachkommen, und den Propheten ganz schadlos gehalten. Und du, wider so ausdrückliches Gebot Gottes, stellest dich also ergrimmet gegen deinen Nächsten, als wolltest du ihn fressen, ja sogar, da es möglich wäre, mit Zähnen zerreißen? Du, du willst ein Christ seyn, willst ein Christ genannt werden, willst wie ein Christ sterben, willst wie ein Christ begraben werden, und willst das Gebot Christi nit halten? welcher mehrmalen dir befohlen, du sollest deinen Feinden nit allein verzeihen, sondern ihnen noch alles Gute erweisen. Egredere, aus, aus, Revantschteufel, du unreiner Geist.

Was? der Kerl hat mir den Affront angethan, er hat mich in puncto honoris angegriffen, das kann ich nit ungerochen lassen, auch ein Wurm krümmer sich, wann er getreten wird, wann ich hiezu thäte stillschweigen, so würde ich als eine Lethfeigen von der Welt gehalten werden, ich getrauete mir nit mehr unter ehrlichen Leuten zu erscheinen. O verruchte verfluchte Red! so sollen dann alle diejenigen Lethfeigen seyn, welche sich an ihren Feinden nit revantschirt haben? Wie willst du dann nennen deinen HeilandJesum? wie willst du taufen alle seine Apostel? wie willst du heißen alle heiligen Martyrer und Blutzeugen? wie willst du tituliren den hl. Pabst Gregor den Großen? wie willst du schelten den hl. Kardinal Borromäum? wie willst du benamsen den hl. Patriarchen Gregorium von Nazianz? was willst du für einen Namen geben dem hl. Bischof Thomä Villanovano? wie soll dann genennet werden der hl. Abt [154] Bernardus? wie der hl. Eremit Paphnutius? welche nicht allein sich nit revantschirt an ihren Feinden, Verfolgern und Widersachern, sondern noch vor dieselbige Gott gebeten, und die Uebelthaten mit Gutthaten bezahlt. So soll dann unter ehrlichen Leuten nit dörfen erscheinen, wie deine vermessene Zung ausgießt, der Weltheiland selber? O Gotteslästerung! der hl. Apostel Paulus, der hl. Martyrer Stephanus, der hl. Beichtiger Gualbertus, die hl. seraphische Jungfrau Theresia? welche die ihnen so häufig angethane Schmach und Unbild nit anderst gerächt, als mit Gutthaten. Die Welt wills haben, daß man sich revantschire, Gott will es nit haben, wer gilt nun mehr aus diesen zweien? wie wird es dir in deinem Sterbstündl um das Herz seyn, wann der göttliche Richter allda erscheinen wird, und dir vorrupfen, daß du höher gehalten die Gebot der Welt, und weniger geschätzt Gottes Gebot? auch folgsam nit um ein Haar besser gewest, als die boshaften Hebräer, welche einen öffentlichen Mörder und Uebelthäter den Barrabam Christo dem Heiland selbst vorgezogen.

Ich leide aber, sagst du, an meiner Reputation. Das Wort Reputation finde ich in der ganzen heiligen Schrift nit, weiß also nit, welcher Belzebub es auf die Welt gebracht. Wann aber Reputation nichts anderst ist, als Ehre, so wisse, daß eine weit größere Ehre erwachset aus dem Verzeihen, als aus dem Revantschiren. Nachdem der neidige Kain seinen Bruder Abel auf dem Feld zu todt geschlagen, sodann hat das Blut Rache geschrien, wie es Gott selbst dem Kain angedeutet; die Stimme des Bluts deines Bruders[155] schreiet zu mir von der Erde, es ist aber wohl zu merken, daß nur dasjenige Blut hat Rache geschrien, welches sich mit der schändlichen Erde vermischt hat, nit dasjenige, so noch in dem Abel geblieben, dann solches als ein redliches Blut sich geschämt hat, Rache zu begehren, ist also weit ehrlicher zu verzeihen, als sich revantschiren.

Die verdammte und in allem Guten umgekehrte Welt pflegt denjenigen einen braven und rechtschaffenen Kerl zu nennen, welcher seinem Feind die Zähne zeigt und sich revantschiret; aber sag her, welcher Name ist herrlicher und preiswüdiger? ein braver Kerl oder ein Sohn Gottes? Ein jeder verständige Mensch wird ohne Zweifel das letztere Prädikat vor allen hervorstreichen, nun aber titulirt die schmutzige nichtsnutzige Welt alle diejenigen rechtschaffenen Kerl, die ihren Feinden den Spitz weisen, Christus der Herr aber bei dem Evangelisten Matthäo nennet solche Kinder Gottes, welche ihren Feinden verzeihen, sprechend: »Liebet euere Feinde, thut Gutes denen, die euch hassen, und bittet vor die, so euch verfolgen, auf daß ihr Kinder seyd eures Vaters, der im Himmel ist.« So ist dann eine größere Reputation, wann du ein Sohn Gottes genennet würdest, als ein braver Kerl. Ja einem Christen ist nichts anständigers als das Verzeihen. Der heil. Christophorus, als er noch kein Martyrer und Blutzeug Christi war, hat auf eine Zeit, in Gegenwart sehr vieler und wackerer Leute, von einem frechen und boshaftigen Gesellen eine harte Maultasche bekommen, wessenthalben die Anwesenden ihn mit Worten angespornet, daß er sich solle [156] revantschiren, und dem Schelmen den Hals brechen, worauf er die Antwort gab: wann ich kein Christ wäre, so thäte ichs.

Exi immunde Spiritus, aus, aus Revantsch-Teufel du unreiner Geist, dann nit allein thut Gott verbieten den Revantsch, sondern er straft auch diejenigen, so wider sein Gebot die Rache suchen. Wie der Herr Jesus bei dem galiläischen Meer auf- und abgangen, hat er zwei Brüder wahrgenommen, welche ihre Fischernetze flickten, das hat dem Heiland dergestalten gefallen, daß er sie alsobalden zu sich berufen, und zur apostolischen Dignität promovirt, weil sie geflickt haben, und das Netz wieder zusammen vereinigt, hat sie der Herr zu sich gezogen, wann sie aber getrennet hätten, so hätte er sie etwan gar nit angeschaut, dann er, als ein Fürst des Friedens, nicht wenigers leiden kann, als die Zertrennung. Ich will dich gar nit weit in die hl. Schrift hineinführen, sondern gleich im allerersten Kapitel der Bibel zeigen, wie abhold Gott der Unreinigkeit seye, allda ist zu lesen, wie der Allmächtige das herrliche Gebäu des Himmels und Erde verfertiget, auch an einem jeden Tag etwas absonderlich erschaffen, daß er allen Tagen das Lob geben, und sie vor gut erkennet mit diesen Worten: »Gott sah, daß es gut war, ausgenommen den andern Tag, welchem allen allein er das Lob entzogen, alle Tag hat Gott kanonisirt, den ersten, den dritten, den vierten, den fünften, den sechsten, den siebenten, aber den andern Tag hat er ausgeschlossen.« Die Ursache gibt der heilige Hieronymus, wie daß am andern Tag bei Erschaffung der Welt eine Zertrennung [157] seye geschehen, dann Gott machte an diesem Tag das Firmament, und scheidete die Wasser, so unter dem Firmament waren, von denen, die über dem Firmament waren; bilde sich also niemand ein, der mit seinem Nächsten zertrennet ist, der ihn weder grüßen noch sehen will, daß er bei Gott in Gnaden stehe.

Zwei Weiber waren miteinander uneinig, eine war reich, und bei großen Mittlen, die andere aber arm und bei wenigem Vermögen, und diese hat doch den Groll bald fallen lassen, nit aber die Reiche, welche in immerwährender Feindschaft und Haß gegen der andern also verharret und verhartet, daß endlich der Pfarrherr und Seelsorger, nach etlichen ergangnen Ermahnungen, ihr die österliche heilige Kommunion geweigert, wessenthalben sie sich nit wenig vor den Leuten geschämt, und dem gemeinen Spott zu entgehen, sich gegen den Pfarrherrn verlauten lassen, daß sie ihrem Gegentheil von Herzen verzeihe, worauf sie gleich andern zu dem Altar und Kommunion gelassen worden, sobald solche aber aus der Kirche getreten, ist ihr die arme Haut eilends nachgefolgt, und vor der Kirchen-Thür besagte Frau angeredet, auch sich von Herzen erfreuet, daß sie nunmehr den schon lange gefaßten Widerwillen hab fallen lassen. Was? setzt hinwieder die andere, ich dir verzeihen? du Bestia, lieber sterben als dieß thun; kaum daß solche freche Wort aus ihrem Mund ergangen, ist sie in dem ganzen Gesicht wie eine Kohle erschwarzt, und jäh todt zur Erde gefallen, aus dem aufgesperrten Rachen aber die heilige Hostie in die Höhe geflogen, [158] und so lang in der Luft gestanden, bis der Pfarrherr kommen, und solche mit dem Kelch ehrenbietigst aufgefangen.

Mein lieber Jakob, warum beklagst du dich also wider den Laban? hat er dir dann einige Unbild angethan? wie soll dieselbige heißen? Ja freilich, sagt Jakob, er ist nit redlich mit mir umgangen, er hat mir anstatt der Rachel die Lia gegeben, und diese mag ich nit, diese will ich nit, warum? vielleicht versteht sie die Wirthschaft nit, und will die Säu wie die Gäns rupfen? darum nit; vielleicht kann sie das Maul nit halten, und ist in ihrer Redstuben die Thür aus dem Angel gangen? darum nit. Vielleicht kann sie besser mit Baccho, als mit Bachen umgehen, und ist nie zufrieden, als wann sie bei Krügen sitzet? darum nit. Vielleicht macht sie aus dem Haus einen Thurn, und thurniert immerzu, als hätt sie die Höll im Bestand? darum nit. Vielleicht ist sie beschaffen wie ein Rechen, der jedermann die Zähn zeigt? darum auch nit. Warum dann, willst die Lia mt? darum, sie hat gar schlechte Augen, wilde Augen, triefende Augen, rinnende Augen, garstige Augen, üble Augen, abscheuliche Augen, darum mag ich sie nit, darum wegen der Augen.

Ich kann den Menschen nit anschauen, sagst du, mir geht gleich die Gall über, wann er mir nur nit unter die Augen käme, so er mir tausendmal sollte begegnen, so wende ich die Augen anderstwohin, dem Kerl kann ich es nit verzeihen, was er mir gethan. O mein elender Mensch, so du also beschaffen bist, seye versichert und vergwißt, daß dich Gott nit mag, [159] du bist von seiner göttlichen Majestät gänzlich verworfen um deiner üblen Augen willen, gleich wie Lia von dem Jakob derenthalben veracht worden, übel und aber übel seynd deine Augen, wann du deinen Nächsten, von dem du etwan einige Unbild empfangen, nit kannst ansehen, nit willst anschauen. Merke, was der gottselige und heiligmäßige Thomas Kempensis schreibt von einem, der auf eine Zeit mit einem Geistlichen seines Klosters verreist, unterwegs aber, wie pflegt zu geschehen, allerlei Reden geführt, neben andern sagte der Weltliche dem Pater, er woll ihm etwas offenbaren, so er bishero allzeit in geheim gehalten; ich, sprach er, bin vor sechs Jahren fast in die 13 Monat nacheinander gleich andern frommen katholischen Christen in die Kirche gangen, zu den gewöhnlichen Gottesdiensten, eine lange Zeit aber niemalen gesehen das höchste Gut, die allerheiligste Hostie, von dem Priester aufwandeln, wohl zwar hab ich wahrgenommen, wie der Priester die Händ in die Höhe gehebt, aber doch die heiligste Hostie nit darinnen, welches dann mir erstlich die Meinung gemacht, als seye mein blödes Gesicht daran schuldig, dessenthalben mich ganz nahend zu dem Altar begeben, und zwar auf der Seite des Priesters, aber auch dazumalen den Heiland Jesum unter der Gestalt des weißen Brodes nit können sehen, welches mir dann billig allerlei Gedanken aufgewicklet, also zwar, daß ich mein Gewissen etwas genauer, als sonsten geschehen, durchsucht, und endlichen befunden, daß ich Jahr und Tag gegen einen meinen Nächsten eine Feindschaft getragen, und mich die rachgierige Sinnlichkeiten dahin veranlaßt, daß [160] ich mir gänzlich vorgenommen, dafern die Gelegenheit sich ereignete, mich an ihm zu revantschiren. Indem ich nun diesen meinen Gewissens-Zustand durch eine General-Beicht einem verständigen Priester entdeckt, hat solcher in allweg geurtheilt und erkennt, daß ich wegen meiner tragenden Feindschaft nit seye würdig geschätzt worden, das allerhöchste Gut, dieses sanftmüthigste Lamm Gottes, anzuschauen, dahero mir ernstlich auferlegt, daß ich nit allein allen gefaßten Groll solle sinken lassen, sondern mich mit ihm bestermassen versöhnen. Welchem heiligen und väterlichen Rath ich emsigst nachkommen, und nachdem ich mich mit gedachtem Menschen verglichen, auch von Herzen ihm verziehen, hab ich wieder die Gnad gehabt, gleich andern, unter der heil. Meß das höchste Gut in den Händen des Priesters zu sehen. Aus welchem ich dann sattsam habe können abnehmen, wie sehr es den göttlichen Augen mißfalle, wann man seinen Feinden nit verzeihe.

Die Müllner fast alle insgemein werden nächst oberhalb der Mühl ein hölzernes Gitter in dem Wasser haben, welches sie pflegen den Rechen zu nennen, und ist dieser zu nichts anderst, als daß er Prügel, Stecken, Stauden und Gesträußwerk aufhalte, damit hiedurch die Räder in ihrem Lauf nit verhindert wer den. Ich muß mich rächen, sagst du, ich will mich rächen, solls Leib und Leben gelten, solls hundert Jahr anstehen, ich schwöre ihms bei Verlust meiner Seligkeit, daß ich mich rächen will. (O Gott!) ein Bärnhäuter wäre ich in Ewigkeit, wann ich mich nit rächen thäte, der Degen ist ihm zu Diensten, dieß paar [161] Pistolen wart auf ihn, rächen muß ich mich, es mögen die Pfaffen sagen, was sie wollen, Gott hat leicht Gebot zu machen, es ist eine Frag, ob es sich halten lässet.

O vermessene Zung! als wann Gott etwas unmöglich thäte gebieten, welches doch er, und viel tausend andere gehalten; sag her rachgieriges Tiger-Gemüth und Schlangen-Brut, was findest du bei deinem Rächen? nichts anderst als was der Müllner bei seinem Rechen, nichts anderst als Prügel und Ruthen, mit denen die göttliche Gerechtigkeit dich züchtigen wird, hast du dann schon vergessen, was dem hl. Papst Gregorio widerfahren? Welcher für einen Verstorbenen das Amt der hl. Meß gehalten, und als er angefangenRequiem aeternam dona ei Domine etc. O Herr gieb ihm die ewige Ruhe, worauf er die Stimm von Gott vernommen: non faciam, ich thue es nit, und dieses das andere und drittemal, bis endlich dem hl. Mann von Gott offenbaret worden, daß er darum diesem nit wolle verzeihen, noch die ewige Ruhe geben, weilen er auch seinen Feinden nit verziehen, noch dieselbigen in der Ruhe gelassen.

Ist dir dann schon aus der Gedächtnuß entfallen, was Cäsareus schreibt von zweien Bauern, welche im immerwährenden Zank, Hader und Uneinigkeit gelebet, auch einer dem andern auf keine Weise verzeihen wollen; nachdem sie nun durch göttliche Verhängnuß beede an einem Tag ihr Leben beschlossen, auch alle zwei zugleich in ein Grab gelegt worden, da hat von freiem Stuck ein jeder in dem Grab sich umgewendet,[162] und einer dem andern den Rucken gezeigt, zum augenscheinlichen Zeichen ihrer ewigen Verdammnuß.

Denkst du dann nit mehr an dasjenige, was Speculum Exemplorum von einer Frau registrirt, welche sonsten dem äußerlichen Schein nach, einen sehr vollkommenen und heiligen Wandel geführt, im Herzen aber allzeit einen Groll und Feindschaft getragen gegen eine gewisse Person; nachdem nun besagte rachgierige Frau in das Todbett gerathen, und ihr der Priester das höchste Gut anstatt der Wegzehrung in die Ewigkeit darreichen wollen, da hat sie die Zähn zusammen gebissen, sich nach der Maner gewendt, und angefangen zu schreien, daß, weil sie ihren Feind niemals hab recht angesehen, also woll anjetzo auch Gott sie auf ewig nit ansehen, mit welchen verzweifelten Worten sie den verdammten Geist hat aufgeben! Es ist dann gewiß, und bleibt gewiß, so gewiß als Gott ist, und Gott bleiben wird, daß, wer seinem Feind nit verzeihet, dem werde auch auf ewig nit verziehen.

Exi immunde Spiritus, aus, aus mit dir Revantsch-Teufel, du unreiner Geist, ich beschwöre dich im Namen aller Heiligen Gottes, weicht von dieser Kreatur, die der Allmächtige zu seinem Ebenbild erschaffen, dann Gott der Herr nit will, daß man sich revantschire, auch hart strafet, die sich revantschiren, sondern belohnet auch ewig, die sich nit revantschiren.

Jakob auf der Reis' in Syrien nahm unterwegs einmal sein Nachtlager auf dem freien Feld, und als er in der besten Ruhe gelegen, massen das gerechte Gewissen, das beste Kissen, ist ihm ein wunderliches [163] Gesicht vorkommen, er sahe nämlich eine Leiter, die stund auf der Erde, und rührte mit der Spitz den Himmel an. Die Leiter muß viel Sprössel gehabt haben, er sahe auch die Engel Gottes auf- und absteigen etc. Warum aber dießmal, und an diesem Ort der Jakob die Leiter im Himmel gesehen, und sonsten nit, muß doch eine erhebliche Ursach seyn. Ich glaub keine andere als diese, ehe und bevor sich Jakob der fromme Patriarch niedergelegt, hat er etliche Stein zusammen geklaubt, und ihm solchergestalten einen Hauptpolster gemacht, tulit lapides etc. nachdem er aber erwacht, da hat er gefunden, daß die etlichen Steine sich also vereiniget, das nur einer daraus worden. Wo man sich dann vereinigen thut, und allen Zwiespalt und Feindschaft beiseits legt, da kann nit anderst, als eine gewisse Leiter in Himmel seyn, wer vergibt, dem wird auch von Gott vergeben werden, ist gewiß. Wer die empfangene Schmach nit rächet, dessen Sünde wird auch Gott nit rächen, ist gewiß. Wer das Herz mit seinem Widersacher theilt, mit dem wird auch Gott seine Glorie theilen, ist gewiß. Wer den Zorn wider seinen Nächsten läßt fallen, den läßt Gott nit in die Grube des ewigen Verderbens fallen, ist gewiß. Wer sich nit revantschirt, der ist von Gott schon prädestinirt, ist gewiß. Diejenigen, die da leben wie Hund und Katzen, die seynd, und werden seyn Kinder der Seligkeit, das ist gewiß. Aber sie müssen leben, wie Hund und Katzen in der Arche Noe, dann dazumalen war die größte Einigkeit unter ihnen, und hat eines dem andern nit einmal ein saures Gesicht gezeigt.

[164] In dem Thal Josaphat zwischen dem Oelberg und Jerusalem, nächst dem Bach Cedron, ist der heil. Stephanus versteiniget worden, an welchem Ort noch zu sehen ein großer Stein, worauf der heil. Erzmartyrer zuruckgefallen und sowohl sein Haupt als die Achseln eingedruckt; dazumalen hat er den Himmel offen gesehen, und darum den Himmel offen, dann er nit allein seinen Feinden verziehen, die ihn also verfolgt, sondern noch eifrig für dieselben gebeten. Nicht allein dem heil. Stephanus, sondern auch dir und mir, steht der Himmel offen, wann wir unsern Feinden verzeihen und ihnen noch Gutes thun.

Pelbartus schreibt, daß einer lang nach dem Leben gestellt demselben, so seinen leiblichen Bruder umgebracht, und wie er solchen auf eine Zeit an einer gewünschten Gelegenheit ertappt, auch ihm bereits den Rest wollte geben, ist dieser auf seine Knie niedergefallen und mit aufgehebten Händen gebeten, er woll es ihm doch, in Ansehung des theuren vergossenen Bluts Jesu Christi, verzeihen, durch welche Wort solcher ganz weichherzig worden und ihm die große angethane Unbild und blutigen Brudermord von Herzen vergeben; als er nun kurz hernach in die nächstentlegene Kirche gangen und daselbst die Wunden des gekreuzigten Christi begehrte demüthigst zu küssen, da hat das hölzerne Krucifix-Bild beede Händ und Arm von dem Kreuz herab gelöset, diesen Menschen umhalset und umfangen, sprechend anbei: »Weil du diesem heut wegen meiner verziehen, so vergieb ich dir auch alle deine Sünden.« Es ist halt kein bessers Handwerk, als wann einer dem andern bald verzeihet, und zu Bestätigung [165] der festen Freundschaft einander die Händ drauf geben. Es ist kein besserer Magen, als wann einer manche harte Brocken muß schlicken, und solche bald thut verdäuen. Es ist keine bessere Nase, als dieselbige, welche so bald nit die angethane Schmach rächen thut. Es ist kein besserer Rucken, als welcher die oder jene Unbild und Schimpf wegen Gott leicht ertragen thut. Es ist seine bessere Gedächtnuß, als welche alle empfangene Schmach leicht vergessen thut.

Wunderbarlich hat der Prophet Ezechiel die Todten erweckt. Gott führte ihn auf ein großes, weites, langes, breites und ebnes Feld hinaus, zeiget ihm allda eine fast unzahlbare Anzahl der ganz ausgedorrten Beiner, von todten Menschen, schaffte ihm zugleich, er solle in seinem Namen ihnen das Leben wiederum geben. Was thut Ezechiel? er braucht hierzu eine seltsame Ceremonie, er befiehlt so vielen tausend und tausend dürren Beinern, daß ein jedes sich solle ohne weitern Verschub zu seinem Glied verfügen. Da sollt jemand gesehen haben, was für ein Raffeln und Getös unter den Beinern entstanden, da seynd hin und her, da seynd links und rechts, da seynd oben und unten, da seynd untereinander die Beiner in der Luft geflogen, da ein Kopf, dort ein halber Kopf, da eine Hirnschale, dort ein Zahn, da eine Kniescheibe, dort eine Rippe, da ein Armbein, dort ein Fußbein, nit anderst, als thäten die Schneeflocken unter einander fallen, dann ein jedes suchte sein Glied, wo es hingehörte. Ezechiel, glaub ich wohl, seye bald auf diese, bald auf jene Seite gangen, zu sehen, ob sich alle an ihr voriges Ort begeben, und kann wohl seyn, daß, [166] wann er etwan ein Bein gefunden hat, so beym Kopf gelegen, da es unterdessen zu den Füßen gehört, er solches ernstlich angeredet, was das seye? Fort mit ihm, es soll dahin, wohin es gehöre; praesto, sein bald und ohne Widerstand. Gleich darauf wurden alle diese Beiner mit Sehn-Adern und Fleisch überzogen, und von vier Orten blies der Wind an sie und wurden alle lebendig, daß also ein großes Kriegsheer daselbst gestanden. Siehst du es, spricht über diese Geschicht der heil. Vater Augustinus, daß ehender die dürren Beiner haben müssen vereiniget werden, bevor sie das Leben erhalten, wer also verlangt das ewige Leben, dem ist vonnöthen, daß er sich vorher recht vereinige mit seinem Feind; wann solches geschehen, da kann er mit allem Fug bei der Himmelspforte antworten, da Petrus fragen wird: wer da? gut Freund. Trostreich ist die Sentenz des heil. Chrysostomus, welche also lautet: »Non est possibile, quod homo, qui dimiserit proximo, non áccipiat plenam remissionem a Deo.«

Es wird dem Leser ohnedieß bekannt seyn jene Begebenheit, so sich mit einer Wittib von Florenz zugetragen, dero einigen Sohn, den sie über alles liebte, ein anderer bei nächtlicher Weil ermordet hat, und gleich hierauf sich, zwar unwissend, in besagter Wittib Haus salvirt; als nun der todte Leichnam ihres Sohns in das Haus gebracht worden, wußte sie sich nit gänzlich zu entschließen, ob sie solle den Thäter dem Gericht überliefern oder aber demselben durchhelfen, weilen ihr aber eingefallen, wie wohlgefällig in den Augen Gottes seye das Verzeihen, also hat [167] sie hiermit die Barmherzigkeit vorgezogen und gedachtem Todschläger noch 20 Gulden gespendirt, damit er sich bei der Nacht in gewisse Sicherheit setze und sein Leben ferners salvire. In selbiger Nacht ist der Sohn seiner Mutter erschienen und ihr mit größten Freuden gedankt, sprechend, daß er, in Ansehung ihrer erwiesenen Gutthat seinem Feind, anjetzo von Gott seye auch völlig pardonirt, und eile bereits in die ewige Freud und Seligkeit.

Exi immunde Spiritus, aus, aus Revantsch-Teufel, du unreiner Geist, ich beschwöre dich bei demjenigen, der dich durch des Davids Harpfen aus dem Saul verjagt hat, ich beschwöre dich bei demjenigen, der dich samt deinem Oberhaupt aus dem Himmel gestürzt hat, ich beschwöre dich bei demjenigen, der dich und alle deine Gewalt mit dem einigen Kreuzbaum überwunden hat, bei diesem beschwöre ich dich, und in dessen Namen befehl ich dir, daß du von nun an diese Kreatur sollest verlassen etc.; hu, hu, ho, ho, hi, hi, ha, ha, wie tobt nit diese höllische Larve!

Vergeben will ichs ihm endlich wohl, sagt jemand, aber daß ich ihn grüßen soll, daß ich vor ihm den Hut soll abziehen, das laß ich wohl bleiben. Wohlan solche Wort geben mir schon gute Hoffnung, daß der verdammte Gesell die Herberg quittiren werde. Mein Mensch, deinem Feind verzeihen, deinem Feind Gutes thun, deinen Feind grüßen, lerne es von deinem Heiland Jesu selbst, lerne es von Christo, dessen Namen du trägst, und billig ists, daß du in seine Fußstapfen tretest. Wann man vor einem den Hut abziehet, so ist es so viel, als thue er ihn grüßen, nun [168] ist weder aus dem Evangelio, weder aus andern Büchern bekannt, daß unser lieber Herr die ganze Zeit, da er auf Erden gewandelt, einmal hätte einen Hut oder Kappe getragen, sondern allezeit baarhaupt dahergangen, aus welchem scheinet, daß er immerzu nit allein seine Freunde, sondern auch seine Feinde, deren überaus viel waren, habe wollen grüßen.

Was Gott einmal dem Mosi befohlen: »Mach es nach dem Vorbild, das dir auf dem Berg gezeigt ist,« dasselbige als eine heilige Lehr halt ich ebenfalls einem jeden Christen vor, ja ich nimm ihn mit mir auf den hohen Berg Kalvariä, und sag ihm, daß er es machen soll nach dem Vorbild, wie es auf diesem Berg gezeigt worden, auf diesem Berg nach tausend und tausend empfangenen Schmachen, Unbilden, Verfolgungen, Nachstellungen, Pein und Tormenten ist unser Herr und Heiland an den hohen Stamm des Kreuzes aufgenagelt worden, und dannoch hat er sich nit revantschirt, da doch alle Kreaturen, auch vernunftlose Geschöpf, sich urbietig anerboten, diese hebräische Unthat zu rächen, sondern hat noch kurz vor seinem bittern Tod die Augen gen Himmel gewendet, und vor diese seine Feind gebeten: »Vater vergieb es ihnen, dann sie wissen nit, was sie thun.« Kraft dieser Wort seynd dazumal acht tausend Juden bekehrt worden, und dessentwillen werden auch noch vor dem jüngsten Tag hundert und vier und vierzig tausend Hebräer aus demselbigen Geschlecht, so Jesum gekreuziget, bekehrt werden, wie es der hl. Methodius und Michael Palatius samt andern bezeugen. Ja die vier Soldaten, so Christum an das Kreuz geheftet [169] haben, seynd noch von ihm also begnadiget worden, daß sie nachmals sich bekehrt, und glorreiche Martyrer und Blutzeugen Christi worden, desgleichen der Hauptmann Longinus, so mit einer scharfen Lanze die Seite hes Herrn eröffnet, auch zu Cäsaräa in Kappadozia den 15. März die Marterkron empfangen. Sogar Malchus, welcher dem gebenedeiten Angesicht des Heilands Jesu einen so harten Backenstreich versetzt, solle zum Revantsch auch die Gnad von dem Herrn erhalten haben, daß er von Petro nachgehends getauft, und folgsam ein Kind der Seligkeit worden. So gehe dann hin, o Mensch, und mache es nach dem Vorbild, so dir aus dem Berg Kalvariä gezeigt worden.

Willst du deinem Feind zwar vergeben, aber nit vergessen, so siehe mehrmalen deinen Heiland an, als solcher in Gestalt eines Fremdlings mit den zwei Jüngern Lucas und Kleophas nach Emaus gangen, und diese eine lange Red führten von den erschrecklichen Peinen und grausamen Tod Jesu von Nazareth, wie nämlich die Hohepriester mit demselbigen verfahren etc. Worauf der Herr sich gestellt, als hab er schon alles vergessen, was er von ihnen gelitten, dessenthalben die zwei gefragt, was dann geschehen? Du rachgieriger Wensch, wann du noch nit den gefaßten Groll aus deinem Herzen fallen läßt, so erhebe noch einmal deine Augen auf den hohen Kreuzbaum, und lese daselbst die vier Buchstaben ober dem Haupt Jesu Christi geschrieben J.N.R.J., welche zwar insgemein nit anderst lauten, als Jesus Nazarenus Rex Judaeorum, aber du kannst gar wohl also lesen: Jesus [170] Nonvult Recordari Injuriarum, das ist zu deutsch also: »I. Jesus N. Nit R. Rächet I. Injuri.« Und du Hand voll Koth, o Mensch, du Speis der Würmer, o Mensch, du Vasall des Tods, o Mensch, du Kopei des Elends, o Mensch, du Wust und Unflath, o Mensch, willst die geringste Schmach rächen, mit dem Degen Revantsch suchen etc., da es doch dein Gott und Heiland nit gethan, auch noch nit thut, dann unangesehen, daß wir ihn täglich beleidigen mit unsern Sünden und so vielfältigen Ubertretungen, er gleichwohl uns noch tägliche, stündliche, augenblickliche Gnaden und Gutthaten erweiset, sowohl anlangend die Gesundheit unsers Leibs, die Fruchtbarkeit der Erde, das Heil des Hauses, als auch die innerliche Erleuchtung unserer Seelen. Ist also Gott nit anderst, als wie eine Blume, wel che von ihrem Stengel und Wurzel, als von ihrem Leben abgebrochen, sich gleichwohl nit revantschirt noch rächet, sondern noch darüber sich mit einem guten und lieblichen Geruch einzustellen pflegt.

Aus, aus dann Revantsch-Teufel du unreiner Geist; ich beschwöre dich das letzte Mal, und ich gebiete dir im Namen desjenigen, welcher in der Landschaft der Gerasener die bösen Geister aus zwei Besessenen getrieben, und in eine Heerd Schweine zu fahren erlaubt, in dem Namen dessen befiehl ich dir, daß du samt allem deinen Anhang sollest diese Kreatur verlassen, und zwar alsobald, da ich in dem Vater Unser, so ich anjetzo andächtig beten will, werde die Worte gesprochen haben: »Vergib uns unsere [171] Schulden, gleichwie wir vergeben unsern Schuldigern, Amen,« das werde wahr!

Unser Herr ermahnet den Iskarioth zur heilsamen Pönitenz
Unser Herr und Heiland, nach empfangenem verrätherischen Kuß, ermahnet alsobald den gewissenlosen Iskarioth zur heilsamen Pönitenz.

Judas, verrathest du den Sohn des Menschen mit einem Kuß? sagt unser lieber Herr. O gütigster Jesu, wie magst du doch dieses Erzschelmen Namen in deinen göttlichen Mund nehmen? Aus allen vier Evangelisten weiß man nit, wie der reiche Prasser geheißen hat, des armen und elenden Bettlers Namen, so vor seiner Thür ganz verlassen gelegen, ist genugsam bekannt, und ist solcher Lazarus genennet worden, aber des vornehmen und reichen Vogels Namen ist noch bishero verborgen, etwan hat er geheißen Samuel von Freßhofen und Saufenthal? das weiß man nit. Etwan hat er geheißen Zacharias von Kandelberg und Flascheneck? das weiß man nit. Etwan hat er geheißen Daniel von Schlemmershausen und Luderaw? das weiß man nit, und ist vermutlich, daß dazumal die anjetzo im Schwung gehenden Prädikate noch nit im Brauch gewesen; hab er nun geheißen wie er wolle, wenigst haben dessen Namen die vier Evangelisten nit gesetzt in ihre heiligen Schriften, und glaublich derentwegen, weil sie dafür gehalten, daß ein solcher unbarmherziger reicher Schelm nit werth seye, [172] daß sein Name sollte bekannt seyn, oder daß ehrliche Leute denselben sollten aussprechen. Und du, o süsser Heiland und du o sanfmüthiger Jesu! Du würdigest dich noch, den verruchten Verräther mit seinem Namen anzureden, Judas verrathest du etc. warum dies? o mildester Heiland! warum dies? darum, darum antwortet der heil. Cyrillus Patriarch zu Jerusalem, das Wort Judas wird verdollmetscht Confessio, Bekenntnuß oder Beicht, und dessenthalben hat der Herr diesen Böswicht seines eignen Namens erinnert, als rathe er ihm, er solle alsobald solche erschreckliche Sünd und Missethat bekennen und beichten, Reu und Leid darüber schöpfen, so seye er auch bereit, ihm die ganze Lasterthat nachzulassen und zu verzeihen. Aber Judas hatte dermalen keine Lust hiezu, dann der Teufel ihm auf der Zunge gesessen.

Vier führen von Gott, vier führen zum Teufel, vier führen vom Himmel, vier führen in die Hölle, vier führen von der Gnad, vier führen in die Ungnad, vier führen von der Schönheit, vier führen zu der Ungestalt, und zwar zu der größten, diese vier seynd folgende vier Buchstaben

. Die Sünd ist diejenige, welche den Menschen, so nach dem Ebenbild Gottes erschaffen, häßlich macht, schändlich macht, rußig macht, schmutzig macht, abscheulich macht, dahero mag ich diese vier nit leiden, sondern ein einziges Strichl in diesem Numero oder Zahl auslöschen, sodann wird ein Kreuz daraus, wodurch ich dir sündigen Menschen will zu verstehen geben, daß du die Sünd, welches Wort mit 4 Buchstaben geschrieben wird, sollest und wollest verlassen, und zum Kreuz kriechen.

[173] Weil die Sünd aber so wild und abscheulich macht, nihil enim peccato sordidus, nihil immundius etc. spricht der heilige Chrysostomus, so rathe ich dem Sünder, daß er ins Bad gehe, und allen Wust und Unflath abwasche; dieß Bad ist nichts anderst, als eine rechtschaffene Beicht, wodurch der Sünder von dem Pater, wie vom Bader, gereiniget wird.

Allem Beschreiben nach ist der verlorne Sohn ein liederliches Bürschl gewesen, vivendo luxuriose, nachdem er seine Erbsportion durch inständiges Anhalten und viel Zanken heraus gepreßt, hat er seinen muthwilligen Neigungen den völligen Zaum gelassen, da ist in seinem Kalender nichts anderst gewesen, als Vollmond, da ist in seiner Woche kein anderer Tag gewesen, als dies Veneris, da ist in seiner Bibliotheck kein anders Buch gewesen, als der Frisius, da ist in seiner Suppe kein anders Brod gewesen, als gewürflet, und folgsam diese drei W.W.W. Weib, Würfel, Wein, brachten ihn um das sein, dann gar oft ein Käthar nit so schädlich als ein Kätherl; wie ihm nun sein verschwenderisch Leben die sammeten und seidenen Kleider ausgezogen, und ihn von Fußauf mit Elend- Leder bekeidet, da ist er in solche Armuth gerathen, daß er von Filogran dergestalten zerrissene Hemd und Hosen angetragen, daß auch neun Katzen nit eine Maus darinnen könnten fangen; weilen nun aus Frißland der gerade Weg in Hungariam, also hat ihn endlich wegen verdistillirten Geldmitteln die Noth also überfallen, daß er mußte einen Sauhirten abgeben, in welcher Charge er nit allein wegen der [174] damaligen großen Theurung die nothwendigen Lebens-Mittel nit gehabt, sondern auch so weit mit ihm kommen, daß er bei den Säuen in die Kost gangen, ja er beklagte sich noch, daß ihm diese gerüßlete Convictores nit genugsam Treber ließen zukommen, tam cito fit porcus. qui modo procus erat. Wie ihm nun das Wasser in das Maul geronnen, da betrachtet er erst, was er gethan, und resolvirt sich ohne langen Verschub zu seinem lieben Vater nach Haus zu kehren. Wie nun dieser Schlampius nit weit vom Haus, und etwan den lieben Vater unter dem Fenster erblicket, da hat er seine Stimm erhebet, überlaut aufgeschrien: Pater peccavi etc. Vater ich hab gesündiget etc. Worauf ihn alsobald der Vater umhalset, und ihm auf seinen Mund einen Kuß geben. Pfui Teufel, das hätt ich nit gethan, der Kerl hat kurz zuvor mit den Säuen gefressen, es hangen ihm die Treber noch am Bart, pfui! und ihm einen Kuß geben? es grauste mir, daß der Magen wie ein Müllerbeutel thäte stauben, pfui! Wahr ist es, daß dieser Gesell ein liederlicher Mistfink worden, daß billig einem jeden an ihm hätte sollen grausen, aber sobald er seine Mißhandlung bekennet, sobald er offenherzig gesagt, er habe gesündiget, so hat es dem Vater nimmermehr gegraust, ja er hat ihn völlig wieder zu Gnaden aufgenommen.

Ein Abscheuen vor den Augen Gottes ist der Sünder, ein Gräuel allen Engeln und himmlischen Inwohnern ist ein Sünder, häßlicher als aller Wust und Ruß ist der Sünder, verfeindt mit allen Geschöpfen im Himmel und auf Erden ist der Sünder, [175] über und über, um und um ist an seiner Seel nichts als tausend pfui, tausend und tausend pfui. Aber mein Adamskind laß gleichwohl derenthalben den Muth nit fallen, gehe ins Bad, die Badstube ist der Beichtstuhl, sag mit dem verlornen Sohn: Pater peccavi, beicht mit voller Reu und Leid deine Verbrechen; da wirst du ober dieser Badstube geschrieben lesen: »Buß nimmt weg den Ruß,« gesegne dir Gott das Bad; o wie schön bist du worden, mit allen Freuden gibt dir Gott auf den Mund, mit dem du deine Sünd bekennet hast, ein Kuß, da würdest du sehen, und spüren, und finden, und erfahren, daß dir der Beichtvater zugleich einPater und Bader gewest.

Du hast es schon oft gehört und gelesen; aber was schadet es, höre es noch einmal und lese es noch einmal, was da Thomas Kantipratanus schreibt von einem, welcher sich bei der Nacht von der Seite seines Eheweibs hinweg geschrauft und anderwärts einen Ehebruch begangen; nachdem solcher von dem begangenen Laster wieder zurückgekehrt und bei dem klarleuchtenden Mondschein zum Fenster hineingestiegen, ist ob dessen Angesicht, weil es kohlschwarz und einem häßlichen Teufel ganz gleichte, dergestalten seine Frau erschrocken, daß sie alsobalden mit einem ungeheuren Geschrei sich aus dem Bett in die Flucht begeben, wovon alle, sowohl Knecht als Menscher, erwacht und eilfertig zugeloffen, haben sich aber auch gleichergestalten ob der wilden Larve ihres Herrn entsetzt, und begonnte ein Jeder der Erste bei der Hausthür zu seyn. Dieser vermessene und gottvergessene Gesell ist [176] allgemach in sich selbsten gangen, aus Ein und Angebung des nagenden Gewissens leicht eracht, daß solche häßliche Gestalt von der begangenen Missethat herrühre, dahero in aller Frühe nach dem Beichtstuhl getracht, wohl wissend, daß die Beicht ein Bad, der Pater ein Bader seye, mittels deren er solchen Ruß könne abwaschen, kaum aber daß er einen Fuß aus dem Haus gesetzt, und gleich dazumalen das Vieh ausgetrieben worden, so seynd nit allein die Hirten vor Seiner hinweg geloffen, sondern auch Ochsen und Küh mit großem Brüllen, Schaf und Schwein mit sondern Geschrei diese schwarze Teufels-Larve geflohen. Als er vor die Kirche gelangt, und dazumal der Pfarrherr auf und ab daselbst spazieren gegangen, zugleich sein Brevier gebetet, hat sich dieser vor seiner abscheulichen Gestalt also entsetzt, daß er das Brevier aus den Händen fallen lassen, sich eilends in die Kirche salvirt, und ohne Verweilung die Thür hinter seiner verriegelt, weil aber dieser so inständig angehalten um die heilige Beicht, und anbei die Ungestalt seines Gesichts dem unlängst begangenen Laster zugeschrieben, also hat ihn der Seelsorger endlich hinein gelassen, seine Beicht nit ohne häufige Zäher des Büßenden angehört, und nach ertheilter heilsamen Ermahnung und Buß absolvirt und losgesprochen, nach vollendeter Beicht ist das Angesicht alles Wustes entlediget worden, so schön und wohlgestalt, als wären die Engel selbsten Bader-Jungen gewesen, die ihn also sauber gereiniget, und also rein gesaubert. Wer will zweiflen, daß die Beicht ein Bad seye?

Wie Joannes der Täufer bei dem Fluß Jordan [177] mit so großem Eifer die Buß geprediget, und derentwegen von allen Orten eine große Anzahl der Menschen zu ihm geloffen, hat er einmal mit heller Stimm aufgeschrien: potens est Deus etc. zeigt zugleich auf 12 große Steiner, die der Josue zur ewigen Gedächtnuß hat aufrichten lassen, potens est Deus etc. Gott kann aus diesen Steinern Kinder Abrahams erwecken. Warum, o heiliger Bußprediger, sollen gleich diese Steiner das Privilegium haben, und vor allen andern die tauglichsten seyn? Es ist unter diesen kein kostbarer Marmor aus Indien, es ist unter diesen kein theurer Achat aus Persien, es ist unter diesen Steinern kein Edelgestein, und dannoch seynd diese bei dir in so großem Ansehen, daß sie tauglich erkennet worden zu lebendigen und frommen Kindern Abraham. Wisse mein Leser, daß der große Kriegsfürst Josue zum Denkzeichen, weilen er mit denen zwölf Geschlechtern Israel ohne Benetzung eines Fuß durch den Fluß Jordan passiret, habe befohlen, daß 12 Stein, welche bei den Füßen der Priester, so die Arche hindurch getragen, gelegen, sollen zur ewigen Gedächtnuß aufgerichtet werden; und diese 12 Stein waren diejenigen, die Joannes der Täufer also hervorgestrichen, daß sie tauglich seyen in lebendige Kinder Abrahams, das ist, in auserwählte fromme Diener Gottes, zu verwandlen. Potens est Deus, de lapidibus istis etc.

Was dazumalen Joannes Baptista geprediget, das ist schon viel tausend und tausenmal im Werk selbsten vollzogen worden; wie oft und oft seynd Steiner gelegen bei den Füßen der Priester? wie oft, [178] will ich sagen, harte und schwere Sünder bei den Füßen der Priester und Beichtväter, nachdem sie mit gebührender Reu und Leid ihre Verbrechen gebeicht, seynd sie gleichwohl nicht allein Kinder Abrahä, sondern gar Kinder Gottes worden. Die Beicht ist eine köstliche Tinktur, so auch das plumpe Blei in Gold verwandelt. Die Beicht ist ein Mistbettel, woraus die edelsten Blumen wachsen. Die Beicht ist eine Feile oder Raspel, so auch das rostige Eisen glänzend macht. Die Beicht ist eine Sonn, so auch die wildesten Kothlacken austrocknet. Die Beicht ist ein Stemp- oder Schnitzeisen, so auch aus einem groben Holz eine schöne Bildnuß macht. Die Beicht ist ein Kalch, so auch die russtigste Kuchel überweißet. Die Beicht ist ein Medritat, so auch das schädlichste Gift austreibet. Die Beicht ist ein Besen, so auch das ungeraumste Zimmer auskehret. Die Beicht ist endlich ein Bad, der Pater ein Bader, durch diese wird aller Wust und Unflath von der Seele gewaschen. Confessio et pulchritudo etc.

Ein wunderliches Bad ist die heilige Tauf, und wunderlich ihre Wirkung. Tirindates, ein König in Armenien ist von göttlicher Gerechtigkeit zur billigen Straf in eine Sau verkehrt worden, das war eine Sauische Majestät, anstatt des Königlichen Purpur, waren die häufigen Sauborsten zu sehen, daß also die Schuster vor allen andern zur Audienz seynd gelassen worden. Sobald aber dieser gerüßlete Monarch von dem heiligen Gregorio Thavmaturgo getauft worden, hat er wieder die vorige schöne Gestalt bekommen.

[179] Ein wunderliches Bad ist die heilige Tauf, und wunderlich ihre Wirkung. Alle Juden und Hebräer zur ewigen Straf von Gott, haben einen gewissen üblen Gestank, daß sie meistens nach Bocks-Ambra schmecken, absonderlich merkt man solches an ihnen in der heiligen Fasten, vorderist in der Charwoche. Sobald sie aber nach christlichem Brauch getauft worden, so weichet augenscheinlich solcher Gestank von ihnen.

Ein wunderliches Bad ist die heilige Tauf, und wunderlich ihre Wirkung. Wie des großen Tartarischen Königs Kassani Frau Gemahlin Kinds-Mutter worden, hat sie ein solches schwarzes, wildes, garstiges Abentheuer geboren, daß der ganze Hof derenthalben sie eines Ehebruchs beschuldiget, und dessentwegen zum Tod verurtheilt, nachdem sie aber mit einhelliger Erlaubnuß auf christliche Weis diese ihre schändliche Geburt hat getauft, ist solche augenblicklich in den schönsten und holdseligsten Prinzen verkehrt worden.

Ein wunderliches Bad ist die heilige Tauf, aber ein gleiches Bad ist die Beicht, welche ebenfalls aus säuischen Leuten saubere macht, aus garstigen schöne macht, aus schwarzen weiße macht, weiß wie der Schnee, schön wie ein Engel, sauber wie das Gold. Ein Bad in dem David ganz gülden worden, in dem der offne Sünder im Tempel ganz sauber worden, in dem der rechte Schächer Dismas ganz schön worden. Ein Bad, welches dem Menschen ist zugericht zur Reinigung seiner Seel, zur Wiederkehr der göttlichen Gnad, zur Gewißheit seines Heils, zur Ruhe [180] seines Gewissens, zur Aufnehmung seiner Tugenden, zum Pfand seiner Seligkeit.

Ein Priester in Deutschland thäte alle Tag die heilige Meß verrichten, unangesehen er sehr schwere, und dem priesterlichen Stand gar unziemende Laster an sich hätte. Einsmals da er eben dieses höchste Geheimnuß des Altars verrichtet, und bereits das Brod der Engel wollte genießen, so ist ihm die heiligste Hostie aus den Händen verschwunden, deßgleichen auch das allerheiligste Blut aus dem Kelch, wessenthalben er das andermal angefangen zu celebrirn, auch endlich das Drittenmal, aber jederzeit dasselbe erfahren, was ihm zum Erstenmal begegnet, dahero, aus Antrieb des beleidigten Gewissens, sich zu seinem Bischof begeben, ihm mit herzlicher Neu und häufigen Zähern seine Sünden gebeichtet, nachdem er endlich eine ziemlich harte und lange Buß verricht, und wiederum zu dem Altar des Herrn getreten, da hat sich dieses große Wunder ereignet, daß, wie er das höchste Gut unter der Gestalt des Brods wollte genießen, durch eine unsichtbare Hand alle drei vorhero verschwundenen Hostien vor seiner niedergelegt worden, auch, was vorhero dreimal aus dem Kelch sich verloren, ist wunderbarlich wiederum ersetzt worden, daß also der Kelch mit der Gestalt des Weins ganz eben voll vor seiner gestanden, woraus der gute Priester konnte abnehmen die große Wirkung der heiligen Beicht, kraft dero ihm seine großen Sündenmackel gleichwie durch ein heilsames Bad seynd abgewaschen worden.

Joannes der Evangelist hat öfters, wie von ihm schreibet Joan. Diakonus, ein schändliches Wetter in[181] ein schönes verkehrt. Das thut auch die Beicht, indem sie ein trübes und finsteres Gewissen in ein schönes und helles verwandelt.

Joannes ein Eremit in Scythia hat einen ausgedörrten Baum wiederum grünend gemacht. Das thut auch die Beicht, indem durch sie die in göttlichen Gnaden verdorrte Seel wieder anfanget zu floriren und wachsen.

Joannes Gualbertus hat einen großen und schweren Baum, den kaum vier Paar Ochsen konnten erziehen, fast wie eine Feder so ring gemacht. Das thut auch die Beicht, weil sie das mit Sünde beschwerte Gewissen also gering gemacht, daß die Meisten nach verrichter Beicht selbst bekennen, es seye ihnen noch so leicht als zuvor.

Joannes remensischer Abt hat mit heißen Thränen ganze eiserne Band und Ketten aufgelöst und zertrümmert. Das thut auch die Beicht, als welche die harten Band, womit die arme Seele als eine Sklavin der Hölle angefesselt, gänzlich auflöset, so durch das Wort Absolvo verstanden wird.

Joannes Bonus hat mehrmal das Wasser in den besten Wein verwandelt. Das thut auch die Beicht, indem sie das mit Kothlacken trübe Gewissen in den edelsten Gesundtrunk der Seelen verkehret.

Joannes Eleemosynarius hat in begebender Noth das Blei und Zinn in das feinste Silber verwandelt. Das thut auch die Beicht, welche das schwarze Gewissen in die weiße Unschuld verändert.

Joannes a St. Fakundo hat einen tobten und bereits schon gebratenen Vogel wieder lebendig gemacht.[182] Das thut auch die Beicht, welche die Seele, so vorhero eine auserwählte Täubin Gottes war, anima mea, columba mea. Durch die Todtsünd schon abgewürgter, und schon auf die höllische Glut gewidmeten Brater, wieder zum Leben und zwar zum ewigen bringet.

Joannes Navarretus hat wunderbarlicher Weis die ausgelöschten Kerzen wieder angezündet. Das thut auch die Beicht, als welche die in göttlicher Liebe ganz erloschene Seele wieder anzündet und inbrünstig macht.

Joannes Parmensis hat mit dem blosen Speichel einen abgeschnittenen Finger wieder völlig und gänzlich geheilt. Das thut auch die Beicht, welche mündliche Bekanntnuß vor dem Priester die so hart verwundete Seele und Gewissen wieder vollkommentlich heilet.

Joannes der Täufer hat die Leut in dem Fluß Jordan bis an den Hals in das Wasser geführt, wie die griechischen Lehrer ausgeben, und bevor er dieselbigen getauft, mußten sie, ihre Sünden bekennen, obschon diese Beicht dazumal kein Sakrament war, zumal solche zur selbigen Zeit noch nit eingestellt worden, so war doch sie schon eine Figur und Ebenbild der jetzigen rechten Beicht, welche auch ein Jordan, ein Wasser, ja ein Bad ist, worin die Seele gereiniget wird. Demnach, o Sünder! ins Bad, willst rein werden? ins Bad, willst gesund werden? ins Bad, willst schön werden? ins Bad, willst heil werden und heilig werden? ins Bad, der Pater ist der Bader, da wirst du bald finden, bald lesen, bald merken, was ober der[183] Badstube geschrieben ist: »Buß nimmt weg den Ruß, Beicht macht das Gewissen leicht, die Reu macht die Seele frei, eine bekennte That ist das beste Bad.«

Wie das allererste Mal Moses von dem Berg herabgestiegen, und in den Händen getragen die Tafeln, worauf durch göttliche Hände die zehn Gebote geschrieben waren, da hat er wahrgenommen, daß sein untergebenes Volk dem Allmächtigen den Rücken gezeigt, und ein guldenes Kalb für ihren Gott angebetet, welches ihn dann zu einem billigen Zorn bewegt, also zwar, daß er, Moses, obberührte Tafeln auf die Erde geworfen und zerbrochen. Ein andersmal steigt dieser israelitische Führer wieder auf den Berg, und trägt von dannen ganz neue Tafeln der zehn Gebote herab, hatte aber ein so glänzendes Angesicht, daß er mußte dasselbige verhüllen, dann sonst konnte ihn das Volk nit anschauen. Wie kommt aber dies? das erstemal hat der heilige Mann länger geredet mit Gott, als das anderemal, und dannoch das erstemal hat er kein strahlendes Angesicht mit sich getragen, wohl aber das anderemal, was ist die Ursach? diese, diese, diese, merks wohl, o sündiger Mensch! diese, diese. Nachdem Moses die zehn Gebote gebrochen, selbige ganz wieder in den Händen getragen, hat er ein so glänzendes Angesicht bekommen, welches er vor dem Verbrechen nit hatte. Also, o sündiges Adamskind, laß deinen Muth nit fallen, wann du schon mit vielen Sünden behaftet bist, wann du schon alle zehn Gebot gebrochen hast, so kannst du dannoch ein glänzendes Angesicht bekommen, kannst dannoch heilig werden, dafern du nur durch eine reuevolle Beicht dich [184] mit Gott versöhnest und seine heiligen Satzungen wieder in die Hände nimmst. So kräftig ist dieses Bad.

Auf solche Weis hat Gott das Bad gesegnet einem vornehmen burgundischen Herrn, welcher seiner großen Laster halber an allen Leibeskräften dergestalten abgenommen, daß er einem schon längst begrabenen Todtenkörper nit ungleich war; sobald er aber in dieses Bad gangen, und seine begangenen vielfältigen Sünden gebeicht, so hat der Beichtvater, als ein sehr heiliger Mann, wahrgenommen, daß diesem seinem Beichtkind sieben wilde und abscheuliche Kroten aus dem Maul gekrochen, und solcher sowohl im Angesicht als an dem Leib ganz schön, frisch, jung und wohlgestalt worden.

Gott hat das Bad gesegnet jenem Jüngling, welcher wegen unzulässiger Wollust sich sogar dem bösen Feind verschrieben, nachdem er aber zu Loreto in Welschland seine Sünden gebeicht, und solche, im besagten heiligen Haus herzlich beweinet, hat er die schriftliche Verpfändung in seinen Händen gefunden.

Gott hat das Bad gesegnet dem seligen Petro Pektrinario, welcher mit häufigen Bußthränen alle seine begangenen Sünden gebeichtet, nachdem er aber solche auf das Papier geschrieben abgelesen, seynd selbige dergestalten verschwunden, daß er nichts anderst als einen schneeweißen Bogen Papier in den Händen gefunden.

Gott hat das Bad gesegnet einer vermessenen jungen Tochter, welche in so abscheuliche Laster gerathen, daß sie eine Blutschand begangen mit ihrem eignen leiblichen Vater, und nachmals diesen wie zu[185] gleich ihre eigene Mutter ums Leben gebracht, nachdem aber besagter gottloser Schleppsack durch eine eifrige Predigt bewegt worden, daß sie mit vielen Zähren ihre Missethaten gebeicht, und solche dergestalten herzlich bereuet, daß sie auch hievon gestorben, nach dessen Tod eine Stimm vom Himmel erschallet, daß man für sie nit solle beten, sondern sie seye in einem solchen Stand, daß sie andern mit ihrem Gebet könne helfen.

Gott hat das Bad gesegnet einem gottlosen Menschen, welcher sowohl Lands als Stands halber ein Irländer war, nachdem solcher dreißig ganze Jahr dem Teufel gedient, auch von ihm in der Hand gezeichnet worden, ist er endlich durch bewegliche Einrathung zwei reisender Religiosen zurück gangen, einem aus diesen alle seine Sünden gebeichtet, welches Bad ihm so wohl angeschlagen, daß nit allein besagtes Zeichen in der Hand verschwunden, sondern er sogar von dem Satan nit mehr ist erkannt worden, welcher dann ihn befragt, ob er nit einen gesehen, in solcher und solcher Gestalt, in solchem und solchem Aufzug? und solcher seye sein Diener, wie nun erstbemeldtes Beichtkind bekennet, er seye derselbige, hat ihm der Teufel zornig geantwortet, daß dem nit also, er lüge in Hals hinein etc.

Viel Wunder und Wunder hat Gott der Herr mit den Fischen gewirkt. In der Wüste hat der Heiland einmal 5000 Mann, Weiber und Kinder gar nit gezählt, mit 7 Brod und 2 Fischen gesättiget, daß also ein jeder Fische genug gegessen, und noch viel übergeblieben, wie dann zu Hall in Tyrol ein [186] halber Fisch von denselbigen gezeigt wird in dem königlichen Frauenstift daselbst, in Gold sehr kostbar eingefaßt.

Wie der heilige Cuthbertus mit seiner Frau Mutter auf dem Meer gefahren, und ihm ungefähr das Betbuch auch in das Wasser entfallen, da hat solches alsobald ein großer Fisch geschluckt, als sie aber zum Gestad gelandet, ist besagter Fisch unverhofft erschienen, und das entfallene Buch an das Ufer hinausgeworfen.

Dem heiligen Anton von Padua haben die Fisch mit empor gehebten Köpfen zugehört, wie er geprediget, und hierdurch die halsstarrigen Leute, welche seine heilige Lehre verachtet, zu Schanden gemacht.

Der heilige Eremit Konradus ist einstmal von etlichen muthwilligen Speivögeln zum Mittagsmahl eingeladen worden, und wie sie ihm nit ohne häufiges Gelächter ein schweinenes Bratl vorgesetzt, hat er alsobald solches in einen Fisch verwandelt, auch zum Schimpf dieser Fatzbrüder die Gräten ihnen auf die Teller gelegt.

Wie der heilige Hadrianus samt andern vier, um Christi Ehr und Lehr willen, in das tiefe Meer versenkt worden, seynd nit lang hernach 5 große Delphin erschienen, die solche hl. Leiber an das Gestad getragen.

Der heilige Fridianus hat einmal von einem sehr reichen Bauer etliche Gulden zu leihen begehrt, damit er sein vorhabendes Kirchengebäu zur Vollkommenheit möchte bringen; als ihm aber der ungeschliffene Bengel solchs abgeschlagen, so hat es sich begeben, daß [187] besagtem groben Gesellen, als er im Schiff gefahren, der Beutel samt dem Geld ins Wasser gefallen, und nit lang hernach die Fischer einen Fisch gefangen, und ihn dem hl. Fridiano verehret, welcher in dessen Eingeweid das verlangte Geld gefunden.

Viele andere Wunder mehr haben sich mit den Fischen zugetragen, so Kürze halber dermal umgangen werden, sondern alleinig fordert allhier gegenwärtige Materie etwas zu melden, von demjenigen Fisch, in welchem der hl. Petrus das Geld gefunden, womit er den verlangten Tribut für sich und Christo dem Herrn bezahlt hat. Zu Kapharnaum in dem galiläischen Land seynd die königlichen Beamten und Kameralisten über den Peter kommen, ihn nit ein wenig angeschnarcht, warum er und sein Herr nit auch den gebührenden Tribut ablege? Weil nun dazumal der Prokurator des apostolischen Kollegii nit beihanden war, welcher die kleine Geldkassa bei sich hatte, so wußte schier der gute Petrus nit, wo er sich soll hinwenden. Endlich gebietet ihm unser Herr, er soll den geraden Weg zum Meere gehen, und dem ersten Fisch, den er werde mit der Angel herausziehen, in das Maul greifen, daraus das erheischte Geld heben, die Gesellen zu contentiren. Petrus folgt, und gehet, und fischt, und fangt, und zieht, und findet und zahlt. Lucius Faunus samt andern vermeint, es seye dieses Geld ein halber Thaler gewesen. Auf den heutigen Tag findet man noch solche Fisch im Meer, welche insgemein die Peterfisch genennt werden, und sieht man auf dem Kopf dieser Fischart die Zeichen der fünf, Finger, mit denen Petrus den Fisch gehalten. In[188] Summa Petrus bezahlt, was er schuldig ist, mit Geld, so er im Maul des Fisches gefunden.

Du, ich, und er, er, ich und du, ihr, wir und die, die wir und ihr haben Schulden genug, darum heißt es in dem täglichen Vater unser: vergieb uns unsere Schulden, dimitte nobis debita nostra etc. Wir alle gesamte Adamskinder seynd lauter Schuldenmacher, oft mehr Schulden als Haar am Kopf, oft mehr Schulden als Bissen im Kropf, oft mehr Schulden als Erbes im Topf, manchem kleckte kaum der halbe Schwarzwald, lauter Rabisch daraus zu machen, worauf seine Schulden möchten aufgeschnitten werden. Vom siebenten Jahr her unsers Alters bis in das siebenzehnte, bis in das sieben und dreißigste, bis in das sieben und fünfzigste, bis in das siebenzigste, machen wir fast alle Tag, fast alle Stund, fast alle Augenblick Schulden über Schulden; woher nehmen und bezahlen? wo suchen und bezahlen? wo finden und bezahlen? Wann die Religiosen einen guten Jüngling gemäß seines Berufs in ein Kloster nehmen, da heißt es: die Elements-Pfaffen haben den Knaben gefischt, muß also kurzum dieser Studiosus ein Fisch seyn, dem doch das Wasser gar nicht schmecken will, ein Fisch, der doch oft weniger schwimmen kann, als ein Wetzstein, ein Fisch, der doch mehr im Buch als im Bach sich aufhält. Aber laß gehen, nit allein er ist ein Fisch, sondern auch alle Menschen seynd Fisch und zwar gute rechte Petersfisch. Jetzt weißt du, wie du sollst und kannst deine Schulden zahlen, Herr mein Fisch, thus Maul, auf, ich sags noch einmal, das Maul auf, du bist gleichwohl kein Maulaff. Thus Maul sein wohl auf, da wirst du Geld und Mittel finden, womit du deinem[189] Gott und Heiland den so großen Schuldenrest kannst bezahlen, das Maul auf im Beichtstuhl, wann du nit willst bei unserm Herrn zwischen zwei Stühlen niedersitzen, das Maul auf im Beichtstuhl, heraus mit den Groschen oder großen Sünden, heraus mit den Batzen oder batzeten Missethaten, erzähle deine Verbrechen dem Beichtvater, da wirst du gleich erfahren, daß dein Erzählen ein Zahlen ist; da wirst du finden, daß der Beichtvater durch die Absolution nicht allein das Kreuz über dich macht, sondern auch ein Kreuz durch deine Schulden macht; da wirst du selbsten bekennen, daß die Beicht ein Bad, wodurch, ohne hartes Zwagen der Mensch gewaschen und gereiniget wird.

Wann du schon mit dem Kain blutige Todtschläg begangen hast und in der Anzahl tausend. Wann du schon mit dem David schändlichen Ehebruch begangen hast und in der Anzahl zweitausend. Wann du schon mit dem Ammon sündhafte Blutschand begangen hast und in der Anzahl dreitausend. Wann du schon mit dem Sennacherib schwere Gottslästerungen ausgegossen hast, und in der Anzahl viertausend. Wann du schon mit dem Holoferne dich hast vollgesoffen und in der Anzahl fünftausendmal. Wann du schon mit dem Achan verbotene Diebsstuck begangen hast, und in der Anzahl sechstausend, wann du schon Gott bist mit dem Jona rebellisch gewest und in der Anzahl siebentausendmal. Wann du schon mit Zaubereien dich mit dem Saul versündiget, und in der Anzahl achttausendmal. Wann du schon mit dem Absalon bist stolz und hoffärtig gewest, und in der Anzahl neuntausendmal. Wann du schon mit den Hebräern dem wahren Gott hast den Rucken gezeigt und abgötterisch worden, und in der Anzahl zehntausendmal.[190] Wann du schon die allerheiligste Hostie des Altars in eine stinkende Kothlacke geworfen, und selbige noch mit Füßen getreten, wie gethan haben zwei Brüder zu Erfurt An. 1250. Wann du schon das höchste Gut des Altars aus Zorn mit Pfriemen und Ahlen bis auf das Blut verwundet hast, wie die Juden gethan haben zu Deggendorf in Bayern. Wann du schon diesen deinen Erlöser unter der Gestalt des Brods hast auf dem glühenden Rost gebraten, wie gethan hat ein Hebräer zu Paris An. 1290. Wann du schon hast dieses Brod der Engel den Hunden vorgeworfen, wie gethan haben die ketzerischen Donatisten An. 362. Wann du schon hast alle Gebote gewissenlos gebrochen, die Gebote der Natur, die Gebote der Kirche, die Gebote Gottes, und so viel Sünden auf dir, als Sandkörnlein am Ufer des Meers, so bist zu zwar in einem harten und übeln Stand, an dir, in dir, um dir, bei dir ist nichts als Wust und Unflath, du bist garstiger als der Teufel selbst, aber laß dich dannoch nit schrecken, nur mit dir ins Bad, ins Bad mit dir, ein Bad ist die Beicht der Pater ist ein Bader, der wird dir etwan, wann er undiscret ist, auch den Kopf zwagen; aber Geduld, es stehet eine kleine Zeit, da fallen dir die Ketten und Band hinweg wie dem Peter. Da wird der bittere Kraut-Topf deines Gewissens ganz süß, wie zu Elisäi Zeiten, da fallen die Mauren, so dich von Gott abgesondert, zu Boden nieder, wie zu Josue Zeiten um die Stadt Jericho, da wird der Stein, so dir auf dem Herzen gelegen, hinweg gewälzt, wie bei dem Grab Christi. Da wirst du vom Aussatz gereiniget, [191] wie der Naam Syrus. Da bekommest du ein neues Kleid und saubern Aufzug, wie der zurückkehrende verlorne Sohn, da wirst du wiederum aus der tiefen Grube gezogen wie der Jeremias. Da werden wieder deine Wunden geheilt, wie jenem, der unter die Mörder gerathen und vom Samaritan versorgt worden. Da tragt dich der gute Hirt als ein verlornes Schäflein wiederum auf seinen Achseln zu der Heerd. Da wird dein Nam wiederum in das Protokoll der Lebendigen gezeichnet. Da bekommst du wiederum ein Ladschreiben, daß du mit den fünf weisen Jungfrauen zur himmlischen Hochzeit bist eingeladen. Endlich durch dieses Bad wirst du wieder so rein, so sauber, so schön, daß du vor Gott, vor den Engeln und vor allen Auserwählten erscheinen darfst.Nulla tam gravis est culpa, quae per confessionem non habeat veniam.

Ich muß dir noch einen Stein in den Garten werfen, mein lieber Leser, dann in dem Königreich Böhmen ist ein Ort, welches Stein genannt wird, und wegen eines Gnadenbilds der Mutter Gottes schon über die dreihundert Jahr sehr berühmt. In dem größten Kriegslauf haben die Inwohner aus gottseliger Sorgfältigkeit besagtes Gnadenbild wollen in die Stadt Neuß salviren, aber die Pferd wurden durch unsichtbare Gewalt aufgehalten, daß sie auf keine Weise zum Hinwegführen konnten gebracht werden. Unter andern denkwürdigsten Dingen allda wird gesagt, und von gar vielen bestätiget, daß selbige wohlgefärbte Bildnuß ganz erbleiche, wann ein großer Sünder in die Kirche hineintritt, so bald aber solcher seine Sünden[192] mit rechter Reu und Leid durch eine vollkommene Beicht bei dem Priester abgelegt, sodann verkehr sich augenblicklich wiederum ersterwähntes Gnadenbild, und zeige mehrmalen ihre vorigen Rosenwangen in dem Angesicht, woraus dann leicht zu schließen, wie heilsam dieses Bad seye.

Die vornehme Stadt Jerusalem, als sie noch im besten Stand war, hatte unterschiedliche Thor oder Pforten, unter andern war eine, die wurde genennt Porta Sterquilinii, das Mistthor, solcher Name ist dieser Pforte derentwegen geschöpft worden, weilen man durch dieses Thor allen Mist und Unflath allein ausführte, seynd also den ganzen Tag bei diesem Thor keine andern Leut fast anzutreffen gewesen, als lauter Stallmistici, welche auf Karren, auf Wagen, auf Rädeltruhen solche verfaulte Waaren und Roß-Interesse ausgeführt. Kein schändlicher Mist, kein abscheulicher Unflath ist nie gewest, ist noch nit und wird nie seyn, als die Sünd, darum dem heil. Philippo Nerio gar nit vor übel zu haben, daß er öfters, wann er bei einem Sünder vorbei gangen, die Nase zugehalten, und wann er das sich nit im steten Fasten und Abbruch hätte geübet, so wäre meistens ihm ob solchem Gestank auch der Magen rebellisch worden. Dieser Mist muß durch kein anders Thor ausgeführet werden, als durch das Mistthor, durch den Mund des Menschen, wann man doch will, daß die Stadt, verstehe die Seel, solle gesäubert werden. Heraus mit dem Unflath im Beichtstuhl, heraus mit dem Saumist du Geiler, heraus mit dem Roßmist du Hoffärtiger, heraus mit dem Schafmist [193] du Woll, oder Wollüstiger, heraus mit dem Kühmist du nit Gras, sondern Großabschneider und Ehrendieb, heraus mit dem Gänsmist du Vollsaufer, heraus mit dem Hundskoth du Neider, heraus mit allem Unflath. Weil der geduldige Job auf dem Misthaufen gesessen, ist es ein Zeichen, daß er fleißige Dienstboten gehabt, welche den Mist zu rechter Zeit aus dem Stall gebracht. Der Sünder darf deßwegen nit die Zeit anschauen, nit den Kalender um Rath fragen, wann es gut seye, den Mist auszuführen, sondern er solle keinen Augenblick warten, damit nur die Residenz-Stadt Gottes, seine Seel, geputzt und gereiniget werde. Ins Bad, ins Bad, ins Bad, und nit zu spat, nit zu spat, nit zu spat.

Ein rechtes Bad, wovon ein Nutzen soll geschöpft werden, muß nit schleuderisch und nur obenhin zugerichtet seyn, sondern mit allem Fleiß alles, was dazu nothwendig ist, beigeschafft werden. Ein kühles Bad wird wenig Schmutz wegnehmen, eine kühle und unbedachtsame Beicht wird die Seel nit viel säubern.

Wie hat nit Gott der Herr dem Altvater Noe so genau die Arche, dieses große Schiff, angeben? Hörst du es Noe, sagte Gott, du mußt erstlich die Arche aus leichtem und geringem Holz machen, dergleichen genug zu finden auf dem Berg Libano, du mußt auch fein gute Wohnungen darein machen, sowohl inwendig als auswendig mit Pech wohl überstreichen, 300 Ellen soll die Arche lang seyn, 50 Ellen weit, und 30 Ellen hoch, sodann mußt du übersich ein Fenster ma chen, und selbiges Ellen hoch, die Thür ofterwähnter Arche mach auf der Seite, 3 Gaden [194] oder Boden mußt du auch machen, damit gleichwohl die Menschen und Esel nit ganz beisammen wohnen. Noe wollte in allweg den Willen Gottes vollziehen, fangt an zu arbeiten, er, seine Söhne, und wie Origines davor hält, auch andere Zimmerleut, unangesehen solche Gesellen des Noe Aussag vor einen Traum gehalten, aber um den Lohn war ihnen die Arbeit nit zuwider. An dieser Arche haben sie hundert ganze Jahr gearbeitet, das ist eine ehrliche Zeit, es scheinet, als wären dazumal die Zimmerleut schon faul gewesen. In hundert Jahren läßt sich viel bauen! Dann wann solches Schiff schon ziemlich groß gewesen, zumalen hundert und fünfzigerlei Art der gehenden Thier, fünf und zwanzigerlei der Kriechenden, hundert und fünfzigerlei der Vögel, samt 8 Personen, benanntlich Noe, Beterema sein Weib, Sem, Kam und Japhet samt dero Weiber, darinnen losiret, so hätt es dannoch in weit kürzerer Zeit können verfertiget werden. Es gibt aber dessen die Ursach ein Neotherikus, sprechend, daß sie darum so viel Jahr daran gebauet, weil sie alles auf das allerfleißigste und genaueste gemacht, dann es wollte sich gar nit schicken, daß dasjenige, worin das ganze menschliche Geschlecht sollte vom Untergang salvirt werden, sollte nur schleuderisch und obenhin verfertiget seyn.

Das soll sich ein Jeder wohl merken, daß dasselbe, wodurch der Mensch dem Untergang, und zwar dem ewigen, entgehen kann, nit soll schleuderisch gemacht seyn, was ist aber dieses anders, als die Beicht, durch welche der Sünder salvirt wird? diese, diese muß nit unbedachtsam, nit obenhin seyn, sondern geschehen[195] mit einem inniglichen Examen und genauer Nachforschung des Gewissens, sonsten ist solches Bad mehr Schad als Nutz. Weißt du was das Ding ist? sein Kleid ist Schneckenart, im Wasser steht sein Haus, geht schwarz ins warme Bad, kommt roth wieder heraus? Dieses ist ein Krebs, und wäre zu wünschen, du hättest eines Theils seine Natur, gut wäre es, heilsam wäre es, wann du mit den Krebsen wohl zurückgingest, zurück mit deinen Gedanken, zurück mit deiner Gedächtnuß, zurück mit deinem Nachsinnen, und folgsam das Gewissen wohl und recht erfahren thätest. Das Weiblein im Evangelio, so den Groschen verloren, hat nit nur obenher das Haus auskehrt, sondern gar ein Licht angezündet, mit dem Besen die Stube, die Kammer, das Vorhaus, alle Winkel auskehrt, unter dem Tisch, unter den Bäuken, unter dem Kasten gesucht, da und dort, hin und her, auf und ab, rechts und links, hinten und vornen, um und um, mit dem Besen gefahren, und gesucht, und endlich gefunden. Wer eine rechtschaffene Beicht will verrichten, der muß das Gewissen nit nur obenher erforschen, sondern wohl und wohl auskehren, in solchem Zimmer findet sich immerzu ein Koth, in solchem Garten findet man fast alleweil ein Unkraut, in solchem Buch stehen immerzu einige Fehler, nur wohl gesucht, befleiße dich, daß dein Gewissen beschaffen seye, wie der offne Rachen jenes Löwen, den der starke Samson getödtet, in diesem war ein Examen, Examen apum. Nur wohl auskehrt, und befrag dich selbsten, wie einmal Joannes bei dem Fluß Jordan von den abgesandten Juden befragt worden: tu quis es? wer bist du? such [196] recht, wann du schon mit Petro keinem ein Ohr abgeschnitten, vielleicht aber hast du diesem und jenem die Ehr abgeschnitten. Such recht, wann du schon mit den 5 thorrechten Jungfrauen nit hast das Oel verschütt, etwan aber hast du unzuläßige Schmiralien eingenommen. Wann du schon mit dem Jakob keinem den Spitz gezeigt hast, vielleicht hast du einen solchen Spitz gehabt, daß er einer Vollheit so gleich gesehen, wie die Wölfinn dem Wolfen. Such recht nach, wann du schon mit den Tobiaischen Schwalben keinen besudelt, etwan hast du deinen Nächsten um ein Merkliches beschmitzet. Such recht, wann du schon mit dem Jona nit bist in dem Fisch gelegen, vielleicht aber bist du oft mit faulen Fischen umgangen. Such recht, wann du schon mit dem Samson in dem Philistäischen Tempel nit hast die Saule umgeworfen, etwan hast du öfters aber gelogen, daß sich hätten mögen die Balken biegen. Such recht, wann du mit den bösen Feinden schon bist nit gefahren in die Schwein der Gerasener, vielleicht aber hast du dich gleichwohl aufgehalten in säuischen und unflätigen Gedanken. Such recht nach, wann du schon nit gebissen wie die Schlangen das hebräische Volk, etwan bist du dannoch bissig gewest und voller Gift und Zorn. Such recht, wann du schon nit das Fieber hast gehabt mit der Schwieger Petri, so hast du etwan gleichwohl eine unzuläßige hitzige Krankheit gehabt von Kupido. Such recht nach, ist dein Gewissen ein Kasten, was gilt es, du wirst in einem Schublädl ein Schelmenstuck finden. Ist dein Gewissen ein Kaufmanns-Gewölb, was gilt es, du [197] wirst eine schlimme Waar darinnen finden. Ist dein Gewissen ein Kalender, was gilt es, du wirst ein trübes Wetter darinnen finden. Ist dein Gewissen ein Jahrmarkt, was gilt es, du wirst Dieb darinnen antreffen. Ist dein Gewissen eine Stadt, was gilt es, du wirst einen Sauwinkel darinnen finden. Ist dein Gewissen eine Schatztruhe, was gilt es, du wirst falsche Münz darinnen haben.

Der Schwemmteich zu Jerusalem hatte diese wunderliche Wirkung, daß, wann es der Engel zur gewissen Zeit bewegt hat, der erste, so sich hineingelassen, aller seiner Bresten und Krankheiten entlediget worden. Dahero eine große Menge der Kranken bei dem Schwemmteich unter den fünf Schupfeu immerzu gesehen worden. Der Engel, so besagten Schwemmreich bewegt, soll gewest seyn der Raphael, welcher aber nit nur obenher mit einem Stab das Wasser bewegt, sondern von Grund aus, daß also der Letten in der Höhe geschwommen. Willst du, daß deiner armen Seele soll das Bad, verstehe die Beicht, wohl, anschlagen, und sie an allen Zuständen soll curirt werden, so ist vonnöthen, das Gewissen nit nur obenhin zu bewegen, sondern vom Grund aus alles aufzuwühlen, daß aller Letten und kothige Verbrechen in der Höhe schwimme, und gar nit verborgen bleibe.

Es kommt und dringt Einer in den Beichtstuhl, tupft mit dem Nagel des Daumens an die Stirne, Mund und Brust, als wollt er Flöh tödten, der Pater fragt, wann hast gebeicht? Ha, sagt dieser, Veitl heiß ich. Wann hast gebeicht? fragt er, ich hab beicht, laß sehen, ich hab beicht, gleich nach dem Rubenschelen,[198] gut jetzt weiß ichs scilicet. Was hast von derselbigen Zeit an gesündiget? Am Freitag hat mich der Häckerling gestoßen, es ist mir leid, ich hab einmal den linken Schuh am rechten Fuß gelegt, es ist mir leid. Ich hab einen Laib Brod angeschnitten, und das Kreuz darüber zu machen vergessen, es ist mir leid. Ich hab den Lämmlfeind bei verbotener Zeit einen Wolf geheißen, es ist mir leid. Ich hab ein Brod im Maul gehabt, wie ich mir die Nase geschneuzt, es ist mir leid. Ich hab das Messer beim Tisch auf den Rücken ge legt, es ist mir leid. Ich hab das Feuer auf dem Heerd ausgelöscht, und nit zugleich die armen Seelen getröst, es ist mir leid. Jetzt weiß ich nichts mehr, Herr Pater, gebt mir eure Absolution. Hast du du dann, sagt der Beichtvater, nie gescholten? Das kann, sagt er, nit rath seyn. Hast du dich nit vollgesoffen? Ja, es kann nit rath seyn. Hast du am Sonntag und Feiertag keinen Gottesdienst und heilige Meß ausgelassen? Ja, das kann nit rath seyn. Hast du nie dem Nächsten übel nachgeredet? Ja, das kann nit rath seyn. Hast du nit dies und dies gethan? Herr Pater habt schon genug gefragt, für heut ist schon dies genug, bleibt auf ein andermal wieder etwas, es fällt mir nit alles ein. Du elende Einfalt, erstlich hast du einige Sachen entdeckt, die in sich selbst keine Sünden, nachmals hast du die andern bekannt, und doch mit keiner Zahl noch Umständ, drittens bist du in den Beichtstuhl hereingetreten, ohne einige vorhergehende Gewissens-Erforschung und Zurücksinnen. Dies Bad wird dir den Schmutz nit nehmen, weil es gar zu kühl.

[199] Weißt du dann nit, daß die Badleute gemeiniglich einen Spiegel und Kämml mit sich ins Bad nehmen oder sich vorher wohl im Spiegel ersehen, damit sie wissen nachmals, wo sie sich zum meisten sollen abwaschen, dieser Spiegel ist der Beichtstuhl, darinnen sollest du dich ganz genau betrachten und beobachten, fein durchgehen die 10 Gebote Gottes, durchsuchen die Gebote der Kirche, durchgrübeln die 7 Todsünden, wie nit weniger die fremden Sünden etc. solche alle wohl ausweiden, besser oder so gut als der jüngere Tobias seinen Fisch in Gegenwart des Erzengels Raphael und ganz bedachtsam nachsinnen, welches Gebot du gebogen oder gar gebrochen.

Joannes Bonifacius schreibt von einem Sodali, welcher einst vor der Beicht mit allem möglichen Fleiß das Gewissen erforschet, auf daß er möchte alles, was er bös gedenkt, bös geredet, bös gewirket, oder was er Gutes unterlassen, auf das Genaueste in der Beicht entdecken. Endlich war er mit diesem nit befriediget, sondern hat noch inständig die Mutter Gottes ersucht, damit sie ihn diesfalls erleuchten wolle, auf daß er gar nichts in der Beicht auslasse. In diesem währenden Gebet fällt von Oben herab ein Zettel von einem schneeweißen Papier, worauf mit wenigen Zeilen einige seiner Sünden, an die er nit gedacht, gezeichnet gewesen, was aber nit wenig zu verwundern, weder der Herr Pfarrherr, weder sein eigner Vater, weder sein Mitkamerad verstunden diese Schrift, sondern er ganz allein.

Nach dem Exempel dieses frommen Sodalis laß auch nichts erwinden an dem Fleiß, dein Gewissen zu[200] erforschen, es wäre gut und rathsam, daß du beschaffen wärest wie jene 4 Wunderthier, welche Joannes gesehen in seiner Offenbarung, diese Thier hatten nit allein vorne Augen, sondern auch auf dem Rücken,plena oculis ante et retro, gut wäre es, wann du auch zurück könntest sehen, wo du gewest, wie du gewest, was du gehandelt, wie du bishero beschaffen. Endlich nach angewendtem allen Fleiß, bitte den allmächtigen Gott, bitte seine übergebenedeite Mutter und Jungfrau, bitte deinen eignen Schutz-Engel um ein einiges Licht, damit du alles, was bishero sündhaft in dir gewesen, mögest finden und ergründen, wann dir schon nit erwähntes Merkmal, wie besagtem Jüngling, widerfährt, so würdest du dannoch mehr erleucht seyn, als sonsten, demnach ohne fernern Skrupel, was dir wissentlich also eingefallen, trage es mit gebührender Reu und Leid dem Beichtvater vor in dieser geheimen Gerichts-Stube, sodann zweifle nit, daß dir nit Gott werde das Bad gesegnet haben.


Allerlei beichten, aber wenig recht.


Joannes kommt in Beichtstuhl, Bona dies, sagt er, Herr Pater, seynd Euer Ehrwürden noch wohl auf?Resp. Ja, gut, es erfreuet mich, mir ist es eine Weil nit zum Besten gangen, jetzt aber erhol ich mich allgemach; daß ich aber zu meiner Beicht komme, so klage ich mich folgender Gestalten an:

Erstlich hab ich mich nie vollgetrunken, der Wein ist heuer gar zu theuer.

Zum anderten hab ich Sonntag und Feiertag [201] keine heil. Meß ausgelassen, hab ich doch, Gott sey Lob, die Kirche vor der Nase.

Drittens hab ich nie gescholten, habs auch nie im Brauch gehabt, ich laß es gleichwohl den Fuhrleuten über.

Viertens habe ich den Leuten weiter die Ehr nit abgeschnitten, ich laß einen Jeden seyn, wer er ist, und kehre vor meiner Thür.

Fünftens bin ich gar nit hoffärtig gewest, mein Gott, die Leut kennen mich schon, ich möchte Federn tragen oder nit.

Sechstens hab ich nichts entfremdet, mit Wissen wohl nichts, bin gleich mit dem zufrieden, was mir Gott hat geben, ob ich zwar nichts hab zum Fenster hinauszuwerfen.

Zum Siebenten hab ich auch mein Gebet verricht, so viel die Zeit hat zugelassen, wie ein Cartheuser kann unser eins auch nicht alleweil in der Kirche stecken.

Sonsten weiß ich weiter nichts; es ist mir von Herzen leid, will mich auch hinfüran bessern, bitt um eine Buß und heilige Absolution.

O mein lieber Joannes, die Beicht ist nit recht, du bist wohl kein Joannes in der Wüste, wohl aber, deiner Aussag nach, ein Joannes in der Sauberkeit, du beichtest nur, was du Guts gethan, und nit, was du Böses gestift, auf solche Weise bist du so sauber, daß du gar des Badens nit vonnöthen. Paulus ist schon im dritten Himmel gewest und hat sich gleichwohl nit so heilig gemacht wie du. Der offene Sünder im Tempel zu Jerusalem hat anders gebeicht, indem [202] er auf seine Brust geschlagen, sprechend: peccavi, er habe gesündiget. Der Schächer am Kreuz Dismas wäre mit einer solchen Beicht, wie du allhier gemacht hast, den geraden Weg zum Teufel gefahren, darum hat er die Sach verständiger angriffen, fein rund heraus bekannt, er seye ein Schelm über alle gewesen und seiner Laster halber wohl hundert Galgen verdienet. Mein Joannes, du kommst mir vor, wie die Johannis-Käferl, die scheinen und schimmern bei der Nacht, als wären sie die schönsten Lichtel, unterdessen aber seynd sie nichts anders, als verwerfliche Würmel. Durch deine gleißnerische Beicht willst du gleichsam dir einen Schein auf den Kopf nageln und kurzum ein Heiliger seyn, indem du doch gleich andern gebrechlichen Menschen auch Mängel und Gebrechen genug an dir hast. Dein Absehen ist etwan dahin gerichtet, damit du bei deinem Beichtvater im guten Konzept stehest; aber glaub du mir, in dieser Kanzlei ist der Teufel ein Konzipist, welcher auch einen so großen Grausen an der Demuth hat, daß er auf ewig nit will gestehen, er habe gesündiget. Es ist wohl zu glauben, wann Kain den Brudermord hätte bekannt, wie ihn dessenthalben der Allmächtige befragt, daß er von Gott hätte Pardon erhalten wegen seiner so groben Missethat; aber das unverschämte Nescio, indem er sich ganz unschuldig gestellt, hat den gerechten Gott zur billigen Nach und Straf veranlasset. Wie viel Seelen sitzen und schwitzen, heulen und verweilen ewig in dem Rachen der Hölle, weil sie den Rachen nit haben aufgemacht, und daraus den Unflath durch eine mündliche Beicht herausgeführt. Mein Joannes, wann [203] du willst bei Gott durch die Beicht justificatus seyn, so mußt du in der Beicht just; wann du willst in der Beicht absolut seyn, so mußt du in derselben resolut seyn; wann du willst durch die Beicht heilig werden, so mußt du dich nit heilig stellen, wann du willst durch die Beicht gerecht werden, so mußt du die Beicht recht verrichten, recht beichten aber ist mit demüthigen und nit gleißnerischen Herzen alle seine Sünden bekennen.

Jakobus kommt in Beichtstuhl, schneizet mit großem Getös die Nase, als sollte der Wust aus der Nase und nit durch das Maul ausgeführt werden, streicht mit der Hand den Bart, als wäre dieser Kehrwisch zu diesem Auskehren auch vonnöthen, stoßt mit dem Kopf an das Gitter, als wolle er auf Bocksart in der Kirche Sturm laufen, endlich fangt er an, folgender Gestalten zu reden:

Herr Pater, wies halt geht, wann die Dienstboten sogar des Bocks seynd, so kann sich unser einer des Scheltens nit enthalten.

Herr Pater, wies halt geht, die ganze Woche ist unser einer gefrettet und strapezirt, am Sonntag gehe ich halt auch ins Wirthshaus, und sauf mir einen Rausch an, es muß einer mit den Nachbauren halten, will er dermalen in der Welt fortkommen.

Herr Pater, wies halt geht, wann ich unter die jungen Bursch komme, so schaue ich mir halt auch um eine Hals-Uhr, wie kann es anderst seyn, ich hab ein altes Weib, und sie als eine Wittib geheirath.

Herr Pater, wies halt geht, wann man übel von den Leuten redet, so schütte ich halt auch meinen Brei dazu, es läßt sich nit anderst thun, es gibt eine Red in die andere.

[204] Herr Pater, wies halt geht, wann ich kann einen übervortheln im Verkaufen, so spare ichs nit, hingegen büß ich auch oft ein, das ich an Schuldnern verlieren thu, muß also eines das andere übertragen.

Herr Pater, wies halt geht, zuweilen am Sonntag höre ich nur eine halbe Meß, unser einer hat viel zu verrichten, die Geistlichen haben leicht zu beten, sie werden darum bezahlt, unser einer muß es anderst suchen.

Herr Pater, wies halt geht, ich hab mich mit meinem Nächsten verfeindet, deßwegen ich mit ihm schon ein halbes Jahr nit geredet, er hat mir aber wohl so übel gethan, ich bin nit linder als ein Kieselstein, und gibt doch dieser Feuer, wann man ihn schlägt.

Herr Pater, wies halt geht, ich hab in meinem Dienst zuweilen eine Untreu begangen, wie kanns aber anderst seyn, die Besoldung ist nit groß, Kinder hab ich, das Weib will sauber aufziehen, schaffe ich ihr das nit, nach der Contento, so macht sie mich gar zu einem O.

Herr Pater, wies halt geht, wann zuweilen ein unnützer und unzüchtiger Diskurs und Gespräch ist, so wirf ich auch meine Schnitz darein, mein Gott, ich bin ohnedieß oft eine lange Zeit melancholisch, man muß den Bogen nit allzeit gespannt halten.

Herr Pater, wies halt geht, den Fasttag hab ich nit gehalten, es seynd bei der Nacht Leute bei mir gewesen, wann ich nit hätte mitgehalten, so wären sie der Meinung gewesen, als thäte ich es ihnen nit vergönnen.

[205] Diese, und alle meine Sünden sind mir leid, hab demnach einen guten Vorsatz mich zu bessern.

O mein Jakob, du bist weit kein spänischer Apostel, aber deine Beicht kommt mir dannoch spänisch vor. Den heil. Jakobum pflegt man sonsten mit einem kleinem ledernen Mänterle zu malen, aber du trägst einen Mantel bis auf die Füß hinunter, dann du alle deine Sünden und Unvollkommenheiten willst vermänteln. Du bist wohl ein rechtes Adamskind, dann sobald dieser das göttliche Gebot übertreten und das unzuläßige Obst gessen, da hat er gleich die Entschuldigung an die Hand genommen und vorgeschützt, als wäre sein Weib daran schuldig, das heißt aber nit redlich gebeicht. In der Beicht muß man keine Entschuldigung beibringen, sondern die Bosheit der Werke, der Worte, der Gedanken vortragen, wie es in sich selbsten ist.

Wie der König David wider alles Gewissen die Ehe gebrochen und noch darüber den Uriam unschuldig um das Leben gebracht, endlich aber in sich selbsten gangen und seine Sünde bereuet, da hat er sich nit entschuldiget; er hätt auch können sagen: Herr ich bin auch ein Mensch wie andere; wann sich die Betsabea nit hätte gebadet, wann meine Kammer-Lakeien nit wären solche Böswichter gewesen und mir dieselbe Madame nach Hof geführt, da wäre ich nimmermehr so grob gestolpert, ich hab es ihnen zwar befohlen, sie sollen sehen, wie sie mit guter Manier die Frau zu mir führten, allein wann sie wären gescheid gewesen, so hätten sie die Sach auf eine andere Weise vermitteln sollen und endlich hätte diese Frau so geschwind nit[206] eingewilliget, so wäre ich etwan auch abgestanden von meinem üblen Ansuchen etc. Viel, gar viel Beichtkinder der entschuldigen sich also zur Vermäntlung ihrer Bosheit. Aber David hat nichts, gar nichts dergleichen vorgewendet, sondern rund heraus bekannt: peccavi, er habe gesündiget, die Ehe gebrochen, den Todtschlag begangen, nichts dabei verblümlet, nichts verdeckt, nichts vermäntelt, nichts vertuschet, nichts verborgen, nichts entschuldiget. So muß eine rechte Beicht seyn.

Aber gar viele Leute seynd beschaffen wie der Hohepriester Aaron, dieser, in Abwesenheit des Moses seines Bruders, so dazumalen bei Gott auf dem Berg in einem Gespräch war, hat sich von dem überlistigen Volk überreden lassen, daß er aus dem zusammen gesammelten Gold ein Kalb verfertiget, welches die Phantasten für einen Gott angebetet; wann, es gleichwohl ein Ochs wäre gewesen, hätte er ein besseres Ansehen gehabt. Wie der Mann Gottes Moses solche verdammliche Abgötterei mit scharfen Worten vorgerupft, da war Aaron gleich gefaßt mit einer Entschuldigung, wie daß ihm das Volk keine Ruhe gelassen, er habe auch mit allem Fleiß hiezu begehrt die Ohren-Behäng und Arm-Bänder der Weiber, dann er hätte geglaubt, diese thäten so ungern die Ohren-Gehäng, als die Ohren hergeben. Item, so habe er das Gold ins Feuer geworfen, sodann seye ein Kalb herauskommen, welches ohne Zweifel durch Zauberei der Egyptier geschehen, zumalen solche Leute unter ihnen etc. Ei du gottlose Entschuldigung! Oleaster sagt, daß er einen rechten Model habe gemacht, [207] worin er dieses Kalb gegossen. Sieh, sieh, jetzt muß das Feuer daran schuldig seyn.

Eine Beicht, sie seye aus menschlicher Gebrechlichkeit zu diesem Fall kommen, allein es seye ihr so hoch nit aufzunehmen, dann sie eine so hitzige Natur habe, zudem seye er ihr solang nachgestrichen, daß sie ihr endlich nit mehr hab helfen können. So muß die hitzige Natur daran schuldig seyn, ja wohl schuldig! wie das Feuer bei dem Aaron. Ein anderer bekennt, ja, er habe sich auch schändlich vergriffen in der Unzucht, es hab ihn aber der böse Feind dergestalten stark versucht, daß auch ein Joseph, bei Gestalt der Sachen, den Mantel nit hätte hinten gelassen. So muß der Teufel daran schuldig seyn. Ja wohl Teufel, wie das Feuer bei dem Aaron, dein eigner Will, der, der, der ist schuldig.

Es wird von einem gemeinen Bauren-Mensch erzählet, daß selbige einmal aus ihrem eignen Haus gangen, und sich nach einem gewissen Schloß begeben, willens, daselbst um gebührenden Lohn zu dienen. Unterwegs begegnet ihr der böse Feind, in der Gestalt eines reisenden Menschen, fragt das gemeine, jedoch wohlgestaltete Bauern-Mägdl, wohin es gehe? nachdem solche geantwortet, daß sie bei der nächst entlegenen Herrschaft begehre in Dienst einzustehen. Bei Leib nit, setzt hinwieder der vermascherete Teufel, es wird dich reuen mein Mensch! Diese, ungeachtet solcher Abmahnung, gehet nach besagtem Schloß, allwo sie aber nit lang hernach zum Fall kommen, und großen Leibs worden; als solches zu den Ohren der Herrschaft gelangt, war gleich der Befehl, man soll den [208] Schleppsack hinweg schaffen. Als sie dann wieder auf dem Weg nach Haus begriffen, begegnete ihr mehrmalen der Satan, jedoch in einer andern Gestalt eines Reisenden, wohin, wohin meine Tochter? fragte er, nach Haus, sagte sie, wo gewest? wo gewest? da in diesem Schloß, war die Antwort, setzte noch hinzu, es habs wohl der Teufel dahin geführt, der Teufel hab ihr dahin gerathen, dann sie seye durch einen leichtfertigen Kerl verführt worden, etc. Worauf dieser verstellte Satan ihr eine Maultasche versetzte, daß sie sich um und um gedrehet, mit beigefügten Worten, du lügst in Hals hinein, du unverschämter Schleppsack, ich bin der Teufel, und hab dir zu dieser und dieser Zeit, eben an diesem Ort, widerrathen, du sollest obbenanntes Schloß meiden, also ist dein eigner böser Wille, und nit ich, zu beschuldigen.

Was ist gemeiners bei den Leuten, als die Entschuldigung? allenthalben hört man diese wilden Muteten. Der Teufel hat mich daher geführt, der Teufel hat mich verblendt, der Teufel hat mich zu dieser Gesellschaft gebracht, der Teufel hat mich mit diesem Gesind bekannt gemacht, der arme Teufel muß in allem die Schuld tragen, da unterdessen seine Versuchungen und Anreizungen nichts, gar nichts können wirken, und auskochen, wann nit dein eigner böser Wille ein- und zustimmt. Klage demnach in der Beicht dich allein an, lege die Schuld allein auf dich, schreibe das Verbrechen deiner eignen Bosheit zu, entschuldige dich nit mit der Natur, mit der Gelegenheit, mit dem Gestirn und Planeten, unter denen du geboren, mit den Eltern oder Vorstehern, die dich erzogen, mit der Gebrechlichkeit [209] des Leibs, mit den Nachstellungen des bösen Feinds etc. sondern sag mit dem David, mit dem offnen Sünder: peccavi, fein rund heraus ohne Excusa deine Sünden.

Ich hab es nie gelesen, du wirst es auch nit lesen, ein anderer wird es ebenfalls nit lesen, daß Magdalena sich hätte entschuldiget. Eine andere hätt etwan gesagt, Herr, ich hab zwar einen liederlichen Wandel geführt, aber wie hat es anderst seyn können, ein junges Blut, eine frische Dama war ich, an Gütern und Mitteln hatte ich keinen Abgang, meine Eltern hab ich nit zu fürchten gehabt, dann sie waren schon todt, die Gesellschaften der Kavaliere waren öfters auf meiner Herrschaft zu Magdalis, die schöne Gestalt, und mein wohlgeschaffner Leib, haben auch das Seinige gethan, die liebe Freiheit, so ohne das eine Verführerein der Jugend, ist fast zum Meisten daran schuldig gewesen etc. Eine andere hätte also ihre Missethaten beschöniget, aber Magdalena hat gar keine dergleichen Entschuldigung vorgeruckt, sondern öffentlich, mit nassen Augen, mit gebognen Knien, mit zerknirschtem Herzen bekennet, sie habe gesündiget. Den Mantel, womit dergleichen Beichtkinder ihre Fehler verdecken in der Beicht, den hat der Teufel zugeschnitten, den hat er gemacht, den hat er gefüttert, den flickt er noch alle Tag, Stund und Augenblick.

Im alten Testament mußten, auf Befehl Gottes, die Leute, so den Aussatz hatten, sich stellen vor dem Priester, aber wie? sie mußten sich stellen mit ganz zerrissenen Kleidern, mit blosem Haupt etc. Dies [210] war eine Figur und Vorbild unserer Beicht, dieses Sakrament der Buße, gehe hin Sünder, gehe hin Sünderinn, was ist anderst deine Sündenlast, als ein wilder Aussatz der Seele, gehe hin, zeig dich dem Priester im Beichtstuhl, aber fein mit zerrissenen Kleidern, damit er deinen elenden Zustand wohl sehe, nimm nur keinen Mantel mit dir, thue auf keine Weis deine begangenen Verbrechen entschuldigen und bemanteln, fein blos, wie die Sache in sich selbsten ist, in animam suam peccat, qui se excusat, repellens proinde a se indulgentiae medicinam, et sic vitam sibi proprio ore intercludens. Das ist bitter genug geredet von dem honigfließenden Abt Bernard. Der sich entschuldiget, sündiget in seine eigene Seele, schiebt von sich die Medizin der Verzeihung und bringt sich selbst um das Leben.

Barbara tritt am heiligen Ostertag in Beichtstuhl, macht ihre gewöhnlichen Zeremonien, nach solchen, aber fängt sie an ganz wohlberedt, ohne einigen Arrest der Zunge, zu reden, oder besser geredet, zu schwätzen.

Pater, ich habe Stiefkinder, die seynd so unerzogen, ich wollte lieber Ameisen hüten, als sie, die Fratzen, haben halt eine Mutter gehabt, die hat keine Brillen gebraucht, sondern hat alles durch die Finger gesehen, jetzt wachsen sie auf, und ist nichts an ihnen zu sehen, als lauter Ungebärden.

Pater! meine Dienstboten thun so gar kein gut, es kommt nit bald ein Mensch von mir, der die Kleider vorn nit zu kurz werden. Der Teixel [211] hüte es, ich nit, es müßt einer mehr Wacht haben, als zu Breisach im Elsaß. Vor diesem soll ein junges Mägdlein also gelöffelt haben, ich glaub der Pfarrherr hätte es mit Glocken ausläuten lassen.

Pater! ich hab Innleute, die raufen und schlagen den ganzen Tag, ich gedenk oft bei mir selbst, bei den Narren muß das ganze Jahr Charfreitag seyn, weil man immerzu die Pumpermette hört. Mit Berchtolsgadner Waare gings noch hin, aber mit Stuhlfüßen fechten, das ist zu grob.

Ich weiß nit, wie es mein Nachbaur kann verantworten, daß er Tag und Nacht Spielleut hält. Mit Tanzen thut man wahrhaftig die Schuh nit doppeln, ich glaub, es muß ihm der halbe Batzen alle Stund niederkommen, sonst könnten sie so lang nie klecken.

Pater! ich hab einen Gevatter, der ist so liederlich, daß er oft eine ganze Woche im Wirthshaus sitzt, die Kinder haben zu Haus nichts zu nagen, und müssen über ihren Willen Barfüsser-Ordens seyn.

Pater! ich hab es oft gesagt und sags noch wann ich sollte in so schönen Kleidern daherziehen, wie unsere Richterinn, ich müßte das Geld nur stehlen, man weiß wohl, daß auf den Krautstauden keine Seidenwürmer, wachsen.

O Pater! einen Mann hab ich, der thut sogar kein gut, ein Kreuz vom eichenen Holz wollt ich gern tragen, aber von Feuchten, das kommt mir zu schwer, mein Mann muß feucht haben, er ist die ganze Zeit bei der Pippe, und die Pippe macht, daß ich nichts zu päppen habe. Ich bitte den Herrn Pater, gar [212] schön, er gebe ihm doch einen guten Filz, er wird bald nach meiner beichten, dort steht er mit einem zeugenen Kleid, mit sammeten Aufschlägen, er hat ein rothes Gesicht, wie kann es anderst seyn, das Gesicht schämt sich, daß er ein solcher Saumagen ist. Diese und alle meine Sünden seynd etc.

O meine Barbara, die heilige Barbara malt man mit einem Thurm, dich aber soll man malen mit einem Narrenhäusel, diese deine abgelegte Beicht ist närrisch und thöricht, indem du nit deine Sünden geoffenbaret, sondern anderer Leute ihr Gewissen durch die Hechel gezogen, welches nit allein die Beicht ungültig macht, sondern noch hierüber Gott sehr beleidiget. Christus der Herr hat dem Aussätzigen befohlen, er soll hingehen, und sich dem Priester zeigen, Ostende Te, dich, dich klage an, und nit andere, du weißt wohl, wie mühselig es gewest ist den göttlichen Augen, wie der Cham seinen Vater Noe entblößet hat, was gehen dich anderer Leute Verbrechen an, daß du selbige willst entblößen, indem du mehr schuldig bist, solche zu verhüllen. Hast du einmal eine solche offene Schuld gehört. »Ich bekenne Gott dem Allmächtigen, Mariä seiner hochwürdigen Mutter, allen lieben Heiligen, und gib mich schuldig, daß mein Nachbaur, mein Mann, mein Knecht, von ihren kindlichen Tagen an, bis auf diese Stunde, oft und viel gesündiget haben, mit Gedanken, Worten und Werken etc.« Dergleichen Modi ist noch nit in die, katholische Kirche eingeschlichen. Jener arme Reisende, so zwischen Jerusalem und Jericho unter die Mörder gerathen, welche ihn völlig ausgeraubt, und noch darüber [213] tödlich verwundet, hat den vorbeipassirenden Priester, Leviten und Samaritan nit angeredet: »Herr, mein Nachbaur ist verwundet, meine Obrigkeit ist übel zugerichtet, mein Schwager liegt ganz dahin;« sondern er hat, so viel es die halbtodten Kräfte zugelassen, geschrien: »Herr, Herr, erbarmet euch meiner, sehet meine schweren tödtlichen Wunden, schauet, wie die Mörder mit mir umgangen, sehet, wie das Blut so häufig herausquillt; etc.« Seine, seine Wunden hat er gezeigt, und nit anderer Leute Zustand. Wann du willst vom Ruß und Unflath gesäubert werden, so mußt du nit an Statt deiner den Paul, den Andre, die Ursel ins Bad schicken, sondern du mußt selbst gehen. Deine, deine Sünden beichte, dich klag an, mach es nit wie Adam, der da gesagt, die Eva hab gesündiget, mach es nit wie Eva, die da vorgegeben, der Adam hab unrecht gethan: aliorum accusatio non est confessio, sed offensio. Eine solche Beicht, worin man andere anklagt, ist kein Bad, sondern ein Schad, ist keine Medicin, sondern ein Ruin, ist keine Versöhnung, sondern eine Verhöhnung, ist keine Erledigung, sondern eine Beleidigung, ist keine Reu sondern eine Keierei etc.

Sabina Leonora Maximiliana (eine halbe Litanei der Heiligen) rauschet im Beichtstuhl hinein, wie der Wind durch das Geröhr in einem ungeputzten Teich oder Weiher, endlich fängt sie folgender Gestalt an:

Ich hab mein Gebet nit mit Andacht verricht.

Ich hab zuweilen eine kleine Unwahrheit geredet.

Ich bin zu Zeiten ungeduldig gewesen.

[214] Ich hab in der Kirche unnöthig umgeschaut.

Ich bin mit gebührender Devotion nit zu der heiligen Kommunion gangen.

Ich hab ein wenig Argwohn von meinen Nebenmenschen.

Ich bin nachläßig gewesen in meinen Bruderschaft- Verrichtungen.

Ich hab weltliche Gedanken gehabt.

Ich hab etwas zu frei mit den Mannsbildern geschwätzt. Weiter nichts. Weiter nichts? es ist nit ohne, daß gar viel dergleichen so vollkommene Seelen gefunden werden, so sich der Lieberei befleißen, welche unser lieber Herr auf dem Berg Tabor in seinen Kleidern gezeigt, indem solche so weiß waren, wie der Schnee. Es ist schon wahr, daß gar oft im hohen Stand Personen gefunden werden, welche weit frömmern und vollkommenern Wandel führen, als viel im niedern Stand und gemeinen Pöbel, gleichwie der hl. Patriarch Abraham mit seinem frommen Sohn auf der Höhe des Bergs Moria war, unter des Bergs aber den Esel gelassen. Es ist nit zu läugnen, daß sehr viel vom Adel ohne Tadel leben, aber gar oft, leider! gar oft geschieht es, daß sie die kleinen Verbrechen und leichten Mängel an Tag geben, die groben und harten Todtsünden aber verschweigen.

Nachdem die Israeliter vierhundert und dreißig Jahr als elende Sklaven in Egypten waren, hat sie der große Mann Gottes Moses endlich heraus geführt und erlöset. Ihrer seynd gewesen dreißigmal hundert tausend Personen, und waren anfangs nit mehr als fünf und siebenzig, benanntlich Jakob mit den Seinigen[215] und dero Weiber, daß sie sich also vermehrt haben, ist die Ursach, weil dazumal die Weiber gar oft vier und sechs Kinder auf einmal geboren. Wie nun besagtes Volk zu dem rothen Meer gelangt, und nachgehends mit trocknem Fuß durchpassirt, hat solches der verstockte König Pharao verfolgt, und mit 2000 zu Fuß, 50000 zu Pferd, 600 Bagage-Wägen auf dem Rücken nachgeeilet, aber mit aller dieser volkreichen Mannschaft in dem rothen Meer zu Grund gangen.

Ein rothes Meer ist die Schamhaftigkeit, massen der Mensch, wann er sich schämt, pflegt in dem Angesicht roth zu werden. O wie viel tausend und tausend gehen in diesem rothen Meer zu Grund! welche sich schämen, dem Beichtvater diese oder jene Sünde in ein Ohr zu sagen, so doch am jüngsten. Tag der ganzen Welt kundbar seyn wird. O wie viel gibt es Rachel, welche die Götzenbilder unter dem Stroh verbergen, und nichts gestehen wollen?

Valerius Venetus schreibt, daß einmal zwei fromme Religiosen auf der Reis in einem Marktflecken haben Meß gelesen, wobei auch mit aller gebührenden Andacht eine adeliche Frau war, welche schon viele Jahre eine große Sünde verschwiegen, und selbige niemals gebeicht, indem sie aber wahrgenommen, daß diese ganz fromme und unbekannte Geistliche seynd, hat sie sich endlich entschlossen, solche Sünde einem aus diesen zu entdecken, welches auch nach vollendeter hl. Meß geschehen, wie sie nun in wirklicher Beicht begriffen, hat der andere fromme Religios vermerkt, daß besagter Frau mehrmal schändliche und [216] wilde Attern oder Schlangen aus dem Maul gekrochen, und sich verloren, eine aber sonderer Größe, hat den Kopf nur zum Maul herausgestreckt, sich aber bald wieder zurückgezogen, worauf alle die andern sich wiederum eingefunden, und in voriges Logement retirirt. Sobald hernach diese elende Person sich nach Haus begeben, hat ihr der böse Feind durch sondere göttliche Zulassung den Hals umgerieben, daß also geschwind in dem ganzen Markt laut und kundbar worden, diese Frau sey des gähen Tods gestorben. Die 2 Religiosen seynd hieüber nit ein wenig erschrocken, jedoch durch ein eifriges Gebet den Allmächtigen ersucht, daß er ihnen doch wolle anzeigen, in was Stand diese Person und geweste adeliche Frau sich befinde, welches ihnen dann der gütigste Gott, als seinen frommen Dienern nit abgeschlagen, sondern bald in dero Gegenwart erstbenannte Frau gestellt, aber in so abscheulicher Drachengestalt, daß sie beide halbtodt zur Erde niedergesunken, sie aber in diese Worte, ausgebrochen: »Förchtet euch nit, ihr Diener Gottes, ich bin dieselbe vermaledeite Kreatur, die ich kurz vorhero eine ungültige Beicht habe abgelegt, indem ich mehrmal, und auch endlich in dieser letzten aus Schamhaftigkeit eine große Sünde, die ich mit einem mir nächst Anverwandten begangen, verschwiegen habe, wessenthalben der gerechte Gott mich in die ewige Verdammnuß verstoßen. Nach solchen Worten ist sie mit einem ungeheuren Geschrei verschwunden.«

Ein Wolf ist wie der Teufel und der Teufel ist wie ein Wolf; wann dieser ein Lämmlein von der Heerd raubt, so ergreift er dasselbige bei der Gurgel, [217] damit er dem armen Thier die Stimm nehme und er folgsam durch das Blerren nicht verrathen werde. Des bösen Feinds einige Lust und Fleiß ist, daß er dem Sünder die Red verstelle und solche nachmals in der Beicht mit der Stimm nit hervor will. O Pater, es ist doch ein hartes Ding um die Beicht! es ist ein Bad, ja ein Bad, aber wahrhaftig ein Schwitzbad, dann ich je und allemalen zu schwitzen pflege, wann ich in den Beichtstuhl hineintritt, ich schäme mich, ich schäme mich etc.

O bethörter Mensch, du sollst dich darum schämen, weil du dich schämen thust, pfui! Schäme dich, siehe an deinen Heiland Jesum am Kreuz ganz nackend und bloß, und dieser hat sich wegen deiner Sünden entblößt, siehe wie offenherzig er mit dir umgangen, daß er sogar durch die Lanze Longini das Herz lassen eröffnen und die Sünder also gezeigt, wie er inwendig beschaffen, in Erwägung dessen hat der Altar in dem großen Tempel zu Jerusalem den rothen Vorhang, womit er verdeckt war, mitten von einander zerrissen, als wollte er zu verstehen geben, es schicke sich gar nit, daß er solle bedeckt seyn und Gott der Herr entblößt. Velum Templi scissum est etc. Schäm dich, Sünder! ins Herz hinein, daß du sollest mit dem rothen Vorhang der Schamhaftigkeit verhüllen deine Sünden und dein Gewisien nit recht enblößen, indem doch dein Erlöser und Heiland deinetwegen entblößet worden.

Du sollst dich darum schämen, weil du dich schämen thust, wenn der höchste Gott ein Gebot gegeben, daß, wer eine Todtsünd wissentlich begehet, entweder [218] solle auf öffentlicher Gasse vor jedermann dieselbe bekennen, und nachmals solche That in Marmor einhauen zur ewigen Gedächtnuß, oder aber, er solle in die ewige, merks wohl! in die ewige, erwägs wohl! in die ewige Verdammnuß gestoßen werden, wo ein ewiges Feuer, ein ewiges Braten, ein ewiges Quälen, ewige Schlangen, ewiger Kerker, ewige Pein. Wäre es denn nit leichter, seine Missethat öffentlich beichten, als ewig brennen, ewig? Freilich wär es leichter, und ohne Gleichheit leichter, nun aber hat der allergütigste Gott kein dergleichen Gebot auf- und eingesetzt, sondern nur wollen, daß du deine Sünd einem einigen Menschen in das Ohr sagest, nit einem Engel, sondern einem Menschen, der gesündiget hat, oder sündigen kann, wie du, einem Menschen, welcher noch durch Reden, noch durch Schreiben, noch durch Deuten, noch durch Winken dasjenige offenbart, was du ihm anvertraut hast, einem Menschen, der es meistens durch sondere Schickung Gottes vergißt, was du ihm in der Beicht entdecket hast.

Dergleichen lieset man von einem Schiff, welches von den tobenden Wellen dergestalten angetastet worden, daß es alle Augenblick scheinte in die Tiefe des Meeres zu versinken; indem nun alle die Händ gen Himmel gehoben, und die Barmherzigkeit Gottes angefleht, da hat sich einer hervor gegeben, daß solche Ungestüme des Meeres wegen seiner großen Missethaten entstanden, welche er dann auch öffentlich mit allen Umständen bekennet. Ob zwar solche keine wahre Sakramental-Beicht nit gewest, so hat doch dem Allerhöchsten die demüthige Bekenntniß also gefallen, daß [219] alsobalden die tobenden Winde zu wüthen aufgehört, und wie sie nachgehends zum gewünschten Gestad gelangt, da haben sie sich zwar zu entsinnen gewußt, daß Einer aus ihnen die größten und abscheulichsten Laster öffentlich entdeckt, nit wissend, was für Sünden diese gewesen? auch sogar wußten sie nit, wer aus ihnen also öffentlich hätte gebeichtet.

Pfui schäme dich, o sündige Seel, daß du dich schämen thust, indem doch Gott ein so leichtes Mittel, wie dir die Beicht ist, dir gespendirt hat; von allen Sünden, und folgsam von der Höll frei und los zu werden. Weißt du, was eine einzige Todsünd seye? durch eine einzige Todsünd hast du deine so theuer erlöste Seel dem Teufel verkauft und verschrieben, durch diese hast du die Sentenz des ewigen Tods wider dich selbsten gefällt, durch diese hast du deinem Erschaffer und Heiland spöttlich den Rucken gezeigt, durch diese hast du alle deine Verdienste, so du dein Lebtag gesammlet, verschwendet und verloren, durch diese hast du deinen eignen Schutzengel von dir geschafft, durch diese hast du alle Heilige Gottes dir zu Feinden gemacht, durch diese hast du alle Kreaturen und Geschöpfe höchster massen erzürnt, also, zwar, daß unverzüglich das Feuer dich thät verbrennen das Wasser dich ertränken, die Luft dich erstecken, die Erd dich verschlucken, wofern ihnen Gott den Gewalt ließe, ja keine Mücke auf dem ganzen Erdboden wäre, die dich derenthalben nit verfolgte, durch eine Todsünd hast du mit aller Gewalt der Himmels-Königinn Mariä ihren gebenedeiten Sohn Jesum aus den Armen gerissen, denselben unmenschlich [220] gegeißelt, mit stechenden Dörnern gekrönet, mit harten eisernen Nägeln an das Kreuz genaglet, mit Essig und Gall getränkt, und endlich ganz mörderisch um das Leben gebracht. Eine Todsünd ist also schwer, daß wann auf eine Wagschale diese sollte gelegt werden, auf der andern alle Verdienste der Mutter Gottes, alle Verdienste der hl. Apostel, der hl. Beichtiger, der hl. Jungfrauen, ja alles Blut der heil. Martyrer, so würde die Todsünd alle diese weit überwiegen, und dannoch, und dannoch um dieser Todtsünd willen hat dir Gott nichts mehreres auferlegt, als eine demüthige, als eine Reu-volle mündliche Beicht vor einem einzigen Priester, und diese in höchster Geheim, und du o thörichter Mensch, o armseliger Leimknollen, und du willst dich noch schämen, diese zu thun?

Philippus, König in Frankreich, hatte einen erwachsenen Erbprinzen, welcher sich gänzlich verliebt in die wohlgeschaffene und überaus schöne Klementia, eine Tochter Karoli, des anderten Königs in Sizilia, es ist auch die Sach schon so weit kommen, daß man die wirklichen Heiraths-Traktaten sollte beederseits zu Handen nehmen, es sorgte aber Philippus, König in Frankreich, daß besagte Prinzessin möchte auch einen Mangel am Fuß haben, massen ihr Herr Vater Karl krumm gewest, verlangte demnach, daß zu mehrer Sicherheit erstgedachte königliche Tochter vor einem Medico oder Arzt solle den Fuß entblößen, welcher erste Vortrag der schamhaftigen Prinzessin sehr schwer und hart gefallen, nachdem sie aber verständiget worden, daß sie hierdurch zur königlichen Hohheit könne gelangen, hat sie [221] unschwer darein verwilliget, und gesagt, daß man leicht könne einem Medico einen Fuß entblößen, wann hierdurch das Haupt mit einer Kron bedeckt würde.

Eine herrliche Kron, eine himmlische Kron, eine ewige Kron hat auch der größte Sünder zu hoffen, wenn er auch mehrere Todtsünden begangen, als Tröpflein Wasser im Meere, als Stäublein in der Luft, als Gräßlein auf Erden, als Stern im Himmel, so er nur sein Gewissen entblößt und völlig entdeckt vor seinem Beichtvater, wann es dir schon etwas schwer gedunkt, so erwäge doch, daß es weit leichter sey, vor einem Menschen zu Schanden werden, als einmals am jüngsten Tag vor Gott, vor allen Heiligen, vor allen Engeln, vor allen Verdammten. Leichter seye, dieses wenige Schwitzbad auszustehen, als in der Höll ewig schwitzen. Leichter seye, zu leiden dieses wenige Schamen, als das ewige Verdammen. Verschweigest du aber wissentlich eine einzige Todsünd, oder nothwendige Umständ, oder Anzahlen, sodann ist die Beicht kein Bad, sondern ein Schad, sodann dienet sie dir nit zum Reinigen, sondern zum Peinigen, sodann hilft sie dir nit zum Heil, sondern zur Höll. Dergleichen Historien und Geschichten findest du in allen Büchern, wie oft einige Personen, die sonst einen ehrbaren und christlichen Wandel geführt, wegen einer einzigen Todsünd, die sie aus Schamhaftigkeit verschwiegen, seyen ewig, o bitteres Wort! ewig verdammt worden. So beicht dann recht, umgehe dein Gewissen nit nur einmal, sondern wohl auch siebenmal, wie die Leviten um die Stadt Jericho, beicht recht, und vermäntle die Sach nit, wie die Rebekka, so ein Kitzlfleisch für ein Wildprät aufgetragen. Beicht[222] recht, und laß keine Todsünd aus, wie dann nur ein Amaleciter übergeblieben, und nachmals dieser schädlich genug gewesen. Beicht recht, und umschneid nit wie die Samaritanin, welche anfangs den Ehebruch Christo dem Herrn gelaugnet mit zweifelhaftigen Worten. Beicht recht, und thue die Sach mit dem Beichtvater ausdreschen, so gut als Gedeon das Treid in der Scheuer. Beicht recht, und gib deine Todsünden hervor, wie das Grab den tobten Lazarum. Beicht recht, und wirf dein Verbrechen aus, wie der Wallfisch den Propheten Jonam.

Margareth, eine Bäurin vom Dorf herein, geht am Portiunkula-Tag zur Beicht, approschirt mit beeden Ellenbogen so stark durch die Leut, daß sie gar bald zum Beichtstuhl gelangt, alldorten fängt sie folgender Gestalt an zu reden:

Pater, mein Mann ist nächst verwichener auf dem Jahrmarkt gewesen, unterwegs aber beim grünen Lindenwirth nit weit von Trunkelhausen, allwo die Kirchfarth ist bei den 14 Nothhelfern, hat er eingekehrt, und weil dazumalen eine so große Hitz war, wie dann unser Herr Pfarrherr vor 8 Tagen um einen Regen nach unser Frauen Berg einen Kreuzgang verkündet, also hat dem guten Mann der Wein sobald geschadet, daß er unterwegs eine halbe Stund von hier, gleich bei der alten Ziegelhütte, wo vor diesem das Siechhaus gestanden, gestolpert und gefallen, und sein Kleid, welches er vor einem halben Jahr neu angelegt, und die Elle 18 Groschen gekostet, dermassen übel zugerichtet, daß er über und über voller Koth, wessenthalben ich, mein Gott, wer soll nit ungeduldig [223] werden? ich bin halt auch nit von Eisen, ich, sprich ich, so ungeduldig worden, daß ich ihm ziemlich hart zugeredet, und Gott verzeih mirs, einen alten Schelmen geheißen etc.

O mein Margareth, dieß ist erst Numero eins, auf solche Weise werdet ihr länger beichten, als Noe die Arche gebauet, ihr bringt die Sach vor, mit unnöthigen Umständen, und gar zu großen Weitläufigkeiten; die heilige Schrift sagt, daß der Noe habe einen Rausch gehabt, setzt aber nit, daß er aus einer Kandel, oder Krug, oder Pitschen, oder Angster habe getrunken. In der heiligen Schrift stehet, daß Kain seinen Bruder Abel habe zu todt geschlagen, setzt aber nit, daß er solches gethan mit einer Hacke, oder mit einem Ohrlöffel, oder mit einem eichenen Tremel. Die hl. Schrift zeugt, daß Zachäus auf einen wilden Feigenbaum gestiegen, setzt aber nit, daß er eine Leiter gehabt, oder einen Stuhl, oder sey ihm einer Bock gestanden: Denn alle dergleichen Umständ thun nichts zu der Sach, also mein liebe Margareth hättet ihr das Meiste aus diesen hergebrachten Worten können auslassen, gestalten es gleicher gewest einem leeren Geschwätz, als einer rechten Beicht, diese muß zwar ganz seyn, aber keine Gans seyn, will sagen nit mit unnothwendigem Geschwätz vermischt, massen der Beichtvater anstatt Gottes sitzt, dem alle Ehr und Gebühr geziemet.

Es wäre allhier noch viel zu schreiben von der Beicht, von der Reu und Leid, von dem steifen Vorhaben, sich zu bessern, von der Genugthuung oder Verrichtung der Buß, so alle als nothwendige Stuck zu[224] der Beicht, erfordert werden, weil aber von dieser Materie in vielen andern Büchern so häufig geschrieben wird, also beziehe ich den günstigen Leser dahin, und setze nur etwas Weniges noch hiezu, wer nämlich das Bad müsse austrinken.

Wanns um und um kommt, so büßt endlich der Beichtvater ein, entweder bei Gott oder bei den Menschen, muß also er das Bad austrinken. Beim Schwemmteich zu Jerusalem war ein armer und elender Tropf, welcher 38 Jahr daselbst ganz hülflos gelegen, diesen aber hat unser Herr frisch und gesund gemacht, anbei aber befohlen, er soll sein Bett auf die Achsel nehmen und fortgehen. Wie solches die nasenwitzigen Hebräer und vornehmsten, Synagoger wahrgenommen, die gleich dazumal am Sabbath auf- und abspazierten, und mit ihren Bloder-Krösen daher prangten, schnarchten sie alsobald über diese Sache, fragten den Menschen, der so gesund worden, wer derjenige so indiskrete Geselle seye, der ihm, erst von so langwieriger Krankheit ausgestandenen, eine so schwere Last auferlegt? »Quis est iste, qui dixit, tolle grabatum tuum.«

O wie oft laufen solche Klagen über den Beichtvater! der muß nit selten das Bad austrinken, da heißt es, dem Pfaffen beichte ich mein Lebtag nit mehr, er hat mir auferlegt, ich soll am nächsten Freitag in Wasser und Brod fasten, auf solche Weise hätte ich alle Monat Quatember, er hat mir für eine Buß geben, ich soll etliche Tag um meine bloße Lenden ein rauhes Cilicium tragen, wann auch meine Haut vom Pfundleder wäre, so könnte ich solche Roßseide [225] nit erleiden. Er hat mir gesagt, ich soll eine gute Disciplin machen, und den bloßen Rücken eine Viertelstund mit der Geisel abdreschen, der Teixel hol einen solchen Flügenwedel, ich laß solchen den Fuhrleuten über, die mögen damit einen hohlen Weg schnalzen. Er hat mir befohlen, ich soll eine gewisse Gesellschaft meiden, er meint gewiß, ich soll mich gar lassen in eine Pastete einschlagen. Er hat mir die Würfel verboten, auf solche Manier muß ich nur mit Fleisch die Zeit vertreiben, weil er mir die Beiner verbietet. Er hat mir auferlegt, ich soll mit gebogenen Knieen einen ganzen Psalter beten, wann das wäre, so müßte ich alle Wochen um neue Strümpf nach Hamburg schicken. Er hat mir geschafft, ich soll einen Gulden Allmosen unter die Armen austheilen, wanns so weit kommt, so werden die Bettler von fremden Sünden reich, quis iste, qui dixit, tolle grabatum tuum.

Es ist zwar den Beichtvätern die Diskretion bestens anständig, und soll bei ihm die Gütigkeit das Vorgewicht haben, auch allemal mit unserm Herrn und Heiland sprechen: »Misereor super turbam, mich erbarmen die Leut.« Aber höre ein wenig, du ungeduldiges Beichtkind, der Priester, als ein geistlicher Arzt, weiß die Pflaster schon zu machen nach Art der Wunden, daß er dir eine Disciplin oder Cilicium auferlegt, ist die Ursache, damit dein muthwilliger Leib in etwas gezähmt werde; daß er dir die Karten und Würfel verboten, ist darum geschehen, damit dir fein die Gelegenheit zum Fluchen und Gotteslästern genommen werde; daß er dir ein Fasten auferlegt, ist [226] die Ursache, damit er dir Fraß und Füllerei abgewöhne etc. Und dann so erwäge anbei, daß vor diesem für eine Todtsünde etliche Jahr hindurch eine große harte Buß hat müssen verrichtet werden, betrachte desgleichen, daß die göttliche Justitz nit so weich und blöde sey, ob sie schon die ewige Straf wegen der Beicht in eine zeitliche verwandelt, daß sie solche zeitliche Straf gleich mit 3 Vater unser und Ave Maria lasse bezahlen, sondern sie pflegt in jener Welt mit langwierigen und erschrecklichen Tormenten und Qualen in dem Fegfeuer zu reinigen. Welches aber gedünkt dich leichter, ein Pfund Blei zu tragen, oder einen ganzen Berg? eine halbe Stund leiden, oder viele Jahr leiden? einen einigen Tropfen Gall schlicken, oder ein ganzes Meer voll Gall austrinken? einen einzigen Funken lassen auf die Hand fallen, oder in einem feurigen Ofen sitzen? von einer Mücke gestochen, oder von brüllenden Löwen zerrissen werden? Welches scheint dir geringer zu seyn, wenig leiden und kurz leiden, als viel leiden und lang leiden? so ist dann ja besser, allhier von dem Beichtvater einig auferlegte Buß verrichten, als in jener Welt von teuflischen Larven gepeiniget werden.

O wie oft muß auch ein Beichtvater bei Gott selbst das Bad austrinken, und wird samt dem Beichtkind zum Teufel fahren! Wehe denselbigen Beichtvätern, welche großen Herren die Fuchsfedern streichen, und ihnen nichts getrauen zu sagen, ja mit ihrem Stillschweigen dero Laster und große Verbrechen gleichsam versiegeln und bestätigen. Ein Beichtvater soll von Rechtswegen seyn wie jene 4 Thier, so der Prophet [227] Ezechiel gesehen, diese waren: ein Adler, ein Mensch, ein Ochs und ein Löw. Ein Adler soll er seyn, das ist, hochgelehrt, scharfsichtig, wohlgestudirt, stattlich belesen, ein guter Kassist und kein Kasualist, ein unverständiger und ungelehrter Beichtvater, dessen Hirn beschaffen wie das Stroh, worin die Rachel ihre Götzen verborgen, stürzt sich und das Beichtkind in das ewige Verderben, und leider! haben solche einfältige Pfaußner, welche eine ganze Zeit, wie die Brodsitzer in ihrem hölzernen Kabinet, mehr Zulauf, als gute und hochverständige Männer. Ein Beichtvater muß auch seyn ein Mensch, das ist, er muß wissen ein Mitleid zu tragen mit dem Sünder, so viel es möglich ist, die Wunden heilen mit Pflastern, und nit mit Schneiden und Brennen, man trifft wohl einige Vilshofer an, welche so mit rauhen Worten gegen das Beichtkind verfahren, daß sie ihm alle Lust benehmen zu fernerem Beichten, und folgsam nit glimpflicher umgehen mit dem Beichtkind, als im alten Testament der Priester mit dem Opfer, dem er allemal die Haut über den Kopf herabgezogen. Ein Beichtvater muß auch seyn ein Ochs, das ist, das Joch seines Amts geduldig ziehen, keine Mühe und Arbeit sparen, dem Sünder zu helfen, und dafern das Beichtkind vorhero etwan das Gewissen nit recht erforschet, demselben mit etlichen Fragen an die Hand gehen. Ein Beichtvater muß seyn ein Adler, ein Mensch, ein Ochs und endlich auch ein Löw, das ist, er muß niemand fürchten, nit anschauen die Person und dero hohen Stand, sondern dero Verbrechen, er muß sich getrauen, auch gekrönten Häuptern die Wahrheit zu sagen, und solche [228] so gut, als der Nathan dem David unter die Nase reiben. Wann er nit also beschaffen, so muß er das Bad austrinken, und muß er Rechenschaft geben wegen der Seel, so seinetwegen zu Grund gegangen. Dergleichen wohlbekannt jene erschreckliche Geschicht, so im Paedagogo Christiano weitläufig beschrieben wird, da nämlich die Teufel den Beichtvater und das Beichtkind auf einmal hinweggeführt, um, weil das Beichtkind ein großer Wucherer gewesen, der Beichtvater aber allemal das Kreuz darüber gemacht, mit 2 Vater unser von sich geschickt, von solchem Laster nit abgemahnet, sondern noch dessen Tafel genossen, und also mehr Acht gehabt auf gute Bissen als auf ein gutes Gewissen. Darum soll man sehr behutsam seyn in Erwählung eines Beichtvaters, ja sogar, nach Einrathung des hl. Franzisci Salesii, soll man aus zehntausend den besten ausklauben. Ins Bad, ins Bad! aber auch zu einem guten Bader, die Beicht ist das Bad, ein Pater der Bader, viel Glück ins Bad!

Judas Iscarioth hatte den wahren allein seligmachenden Glauben
Judas Iscarioth hatte den wahren allein seligmachenden Glauben, aber die Werk stimmten mit dem Glauben nit zu.

In dem ganzen bittern Leiden Jesu Christi wird man finden, daß der sanfmüthigste Herr und Heiland nur wider 2 Personen habe klagt, benanntlich wider den Iscarioth und den Malchum, wider diesen, als er ihm einen so harten Backenstreich versetzt, [229] sagte und klagte er, hab ich übel oder unrecht geredet, so beweiß du mirs, hab ich recht geredet, warum schlägst du mich? Wider den Judam, als er ihn so meineidig den Feinden übergeben, sagte und klagte er, Judas verräthest du des Menschensohn mit einem Kuß? Sonst haben allerlei Standspersonen den Herrn Jesum verfolgt, und ihm viel Uebels angethan: Könige, Fürsten, Hohepriester, Edelleut, Doktores, Soldaten, Knecht, Dienstmägd, Weiber, Männer haben übel verfahren mit unserm Herrn, gleichwohl aber sich gegen Niemand beklagt. Nit wird man lesen, nit wird man finden, haß er sich einmal hätte verlauten lassen, warum habts mich gegeiselt? warum habts mich mit Dörnern gekrönet? warum habts mich an das Kreuz genagelt? warum habts mich mit Gall und Essig getränkt? Nichts dergleichen hörete man von dem Mund dieses sanftmüthigsten Lamm Gottes, als alleinig der Kuß des Iscarioths und der Backenstreich des Malchi seynd ihm hart ankommen, ob diesen hat ihm das Herz wehe gethan, und zwar darum, weil sich der Iscarioth äusserlich noch gestellt als ein Discipul, als ein Christ, als ein Freund, als ein Nachfolger, und doch in der That selbst zeigte er das Widerspiel, er glaubte gleich andern Aposteln an Jesum Christum, er wirkte gleich andern Aposteln Mirakel und Wunderwerk, er zeigte, gleich andern Aposteln, daß er Christo nachfolge, aber er war nur in dem Namen ein Nachfolger, in der That aber ein Verfolger, desgleichen seynd alle, so da Christen genennet werden, und nit christlich leben. Etsi multi se nominent Christianos, nomen usurpant, non [230] omnes mercedem habent. Juda accepit osculum, sed auditiv Juda! osculo filium hominis tradis? hoc est, amoris pignore scelus imples, et pariter instrumento odia seris, et charitatis officio mortem irrogas?

Wer bist du? Antwort: ein katholischer Christ, bist du ein solcher, so knie nieder, schlag die Händ zusammen, erhebe deine Augen gen Himmel, und lege Gott dem Allmächtigen soviel Dank ab, als da seynd Gräsl in den Feldern, Blätter in den Wäldern, Strahlen in der Sonne, Tröpflein in dem Brunnen etc. Höre nit auf zu danken dem allergütigsten Gott um diese große Gnad, dieß ist ein Schatz über alle Schätz, den da so viel Millionen der Menschen nit gehabt haben, als welche Stein und Pein, Katzen und Ratzen, Luchs und Fuchs, sogar den Teufel vor einen Gott angebeten. Die Chaldäer haben als einen Gott verehret den Urchasdim, die Heveer den Tartack, die Babylonier den Suchot, die Chutäer den Nergal, die Ammoniter den Moloch, die Persier den Esch, die Philistäer den Dagon, die Ammorhäer den Chemosch, die Egyptier den Baalzephon, die Moabiter den Belphegor, die Sidonier den Astaroth, die Deutschen das Götzenbild Fortunä, die Sachsen den Flins, die Westphälinger den Mesborg, die Moscoviter den Perun etc. Wann dann du zu dieser Zeit hättest gelebt, so wärest du gleich andern in solchem Irrthum gelegen, den Teufel vor deinen Gott gehalten, und folgsam sein Himmelreich geerbet.

Ich wollte wünschen, daß du könntest mit dem heil. Benedikto in einem Augenblick sehen die ganze [231] runde Welt, so würdest du wahrnehmen, daß fast alles verblendt, und den wahren seligmachenden Gott nit recht erkennt, das Wenige, was mit dem rechten göttlichen Glauben erleucht, ist gegen demjenigen, so Götzen und Teufel anbeten, fast wie ein Scheer-Haufen gegen den großen Berg Olympo, wie ein Bach gegen das Meer, wie ein Lustgärtel gegen den großen Schwarzwald. Das heißt ja 8 Personen in der Arche, die übrige Welt alles zu Grund, das heißt ja ein kleines Hausgesind des Loth salvirt, die übrigen 5 großen Städt in Asche; das heißt zwei in das gelobte Land kommen, und die übrigen so viel hundert tausend heraus bleiben. Der größte Theil der Welt ist Afrika, in diesem stehen gleichsam noch andere kleine Welten, als da ist groß Mauritania, groß Cäsarea, groß Cyrene, groß Lybia, Mareotika und Aethiopia etc. In allen, bei allen, unter allen diesen so viel Millionen und Millionen der Menschen wirst du keinen, oder gar wenig finden, die die Knie biegen vor dem wahren Gott, so sie erschaffen, wohl aber vor Teufel und Götzenbilder. In der Landschaft Obdoria, bei dem Fluß Obbi, wird auf den heutigen Tag von vielen Ländern vor einen Gott gehalten eine steinerne Bildnuß, so ein uraltes schändliches und gefaltetes Weib repräsentirt, und bei den Moscovitern, so daselbst angränzen, Zelotababa genennet wird. Ein einziger Staat Marokko zählet 26000 große Behausungen, und darin über 100000 Familien, doch alle diese wissen nichts um den wahren Gott. In dem einzigen Königreich China werden in die fünfzig Millionen der Seelen gefunden, doch alle beraubt des [232] wahren Glaubens etc. Die Residenz-Stadt des Cham ist Quinzai, hält in ihrem Umkreis in die hundert welsche Meil, deren fünf eine deutsche machen, darin leben in die 10 Millionen der Seelen, aber alle Heiden, und folgsam Vasallen des Teufels. So mans recht will betrachten, so gehet nit ein Augenblick vorbei, daß nit der gerechte Gott in die 50 bis 60 tausend Seelen in den Abgrund der Hölle stürzet. In Soria haben die Leut, und erkennen die Leut keinen andern Gott, als einen schwarzen Hund, welcher bei der Tafel allemal das erste Ort hat. In dem Königreiche Samorino wird für einen Gott gehalten ein alter Büffel-Ochs, der ein silbernes Glöckel am Hals trägt, auch allenthalben seine freie Weid hat, ja sie schätzen sich absonderlich glückselig, wann dieser vierfüßige Gott ihre Aecker und Gärten betritt. In dem orientalischen Indien leben einige Völker, Brachmanner genannt, welche vor allen andern die Küh verehren, sogar waschen sie s. v. mit dero Wasser ihre Angesichter, und halten es so hoch, als wär dieser Syrup vom Himmel kommen. Wann sie nahend bei dem Tod seynd und bereits in die Züge greifen, sodann schätzen sie sich sonderlich glückselig, so sie einen Kühschweif in den Händen halten. Alle, alle, alle diese als Heiden, seynd Kinder des Verderbens, und ist wohl zu glauben, daß nit so viel Blätter in der ganzen Welt zur Frühlings-Zeit in einem Jahr auf den Bäumen stehen, als dergleichen Götzen-Anbeter schon in den höllischen Abgrund gestürzt worden.

Neben diesen ist in keine Zahl zu bringen die Menge derjenigen, so zwar in etwas den wahren Gott[233] erkennt, aber anbei durch andere Irrthum und Ketzerei verblendt worden. Wie viel Millionen, Millionen, Millionen seynd zu Grund gangen, und gehen noch zu Grund der Thebutianer, der Kleobianer der Dositheaner, der Gortheaner, der Simonianer, der Cerinthianer, der Meandrianer, der Saturnianer, der Basilidianer, der Karpokratianer, der Kerdonianer, der Valentinianer, der Sekundianer, der Kolorbosianer, der Tatianer, der Severianer, der Alogianer, der Quintilianer, der Theodotianer, der Porphirianer, der Novatianer, der Agrippianer, der Nöezianer, der Sabellianer, der Meletianer, der Arrianer, der Koluthianer, der Aerianer, der Kosmianer, der Assurianer, der Eunomianer, der Aetianer, der Luciferaner, der Massalianer, der Euphigianer, der Hermianer, der Vadianer, der Sabbatianer, der Pelagianer, der Cälestianer, der Nestorianer, der Euthichianer, der Dioscorianer, der Kamperianer, der Servetianer, der Zwinglianer, der Lutheraner etc. lauter Ketzer etc. O was Zahl fast ohne Zahl ist dem Satan ewig zu Theil worden, und noch zu Theil wird der Ebioniten, der Ptolemäiten, der Marciten, der Enkratiten, der Aschodrogiten, der Tesserescädekatiten, der Mentangismoniten, der Elchesaiten, der Hierarchiten, der Brachiten, der Proklianiten, der Antidikomorianiten, der Abeloniten, der Maroniten, der Tetraditen, der Kontobalditen, der Kanoniten, der Jakobiten, der Aphthartodociten, der Monophisiten, der Angeliten, der Hussiten, der Nikolaiten, der Thaboriten etc. lauter Ketzer etc.

O wie viel und viel, und Millionen viel seynd schon zum Teufel gefahren, und fahren nach der Marionisten, [234] der Lucianisten, der Bardehanisten, der Montanisten, der Tertullianisten, der Chataristen, der Apollinaristen, der Sophisten, der Donatisten, der Quintinisten, der Deisten, der Machometisten, der Parmenianisten, der Anabaptisten, der Machiavellisten, der Formalisten, der Anglopapisten, der Branisten, der Biblisten, der Kalvinisten, der Adiaphoristen, der Majoristen, der Autadiaphoristen, der Metamorphisten, der Tropisten, der Polygamisten, der Konfessionisten, der Buceristen, der Interimisten etc. lauter Ketzer etc., welche alle insgesamt wie jener apokalyptische Drach, das mit der Sonne bekleidte Weib, benanntlich die römische allein seligmachende Kirche, verfolget. Das erste hunderte Jahr die Ebioniten. Das andere hunderte Jahr die Marcionisten. Das dritte hunderte Jahr die Novatianer. Das vierte hunderte Jahr die Arrianer. Das fünfte hunderte Jahr die Pelagianer. Das sechste hunderte Jahr die Originisten. Das siebente hunderte Jahr die Severiten. Das achte hunderte Jahr die Fälicianer. Das neunte hunderte Jahr die Balbisten. Das zehnte hunderte Jahr die Anthropomorphisten. Das eilfte hunderte Jahr die Berengarianer. Das zwölfte hunderte Jahr die Kajaner. Das dreizehnte hunderte Jahr die Waldenser. Das vierzehnte hunderte Jahr die Wicleffiten. Das fünfzehnte hunderte Jahr die Hussiten, Adamiten, Zwinglianer, Lutheraner etc. Das sechszehnte hunderte Jahr allerlei Ketzerbrut, und unlängst die Molinisten, aber die Kirche, so auf den festen Felsen gegründet, hat alle diese anstoßenden Wellen sieghaft überwunden.

Wer bist du? Antwort: ich bin ein katholischer Christ; bist du ein solcher, so schlag vor Freuden deine Händ zusammen, laß vor Freuden die Augen in Thränen [235] schwimmen, laß vor Freuden das Herz aufhupfen, in Erwägung, daß der gütigste Gott aus so viel tausend Millionen Seelen, welche das wahre Licht nicht gehabt, noch haben, dich, ohne deine Verdienste, aus purer lauter Güte und Gnade zu dem wahren allein seligmachenden Glauben hat auserkoren. Dieser dein Glaub ist der rechte, weilen solchen anfangs nit große Majestäten, nit durchläuchtigste Fürsten und Herrn, nit hocherleuchte und ansehnliche schriftgelehrte Männer, sondern gemeine, arme und einfältige Fischer haben allenthalben ausgebreitet und der Welt kundbar gemacht, daß auch gekrönte Häupter solcher Lehr sich unterworfen, welches nit ohne sondere Allmacht Gottes hat können geschehen. Dieser dein Glaub ist der rechte, diesen hat Petrus gepredigt und gelehrt in Judäa, in Antiochia, in Italia. Paulus fast allenthalben, Andreas in Achaia, Jakobus in Spanien, Joannes in Griechenland, Philippus in Scythia, Bartholomäus in Lycaonia, Thomas in Parthia und Indien, Matthäus in Macedonia, Jakobus Alphäi zu Jerusalem, Judas Thadäus in Mesopotamia, Eucharius zu Trier, Maternus zu Köln, Arbogastus im Elsaß, Crescenz zu Mainz, Bonifazius in Schwaben, Amandus zu Worms, Udalrikus zu Augsburg, Wilibaldus zu Eichstädt, Otto zu Bamberg, Rupertus in Bayern, Corbinianus zu Freising, Maximilianus in Steyer und Kärnten, Cyrillus in Mähren, Severinus in Oesterreich, und haben doch durch sonderliche göttliche Beihilf also zusammen gestimmt diese großen heiligen Männer in ihrer Lehr, daß einer geredet und geprediget, was der andere. Dieser dein Glaub ist der[236] rechte, weilen ihn so viel auserwählte Diener Gottes mit großen Wunderwerken bestätiget. Damit der heil. Popo den Dänemarkern zeige, daß der christliche katholische Glaube der einig seligmachende seye, hat er ein Kleid mit Wachs und Pech überzogen angelegt, darmit im Feuer gestanden, bis alles dasselbige zu Aschen verbronnen, er aber unverletzt geblieben. Damit der heilige Severinus den Deutschen zeige, deren dazumal noch viel die Götzen angebetet, daß der christliche katholische Glaube der rechte seye, hat er durch eifriges Gebet so viel bei Gott gerichtet, daß alle Kerzen, so die Katholischen in Händen gehalten, urplötzlich seynd angezündet worden, der Ungläubigen aber ihre Kerzen gar nit. Damit der heilige Dominikus zeige den Albigensern, daß der christliche katholische Glaube allein der rechte seye, hat er mit Gutheißung des gesamten Volks beederseits Glaubens-Artikul auf das Papier gesetzt, selbige nachmals in einen angezündeten Scheiterhaufen geworfen, so seynd alsobalden der Ketzer ihre Lehrpunkte im Rauch aufgangen, der Katholischen aber dreimalen nacheinander aus dem Feuer ohne Verletzung in die Höhe geflogen.

Damit Joannes Trarersius, ein gelehrter Theolog, zeige, daß der christliche katholische Glaube der allein seligmachende seye, hat er mit stattlichen Schriften die Autorität des päpstlichen Stuhls defendirt, als er auch derenthalben angeklagt worden, hat er die drei Finger, wormit er besagte Schriften verfaßt, in die Höhe gehebt, sprechend, es reue ihn gar nit, daß er mit diesen des Papstes Gewalt habe bestätiget.

Da ihm nun das Leben von dem Scharfrichter genommen, [237] die Hand aber ins Feuer geworfen worden, ist zwar alles zu Aschen gangen, außer der drei Finger, mit denen man die Feder hält, diese konnten auf keine Weise vom Feuer verzehret werden.

Damit Gott zeige, daß der christliche katholische Glaube der allein seligmachende seye, also hat sich zugetragen, daß in der großen Tartarei in der Hauptstadt Baldach. Alchalifus, welcher bei ihnen soviel als bei uns der Papst, allen daselbst befindenden Christen anbefohlen, weilen er in ihrem Evangelio gelesen, daß wer nur einen Glauben habe, wie ein Senfkörnlein, könne einen großen Berg von einem Ort zum andern überschaffen, daß sie entweder solches Wunder sollen wirken, und zwar innerhalb 15 Tagen, oder aber alle den sarazenischen Glauben annehmen. Das kleine arme Christenhäuflein wurde hierüber nit ein wenig bestürzt, weil sie aber durch eifriges Gebet die Sach Gott dem Herrn bestens anbefohlen, als ist ein Engel dem Bischof oder ihrem geistlichen Vorsteher erschienen, ihm anbefohlen, daß er einem einäugigen Schuster oder Schuhmacher solle befehlen, das Miracul mit dem Berg zu wirken. Wie nun erstbesagter armer christlicher Handwerksmann eine ziemliche Zeit in dem andächtigen Gebet verharret, so ist geschehen, daß der große und der Stadt nahe angränzende Berg von freien Stucken sein voriges Ort verlassen, und sich anderwärts wohin begeben, worvon geschehen, daß sehr viel Sarazener den christlichen Namen angenommen.

Daß dieses der rechte und allein seligmachende Glaube seye, haben es bishero die großen Wunderwerke von Anfang der aufgerichten katholischen Kirche [238] bekräftiget. Große Wunder in dem ersten Säculo, oder ersten hunderten Jahr, da nemlich die heiligen Apostel sogar mit ihrem Schatten den Kranken die Gesundheit und den Todten das Leben ertheilt. Große Wunder in dem andern Säculo, wie die christlichen Soldaten, unter dem Kriegsheer Marci Aurelii, den wie Glockenspeis erharten Himmel erweichet, daß er einen gewünschten Regen gespendirt, in die Feind aber lauter Donnerkeul geworfen hat. Große Wunder in dem dritten Säculo, wie Gregorius Thaumaturgus mit einem Wort einen großen Berg von seinem alten Platz hinweggeschafft. Große Wunder im vierten Säculo, wie Antonius, Hilarion, Nicolaus, Martinus, als heilige Männer, sehr viel Todte zum Leben erweckt. Große Wunder, im fünften Säculo, welche da gewirkt haben die Reliquien St. Stephani, wovon sehr stattlich geschrieben der heil. Vater Augustinus. Große Wunder durch alle andere Säcula bis auf diese unsere Zeiten, welche gewirkt haben so viel hl. Diener und Dienerinnen Gottes, deren bloße Namen ein ganzes großes Buch nit faßt.

Eine seltsame Geschicht von einer Meerkatz wird glaubwürdig erzählt von Cornelio Hazard in seinen mogorischen Kirchen-Historien, und zwar folgenden Lauts: Ein Bürger zu Bengala hatte eine dermassen schlaue und arglistige Meerkatz, daß das gemeine Heidenvolk in ihr etwas Göttliches verborgen zu seyn vermeinte. Dieses Thier wurde dem König höchst gepriesen, und nachmals beigebracht; der König zog den Ring von seinem Finger, und verbarg denselben in Abwesenheit der Meerkatz in die Schooß eines Kinds, [239] so unter 11 andern allda spielte: hernach ließ er die Katz herein bringen, und fragte, wer seinen Ring hätte? Das arge Thier lief ungesäumt zu dem Kind, nahm den Ring, wo er verborgen lag, und reichte selben dem König. Das folgende aber ist noch seltsamer. Der König befahl seinen Brachmännern die Namen der zwölf Gesetzgeber, als Moses, Machomet etc. und letztlich auch Christi, jeden auf einen Zettel schriftlich aufzusetzen, diese Zettel warf er in ein Säcklein zusammen, und mengte sie wohl untereinander. Demnach gebot er der Meerkatz allein desjenigen Namen, dessen Gesetz das beste und heilsamste wäre, heraus zu ziehen. Das listige Thier griff gleich am ersten nach dem Namen Christi, und wies ihn öffentlich allen, die zugegen waren. Dem König fiel ein Argwohn ein, als liege ein Betrug unter der Decken, solchen dann abzulehnen, gebot er die obbenennte Namen abermal, jedoch mit den Buchstaben, so allein zu Hof gebräuchig, zu schreiben, und befahl der Meerkatze noch einmal zu rathen, sie ergriff wiederum den obbenannten Namen Christi. Einer aus dem Adel gedachte der vermeinten Arglist mit Gegenlist zu begegnen, warf die Namen zum drittenmal in das Säcklein, Christi ausgenommen, den er heimlich bei sich verborgen hielt, und befahl dem Thier, das vorige zu thun. Sie warf eine Zeitlang die Namen untereinander, wollte aber keinen herausnehmen; als ihr nun der König mit scharfen Worten drohete, ergrimmet sie, zerriß alle Zettel in Stücken, fiel obbenennten Edelmann an und zog den Namen Christus [240] aus seiner Hand, darinnen er verborgen lag. Selymus mit seinem ganzen Hofstaat über 3000 Menschen, so zugegen waren, entsetzten sich billig mit Verwunderung ob einer so ungewöhnlichen Sach. Es ist gar nit zu zweifeln, daß Gott nit solches habe absonderlich geordnet, zumalen ihm alle Geschöpf den Gehorsam leisten, damit hierdurch der christliche Glaube desto mehr bestätiget wurde.

Dein Glaub ist der rechte, ist der allein seligmachende, weil nit allein so viel heil. Doktores mit der Feder denselbigen geschützet, nit allein so viel Proheten denselben vorgedeutet, nit allein so viel heil. Beichtiger mit großen Mirakuln denselben bestätigt, sondern so viel heil. Martyrer, deren in die eilf Millionen gezählt werden, mit ihrem Blut denselben unterschrieben. Es ist kein Stand nit, welcher nit um des christlichen Glaubens willen gern und urbietig alle Pein und Marter, und endlich den Tod ausgestanden. Willst Soldaten? in Armenia seynd allein 10000 um dieses Glaubens willen gekreuziget worden. WillstMedicos? der heil Panthaleon ist um Christi willen gemartert worden. Willst Rathsherren? neben andern ist Apollonius. Willst Edelleut? neben andern ist Mauritius. Willst Fürsten? neben andern ist Gallikanus. Willst Herzoge? neben andern ist Hermenegildus. Willst königliche Prinzessinnen? neben andern ist Dimpna, eine Tochter des Königs in Irland. Willst Könige? neben andern ist Olaus in Norwegen. Willst Kaiserinnen? eine solche ist Serena, Diokletiani Frau Gemahlin. Willst Bischöf? deren ist fast keine Zahl. Willst römische Päpst? deren [241] seynd sieben und zwanzig, wwelche alle um Christi Glaubens willen die bittersten Tod ausgestanden. Was ist zarter als Kinder? und dannoch Anno 1576 ein spanischer Knab mit 12 Jahrern hat ihm nach und nach Händ und Füß, Nase und Ohren, ja den ganzen Leib zu kleinen Stücken lassen zerfetzen, als daß er dem Glauben Christi hätte abgesagt. Zu Arimä in Japonia ein Knab mit 11 Jahren, ist um Christi willen ganz frohlocken zum Tod gangen, und sich lassen lebendig verbrennen. Andere Kinder mit 4 und 5 und 6 und 7 und 8 und 9 Jahren haben sich nit gescheut, um Christi willen zu sterben, ja freiwillig und ungezwungen in das Feuer geloffen, und in dem Lob des süßesten Namens Jesu zu Asche verbrennet worden. Was ist gebrechlicher als das betagte Alter? und dannoch unter dem Diokletiano der heil. Priester Dorotheus mit 77 Jahren, und dannoch der heil. Soldat Lusignius mit 110 Jahren, und dannoch der heil. Bischof Simeon zu Jerusalem, ein Sohn Kleophä, mit 120 Jahren unter dem Tyrannen Trajano seynd ganz freudenvoll zum Tod gangen. Was ist schwächer als das weibliche Geschlecht? und gleichwohl zu Nikomedia die heil Basilissa. mit 9 Jahren, und gleichwohl zu Emeritä in Spanien die heil. Eulalia mit 12 Jahren, und gleichwohl 11000 Jungfrauen in der Ursulä-Gesellschaft haben urbietig den schmerzlichen Tod ausgestanden um Christi willen. Wann dieß Blut nit genug, einem manchen verstockten Herzen diesen unsern allein seligmachenden Glauben einzurathen, so bewege ihn die schneeweiße Milch, welche da anstatt des Bluts gefloßen, aus Paulo [242] dem Apostel zu Rom, aus Achatio zu Mileti, aus Blasio zu Sebaste, aus Bonifacio, Eupsichio, Aemiliano, Sekundinna, Martina, Katharina und vielen andern Martyrern etc. Wann dieß nit genug ist, so laß er sich doch von solchen überreden, die ohne Zunge geredet haben, dem heil. Eusebio, dem heil. Bischof und Martyrer Leodegario, dem heil. Florentino, dem heil. Hilario, dem heil. Placido, dem heil. Permenio, dem heil. Quirino, dem heil. Potito, der heil. Christina, lauter heiligen Martyrern seynd die Zungen wurz aus dem Rachen gerissen worden, und doch ohne dieselbigen haben sie Gott gelobet, Gott gebenedeiet, und den allein seligmachenden Glauben Jesu Christi geprediget.

Wer bist du? Antwort: Ich bin ein katholischer Christ, bist du ein solcher, so höre nit auf Gott zu danken Tag und Nacht, früh und spat, um diese großmächtige Gnad, dann wisse wohl, daß dieser Glaub eine Grundfest seye aller Tugenden, eine Wurzel der Unsterblichkeit, ein Anfang und ein Ausgang des Heils, ein Schatz der Verdienste, eine Schul der evangelischen Wahrheit, ein Schild der katholischen Kirche, ein Riegel unsers Lebens, ein Glanz unsers Verstands, ein Sieg unsers Streits, ein Triumph aller Sekten, eine Pein der Tyrannen, ein Brunn der Wunderwerk, eine Spende der Gnaden, eine Geisel der Teufel, eine Pforte der Vollkommenheit, eine Straße der Seligkeit. Aber wisse beinebens, daß der Glaub bei den Erwachsenen muß nothwendig auch haben die Gesellschaft der guten Werk, sonst ist der [243] Glaub ohne gute Werk kein Glaub, sondern ein Raub, dann er dir mehr nimmt als gibt.

Allezeit hat sich unser lieber Herr, da er auf Erden wandelte, sanftmüthig und gütig erzeigt, ausser damalen, wie er den Feigenbaum in Mitte des Felds vermaledeit. Auch ein Block könnte hierinfalls dieses Baumes einen Advokaten abgeben, und wäre gewiß kein hölzernes Argument, wann er sagen thäte, warum Herr? warum machest du ein so saures Gesicht gegen den süßen Feigenbaum, und verfährst so hart mit diesem Schwager des Zuckers? entweder ist er schuldig oder nit schuldig, ist er nit schuldig, wessenthalben züchtigst du ihn mit so erschrecklicher Malediktion? ist er aber schuldig? warum strafest du ihn und nit andere auch? dann auf diesem Feld stehen auch andere Bäume, Aepfel-, Birn-, Zwetschgen-Bäume, die gleichmäßig keine Frucht tragen, massen es zur Frühlingszeit. Diese Excusa hatte auch der arme Feigenkramer. Non enim erat tempus sicorum. Gewiß ist es, daß hierinfalls ein andere Geheimnuß und Bedeutung verborgen, gestalten der vernunftlose Baum nit fähig einer Malediktion. Der hl. Chrysostomus spricht, man soll wohl in Acht nehmen, was der Feigenbaum für Blätter habe, da wird man sehen, daß ein Feigenblatt fünf abgetheilte Eck oder Ausschuß habe, und also nit ungleich einer Menschenhand, wegen der 5 Finger. Indem nun dieser grüne Gesell so viel Händ dahergezeiget, aber nirgends keine Frucht, hat der Herr einen billigen Zorn über ihn gefaßt, zumal er ein Sinnbild eines Menschen, der zwar den rechten Glauben hat, aber beinebens keine Frucht der [244] guten Werke. Der Glaub ohne die guten Werke ist todt und aller Verdienste beraubt, ist auch ganz allein nit genug zur Seligkeit, dann am jüngsten Tag wird der göttliche Richter viele verdammte Christen anreden: gehet hin ins ewige Feuer, nit, weil ihr nit geglaubt, sondern ich bin hungerig gewesen, und ihr habt mich nit gespeiset, ich bin nackend gewesen, und ihr habt mich nit bekleidet etc. Woraus sattsam abzunehmen, daß der Glaub ohne die guten Werk nichts helfe.

Eine wunderliche Geschichte wird in göttlicher Schrift registrirt, daß nämlich die Galatiter mit den Euphrateern unweit des Fluß Jordans eine blutige Feldschlacht gehabt, worinnen die Letzteren das Letzte gezogen, und folgsam den Hasentanz genommen. Weil nun die Galatiter als galante Ritter dem flüchtigen Feind wollten den Paß verstellen, also haben sie sich geruckt in aller Eil an den engen Weg, wo besagte Euphrateer mußten nothhalber durchpassiren. Weil aber die finstere Nacht dazumal eingefallen, und man nit konnte erkennen, wer Freund oder Feind, zumal sehr viel Galatiter auch dahin marschirten, also hat die starke Schildwache allezeit geschrieen, wer da? gut Freund, sagt ein jeder, bist du gut Freund, so sag: Shiboleth. Nun ist zu wissen, daß die Euphrateer solches Wort weit anderst wegen ihrer besondern Sprach ausgesprochen, als die Galatiter, wie man dann auch einen Krainer von einem Deutschen kann unterscheiden, wann man ihm auferlegt, sie sollen aussprechen das Wörtlein Himmel, sodann wird der Deutsche rauh aussprechen: Himmel, der Krainer aber wird nit anderst sagen als Immel.

[245] Gleichergestalten war es dazumal mit dem Wort Shiboleth. Wann auch einer kommen, und dieses Wort manierlich und subtil ausgesprochen, sodann hats geheißen, passire, denn man kennte ihn schon, daß er ein Galatiter seye. Hat sich aber einer gefunden, der dieses Wort rauh ausgesagt, der ist alsobald niedergehauen worden. Das meiste aber ist hierin zu beobachten, daß gedachtes Wort auf Galatiterisch ausgesprochen heißt: eine volle Kornähre, auf Euphrateisch aber eine leere Kornähre.

Willst du nun frei durchpassiren in das obere Vaterland, willst du dem Schwert der göttlichen Gerechtigkeit entfliehen, willst vor Gott erscheinen als ein Galatiter, oder galanter Christ, so ist vonnöthen, daß du aufziehest mit einer vollen Kornähre, das ist, mit dem rechten allein seliginachenden Glauben, wobei auch seynd die Früchte der guten Werke. Ein Glaube ohne diese ist eine leere Kornähre, ein Glaube ohne diese ist eine elisäische Hacke ohne Stiel, ein Glaube ohne diese ist der thörichten Jungfrauen Lampen ohne Oel, ein Glaube ohne diese ist eine Rachel ohne Kinder, ein Glaube ohne diese ist ein Samson ohne Haarlocken, ein Glaube ohne diese ist eine Josephische Cistern ohne Wasser. Ein Glaube ohne diese ist ein Lazarus ohne Leben. Ein Glaube ohne diese ist ein Cainisches Opfer ohne Wohlgefallen. Einen Glauben ohne gute Werk hat Judas Iscarioth gehabt, und findet man noch unzählbare seines Gleichen.

Unter dem König Senacherib hat in einer Nacht ein Engel aus göttlichem Befehl ein Kriegsheer von 185000 Mann zu Grund gerichtet, daß nit einer [246] von so großer Anzahl übergeblieben. Wie nun der Tag angebrochen, so ist ein Aviso über die andere kommen zu dem hebräischen Volk, so auch in Waffen daselbst gestanden, daß nämlich die Assyrier als ihre Feind mit der ganzen Armee in völliger Schlachtordnung stehen, ja die nächsten Schildwachen haben Bericht gegeben, daß nit allein die ganze Armee in Battalia stehe, sondern anbei so still wie ein Mäusel, daß man nit wisse, was sie hierdurch wollen suchen. Die Hebräer waren nit wenig kleinmüthig, massen ein jeder ihm geforchten, es möchte heut seinen Balg gelten, ruckten gleichwohl aber näher an den Feind, konnten sich doch nit gnugsam verwundern, daß aus so großer Armee nit ein Mensch sich rühre, nit ein Pferd sich bewege, nit eine Trompete erschalle. Endlich ein ganzer Trupp der besten Soldaten aus den Israeliten wagten sich an den Feind, sahen zwar, daß derselbe stehe in bester Kriegsordnung, und bestehe in fester bewaffneter Mannschaft; gleichwohl uneracht dieß fallen sie mit unerschrocknem Heldenmuth den Feind an, mit bloßem Degen und Lanzen: Siehe aber Wunder! auf den bloßen Stoß der Lanzen seynd diese als lauter Asche zu Boden gefallen, sie scheinten, als wären sie die bravsten Soldaten, als hätten sie das natürliche Leben, sobald man sie aber nur mit dem Finger angerührt, so ist alles zu Boden gefallen, und hat man wahrgenommen, daß unter dem Harnisch nichts als Pulver und Asche.

O wieviel, wieviel seynd Christen anzutreffen! die zwar, dem äußerlichen Schein nach, werden angesehen vor Soldaten Christi, die unter dem Standart [247] des Kreuzes militiren, sie werden Christen genennet, sie bekennen, daß sie Christen seyen, sie wollen nit anders als katholische Christen titulirt werden, aber leider seynd sie beschaffen wie die Soldaten unter dem Kriegs-Heer Senacherib. dem Schein nach, dem Namen nach seynd sie Christen, aber inwendig unter dem glänzenden Harnisch des Glaubens seynd sie todt, ohne Werk und Wirkung.

Du ein Christ? Christus hat allen Reichthum veracht, in freiwilliger Armuth gelebet, auch geprediget, daß eher ein Kameel durch ein Nadelloch gehe, als ein Reicher in Himmel, du aber hangest dich an das Interesse, wie der Fisch Polipus an die Steine, und bist lieber goldselig, als gottselig.

Du ein Christ? Christus hat alle Kleiderpracht dergestalten verworfen, daß er selbst nichts anderst getragen, als ein schlechtes Kleid von Woll, ja seinen Unterrock hat ihm gestrickt die seligste Mutter Maria, da er im fünften Jahr gewesen, welcher allzeit mit ihm hernach gewachsen, und nach Aussag Masselli die Farb verändert, wie es die Festtäg erfordert. Du aber verhüllest deinen Madensack mit lauter Sammet und Seiden, und müssen fast alle Seiden-Würm zu deiner Kothbutte kontribuiren.

Du ein Christ? Christus ist also mäßig gewesen in Speis und Trank, daß er niemalen ein Fleisch genossen, ausser des Osterlamms, dir aber ist ein jeder Fasttag ein Lasttag, ja dein Bauch muß immerzu also angefüllt seyn, wie die großen Krüg zu Kana Galiläa,usque ad Summum.

Du ein Christ? Christus hat die ganze Zeit, [248] da er auf Erden wandelte, nichts anderst gethan, als dem Nächsten geholfen, alle seine Thaten waren Gutthaten, du aber bist dem reichen Prasser so gleich, wie ein Stockfisch dem Lamperdon, es mag dem Lazaro vor der Thür gehen, wie ihm wolle.

Du ein Christ? Christus hat nit allein seinen Feinden verziehen, sondern sogar die ihm angethauen Uebelthaten mit Gutthaten erwiedert, wie es sattsam bei dem Malcho zu sehen war, ja er hat noch vor seinem bittern Tod auf dem Kreuz für seine Feinde gebeten. Du aber kannst die allergeringste Unbild nit verkochen, und muß auf alle erdenkliche Weise die Rach gesucht werden.

Du ein Christ? Christus hat sich dergestalten gedemüthiget, daß er auch sich vor den Aposteln niedergeworfen, und dero Füß gewaschen, du aber willst immerzu in der Höhe schwimmen, wie das Pantoffel-Holz, und ist dir nichts mehr zuwider, als das Nieder, und ist die Alteza ein altes Wesen bei dir.

Du ein Christ? Christus hat mehr gelitten als alle Kreaturen auf Erden, und hat sein Leiden schon den Anfang genommen in dem gebenedeiten Leib seiner Mutter, massen er alle Freitag schon diejenigen Schmerzen gelitten, die er ausgestanden an dem bittern Kreuzstamm, und du bist so heiklich, daß dir auch ein subtiler Stachel eine Pein dünkt, die Lanze Longini zu seyn.

Du ein Christ? Christus hat schon mit sechs Jahren die halbe Nacht im eifrigen Gebet zugebracht, und diese heilige Gewohnheit gehalten bis in seinen bittern Tod, du aber glaubest, du habest schon ein [249] großes Loch in den Himmel gebissen, wenn du alle Tag ein halbes Dutzend Vaterunser in Gesellschaft allerlei Gedanken in die Luft blasest.

Du ein Christ? Christus hat alle Ehr geflohen, sogar wie ihn das Volk wegen des großen gewirkten Wunderwerks wollte zu einem König erwählen, hat er sich alsobalden aus dem Weg gemacht. Wie sie ober seiner auf dem Kreuz den Titul geschrieben: Jesus ein König der Juden, da hat er den Kopf geneigt, als wollte er gar nichts wissen um diese Ehr, du aber hast keine größere Sucht an dir, als die Ehrsucht, wanns möglich wäre, so thätest du mit den Storchen auf dem hohen Thurm kompetiren. So reißen sich die Lappen um die Kappen.

Du ein Christ? Christus war je und allemal ein Liebhaber des Friedens, dessentwegen er hat wollen geboren werden zur Zeit, da ein allgemeiner Friede auf der ganzen Welt gewesen, ja die ersten Muteten, und anstatt das Eya pupeya haben die Engel gesungen: Ehr sey Gott in der Höhe, und den Menschen Fried auf Erden. Du aber zählest lieber zwei als eines, bist öfter zu Penzing als Friedberg, hast mehr Krüg als Kandel, bist öfter ein Hadrian als ein Friederich.

Du ein Christ? Christus ist die Reinigkeit selber gewesen, dahero er nit anderst, als aus einer reinesten Jungfrau hat wollen geboren werden, ja ihm seynd von seinen so häufigen Feinden allerlei Laster, doch mit Unwarheit, vorgeworfen worden, sogar haben sie ihn einen Zauberer und Teufelskünstler geheißen, so hat er dennoch nit zugelassen, daß in Materia der Keuschheit das mindeste ungereimte Wort [250] wäre gehört worden. Du aber böcklest dergestalten, daß auch aller Hexen ordinari Klepper nit ärger stinkt, und so man dir die Planeten lesen sollte, so müßte man von der Venus anfangen.

Du ein Christ? Du bist ein Christ, wie die Büchsen in der Apotheke, auf welchen zwar auswendig ein schöner mit Gold geschriebener Titul, inwendig aber gar oft nichts zu finden, als ein geschimmelter Brocken von einer verdorbenen Hollersalzen. Du bist ein Christ, wie die Sessel bei großen Herren, so von außen mit Sammet und Gold überzogen, von innen aber nichts als ein stinkendes Roßhaar. Du bist ein Christ, wie ein schöner Wald, so wegen seiner äußerlichen schönen Grüne fast alle Augen an sich ziehet, inwendig aber hält er in seiner Schooß nichts anderst als Bestien und andere schädliche Thier. Du bist ein Christ mit dem äußerlichen Namen, nit aber in der That.

Du ein Christ? Christus hat niemal was anders geredet, als die Wahrheit, wessenthalben er auch also bei den Rabbinern verfolgt worden: Du aber steckest so voller s.v. Lügen, daß, wenn eine jede ein Ziegelstein wäre, man gar wohl ein höheres Gebäu könnte führen, als da gewest der Thurm zu Babylon, ohneracht derselbe 5174 Schritt hoch gewesen, und von dem Remrod erbauet worden.

Du ein Christ? Christus hat die drei und dreißig Jahr auf Erden nit einmal gelacht, den geringsten Gespaß, wie man pflegt zu reden, nit gehabt, du aber zählest den ganzen Tag keine Stund fast, darin du nit das Gemüth, forderst aber den Leib mit Freuden [251] speisest, und nach Ergötzlichkeiten schnappest, wie der Hund am Ostertag nach dem Beine.

Du ein Christ? Christus hat in einer so starken Versuchung in der Wüste den Satan so oft ritterlich überwunden, du aber ladest den Teufel durch vielfältiges Fluchen und Schwören selbst zu dir, und passiren wenig Wort aus deinem Mund, die nit ein Teufels-Patent bei sich tragen.

Du ein Christ? aus deinen Worten erkenne ich dich nit als einen Christen, aus deinen Werken siehe ich dich nit als einen Christen, aus deinem Wandel urtheile ich dich nit als einen Christen, aus deinem Aufzug spüre ich dich nit als einen Christen, denn ein Christ solle Christo nachfolgen. Aber wie folgest du? wo folgest du? wann folgest du? in wem folgest du? wie lang folgest du? So man die Sach recht und reif erwäget, so findet sich, daß du dem Namen nach ein Christgläubiger, den Werken nach ein Mistgläubiger sollst genennet werden.

Du kommst mir vor wie jener, von dem der hl. Vincentius Ferrerius schreibt, dieser wollte kurzum spitzfindig seyn, denn er suchte und versuchte alles, wie er doch möchte eine gespitzte Bischof-Kappe finden, die gespitzte Inful war ihm gar kein Spieß in Augen, massen er sich allezeit darnach gespitzt, wie ihm dann seine Anverwandten dießfalls nit wenig an die Hand gangen, zumalen sie selbst gern sahen, daß solche Ehr ihrem Haus möchte widerfahren. Nachdem er endlich nit ohne große Beschwerniß seinen Zweck erreicht, und zu solchem End nach Rom verreist, daselbst zu einem Bischof geweiht zu werden, da ist er, wie pflegt [252] zu geschehen, von dem ordinirenden befragt worden, ob er wolle Bischof werden? Was dann, sagte er, das hab ich schon viel Jahr gesucht. Er wurde weiters gefragt: Vis reddere rationem etc. Willst du auch am jüngsten Tag Rechenschaft geben Christo der Seelen willen, welche dir werden anvertraut? Questo no! sagt er, das nit, da will ich nit hin, das laß ich wohl bleiben, da wäre ich ein Doctor etc. Indem er dann gesehen, daß er derenthalben einen so erschrecklichen Schwur sollte ablegen, hat er freiwillig die bischöfliche Würde resignirt, und also leer im Namen Gottes wieder nach Haus gekehrt, die seinigen Befreundten waren dessenthalben sehr unbegnügt, und wandten vor, daß er sie so viel gekostet, warum er dann nit diese geistliche Dignität habe angenommen? Ich, gab er zur Antwort, ich glaubte bei mir, daß ein Bischof weiter nichts anders zu thun habe, als Hühner und Kapaunen zu essen, aber zu Rom hab ich eine andere Lection vernommen.

Viel Christen seynd der albern Meinung, als seye es schon genug, wenn sie getauft seyn, wenn sie Christen genennet werden, wenn sie mit dem Mund Christum bekennen, im übrigen seye ihnen erlaubt, im Rausch und Bausch zu leben, nach Lust und Gust trachten, in Fraß und Gespaß das Leben zubringen, gedenken aber nit an die Lection, regnum caelorum vim patitur, das Himmelreich leidet eine Gewalt. Wehe aber solchen Christen, die nur den Namen Christi tragen, und nit die Werk Christi, wehe solchen Christen! die da haben die Stimm eines Jakobs, die Händ aber eines Esaus, wehe solchen Christen! welche [253] da glauben, daß der gerechte Gott werde richten die Lebendigen und die Todten, und doch also leben, als müßten sie nit einmal Rechenschaft geben von allen ihren Gedanken, Worten und Werken. Wehe solchen Christen! die da glauben, daß eine Hölle sey, und ewige Verdammnuß sey, und doch sich nit scheuen, alle Tage dieselbigen Sünden zu begehen, so das ewige Feuer verdienen. Wehe solchen Christen! die da glauben ein ewiges Leben, und doch sich jener Werk nit befleißen, welche Gott mit dem ewigen Leben belohnet. Wehe denen Christen! so da glauben, daß das heil. Evangelium eine Regul seye unsers Wandels, anbei aber sich nit anderst verhalten, als hätten sie auf den Alkoran geschworen. Wehe solchen Christen! welche alle Gebote Gottes wissen, und doch im wenigsten dieselben halten. Wehe solchen Christen! welche zwar Christo nachfolgen, aber mit dem Petro sobald hernach ihn verläugnet, a longe, von weitem, ja so weit, daß einer sie mit einem Wiesbaumlangen Perspektiv nit kann erblicken. Wehe solchen Christen! dann sie von Gott mehr verhaßt seynd, als Juden, Türken und Heiden. Dahero auch zu Zeiten des Kaisers Friderici die Sarazener selbst bekennt, nachdem die Christen alle aus dem heiligen Land vertrieben worden, daß sie solches heiliges Land mit ihren eigenen Waffen nit erobert, sondern der höchste Gott habe nit mehr gedulden können die abscheulichen Laster der Christen zu Jerusalem, und also lieber das heilige Land ihnen vergönnet, die doch nit in Christum glauben, als den Christen selber, welche nur den bloßen Namen tragen. Es ist die Aussag des hl. Nili, daß aus 10000 Katholischen nur einer selig[254] werde. Der Joannes Chrysostomus hat in der volkreichen Stadt Antiochia geprediget, und rund heraus gesagt, er glaube nit, daß aus den hundert tausend erwachsenen Leuten, so dazumalen in gedachter Stadt sich befunden, hundert selig werden, und gleichwohl haben zur selben Zeit die Christen unvergleichlich frömmer gelebt, als anjetzo. O wieviel Million und Millionen der Christen sitzen und schwitzen in dem Abgrund der Hölle, welche weit glückseliger gewest wären, so sie in der blinden Heidenschaft hätten gelebt, und niemalen Gott erkennt, als daß sie zu dem wahren seligmachenden Glauben Christi gelangt, und beinebens aber christliche Werk nit geübet haben, massen solche weit schwerere Pein in der Verdammnuß ausstehen, als diejenigen, so das wahre Licht des Glaubens nit gehabt.

Macarius, der heilige und wunderthätige Einsiedler, dem die Löwen in der Wüste wie die Hunde aufgewartet, den sogar ein grausamer Drach mit menschlicher Stimm angeredet, dieser Macarius hat auf eine Zeit einen ausgedorrten Todtenkopf in der Wüste angetroffen, und denselben in dem Namen Gottes befragt, wem er zugehöre? ich, sagte der Todte, bin gewest ein Götzenpriester unter den Heiden. Nachdem solcher weiters gezwungen worden, zu bekennen, ob er dann noch einige unter ihm in der Höll habe? worauf er mehrmal geantwortet, daß unter seiner noch tiefer in der Höll die Juden seyen, die allertiefesten aber in diesem feurigen Abgrund seyen die bösen Christen, so die Gutthat der Erlösung Christi erkennt, aber gegen dieselbige wegen ihres sündigen [255] Wandels so undankbar sich erzeigt. Wehe und aber wehe dem Judä Iscariothen und allen seinen Nachfolgern, bei denen der wahre Glaube ohne die guten Werke, vielmehr ein klaub ist gewest, der ihm die Gnad Gottes, und folgsam das ewige Heil benommen hat.

Judas, der lose Gesell, will erst auf die Letzt gut thun
Judas, der lose Gesell, will erst auf die Letzt gut thun, ist aber zu spät kommen.

Des verdammten Iscarioths gewissenlose Unthat hat sich an einem Mittwoch zugetragen, dahero Christus der gebenedeite Heiland seiner geliebten Braut der hl. Katharinä von Bononien, einer Klosterjungfrau aus dem Orden der hl. Klarä, geoffenbaret, daß ihm alle Mittwoch sehr schwer gefallen, weil er gewußt und vorgesehen, daß am selbigen Tag Judas Iscarioth, den er für einen Apostel und Lehrer der Welt auserwählt, ihn den Juden als seinen abgesagten und ärgsten Feinden nur um 30 Silberling verkaufen, und darauf verrathen würde, durch welche Unthat er ihm selbst einen erbärmlichen Tod, der ganzen Stadt Jerusalem ihre Zerstörung und endlich dem gesamten Judenvolk den äußersten Untergang verursachet. Nachdem nun dieser Abfaim aller Bosheit wahrgenommen, daß solches unschuldigste Lamm Gottes [256] von den blutgierigen Rabbinern durch seine Verrätherei zum harten Tod verurtheilt worden, also hat ihn der stets nagende Gewissenswurm dahin vermögt, daß er öffentlich bekennt, er habe unrecht gehandelt, bekennt, es sey dieser Jesus ganz unschuldig, ja sogar dasjenige Geld, welches er durch die geleistete Verrätherei erworben, dem vornehmsten Hohepriester zu Füßen geworfen, und dannoch durch alle diese erzeigte Bußzeichen und öffentliche Reu ist er zum Teufel gefahren. Wodurch alle Sünder auf das Möglichste gewarnt werden, daß sie nach dem Exempel Judä ihre Buß und Bekehrung nit auf die Letzt sparen, zumal gemeiniglich der Tod ein genaues Kopei des vollbrachten Lebens, und aus 10000 nit Einer gut stirbt, der da übel gelebt.

Die Gnad hab ich nit gehabt, und nie gehabt, wie der hl. Paulus dieser Weltapostel, wohl aber das Widerspiel, massen er gar in den dritten Himmel verzuckt worden, ich aber auf eine kleine Zeit bin gar in die Höll hinuntergeführt worden, mein Führer war weit anderst, als der Führer des israelitischen Volks Moses, dann dieser trug Hörner von Strahlen, der meinige aber Hörner von einer Bockskron, das beste war, daß mir durch sondere Hülf und Gnad des Allerhöchsten dieser satanische Geist nit schaden konnte, sondern er mußte mir nur zeigen, wie die Höll, dieser Abgrund der Verdammten, beschaffen, und wer die mehristen alldorten zu finden. Wie ich nun dahin kommen, da ist mir ein ganzer Haufen Teufel ins Gewehr gestanden, dann es glaubten diese schwarzen Bestien, daß ich auch bereits ein Inwohner bei ihnen[257] werde seyn, aber Gottes Barmherzigkeit schauete nit an die Zahl meiner Sünden, sondern die Größe seiner Gütigkeit, und hat mich nur an den Ort der Verdammten lassen führen, damit ich den unbehutsamen Adamskindern auf der Welt könne andeuten, welche doch die mehristen in der Hölle brennen, da hätt ich Jahr und Tag zu erzählen, wann ich wollt umständig alle die Kerker und feurigen Gefängnisse beschreiben. Eins war, ob welchem ich mich höchstens verwundert, dann verkreuzigen dazumal ist mir verboten gewest. Eins war, darüber mir die Haar gen Berg gestanden, und ich an allen Gliedern gezittert. Es wurde mir eine ganz glühende Keuche gezeigt, deren Größe, deren Länge, deren Breite, deren Tiefe fast unbeschreiblich, wann ich andere Orte zuvor nicht hätte gesehen, da wäre ich der Meinung gewest, die ganze Welt logire in diesem erschrecklichen Ort. Sobald wir zu der großen Thür dieses Orts gelangt, und die Feuerflammen zu dem Schlüsselloch herausgeschlagen, da sagte mir der Teufel, daß in diesem größten und allerweitesten Kerker lauter vornehme Leut seynd. O Gott, gedachte ich bei mir, wie froh bin ich, daß ich unter Könige, Fürsten und große Herren nit gehöre, dann ich glaubte, daß lauter Diocletiani, Maximiniani, Juliani, Trajani, Valeriani, Valentiniani etc., und dergleichen große Häupter darin wären. Bevor der Teufel den Schlüssel angesteckt, hat er mit einer ungeheuren Stimm angefangen zu schreien: guten Morgen, guten Morgen ihr vornehme Herren! solches machte mir, wie billig, seltsame Gedanken, meistens darum, [258] weil ich sah und hörte, daß dieser Teufel so komplementös, und ist mir eingefallen, als wäre solcher eine Zeitlang zu Hof gewest, weil er so cortes und höflich, entgegen hat es mich anbei wunderlich gedünkt, daß man auch in der Hölle einen Respekt trage. Wie besagter Geist die Thür eröffnet, o wehe! da sah ich eine Zahl, die nicht zu zählen, der Verdammten in Mitte der aufsteigenden Flammen.

Guten Morgen, guten Morgen ihr Vornehme, sagte mehrmal der Satan. O verfluchter Morgen, wiederholten diese elende Kreaturen, vermaledeiter Morgen, verdammter Morgen, unglückseliger Morgen. O Morgen, Morgen! du hast uns in diesen Abgrund gestürzt, weißt du nun, redet mich diese höllische Larve an, welche diese unzählbare Anzahl der ewig verlornen Seelen? Es seynd diejenigen, die von Tag zu Tag, von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr, von einer Zeit zu der andern ihre Buß aufschieben, und allzeit das Vornehmen haben, morgen sich zu bessern, morgen beichten, morgen sich zu bekehren, nach dem Exempel des Judä Iscarioths. O Gott, nach solchen bin ich augenblicklich wieder in der Welt gewest, so bleich aber in dem Angesicht, wie jenes Tischtuch, welches dem Peter lauter Schlangen und Nattern aufgesetzt, so zitternd an dem Leib, wie der König Balthasar, da ihm die Schrift an der Wand den Garaus angedeutet. Kaum daß ich mich ein wenig erholt, da reichte mir ein Engel ein Schreiben in die Händ, die Uberschrift dieses Schreibens lautete also:

Den gesamten, wohlunachtsamen und ehrnbedürftigen [259] Adamskindern N. N. als unsern ungetreuen Vasallen in der Welt etc.

Cito
Cito
Citissime

Erdboden.


Ich eröffnete mit großem Verlangen den Brief, zu wissen den Inhalt, massen er mit dem wiederholtenCito bezeichnet war, da fand ich aber nichts darin, als diese Wort aus dem Ecclesiastico, am 5. Kapitel 8. V.


O Mensch!

Bekehre dich zum Herrn ohne einigen Verzug, und verweil es nicht aus einem Tag zu dem andern, dann sein Zorn wird plötzlich kommen, und wird dich in Zeit der Rache verderben.

Datum im Himmelreich.

Ex Consistorio Divino.


Das hat mich alsobald veranlasset, daß ich ohne einige † Verweilung angefangen zu schreien: Buß, Buß, Buß! cito, cito, citissime, thut Buß ohne einigen Verzug, thut Buß ohne einigen Verschub, thut Buß, Buß,cito, cito, citissime, dann das Verweilen bringt fast allemal das ewige Heulen.

O Gott! O Gott! ich höre eine Antwort, die mir gar nit gefallen thut. Es sagt mir jemand, er sey noch jung, die Jugend muß vertoben, man könne sogar solches wahrnehmen an einem heurigen Weinmost, wann man ihm nit Luft läßt, so geschieht gar [260] oft, daß er auch den Faßboden aussprengt, da er aber ein alter Wein wird, da ist er um ein Gutes dässiger und frömmer; also wolle er auch seine jungen Jahr in Freuden verzehren, wann er aber einmal weiße Haare bekommt, da will er auch einen weisen und unschuldigen Wandel führen. O armseliger Mensch! wie kannst du wissen, daß du so lange leben werdest? Hat dir etwa der allmächtige Gott durch den Erzengel Gabriel eine Staffette überschickt, und dich schriftlich versichert, daß du 70 Jahr erreichen werdest? Mein zeig mir doch eine vidimirte Abschrift hievon, nachmals will ich es glauben, unterdessen ist bei dir wie bei mir, will nit sagen von 70 Jahren, sogar eine Viertelstund des Lebens nit gewiß, wie kannst du dann dich auf etwas Ungewisses steifen und verlassen?

Ein sonst über alle Massen guter und vortrefflicher Schütz, dazumal aber mittellos, begehrte von seinem Bekannten ein Geld zu leihen, dafür wollte er ihm eine gute Bärnhaut spendiren, welches ihm der gute Freund gar nit abgeschlagen, sondern ohne Verzug das verlangte Geld eingehändigt, fragte aber anbei, wo dann die Bärnhaut sey? Ich, gab er zur Antwort, gehe jetzt gleich in den nächsten Wald hinaus, und den ersten Bären, so ich werde antreffen, schieß ich nieder. Bruder willst den Spaß sehen? so gehe mit mir, welches er gar nit geweigert, indem sie nun eine ziemliche Zeit harte Berg, dicke Gehölz und Hecken durchstiegen, da erblickten sie einen Bären einer ungeheuren Größe, wessenthalben der gute Schütz die Gelegenheit nit wollte versäumen, sondern gar genau[261] angetragen und stattlich losgebrannt, aber übel getroffen, der Kamerad war dazumal schon auf einem Baum, und wollte von dannen ganz sicher solcher Bärenjagd zuschauen. Das ohnedem wilde Thier wurde durch den Schuß ganz ergrimmt, dahero mit großer Furie dem unglückseligen Schützen zugeloffen, welcher aber in solcher höchsten Noth sich des bekannten Vortheils bedienet, sich alsobald zur Erde niedergeworfen, den Athem nach Möglichkeit an sich gezogen, und einen freiwilligen Todten abgegeben. Der Bär nit ohne sondern Grimm beschnarcht den Gesellen über und über, und meistens um den Kopf herum, nachdem er aber kein Leben vermerkt, zumal dergleichen Thier den Todten nit schaden, ist er wieder ohne Verletzung davon gangen, und sich in die weitere Wildnuß begeben, damit er von fernerem Unglück sich versichere. Nach solcher ausgestandener äußerster Gefahr, erhebt sich der halbtodte Tropf wieder in die Höhe, und erholt die vor Furcht fast entgangenen Lebensgeister, der auf dem Baum salvirte Kompagnon macht sich auch herunter, fragt aber schimpfweis den Schützen, als seinen Kameraden, was ihm der Bär doch ins Ohr gesagt? dann er gar aufmerksam dem saubern Bärentanz habe zugeschaut. Mir, antwortete solcher, hat er ganz still in die Ohren gesagt, ich soll hinfüran keine Bärenhaut mehr versprechen, die ich noch nit gewiß habe.

Einem Jedem, der die Bekehrung von einem Morgen in den andern verschiebt, sage ich nit allein in die Ohren, sondern ich rede ihm gar zum Herzen, er soll doch um Gotteswillen mit einer solchen Zeit [262] nit disponiren, welche gar nit in seiner Gewalt ist, massen die jetzt kommende Viertelstund, da ich solches schreibe, mir nit zugehörig, und kann seyn, daß ehe und bevor solche verfließt, mir zuvor Gott den Lebensfaden abschneidet. Wie kannst du dir dann so viele Jahre versprechen? viel hundert tausend und tausend, die da gesagt haben, morgen will ich das und das thun, seynd des gähen Tods gestorben, oder sonst unverhofft umkommen, und also den morgigen Tag nit erreicht. Warum pflegt man insgemein zu reden, morgen, wanns Gott will, will ich dich heimsuchen, morgen, wanns Gott will, so wirst du mich um halb drei Nachmittag da und da finden, worgen, wanns Gott will, so machen wir beide, und nehmen den Hans Michael auch mit, ein Frühstück beim blauen Kühhorn etc. Warum setzest du allemal hinzu: Wanns Gott will? Darum, darum, gibst du mir zu Antwort, weil bei Gott stehet der morgige Tag, und nit bei mir, wann nun der morgige Tag nit in deiner Gewalt, wie bist du dann so albern und thorrecht, wie so keck und vermessen, daß du mit einer Sache disponirest, so in eines andern Hände steht? Es seynd allhier zu Wien von 20 Jahren her über die 200000 Personen gestorben, (Pest und Krieg seynd harte Schauer und Rissel) viel tausend und tausend aus diesen haben dennoch müssen den Kehraus tanzen, viele aus ihnen des gähen Todes gestorben, da hört man öfters: Jesus! Jesus! der ist gestorben, die ist gestorben, wer hätts vermeint? wer hätte fichs eingebildet? wir seynd erst vor wenig Tagen überaus lustig gewesen beim Versprechen des Herrn Nasinger [263] mit der schmeckerischen Sabindel, der Mensch hat hergesehen, hat ausgesehen, als hätte ihm die Göttinn Flora ein Rosenbüschl ins Gesicht geheftet. Diese soll gestorben seyn? diese? das ist ja nit möglich? hab ich doch sie erst vorgestern beim Kirschner angetroffen, wie sie einen Pelz um 60 Thaler gekauft hat, Pelz hin, Pelz her, der Tod hat ihr gleichwohl die Läus' in den Pelz gesetzt. Je! je! hat sie doch kaum 26 Jahr gehabt, hat sie doch ein frisch paar Augen gehabt, wie die agsteinernen Knöpf unsers Herrn Frühmeßners in seiner Feiertagskutte, um Gotteswillen, so ist sie gestorben? wer hätte einmal sich das eingebildet? dergleichen unversehene, unverhoffte Todesfäll seynd allenthalben, und zu allen Zeiten, du bist nit einen Augenblick sicher. Nach dem Buch Genesis folgt das Buch Exodi, kaum, daß du das Leben empfangen, bist du schon in der Gefahr, daß dir nit gleich der Tod das Lamifare singet. Die jetzige Weibertracht hat tausend Modi, und was dem Meister Bockio bei der Nacht träumet, dasselbige Koncept führt er des andern Tags mit der Scheer aus. Aber doch mehrers Modi hat der unsichere und sichere Tod. Einem beugt der Teufel bei nächtlicher Weil den Hals, das ist vor etlichen Jahren in Steiermark geschehen. Einer erstickt bei der Nacht, das ist vor etlichen Jahren zu Prag im Königreich Böhmen geschehen, allwo der Bräutigam samt der Braut an ihrem Ehrentag todt in der Kammer gefunden worden. Einer fällt in einen Brunnen und ersäuft, das ist nit weit von Wien geschehen. Einer erstickt an einer Speis', das ist unlängst in Schlesien geschehen. [264] Einer läutet zu dem Wetter, und durch Foppen und Gespäß legt er sich den Strick um den Hals, und wird ohne seinen Willen erdrosselt, das ist vor etlich Jahren in der Pfalz geschehen. Einer schießt auf die Scheibe, und schlägt ihm das ersprungene Schloß die Gurgel ab, das ist vor wenig Jahren in Oberösterreich geschehen. Einer zur Fastnachtszeit in Narrenkleidern will über den Tisch springen der Tisch aber, weil er nagellos, prellt zurück, und schlägt ihn augenblicklich todt, das ist nit weit von Wien geschehen. Einer will das Licht putzen, und ist ihm zugleich das Leben ausgeloschen, das ist unlängst in Oesterreich geschehen. Einer gehet vor einem Haus vorbei, und schlägt ihn ein Dachziegel zu todt, das ist vor vier Jahren in der Vorstadt zu Wien geschehen etc. Tausend und tausend, und aber tausend Modi hat der Tod. Einer verbrennt wie die Innwohner zu Sodoma. Einer wird von einem wilden Thier zerrissen wie der Prophet Jadon. Einer wird von seinem eignen Diener umgebracht wie der König Joas. Einer wird von seinen eignen Kindern ermordet wie der Senacherib. Einer bekommt den Rest durch seine vermeinte Liebste wie der Holofernes. Einer ersauft im Wasser wie der Pharao. Einer wird von der Erde verschluckt wie Kore, Datan und Abiron. Einer wird von giftigen Schlangen zu todt gebissen wie gar viel aus dem Volk Israel. Einer geht ins Bett und steht nit mehr auf. Einer geht aus und kommt nit mehr heim. Einer sitzet zur Tafel und erlebet nit das Konfekt. Einer legt einen Schuh an und kann nit mehr den andern. Einer läßt sich einschenken [265] und kann nit mehr austrinken. Unzählbare viel Modi hat der Tod, dich zu stürzen, unzählbare Mittel hat der Tod, dich aus dem Weg zu rauben, und dieses alles alle Tag, alle Stund, alle Augenblick, wie kanns dann möglich seyn, daß du deine Lebens-Besserung, dein Seelenheil auf solche Zeit schiebest, die so ungewiß, wer weiß es, massen es schon viel hundert tausendmal geschehen, ob dich Gott nit heut noch, diese Stund noch, diese Viertelstund noch zu Gericht citirt, und nachmals dich ewig, erwäg es wohl, ewig verdamme.

Der Evangelist Lucas registrirt von einem reichen Herrn, daß derselbige bei sehr großen Mitteln seye gewesen, Kisten und Kasten war bei dem Phantasten alles voll, Traid hat der Habernarr im Ueberfluß, ja wie er einmal in einem Sommer einen gar großen Schnitt gehabt, da machte er sich bei der Nacht unterschiedliche Grillen, unter andern redete er sich selbsten also an: Was muß ich Potz Element anfangen? hab ich doch kein Ort mehr, wo ich meine Früchte kann legen, basta! jetzt fällt es mir grad recht ein, meine Scheuren will ich lassen abbrechen, und größer und weiter bauen, das völlige Traid dahin versammlen, und will nachgehends, wann ich einen so stattlichen Vorrath habe, mir gute Täge anthun, dem Maul nichts abschlagen, hübsch allegro seyn, müßte ich wohl ein Lappländer seyn, wenn ich mir nit etwas guts wollte vergönnen, ich bin jetzt auf viel Jahr, trutz einem in der ganzen Gegend herum! verproviantirt etc. was geschieht? es kommt eine Staffette von Gott, die lautet auf ihn, die Ueberschrift war diese: [266] stulte hac nocte etc. cito. Der Narr ist in derselben Nacht, da er sich alles dieses vorgenommen, an einem Katharr erstickt; der seine Scheuren hat wollen weiter machen, dem ist der Hals zu eng worden, der reiche Limmel hat vermeint, er werde noch viel Jahr leben. O Narr! und größer als vier Klafter lang? indem du dir ein langes Leben versprochen, da du doch keine Viertelstund versichert bist vor dem Tod, die ganze Zeit, so dir zugehörig, bestehet in dem einzigenjetzt, das hernach ist dir ganz ungewiß, und stehet solches pur in den Händen Gottes.

Es ist wahr, es scheinet fast nichts, das Gott dem Herrn angenehmer seye als die Buß. Der heilige Ambrosius vermeynet gänzlich, daß derentwegen Christus der Herr habe wollen geboren werden aus dem Stamm und Haus David, weilen der David ein Büßer gewesen. Der allererste, dem Gottes Sohn das Paradeis, den Himmel und die Seligkeit versprochen, ist ein Büßer gewesen, benanntlich der rechte Schächer Dismas. Die allererste, so der gebenedeite Erlöser nach seiner glorreichen Urständ erschienen, ist eine Büßerin gewesen, nämlich Magdalena. Der allererste römische Pabst, den er als ein sichtbares Haupt seiner Kirche vorgestellt, ist ein Büßer gewesen, benanntlich Petrus. Man weiß gar wohl, daß alles in dem alten Testament eine Figur und Vorbildung gewesen des Neuen, dort wie die Rebecca dem Jakob befohlen, er solle 2 Böcklein holen, die wolle sie dem Isaak, als seinem lieben Vater, gar gut kochen und zurichten. Die Rebecca hat bedeutet die Buß, als welche das Bockfleisch der Sünden also gut zurichtet, [267] daß Gott ein sonderes Wohlgefallen daran hat. Gewiß ist es, daß ein Lämmel, so dem Wolf abgejagt worden, weit mürber, als ein anders, so die Zähn dieses Schaafdiebs nit erfahren: Also auch eine Seel, welche durch die Buß dem höllischen Wolf wieder aus dem Rachen gezogen worden, Gott und seinen Engeln über alles und alles angenehm.

Dem Manasse hat geholfen die Buß, das ist wahr, dem Achab hat geholfen die Buß, das ist wahr, den Ninivitern hat geholfen die Buß, das ist wahr, dem Zachäo hat geholfen die Buß, das ist wahr, dem Samaritan hat geholfen die Buß, das ist wahr, dem verlornen Sohn hat geholfen die Buß, das ist wahr etc. Dem allergrößten Sünder in der Welt hilft die Buß, das ist auch wahr, denn solches hat Gott, als die ewige Wahrheit, versprochen, aber wann willst du Buß thun? Morgen, sagst du, das hat dir Gott nit versprochen, den morgigen Tag hat dir der Allmächtige nit versprochen. Welcher Prophet Esaias oder Jeremias? Abdias oder Sophonias? Zacharias oder Malachias? welcher hat dir angedeutet, daß du noch so und so lang werdest leben? keiner aus allen hat dich vergwißt einer einigen Viertelstund, unh du, o Thorheit! und du, o Verblendung! und du, o Vermessenheit! steifest und gründest das ewige Heil deiner Seele auf etwas so ungewiß.

O Pater, ich hab in dem Leben des hl. Antonii Paduani gelesen, der mein sonderlicher hl. Patron, daß ein großer Sünder durch seine apostolischen Predigten also bewegt worden, daß er alle seine großen Lasterthaten auf ein Papier geschrieben, und sie [268] dem heiligen Mann beichten wollen; als er aber in den Beichtstuhl kommen, da stoßen die regenvollen Seufzer dergestalten aus seinem Herzen, daß er nit ein Wort konnte reden, wessenthalben der hl. Autonius seine geschriebene Beicht begehrt, und wie er solche in die Händ empfangen, da hat er wahrgenommen, daß alle Zeilen, Schrift und Buchstaben verschwunden, und nichts als has schneeweisse Papier zu sehen war, welches dann ein unfeblbares Zeichen, daß ihm durch Reu und Leid und Buß alle seine Sünden verziehen worden. Ist also die Buß ein Schwamm, der alle Sünden auslöscht, und eine solche Buß kann ich heut oder morgen auch noch wirken. Distinguo Distinguo.

O Pater, ich verstehe dieses lateinische Wort nit, aber zu Loreto in Italia hat man mir erzählt, und ist solches ganz glaubwürdig daselbst mit vielen Zeugnissen protokollirt, wie daß ein Jüngling gewest, welcher sich in aller Unzucht und erdenklichen Wollüsten auf Schweinart herum gewalzet, sogar sich dem bösen Feind selbst ergeben und verschrieben, damit er durch seine Hilf eines gewissen Weibsbilds, in welchen Schleppsack er sich vergafft, möchte theilhaftig werden; nach vielen und langen dergleichen Schandthaten ist er nach Loreto gereist, daselbsten eine vollkommene Beicht abgelegt, und als er etlichemal nit ohne Zäher folgende kurze Versikul in dem hl. Haus wiederholet, Monstra te esse matrem, zeige dich doch eine Mutter etc., da ist ihm in Gegenwart vieler Leut der Zettel, worin er sich dem Satan verschrieben, in die Händ geflogen. Woraus sattsam abzunehmen, daß [269] ihm alle seine Sünden-Last verziehen worden. Ist demnach die Buß ein Schlüssel, welcher den so stark versperrten Himmel wieder eröffnet. Eine solche vollkommene Beicht, wenn ich schon nit nach Loreto reise, kann ich auch heut oder morgen dahier verrichten. Distingno, distiuguo.

O Pater, heißt das distinguo es stinkt? soll ich denn hierinfalls etwas unwahres erzählt haben, denn zu einem solchen pflegt man insgemein zu sagen, es ists.v. erstunken und erlogen. Ich weiß noch ein anders, was ich auf eine Zeit in einer Predigt, deren ich mich sonst so gar viel nit achte, gehört und vernommen habe, wie daß einer An. 1341 zu Didymoth seine Ehefrau eines Ehebruchs und Untreu beschuldiget, und dem war auch in der Sach nit anderst, die Gewißheit aber einzunehmen, ob sie solche Unthat begangen, oder ob sie unschuldig seye, begehrte er von ihr, sie solle ein glühendes Eisen mit bloßen Händen angreifen, denn dazumalen war der gemeine Gebrauch, mit dergleichen Prob unter die Wahrheit zu kommen. Jetzt würde sich manche brennen; die gute Frau, zweifelsohne wegen des nagenden Gewissen, weigerte solche Feuerprob, ist aber in der Stille zu dem Bischof desselbigen Orts gegangen, ihm mit sonderer Reu und festem Vorsatz, sich zu bessern, die Sünd gebeicht, nach welcher er ihr ernstlich gerathen, sie soll anjetzo unerschrocken dasjenige vollziehen, was ihr Ehemann zuvor ihr auferlegt, dem sie auch in allem nachkommen, und das ihr mit einer Zange dargereichte ganz glühende Eisen ohne die allermindeste Verletzung angerühret. Woraus nun sonnenklar zu [270] schließen, daß eine rechte Beicht und Buß allen Sünden den Rest gebe, wie David dem Goliath, und eine solche Buß kann ich heut oder morgen ebnermassen thun. Distinguo, distinguo, distinguo.

Heut oder morgen, eins aus diesen ist gewiß, das andere ist nit gewiß; eins aus diesen ist sicher, das andere unsicher; eins aus diesen rathet dir Gott, das andere rathet dir der böse Feind; heut thue Buß, heut bekehre dich, heut fall deinem Jesu zu Füßen, das Morgen gehört dir nit zu, das Morgen ist nur ein vielleicht, es ist gar ungewiß, ob du morgen noch lebest, wenn du unterdessen solltest unverhofft sterben, und zum Teufel fahren, wer wird dich mehr erlösen? wenn ich jetzt sollte mit dem heil. Patritio die Höll eröffnen, und die Verdammten allda befragen, warum sie in den ewigen Kerker seynd gestoßen worden? O was unzählbare Anzahl derselbigen würde mir die Antwort geben, wir haben uns kräftig vorgenommen, einmal zum Kreuz zu kriechen, niemand ist aus uns, der nit des Vorhabens gewest, vor dem Tod noch eine vollkommene und rechtschaffene Beicht zu verrichten, seynd aber von dem unversehenen Tod übereilet worden, und haben die Zeit, auf welche wir unsere Buß verschoben, leider nit erlebet.

Bei dem Evangelisten Lukas wird das schändliche Leben des verlornen Sohnes gar schön beschrieben. Wie daß nämlich derselbe seinen Vater immerzu überloffen, und von ihm die Erbsportion verlangt, welche er auch endlich erhalten, und damit frei und frisch, frisch und frei in die Länder verreist, worinnen er so sauber gewirthschaftet, daß er aus Noth gar mußte [271] einen Säuhirten abgeben, dem zuvor die Rebhühnl widerstunden, wünschte hernach eine Schüssel Habermuß, aber der Haber- und Sau-Narr mußte mit der Schweintafel vorlieb nehmen, bis ihm zuletzt die Augen aufgangen, und wieder nach Haus getrachtet; sobald er dem Vater einen Fußfall gethan, der Vater aber wahrgenommen, daß er zerfetzt, zerlumpt, zerrissen und einen Rock wie ein Fischernetz am Leibe trage, da hat er befohlen, cito proferte stolam primam, man soll alsbald ein neues Kleid herbeibringen, cito, cito, gehts, laufts, saumet euch nit, hurtig, geschwind, hui, cito, cito, seyds noch nit da? cito, cito, etc. Mein lieber Vater, ich bitt um Vergebung, daß ich ein paar Wort darf reden. Warum thust du nit diesem Landschlingel zuvor eine gute Predig halten? warum gibst du ihm nit einen guten Filz, der ohne das einen Hut vonnöthen hat? warum liesest ihm nit die Planeten, absonderlich den Planeten Venus? warum gibst ihm nit ein gutes Kapitel, anstatt des Kaputs? Ein anderer Vater hätte ein solches Bürschel mit einem guten knoperten hölzernen Salve komplementirt, hätte ihn lassen ein halbes Jahr in solchen Hadern und Lumpen den Lumpenhund herumgehen, zu einer Straf und Witzigung, oder hätt ihn gar in Krautgarten gestellt vor ein Scheuch, damit die Vögel zu erschrecken. Aber da hats geheißen, cito, cito, nur geschwind neue Kleider her, cito, cito, nur geschwind einen güldenen Ring her, cito, cito, nur geschwind eine Mahlzeit her etc. und zwar der Ursachen halber, der Vater gedachte sich also, er ist doch mein Kind, ich muß ihm doch helfen, die [272] Jugend ist unbedachtsam, verlassen kann ich ihn nit, und weil ich ihm doch zu helfen begehr, so will ich es geschwind thun, dann ich bin schon bei ziemlichen Jahren, ich möchte unversehens dahinsterben, da wäre es mit dem armen Narren aus, der andere sein Bruder gebe ihm nit eine Nadel groß,cito, cito, lieber jetzt, weil es noch Zeit, cito, cito, lieber geschwind, so bin ich nachmals versichert.

Cito, cito, verweil dich nit, o Sünder! zu bekehren, wann du dich mit Gott willst versöhnen, wann du zum Kreuz willst kriechen, wann du deine Sündenlast willst ablegen, cito, cito, thue solches geschwind, schieb es nit eine Stund auf, viel weniger etliche Jahr, es möchte seyn, daß dich der Tod thät übereilen, wer würde nachmals den ewigen Verlust deiner Seele ersetzen, es möchte seyn, daß nach einer Stund dir Gott seine Gnad thät entziehen, dich nachmals nit mehr erleuchten, dann du bist nit sicher, ob nit dieser Beruf, den du anjetzo hast, der allerletzte sey, und wann du solchen abschlagest, sodann werde dich Gott gänzlich verlassen, dein Gemüth völlig verstocken wie dem Pharao, cito, cito, jetzt fange an, weil dir Gott noch die Händ reicht, cito, cito, jetzt fall ihm zu Füßen, weil dir noch seine offene Wunden die Verzeihung versprechen, cito, cito, jetzt greif noch in seinen Gnadenkasten, weil er noch offen stehet, vielleicht morgen, o schlimmes morgen! ist dieser schon versperrt, und alsdann ist es mit deinem Heil verloren, verloren, verloren.

In dem Leben des großen Dieners Gottes Joannis Baptistä Vitellio wird unter andern auch gemeldet [273] von einem weltlichen Priester, welcher durch göttlichen Beruf sich entschlossen, in den strengen Kapuziner-Orden zu treten, daselbst seine Sünden abzubüssen, wie er dann auch bereits von dem Obern besagter Religion aufgenommen worden, als dieser sich noch wollte beurlauben bei dem gottseligen Vitellio, und nachgehends in den bestimmten Konvent zu begeben, da hat ihm der hocherleuchte Mann gerathen, er soll gleich jetzt den geraden Weg ohne einigen Verzug in das Kloster gehen, dann es möchte seyn, daß dies die letzte Viertelstund wäre, in der ihn Gott erleuchtet. Ja, ja Pater, war die Antwort, gleich, gleich, ich will nur um meinen Hut nach Haus laufen, ist nit vonnöthen, sagt hinwieder der heiligmäßige Mann, laß Hut Hut seyn, und folge meinem Rath, du mußt die Gnad Gottes, die du anjetzo hast, nit mißbrauchen etc. Dieser folgt dem heilsamen Rath nit, sondern geht nach Haus um den Hut, unterwegs aber begegnet ihm seiner Bekannten einer, mit welchem er einen langen Diskurs geführt, und sein heiliges Vorhaben entdeckt, dem aber der andere mit vielen Ursachen solches widerrathen, daß also er in etwas angefangen in dem Geist zu erkalten, endlich gar alles dergestalten erloschen, daß er nachmals einen gewissenlosen Wandel geführt, einem andern sein Weib entführt, und von dessen Befreundten unversehens überfallen, und elend ermordet worden.

Cito, cito, convertere ad Dominum Deum tuum etc. heut noch, jetzt noch falle deinem Jesu zu Füßen mit Magdalena, schlag an deine Brust mit dem offenen Sünder, steige eilends herab, und [274] versöhne dich bei Christo mit dem Zachäo. Sobald der Herr den Petrum nach begangener Sünd und falschen Schwur hat angeschaut, da hat Petrus alsobald zur Buß griffen, alsobald die Augen in die Schwemm geführt, nit auf morgen oder übermorgen aufgeschoben. Wann dich Gott anschauet mit seinen Gnadenaugen, wann er dein Gemüth und Herz bewegt, durch starke Erleuchtung zur Buß ermahnet, so verweil nit einen Tag, nit eine Stund, dann es könnte seyn, es möchte seyn, daß dich Gott in dieser Stund anschauet, und nachmals nimmermehr, wann du nit willst, wann Gott will, so will hernach Gott auch nit, wann du willst. Die presthaften Leut bei dem Schwemmteich zu Jerusalem haben keine bestimmte Zeit gewußt, wann der Engel kommt, und das Wasser bewege, dahero seynd sie allezeit bereit gewesen, sonst wären sie zu kurz kommen. Also ist kein einziger Mensch sicher einen Augenblick, daß nit Gott über ihn komme, und in die Ewigkeit citire, darum soll er je und allemal in Bereitschaft stehen, und die Buß nit aufschieben.

O Paters! es ist zwar das cras, cras eine Rabenstimm, aber es hat gleichwohl Raben geben, welche Gott dem Herrn seynd angenehm gewesen, als wie jener, der da 60 ganze Jahr dem hl. Eremiten Paulo das tägliche Brod zu seiner Nahrung gebracht, wann ich schon mit den Raben die Muteten singe, so will ich mich doch im Todbett mutiren, und alldort zu einem Schwanen werden. So höre ich wohl, du willst leben wie ein Kain, und sterben wie ein Kajetanus? da pfeif ich. Du willst leben wie ein Esau, und sterben wie ein Esaias? da lache ich. Du [275] willst leben wie ein Archelaus, und sterben wie ein Archangelus? da schüttle ich den Kopf. Du willst leben wie ein Nero, und sterben wie Nereus? da sage ich nein dazu. Du willst leben wie ein Maro, und sterben wie ein Marian? das kann nicht seyn. Du willst leben wie ein Amnon, und sterben wie ein Amon? das wird nit seyn. Du willst leben wie Pharao, und sterben wie ein hl. Bischof Faro? das soll nit seyn. Du willst leben wie ein Bock, und sterben wie ein Simon Stock? das nit, das nit, sondern dein Tod wird dem Leben so gleich seyn, wie des Propheten Balaams Klepper einer Eselin.

Ein sehr witziger Diener, dessen Herr einen liederlichen Wandel führte, und seine Bekehrung bis in den Tod gesinnet war aufzuschieben, wollte ihm zu verstehen geben, was große Thorheit diese sey, als solcher von seinem Herrn den Befehl bekommen, er soll ihm einen guten Esel auf dem Viehmarkt einkaufen, so konnte er nit anderst als den Willen seines Herrn zu vollziehen, lauft aber den halben Tag auf dem Markt hin und her, beschaut ganz genau alle Langohr, es war ihm aber keiner recht, kehret demnach unverrichter Sachen wieder nach Haus, welches dem Herrn nit wenig mißfallen, dahero in eigner Person sich mit besagtem Diener auf den Markt begeben, allwo er den Ueberfluß dieser arkadischen Thiere angetroffen, darum dem Diener stark verwiesen, um weil er aus so vielen nit einen habe ausgesucht, der Diener entschuldigte sich mit dem Vorwand, er habe einen Esel gesucht, welcher einen so schönen Schweif habe wie ein Pfau, und weil er dergleichen Sorten nit [276] wahrgenommen, als habe er das Geld nit wollen umsonst ausgeben. Du bist mir ein Phantast mit Filogran Stroharbeit ausgemacht, sagt der Herr, du Doctor Plumptus, hast du dann einmal gesehen einen Esel mit einem Pfauenschweif? Ich, beantwortete sich der Diener, habs nie gesehen, also mein lieber sauberer Herr, setzt der Diener hinzu, wird es auch nit seyn können, daß ein Lasterleben dem Esel gleich, einem Pfauenschweif, das ist, ein schönes End nehme, dann noch allemal die Konklusion mit den Prämissis übereingestimmt, massen der große heilige Lehrer Hieronymus, dem auch die wilden Leuen den Gehorsam geleistet haben, sich bei dem Pabst Damaso verlauten lassen: »Vix de centum millibus hominum, quorum mala semper fuit vita, meretur habere Indulgentiam a Deo unus. Aus hundert tausend Menschen, merks wohl, aus hundert tausend, so da ein übles Leben geführt, wird kaum einer eines seligen Tods sterben.«


Nonne Mors est sicut vita? Ech. Ita.


Abimelech, ein stolzer und übermüthiger Fürst, dessen Hochmuth fast alle Menschen wollte unter seinen Füßen haben, hat auch auf eine Zeit mit seinem Kriegsheer die Stadt Thebes belagert, und nach wenigem Widerstand dieselbige erobert, ausser eines festen Thurms, worauf das meiste Volk beiden Geschlechts sich salvirt hat, da er nun aus gefaßtem Grimm diesen Thurm wollte in Asche legen, da war unter andern ein keckes Weibsbild, welches diesen Kriegsfürsten ein ziemliches Stück von einem Mühlstein auf den Schädel geworfen, und just an selbem Ort getroffen, [277] wo er sich so viel eingebildet, und eines so hohen Geistes war, die Wunde war so groß und hart, daß natürlicher Weis' keine Hoffnung gewest einiges Aufkommens, was thut Abimelech? Zweifelsohne hat er in solcher äußerster Lebensgefahr sich mit Gott versöhnet? dessen grundlose Barmherzigkeit flehentlich angerufen? und sich zu einem glückseligen Tod bereitet? Nichts dergleichen, sondern wie gelebt, also gestorben, stolz und übermüthig im Leben, nie um ein Haar besser im Tod, damit er nun den Nachklang nit hätte, daß ihm ein Weib den Rest gegeben, so war ihm lieber eine zeitliche Reputation, als eine ewigwährende Kron, dahero dem Waffenträger befohlen, er soll ihn mit seinem Degen umbringen, damit man nach seinem Tod nit könne sagen, ein Weib sey seiner Herr worden.


Nonne Mors est sicut vita? Ech. Ita.


Ein muthwilliger und üppiger Weltvogel ist jener gewest, bei dem mehr Schnacken als zur Zeit Pharaonis Mücken waren anzutreffen, eine jede Tafel mußte mit seinen schmarozorischen Koncepten versehen seyn, worunter er mehrmal des Esau als des Jakobs Stimme hören lassen, dem Gesellen hat das unmäßige Leben ein tödtliche Krankheit auf den Buckel geladen, daß also keine Hoffnung eines längern Lebens nach Aussag der Medici vorhanden. Man hat ihm Geistliche zugeschickt, welche mit aller Möglichkeit die bevorstehende Gefahr angedeutet, beinebens ernstlich zur heilsamen Buß ermahnet, aber umsonst, wie gelebt, also gestorben; man erhielt von ihm keine andere Antwort, als allerlei Fatzpossen und Pantalonswaaren, wie er schon ziemlich dahingelegen, und bereits die [278] Augen angefangen vergläsert zu werden, da hat ihm ein altes und im Haus daselbst wohlbekanntes Mütterl zugesprochen, er soll sich der Barmherzigkeit Gottes befehlen, Reu und Leid über seine begangenen Sünden erwecken etc., weil aber er keine Antwort hierüber gab, so fragt sie ihn, Herr Wilhelm, Herr Wilhelm, kennet mich der Herr noch? Ja, sagte er, ja, wer bin ich dann? da ließ er sich hören, du bist halt eine alte Hex! O mein Gott, Herr Wilhelm! jetzt ist keine Zeit mehr, Gespäß zu treiben, es ist aber, sagt er wiederum, jetzt die Zeit, die Wahrheit zu reden. Herr Wilhelm, er muß sich wohl bereiten in die Ewigkeit, der Weg ist weit, ja sattle mir deinen Bock, so kann ich reiten.

O mein Gott, Herr Wilhelm, befehl er sich fein wohl seinem Schutzengel, damit derselbe ihn möge wie den Lazarum tragen in den Schooß Abrahams, gut wäre es, sagt er, dann hol mich der Teibl, einen so weiten Weg könnte ich nit zu Fuß gehen; auf solche Weise hat er sein Leben geendet, und gestorben, wie gelebt. O Gott, anderst, weit anderst hat mein hl. Water Augustinus gerathen, als er im Todbett mit häufigen Zähern die 7 Bußspalmen abgelesen, gerathen hat er, daß keiner, der auch einen hl. Wandel geführt hat, ohne nasse Augen von der Welt scheiden soll.


Nonne Mors est sicut vita? Ech. Ita.


König Balthasar zu Babylon hielt ein sehr stattliches Panquet, worbei über die tausend Gäste sich eingefunden, da war Essen und Vermessen bei einander, da war Gesottenes und Verbottenes anzutreffen, da war Gebratenes und Ungebratenes genug zu sehen.[279] Denn wo Suppen, da ist auch eine Löfflerei, wo Poccal, da ist auch Brutal, wo Tafel, da ist auch Teufel, da war Scheps- und Kebs-Fleisch anzutreffen, denn eine große Anzahl der Kebs-Weiber befanden sich ebenfalls bei dieser Mahlzeit, man glaubt schon, daß ohne solches Wildpret ein Tractament schon ein Mancament habe. Nachdem nun die Gesund-Trünk, Schlund-Trünk, Rund-Trünk, Pfund-Trünk, Grund-Trünk ziemlich herum gegangen, und die Köpf und Kröpf schon stark angefüllt, da zeigt sich eine unbekannte Hand an der Wand, und schriebe 3 Wort, worvon der König dergestalten erschrocken, daß er an Händen und Füßen gezittert, auch sich nichts anderst eingebildet, als den unfehlbaren Tod und Untergang, wer will da anderst glauben, als daß er seye in sich selbsten gangen und seine Vermessenheit bereuet, den wahren Gott Israel erkennet, der mit gleichem Maaß seinem Vater Nabuchodonosor abgemessen. Zweifelsohne hat man gleich müssen laufen um die Propheten des Herrn, wie bei uns Christen um die Beichtväter und geistlichen Beisteher? Nichts dergleichen, nichts solches, sondern wie gelebt, also gestorben, er ist bei Lebzeiten allzeit umgangen mit Wahrsagern, Teufels- Bannern, Zauberern und Zeichen-Deutern, also auch dazumal geschrieen, man solle geschwind dergleichen Höllenbrut und chaldäische Hexenmeister lassen zu sich kommen, die ihm an die Hand stunden, wie gelebt, also gestorben.


Nonne Mors est sicut vita. Ech. Ita.


Ich hab einen, dem äußerlichen Schein nach, sehr wackern und höflichen Herrn selbsten gekennet, [280] will Land und Ort verschweigen, dessen Wandel so gar sträflich nit war, außer daß er stets im Haus eine Konkubin gehalten, welches in allweg seinem Stand nit gebührte, das nagende Gewissen, die heilsamen Anschlänge der Beichtväter, die Stimme der Prediger, haben ihn Zweifelsohne wie ein Hahnen-Geschrei von solchem tödtlichen Schlaf sollen erwecken, aber wo und wann solches geschieht, ist nit ein kleiners Wunderwerk, als wie Josue die Sonne von ihrem Lauf hat aufgehalten; wie besagter Herr, gestalten er schon bei ziemlichen Jahren, in gefährliche Krankheit gerathen, da hat er zwar nach christlichem Gebrauch gebeicht und die heiligsten Sakramente empfangen, aber wie? ich glaube nur gar zu wohl, daß er öfters das Vornehmen gehabt habe, sich vor seinem Tod rechtschaffen zu bekehren, der Lasterhaftigste in der Welt hat auch das im Sinn, aber wir elende Adamskinder alle wissen, daß nie keine größere Theuerung der göttlichen Gnade, als zur selben Zeit, so soll dann Gott dazumalen einem die Händ reichen, welcher ihn die Zeit seines Lebens von sich gestoßen? so soll dann Gott der Herr einem dazumalen sein theures Blut offeriren, der es zuvor so viel Jahr hindurch mit Füßen getreten? es kann seyn, aber aus viel tausend nit einem geschieht diese Gnad, sondern der Allerhöchste verhängt, daß man sterbe, wie man gelebt. Obbesagter Kranker wurde auch durch einige Bekannte veranlaßt, ein Testament zu machen, und mit dem Zeitlichen, so gewiß nit wenig zu disponiren, welches auch geschehen, aber es hat geheißen: die Universal-Erbin ist mein Miedl; Herr, ihr habt etliche [281] Vetter, die ohnedas der Mittel bedürftig, was ihnen? die Miedl ist mir gar treu gewesen. Herr, wo und wie wollt ihr begraben werden? die Miedl wirds schon machen. Herr, was denn den armen Leuten? die Miedl wirds schon austheilen. Herr, wie viel heil. Messen nach eurem tödtlichen Hintritt? was die Miedl will. Ein sauberes Testament! wie diese seine gute Freund nach verfertigtem Testament wieder hinweggangen und sich mit diesen Worten beurlaubet, Gott behüte den Herrn, der allergütigste Gott stehe ihm bei, und wenn wir einander auf der Welt nit sollen sehen, so werden wir hoffentlich in jener Welt zusammen kommen, ja, sagt er, mein Miedl auch. Soll denn dieser nit, in Erwägung, daß er den Tod bereits vor Augen, seine Sünden beweinet haben? soll er nit möglichst an sein sündiges Herz geklopft haben? Soll er nit den Namen Jesus und Maria stets auf seiner Zunge gehabt haben? O, sagt mancher, der solches lieset, ich will einen andern Tod nehmen, ich will mich besser hiezu schicken etc. O elender Tropf, wie weißt du, daß dir dazumal der allmächtige Gott die Gnade werde geben, dich recht zum Tod zu schicken? Ohne sondere seine Gnad ist es nit möglich, und solche Gnad aber ist gar unsicher, aus viel tausenden, die da übel gelebt haben, ist kaum einer, der die Gnade hat, gut zu sterben. Diesem unglückseligen Menschen war sein Miedl der einige Abgott, wie gelebt, also gestorben. Nach seinem Tod hat man aus vielen Sachen, die sich bei nächtlicher Weile gezeigt, leicht können abnehmen den ewigen Untergang seiner Seele.


Nonne Mors est sicut vita? Echo. Ita.


[282] Bellisarius, der berühmte Kriegsheld, hat mit der kaiserl. Armee die Stadt Orvieti ein ganzes Jahr hindurch belagert, wordurch eine so große Hungers-Noth in ganz Toskana entstanden, zumalen der Bauersmann dem Acker nit konnte vorstehen, daß sich die meisten Leut in das Gebirg begeben, daselbsten die Eicheln zusammen gesammelt, und selbige zu Mehl zerstoßen, folgsam Brod daraus gebacken, welches aber ihnen so übel gedeihet, daß hiervon allerlei Krankheiten entsprungen, ja die mehresten von solcher Eichel-Speis im Tod dahin gefallen. Procopius, welcher solche Geschicht umständig beschrieben, setzt hinzu, daß solches durch sondere Verhängnuß Gottes geschehen seye, sicut bruta vixerunt, sicut bruta pereunt. Denn diese Leute haben kein anders Leben geführt, als daß sie sich wie die Schwein in dem Wust der schändlichen Wollüste herumgewälzt; weil sie dann wie die Schwein gelebt, sodann hat Gott zugelassen, daß in wie die Schwein verreckten.

O Pater, wenn ich einen guten Beichtvater hab, es müßt ein Wunder seyn, daß ich mich nit recht sollt zum Tod bequemen! Freilich, freilich, der wird gleich, Miracul machen, und aus dir die Bußzäher, wie Moses aus dem Felsen das Wasser, locken, was dann, was dann, dieser wird dich auf einmal reiner und säuberer machen, als Naam Syrus worden, der sich doch siebenmal in dem Fluß Jordan gebadet, Zweifelsohne, Zweifelsohne, der wird gleich 4 Pferd einspannen, und dich wie den Elias in Himmel führen, der Teufel wird nit einmal einen Schnalzer dabei zu thun haben. O Thorheit! o Verblendung! Wer ist glückseliger [283] gewesen, als jener große Herr und Kavalier in Spanien, bei dessen Tod sogar ein großer heiliger Mann war, nämlich Franziskus Borgias, der ist berufen worden zu besagtem Grande di Spagna, welcher ihm mit eifrigen Worten, wordurch auch ein Felsen seine Hartnäckigkeit hätte sollen verlassen, lang und vielfältig zugesprochen, er solle doch zur Buß, zur Bereuung seiner Sünden schreiten, weil annoch der Lebens-Athem in ihm, und Gott noch zu versöhnen seye, dem aber der Kranke keine andere, als eine gotteslästerige und verzweifelte Antwort geben, er habe bishero wie ein Feind Gottes gelebt, ein solcher wolle er auch sterben. Diese erschrecklichen Worte bestürzten zwar die ganze hohe Cassada und hochadeliche Familie, aber anbei hatten sie die Hoffnung, daß der apostolische Mann Borgias solchen würde auf einen weit andern Weg bringen, wie dann er sich zu Haus vor einem Kruzifix-Bild niedergeworfen, und dessen göttliche Hilf and Beistand demüthigist ersucht, den auch der Herr urbietig erhört, Franzisce, sprach er, ich will ihm meine Hilf nit weigern, förchte aber, es werde mit diesem in Sünden verharteten Menschen wenig verfangen. Ich, sagt Gott der Herr, will in Gestalt des Doctors und Medici mich einfinden, und beede allen Fleiß anwenden, diese arme Seel zu gewinnen. Was ist deine Meinung, was glückseligen Tod glaubest du, werde dieser Mensch genommen haben in Gegenwart Christi Jesu, und des heiligen Manus Franzisci Borgiä? Diese zwei trugen ihm vor die grundlose Barmherzigkeit Gottes mit vielen Seufzern, mit nassen Augen, aber umsonst, die Antwort ist gewest, [284] er wolle nit anderst als mit Leib und Seel zu Grund gehen. Franziscus ergreift das Kruzifix, hält es ihm vor Augen, siehe an, sprach er, deinen Heiland Jesum mit ausgespannten Armen. Er ist urbietig, dich zu umfangen, als welcher dich mit seinem so kostbaren Blut erlöset hat! Ich verlange keine Barmherzigkeit, sprach er mehrmal, Gott kann seinen Pardon im Himmel behalten, ich begehre nichts dergleichen. Endlich redet das geschnitzelte Kruzifix selbst ihn an, und vermahnet denselben zur Beicht, in Erwägung des theuren Bluts, so er vor sein Heil vergossen: aber mehrmalen umsonst, die häufigen Blutstropfen fielen von dem Kreuz herab, aber wieder umsonst, bis endlich das Kruzifix die rechte Hand von dem Kreuz herab gelöset, das Blut aus der Seite genommen, und diesem unglückseligen Tropfen solches in das Angesicht geworfen, weilen du solches nit willst zu deinem Heil, so seye es zu deinem ewigen Verderben. Das heißt ja, wie gelebt, also gestorben.


Nonne Mors est sicut vita. Ech. Ita.


Ich, ja ich, sagt mancher, wenns einmal sollt darzu kommen, will heilig sterben, jetzt muß einer auch mit der Welt halten, hupfen doch die Heuschrecken, warum soll unser eins nit auch einen Sprung wagen? ein junges Blut tracht nach gutem Muth, wenn man allezeit inbrünstig wär, so möcht einer zuletzt gar angebrennt werden; wenn ein gebrochener Fuß wieder geheilt wird, so ist er nachmals viel stärker, als wenn er nie wäre gebrochen worden; wenn ich graue Haar werd haben wie eine Asche, nachmals will ich auch der Faßnacht absagen, und den Ascher-Mittwoch celebriren. [285] Jucundus ist doch ein großer Heiliger gewesen, was soll es schaden, wenn ich unter seinem Namen mein Leben zubringe, aber auf die letzt, wenn das Leben will Feierabend machen, da will ich, ach da will ich mit Gottes Hilf das Miserere cum pleno choro singen, da will ich etc. Willibrordus, ein Heiliger, hat große Mirakul gemacht, Willibaldus, ein Heiliger, hat viel Mirakul gemacht, Willfridus, ein Heiliger, hat schöne Mirakul gemacht, Wilhelmus, ein Heiliger, hat herrliche Mirakul gemacht, Willgefortis, ein Heiliger, hat unterschiedliche Mirakul gemacht etc., aber ob dein Will, Will auch werde Mirakul machen, da zweifle ich, und zweifeln mit mir fast alle heiligen Lehrer, jetzt heißt es zwar bei dir, ich will, es ist aber eine große mächtige Gefahr, obs zuletzt bei dir wird heißen, ich kann. In Brunnen fallen kannst du selbst, aber heraussteigen ohne Hilfe eines andern nit selbst, sündigen kannst du, wann du willst, aber von Sünden auferstehen kannst du nit, wann du willst, sondern wann Gott will, dieser Will ist aber kaum gegen einen einigen aus viel tausend und tausend, die ein lasterhaftes Leben geführt, sondern es bleibt meistens wahr, wie gelebt, also gestorben. Du sollst leben wie ein unfläthiges Schwein, und doch zuletzt sterben mit einem Schein? du? das reimt sich wie ein Polster und Haselnuß. Du sollst immerzu leben wie ein neidiger Hund, und nachmals dein Leben heilig enden in der letzten Stund? du? das reimt sich wie Speck und Strähbüchsen. Du sollst so viel Jahr leben wie ein verstohlener Raab, und zuletzt wie ein Heiliger kommen ins Grab? du? das reimt sich wie [286] Straubing und Kützbichel. Du sollst fast allezeit leben wie ein Luder, und doch zuletzt sterben wie ein Jakobs-Bruder? du? das reimt sich wie Babylon und Glasscheiben. Du sollst deine Jahr zubringen wie ein Poltron, und dennoch zuletzt hoffen die ewige Kron? du? das reimt sich wie Lauten und Muskateller. Du sollst nit anderst leben, als wie ein Teufel, und doch zuletzt selig werden ohne Zweifel? du? das reimt sich wie Stiefel und Sesselknopf. Wohl aber wird bei dir zuletzt seyn, wie der Wein zuletzt in dem Faß, lauter trübes Gleger: bei dir wird zuletzt seyn, wie zu Wien die Prozessiones, allwo jederzeit ein altes, schwaches, rotziges Mütterl zuletzt gehet: bei dir wird zuletzt seyn wie eine Schusterzech, da man zuletzt fast allemal thut raufen und schlagen. Es wird bei dir nie schlechter hergehen, als zuletzt, da wird es sich zeigen, daß Leben und Tod auf einen Thon gestimmt, Tod und Leben über einen Leist geschlagen, Leben und Tod in einen Model gegossen, da wird man sehen, wie gelebt, also gestorben.

Es ist keine Fabel, sondern es bestätiget solches die heilige Schrift selbst, welche mit kurzen Worten beybringt, daß zu Jerusalem 2 junge Soldaten, weiß nit was Ursach halber, auf der Gasse tödtlich blessirt worden, wie solches ihren Müttern zu Ohren kommen, da seynd sie unverzüglich zugeloffen, eine jede ihren halbtodten Sohn in die Arm genommen, ach! sagt eine, ich unglückselige Mutter hab dich unter meinem Herzen neun Monat getragen, und jetzt muß ich dich sehen sterben in meinen Händen! du mein Milch gesogen, und jetzt ein anderer dein Blut! Mutter, [287] sagte der Sohn, heuer ist der Waizen stattlich gerathen, was für ein edles Brod wird werden, und ich kanns nit mehr genießen? darauf ist er gestorben. Ach! klagte die andere Mutter, wie bist du mein Kind, mein herzigster Sohn, in dieses Unglück kommen? du einiger Trost meines Alters! Mutter! sagte er, gib nur dieß Jahr wohl acht, daß der Wein gerecht in die Fässer komme, dann er heuer über alle Massen gut gerathen, daß doch die Presser, die schlimmen Heuter, kein Wasser darunter schütten, unglückselig bin ich, daß ich keines daraus mehr werde Bescheid thun, nach solchen Worten hat er gleichfalls den Geist auf geben. Diese zwei waren bei Lebenszeiten nichts anders als Schlemmer und Freßnarren, dahero im Tod anstatt daß sie hätten sollen ihre Seelen dem allmächtigen Schöpfer aufopfern, haben sie nichts anders geredet, als vom Fressen und Saufen. O das heißt, wie gelebt, also gestorben. Der Saul, grimmig im Leben, nit um ein Haar besser im Tod, da er sich selbsten ermordet. Herodes, blutgierig im Leben, nit um ein Haar frömmer im Tod, da er befohlen, den meisten jüdischen Adel zu erwürgen. Ochozias, abgötterisch und lasterhaft im Leben, nit um ein Haar heiliger im Tod, da er alle Teufel in der Höll zu Rath gefragt. Julianus, gotteslästerig im Leben, nit um ein Haar besser im Tod, indem er dazumal noch mit Lasterworten den Allerhöchsten angegriffen. Joannes Ziska, ein abgesagter Feind der Geistlichen im Leben, nit um ein Haar gütiger im Tod, weilen er befohlen, man solle nach seinem Absterben ihm die Haut abziehen, daraus eine Trommel machen, und den Krieg wider [288] das katholische Priesterthum fortführen. Petrus Aretinus, ein geiler Bock im Leben, nit aber um ein Haar keuscher im Tod, weilen er in den Armen seiner Metze die Seel aufgeben. O Gott! befrag nur die Beichtväter, welche gar oft zu den Kranken und Sterbenden geholt werden, die werden mit mehreren Zeugnissen behaupten, daß es wahr sey, wie gelebt, also gestorben.

O Pater! ich weiß einen Heiligen, der sein Lebtag ein Hauptschelm gewest, und dennoch sich noch in dem Tod also mit Gott versöhnet, dergestalten wohl sich bekehrt, daß er ohne Fegfeuer die Seligkeit erworben, dieser Heilige wird genannt Dismas, er hat sein Lebtag in großen Lastern zugebracht, sein Vater war gleichfalls ein Mörder und Straßen-Räuber; gedachter Dismas war von Jugend auf in diesem saubern Wandel auferzogen, im 50sten Jahr seines Alters gefangen und in Verhaft genommen worden. Glaubens halber ein Hebräer, aber der Geburt nach ein Egyptier ist dieser Böswicht gewest, und derenthalben ist er auf die rechte Hand an das Kreuz genagelt worden, weilen er das Capo und Oberhaupt war einer ganzen mörderischen Rott, hat dieser übel gelebt, und gleichwohl heilig gestorben. Warum ich nit? Pater!

Audi Herr Klaudi! Gott der Allmächtige hat dem Patriarchen Abraham befohlen, er solle hingeheu, und ihm seinen einigen Sohn Isaac auf dem Berg Moria aufopfern und schlachten, welchem der vollkommene Mann emsig ist nachkommen, etliche Scheitel Holz kreuzweis, und nit ohne Geheimnuß, aufeinander [289] gelegt, den Isaac als sein anders Leben darauf gestellt, das Schwert unverweilt gezückt, und den Streich geführt, den Isaac zu enthaupten, es ist ihm aber alsobalden ein Engel in das Schwert gefallen, den Streich verhindert, mit dem Verlaut, daß Gott seinen Willen für das Werk angenommen, und es auch verdienter Massen reichlich bezahlen werde.

Ein andersmal führet der tapfere Jephte eine Kriegsarmee wider die Amoniter, damit er nun sich einen guten Namen mache, und in den heroischen Thaten hereinbringe, was ihm das Glück in der Geburt versagt, massen sein Herkommen von schlechten und niedrigen Leuten, also hat er allen möglichen Fleiß angewendet, die Victori und Sieg über seine Feinde zu erhalten, zu welchem Ende er auch Gottes Hilfe beßtermassen angerufen, und Gott dem Herrn ein Gelübd gethan, wenn er ihm hierinfalls helfe zu seinem gewünschten Zweck, so wolle er ihm die erste Person, die ihm aus seinem Haus entgegen werde gehen, aufopfern. Jephte überwindet, Jephte kehrt glorios nach Haus, Jephte wird empfangen, aber leider von seiner einigen Tochter; ungeacht aber dieß will er dem Allmächtigen sein Wort halten, das Gelübd vollziehen, führet demnach seine liebste Tochter hinaus, zuckt mit vollen und vielen Freuden das Schwert, gemach, gemach. O Jephte, was ist dieß? deine einige Tochter, deine liebste Creatur sollst du also hinrichten? Mein hl. Vater Augustinus, dieser große Lehrer, gibt die Ursach, warum Jephte seine Tochter mit sonderm Jubel habe hingericht, er hat zu Gemüth geführt, was gestalten dem Abraham ein Engel in das Schwert[290] gefallen, da er seinen Sohn hat wollen aufopfern, also hat er auch gehofft, ein Engel werde vom Himmel kommen, und ihm den Streich aufhalten, es ist ihm aber nit also angangen.

Audi Herr Klaudi, aus besagter Geschicht kann man gar wohl abnehmen, was Gott einmal thut, dasselbig nit schuldig sey, das andermal zu thun, Gott hat dem Dismas die Gnad gegeben, daß er heilig gestorben, da er doch gottlos gelebt, so soll er auch dir ein seliges Ende ertheilen, wann du schon dein ganzes Leben in Sünd und Lastern zubringst? welcher nasenwitzige Philosophus hat dir diese Konsequenz eingeräumt? Gott der Herr hat vermög seiner Allmacht dem ganzen Volk Israel die Gutthat erwiesen, daß jedermann mit trucknen Füßen durch das rothe Meer passiret, der Pharao hat geglaubt, es werde ihm und den Seinigen solcher Paß auch vergönnet werden, war aber in der Hoffnung betrogen, massen er samt dem ganzen Kriegsheer von den Meerwellen zugedeckt worden, dann was Gott einem thut, folgt gar nit, daß er es auch einem andern thut. Gott hat auf eine Zeit ein großes Mirakul gewirkt, indem eine grausame Feuersbrunst gedämpft worden, sobald das geweihte Wachs von Pius V. darein geworfen, nun will ich so cortes mit dir seyn, und dir einen solchen Partikul vom besagten hl. Mann spendiren, gehe demnach hin, und zünde dein Haus an, und lösche nachmals die Brunst mit solchem geweihten Wachs, ich, sagst du, laß solches wohl unterwegs, dann daß solches Wunderwerk sey einmal geschehen, will ich es nit verneinen, aber daß es noch einmal, da bin ich nit vergewißt, auf Mirakul [291] ist sich nit allezeit zu verlassen. Du redest über alle Massen sehr weislich, aber gedenk auch anbei, daß es eine gestaltsame Gleichheit habe mit dir und dem rechten Schächer am Kreuz, dieser hat übel gelebt, aber mirakuloser Weise heilig gestorben, so willst du dich dann auch auf dergleichen Mirakuln verlassen, welches aus so vielen tausend und tausend kaum einer zu hoffen hat? O Verblendung! auf ein ungewisses Vielleicht dein ganzes und ewiges Seelenheil zu bauen.

Was Neues, Herr Sigmund? lüg einmal eins auf eine halbe Stund, Neues weiß ich nichts, als daß der feldische Hans Karl gestorben, was? der feldische Hans Karl? nit anderst, heut wird er begraben,Jesus! was sagst du, er gestorben? er hats kurz gemacht, vor 3 Tagen hat er sich gelegt, gestern zwischen drei und vier ist er eine Leich gewest, mit harter Müh, daß wir noch einen Geistlichen zu ihm gebracht haben, er hat gar hart daran wollen, tröste ihn der liebe Gott, weil er nur gebeichtet hat, dann er hat ja einen liederlichen Wandel geführt, jetzt können die Wirthshäuser anstatt des Zeigers einen Flor heraus hängen, potz tausend Krebsurschl, was wird die Baberl in der Jungfraustrasse beim gläsernen Strumpf jetzt anfangen? er hat sie bishero allezeit ausgehalten, tröste ihn Gott, weil er gleichwohl gut gestorben, das ist eine sondere Gnad von Gott.

O was unzeitige Urthel seynd diese? mit was kurzem Prozeß und geringen Unkosten kanonisiren wir dergleichen Leute! indem doch tausend und tausend solche Beichten und Bußen nit recht noch gültig seyn. [292] Dann erstlich ein solcher verläßt die Sünden nit, sondern wird von Sünden verlassen, ist also bei ihm die Unmöglichkeit zu sündigen, nit aber der feste Wille, die Sünde zu verlassen, dann wann ihm der allmächtige Gott das Leben erstreckte auf tausend Jahr, so würde er so lang von den Sünden nit abstehen, bis die tausend Jahr zum Ende gingen, nachmals aber thäte er sich bekehren, nit, weil er will, sondern weil er muß. Zum andern, wird aus tausend und tausend solchen letzten Beichten derer, so allezeit übel gelebt, kaum eine dasjenige haben, was nothwendig dazu erfordert wird, massen der Allmächtige durch sein gerechtes Urtheil also verhängt, daß solche nit können auf den rechten Weg kommen, wann sie auch schon wollen, weil sie so lang haben gekonnt, und nit wollen, jetzt wollen sie? und können nit.

Zu Sodoma haben bei dem Loth zwei Engel in Gestalt zwei schöner Jünglinge eingekehrt, und die Nachtherberge genommen, gestalten der fromme Mann gegen die Fremden gar freigebig war, sobald solches den Sodomitern zu Ohren kommen, daß hübsche junge Leut angelangt, so haben sie bei nächtlicher Weile mit aller Gewalt des Loths Haus wollen stürmen, aber der allmächtige Gott hat diese vermessenen Böswichter wunderbarlich gestraft, indem die lasterhaften Gesellen die halbe Nacht um das Haus herum gangen, doch also verblendet worden, daß sie keine Thür haben können finden, bald hinum, bald herum, bald rechts, bald links, bald oben, bald unten, geschaut, gesucht, tappt, griffen, aber keine Thür gefunden mit Lichtern, mit Laternen, mit Fackeln alles ganz [293] genau ausgesucht und umgeschaut, aber keine Thür gefunden, und folgsam mit der langen Nase nach Haus gangen.

Auf gleiche Weise thut Gott handeln mit einem sündigen Menschen, welcher seine Bekehrung bis in den Tod gespart und aufgeschoben, dieser wird dazumalen in sich selbst gehen, wird die Gnadenthür Gottes allerseits suchen, aber der gerechte Gott durch Entziehung seiner Gnade wird ihn also verblenden, daß er solche Thür nit wird finden, und so lang mit seinem verstarrten Gemüth, mit seinem vor Furcht zappelnden Herzen, mit seinen verwirrten Gedanken herumtappen, bis ihn elenden Tropfen der Tod ergreift, der göttliche Richter im Zorn erscheint, und die Seele durch gerechtes Urthel zu dem ewigen Untergang gezogen wird. Es wird mehrmal ein solcher Sterbender seufzen, er wird die Augen voller Wasser haben, er wird das Kruzifix küssen, er wird auchJesus und Maria dem Beichtvater nachsagen, unterdessen aber werden solche äußerliche Zeichen nit aus Liebe zu Gott, nit aus Reue der Sünden, sondern aus Furcht des Todes erweckt, dann Gott gibt ihm die Gnade nit, rechte Reu und Leid zu erwecken. O gütigster Jesu, dies soll ja jemand wohl erwägen.

Was Neues, Herr Sebastian? bring etwas Neues auf die Bahn, Neues genug, sagt er, der alte Herr Büernschell ist heut Frühe ad Patres gangen. Ist er einmal hin? tröste ihn Gott, jetzt findt sich mehr eine junge Wittib, die wird ihr die Haar ausgerauft haben? was dann, sie seynd herum geflogen, als wanns Kehrwisch thät regnen. Sie wird geweint und geseufzt [294] haben? ich glaube wohl, ein Seufzer hätte gar leicht können eine ganze Muth oder Malter geschnittnes Stroh hinweg blasen. So ist er einmal hin? der wird ein Schönes verlassen haben? dann er war so karg, daß er den Salat wie eine Gais gefressen, ohne Essig und Oel. Ist er gut gestorben? ja, gar gut, er hat gebeicht, ist mit dem höchsten Gut versehen worden, auf die Letzt hat sich der alte Kauz gleichwohl stark gewehret um sein Leben, tröste ihn Gott, weilen er nur gut gestorben.

Solche alberne Urthel fällen wir Menschen fast täglich, und glauben unschwer, daß ein solcher Geizhals nach wenigem Fegfeuer, um weilen er dergestalt gestorben, den geraden Weg in Himmel eingelassen werde. O wie weit! o wie oft fehlen wir in dergleichen Dingen! Dieser hat die ganze Zeit seines Lebens nach Geld und Gut getracht, hat Tag und Nacht ärger gescharret als eine Brut-Henne vor dem Stadelthor, hat früh und spat ärger geschaben als ein Löffel-Macher, und soll auf die Letzt so gut gestorben seyn? das nit, das nit, aus tausend und tausend oft keiner nit. Ein solcher wird dem Beichtvater sagen, er habe Reu und Leid, unterdessen bestehet diese Reu und Leid nur in Worten, nit aber im Herzen, das Herz wird noch voller Geld-Gierigkeit seyn, es wird in größten Trübnissen stecken, und gleichsam strudeln wie die Erbes in einem siedenden Hafen oder Topf, nit darum, weil er Gott beleidiget, sondern darum, weil er so viel Hab und Güter muß verlassen, darum, weil sein gespartes Gut in fremde Hände kommt, darum, weil eine so schöne [295] Baarschaft ein verschwenderischer Zehrer gelangt. O Pater! da müßt ich wohl ein thörichter Mensch seyn, wann ich dazumal nit auch wollt im Herzen rechte Reu und Leid erwecken, ich sag dir aber mehr und abermal, du wirst die Gnade von Gott nit haben, solche rechte Reu ins Herz zu bringen, sondern Gott verhängt, daß du also sterbest, wie du gelebt. Antonius Paduanus, wie ich anderwärts gemeldet, hat einem geizigen Herrn eine Leich-Predigt gemacht, und wider alles Verhoffen der anwesenden Freundschaft in diese Wort ausgebrochen, daß dieser verstorbene Geld-Egl bereits in der Hölle schwitze, sein Herz aber werde man finden bei seinem Geld zu Haus, welches dann in der Wahrheit alles zugetroffen. Dieser hat doch vor seinem Tod gebeichtet, hat nach christlichem Brauch die heil. Sakramente empfangen, hat mit der Hand an die Brust geschlagen, und ist dannoch zum Teufel gefahren, warum? darum, Gott hat ihm sein Geld-gieriges Herz, welches er sein Lebtag gehabt, im Tod nicht verändert, hat seine göttliche Gnade, die er ihm bei Lebzeiten so vielfältig dargeboten, und er solche geweigert, jetzt beim Tod entzogen und ihn also in dem altem Wahn lassen sterben und verderben. Dann wisse mein sündiger Mensch, daß du mit allem natürlichen Fleiß keine rechte Reu und Leid nit kannst erwecken, ohne sondere göttliche Hilf und Beistand, und diese aus tausenden gibt es nit einem, der da übel gelebet.

Wie auf eine Zeit die Apostel in einem Schiff auf dem Meer fuhren, und war es bei der Nacht, da hat sich Christus der Herr sehen lassen, die Aposteln [296] aber haben ihn nit gekannt, sondern es hat ihnen der Buckel graust, denn sie glaubten, es wäre ein Gespenst, oder gar der Bau, Bau etc., als er aber sie freundlich angeredet, da war Petrus eifriger als die andern, und wollte kurzum bei seinem Herrn seyn, machte dahero sich unverweilter aus dem Schiff, tritt das Wasser wie einen krystallenen Boden, gehet daher auf dem Meer wie auf einer Wiese, als er aber von einem starken Wind angetastet worden, und er derenthalben geforchten, da hat er angefangen zu sinken, und so ihm Christus der Herr seine Hand nit hätte dargeboten, und ihm geholfen, so wäre Petrus ersoffen und zu Grund gangen. O Gott! O Gott! bei einem Haar wäre Petrus zu Grund gangen, indem doch der Herr Jesu selbst gegenwärtig war, wie wird es erst mit einem im Todbett ergehen, allwo sich unser lieber Herr nit einfindet? er findet sich aber nit ein bei dergleichen Sündern, welche ihre Pönitenz und Buß, ihre ganze Bekehrung bis zum Tod aufschieben; in Abwesenheit aber Gottes und seiner Gnade kann es nit anders seyn, als daß ein solcher elend zu Grund gehe.

Der allmächtige Gott hat neben andern auch in dem alten Testament von seinem Opfer verworfen die Schwanen, Spatzen hat er angenommen, die seynd geopfert worden, Tauben hat er angenommen, die seynd geopfert worden, aber Schwanen hat er nit angenommen, dahero auch solche nit geopfert worden, warum? mein Gott! warum? seynd doch die Schwanen Vögel, welche die Liverei der Unschuld in ihren weissen Federn tragen, seynd sie doch Vögel, welche [297] sich meistens aufhalten im Wasser, welches Element gleich von Anbeginn der Welt von dem Schatten des emporschwebenden Geistes Gottes geweiht worden; seynd sie doch Vögel, so mitten im Wasser nit naß werden, und dergestalten ein lebendiges Sinnbild der seligsten Mutter Gottes, welche in Mitte der Adamskinder empfangen und geboren worden, doch unbefleckt und ohne einigen Mackel. Mir wäre ein Schwan lieber, als ein ganzer Taubenkobel, lieber, als ein ganzes Dach voll Spatzen, und dannoch hat Gott von seinem Opfer Spatzen und Tauben nit verworfen, wohl aber die Schwanen, welcher Vogelfeind muß die weisse Tropfen also bei Gott verschwärzt haben? Es ist zu wissen, daß die Schwanen ihr Lebtag stillschweigen, sich niemals hören lassen, wie andere Vögel, als wann ihnen die Natur die Stimm versagt hätte, wann sie aber merken, daß ihr Leben zu Ende gehet, und der nagende Tod herbei rückt, da fangen sie an, lieblich zu singen. Solche, solche Vögel hasset der allmächtige Gott, welche die Zeit ihres Lebens niemals mit zerknirschtem Herzen zu Gott geschrieen, in dem Beichtstuhl vor dem geistlichen Richter sich niemals recht hören lassen, ausgenommen, wann der Tod herzu schleicht, da heißt es, laufts, schnaufts um einen Beichtvater, geschwind wie der Wind, um einen Beichtvater, da macht man eine schnelle Raitung über Pausch, da klopft man an das Herz, da schnappt er mit dem Maul, als wollt er die Himmelsthür mit den Zähnen aufbeißen, da seufzet er Jesus! Jesus! da wirft er die Augen hin und her, als such er sich ein besonders Ort in dem Himmel aus, also stirbt [298] er, also sagt man, tröst ihn Gott, weil er nur gebeichtet hat.

O Thorheit! wer will es glauben, daß in einer so kurzen Zeit der elende Mensch den ganzen Inhalt seines Leben in Mitte unter den Schmerzen und Todesängsten hab können zusammenbringen? wer will es aussagen, daß ein solcher in Gegenwart vieler tausend teuflischer Larven, in Anschauung des aufgesperrten Höllenrachens, in Erwägung der unendlichen Ewigkeit, in Erblickung des ganzen so übel zugebrachten Lebenswandels, in Betrachtung des so vielmal verschwendeten Bluts Jesu Christi, in Anschauung der göttlichen Ungnade etc., wie kanns seyn, daß ein solcher eine rechte Reu und Leid erwecke? dazumal, wann sich Gott von ihm absondert, wann Gott ihm selbst die Ohren zuhält, als spreche er, ich habe dich elende Kreatur so vielfältig ermahnet, so oft dir zum Herzen geredet, so oft dir durch die Prediger zugeschrieen, so oft dir durch so viel erwiesene Gutthaten die Anleitung gegeben, daß du dich solltest bessern, dich bekehren, so hast du aber halsstarriges Geschöpf mir als deinem Erschöpfer nie kein Gehör gegeben, mir als deinem Erlöser allezeit den Rücken gezeigt, mich als deinen Gott nie angehört, jetzt lache ich auch an deinem Untergang, und da ich dir helfen könnte, hilf ich nit, weil ich dir so oft hab helfen wollen, und du solche Hilfe geweigert: Quaeretis me, et non invenietis, et in peccato vestro moriemini.

So laßt uns dann nachfolgen dem David, solchem von Gott erwählten König, als dieser noch in jungen Jahren, und bei dem König Saul sich angemeldet, [299] daß er wolle in eigner und einiger Person wider den ungeheuren Riesen Goliath streiten, auch solches unschwer ihm verwilliget worden, da hat sich solcher alsobald zu einem Bach begeben, daselbst die besten und tauglichsten Steine, in der Anzahl fünf, auserlesen, und in seine Hirtentasche gesteckt, nachmals geraden Wegs sich verfüget an den bestimmten Ort, allwo sein Gegentheil sich eingefunden. Aber liebster David, du Trost des ganzen Volks Israel, sag her, warum machst du jetzt eine Provision mit Steinen? was willst du dich umsonst also beschweren? vielleicht gibt es wohl bessere an demselben Ort, wo der Goliath, dieser Großschädel, deiner wartet? Ich trau nit, sagt David, ich will mich vorhero wohl versehen, es möchte seyn, daß ich am selben Ort keine Steine thät antreffen, oder da ich einen oder den andern thäte ausklauben, unterdessen mir mein Widersacher den Rest gebe, ich trau nit, jetzt ist es besser, jetzt ist es sicherer, daß ich mich versehe.

Allerliebste Adamskinder, ich falle euch zu Füßen, und bitte euch um die Wunden Jesu Christi, ich bitte euch, daß ihr doch diesem so bescheidenen Fürsten wollet nachfolgen. Ein Streit, und zwar ein überaus gefährlicher Streit ist uns gewiß im letzten Sterbstündl mit dem höllischen Goliath. O wie viel tausend und tausend werden von diesem so grausamen Feind überwunden! die Waffen wider diesen so allgemeinen Widersacher seynd wahre Beicht, wahre Bereuung der Sünden, es möchte nun seyn, wie es leider öfters geschieht, daß wir dazumal solche geistlichen. Waffen nit könnten finden, theils ob Schwachheit unsers [300] Leibs, theils ob des gar zu verwirrten Gemüths und theils ob des zu hart über Hals dringenden Feindes. So laßt uns dann jetzt, da wir noch Zeit und Gelegenheit genug haben, eine Provision mit dem David machen, laßt uns jetzt nit Morgen, o Morgen voller Sorgen! jetzt uns in Bereitschaft stellen, jetzt, jetzt, da uns der Himmel noch offen stehet, wie den fünf weisen Jungfrauen, jetzt, jetzt, da uns noch der Heiland seine Gnade anerbietet, wie der Samaritanin bei dem Brunnen, jetzt, jetzt, da uns noch der Herr Jesus seine fünf heiligsten Wunden offerirt zu einer Ersättigung, wie die fünf Gerstenbrod dem Volk, jetzt, jetzt, da uns das heilige Sakrament noch einen Schwemmteich abgibt zu Jerusalem, jetzt, jetzt, da uns noch die Wunden der Seele können geheilt werden, wie jenem Reisenden von Jerusalem nach Jericho, jetzt, jetzt, da noch Maria eine Rebecca abgibt, die uns den Segen und Benediktion Gottes zuwege bringt, jetzt, jetzt, da uns Gott noch ruft, dann es möchte seyn, wie es schon so viel tausend und tausend begegnet, daß uns Gott in den letzten Sterbsnöthen nit möcht rufen, jetzt, jetzt, da er schreiet: »Convertimini ad me in toto corde vestro, bekehret euch zu mir, mit ganzem euren Herzen! etc.,« cito, cito, citissime.

Judas, der unverschämte und lasterhafte Gesell
Judas, der unverschämte und lasterhafte Gesell, hat die Mutter Gottes Maria veracht.

Wie der liebste Jünger Joannes vernommen die gefällte Sentenz des Tods über Christum, auch anbei [301] gesehen, daß die Sach nit mehr könne hinterstellig gemacht werden, also ist er um Mitternacht aus der Behausung des Kaiphas hinweggangen, und sich den geraden Weg nach Bethania begeben, allwo er diese traurige Zeitung der schmerzhaften Mutter Maria hinterbracht, wie es dem mütterlichen Herzen vorkommen, ist nit zu beschreiben.

Maria mit Joanne, mit Magdalena, samt andern frommen Matronen ist den 25. März, als am Freitag in aller Früh, sogar vor der Sonne Aufgang, nach Jerusalem gangen, unterdessen war der Heer Jesus in dem Pallast des Pilati schon an eine Säule angebunden, als nun die seligste Mutter nach vollendetem Gebet aus dem Tempel herausgetreten, da ist ihr Judas Iscarioth begegnet, welchem die mildherzigste Jungfrau mit freundlichstem Angesicht einen guten Morgen gewunschen, und ihn, als einen so bekannten Apostel, befragt, ob er nit wisse, wo ihr gebenedeiter Sohn sey, und wie es demselben gehe? worauf der grobe Schelm und ungeschaffene Böswicht geantwortet, was gehet es mich an, ich sollte gewiß sein Hüter seyn, ich sollte gewiß wegen seiner Rechenschaft geben, wer ihn finden will, der suche ihn gleichwohl etc., schupft hierüber die Achsel, zeigt ihr den Rücken, gehet davon, und schmälet und murret immerzu fort. O Bestie! hättest du dazumal deine Schuld bekennet, und die seligste Mutter bittlich ersucht, daß sie dich bei ihrem liebsten Sohn Jesu wieder in Gnaden bringe, so wäre dir unfehlbar geholfen worden, und wärest du folgsam dem ewigen Verderben entgangen, aber anjetzo bist du schon ein gewidmeter[302] Brocken für die Höll, um weil du die Mutter Gottes entunehret.

Wehe denjenigen, welche die Mutter Gottes verachten und entunehren! massen sie der göttliche Sohn selbst jederzeit bestens verehret. Viel Wunder und große Wunder haben sich dazumal zugetragen, wie der Herr Jesus zu seinem Tod auf dem Berg Kalvaria hinaus geführt worden, da haben alle ihre Fahnen und Standarten sich bis auf die Erde geneigt, mit höchster Verwunderung der Hebräer, wie auch der Heiden. Item, wie der Heiland durch die Grausamkeit der Henkersknechte zur Erde samt dem schweren Kreuz gefallen, da hat er in einem harten Stein sein heiligstes Angesicht, wie in ein lindes Wachs eingedruckt. Mehr haben die jüdischen Lottersbuben den Herrn Jesum durch alle Koth- und Mistlachen geschleppt, so seynd doch seine heiligsten Füß im geringsten nit bemailigt worden, nit ungleich der Sonne, welche auch mit ihren Strahlen unbesudelter durch die Mistlachen wandert.

Neben andern aber ist eines aus den größten Wundern, daß in währenden seinem Leiden, und forderist in dieser mörderischen Ausführung er nit hat zugelassen, daß seiner gebenedeiten Mutter wäre die geringste Unbild zugefügt worden, indem doch das verbainte Judengesind auf alle Weise gedenkt, wie es dem Herrn Jesu kann ein Leid anthun. In währendem Ausführen ist eine große Anzahl der hebräischen Spitzbuben ihm nachgeloffen, und den Heiland geworfen mit Steinen, mit Koth, mit Eiern, mit faulem Obst, mit allerlei Unflath, wie sie dann hiezu von ihren [303] eignen Eltern seynd angereizt worden. Wie er durch die Gassen geführt worden, und dazumal, die Leute beim Mittagessen waren, da seynd sie von der Tafel unter die Fenster gefallen, allerlei Spottreden auf ihn hinunter geschrieen, o Bestien! auch wie ihm in einer Gasse seine gebenedeite Mutter begegnet, und aus mütterlichem Affekt ihm um den Hals gefallen, und den letzten Kuß gegeben, da haben sie ihn zwar bei den Haaren davon gezogen, aber der seligsten Mutter nit ein Leid angethan, welches ohne Zweifel wäre geschehen, und hätte weiß nit was für Unbild das schwierige Lottergesind ihr angethan, aber der Herr Jesus hat es je und allemal verhindert, nie zugelassen, daß ihr eine öffentliche Schmach wäre zugefügt worden. Wehe also, und abermal wehe denjenigen, welche sie verachten.

In der Stadt Zamossa hat sich An. 1600 etwas wunderliches begeben. Daselbst am Tag Mariä Verkündigung wollte eine vornehme Edelfrau auf ihre Herrschaft, so nit gar weit entlegen, in einer Karossen oder Kobl-Wagen verreisen; die Bedienten zu Haus haben ihr solches widerrathen, in Erwägung des heiligen Festtags, diese aber, weil sie gut ketzerisch, ließ sich von solcher stark vorgenommenen Reise nit abhalten, ja überdieß hat sie noch allerlei Lästerworte geredet wider die gebenedeite Mutter Gottes Maria, unter andern hat sie sich hören lassen, daß die Mutter Maria nit um ein Haar heiliger seye, als sie oder ein anderes Weib etc. Wie sie nun wirklich auf dem Weg begriffen, und bereits nit weit von ihrem Gut oder Hof, da seynd augenblicklich die Pferd [304] still gestanden, sie aber von dem Wagen herabgestiegen, und einen Abtritt in das nächst entlegene Wäldel gethan, allwo sie der Natur gepflogen. Siehe aber Wunder! ein ganz gäh entstandener Sturmwind wirft diese zu Boden, daß sie mit dem Lastermaul in den Wust gefallen, so unlängst von ihr kommen, und dergestalten mit einem erschrecklichen Geschrei ihren unglückseligen Geist aufgeben.

Wehe denjenigen, welche den heiligsten Namen der Mutter Gottes Mariä verachten und entunehren. Wie Gottes Sohn auf dem Berg Calvari kurz vor seinem bittern Tod das Testament aufgesetzt, unter andern seinem liebsten Jünger Joanni das beste verlassen, benanntlich seine gebenedeite Mutter, laut dieser Worte: »Mulier, ecce filius tuus, Weib, siehe deinen Sohn.« O goldener Mund Jesu, warum sprichst du, Weib? warum Weib? es ist ja diejenige, welche auf das Anbringen des Erzengels Gabriels das Fiat geschrieben,fiat mihi secundum verbum tuum? Es ist ja diejenige, welche dich zu Bethlehem geboren in dem Stall, wo zumal der Stall zu einem Saal worden? Es ist ja diejenige, welche dich durch die Flucht nach Egypten der tyrannischen Verfolgung Herodis entzogen? Es ist ja diejenige, welche dich mit so bedrängtem Herzen drei ganzer Tage gesucht, und endlich im Tempel zu Jerusalem gefunden, allwo du schon mit 12 Jahren Sacrae Scriturae Professor warest? In Summa, es ist diejenige, welche von den Engeln, von den Aposteln, von allen Leuten Maria genennet worden, und als deine Mutter erkennet worden, warum denn nennest du sie ein Weib? warum [305] nit Maria? darum nit Maria, spricht der heil. Bernardinus Senensis, darum nit Maria, weil der Herr Jesus gänzlich entschlossen, alle Pein und Schmerzen bis auf den letzten Lebens-Athem auszustehen, wenn er aber den Namen Mariä hätte ausgesprochen, so wäre alsdann solches nit geschehen, denn dieser heiligste Name Maria hätte ihm alle seine Schmerzen dergestalten versüßt, daß er fast nichts mehr empfunden hätte, denn nach dem Namen Jesus nichts trostreichers, noch süßers seyn kann, als der Name Maria.

Wie der Evangelist Marcus die Geschicht beibringt von Magdalena, da er sie eine gemeine Sünderin genennet, hat er den Namen Maria ausgelassen, sobald er aber erzählt, wie solche zur Buß und Pönitenz geschritten, da gibt er ihr schon den Namen Maria, hierdurch zu zeigen, daß solcher Name so heilig sey, daß ihn keine Sünderin solle tragen. Wessenthalben zu diesem heiligsten Namen der selige Münch Joscio in dem Convent St. Bertini einen solchen Eifer getragen, daß er täglich zu Ehren des Namens Mariä 5 Psalmen gebetet, deren Anfangsbuchstaben denselben in sich halten, benanntlich, M. Magnificat. A. ad Dominum clamavi. R. Retribue. I. In convertendo. A. Ad te levavi. Wie sehr der allerseligsten Mutter Gottes solche Andacht gefallen, ist aus dem leicht abzunehmen, indem besagtem heiligen Mann nach dem Tod 5 schöne Rosen, benanntlich 2 aus den Ohren, 2 aus den Augen, und eine aus dem Mund gewachsen, worauf die goldenen Buchstaben des süßesten Namens Mariä wunderlich zu sehen gewesen. [306] Wehe nun denjenigen, die solchen heiligen Namen verachten.

Anno 1619 seynd etliche katholische Schiffleute in die Hände der Seeräuber gerathen, von welchen sie völlig spolirt in einem kleinen Schiffl wieder zu den Ihrigen gelassen worden, diese bedrängten Leute seynd hierüber noch von dem Contrari-Wind hin- und hergetrieben worden, bis sie endlich in einer bewohnten Insel, insgemein die Königs-Insel genannt, kümmerlich angelandet, allwo sie aus treibender Noth von Haus zu Haus ein Almosen gesammlet; ungefähr aber seynd sie auch zu einem Ketzer daselbst gerathen, welchen sie demüthigst ersucht, er möchte doch aus christlicher Liebe ihnen die Nachtherberg vergönnen, was? sagte er, ihr seyd keine redlichen Leute, ich sehe euch für Schelmen und Diebe an, daß ihrs wüßt, worauf die frommen Tropfen geantwortet: Jesus Maria, solche Leut seynd wir nit. Kaum, daß er diese Wort vernommen: eben derenthalben, weilen ihr mit dem Jesus Maria aufziehet, vergönne ich euch das doch nit, ihr sollt heut in eures Jesus Maria Namen unterm freien Himmel schlafen, so auch geschehen; aber der Himmel wollte die Unbill dieser heiligsten Namen gebührend rächen. Nachdem der gotteslästerige Gesell dieselbe Nacht wohl satt und gesättiget sich ins Bett begeben, Willens einen sondern guten Schlaf zu haben, da ist er Morgens frühe in dem Stall, und zwar daselbst in einem Sautrog (schöne Todten-Bahr!) kohlschwarz im Gesicht, todt gefunden worden.

Wehe denjenigen, welche der Mutter Gottes unbefleckte Jungfrau verachten. Moses, der große Mann[307] Gottes, hat einmal 12 Kundschafter ausgeschickt, mit dem ernstlichen Befehl, daß sie das gelobte Land sollen besichtigen, und nachmals umständig berichten, wie eins und das andere seye beschaffen. Diese vollziehen den Befehl ihres Führers, gelangen auch an besagte so stattliche Landschaften, und zum gewissen Kenn- und Wahrzeichen, daß solches voller Milch und Honig und aller Fruchtbarkeit, haben sie eine Weintraube abgeschnitten, welche so groß und schwer, daß solche kaum ihrer zwei starke Männer tragen konnten. Mit dieser Rarität kommen sie zurück zu Mose und ganzem Volk Israel, und haben nit gnug erzählen können von dem auserlesenen Grund und Boden desselbigen Lands, aber anbei haben sie, um weilen darinnen so starke und feste Städte, dem Volk alle Hoffnung genommen, selbiges zu ererben, ja sie haben allenthalben ausgesagt, daß solche große und ungeheure Männer aus dem Geschlecht Enac darinnen seynd, gegen die sie wie die Heuschrecken hersahen,quasi locustae videbamur, mit solchen Heuschrecken thäten sie das Volk schrecken, daß keinem die Zähn gewässert nach solchem Land. Diese waren vermeßne Maulmacher, unverschamte Schwätzer, daß sie die große Weintraube haben abgeschnitten, das glaub ich, daß sie aber auch in Beschreibung der großen Männer haben aufgeschnitten, das glaub ich auch, dann für wahr eine ungereimte Gleichnuß, daß sie nur sollen seyn gewesen wie die Heuschrecken gegen diese Kerl.

Aber das ist gewiß, daß aller heiligen Jungfrauen, die da gewest, und noch seynd, und seyn werden, aller dero Reinigkeit ganz klein, und fast kaum sichtbar, gegen [308] der jungfräulichen Zierde der übergebenedeiten Himmelskönigin Maria. Ja, was ist da die Nacht gegen den Tag, die Lia gegen die Rachel, das Glas gegen den Diamant, das Linsenmuß Esau gegen das Manna, das Blei gegen das Gold, die egyptische Mücke gegen den machabäischen Elephanten, der Bach Cedron gegen das tiberische Meer, das Städtl Hey gegen die Stadt Ninive, das evangelische Senfkörnl gegen den Berg Libanon, der Moses im Bimsenkörbel gegen den Goliath, das seynd alle Jungfrauen gegen die Mutter Gottes. Aus dem Grab Guilielmi Pessulani ist eine schneeweisse Lilie gewachsen, dero Wurzel, in dessen hl. Mund gehaft. Dreihundert und zwanzig Jahr nach dem Tod Bendicti in Valle Umbrosa, ist aus seinem unversehrten Mund eine Lilie entsprossen. Aus und durch den Grabstein von hartem Marmor des hl. Vitalis zu Salzburg ist eine wunderschöne Lilie aufgangen. Aus dem Mund des hl. Martyrers Ruffini zu Assis ist auch eine schöne Lilie erwachsen. Desgleichen aus dem Wund Franzisci Senensis, aus dem Herzen Hugolini de Cortona unsers Ordens, aus dem Grab Mariani Cyrnei, Ambrosii Camaldulensis, Cherubini Testa, und vieler andern, seynd die wohlriechenden Lilien gewachsen, so lauter scheinbare Wahrzeichen und Wunderzeichen ihrer gehabten jungfräulichen Reinigkeit, aber doch nit, bei weitem nit, ja gar nit zu vergleichen der allerreinsten Jungfrau, Maria, als welche die allererste gewest, so ihre Jungfrauschaft durch ein Gelübd dem Allmächtigen gewidmet, und zwar dazumal schon, als sie noch in dem Leib ihrer hl. Mutter Annä verschlossen war.[309] Zumalen, nach Aussag der mehresten Lehrer, sie zur selben Zeit schon einen vollkommenen Verstand gehabt, und schon dazumalen in den Verdiensten bei Gott dem Herrn so hoch gestiegen, daß sie alle Heiligen der ganzen Welt übertroffen.

Die, gottselige Aebtissinn Ebba in Schottland, indem sie den feindlichen Einfall der Dänemarker geforchten, hat ihr selbst die Nase samt den obern Lefzen abgeschnitten, welcher auch alle Schwestern folgten, damit sie nur ihrer Jungfrauschaft nit möchten verlustig werden, das war ein heiliger Nasenwitz. Andere haben sich lieber verbrennen lassen, als von diesem Venusfeuer angesteckt werden. Andere haben sich lieber in das Wasser gestürzt, als einen Schiffbruch gelitten der Jungfrauschaft, andere haben lieber den Kopf verloren, als solche Haupttugend. Ihre jungfräuliche Ehre aber aller dieser jungfräulichen Reinigkeit ist gleichwohl nit zu vergleichen mit Maria, massen anderer Jungfrauen Gestalt und Angesicht die muthwilligen Gesellen zur Geilheit angereizt, welcher aber die übergebenedeite Jungfrau Maria bei Lebenszeit hat angeschaut, ist noch hierüber zur Reinigkeit veranlaßt und getrieben worden. Wehe also denjenigen, welche solches himmlische Kleinod der seligsten Mutter Gottes verachten.

In Spanien hat sich eine junge Tochter gefunden,de Hur Chaldaeorum etc., dero großer Leib sattsam zu verstehen gab, daß sie die Ehre in die Schanz geschlagen, welches sie aber, wie gemeiniglich pflegt zu geschehen, mit tausend Schwüren geläugnet, sondern es für einen andern Zustand und Krankheit ausgeben, wessenthalben ihre Mutter in allweg gesucht, [310] damit doch ihre liebe Tochter von solchem Uebel möchte erlediget werden, zu welchem Ende sie gedachte Tochter geführt hat nach einer vornehmen Wallfahrt unsrer lieben Frau, Grüm genannt, damit allda durch Hülfe der Mutter Gottes ihr möchte geholfen werden, zumal an besagtem Ort ein Brunn, samt einem kleinen Bach, welcher derenthalben das heilige Wasser genennt wird, um weil durch dasselbe viele und große Krankheiten abgewendet worden. Die Mutter befiehlt der Tochter, sie soll in Bach hineintreten, welches auch geschehen, sagt aber beinebens, meine Tochter, ich mein lauter, du seyest keine Jungfrau mehr, dann ich es aus vielen Dingen wahrnehme, und ich glaube, solche deine Leibsgeschwulst rühre anderwärts her etc., was? antwortet die vermessene Tochter, ich keine Jungfrau? ich bin eine so gute Jungfrau, als die Mutter Gottes Maria. Kaum hat sie diese Lästerworte hören lassen, versinkt sie in dem Wasser, so nit dritthalb Spannen tief, die Mutter will solche heraus ziehen, ertappe sie bei den Haaren, aber solche Haar blieben ihr in der Hand, und der übrige Leib ist nit mehr gesehen worden, auch solche Gestalt vom Wasser den geraden Weg zum ewigen Feuer gestiegen. Wehe denjenigen, welche die Wallfahrten der Mutter Gottes Mariä verachten und entunehren. Das Wörtlein Wallfahrt kommt her von den uralten Deutschen, so dazumal noch in dem blinden Heidenthume lebten, diese hatten ihren Gott oder Götter in den Wäldern, ja einigen ist der dicke finstere Wald selbst ein Gott gewesen, dahero sie sich öfters dahin begeben, ihr Opfer zu verrichten, welches sie Wallfahrten genannt,[311] wovon noch der Name geblieben. Das Wallfahrten, oder die Besuchung der Kirchen und heiligen Orte ist nit eine neue erdichtete Sache, sondern schon in dem Testament im Schwung gewest, indem sogar der allmächtige Gott den Kindern Israel ein Gebot gesetzt, daß sie dreimal im Jahr sollen nach Jerusalem Wallfahrten gehen. Solches hat nachmals im Anfang des christlichen Glaubens noch mehr zugenommen, und ist hierinfalls die Mutter Gottes selbst mit einem guten Exempel vorgangen, indem sie öfter nach der glorreichen Himmelfahrt Christi diejenigen Orte samt andern heiligen Frauen und Matronen besucht, welche ihr gebenedeiter Sohn Jesus mit seinen Fußpfaden geweihet, als da war: der Oelberg, der Kalvariberg, das heilige Grab und andere etc. Noch lang vor Konstantini Zeiten haben die Christen die Wallfahrt verricht, und das heilige Land, die Gräber der Apostel, wie auch forderist die Kirchen der Mutter Gottes besucht, obschon solches die Wicleffiten samt andern Ketzern in Abrede stellen. Es ist zwar nit ohne, daß zuweilen eine Wallfahrt zu keiner Wohlfahrt wird, und der Teufel auch eine Kapelle zu der großen Kirche bauet, massen bei dergleichen Kreuzgäng oft einige Fehler sich einschleichen. Fünf Meilen von Salzburg ist ein sehr berühmter Ort, so auch mit großem Zulauf des Volks verehret wird, allwo der hl. Wolfgang ein Eremitenleben geführet. Dieser hl. Bischof hat den Teufel ersucht, oder vielmehr ihm auferlegt, er soll ihm helfen eine Kirche bauen, mit dem Geding, daß der erste Wallfahrter soll ihm zugehören, welchen Pakt der böse Feind gar gern eingangen, [312] und also weder Fleiß noch Mühe gespart, bis das völlige Gebäu vollendet worden, unterdessen hat der hl. Mann den allmächtigen Gott inbrünstigst gebeten, er wolle doch einen Wolf, als den ersten Wahlfahrter, hinzuschicken, so auch geschehen, massen zu Ende des Kirchengebäu ein Wolf mit einem Pilgrammantel, mit einem Pilgramstab, auf zwei Füßen daherkommen, welchen der ergrimmte Teufel, um, weil er sich betrogen gesehen, ergriffen, und durch die Kirchenmauer, allwo das Loch noch zu sehen, hinweggeführt.

Es ist, leider! gar oft zu sehen, daß einige Wölfe Wallfahrter abgeben, Wölf, verstehe ich, die mehrAgnetes als Agnos suchen, Wölf, die auch in ihre Gesellschaften Lupas zulassen, Wölf, die manchem unschuldigen Lämmel einen üblen Biß anhängen, Wölf, die andere Abwesende auf der Reise im Maul herumtragen, und übel von ihnen reden, Wölf, so sich auf der Wallfahrt unmäßiger halten als zu Haus, und sich ohne Scheu anfüllen mit Fressen und Saufen, kein Wunder wär es, wann auch dergleichen Wahlfahrter der Satan in seine Klauen thäte fassen. Wie Jesus mit 12 Jahren Wallfahrten gangen nach Jerusalem, wohin auch Joseph und Maria vermög des Gesetzes sich begeben, da ist er verloren worden, und zwar der Ursache halber, denn Maria glaubte, er gehe mit dem Joseph, seinem Nährvater, Joseph hingegen war der Meinung, als hätte ihn Maria, die gebenedeite Mutter, bei sich, denn dazumal war der Brauch, daß die Weiber allein, und die Männer besonders gangen. Jetzt bei unsern Zeiten, wie denn fast alle Andachten wurmstichig werden, ist nichts als [313] ein lauteres Allapadritta zu sehen, massen die Weiber und Männer untereinander laufen, wie die Geis und Böck des Labans. In der Wüste seynd lauter Wachteln den Israeliten zu Theil worden, aber bei solchen Zeiten gibt es allerlei Geflügelwerk. Durch das rothe Meer hat Moses die Israeliten in Zunftweise also ausgetheilet, daß eine jede Zunft einen besonderen Weg durchpassirt, aber dermalen bei unsern Kirchfahrten ist es anderst beschaffen, die meisten laufen oft mit der Zunft Levi oder gar Leviathan, dort hat Moses die Männer geführt, seine Schwester Maria die Weiber, jetzt ist solcher heiliger Marsch wie ein Ritscher, der in Linsen und Erbes bestehet, woraus dann mehrmalen nit große Auferbaulichkeit erfolgt. Ungeachtet dieses seynd die Wallfahrten auf keine Weise zu verwerfen, denn wenn eine Speis bei der Tafel ungeschmackt ist, folgt nit, daß man alle andere hinter die Thür werfe, und dem Melampus ein Panquet zurichte. Wallfahrten seynd gangen Constantinus, Helena, Alexius, Rochus, Colomannus, Eudoxia, Melania, Paula, Hieronymus, Joan. Damascenus, und unzählbare viel andere Heilige mehr. Heilig und heilsam ist, dergleichen Orte zu besuchen, welche Gott und die Mutter Gottes samt allen Heiligen zu sonderm Gnadenthron haben auserkiesen. Vor diesem ist der Schwemmteich zu Jerusalem ein solcher Ort gewesen, allwo alle Krankheiten und presthafte Mängel seynd wunderbarlich gewendet worden. Anjetzo anstatt dessen gibt es unterschiedliche heilige Oerter in allen christlichen Landschaften, allwo die Menschen solche Gutthaten empfangen, dergleichen zu Loreta in Italien, [314] zu Serrato in Spanien, zu Carnoti in Frankreich, zum heiligen Berg in Böheim, zu Einsiedlen in der Schweiz, zu Zell in Steiermarkt zu Alten-Oetting in Bayern, zu Luggau in Kärnthen, zu Grünthal in Brabant, zu Wien in Oesterreich, zu Mühlen in Schwaben, zu Mittlberg in Franken, und auch erst ganz neu zu Kirchen-Thal im Salzburgerland etc. Wehe nun denjenigen, die solche marianische Wallfahrten verachten.

In Niederland, nit weit von Sedan entlegen, ist ein sehr andächtiges Gotteshaus und Tempel der Mutter Gottes, worin sie mit großen Wunderwerken leuchtet, auch wegen häufiger Gnaden das ganze Jahr hindurch ein großer Zulauf des eiferigen Volks gesehen wird. Unter andern denkwürdigen Dingen wird auch daselbst gefunden, wie daß einmal ein frecher Ketzer, da er die Menge der Kirchfährter zu diesem heiligen Ort wahrgenommen, sehr schimfliche Reden ausgestoßen, neben andern sich hören lassen, er habe einen blinden Hund, und dem armen meritirten Koller möchte er gern das Gesicht vergönnen, dahero gleich andern Leuten diesen vierfüssigen Haushüter dahin schicken. Der Himmel lässet solche Läster-Mäuler nie ungestraft, wie auch in diesem Fall nit anderst ergangen, denn gleich dieser vermessene Gesell selbst stock blind worden, welches ihm sattsam Anlaß gegeben, daß er selbst mußte den heiligen Ort besuchen, allwo er, nach großer und öffentlicher Bereuung, das vorige Gesicht durch die Hilfe Mariä, welche er zuvor so gewissenlos geschimpft, wieder bekommen hat.

Wehe denjenigen, welche die Bildniß der Mutter[315] Gottes verachten und entunehren. Es ist keine neuerdichte Sach um die heiligen Bilder, wie da vorgeben die Ketzer, zumalen Christus der Herr selbst dem König Abagaro sein Bildniß überschickt; denn als der gebenedeite Heiland einmal auf freiem Felde vor einer volkreichen Menge geprediget, da war ein Maler, mit Namen Ananias, auf einer Höhe, der auf alle Weise sich beflissen, das Angesicht des Herrn abzumalen, konnte es aber auf keine Weise zuwege bringen wegen der steten Strahlen, so aus demselben häufig hervorblickten. Endlich schaffte der Herr dem Thomas, er soll denselben jungen Menschen, so sich sein Angesicht bemühe abzuzeichnen, anhero rufen, welches auch geschehen, und hat solcher zugleich den Brief von seinem König überantwortet, woraus Christus das große Verlangen des Königs vernommen, von ihm aber, dem Ananias, ein weisses Fazenet begehrt, mit welchem er sein Angesicht abgetrucknet, und zugleich sein völliges ganz natürliches Controfee dergestalten darein gedrucket, daß es auch der beste Maler nit kunstbarer hätte können entwerfen, solches heilige Bild hat der König mit großen Freuden empfangen, und weil ihm dasselbe gleich die erwünschte Gesundheit gebracht, hat er solches als seinen besten Schatz aufgehebt und verehret.

Nach dem seligsten Hinscheiden der Mutter Gottes Mariä haben die heiligen Apostel dasjenige Haus zu Nazareth, in welchem sie durch Ueberschattung des heiligen Geistes Gottes Sohn empfangen, zu einer Kirche geweiht, und Lucas, der ein Maler und Bildhauer zugleich war, aus einem Cederholz die Bildniß[316] der seligsten Jungfrau mit dem Jesuskind gemacht, selbes zu ferner Verehrung in besagte Kirche gestellt, so dermalen noch zu Loreto in Italien zu sehen. Dergleichen herrliche Gnadenbilder in der ganzen Christenheit geben sattsam zu verstehen, wie wohlgefällig es dem Himmel seye, wenn wir solche verehren; denn hat man zu Apostel-Zeiten sogar verehrt den Schatten des hl. Petri, warum soll diese Ehre geweigert werden der Maria. Die Rachel hat vor diesem dem Laban seine goldenen Götzenbilder entfremdet und mit sich genommen, wie er solches in Erfahrenheit gebracht, so ist er ganz schleunig ihr nachgeeilt; als Rachel dieses wahrgenommen, hat sie die Bilder geschwind unter das Stroh versteckt, sich nachmals darauf gesetzt, den Kopf mit einem Tüchel verbunden, und sich krank und übelauf gestellt, die Weiber haben dazumalen schon können betrügen. Aber höre Rachel, das ist ein schlechter Respekt gegen die Bilder, mit dem Leib darauf sitzen, wo die Bergknappen das Schurzfell tragen; es schadt nit, gedachte Rachel, auf ein solches Haus gehört ein solches Dach, es seynd nur Götzenbilder, wenn es andere wären, etwan heilige Bilder wären, da wollt ich sie anderst verehren; denn der Jacob hat sie in dergleichen Sachen bestens unterricht. Wehe nun denjenigen, welche die Bilder unser lieben Frau verachten und entunehren.

An. 1525 hat ein ketzerischer Goldschmied ein silbernes Mariäbild unter die Händ bekommen, des Willens, etwas anders daraus zu machen, wie er nun mit dem eisernen Hammer stark darauf geschlagen, und zugleich in diese freche Lästerwort ausgebrochen:

[317] Also, also, und nit anderst, also also muß man mit den Götzenbildern der Papisten umgehen! kaum, daß er solches ausgeredt, ist er denselben Augenblick stockblind worden, und ein elender Bettler verblieben sein Lebtag.

Zu Dertosa, einer Stadt in Spanien, hat einer in dem Ballhaus gespielt, weil er aber sehr unglückselig war, und meistens verfehlt, also hat er, aus unbändigem Zorn, den Ballen auf ein gemeines geschnitzeltes Mariäbild geworfen, und dem Kindlein Jesu das rechte Aermel gebrochen, was geschieht? nit lang hernach ist ihm seine Frau niederkommen, hat ein Knäbel geboren, aber ohne rechten Arm, woraus er erst seinen Fehler erkennt, und ist nachgehends besagtes Bild sehr verehrt worden.

Zu Panormi in dem Frauen-Kloster de Kanzellaria genannt, ist ein sehr schönes Gnadenbild der Mutter Gottes, welches die Perl-Frau heißt, und rühret solcher Namen daher, An. 1540 hat ein vermessener Gesell eine sehr schöne und kostbare Perle von diesem Bild entfremdet, aber von selbigem Augenblick an die Hand nit mehr können aufmachen, solang und soviel, bis er solche Frechheit bereuet, und die Perl wieder zurück geben.

Wehe denjenigen, welche die Vorbitt der Mutter Gottes Maria verachten. Das Wörtl Mutter ist ganz nahend verwandt dem Wörtl Muth. Ich elender sündiger Mensch, der ich bloß den Namen trag eines Christen, der ich in der heiligen Taufe hab abgesagt dem bösen Feind und allem seinem Anhang, und doch so viel hundertmal dieß mein Versprechen [318] nit gehalten, ich armseliger Tropf, der ich mehrmalen das Masorat meiner Seele mit dem Esau um ein schlechtes Linsen-Koch vertändelt: O ich boshaftes Adamskind, der ich so oft den Barrabbam meinem Heiland Jesu habe vorgezogen; ich traue mir nit mehr meinem Gott unter die Augen zu treten, ich hab gesündiget mit dem stolzen Absalon, mit dem gotteslästerigen Achab. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem verbuhlten Amon. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem versoffenen Holofernes. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem diebischen Achan. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem neidigen Amman. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem schleckerischen Jonathan. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem zornigen Saul. Wehe mir! Jetzt lasse ich nunmehr allen Muth fallen, weil ich das theuere Blut Jesu Christi so unnütz verschwendet, so vergehet mir aller Muth, weil ich mir den göttlichen Zorn über meinen Rücken so häufig geladen, so kann ich nit mehr eines guten Muths seyn. Still, still, o Sünder mit diesen Worten still, still, du sollst wissen, daß Muth von Mutter herkomme, hab guten Muth, nimm deine Zuflucht bei der Mutter, die Augen gegen Himmel, die Hände in die Höhe, zu Maria sag, bete, schreie, Mutter Gottes, bitt für mich armen Sünder jetzt und in der Stund meines Absterbens, du wirst erfahren, wie nützlich dir die Vorbitt dieser Mutter werde fallen.

Der evangelische Maler Lucas entwirft die Kindelbeterinn Maria mit diesen Worten: Da die Tage erfüllet wurden, daß sie gebären sollte, und sie gebar ihren erstgebornen Sohn, und wickelte ihn in Windlein, [319] und legt ihn in eine Krippe etc. Warum das Lucas beibringt, sie gebar ihren Erstgebornen? Hat dann Maria nachmals mehr Söhne auf die Welt gebracht? das nit, das gar nit! So hätte dann der Evangelist sollen schreiben, und sie gebar ihren Eingebornen, und nit Erstgebornen. Lucas der heilige Mann hat nit ohne sondere göttliche Erleuchtung solche Worte von der Feder gelassen, dann er sah vor, daß Maria nach Christum, ihrem Erstgebornen, noch viele andere Kinder werde haben, alle eifrigen Christen werden sie eine Mutter nennen, sogar die Sünder werden ihre Zuflucht bei dieser Mutter nehmen.

An. 1525 hat der Vicekönig zu Neapel neben andern Heiligthümern den Religiosen St. Franziki de Paula daselbst aus sonderen hohen Gnaden verehrt ein krystallenes Geschirr, worin aufbehalten ist die reinste Milch der übergebenedeiten Mutter Gottes Mariä, diese sieht aus wie eine gestockte weiße Kreide, aber alle Jahr, ein ewiges Wunderwerk! alle Jahr, den 15. August, als am Tage ihrer glorreichen Himmelfahrt pflegt solche Milch in Jedermanns Angesicht auf ein Neues zu zergehen und zerfließen, aus welchem dann sattsam abzunehmen, daß sie noch je und allemal eine Mutter wolle seyn, ihre Gnadenmilch denjenigen wolle spendiren, die sie als eine Mutter anrufen. Wohlan denn sündiger Mensch, verzage nit, dieseMutter macht dir wieder einen guten Muth.

Ich will mich ein wenig von der abgeschmackten Erde in die Höhe begeben, und dieß ist eine ehrliche Reise. Erstlich wird die Luft in drei Regiones oder[320] Landschaften ausgetheilt: in die untere, in die mittlere und in die oberste. In der unteren leben wir, und wohnen wir, und in solche Region der Luft ist so weit hinauf, als weit die Sonnenstrahlen von der Erde reflektiret, und aufwärts zurückgetrieben werden. In der mittern Region oder Abtheilung wird Regen, Schnee, Donner, Hagel und der Blitz, auch dergleichen Witterung gekocht. In der obersten Region oder Luftgaden ist es ganz windstill und immerdar heiter. Ober diesem Element der Luft ist das Element des Feuers, allda hat es seinen natürlichen Sitz, dahero sehen wir das alles auf Erden angezündete Feuer über sich trachten nach seinem Centro. Nach dem Feuer ist oberhalb der Mond; von der Erde bis zu dem Mond seynd fünf und fünfzig tausend hundert und drei und achtzig deutsche Meilen, ein feiner Weg! Ich gehe noch weiter von dem Mond hinauf, und zählet der gelehrte Klavius, als vornehmer Mathematikus, so auch an dem neuen Kalender hat schmieden helfen, von dem Mond an bis zu den Planeten acht und dreißig tausendmal tausend, acht mal hundert, sieben tausend, dreihundert und siebenzehn deutsche Meilen. Allda treffe ich zum allerersten den Planeten Venus an, ober seiner ist der Merkurius, ob diesem die Sonne, ober solcher der Mars, ober dem der Jupiter, ober diesem der Saturnus. Auf den Himmel der Planeten folgt erst das Firmament, abermal einer überaus großen Höhe und Weite, und daselbst treffe ich den Zodiakum an oder Thierkreis, allwo in dem Firmament besagtes Gestirn oder Thier nit anderst eingeheft seynd, als wie die Näst in einem glatt abgehobelten [321] Brett, oder wie die gelben Nägel in dem Himmel eines Kobelwagens oder einer Kutsche. Dort ist ein Widder, ein Stier, ein Krebs, ein Löw, ein Scorpion, ein Steinbock, ein Fisch etc.

Keine bessere Abbildung, keinen gleichern Entwurf der übergebenedeiten Mutter Gottes Maria finde ich nit, als diesen Zodiakum oder Thierkreis, zumal diese barmherzigste Mutter auch die Sünder, so nit anderst als viehisch leben, von sich nit verwirft, ja selbige noch mit ihrem Schutzmantel schirmet. Ein hartnäckiger Widder, ein geiler Stier, ein versoffener Krebs, ein zorniger Löw, ein giftiger Scorpion, ein stolzer und hochmüthiger Steinbock etc. In Summa, alle im viehischen Wandel vertieften Sünder dürfen ihren Muth nit fallen lassen, sondern wieder einen neuen Muth fassen bei dieser Mutter.

Also hat die heilige Gertrudis einmal gesehen die seligste Himmelskönigin Maria mit einem sehr kostbaren Mantel, worunter sich allerlei wilde Thiere, wie da waren Wölf, Tiger, Löwen, Drachen und andere Bestien ganz sicher salvirten, welche auch die Mutter der Barmherzigkeit mit den Händen gar freundlich gestrichen und liebkosete, aus dem allein Gertrudis hat müssen abnehmen, daß auch der größte Sünder den Muth nit soll fallen lassen, wann er seine Zuflucht nimmt bei dieser Mutter.

Viel schöne und heilige Reliquien der gebenedetten Mutter Gottes werden hin und her in der Christenheit angetroffen, benanntlich zu Valenz in Spanien ist ihr Unterkleid; zu Prata im Florentiner Land ist ihr Gürtel; zu Assis bei St. Franziskum [322] ist ihr Schleier; zu Bononien bei St. Stephan ist ihr Rock; zu Rom in Laterano ihre Haare; zu Trier ihr Kamm; zu Bertini ihre Handschuh; zu Rom bei St. Maria Major etwas von ihrem Bett etc. Aber ihr Mantel ist durch die ganze Welt ausgebreitet, und ist kein Mensch, der sich nit darunter kann reteriren, und dem Zorne Gottes entgehen.

Bei der Hochzeit zu Kana Galiläa haben sich sehr viele denkwürdige Sachen zugetragen:

Erstlich schreibt der hl. Thomas von Aquin, Kajetanus, Dominikus a Soto, Joannes Major etc., daß der Bräutigam auf diesem hochzeitlichen Ehrentag sey gewest der heilige Joannes Evangelist, welcher durch das erste Wunderwerk, so dazumal die Allmacht Christi gewirkt, dahin bewegt worden, daß er mit Einwilligung seiner Braut das Gelübde der ewigen Keuschheit abgelegt, und Christo dem Herrn nachgefolgt, welches gleichergestalten gethan die Braut Anatolia, so sich von der Gesellschaft Mariä nit mehr abgesondert.

Zum andern ist wohl zu erwägen, daß durch sondere Schickung Gottes der Wein sobald gemangelt, derentwegen der Bräutigam und die Braut sich nit ein wenig geschämt. Es wollte aber unser Herr den ersten Tag zeigen, daß der Ehestand nit sey, und nie sey ohne Kreuz und Trübsal. Darum spricht der Poet: Ein altes Haus ohne Mäus'; ein wenig gekämmter Kopf ohne Läus'; ein Jahrmarkt ohne Dieb; ein junger Mensch ohne Lieb; ein Krämer, der nit etwas lügt; ein Jud, der keinen Christen betrügt; ein Wasser, das ohne Schaden fleußt; ein Wolf, der [323] nie kein Schaaf zerreißt; ein Ehestand, der allzeit wohl bestellt, seynd seltsame Dinge in dieser Welt.

Drittens ist zu erkennen, daß unsere liebe Frau sich zu ihrem liebsten Sohn gewandt, und gesagt hat:Vinum non habent, sie haben keinen Wein mehr, warum hat sie nit gesprochen, wir haben keinen Wein, sie war ja auch unter die Gäste gezählt, und folgsam auch ihr der Wein abgangen? Es ist zwar nit ohne, aber sie zeigte sich, die gütigste Jungfrau, sorgfältiger für andere Leute, als für ihre eigene Person, zugleich aber wollte sie eine Lehre geben allen Weibern, daß es nit rühmlich scheine, wann Weiber und Weinbeeren gar zu gute Freunde seyn.

Letztlich ist absonderlich hierinfalls zu erwägen, daß kein einiger aus allen anwesenden Gästen Maria hiezu ersucht, ob wollt sie eine Intercession einlegen bei Jesu ihrem Sohn, weder Wirth noch Hausherr, weder Braut noch Bräutigam, weder Brautführer noch andere gegenwärtigen Befreundte haben ein Wort verloren. Ein anders wäre es gewest, so jemand der Mutter Gottes Maria ganz still in ein Ohr hätte geredt, sie solle und wolle doch ein wenig prokuriren und zuwege bringen, aber keiner hat sie gebeten, keine hat sie ersucht, sondern ganz freiwillig, sobald sie den Mange! des Weins und diese Noth wahrgenommen, hat sie ihre vielvermögende Fürbitte eingelegt und also den Leuten geholfen.

O Mutter! Mutter! wer soll dann seinen Muth, Muth fallen lassen, indem du sogar Hülfe reichest denjenigen, welche dich nit bitten, noch begrüßen, was wirst du erst thun denjenigen, welche dich [324] bei Tag und Nacht über tausendmal grüßen? wie gethan die St. Katharina Senensis. Was erst denjenigen, welche dein Bildnuß allezeit am Hals tragen? wie gethan der hl. Karolus Boromäus. Was erst denjenigen, welche alle Samstag dir zu Ehren fasten? wie der St. Alanus. Was erst denjenigen, welche alle Samstag mit bloßen Füßen Kirchfahrten gehen? wie gethan der St. Gereakus. Was erst denjenigen, welche dir zu Füßen fallen? unter denen ich auch mich zähle, und deine Fürbitte bei dem allmächtigen Gott mit gebogenen Knieen, mit aufgehebten Händen, mit vielen Seufzern ganz flehentlich ersuchen. O Muth! o Muth! dich verliere nit, so lang ich diese Mutter, Mutter sehe.

Im dritten Buch der Könige liest man etwas wunderbarliches, dort hat der große Mann Gottes Elias einen Altar aufgerichtet, und dmait er die Götzenpfaffen Balaams zu Schanden machte, ließ er vier Krüg Wasser auf das Schlachtopfer schütten, worauf alsobald das Feuer vom Himmel gestiegen, und dieß angenehme Opfer verzehret; das Wasser dieser vier Krüge ist herabgeronnen, und hat einen großen, tiefen, weiten Graben um den Altar herum angefüllt. Wie kann es aber möglich seyn von vier kleinen Krügen? Lyranus antwortet aus dem Rabbiner Salomon, daß der Elisäus dazumal habe ungefähr etwas von seinem Krug gegossen auf die Hände Elias, wovon geschehen, daß alsobald alle seine Finger, verstehe des Elias, angefangen häufiges Wasser zu geben, nit anderst, als wären sie in zehn offene Pippen verkehrt worden, [325] und hat solches so lang gewähret, bis der große Graben ist angefüllt worden.

Wunderbarlich waren die Hände Elias, aber noch wunderbarlicher seynd die Hände Mariä. Aus den Händen Elias ist nur einmal das Wasser geflossen; aus den Händen Maria fließen die Gnaden noch immerdar, und derer werden theilhaftig sowohl die Ungerechten als Gerechten. Die Gerechten: dem ist also, sagt der hl. Damascenus, dann mir hat sie abgehaute Hand wieder erstattet. Die Ungerechten: dem ist also, sagt jener Edelmann in Brabant, dann ich bin wirklich des Todes verblichen, hätte aber sollen wegen drei Sünden von dem gerechten Gott verdammt werden, so bin ich aber durch Hülfe der Mutter Gottes wieder zum Leben erweckt worden, auf daß ich besagte Sündenlast durch eine heilsame Buß habe können von mir legen. Die Gerechten: dem ist also, sagt der hl. Bernardinus, dann sie mir bei dem Allmächtigen ausgebracht, daß ich die Gnade zu predigen, und Wunderwerke zu wirken bekommen habe. Die Ungerechten: dem ist also, sagt jener Mörder bei Cäsareo, um weil ich Mariä zu Ehren alle Samstag gefast, unangesehen ich einen so lasterhaften Wandel geführet, bin ich gleichwohl durch dero Hülfe noch vor dem Tode bekehrt, und folglich ein Kind der Seligkeit worden. Die Gerechten: dem ist also, sagt der hl. Bernardus, dann neben vielen und großen andern Gnaden kann ich auch diese nit verschweigen, indem ich nach Gewohnheit einige dero Bildnuß öfters mit Andacht gegrüßt,Salve Regina, da hat sie mir eines hinwieder bewillkommt, Salve Bernarde! [326] Die Ungerechten: dem ist also, sagt jener Student zu Grätz in Steiermark, dann ich mich aus Mangel des Geldes, welches ich durch liederlichen Wandel verschwendet, dem bösen Feind mit eignem Blut unterschrieben, aber An. 1600 den 16. Juni, meine Sünde bereuet und durch Hülfe Mariä, zu welcher meine Zuflucht gestanden, den Zettel wunderbarlich wiederum erhalten, welcher dann öffentlich daselbst in der Hofkirche St. Aegidii in Beiseyn vieler tausend Personen verbrannt worden. Die Gerechten: dem ist also, sagt die hl. Herzogin Hedwigis, dann nach meinem Tod hat man durch keine Gewalt mir das Bildnuß Mariä aus der rechten Hand können erzwingen, ja die drei Finger, womit ich es gehalten, seynd nimmermehr verfaule, um weil ich besagtes Mariabild bei Lebzeiten allezeit getragen. Die Ungerechten: dem ist also, sagt jener türkische Bassa Corentus zu Konstantinopel, dann ich durch Rath und Anleitung eines meinigen christlichen Sklaven in einer tödtlichen Krankheit einige Schankung samt der Lossprechung besagten Gefangenen, nach Loreto verlobt, alsobald und zwar augenblicklich bin gesund worden. Die Gerechten: dem ist also, sagt der selige Simon Stock, dann mir die übergebenedeite Mutter Maria das heilige Scapulier als ein so kostbares Kleinod der ganzen Christenheit gespendiret. Die Ungerechten: dem ist also, sagt Theophilus, dann ich, wie allbekannt, meine Seele dem Satan schriftlich verpfändet, nachmals aber wunderbarlicher Weise durch Hülfe Mariä von allem diesen Elend wieder errettet worden.

O Maria! o Maria! o Mutter! o Mutter! [327] jetzt laß ich den Muth nit fallen, die Hände Mariä seynd weit gnadenvoller, als die Hände Elias. Die Esther ist dem hebräischen Volke gnädig gewest, weit mehr und mehr uns Maria. Die Judith hat der bedrängten Stadt Bethulia geholfen, weit mehr und mehr uns Maria. Die Rebecca ist dem Eliezer günstig gewest, weit mehr und mehr uns Maria. Die Rachab ist den Männern des Josue barmherzig gewest, weit mehr und mehr uns Maria. Die Sareptanin ist dem Elias beigesprungen, weit mehr und mehr uns Maria. Der verlorne Sohn, wie er in große Noth gerathen, und ihm das Wasser ins Maul gerunnen, dem zuvor das Wasser gar nit angenehm, wie ihm die Sau den Zapfen gezogen, und er sogar letztlich ein Burger zu Schweinfurt worden, der zuvor aus guldenen Bechern manchen Gesundtrunk gethan, mußte nachmals mit dem schlechten Porzellain vorlieb nehmen, dieser verschwenderische Schlengel und junges Bürschl hat endlich gleichwohl noch so viel Hirn gehabt, daß er sich resolvirt, zu seinem lieben Vater zu kehren, bei demselbigen wieder in Gnaden zu kommen, wie es ihm dann auch nach Wunsch gerathen, Ibo ad Patrem, sagte er. Ich elender Sünder, der ich so vielfältig den allmächtigenGott höchst beleidiget, ob ich schon täglich einen Vater nenne: Vater Unser! so getraue ich mir doch nit vor seinem göttlichen Angesichte zu erscheinen, mache es also anderst, als der verlorne Sohn, er zum Vater, ich aber zu der Mutter, Ido ad Matrem, diese wird mich nit verlassen, nit verschmähen, nit verwerfen, sondern mich durch dero vermögliche Fürbitte bei Gott wieder zu [328] Gnaden bringen. Wohl, mein Muth, mein ganzer Muth, gründet und steifet sich auf diese Mutter, diese gute Mutter. Wehe aber denjenigen, welche mit Juda Iscarioth diese Mutter und dero Fürbitte verachten. In dem Leben des hl. Salesii wird unter andern registriret, daß ein vermessener Gesell mit Namen Joannes Burgnardus, niemals etwas gehalten auf die Fürbitte der allerseligsten Jungfrau, ja in der Verwüstung unsrer Frauenkirche zu Borion hat er sogar das Bildnuß der Mutter Gottes von dem Altare herunter gestoßen, dasselbe mit einem Strick hin und her gezogen, sagend: Nun Schwarze, man sagt allenthalben so viel von deiner Macht, jetzt zeig einmal, was du kannst? kaum daß er solche Wort geredt, da ist das Bildnuß aufrecht gestanden, er aber der Meinung, als stehe jemand hinter seiner, hat den Kopf umgewendet, welcher auch also verblieben, daß das Angesicht nit mehr vom Rücken zurück gerückt, sondern mußte bald hernach elend den verdammten Geist aufgeben.

Judas wollte sein Ende nehmen vor dem Fischthor zu Jerusalem
Judas Iscarioth, der bei Lebenszeiten mit faulen Fischen umgangen, wollte auch sein liederliches Ende nehmen vor dem Fischthor zu Jerusalem.

Nachdem dieser lose Schelm die gefällte Sentenz über Christum Jesum vernommen, ist er theils aus nagendem [329] Gewissenswurm, meistens aber ob der grausamen Unthat, die er begangen, fast unsinnig und gleichsam von ihm selbst kommen, daher ganz rabiat die Zähne aufeinander gebissen, die Haar aus dem Kopf gerauft, die Kleider zerrissen und den graden Weg nach dem Tempel mehr geloffen, als gangen, allwo er den halben Theil der hohen Priester wie auch des Magistrats angetroffen, massen die andern Jesum bei Pilato noch mehr beklagten; diesen hat er rund ohne weitern Respekt unter das Gesicht gesagt: er hab gesündiget, er hab nit gehandelt wie ein redlicher Kerl, er nehme sein Wort zurück, und bekenne, daß Jesus ein gerechter und heiliger Mann sey, er aber vermeinte sich selbst, ein unverschämter Lügner, wenn also der Tod Christi noch könne hinterstellig gemacht werden, so sey er hiermit urbietig, allen Fleiß hierinfalls anzuwenden. Die verruchten Juden lachten ihn derohalben nur aus, und thäten ihn für einen Phantasien und albernen Limmel schelten, er soll sich ins Teufels Namen aus dem Tempel machen, oder sie wollten ihm etwas anders zeigen. Iscarioth, über diese so trutzige Antwort war noch heftiger erzürnt, nimmt also ganz rasend das Blut-Geld, um welches er das göttliche Lamm verkauft, wirft es ihnen vor die Füß, den Beutel aber hat er zu vielen Stücken zerrissen, und ohne weitere Aufhaltung sich aus dem Tempel hinaus gemacht, den Weg, als schon verzweifelt an der Barmherzigkeit Gottes, durch das Thor, so den Namen hatte Porta Piscium, das Fisch-Thor, hinaus genommen; dieses Thor hatte darum solchen Namen, weil man alle Fische durch dasselbe [330] in die Stadt hineingeführet oder getragen, auch ohnweit demselben auf dem Markt verkauft hat. In Erwägung dessen will ich den günstigen Leser zu einer Mahlzeit einladen, und ihn mit lauter Fischen bestens, und nach Vermögen und Vergnügen traktiren.

Die erste Tracht ist ein Stierl, dieser ist gar ein stattlicher Fisch. Die heil. Jungfrau Amelberga wird mit einem Palmzweig in der Hand abgemalt, bei den Füßen aber mit einem Fisch, und zwar einem Stierl; denn ihr hl. Leib ist in ein Schiff gelegt worden, welches hernach ohne Ruder noch Menschenhänd gegen den Fluß gefahren, das Schiffl aber wegen der hl. Reliquien hat eine unglaubliche Menge besagter Fische begleitet, bis es an das gehörige Ort gelanget, aus welchem genugsam zu schöpfen ist, wie hoch die Reliquien und Heiligthümer zu halten seyen.

Mädel, ich lob dich, ob dich schon der Teufel überwunden. Töchterl ich rühme dich, wann du schon in der Höll sitzest. Mademoisell, ich preis, unangesehen du verdammt bist, verstehe und meine ich dich, Herodias, als eine Tochter Philippi, des Herodis Bruder, dich lobe ich, rühme ich, preis ich darum. Wie diese so hurtig getanzt, und vor dem Hirco Herode so stattliche Kapriol geschnitten, hat sich der berauschte König also darein verliebt, daß er sich verlauten lassen, sie soll begehren, was sie immer wolle, wanns auch der halbe Theil des Königreichs seyn soll. O Phantast! der Wein thut halt das sein. Die üppige Tochter, die ohnedas nur gar zu stark gemütterlt, hat Zweifelsohne durch Anstiftung der saubern Mutter begehret das Haupt Joannis Baptistä. O Herodias! [331] wo denkst du hin, was ist mehr, das Haupt Joannis oder das halbe Königreich? Basta, sagt diese, Königreich hin, Königreich her, mir ist lieber das Haupt Joannis. Ei du verdammte Tänzerin, ich lob dich, preis dich, rühme dich derenthalben, ob du es zwar nit also gut vermeint hast, so gefällt es mir dennoch wohl, daß du das Haupt Joannis als ein so großes Heiligthum hast höher und mehr geschätzt, als das halbe Königreich.

Freilich wohl ist eine heilige Reliquie über alle Schätze der Welt zu halten. Maria Lusitana, Herzogin zu Parma, ist in Begleitung des Grafen von Mannsfeld in einem sehr großen Schiff über das Meer gesegelt; als nun ungefähr durch Wahrlosigkeit der Bedienten ein Feuer entstanden, und der Schiff-Leute Aussag nach alles verzweifelt, so hat sich besagte fromme Herzogin alsobald in ein Neben-Schiff müssen salviren, welches sie auch schleunigst vollzogen; was aber mit ihr genommen? die sehr kostbaren Kleinodien, ihren fast königlichen Geschmuck? Nein, diese nit, diesen nit, sondern solches alles dem Feuer und Flammen zum Raub gelassen, und allein mit ihrer eignen Person salvirt ein Reliquiarium oder kleines Gefäß mit Heiligthümern angefüllt. Es wäre zu wünschen, daß der Zeit mehr dergleichen gottselige Gemüther würden angetroffen.

Sobald der Herr Jesus, als Heiland der Welt, an das Kreuz genagelt worden, haben die Soldaten seine Kleider zu sich genommen, und zwar das Oberkleid in 4 Theile zerschnitten, den Unterrock aber ganz gelassen. Anjetzo ereignet sich doch eine Frag, warum[332] diese Gesellen die Kleider Christi so begierig an sich gezogen, auch sogar um einen kleinen Theil derselben gewürfelt, entgegen aber sich um die Kleider der zwei Schächer gar nit angenommen, indem doch vermuthlich dero Kleider besser gewest, als des Herrn? dann sie manchen wackern Reisenden bis auf das Hemmet ausgezogen, und folgsam in dem Aufzug dem demüthigsten Jesu weit überlegen. Der hl. Chrysostomus löset diesen Zweifel auf, und spricht, daß besagte Soldaten gewußt haben, wie große Kraft in diesen Kleidern zuweilen sich gezeigt habe. Sonderlich dazumalen, wie die elende Tröpfin mit dem Blutgang behaft, durch das bloße Anrühren des Saums dieser Kleider wunderbarlich die Gesundheit erhalten. Derentwegen gedachten sie, daß sie auch den geringsten Faden können zu Geld machen, ja, etliche fromme Weiber zu Jerusalem werden es ihnen zehnfach bezahlen, wenn sie nur solche Reliquien bekommen.

Ich muß euch Schelmen doch auch loben, wie die vorige Tänzerin, loben muß ich euch deßwegen, weil ihr ebenfalls auf die Heiligthümer so viel haltet, ob es doch bei euch keiner Tugend zuzuschreiben. Freilich seynd die heiligen Reliquien hoch zu schätzen. Deßwegen hat der weltberühmte Kaiser Karl V von Pavia aus, keinen bessern Schatz wollen mit sich nehmen nach Prag, als den Leib des hl. Martyrers Viti. Deßwegen hat Fridericus I die vornehme Reichsstadt Cölln nit anderst wollen beschenken, als mit den Leibern der heiligen drei Könige, die er von Mailand dahin gebracht. Deßwegen schätzet Kaiser Leopold I den eisernen Nagel in seiner geistlichen Schatzkammer, [333] wormit Jesus Christus an den bitteren Kreuzesstamm geheftet worden, mehr als alle seine Gold- und Silbergruben.

Mich wundert doch, daß etliche so angebrennt mögen seyn, und dergleichen heilige Reliquien so wenig achten, indem sie doch das brennende Feuer anderst lehret. Zu Augsburg ist eine brennende Wachskerze auf das Grab des hl. Bischofs Udalrici gefallen, welches mit einem schönen Teppich bedeckt gewest, so ist aber die Kerze völlig verbrannt, an besagtem Teppich aber nit ein Härl verletzt worden.

Mich wundert doch, daß etliche ein so ungewaschenes Maul haben wider die heiligen Reliquien, indem sie doch von dem Wasser sollen lernen, wie man den Leib des hl. Emmerani, Bischofs und Martyrers nach Regensburg auf der Donau geführt, so ist das Schiff ohne wenigste Mühewaltung der Ruderknechte mit solcher Schnelle gegen das Wasser geloffen, als wollte es dem besten Segel-Schiff im Meer zu Wett rennen.

Mich wundert doch, daß etliche so aufgeblasen wollen seyn, und den hl. Reliquien so wenig Ehre erweisen, indem sie doch die aufgeblasene Luft weit anderst unterricht. Majuvias, der Saracener König, hat das hl. Schweißtuch Christi auf einen angezündeten Scheiterhaufen werfen lassen, welches aber die Luft alsobald unverletzt in die Höhe gezogen, allwo es eine lange Zeit gestanden, bis es sich endlich in die Schooß eines damalen anwesenden Christen herunter gelassen.

Mich wundert doch, daß etliche so irdisch mögen seyn, und sogar nichts Heiliges den Reliquien zulassen, [334] indem sie doch von der Erde anderst bericht werden. Zu Helphedorf, unweit Regensburg, allwo vorgedachter hl. Bischof Emmeranus gemartert worden, ist der Ort wegen des hl. Martyrers Blut dergestalten privilegirt, daß es weder im Winter mit Schnee bedeckt, weder von der Sonne und Sommer-Hitz verwelket, sondern in schönster und angenehmster Grüne immerzu verbleibet.

Mich wundert doch, daß etliche so harte Ochsenköpf anzutreffen, welche die hl. Reliquien so spöttlich verwerfen, indem doch hierinfalls ein Esel sich manierlich gezeigt. Der Esel, worauf der englische Lehrer Thomas zu reiten pflegte, hat sogar Strick und Halftern in dem Stall abgerissen, zu dem Grab des Heiligen geloffen, daselbsten auf die Kniee niedergefallen, dessen hl. Leib noch verehret, und auch an demselben Ort geblieben.

Aber warum sind wir katholische Christen also verbeint, daß wir die Beiner der Heiligen verehren? Der große Kaiser Theodosius hat mehrmal inständig angehalten um den Leib des hl. Joannis Chrysostomi, welcher vorhero bei Lebs-Zeiten von Konstantinopel unverschuldet ins Elend verschickt worden, konnte aber auf keine einige Weise denselben erhalten, denn so oft man zu Corusa in Armenien versucht, die hl. Reliquien nach Konstantinopel zu überführen, so ist besagter heil. Leib so unbewegt, und so schwer gewesen, daß er mit keiner Gewalt von dannen hat können gebracht werden. Wie solches erstgedachtem Kaiser zu Ohren kommen, hat er, durch Einrathung des Bischofs Proculi, ein Memorial verfertiget, worinnen er, der Unbill halber, [335] so von seinen Eltern dem hl. Mann seynd angethan worden, demüthigst um Vergebung gebeten, anbei mehrmalen unterthänigst ersucht, er wolle doch wieder zu seinem Sitz nach Konstantinopel kehren: nachdem gedachte Bittschrift dem hl. Körper auf die Brust gelegt worden, hat er sich ohne alle Mühe dahin überbringen lassen. Warum, o Theodosi? warum tracht man so eiferig um diese heiligen Reliquien? Darum, antwortet dieser große Monarch, diese meine Haupt- und Residenzstadt thut eine Trüb- und Drangsal um die andere ausstehen, Pest, Hunger, Hagel, Erdbeben und dergleichen Geißeln vom Himmel seynd ganz genügend über diesen vornehmen Ort verhängt, dann weiß ich kein bewährters Mittel, als daß wir eines solchen großen Heiligthums theilhaftig werden, zumalen vor allem Uebel nichts bessers schützen thut, als die hl. Reliquien. Darum, darum sind wir also verbeint auf diese heiligen Beiner, weil dero Verehrung uns zu Leib und Seel höchst heilsam und ersprießlich seyn.

Mein lieber und frommer Altvater Noe, ich sehe in der Arche, in diesem großen Vogel-Haus, in dieser großen Hühner-Steige, in diesem großen Schaaf-Stall, in diesem großen Küh-Stall, in diesem großen Sau-Stall, mit Ehren zu melden, in diesem großen Tauben-Kobel, allerlei Säck und Kisten, worinnen das Futter für alle diese Thiere; aber bei dir, in deinem Losament, thue ich wahrnehmen ein absonderliches Trücherl, und da mach ich mir tausend Gedanken, was doch möcht darin seyn? Viktualien seynd nit darin, das weiß ich, Geschmuck oder Kleinodien seynd [336] auch nit darin, denn solche für dein Weib nit geziemen, zumalen Gott der Baumeister war der Arche, du aber nur ein Palier und ein Ober-Zimmer-Gesell, warum soll denn dein Weib wie ein edler Götz daher prangen? Geld wird auch hart darin seyn, dann weil der allmächtige Gott dir den Namen geben eines Gerechten, Noe Vir justus, so mußt du das Geld nit hoch geacht haben, zumalen das weisse Silber gemeiniglich schwarze Gewissen macht. Was muß denn in diesem Trühel verschlossen seyn, wohin du öfters des Tags deine Augen wendest? Antwort: Er habe einen absonderlichen Schatz darinnen, was da? sehr kostbares Helfenbein, was für ein Helfenbein? es seynd die Beiner des ersten Vaters Adam, welche ich mit mir in die Arche genommen, diese Gebein verehre ich als Reliquien, weil ich weiß, daß sie einmal werden glorreich am jüngsten Tag auferstehen. Diese Gebeiner seynd mir ein Helfenbein, dann sie mir ungezweifelt in dieser größten Noth werden helfen. Also schreibet Jakobus Edessenus, so ein Magister war des heiligen Ephrem. Ja nach vollendtem Sündfluß hat der fromme Noe seinen Söhnen solche Heiligthümer ausgetheilt, einem jeden einen ziemlichen Partikel verehrt, das übrige samt dem Kopf aus Befehl Gottes, auf dem Berg Kalvari begraben.

Mein großer Mann Gottes Moses, ich sehe deine untergebenen Israeliten mit so vielen Kameelen, so alle sehr stark beladen, ja es ist weder Weib noch Mann, der nicht Bündel und Ranzen trägt, sogar die kleinen Buben haben gestrotzt volle Säck, ich weiß es gar zu wohl, daß nichts anderst darin, [337] als lauter Silber und Gold, die sie von den Egyptiern erhalten. Aber deine Beut, o Mann Gottes! möchte ich gern sehen, zumalen du der Vornehmste in dem ganzen Volk, und folgsam wirst du um ein merkliches größere Reichthümer mit dir tragen. Ich, sagt Moses, hab weder Silber noch Gold, wohl aber einen andern Schatz, was für einen? Ich hab bei mir und mit mir schöne Heiligthümer. Wie da? die Gebein des Josephs, dieses gerechten Manns Gottes, denn weil ich einen so weiten Weg muß reisen, so viel Gefahr muß ausstehen, darum hab ich diese heil. Reliquien mit mir genommen, der Hoffnung, diese heil. Gebeine werden mir seyn ein Helfenbein, das ist, helfen, helfen in aller Noth und Gefahr.

Wahr ist es, sagt Catana, wahr ist es, sagt Neapel, es hat der Feuer-speiende Berg Vesuvius, so vermuthlich ein Rauch-Fang oder Kamin der Hölle ist, mehrmal also getobt, daß er ganz feurige Platz-Regen ausgeworfen, und den gänzlichen Untergang gedrohet. Deßgleichen gethan der grausame Mongibellus, sobald wir ihnen aber entgegengehalten, die herrlichen Reliquien, das Blut des heil. Januarii zu Neapel, den Schleier der heil. Agatha in Sicilia, so haben sie alsobald ihre Höll-Goschen gehalten, ganz erstummt, und uns ohne fernern Schaden gelassen.

Wahr ist es, sagt die Stadt Genua, wahr ist es, sagt diese herrliche Fürstin des Meers, es geschieht zuweilen, daß der benachbarte Meer-Port also von den grimmigen Wellen angetast wird, daß es den Schein hat, als wolle dieses unersättliche Wasser uns alle verschlucken, wie der Wallfisch den Jonam, sobald[338] wir aber die winzigste Asche von den heil. Gebeinern Joannis Baptistä darein werfen, welcher ohnedas den Fluß Jordan geheiliget, so wird dessen Zorn eher gestillt, als der Zorn des David, wie ihm die verständige Abigail gespendirt hat.

Wahr ist es, sagt die Stadt Panormo, daß mich die grassirende Pest dergestalt meiner Inwohner beraubet, daß mir die Augen voller Wasser gestanden, wie jener Wittib zu Nain, sobald mir aber der Himmel geoffenbaret das Ort, wo die Gebeine der heiligen Rosaliä begraben, so An. 1625 geschehen, da hat augenblicklich in Ansehung dieser heiligen Reliquien der Tod müssen die Flucht geben.

Wahr ist es, sagt die ganze katholische Kirche, wahr ist es, sagen alle dero Lehrer. Eine Stadt ist nit besser versehen, ein Haus ist nit mehr bereicht, ein Mensch ist nit besser bewaffnet, eine Kirche ist nit mehr geziert, als durch dergleichen Reliquien und Heiligthümer; dann hat der Schatten Petri, die Schweiß-Tücher Pauli, da sie noch nit wirkliche Mitglieder der Heiligen gewest, die Teufel vertrieben, die Gesundheit wiedergebracht, was Wirkung haben dann erst die Reliquien derjenigen, deren Seelen schon in großer Glori das Angesicht Gottes anschauen.

Ich weine und traure, wann ich sehe, daß dergleichen Schätze so wenig geschätzt werden bei vielen, ich lache aber auch, und lach nit wenig, wann ich merke, daß solche Spöttler gerechter Massen gestraft werden.

An 1272 hat sich etwas absonderliches zu Krakan in Polen zugetragen, als die Königin Bona, [339] Gemahlin Königs Sigismundi I. einmal Andacht halber sich begeben in die Kirche der heiligsten Dreifaltigkeit, und daselbst besucht eine Kapelle, worin etliche Leiber der Heiligen begraben, hat sich unter andern Hof-Damasen eine befunden, welche nicht allein eines sehr üblen Gewissens war, sondern noch diesem heil. Ort mit allerlei muthwilligen Geberden eine schlechte Reverenz erwiesen, welches aber Gott, so allemal die Ehre seiner Diener schützet, nit ungerochen gelassen, dann in Gegenwart des großen Hofstaats, in Ansehung des häufigen Volks seynd besagtem frechen Fräulein alle Kleider augenblicklich vom Leib gefallen, daß sie also männiglich zum Spott s.v. im bloßen Hemmet dagestanden, und was das Wunder noch vergrößert, konnten die Kleider auf keine einige Weise ihr angelegt werden, bis sie von dannen sich an ein anders Ort retiriret; so unterstehe sich dann Niemand, die heil. Reliquien zu entunehren.

Ich laß nun die andere Tracht von den Fischen auftragen, und dieser soll seyn ein guter guter Karpfen. Menochius schreibt, daß ein Kloster. St. Mauritii genannt, unweit des Flusses Rhodani entlegen, allwo ein kleiner Fischteich oder Einsetz zu sehen, darein so viel Karpfen gesetzt werden, wie viel der Mönche im Kloster, nun geschehe es aber allezeit, so oft ein Fisch aus diesem abstehet, und in der Höhe schwimmt, so oft stirbt allemal gleich darauf einer aus diesem Kloster, wessenthalben diese Fisch-Behaltung jedermann, forderist aber die Religiosen daselbst, zu öfterer Ermahnung der Betrachtung des Todes ermahnet.

[340] Huß, Huß, ihr Menschen und Adams-Kinder. Huß, Huß, ihr Hoch- und Wohlgeborne. Huß, Huß, ihr Reiche und Wohlvermögende. Huß, Huß, ihr Stolze und Aufgeblasene. Huß, Huß, ihr Zärtlinge und Wollüstige. Huß, Huß! Was soll aber dieß bedeuten? Mit solchen Worten pflegt man sonst die Hunde zu hetzen, das sey aber ferne von mir, daß ich euch, die ihr nach dem Ebenbilde Gottes erschaffen, soll den Hunden vergleichen, ob es zwar nit gar uneben stünde, wann mancher jene Hunds-Art hätte, die gehabt jener Pudel, welcher alle Tag dem Diener Gottes Rocho ein Brod gebracht. Dermalen aber ist dieß mein Vorhaben nit, sondern wiederhole es mehrmalen Huß, Huß, und derentwegen. Job, ein Exempel und ein Exemplar zwar forderist der Geduld, aber doch auch andern Tugenden, zumalen ihn Gott bei Lebs-Zeiten kanonisirt, und den großen Ausspruch gethan, daß keiner an Heiligkeit seines Gleichen auf Erden seye. Dieser war gebürtig in der Landschaft Huß, ihm hat zugehöret die große Provinz Huß, er hat sich geschrieben, Herr von Huß, etc. keiner ist in der Welt gewest, den also der Teufel durch die Hechel gezogen, wie diesen Mann Gottes von Huß; hat Felder verloren, hat Wälder verloren; hat Güter verloren, hat Gemüther verloren; hat Kinder verloren, hat Rinder verloren; hat Schaf verloren, hat Schlaf verloren; hat Haus verloren, hat Schmaus verloren; hat Grund verloren, hat Gesund verloren; hat alles Gute verloren, und das Beste ist ihm geblieben, nämlich sein Weib, die ihm stets die Planeten gelesen. Ach wehe, mein Job, du machst dir ja [341] seltsame Kalender über solche Planeten? O nit, sagt Job, ich hab mich in allen diesen Zufällen nit mit einem einzigen Wort versündiget. Non peccavi, wie kann aber das möglich seyn? wie? gar wohl und leicht, gar leicht und wohl! brauch du, braucht ihr, brauchen sie dieß mein Mittel, so werd ihr ebenfalls nit sündigen; ich hab allezeit den Tod betracht. Den Tod immerzu vor Augen gehabt, Breves Dies hominis, hab wohl erwägt, daß die Tage des Menschen kurz seyen, daß sein Leben einer Blume gleich, so die bald verwelket, daß ich nichts gewissers zu gewarten hab, als das Grab: Solum mihi superest sepulchrum, und das und das hat mich erhalten, daß ich nit gesündiget.

Huß, Huß, ihr Menschen insgesamt; Huß, Huß, ich hetz euch an, und reiz euch an, dem heiligen Job, so von der Landschaft Huß, nachzufolgen und öfters den Tod zu betrachten; kein Zaum ist, der besser kann von den Sünden abhalten, als die öftere Erinnerung des gewissen Todes. Der wird nit bald stolz und hoch seyn, wenn er gedenkt, daß er bald werde niederkommen unter die Erde. Der wird sich nit so leicht in die Geilheit einlassen, der betracht, daß er bald müsse mit seinem stinkenden Fleisch die Erde selbst geilen. Der wird nit so leicht nach Schlemmen und Fressen trachten, welcher gedenkt, daß er bald die Würmer zu Kostgehern werde haben. Der wird sich so bald nit in die Reichthümer und Silber vergaffen und vertiefen, welcher ihm selbst vor Augen stellt, daß er bald als ein armer Tropf seine Gold-Grube werde haben in dem tiefen Grab. Der wird [342] so geschwind nichts entfremden, welcher da gedenkt, daß der Tod wie ein anderer Dieb unversehen zum Fenster einsteige. Der wird sobald seinem Nächsten nit den ehrlichen Namen verschwärzen, welcher gedenkt, daß das schwarze Bahr-Tuch bald ihn bedecken werde. Der wird sobald nit faullenzen, welcher betracht, daß er bald werde unter der Erde verfaulen. Der wird sich sobald nit im Zorn erhitzen, welcher zu Gemüth führet, daß, er bald im Tod werde erkalten. Der wird so leicht nit die Augen an ungebührende Gegen-Wurf heften, welcher gedenkt, daß solches Kristall im Tod bald werde sich vergläsern.

Der gelehrte Manni bringt einige Geschicht vor, welche ihm selbst begegnet; es kam einsmals zu ihm in die Beicht ein alter langwieiger Sünder, welcher nit um ein Haar besser gewest, als jene zwei grauen Schimmel, die der Teufel zu Babylon geritten hat, dieser brachte nit zwar ohne sondere Zeichen der Reue vor, was gestalten er bishero einen lasterhaften Wandel geführet, und diejenige Uebelthat, welche David mit der Bethsabea begangen einmal, er mehr, als Haar auf seinem Kopf seyen, solches Laster vollzogen; worüber der Beicht-Vater von Herzen geseufzet, jedoch beinebens die unendliche Barmherzigkeit Gottes, so niemalen den büßenden Sünder verstößt, nit wenig hervor gestrichen, zugleich auch nebst kräftiger Ermahnung zum steifen Vorsatz sich zu bessern, ihm eine heilsame Buße auferlegt, als nämlich, er solle bis zur nächsten Beicht die Woche einmal in Wasser und Brod fasten, dann auf solche Wunden gehöre kein anders Pflaster. Wie Pater! sagte er, fasten ist mir [343] nit möglich, wann mir der Magen nit allzeit so voll ist, wie die angefüllten Krüg auf der Hochzeit zu Kana Galiläa, so kann ich nit schlafen. Nun so soll er in dieser Woche zweimal in seiner Kammer unwissend anderer, Disziplin machen. Was? sagte er mehrmalen, Pater, ich bin ja um ein Loth aufs wenigste besser, als die Eselin des Propheten Balaams, und hat sich doch diese beklagt, daß sie etliche Streich von ihrem Herrn bekommen. Wann dem also, so soll er wenigst ein Cilicium um den bloßen Leib tragen. Was ist das, fragt er, ein Cilicium? das Wort muß Arabisch seyn. Ein Cilicium, spricht der Pater, ist eine roßhärige Gürtel um die Lenden, damit die viehischen Begierden des Leibs hiedurch gezähmt werden. O Pater, Roß-Haar ist der Seide gar nichts befreundt, ich laß solches den Geigern über, womit sie ihre Fidelbögen können flicken. Was ist dann anzufangen, gedachte der geistliche Arzt, indem dieser Patient alle Medicin verweigert? Endlich und endlich, sagte der Beichtvater, indem er wahrgenommen, daß solcher einen großen und bereits Eis-grauen Bart habe, er solle öfters beim Tag, absonderlich Frühe und Abends, seinen Bart mit der Hand streichen, und solchen wohl betrachten. Fiat, das will ich thun! womit die Beicht, nach ertheilter Absolution, vollendet. Es seynd kaum 8 Tag verflossen, da kommt oft besagter Sünder zu dem frommen und hocherleuchten Mann, fällt ihm mit weinenden Augen und vielen Seufzern zu Füßen, thut sich in allen und jeden ehrbietig erzeigen, alle Buße zu thun, dann in Betrachtung meines grauen Barts, sagt er, ist mir jederzeit [344] eingefallen, daß ich gar nit weit zum Tod habe, und solche Erinnerung des Todes hat mir also das Herz bewegt, daß ich bereits einen Grausen und Eckel trage an allen Wollüsten der Welt, zumalen ich sehe, daß dergleichen Satans-Konfekt mir im Tod-Bett zu lauter Gall und Enzian verkehrt werden. Wohlan, so will ich die kurzen Jahre, oder Monate, oder Wochen, oder Tage, oder wie es Gott will, die wenigen Stunden also leben, daß ich mir nachmals durch Gottes Barmherzigkeit getraue wohl zu sterben. Auf solche Weise ist der Tod der beste Prediger.

Sobald Adam, samt seiner Eva, das göttlich Gebot übertreten, und durch solchen Ungehorsam dero Bloßheit an den Tag kommen, da hat sich gleichwohl der Allerhöchste ihrer erbarmet, und ihnen Kleider verfertiget, dero nackenden Leib zu verhüllen; aber was für eine dem Adam? vielleicht Hosen, wie mans vor diesem getragen, so weit die Hafner-Schürzel, zumalen er ohnedas aus dem Leim erschaffen? das nit. Vielleicht Hosen, wie mans vor Jahren getragen, untenher mit Bändern eingeflochten, massen er auch das gesamte menschliche Geschlecht verhaspelt? das auch nit. Vielleicht Hosen, wie mans Vorzeiten getragen, auf der Seite mit großen taffeten Rosen, weil er ohnedas seine Missethat wollte verblümeln, da er die Schuld auf andere gelegt? das auch nit. Vielleicht Hosen, wie mans schon längst getragen über und über mit Bändern versetzt, zumalen er ohnedem das ganze menschliche Geschlecht spöttlich angebunden? das auch nit. Etwan Hosen, wie mans vor diesem getragen, voller Knöpf, weil er ebenfalls einen solchen [345] harten Knopf gemacht, den Gottes Sohn allein hat können auflösen? das auch nit. Vielleicht Hosen, wie mans jetzt pflegt zu tragen, ganz eng und schmal, massen er sein Glück also geschmälert, da er sein Leben in lauter Aengsten muß zubringen? das auch nit, das auch nit, sondern Gott hat ihn gekleidet wie die Eva.

Was hat dann die Eva, die erste Mutter, für ein Kleid? etwan einen Rock von schönem Brokat? Ja wohl nit, weil sie den verbotenen Brocken hat gessen, also hat sie keinen Brokat verdienet. Etwan einen Rock von gewässertem Taffet? Ja wohl nit; dann ihr mehr gebührt gewässerte Augen, als gewässerte Taffet. Etwan einen Rock von Kapizol? Ja wohl nit, dann ihr ist gesagt worden, daß der Mann das Capo seye des Weibs, Vir Caput Mulieris. Etwan einen Rock von Scharset? Ja wohl nit, dann sie hätte besser sollen mit dem bösen Feind, so in der Schlange logirte, schargiren. Etwan einen Rock von Engelsatt? Ja wohl nit, massen sie dem Teufel gar zu großes Gehör geben. Etwan einen schönen Manto? Ja wohl nit, weil sie ohne das unrecht gethan, wie sie ihre Schuld wollte vermänteln, als habe sie die Schlange hinter das Licht geführt. Was hat dann Eva für ein Kleid? Eva war gekleidet wie der Adam, und Adam war gekleidet wie Eva. Gott der Herr machte dem Adam und seinem Reib Röcke von Fellen, und zog sie ihnen an. Da hat ihnen der Buckel gegraust, wie sie das erstemal den Tod gesehen bei diesem lieben Vieh. Die Häute todter Thiere ungegärbt, müssen Kleider [346] abgeben den zwei ersten Eltern. So oft nun Adam und Eva einen Schritt gethan, da hat das Fell ein Geräusch gemacht, und da hat sowohl er, als sie an den Tod gedacht. Solches hat der allmächtige Gott mit allem Fleiß gethan, dann er dachte, daß den Menschen nichts mehr könne vom Sündigen abhalten, als die Gedächtnuß des Todes.Tunicas pelliceas dedit illis etc. Worüber Isidorus also schreibt: »Tunica appellata est, quia in motu Incedentis Sonum facit, tonus enim sonus est, unde primis Parentibus tunicae pelliceae post lapsum sunt factae, ut perpetuum suae fragilitatis et instabilitatis monitorem haberent.«

Wann das menschliche Leben wär wie die Arche des Bunds, dero Holz nit hat können verfaulen; wann das menschliche Leben wär, wie der hölzerne Altar im alten Testament, der von stetsbrennendem Feuer darauf, nie verzehrt worden; wann das menschliche Leben allzeit bliebe, wie die Kleider der Israeliten durch 40 Jahr in der Wüste, da ihnen nit ein Faden zerrissen; wann das menschliche Leben wär, wie das Feuer der heidnischen Jungfrauen, so Vestales genannt waren, welches niemalen ausgelöscht, so wollt ich dir mit dergleichen melancholischen Gedanken von dem Tod nit viel überlästig seyn, dann ich weiß gar wohl, daß dir das Allegro im Leben weit angenehmer fällt, als das Adio in dem Tod. Aber weil das menschliche Leben nichts anders ist, als ein Licht, ein Letten, eine Lilie, ein Laub, eine Leinwath, eine Lug, eine Linde, ein Laufer, eine Leich. Eine Leich. Quis me liberacit de Corpore Mortis [347] hujus. Ein Laufer,dies mei velociores fuerunt cursore. Eine Linde,video homines velut arbores etc. Eine Lug, omnis homo Mendax. Eine Leinwath, dies mei velocius transierunt, quam a texente tela succiditur. Ein Laub, sicut defluit folium de vinea. Eine Lilie,Homo, qui quasi flos egreditur. Ein Letten, Luto vilior vita ejus. Ein Licht, Lucerna, quae superest, extinguetur. Ein Licht löscht bald aus, ein Letten verdorret bald, eine Lilie verwelkt bald, ein Laub fällt ab, eine Leinwath zerreißt bald, eine Linde verdirbt bald, ein Laufer fällt bald, das Leben ist bald eine Leiche, eine Leiche, vielleicht noch diese Stund. Eine Leiche, vielleicht noch diesen Tag; eine Leiche, vielleicht noch diese Woche, so hast du dann Ursach über Ursach, den Tod nie aus dem Gedächtnuß zu lassen.

Moses hat aus Befehl Gottes den hartnäckigen König Pharao in Egypten über alle Massen exerciret, weil er hart war, so hat er ihn mit Wasser geplagt, und alles Wasser in Blut verwandelt; weil er eine Bestia war, so hat er ihn mit allerlei Bestien geplagt, unter andern waren auch Mücken und Fliegen, deren eine solche Menge, daß sie fast das Sonnenlicht verfinstert; drei und vier Kammer-Diener mußten stets mit dem Fliegen-Wadel bei und um den König stehen, aber es half wenig, dann die Mücken also hartnäckig und halsstarrig, wie er, sie liessen sich von der Nase nit abschrecken, dieselbige aber mit einem Täschel zu vertreiben, war ihm auch nit gelegen, er konnte nit einmal einen Schlaf haben vor [348] Menge der Mücken, so klein solche waren, so hart haben sie ihm das Gesicht mit ihrem subtilen Stachel verletzt, daß er fast unsinnig worden. Viel Glossisten seynd der Aussag, daß gleichwie Moses zuvor aus dem Staub der Erde die Wanzen, die stinkenden Käfer hervor gebracht, also habe er auch aus demselben die Mücken gemacht. Seye dem, wie ihm wolle, gewiß ist es, wann du mit deinen Gedanken wirst in den Staub schlagen, wann du wirst öfter zu Gemüth führen, Staub und Asche, in welchen dein Leib wird verkehrt werden, glaub du mir, es werden artliche, jedoch gute Mücken herauskommen. Da wirst du Mücken haben, wegen deines Haab und Guts, da wirst du gedenken, ich hab etwas nit mit gutem Gewissen, wie wär es, wann mich der Tod hätte gäh übereilet, so wär ich ewig verloren, so ist dann besser und rathsamer, daß ichs bei Zeiten wieder zuruck gebe, und erstatte, was achten es meine Kinder, wann ich ihnen nur großen Reichthum hinterließe, ich möchte gleichwohl derenthalben ewig leiden. O ewig! Memento homo, quia pulvis etc. Dieser Staub wird dir Mücken machen wegen deines bishero so üblen geführten Wandels. O mein Gott, wirst du gedenken, es ist bald mit dem Menschen geschehen, wer weiß, ob ich nit in meiner Krankheit gleich von Sinnen komme, wie es öfter geschieht, so will ich ja lieber und sicherer jetzt mich mit Gott versöhnen, Zeit und Weil seynd ungleich. Memento homo, quia pulvis es. Dieser Staub wird dir Mücken machen wegen deiner bishero so viel gehabten Sorgen. Mein Jesu, wirst du bei dir sagen, [349] ich schaue Tag und Nacht, wie ich das meinige vermehre, sterbe ich einmal, da muß ich alles verlassen, oder, besser geredt, alles verläßt mich, da trag ich nichts mit mir als böse und gute Werke, so will ich anjetzo lieber Allmosen geben, und Gott mir zum Freund machen, dann mein Weib wird doch wieder heirathen, und das, was ich mit so hartem Schweiß zusammen gescharrt, wird sie mit andern Buhlern verzehren etc. O was gute Mücken aus diesem Staub. Memento homo, quia pulvis es, etc.

Wie unser Herr und Heiland an seinem bittern Kreuz-Stamm den Geist aufgeben, da haben sich zu Jerusalem die Gräber an unterschiedlichen Oertern eröffnet, Monumenta aperta sunt; seynd aber erst den dritten Tag hernach mit unserm Herrn auferstanden, warum aber seynd sie nit alsobald nach Eröffnung der Gräber hervorgangen, oder, wann sie erst haben sollen am dritten Tag auferstehen, weswegen seynd die Gräber so bald eröffnet worden? die Ursach ist vermuthlich diese, unser gütigster Erlöser, der da nur kommen ist, zu suchen, was verloren, wollte alle Mittel anwenden, die verbeinten Hebräer auf einen guten Weg zu bringen, unter andern glaubt er, daß solche verhartete Böswicht nichts mehr werde oder könne erweichen, als die Gedächtnuß des Tods, darum hat er wollen, daß die Gräber der Todten drei Tag sollen offen stehen, damit die Juden konnten sehen, die verfaulten Leiber, die mit Würmern und Schlangen überhäuften Körper, die von Eiter und Wust stinkenden Aas derselbigen, deren sie etliche noch bei Lebenszeiten gekennt, und folgsam in Ansehung [350] der menschlichen Mühseligkeit, andere und bessere Gedanken schöpfen, das verfluchte Interesse beiseits legen, wessenthalben sie meistens den Heiland Jesum zum Tod gezogen, dahero die Lateiner nit umsonst ein Todten-Grab nennen Monumentum, welches so viel monens mentem.

O Magdalena! du Spiegel der Büßenden, du bist so weit in der Gnade Gottes gestiegen, daß du auch gleich andern Aposteln, das Evangelium Christi allenthalben ausgebreitet; daß du auch durch Wirkung des heil. Geistes alle Sprachen geredt; daß du auch 30 ganze Jahr hindurch in der Wüste von allen Menschen zwar abgesondert, aber doch täglich von den Engeln besucht, und von ihnen in die Höhe, die himmlische Musik zu hören, getragen worden, daß du auch mit deinem Gebet aus einem harten und trockenen Felsen ein klares Brunnenquell erweckt etc. Aber sag her, wer hat dich so hoch gebracht? Sie antwortet, das Niedere. Wer hat dich so groß gemacht? Sie antwortet, das Kleine. Wer hat dich so weiß gemacht? Sie antwortet, das Schwarze. Wer hat dich zu so großem Schein gebracht? Sie antwortet, die Finsternuß. Wer hat dich in der Liebe Gottes also erhitzt? Sie antwortet, die Kälte. Wer hat dich gezogen zu einem so heiligen Leben? Sie antwortet, der Tod. Ich sahe in der Stadt Naim den Tod der Wittib einigen Sohn, der mein Galan gewest. Ich sahe denjenigen Leib ganz erstarrt und erkalt, den ich vorhero wie einen Gott angebetet, ich sahe das für ihn verfertigte finstere Grab, der das einige Licht war meines Herzens. Ich [351] sahe die schwarze Trauer der Frau Mutter und gesamten Freundschaft, welche alle in weit höherm Alter, und doch diese Blum überlebet. Ich sahe die kleine Todten-Truhe, in welche dieser gelegt worden, der vorhero Haus und Hof und Güter thäte besitzen. Ich sahe, daß dieser mein Liebster von so hohem Stand, unverhoffter Weise so niederkommen, daß man ihn sogar auf der Erde nit wollte gedulden, sondern bereits zum Thor hinausgetragen, denselben unter die Erde zu begraben; solche wohlbesonnene und reife Erinnerung des Todes hat mir gleich ein Grausen verursacht der zeitlichen Wollüste, hat mich neben der Gnade Gottes, so das meiste dabei gethan, zu einem bessern und andern Lebens-Wandel angespornt, daß ich nachmals meinem Jesu zu seinen heiligen Füßen gefallen, und ihm solche mit Buß-Thränen gewaschen. Dahero pflegt man fast allezeit diese heilige Büßerin mit einem Todtenkopf abzumalen. O was thut nit die Gedächtnuß des Todes.

Daß täglich, daß stündlich die Sünden bei den unbedachtsamen Adamskindern wachsen, ist die mehriste Ursach, die so seltene Erinnerung des Todes. Ein jeder meint, er werde länger leben. Abstemius bringt eine Fabel vor: daß auf eine Zeit ein Knecht sey in aller Frühe in Stall gangen, allwo er die Ochsen in vollen Freuden und Jubel angetroffen, er konnte sich nit genug verwundern über das Allegro dieser Ochsenköpf, fragt endlich die muthwilligen Kerl, wessentwegen sie so lustig und guter Dinge seyn? er habe sie eine lange Zeit nit so aufgeräumt gefunden, worauf sie geantwortet, es habe ihnen geträumt heute Nacht, daß sie heute [352] werden auf die gute, grüne, feiste Weide getrieben werden, ho! ho! sagt der Knecht, und mir hats geträumt, ihr werdet heute auf dem Acker draußen den Pflug ziehen. Nun ist der Menschen ihr Traum weit sicherer als der Thiere.

O wie viel gibt es Menschen dieses Gelichters, die sich auch mit leerer Hoffnung speisen, wie mancher meint, er sey noch bei den besten Leibskräften, und werde noch eine ziemliche Zeit leben, und auf der feisten Weide der zeitlichen Lustbarkeit sein Contento genießen, aber glaubt mir, dieses ist nur ein viehischer Traum bei euch, Gott der allerhöchste hat es weit anderst beschlossen und zwar in seinem göttlichen Rath schon die Anstalt gemacht, daß ihr noch dieses Jahr, noch dieses Monat, ja noch diese Woche sollt das Leben quittiren. Da heißt es, wer hat sich das eingebildet?

Ammon, ein königlicher Prinz, ein Herr von großer Hoffnung, auf den ihre Majestät, der König David, sehr viel gehalten, sitzt bei der Tafel, isset wohl, trinket wohl, lachet wohl, lebt wohl, aber stirbt übel, indem er zum besten bezecht, ist er von seines Bruders Bedienten unverhofft ermordet worden. Er hat sich das gar nit eingebildet.

Holofernes, ein berühmter Kriegsfürst, zu dessen Diensten und Willen ein ganzes Kriegsheer gestanden, sitzt bei der herrlichen Tafel, hielt ein stattliches Nachtmahl, wußte aber nit, daß es war das Letztemal, vivat, er soll leben, haben Hohe und Niedere geschrien, vivat, er soll leben, haben Junge und Alte getrunken; er geht endlich schlafen, oder besser geredt,[353] man hat ihn schlafen geführt, dann er ziemlich berauscht, indem er zum besten geschnarcht, schnitt ihm die beherzte Judith die Gurgel ab, den Kopf ab. Er hat sich das nit eingebildet.

In Egypten, als dazumal der König Pharao regierte, war alles in Wunsch und gutem Wohlstand, der König wohl auf, die Königin wohl auf, die Kavalier wohl auf, die Damasen wohl auf, die Burger wohl auf, dero Weiber wohl auf, die Bauern wohl auf, ihre Weiber wohl auf etc., um Mitternacht kommt ein Engel auf Gottes Befehl, und ermordet alle Erstgeborne des ganzen Königreichs. Das hat sich kein Mensch eingebildet.

Bertholdus de Betholiz, ein vornehmer böhmischer Edelmann, ritt einmal mit sonderer Pracht, mit stattlichen Kleidern, mit vielen Bedienten und Laqueien nach Prag über die Brücke, des Willens, sich zu Hof beim König sehen zu lassen, wie er gegen die kleine Seite zu dem Thor kommt, da ist ein Stein, welchen zwei Raben auf dem Dach losgemacht, um weil sie mit einander gerauft, ihm auf den Kopf herunter gefallen, und wohl recht steintodt geschlagen. Wer hat sich das eingebildet.

Was tausend und tausend dergleichen Geschichten, mit denen man ganze Bibliotheken könnte anfüllen, so mans alle schriftlich verfaßte. Ich war dazumal zu Wien in Oesterreich, wie eine herrliche Schlittenfahrt bei Winterszeiten gehalten worden, allwo alle erdenkliche Pracht zu sehen gewest; die Pferde waren mit Blumaschi also besteckt, daß ich geglaubt, sie werden über den Stephansthurm fliegen: die Schlitten waren[354] dergestalten gezieret, daß der Schnee vor Freuden selber gegurzt, weil so herrliche guldene Maschinen ihm über den Buckel rutschten, alle Fenster waren offen, ohne Respekt des Ofens, den nit wenig verdrossen, daß er seine Wärme hat müssen in Luft schlagen. Jedermann schauete dieser Schellenprozession zu, siehe aber gäh, ein vornehmer Minister, eines zwar untadelhaften Wandels, ein geheimer kaiserlicher Rath, wird vom gähen Schlag getroffen in dem Schlitten, und stirbt dahin. Das hat sich kein Mensch eingebildet.

Wir sollen es aber uns einbilden, und den Tod stets vor Augen halten, dann wir keine Zeit sicher, an keinem Ort sicher, keine Stund sicher, in keinem Alter sicher etc. Dahero wenn ein Heirathskontrakt verfertiget wird, da pflegt unter andern auch beigesetzt zu werden, wann er vor ihr, oder sie vor ihm soll sterben, so soll dieß und dieß dahin gehören, wann sie sollen Kinder erzeugen, und diese vor ihrer Vogtbarkeit mit Tod abgehen, so soll die Verlassenschaft da und da hinfallen. Wann mir einer etwas leiht oder bezahlt, so will er bescheint seyn, und darum, ach Gott, sagt er, wir seynd sterbliche Menschen, wir wissen nit, wann, wir wissen nit, wie, wir wissen nit, wo, aber das wissen wir, daß wir sterben müssen. So mach dir dann o Mensch zu aller Zeit ein NB., gestern sind mir gestorben NB. meine Brüder, die jünger waren als ich, seynd gestorben NB. meine Schulgespän, die vorzeiten mit mir waren, seynd gestorben NB. das Haus, worin ich wohne, hat schon viele Herren gehabt, so aber alle gestorben, NB. die [355] Schüssel, aus der ich esse, hat noch meinen Eltern zugehört, die aber auch gestorben, NB. die Bettstatt, in der ich liege, hab ich von meiner Schwester geerbt, darin ist sie gestorben,NB. so werd ich auch sterben, NB. dieser Gedanke wird verursachen, daß ich einen andern Wandel werde führen. Es ist gewiß, der wird nit als wie ein Mauskopf leben, der sich also das Mausoläum allezeit vor Augen stellt.

Die dritte Tracht von Fischen laß ich auf die Tafel bringen, diese seynd allerlei Sorten, der Fisch aber heißt abgesotten, und mit grünem Petersill überdeckt. Unser Herr erscheint auf eine Zeit dem Petro, welcher samt andern sehr viele Stunden aneinander gefischt. Petrus, fragt er, gibts was? Nichts meinHerr, nit einmal ein Schneiderfischl, darauf hat der liebste Heiland befohlen, sie sollen in seinem Namen das Netz rechter Hand einwerfen, welches auch geschehen, und haben sie eine Menge der Fische herausgezogen, hundert und drei und fünfzig Stück, und jeder Fisch war eine besondere Art, dann in dem Meer, nach Aussag des hl. Hieronymi, werden just so viel Sorten Fisch gezählt. Warum aber, daß sie aus einer jeden Gattung einen Fisch gefangen? dieß ist ein Geheimniß, spricht er, gedacht der heilige Lehrer, und bedeutet, daß er allerlei Standespersonen von dem Meer dieser Welt in das ewige Vaterland sollen gezogen werden.

Der hl. Paulus ist in den dritten Himmel verzuckt worden, ich bin noch weiter kommen, aber nur mit meinen Gedanken, ich bin droben gewest, wo Gott seine Residenzstadt hat, allwo die ewige Wohnung [356] ist der Auserwählten; die große Freud und Herrlichkeit des Himmels hab ich nit können abmessen, aber die Größe und Breite hab ich nach Möglichkeit abgenommen, der Umkreis erst erwähnten empirischen Himmels ist über 15000 Million der Meilen, und wann ein jeder Heiliger im Himmel so viel Platz wird haben, wie der allergeringste und mindeste Stern im Firmament, ist das schon genug, zumal der allerwinzigste Stern 18mal größer, dann der ganze Erdboden, das ist ja eine überschwengliche Größe des Himmels. In diesem hab ich gesehen eine unzählbare Anzahl der Heiligen und Auserwählten Gottes. Ich hab gesehen eine solche Anzahl aus dem Orden des hl. Benedicti, daß es nit möglich scheinte zu zählen, und habe mir eingebildet, daß am jüngsten Tag der göttliche Richter nit werde sagen, venite Benedicti, sondern venite Benedictini. Ich hab gesehen eine solche Schaar aus dem Orden des heiligen Franzisci, daß ich bei mir selbst gedacht hab, die Welt bei der Zeit sey meistens französisch, der Himmel aber fast ganz franziscisch. Ich hab gesehen eine solche große und schier überschwengliche Armee aus dem Orden des hl. Vaters Augustini, daß ich mich verwundert hab, wo man so viel Häut nehme, aus denen so viel Gürtel und Riemen geschnitten wurden. Ich hab gesehen eine solche Menge der Dominikaner, daß, wann auch die Heerde der gescheerten Lämmlein des Jakobs sollte zehntausend mal überzählt werden, gleichwohl die Zahl deroselben nit würde erreichen. Ich hab gesehen eine solche Menge der Jesuiten, daß mir vorkommen, es wolle Jesus in dem Himmel keine andern haben, als Jesuiten. [357] Deßgleichen aus allen andern hl. Orden und andern geistlichen Ständen, forderist der hl. römischen Päbste, deren etliche und siebenzig allein in der Zahl der Heiligen gezählt worden. Item, so viele Kardinäle, Patriarchen, Erzbischöfe, Bischöfe, Prälaten, Domherrn, Pfarrer und andere Priester etc., daß ich fast in Gedanken gestanden, der Himmel sey nur für die Geistlichen gebaut; wie ich aber mich recht umgesehen, da war kein Stand in der ganzen Welt, der nit alldort die ewigwährende Kron besitzen thäte, worüber ich Ursach gehabt, meine Hände zusammen zu schlagen, und dem Allerhöchsten zu danken um diese grundlose Barmherzigkeit.

Ich hab mir eingebildet, daß ich alldort werde keine, oder gar wenig gekrönte Häupter und andere Fürsten antreffen, dann ich mich zu entsinnen weiß, daß ich gelesen hab, wie einmal ein hl. Mann von einem großen Fürsten ist befragt worden, ob auch die Fürsten in Himmel kommen? worauf er mit Ja geantwortet, ja, wann sie in der Wiege sterben, aus dem unschwer zu schließen war, daß dieser Stand sehr hart zur Seligkeit gelange. So hat auch Karolus VIII. König in Frankreich einen Tag vor seinem Tod seinen obersten Kämmerer befragt, warum doch so wenig Könige unter die Zahl der Heiligen gesetzt werden? weil er aber solches nit wußte zu beantworten, hat hinwieder der König gesagt, es sey keine andere Ursach, als dieweil ein König keine Leute um sich hat, welche die Wahrheit reden; als sey gleichsam ein hochfürstlicher Hof nichts anders als ein Nest der Schmeichler. So ist mir auch eingefallen, [358] daß unser lieber Herr davon geflohen, wie sie ihn zu einem König wollten erwählen. Deßgleichen hat er am hohen Kreuzstamm noch vor seinem Tod das Haupt herabgeneigt, um weil der Titel eines Königs ober seiner geschrieben stund, etwa dadurch anzudeuten, man soll so leicht eine königliche Kron nit annehmen, um weil dieselbe voller Gefahr. So ist auch wohlbekannt aus göttlicher Schrift, wie die Bäume einen König unter ihren hölzernen Mitgliedern wollten erwählen, daß sich nit Einer, sondern mehr dessen geweigert, und die Kron nit angenommen, in Erwägung des gefährlichen Stands, in welchem diese höchsten Häupter seyen. Dann fürwahr das Wörtl Rex ziemlich klein ist, aber entgegen eine große Verantwortung dabei, daß also ein König in Spanien sich verlauten lassen, er wollte wünschen, er wäre lieber ein Eremit in der Wüste gewest, als ein König in seiner Monarchie. Es ist aber auch dieser höchste Stand bequem genug, die Seligkeit zu erlangen. Man kann auch auf einen hohen Thron eine niedere Demuth tragen, ist schon oft geschehen. Man kann auch mitten unter dem Silber ein guldenes Gewissen haben, ist schon oft geschehen. Man kann auch unter so viel Aufwartern und Dienern gleichwohl Gott dienen, und dem Gewissen abwarten, ist schon oft geschehen. Man kann auch unter so viel Leibquardi und Hütern sich ebenfalls vor den Sünden hüten. Man kann auch bei so großem Herrschen über das üble Beginnen des Gemüths herrschen, ist schon oft geschehen. Man kann auch in diesem, dem Schein nach, glückseligsten Stand, das Kreuz mit Christo tragen, zumal ohnedas [359] das Wörtl ReX ein angeheftes Kreuz führet. Dergleichen seynd eine Menge in dem Himmel zu sehen gewest. Konstantinus, ein Kaiser; Karolus, ein Kaiser; Henrikus, ein Kaiser, samt vielen andern mehr. Helena, eine Kaiserin; Hildegardis, eine Kaiserin; Kunigundis, eine Kaiserin; Pulcheria, eine Kaiserin etc. viel andere mehr. Kasimirus, ein König in Polen; Stephanus, ein König in Ungarn; Ludovikus, ein König in Frankreich; David, ein König in Israel; Kanutus, ein König in Dänemark; Eduardus, ein König in England etc. Andere große Fürsten und Herren; gleichwie der hl. Leopoldus mit seiner Agnes 14 Kinder erzeugt, gleichwohl beide heilig gelebt, nit in rauhen Kleidern und verwerfliche Aufzugm dahergangen, sondern auch wohl in Sammet und Seide, in Silber und Gold, und gleichwohl seynd sie in den Verdiensten höher gestiegen, als viel Eremiten, viel Religiosen, die in der Wüste und Einöde ihr Leben zugebracht.

Ich hab schier in Zweifel gesetzt, ob ich im Himmel droben werde einige heilige Hof-Minister und vornehme Hofräthe antreffen. Dann bei dergleichen gar oft Ratio Status (ein Wunderthier ist dieß!) das Gewissen in die Schanz schlägt; das hat man genugsam wahrgenommen bei dem hohen geheimen Rath der Fürsten der Synagog und hat den Heiland Jesum nichts mehrer zu dem bittern Tod promovirt, als Ratio Status, dann der saubere Politikus Kaiphas in Erwägung, daß das meiste Volk der Hebräer von der Lehr Christi gezogen worden und seine Heiligkeit und Gutthätigkeit die Gemüther der mehristen an sich [360] gezogen, unangesehen er die Unschuld Jesu von Nazareth wohl erkannt, wegen Furcht aber, es möchten die Römer kommen und sie um ihr Reich und Freiheit bringen, hat er in allweg gesucht, daß Christus möchte aus dem Weg geräumt werden; es thäte zwar hierinfalls der gewissenhafte Nikodemus als auch ein Raths-Mitglied auf keine Weise zustimmen, um Willen man in diesem Nazaräer keine Schuld finden könne; Ei, sagt Kaiphas, Ratio Status bringts mit sich, Unschuld hin, Unschuld her, es ist besser, daß einer zu Grund gehe, als wir alle. O verfluchter Statist! so hat dann Ratio Status von dem Gewissen, von dem Gebot Gottes und der Kirche keine Dependenz? Warum seynd dermalen im römischen Reich durch ungerechte Waffen so viel tausend und tausend an den Bettelstab gerathen? so viel edle und uralte Städte, in welchen vor diesen so viel heilige Tempel, prächtige Gotteshäuser, uralte Stift und Klöster, zu einem Steinhaufen worden? O Gott! Ratio Status ist gar aus Frankreich heraus gereist, hat das Feuer selbst in solche heilige Oerter und Gottes-Wohnungen gelegt. Aber in der Wahrheit, ich fürchte, es wird die Zeit geben, daß Ratio Status, so die göttlichen Augen nit viel achtet, wird das eigene Reich zu Grund richten und nicht nach dero Meinung ein Grundstein dessen seyn. Zum andern ziehen bisweilen die Hofminister das Meiste an sich mit des andern seinem Verderben. Der gelehrte Manni erzählt von einem vornehmen Fürsten, welcher einen gar zu stark interessirten Hofherrn hatte, demselben einige Lehr zu geben, hat er ihn zu sich berufen samt den zwei Leib-Medicis, welchen Letztern er [361] sehr mitleidend vorgetragen, wie daß dieser gegenwärtige Kavalier einen sehr übeln Zustand habe, so seine hohe Person nit wenig bedaure, wollte auch nit gern eines so wackeren Manns verlustig werden, gebiete ihnen demnach, mit allem möglichsten Fleiß denselben zu curiren; der Kavalier erstummte hierüber und wußte nicht, wie viel es geschlagen; die gegenwärtigen Medici betheuerten beide, daß sie an erstgemeldtem Kavalier keine einige Ungesunde spüren, ja die beste Natur und Leibs-Komplexion, verspreche ihm nächst Gott ein langes Leben. Ja, ja, sagte mehrmal der Fürst, er hat das Milz-Wehe, und wißt ihr nit, in was das Milz-Wehe bestehet? Zweifelsohne war die Antwort von ihnen: das Milz-Wehe ist dies: wann selbiges die Nahrung, so es andern Gliedern zu geben schuldig, alles für sich selbst behält, so müsse nothwendig selbe mit der Weil verderben und zu Grund gehen. Diesen Zustand sagt der Fürst, hat dieser Gegenwärtige mein Hof-Kavalier etc. wollte ihm hierdurch sattsam unter die Nase reiben sein gewissenloses Interesse, wessenthalben er den Unteren und andern die Gebühr verweigert und abschneidt und alles, für sich behält. Dergleichen Sachen haben mir schier einen Gedanken verursacht, als würde ich keine, oder wenigst nit viel heilige Hofherren im Himmel antreffen; aber das Widerspiel: massen kein Stand in der Welt, der nit in der Glori triumphiret, als sahe ich deren eine Menge daselbst. Da waren der H. Severinus Boetius, der H. Pancarius, der H. Gaudiosus und andere mehr geweste obriste Hofmeister. Da war Gallocerus, ein gewester obrister Kämmerer; da waren der Heil. Eparchus, Bonitus, Thomas Morus, [362] geweste obriste Kanzler; da waren der H. Demetrius, Sergius, Viktorianus, geweste obriste Statthalter: da waren der H. Erastus, Adaucius und andere, geweste Kammer-Präsidenten. Da waren der H. Fulgentius und andere obriste Kuchl-Meister, da waren Waningus, Mautotontus, oberste Jäger-Meister, samt andern. Da waren heilige Sekretäre, Marcellinus, Menulphus und andere. In Summa, die Menge der Hofbedienten waren im Himmel anzutreffen, woraus zu schließen gewest, daß Gott allemal mitten durchgehe, wie Er dann allemal in der Mitte gesehen worden: bei seiner Geburt in Mitte der zweien Thiere: In dem Tempel in Mitte der Doktoren und Lehrer: In seinem Tod in Mitte der zweien Uebelthäter: Nach seiner Urständ in Mitte der Apostel, wie Er ihnen den Frieden angedeutet. Er gehet nämlich mitten durch und gibt einem sowohl seine göttliche Gnade, als dem andern.

Ich habe doch müssen umsehen, ob auch einige andere von Adel im Himmel seyen. Einen Skrupel dessen hatte ich dahero geschöpft, weil die heilige Schrift sagt Matth. 24. K. Ubi Corpus, ibi congregabuntur et Aquilae, wo das Aas seyn wird, da werden sich auch die Adler versammeln; nun von Adler soll, glaub ich, der Adel herrühren, aus welchem fast eine Schlußrede könnte gemacht werden, daß der Adler gern den stinkenden Aasen nachsetze. Magdalena war eine vornehme Dame von gutem altem Adel, es waren ihr auch dergleichen Aas nit zuwider; diese hatte einen Herrn Bruder, der da Lazarus genannt war, der gar ein wackerer Edelmann, auch eine ziemliche Zeit im Feld zugebracht, damit er nit allein mit dem [363] Blut, sondern auch mit dem Muth zu prangen habe. Dieser Edelmann Lazarus erkranket und stirbt. Vier Tage nach seiner Begräbnuß kommt unser lieber Herr nach Bethanien, allwo des verstorbenen Lazari beide Schwestern Magdalena und Martha ihm entgegen gangen, und nit ohne nasse Augen und viele Seufzer beklagten sich wegen des zeitlichen Hintritts ihres Bruders; ja wann Er, verstunden den Herrn Jesum, wäre da gewest, so wäre dieß Uebel nit geschehen. Christus der Heiland ohne Verweilung begibt sich zu dem Grab, erwecket wirklich den Todten wieder zu dem Leben, aber mit einer Ceremonie, die Er sonsten nit pflegte, Er weinte bitterlich, und mit großen Trauerzeichen hat Er ihm das Leben geben. Daß unser Herr allhier also geweinet, geben die heiligen Lehrer unterschiedliche Ursachen, unter andern spricht der heil. Abt Rupertus, daß Christus derentwegen so viel Zähren vergossen, daß er diesen Edelmann wieder zum Leben erwecken solle, indem er gleichwohl gut gestorben; so er aber wieder zum Leben komme, etwan möchte er nachmals einen schlimmen Wandel führen, massen der Adel tausend Seelen-Gefahren unterworfen. Dergleichen Dinge machten mir schier kleinen Glauben, als sollten viel Edelleute im Himmel seyn, aber ich sah gleichfalls das Widerspiel, ja es kam mir eine solche Menge der heil. Edelleute unter die Augen, daß unmöglich schien, selbe in eine Zahl zu bringen. Da waren H. Elzearius, Konradus, Grafen von Abensperg und viel und viel andere heil. Grafen mehr. Da waren Adelindis, Richardis, Klementia etc. und viel und viel andere heil. Gräfinnen mehr. Da waren Maximus, Klaudius, Alexander, Geminianus und viel viel andere heil. [364] Freiherrn. Da war eine Anzahl des gesamten Adels, daß ich mich selbst verwundert ob einer so unermeßlichen adelichen Heiligkeit oder heil. Adels.

Ob einige Soldaten droben seyen, habe ich dessenthalben nit viel umgeschauet, zumalen ich vorher schon gewußt die große Anzahl derselben, desgleichen auch wegen der Doktores und gelehrten Leute, doch aber hab ich wegen der Letzten schier einen Zweifel gefaßt, massen mir nit unbewußt, daß ein Wasser, so andere wäscht, selbst trüb wird; daß eine Raspel, so von dem Eisen den Rost nimmt, selbst Scharten bekommt, daß ein Kämml, das die verwirrten Haare wieder einrichtet, selbst wüst und lausig wird: also die gelehrten Leute, so andere unterrichten, nie sollten selbst in die Mängel fallen. Der Kopf des Loths seines Weibs ist voll Salz gewest, nachdem sie umgeschauet, ist gleichwohl nichts desto besser, sondern nur schlimmes gewest, also ist auch vielen die Doktrin nur ein Ruin etc. muß aber bekennen und anbei die göttliche Güte preisen und loben, wie ich meine Augen im Himmel hin und her gewendet, so ist ein solcher Haufen der heil. Doktoren und andern Gestudirten erschienen, daß mir schier vorkommen, diese füllen den Himmel halben Theils ein. Da waren Rechtsgelehrte, Ivo, Athanasius, Richardus und viel und viel andere mehr etc. Da waren Medici, Lukas, Kosmas Damianus, Panthaleon und viel viel andere mehr etc. Da waren Philosophi, Justinus, Sixtus, Aristides und viel viel andere mehr etc. Da waren Rhetores und Poeten, Damasus, Paulinus und viel viel andere mehr.

Wegen der Kaufleute, ich muß bekennen, stunde[365] ich in sehr großen Sorgen und hätte schier mit einem etwas gewettet, ich würde in der ewigen Freud wenig Handelsleute antreffen, zumalen dero Profession und Gewerb sehr vielen und harten Gefahren unterworfen. In dem Evangelio stehet geschrieben, daß einer von Jerusalem nach Jericho seye gereist, unterwegs aber unter die Straßenräuber gerathen, welche ihn nit allein tödtlich verwundet, sondern all das Seinige hinweggenommen und bis auf das Hemmet ausgezogen. Nun entstehet eine Frag, wer doch dieser müßte gewest seyn, ob er ein Handwerker, oder ein Soldat, oder ein Bauer, oder ein Student gewest? Einige glauben, es seye ein Kauf- oder Handelsmann gewest, der auf dem Markt seine Waaren verkauft und viel Geld gelöst. Es ist wohl zu merken, daß mehr Leute daselbst durchgereist, wie dann des Priesters und Leviten das Evangelium selbst Meldung thut. Wie daß sonst keiner von diesen Straßenräubern ist angegriffen worden? Meine Meinung ist diese, die saubern Straßenoffiziere haben sich eingebildet, der Kaufmann habe viel Geld auf dem Markt gelöst, und habe manchen übervorthelt, Mauspfeffer für gutes Gewürz verkauft, und also schadet es gar nit, wann sie ihm den Beutel in etwas laxiren. Sey dem wie ihm woll, Handel und Wandel der Kaufleute hat weit mehr Gewissensgefahr, als eine andere Profession, und wann die fünf thörichten Jungfrauen auf Einrathung ihrer weisen Gespannschaft hätten ein Oel einkauft, Emite vobis etc., so hätte ihnen vielleicht der Kaufmann ein altes schmecketes Oel für ein frisches geben, weil die Menschen ohnedas nit bei gutem Verstand waren. Hugo [366] Kardinalis ist der Aussag, daß diejenigen Publikaner und offenen Sünder, welche öfters zu Christo dem Herrn getreten, seyen meistens Kaufleute gewesen, erant Camptores, Mercatores et negotiatores, qui lucra saeculi per negotia sectabantur. In Erwägung dessen hab ich ja billig können umsehen, ob ich einige aus diesem Stand werde im Himmel antreffen, aber Gott sey höchster Dank, ich habe mit sonderm Trost eine großmächtige Anzahl derselben zu sehen bekommen, da hat es mich aber sonderlich gefreuet, daß kein Stand in der Welt, dem Gott nit auch genugsame Mittel gibt, die Seligkeit zu erwerben, es ist gar nit vonnöthen, daß wir alle in die Kutte schliefen, daß wir alle zwischen vier Mauern uns einschließen, und Tag und Nacht das Leben mit Singen und Psalliren zubringen, dann nit nur ein Weg in Himmel, sondern mehr. Gleichwie das Volk Israel durch das rothe Meer so wunderlich passiret an das gewünschte Gestad, nit aber durch einen engen Weg, sondern durch zwölf unterschiedene, also daß ein jedes Geschlecht einen besondern Paß gehabt; deßgleichen seynd ebenfalls unterschiedliche Weg in Himmel, als zum Gestad der Seligkeit. Einen Weg haben die Geistlichen und Gott gewidmeten Personen; einen andern haben die Weltlichen, unter denen auch die Kauf- und Handelsleute, dann ich derselben eine Menge habe im Himmel gesehen: da war der hl. Frumentius, der hl. Guido, und viel viel andere mehr, welche Handelschaft getrieben, und gleichwohl die Gnade Gottes nit vertrieben, warum soll es nit seyn können, daß einer Kienruß verkauft, und gleichwohl ein weisses [367] Gewissen behält? warum soll es nit seyn können, daß einer mit englischem Tuch handle, und gleichwohl daneben ein englisches Leben führe? warum soll es nit seyn können, daß einer mit Eisen und Stahl handle, und dannoch ein weichherziges Gemüth zn den Armen trage? warum soll es nit seyn können, daß jemand mit Bildern handle, und dannoch seine Seele als ein Ebenbild Gottes nit verscherze? warum soll es nit seyn können, daß einer Bernhäuterzeug verkauft, und doch daneben ein ehrlicher Mann verbleibe? es kaun gar leicht seyn.

Künstler und Handwerker hab ich auch im Himmel gesucht, dann ich habe mir eingebildt, daß sie werden beieinander stehen, ob zwar die Ersten den Vorzug billig haben, dann mehr ist doch gewest derjenige Goldschmied, welcher den guldenen Ring verfertiget, womit der alte Vater seinen verlornen Sohn beschenkt hat, als derselbige, der ihm ein neues Kleid hat gemacht und etwan die alten Lumpen ausgebessert. Es ist mir doch eins und das andere eingefallen, als wann dergleichen Ständ auch ziemlich in Haltung der Gebot Gottes können stolpern. Ja wann ein jeder Handwerker wäre, wie jener Gärber oder Lederer zu Joppen, bei dem der heil. Petrus seine Ordinari-Herberg hatte, von dem auch der Engel Meldung gethan, wie er dem Hauptmann Kornelio erschienen, so wäre leicht zu schließen, daß der Handwerker eine große Zahl im Himmel seyen. Aber deßgleichen, glaub ich, wird man nit viel finden. Jedoch hat unser lieber Herr diesen Stand absonderlich begnadet, indem Er keine Edelmann, keinen [368] Handelsmann, keinen Künstler, sondern einen gemeinen Handwerksmann für seinen Nährvater auserkohren, benanntlich den hl. Joseph, dem Er auch etliche Jahr in der Handthierung beigestanden. So hat auch der hl. Geist gleichsam den Stand der Handwerker beatificiret, als er durch den Psalmisten David geredt: »Labores manuum tuarum manducabis, beatus es, et bene tibi erit. Du wirst von deiner Hände Arbeit essen, selig bist du, und es wird dir wohl gehen.«

Im ersten Buch der Könige ist zu lesen, wie der streitbare David eine stattliche Viktori und Sieg erhalten wiber die Amaleziter, da ist ein Zank und Uneinigkeit entstanden, zwischen denjenigen, welche bei der Schlacht gewest, und zwischen denselben, so bei der Bagage geblieben, und Mattigkeit halber nit konnten folgen; was sagten dieselben, die bei dem Gefecht waren, weil uns eine so herrliche Beut zukommen ist, so sollten dieselbigen nichts davon haben, die nicht dabei gewesen, uns gehört solche allein zu. Holla, Holla, antwortet der gerechteste David, nit so gäh, meine so guten Leute; es soll einer das so wohl haben, als der andere: aequa pars erit etc. seynd also die, so bei dein Troß geblieben, ebenfalls theilhaftig worden der Beut.

Es möchten etwa die Geistlichen vermeinen, weil sie zum meisten streiten müssen wider die Welt, wider das Fleisch, und wider den Teufel, als ob ihnen allein die Beut der ewigen Seligkeit solle zugehören, das nit, das nit, meine frommen Leute, laßt es euch nit verdrießen; die Handwerksleute, und andere, so [369] zu solchem Streit etwas zu schwach, und dannoch nach Möglichkeit Gott dem Allmächtigen dienen, sollen auch von dieser ewigen Beut partizipiren. Darum, darum hab ich eine unbeschreibliche Menge und An zahl solchen Stands angetroffen im Himmel, daß ich schier der Meinung gewest, als ob die 9 Chöre der Engel sich unter solche gemischt hätten. Dort waren heil. Maler Lucas, Fölix, viel, viel andere mehr; heil. Goldschmied, Eligius, Bilfridus, viel, viel andere mehr etc. Heil. Buchbinder, Petrus Cölestinus, etc. viel, viel andere mehr. Heil. Barbierer und Bader, Hermoläus, Cänobius etc. viel, viel andere mehr. Heil. Apothecker, Aemilius, Athanasius etc. viel, viel andere mehr. Bildhauer und Steinmetzen, Antonius etc. viel, viel andere mehr. Maurer, St. Proculus. Metzger oder Fleischhacker, St. Thomas a Florentia. Bäcker, St. Donatus. Weber, St. Onuphrius. Färber, St. Meningnus. Gärtner, St. Paulinus. Glaser, St. Simon Salus. Müllner, St. Eugenius. Sattler, St. Gualfardus. Seiler, St. Posthumus. Messerschmied, St. Martinianus. Schuster, St. Crispinus. Schneider, St.Homo bonus. Tischler oder Zimmerleute, St. Joseph. Hufner, Justa und Justina zwei Schwestern; dergleichen allerlei heilige Handwerker hab ich daselbst angetroffen, dero Namen unmöglich scheinet, auf das Papier zu bringen. Gott verzeih mirs, um einen Kutscher, Reitknecht, und dergleichen Leute habe ich nit viel umgesehen, dann sie scheuen sich nit, auf öffentlichen Gassen die Leute übern Haufen zu fahren, wie es mir auch geschehen, seynd gute Leute (scilicet) [370] wann ihre Herrschaften in der Kirche sind, so pfeiffen sie vor der Kirche, auf den Pferden, nit viel anderst, als jene Vögel im Winter, denen die Natur dicke Schnäbel, einen rothen Brustfleck, und ein schwarzes Häubel hat aufgesetzt. Weil aber der gütigste Gott keinen Stand ausschleußt von seinen göttliches Gnaden, zumalen der Heiland Jesus der Samaritanin gesagt, bei dem Brunn, Er seye auch ein Brunn, und habe Wasser des ewigen Lebens. Weil nun ein Brunn vor jedermann, auch sogar vor das Vieh, also weigert auch der mildeste Gott keinem seine Gnaden; dahero ich auch daroben im Himmel Kutscher und Fuhrleute angetroffen, dergleichen der heil. Richardus, Vulmarus, und viel andere mehr.

Endlich und endlich wollte ich auch in Erfahrenheit bringen, ob ebenfalls Bauren im Himmel anzutreffen, dann was mir derenthalben einen Zweifel gemacht, war dieß, daß der erste Bauer in die Höll gefahren, dieser war der Kain. Cain autem erat Agricola, ob mir zwar ein Dorf-Advokat trutzig einschnalzet, daß es dem Bauren nit zu geringem Lob gereiche, um weilen Christus der Herr selbsten sich einem Ackersmann verglichen, der einen guten Saamen ausgesäet; dem begegne ich gleich in selbigem Evangelio; daß auch der Teufel eine solche Stell verricht, wie mans klar im Evangelio, sogar im Bild oder Kupferstich wird wahrnehmen, nun lasse ich es einem jedem reifen Verstand über, wem der Bauer mehr gleiche, unserem Herrn, oder dem andern Gesellen? Wer schilt mehr als die Bauern? wer wünscht übler als die Bauern? wer ist arglistiger als die Bauern? weil [371] ich aber weiß, daß mein Herr und Heiland nit gestorben, noch gekreuziget worden in der Stadt Jerusalem, dann wann das wäre geschehen, hätten sich etwan etliche freche und muthwillige Köpfe eingefunden, die sich getrauet hätten zu sagen, es wäre Gottes Sohn nur gestorben für die, so in der Stadt, als da seynd Edelleute, Handelsleute, Künstler, Handwerker, Burger etc. sondern dieser Heiland hat das Werk seiner Erlösung vollzogen ausser der Stadt unter dem freien Himmel auf dem Berg Kalvariä, und vermuthlich nach vieler vieler Lehrer Aussag, in der Mitte des ganzen Erdbodens,operatus est Salutem in medio terrae; also haben das Heil nit nur zu hoffen die Stadt-Leute, sondern auch die arbeitsamen Bauern und Ackers-Leute. Dergleichen hab ich fast mehr im Himmel gesehen, als alle andern Stands-Personen, da war St. Isidorus, ein heil. Bauer; Leontius, ein heil. Bauer; Kentignerus, ein heil. Bauer; Fortunatus, ein heil. Bauer; Lambertus, ein heil. Bauer; Delbertus, ein heil. Bauer; Theodulphus, ein heil. Bauer; Miro, ein heil. Bauer; Spiridion, ein heil. Bauer, und ohne Zahl und Ziel viel und viel andere mehr.

Weil ich nun bei mir gänzlich beschlossen, alle völlige Nachricht auf die Welt herunter zu bringen, waserlei Stands-Personen im Himmel ich angetroffen, also hab ich gleichfalls daselbst umgefragt, ob auchs.v. Säu-Hirten, Schaf-Hirten und Bettler zu finden seynd. Dann weil Gott der Herr nit ansieht die Personen, beinebens sich bei Joanne verlauten lassen, daß in seines himmlischen Vaters Haus viel [372] Wohnungen seynd, ja, nach Laut der hl. Schrift, der Bettler Lazarus den geraden Weg in die Schooß Abrahams von den Engeln getragen worden, so konnt ich mir leicht einbilden, daß solcher auf der Welt verachtetste Stand nit seye ausgeschlossen; allein stunde ich derenthalben an, ob viel dergleichen Sorten Menschen in dem himmlischen Vaterland wären, dieweil ich gar zu wohl wußte, daß sehr viel schlimmes, gottloses, und ungewissenhaftes Gesind unter solchen Leuten sich aufhalten. Was anbelangt die Hirten, war ich schon vergwist, daß solche in sehr gutem Kredit stunden bei unserm Herrn, massen Er ihnen zum allererstenmal seine gnadenreichste Geburt auf Erden hat lassen ankünden, welche Ehre weder gekrönte Häupter, noch die hohe Priesterschaft zu Jerusalem gehabt. Aber wegen der Bettler bin ich gleichwohl angestanden, dann solche nit allein zerlumpte Kleider, sondern auch meistens zerrissene Gewissen tragen. Aber Gottes Sohn, der mit 12 Jahren, die drei Tag, als er zu Jerusalem verblieben, unwissend seiner liebsten Mutter Maria, und seines Nährvaters Joseph, das Brod von Haus zu Haus gesammlet, hat sattsam zu verstehen geben, daß Ihm der Bettler-Stand gar angenehm.

Abstemius unter andern Gedichten bringt auch folgende auf die Bahn: Der Löw, als ein König der Thiere, wegen gewissem Zweitracht und Mißverständnuß mit den Vögeln, hat sich gänzlich resolvirt, die Sache mit Waffen auszutragen, zu solchem Ende er dem ganzen gefiederten Geschlecht den Krig angekündet. Der Bär, als kein schlechter Kriegsrath, fragte Ihre Majestät, den Löwen, was er dann vor eine [373] Charge wolle geben dem Haasen und dem Esel? Ich, sagte er, will den Hasen brauchen für den Kurier, so man gar nothwendig im Feld hat. Die Esel aber, weil ich ohnedas keine Trompeter kann haben, sollen mir dero Stell vertreten, wegen ihrer starken Stimm etc. Aus welcher Fabel abzunehmen, daß nichts so schlecht seye, so sich nit brauchen lasse.

Freilich wohl seynd die Bettler und andere armer Leute sehr verworfene Kreaturen auf dieser Welt, und müssen fast allemal solche mit dem armen Lazaro vor der Thür des reichen Manns liegen, aber getrost meine armen Tropfen, der allergütigste Gott, so auch einen armen Fischer zum Haupt seiner Kirche auf Erden hinterlassen, dem die gekrönten Häupter die Füß verehren, wird auch euch wissen so hoch in der Glori zu bringen, daß ihr werdet mit unendlichem Dank Gott benedeien und loben, um weil Er das Blättl so wunderbarlich kann wenden. Das hab ich selbst erfahren, und den Augenschein eingenommen, als ich eine gar große Anzahl derselben im Himmel gesehen, so von dieser betrangenden Armuth zu unendlichem Reichthum gelanget; dann ich sahe Alexium den heil Bettler, Servulum den heil. Bettler, und unzahlbare viel andere, daß mir schier eingefallen, das Himmelreich seye worden zu einem Bettler-Reich. Habe auch anbei die ällerhöchste Dreifaltigkeit nach Möglichkeit gepriesen, um weilen kein Stand auf Erden ist, hoch oder nieder, reich oder arm, geistlich oder weltlich, dem Gott nit genugsame Mittel gibt, die ewige Seligkeit zu erwerben.

Ich setze nunmehr die vierte Speise von Fischen[374] auf, hoffe, solche werden gar nit übel schmecken, weil sie in einer guten Brühe seynd eingemacht, es wird die Speis wohl etwas sper vorkommen, weil es gar ein großer Fisch gewest.

Der heil. Magutus fuhr einst auf dem hohen Meer, und weil dazumalen eingefallen der heil. Oster-Tag, also wünschten alle in dem großen Schiff, daß sie doch möchten von Gott die Gnade haben, an einem so heiligen Tag das heilige Meß-Amt zu hören, da sie nun eine kleine Zeit mit glücklichen Segeln fortgefahren, erblickten sie eine kleine Insel, allwo sie voll der Freuden angelandet, allda ausgestiegen, und alsogleich einen Altar aufgerichtet, zumalen sie alle hiezu gehörigen Sachen mit sich genommen. Magutus fängt mit größter Andacht das heilige Meß-Amt an, wozu seine Brüder, ihrem Brauch nach, gesungen, wie er aber nach Ordnung des Missalis oder Meßbuch zu dem Pater noster kommen, da bewegt sich die ganze Insel; dann zu wissen, daß erstgedachte Insul nur ein so großer Wallfisch gewesen, dessen Rucken mit häufigem Sand überdeckt, einer ganzen Insul gleichete; der hl. Mann aber verließe sich völlig auf Gott, vollzoge noch das heil. Meß-Amt bis zu dem Ende, nachmals hat er dem Wallfisch im Namen des Allerhöchsten befohlen, er solle so lang und so viel Stand und still stehen, bis alle in das große Schiff sich salviret, nach welchem sich dieser ungeheure Fisch mehrmalen bewegt, und aus den Augen gegen den Abgrund verschwunden, dieser Fisch ist ein lebendiger Entwurf der unbeständigen Welt, in dero alles, allwo man das beste Contento hoffet, unverhofft verschwindet.


[375] Lerne lesen.


5.
4.Lappen,diean ihr,alsgwinnt,gleich
3.großenach dernichtslauterbei ihrwie der
2.seyndWelt sodochleereseinerRauch
1.Dasschnappen,istGeschirr,wasverschwindt.

Des Menschen schöne Gestalt hat große Gewalt auf Erden. Zu Rom war ein heil. Papst, mit Namen Formosus, dessen heiligen Leib durch sondere Schickung Gottes, die Fischer gefunden, worauf alsobald die gehörige Anstalt gemacht worden, damit solcher, seiner hohen Würde gemäß, in Begleitung einer Menge Volks, in die St. Peters-Kirche getragen wurde, welches auch alles mit sehr heiliger Pracht vollzogen worden, neben andern Wundern war dieß nit das Mindeste, indem die steinernen Bilder der Heiligen daselbst sich geneigt haben, und ihm Reverenz erwiesen. Was Formoso damalen geschehen, geschieht auf den heutigen Tag einer Formosä, was ehret die schöne Gestalt nit? wie ehret man die schöne Gestalt nit? wo ehret man die schöne Gestalt nit? Solche Gestalt hat eine Gewalt, die einem jeden das Herz bieget; solche Gestalt hat die Gewalt, die fast allen die Affekten raubet; solche Gestalt hat eine Gewalt, die fast über alle Gemüther herrschet.

Wie Abraham mit seiner liebsten Frau Gemahlin Sara in die Fremde mußte reisen, und bereits nit gar weit von der Stadt Gerara, allwo der König Abimelech regierte, gekommen war, da hat er die Sara in eine Truhe eingesperrt, und also, wie Lyranus beibringt, neben anderm Hausrath mit sich auf [376] dem Wagen geführt, wie er aber zu einem Paß kommen, allwo die Mautner und Uebergeher, Amts halber, alle Waaren durchsuchten, da haben sie unter anderm Hausrath auch gefunden die Sara, welche sie ohne weitern Verzug dem König angedeutet. Aber Abraham, warum dieß? Abraham, warum aber dieß? Warum ein hölzernes Futteral über dein Weib? das ist ja nichts anderst, als ein hölzernes Konzept. Darum, sagt der heil. Patriarch, hab ich solches gethan, weil sie gar, gar ein schönes Weib war, und wann ich sie öffentlich hätte daher geführet, so wäre ich an keinem Ort sicher gewest, einer oder der andere hätte mir schon längst den Hals gebrochen; dann ich weiß schon, wie die Welt schnappt und grabt und tappt nach schönen Gesichtern; ich hätte schon längst müssen den Kehraus tanzen, damit solche ein anderer überkommen hätte. So viel wird geschätzt ein solcher schöner Tanz.

Es grüßt mich eine alte Frau, ich weiß nicht, ob ich ihr danken soll, sie sieht aus wie des heiligen Michael sein Fußschemmel, sie hat ein ganz elendes mageres Quatembergesicht; die Stirn ist ein Modell von einem gefälkelten Judenkrös; das Gesicht ist zusammengeschnurft, wie ein nasses ledernes Hosengeschirr, so bei dem warmen gehängt; die Augen stehen so tief im Kopf darin, daß sie auch ein wohlerfahrner Bergknapp sobald nit würde füllen; die Nase tropft nit weniger als ein Birkenbaum im Mai; die Zähn lassen sich gar nit sehen, sondern nur die leere Herberg, wo sie vor diesem logiret haben; das Maul ist angeloffen, wie die Schlosserarbeit! wer ist die[377] Frau? Ich, sagte sie, (wohl eine edle Stimm, wie eine zerbrochene Feuerglocke) ich bin die Frau von Schöningen, Schöndorf, Schöneck und Schönhübel; sollst wohl lieber sagen von Schönübel. O Gott, o Gott, gab ich zur Antwort, das ist ja nit möglich, sie sieht ihr ja nimmer gleich, ich habs vor diesem gekennt, da sie eine andere Gestalt gehabt: Ihre Haare seynd gewest eine Waare, die auch der Absalon nit besser gehabt; ihre Stirn ist gewest ein Gestirn mit dem auch das Firmament hätte können prangen; ihr Mund ist gewest eine Kund, der einem jeden das Herz gestohlen, mit einem Wort in allem ist sie gewest ein Wunder, jetzt ist sie ein Plunder, wer hat ihr die schöne edle Gestalt also genommen? die Zeit, sagt sie, die Zeit, seufzet sie, die Zeit, weint sie. Dem Jakob hat mancher Wolf ein Lämml gestohlen, welches er dem Laban hat müssen gut machen, aber ich sehe wohl, die Zeit stiehlt noch mehr. Auf solche Weise ist die schöne Gestalt so beständig, wie das Manna der Israeliter, welches sobald wurmstichig worden. Auf solche Weise heißt es heute eine schöne Frau, bald aber wie der Wau, Wau! Auf solche Manier heißt es heute wie eine schöne Rose bald wie die Schweizerhose, auf solchen Schlag heißt es heute wie die schönen Korallen, bald alles zusammengefallen.

Auf dem Berg Tabor in der Erklärung Christi war alles glänzend, alles schön, alles weiß, alles herrlich; herrlich wie der Himmel, weiß wie der Schnee, schön wie das Gold, glänzend wie die Sonne, aber die Sonne ist bald erbleicht, das Gold bald verrost, der Schnee bald zergangen, der Himmel bald verdunkelt. [378] Also erbleicht bald, verrost bald, zergeht bald, verdunkelt bald die schöne Gestalt des Menschen; die Welt hat also nichts mehr als die Beständigkeit in der Unbeständigkeit.


Lerne lesen.


Narren.wererfahren,Ein1
für einenvielesschonTrampel2
schätz ichauf dichhab ichbist du3
denhält,das 5Welt,4

Ich hätte wohl vermeint, der Evangelist Lucas wäre anderst umgangen in der Beschreibung des reichen Mannes und des armen Bettlers Lazari, und wundert mich, daß er den reichen Schelm vorangesetzt, und den vor Gottes Augen gerechten Lazarum nach ihm thut. Die Historie lautet also: Es war ein reicher Mann, der kleidet sich mit Purpur und köstlicher Leinwath, und hielt alle Tag herrliche Mahlzeit. Es war auch ein Bettler, mit Namen Lazarus, der lag vor einer Thür, und war voller Geschwür etc. Ja, wann dieser reiche Limmel wäre gewest wie der Himmel, so vergönnte ich ihm den Vorzug, dann der Himmel so gütig und mitleidend ist, um weil ihn der allmächtige Erschöpfer mit einer guldenen Sonne, mit einem silbernen Mond, mit andern herrlichen Gestirnen stattlich bereichert, daß er die untere Erde, als ein sehr niederträchtiges und armes Element, läßt alle seine Reichthümer genießen, erhält, ergötzt, ernährt solche mit seinen gutwilligen Influenzen, und kommt ihr zuweilen in der größten Roth zu Hülfe mit einem fruchtbaren Regen etc. Auch deßwegen hat der vorsichtigste Gott dem Reichen so viel gespendirt, damit [379] er den Armen auch soll dessen theilhaftig machen. Aber der obere Prasser versah nur seine Wampe, nach Wunsch zu schlampampen, und vergönnte dem armen Lazaro nit ein Brösel von seiner Tafel, wobei so viel unnöthige Tischräth geschmarozet. Wundert mich also mehrmal, warum Lucas ehender Meldung thut von einem solchen, der da in der Höll begraben, als von einem Heiligen, den die Engel getragen in den Schoos Abrahams. Homo quidam erat dives etc. v. 19. Et erat quidam Mendicus nomine Lazarum. v. 20. Wer diese von Lucas verfaßte Historie recht entörtert, der wird finden, daß er solche mit den Umständen beschreibe, wie diese beide noch auf der Welt waren, dann allbekannt ist, daß auf der Welt die Reichen in allem den Vorzug haben, die Armen entgegen weit hinten gehen. Sobald aber erstgedachter Evangelist dieser beiden Tod und zeitlichen Hintritt beirückt, so gibt er dem Lazaro die erste Stell und der Reiche muß nachfolgen. Nämlich es begab sich aber, daß des Arme starb, und von den Engeln in den Schoos Abraham getragen wurde. Es starb aber auch der Reiche, und wurde in die Hölle begraben. O wie wunderlich wendet sich das Blättl! in jener Welt gilt bei Gott der Arme alles, der Reiche entgegen nichts; in dieser Welt aber gilt der Arme nichts, entgegen aber der Reiche alles. Es kommt mir schier vor wie ein Papagei und eine arme Henne, so lang der Paperl lebt, so hat er seine Residenz in der Tafelstube, man charesirt ihn mit Zucker, und hat das beste Leben; dahingegen die arme Henne auf den Mist muß hin und her mit vielem [380] Kratzen ihre Nahrung suchen, nach dem Tode wird die Henne gar auf die Tafel und Herrentisch getragen ja nit selten mit einem silbernen Unterbett bedienet, entgegen aber der vorhin angenehme papageiische Ploderer nach seinem Tod wird hinausgeworfen auf den Mist, als eine Freitafel der Galgenvögel der Raben. Nit viel anderst macht es der gerechte Gott mit den Reichen und Armen, nach dem Tod wird der Arme unendlich verehret, der Reiche aber wird den höllischen Raben zum Raub, aber auf der Welt, dieser abgeschmackten Welt, dieser betrügerischen Welt, dieser falschen Welt, dieser bethörten Welt, dieser umkehrten Welt gilt der Arme nichts, bekommt nichts, vermag nichts. Entgegen hat der Reiche alles, gilt alles, vermag alles; sagt aber her ihr Geldnarren! ist der Reichthumbe ständig? ist dann alles Geld zu Konstanz geprägt? daß ihr also nach demselben trachtet?

Es grüßt mich einer, und ich weiß nit, wer er ist, so viel ich sehe, so ist er ganz verdorben und zerrissen in Kleidern: sein Mantel braucht besser das Flicken, als damals das Fischernetz Jakobi und Joannis, wie sie es mit ihrem Vater Zebedäo nächst dem galiläischen Meere geflickt haben; sein Rock ist wohl ärger zugericht, als der Rock des gerechten Josephs, welchen seine Brüder zu dem Vater Jakob getragen, mit dem Vorwand, die wilden Thiere hätten ihn zerrissen; seine Hosen seynd nit um ein Haar besser, als die Kleider der davidischen Gesandten, denen Ammon die Hälfte wegschneiden lassen; in seinen Schuhen schauet der große Finger heraus, wie die stolze Jezabel [381] vom Fenster. Ich glaube auch, er habe duellirt mit den Bären, welche die unerzogenen Knaben, die den Elisäum ausgespöttelt, zu Stücken zerrissen. Wer ist der Herr? Ich muß doch ihm zur Vorsorg den Titul geben. Ich, sagt er, bin der Reichard von Pazenberg etc. Allmächtiger Gott! gebe ich zur Antwort, der Herr sieht sich gar nit mehr gleich, ist der Herr von Pazenberg? wie ich ihn vor diesem hab gekennt, da hatte er weit einen andern Aufzug; sein Vater hat ihm ein Ehrliches und ein Ziemliches hinterlassen, wie hat es anderst seyn können, er stund in seinem schönen kaiserlichen Dienst, und die lassen sich weit besser scheeren, als die Schaafe des Labans. Der Prophet Ezechiel hat vier wunderliche Thiere gesehen, da war aber der Adler nit weit von dem feisten Ochsen. Freilich wohl machen die kaiserlichen Officia einen feist, und spicken ihm seinen Beutel. Wie ist der Herr um das Seinige, kommen? Es ist eine schlechte Zeit gewest; so hats dann, gedenkt jemand, die Zeit gefressen, die Zeit verzehrt. So ist dann auch aller Reichthum der Welt unbeständig. Auf solche Weise seynd die Reichthümer der Welt wie der Feigenbaum an dem Weg, welchen der Herr und Heiland vermaledeit, dieser war so schön und angenehm, daß mancher Reisende unter seinem Schatten das beste Contento genossen, er trutzte bald mit allen daselbst benachbarten Bäumen, und glaubte, daß ihm keiner gleiche, und siehe, kaum, daß der Fluch des Herrn über ihn ergangen, da ist der Kerl völlig ganz und gar verdorben. Da hat es geheißen, vorhero einen grünen Schopf, bald darauf einen Kahlkopf; da hat es geheißen, vorhero sehr herrlich floriret, bald hernach [382] ganz ruiniret; da hat es geheißen, vorhero mit einem jeden getrutzt, bald hierauf schmählich gestutzt. Wie manchem gehet es wie dem Ammerling, dieser Gesell glaubt, es sey ihm keiner gleich an Glück und Reichthum, ja er trägt ein so kostbares von Gold gesticktes Kleid, daß er von allen Vögeln soll ein guter und reicher vom Adel erkennt werden; so ehrsüchtig ist er, daß er selbst bei lustiger Frühlingszeit und heissem Sommer auf allen Bäumen und Stauden singet: Edel, edel bin ich! edel, edel bin ich! es stehet aber kleine Weile an, der edle Sommer passirt vorbei, der fruchtbare Herbst vergehet auch, der rauhe Winter rückt herzu, die Lebensmittel seynd gar schlecht, der Ammerling wird so bedürftig, daß er mit seinen stolzen Muteten gänzlich still schweiget, ja dem armen Bauern noch so gute Wort gibt, daß er vor der Thür auf dem Mist nach den Pferden hupft, und immerzuVetter, Vetter, Vetter wiederholet. Wie viel, wie viel hab ich schon gesehen, und du gesehen, und ein anderer gesehen dergleichen Leute, die vom großen Reichthum in äußerste Armuth gerathen, bei denen alles Silber ist zu Quecksilber worden. O wie unbeständig seynd die Reichthümer der Welt; ja in ihr, an ihr, um ihr läßt sich nichts mehr sehen als die Beständigkeit in der Unbeständigkeit.


Lerne Lesen.


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dannkeit,all-DingeneninEitel-
dasdicheig-Prob.nedielehret

[383] Nachdem der Adam gesündiget, hat ihn der gerechte Gott verdienter Massen samt seinem Weib aus dem Paradies verjagt, nit aber auf solche Weise, wie es die Maler pflegen zu entwerfen, sondern nach Aussag Abulensis, Kornelii etc. seynd in dem Paradies oder irdischen Lustgarten zwei Cherubin gewest, einer aus diesen ist mit dem feurigen Schwert bei dem Eingang des Paradies verblieben, der andere Cherubin aber hat in einer Hand den Adam in der andern die Eva getragen, gleichwie der Engel den Propheten Habakuk in die Löwengrube, solcher Gestalt seynd Adam und Eva über die tausend Meilen supra Zonam torridam über den ganzen Ocean getragen worden in das Judenland, und in demselbigen Garten Gethsemani, an demselbigen Ort, wo nachmals über viertausend Jahr Christus Jesus sein Leiden angefangen und allda Blut geschwitzt, niedergelassen worden, und da sey Adam allezeit geblieben, bis er endlich durch Offenbarung des Schutzengels die herzunahende Zeit seines Hintritts vernommen, alsdann habe er sich auf einen Berg retirirt, und allda sein Leben beschlossen, auch daselbst zur Erde bestattet worden, und eben dieser Berg sey gewest derjenige, auf dem nachmals nach viertausend Jahr Christus der Heiland ist gekreuzigt worden, dergestalten, daß der gespitzte Fuß oder untere Theil des Kreuzes in der Erde darin just auf dem Schädel oder Kopf des ersten Vaters Adam gestanden. O wunderliche Anordnuug Gottes! Sag aber her, o Adam, o Adam! und du Eva, meine Eva, sag mit ihm, was hat euch in dieses äußerste Elend gestürzt? Was hat euch diese überhäufigen [384] Drangsale auf den Buckel geladen? die Ehrsucht Eritis sicut dii. Die arglistige Schlange hat der Eva das Maul gemacht, wer von diesem verbotenen Baume wird essen, derselbe werde wie ein Gott seyn, ho, ho gedachte Eva, das ist ein Bissen für mich, mein Mann ist mir als ein Haupt vorgestellt worden, wann ich aber diesen Apfel werde kosten, sodann werde ich mehr seyn, als er etc. Wie solches ihr nit angangen, so ist durch sie auch der Adam also verführt worden, mit dem Vorwand, er werde wie ein Gott nachmals seyn, und folgsam sie auch wie eine Göttin, dann das Weib schreibt sich nach dem Mann, heißt er Lapp, so heißt sieLäppin etc. Die Ehrsucht der ersten Eltern ist noch bei uns, nistet noch bei uns, frißt noch bei uns! Die Apostel waren doch fromme und gottselige Leute, dannoch haben sie um das Majorat einen Streit angehebt. Jakob und Esau, Phares und Zara haben schon im Mutterleibe ein Duell gehabt wegen der Präcedenz. Noch alle Tag sucht man, daß die ehrsüchtigen Menschen auf Hasenart lieber bergauf als bergab trachten. Aber wie beständig ist dann die Welt in ihren Ehren.

Es grüßt mich einer und ich kenne ihn nit, dem Gesicht nach scheint er etwas adelich zu seyn, aber die Kleider spendiren keinen großen Herren, melancholisch ist er, er hab gleich Grillen oder Grollen, traurig ist er, und ist weder schön Wetter noch Scheinwetter bei ihm, höflich ist er, ob er aber ein Hofherr oder ein Höfenherr seye, das weiß ich nit. Freundlich ist er, aber die Gemüths-Bestürzung scheint den Vorschlag[385] zu haben und also mehr ausgeraumt als aufgeraumt. Leutselig ist er, aber es dünket mich, daß er mehr und lieber parliren wollen, als burbiren. Er woll mir vergeben, sag ich, daß ich ihn frag, wer er seye? Ich, gibt er zur Antwort, bin der sizilianische Dionysius, her ganzen Welt bekannt: Was Dionysius? dem das ganze große, reiche Königreich Sizilien zugehörig? Dionysius, der eine Armee von hundert tausend Mann zu Fuß ohne die Reiterei hatte? Dionysius, dessen Namen in Gold, Silber, Metall und hartem Marmel an, allen Orten gesehen wird? Dionysius, dem Hohe und Niedere, Reiche und Arme, Kleine und Große die Kniee biegen? Dionysius, der mit Armen und Armeen, mit Reichen und Königreichen, mit Ländern und Landesfürsten, mit Städt und Statthaltern zu befehlen, zu gebieten, zu schaffen hat? Dionysius? Ist er derselbe? Ich bin nit derselbe, sagt er, sondern bin bei demselben gewest, ich hab nit zu gebieten, sondern hab zu gebieten gehabt, mir beugt man keine Knie, aber man hat mir die Knie gebogen. Mein Name ist allenthalben aufgezeichnet, aber aufgezeichnet ist er gewesen. Ich habe keine Armee von hundert tausend Mann, aber eine hab ich gehabt; mir gehört das Königreich Sizilien nit zu, aber es hat mir zugehöret vor diesem, jetzt nit mehr. Vor diesem bin ich also gewest, jetzt nit mehr. Was dann jetzt? Ich sagt er, jetzt bin ich Schulmeister zu Korinth. O Wunder! Der ein ganzes Königreich so herrlich besessen, ein so großes Haupt gewest, ist ein Schulmeister worden, das ist ein Sprung, daß, daß ein Durchlauchtigster Monarch ein Schulmeister werden. Du wirst [386] zweifelsohne eine gute Handschrift haben, so schreib mir geschwind mit Fraktur die Wort Salomonis: Vanitas Vanitatum, alles ist Eitel und Eitel, alle Ehren und Hohheiten verschwinden wie ein Rauch, verwelken wie eine Blum, vergehen wie ein Schatten, zertrümmern wie ein Glas, verfließen wie ein Wasser, zernichten wie ein Traum, zerspringen wie eine Blase. Die Musici singen: ut re, mi, fa, sol, la; La ist die höchste Note, ist so viel La-psus, dann hoch gestiegen hoch gefallen. Wie Paulus zu Troada geprediget und solches gar in die tiefe Nacht hinein verzogen, ist ein junger Mensch, der im dritten Gaden unter dem Fenster gesessen, wegen des Schlafs herunter gefallen und gleich steintodt gewest; so hoch er gestiegen, so hoch ist er gefallen. Das ist wohl mehrern geschehen. Mir ist es geschehen bei dem päpstlichen Hof zu Rom, sagt Vitellius; mir ist es geschehen bei dem kaiserlichen Hof, sagt Serinius; mir ist es geschehen bei dem spanischen Hof, sagt Luna; mir ist es geschehen bei dem englischen Hof, sagt Essexius; mir ist es geschehen bei dem französischen Hof, sagt Bironius; mir ist es geschehen bei dem assuerischen Hof, sagt Aman; mir ist es geschehen bei dem justinianischen Hof, sagt Belisarius; mir ist ein Possen geschehen, sagt Primislaus, mir ist zugehörig gewest das ganze Königreich Böhmen, weil mich aber Henrikus der Kaiser also verfolgt, bin ich flüchtig worden und in einen so elenden Stand gerathen, daß ich gar zu Regensburg, wie man dazumalen die Kirche gebauet, einen Tagwerker hab müssen abgeben. Mir ist nit um ein Haar besser ergangen, [387] sagt ein König in Polen, ich bin mit meiner königlichen Hohheit so weit gestiegen, daß ich endlich etliche Jahr hindurch hab müssen in dem Herzogthum Kärnthen einen Kuchelratzen abgeben in einem Kloster daselbst, wie die Chronik desselbigen Lands mit mehrern bezeugt. O Welt, o Welt, in dir ist nichts als Beständigkeit in der Unbeständigkeit.


Lerne lesen.
In allen Dingen ich hab gefunden
daß nichts darhinter bald verschwunden
daß aller Muth daß alle Freud
sey nur pur lauter Eitelkeit.

Es ist sich zu verwundern über jenen Blinden, den der Heiland zu Bethsaida hat sehend gemacht. Nikasius von Wechlingen ist im dritten Jahr seines Alters stockblind worden, durch das pure Anhören aber in der Doktrin und Wissenschaft also hoch gestiegen, daß er zu Löven Doktor worden, nachmals die Jura mit männiglicher höchster Verwunderung öffentlich docirt. Das ist auch ein Wunder. Ropettus Wakopius, ein geborner Schottländer, war von Mutterleib stockblind, gleichwohl in der geistlichen Wissenschaft also weit kommen, Gesandter worden, daß er Doktor worden, Bischof worden, und in dem Konzil zu Trident sich höchst rühmlich gehalten. Das ist auch ein Wunder. Aber nit weniger verwundere ich mich über denselben Blinden zu Bethsaida, sobald ihn Christus der Herr mit dem Speichel die Augen berührt und nachmals gefragt, ob er sehe? Darauf gab er die Antwort, ja Herr, ich sehe die Menschen daher gehen wie die Bäume. Das wundert mich, daß dieser sein Lebtag, denn er war [388] von Mutterleib blind, keinen Baum gesehen und gleichwohl die Menschen den Bäumen vergleicht. Dann wie kann ich mit Wahrheit sagen, daß mein guter Freund Joannes Seyerl dem König in Japonien ganz gleich und ähnlich sehe, indem ich weder ihn, diesen König, noch seine Bildnuß gesehen. Also wundert mich nit unbillig dieser Blinde. Meines Erachtens hat dieser solche Gleichnuß aus göttlicher Eingebung vorgetragen, dann ja die Menschen eigentlich nichts andere seyn, als Bäume, diese tragen allerlei schönes Obst, auserlesene Früchte, angenehmes Konfekt; aber dieses hat eine schlechte Beständigkeit, massen alles, wann es nit von Menschen oder Vieh verzehrt wird, von sich selbst verfaulet. Bäume seynd die Menschen, die Wollüste seynd das Obst, mit dem sie überhängt, aber solches Obst fault und fällt bald, es ist nit gewichtig, fällt und fault bald, es ist flüchtig, fault und fällt bald, es ist nichtig Vanitas Vanitatum!

Es grüßt mich mehrmalen Einer ein alter Tättl, ein eisgrauer Mann, der hat einen hölzernen Klepper für sein Handpferd, er schüttelt den Kopf, wie eine Bachstelze den Schweif; er hust wie ein alter Bärnbeißer. Die Nase ist ihm verglassirt mit Schnecken-Fürneis; der Kopf sieht aus, wie ein gebutzter Kalbsschädel; die Füß so hübsch völlig, wie ein Besenstiel; der ganze Leib ein lebendiges Beinhaus. Ich konnte nach vielem und langem Nachsinnen nit finden, wer dieses alte Pelzquartier seye, frag ich endlich, wer er seye, wie er heißt? Ich, murmelt er, mit halb gebrochenen Worten, ich bin der Hilarion von Freuden-Egg, potz tausend! das ist ein großer Unterschied von [389] deinen jungen Jahren, vor diesem ist keine Bibliothek gewest, wo du nit gestudirt hast. Kein Spielmann gewest, der dir nit pfiffen hat: kein Tanzboden gewest, der dich nit tragen hat, keine Mahlzeit gewest, die dich nit gesehen hat, kein Gespaß gewest, den du nicht vermehret hast. Vor diesem auf allen Wiesen ist mein Hilarion gewest; vor Zeiten bei allen Freuden ist mein Hilarion gemest; vor Jahren bei allen Schaaren ist mein Hilarion gewest. Aber sag her, wo alles dieses hinkommen? alles, alles, alles ist gewest, und ist nit mehr. O Vanitas! dem Faß ist der Boden ausgangen. O Vanitas! die Saiten seynd auf der Geige abgesprungen.O Vanitas! der Blasbalg hat ein Loch bekommen, O Vanitas! der Wein ist zu Essig worden, O Vanitas! das Geschirr ist zu Trümmer gangen, O Vanitas! der Bach ist ausgetrucknet, O Vanitas! die Sonn ist untergangen, O Vanitas! das Kraut hat sich angebrennt, O Vanitas! die Laub seynd abgefallen, O Vanitas! der Degen ist verrost, O Vanitas! Alles ist hin, ist hin, ist hin, das ist der Welt Gewinn. O Vanitas!

Es seynd alle Wollüste nit anderst, als wie ein Traum, Somnia omnia. Ein Stallmistikus legt sich bei nächtlicher Weil nit weit von seinen Rossen, obschon ein Schäb Stroh sein Unterbett, so schmecken ihm doch diese Stallfedern besser als die besten Pflaumen; in Mitte der Nacht träumt ihm, als habe er einen herrlichen Schatz gefunden, da lacht ihm sein Herz, da erfreuet sich seine Seel, da erquickt sich sein Gemüth. Niemand ist fröhlicher als Herr Mistikus, da macht er alle Anstalt, wie er seine künftige Wirthschaft will einrichten, da müssen ihn seine Kameraden ihr Gestreng [390] heißen; er macht Anstalt, was für ein stattliches Haus er will bauen, was für ein schönes Mensch heirathen; nichts Rüben beim Tisch, sondern Brätel, nichts Zwillich beim Kleid, sondern Seide, nichts Bier trinken, sondern Wein; da woll er steif Mahlzeiten halten, sein Gevatter dabei, sein Vetter dabei, sein Schwager dabei, seine Nachbarn dabei; da woll er trutzen mit dem Kasper, der ihn so oft kasperlt: trutzen mit dem Hausel, der so oft grausam mit ihm gehaust, trutzen mit dem Christel, der so unchristlich mit ihm umgangen etc. Da träumt ihm, er find auf ein Neues wiederum einen großen Beutel Geld, streckt detenthalben die Hand aus, tappt nach solchem guldenen Fund, voller Freuden und allegro, trifft aber ungefähr die nächst ihm angebundene Stutte, welche derenthalben nit wenig erschrickt und ihm mit dem Fuß auf die Seite einen solchen Puff versetzt, daß er jäh erwacht, und er, dem so wohl bei seinem Schatz gewest, findt nichts anderst in der Hand, als eine ziemliche Stall-Marschelln, hiemit hatte sein Traum ein End. Somnia omnia.

Wann ich einen sollte anreden, der die Welt nit obenhin gekost wie die Hund aus dem Fluß Nilo trinken, sondern dieselbe wohl genossen mit dem Sardanapalo, wohl probirt mit dem Epikuro, wohl durchgangen mit Salomone, wie es anjetzo ihm seye, wegen aller Wollüste? Was er dermalen habe, wegen aller erdenklichen Ergötzlichkeit? was ihm übergeblieben von so vielem gehabten Muthwillen? so würde er mir nit anderst antworten, als seye es ihm, als hätte ihm geträumt, nichts mehr vorhanden, als die pure Gedächtnuß. [391] Dormierunt somnum suum, et nihil invenerunt omnes Viri divitiarum in manibus suis. O Vanitas. O Eitelkeit! In allen Dingen hab ich gefunden, daß nichts darhinter, bald verschwunden, daß aller Muth und alle Freud nichts sey als pure Eitelkeit. O ihr Weltmenschen, was habt ihr in eurem Todbettel von allem demjenigen, was euch erlustiget, was euch ersättiget, was euch ergötzet, was euch liebkoset, was euch verzuckert, was euch verblendt, was euch bereicht, was euch begnügt, was euch beherrscht, was euch wohlgefallen? Nichts, sags noch einmal Nichts; sage es allemal Nichts! Ja etwas bekenne es, etwas, jetzt fällt es mir ein, etwas, etwas findt ihr, nit in den Händen, wohl aber in dem Gewissen, was obgedachter Stall-Mistikus, das Koth, den Unflath, den Wust aller verlassenen Wollüste! das heißt mit dem Peter die ganze Nacht fischen und in dem Netz fangen das Fischel Nihil.

O was Phantasten sehe ich! Ihr seyd mir rechte buchsbaumene Narren, die im Sommer und Winter grünen, Ihr Ihr Philistäer seyd solche Trampel, wie ihr die Arche des Herren, diesen heiligen Bundskasten, in einen verfluchten Tempel habt eingeführt, allwo Dagon für einen Gott verehret worden, da hab ihr denselben des ander Tags gefunden auf der Erde, ein andersmal habt ihr denselben gefunden ohne Kopf, ohne Händ zertrümmert, und gleichwohl habt ihr denselben noch als einen Gott angebetet. O Thorheit, was zu Trümmern gehet, was zerfället, was zu Grund gehet, hochhalten, anbeten, verehren ist eine Narrheit über alle.

[392] Was ist in der Welt, was hat die Welt, das nit zu Trümmern gehet? Wo sind Alexander der Große, Pompejus der Große, Karolus der Große? sie seynd nit mehr. Sie seynd zu Trümmern gangen, nit mehr große, sondern bloße. Wo sind Ganimedes, Polidori, Narcissi, lauter schönste Zuckerkinder? wo seynd die Phantä, die Helenä, die Amalasontes, lauter Mirakel der Schönheit? Sie seynd nit mehr, sie seynd zu Trümmern gangen, nit mehr Mirakel, sondern Mackel; wo sind Plato und Strato, wo Anaxagoras und Pythagoras, wo Chrisippus und Aristippus? wo Isokrates, Demokrates? wo sind diese Weltweisen? sie sind nit mehr, seynd zu Trümmern gangen, nit mehr Weltweise, sondern Gott thät ihnen die Welt verweisen, nit mehr berühmt in der Kunst, sondern worden zu einem Dunst. Wo ist der Koloß, das Wunderwerk zu Rhodis? wo das Mausoläum? das Wunderwerk zu Karia? wo der Garten Cypri und Wunder-Säule Ptolomäi? Athen wo du? Karthago wo du? Jerusalem wo du? Ninive wo du? Altes und Erstes Rom wo du? Worms und Speier wo Ihr? Wir seynd nit mehr, sagen sie selbst, wir seynd zu Trümmern gangen; wo vor diesem ein Pallast gestanden, ist jetzt ein Morast, wo vor diesem die Mauern gestanden, wachsen anjetzo die Maurachen, wo vor diesem ein Thurm gestanden, ist anjetzo ein Turnierplatz etc. Wann die Welt, und alles in der Welt der Unbeständigkeit dergestalt unterworfen, daß alles zu Trümmern gehet, warum, o unvorsichtige Adamskinder, warum, o sterbliche Erdwürm! haltet ihr noch so hoch die Welt? vertieft Euch also in dir [393] Welt? vergafft euch also an der Welt? laßt Euch also bethören von der Welt? Sursum Corda, auf aufwärts mit euren Augen; auf aufwärts mit euren Gedanken, und betracht lieber das Ewige, tracht lieber nach dem Ewigen, gedenkt doch, daß Euch Gott der Allmächtige das Herz also erschaffen, daß es untenher zugespitzt, über sich aber ausgebreit, als solle der wenigste Theil des menschlichen Herzens gegen die Erd sehen, sondern das Meiste hinauf gegen den Himmlischen und Ewigen.

Ich hätte noch etliche Trachten von Fischen, weil sich aber die Mahlzeit zu weit hinaus erstrecket, also will ich für dießmal dem Traktament ein End machen, das alleine dem Leser zu einer Nachricht hinterlaß ich, um weil alles in der Welt hin und her, alles hinter sich und für sich in der Welt; alles in der Welt auf und ab, alles in der Welt umkehrt, also soll er auch auf solche Weis die obangezogene Reimenlesen, wodurch er an der läppischen Welt ihr nichtiges Wesen leicht erkennen wird.

Judas der verruchte Mensch verzweifelt an der Barmherzigkeit Gottes
Judas der verruchte Mensch verzweifelt an der Barmherzigkeit Gottes.

Nachdem Judas zu dem Fischthor hinaus kommen, hat er den geraden Weg genommen nach dem Bach Gion, unweit demselben ist ein kleiner Wald [394] entlegen, wohin er sich ganz rasend begeben, massen er ein Ort gesucht, wo er von keinem Menschen möchte gesehen werden, ja es waren ihm nit allein die Menschen-Augen zuwider, sondern er glaubte, daß alle Kreaturen und Geschöpfe ihn thäten anfeinden, den geringsten Ast an dem Baum, so von dem Wind gebogen wurde, ehielt er schon vor eine Ruthe oder Geißel, die ihm der Himmel drohe; als er nun besagten Wald erreicht, da hat er sich auf einen großen Stein niedergesetzt, mit den Zähnen die Nägel seiner Finger zerbissen, und eine ziemliche Zeit in ganz stillen doch verwirrten Gedanken also gesessen, endlich in diese Worte ausgebrochen: O ich unglückseliger Mensch, ja ich bin nit werth, daß ich soll ein Mensch genennt werden, ich hab wider allen Glauben, Treue und Gewissen meinen Meister, meinen größten Gutthäter verrathen, und bin Ursach, daß diese Unschuld selbst an den unverdienten Kreuz-Galgen kommt, o was hab ich gethan? Meine Seele ist hin, die hat keine Hoffnung mehr einiger Nachlaß oder Verzeihung, die Missethat ist zu groß, massen ich nach so viel ergangener Ermahnung in meiner Bosheit verharret, nun ist mein Amt hin, mein guter Name hin, das Geld hin, die Seel hin, alles hin, ei so soll auch der Leib hin seyn, der nächste Baum soll mir ein Galgen seyn. O verzweifelter Schelm!

Willkomm, willkomm du tausend Schatz, du guldener Engel, du Herrscherin meines Herzens, du Theil meiner Seelen, du Aufenthalt meiner Gedanken. (Ich rede mit einer schönen Jungfrau.) Wie [395] vor diesem unser lieber Herr mit der Samaritanin bei dem Brunn ganz allein geredt, ist es den Aposteln fast bald was fremd vorkommen, etwa rümpft auch hierüber einer die Nase, daß ich mit einer Jungfrau also eine freie Ansprach verführe, aber ich achte höse Zungen wenig, die auch der Sonne, diesem so hellen Weltlicht, zuweilen einen Fehler ausstellen. Willkomm, sag ich noch einmal, du meine einige Begnügung, wann ich nur von dir höre reden, so ergötzt sich mein Herz, wann ich dich nur anschaue, so wird mein Herz verzucket, ach, ach es ist mein einiger Wunsch, in deinen Armen zu leben und zu sterben. Wer ist diese? fragst du, es ist eine, sag ich, überaus wohlgeschaffne und wunderschöne Jungfrau, in einem grünen Kleid und Aufzug, so ihr über alle Massen wohl anstehet, leint sich auf einen großen Schiff-Anker, in einer Hand haltet sie eine Lilie, mit der andern wirft sie ein Treid aus; ihr adelicher Nam heißt Spes, Jungfrau Speranza oder die Hoffnung. O guldener Schatz! in dich bin ich ganz verschamorirt, kein Teufel in der Höll, kein Mensch auf Erden, keine Kreatur in der Welt soll mich von dir können absondern; auch wann ich mit Juda meinen Heiland hätte verrathen, mit Kaipha meinen Erlöser hätte verfolget, mit Herode meinen Jesum hätte verspott, mit Malcho meinen Seligmacher hätte geschlagen, mit Pilato meinen Tröster hätte zum Tod verurtheilt, mit den Henkern und Hebräern meinen Gott an das Kreuz genaglet, so laß ich mich gleichwohl nit von dir, verzweifle auf keine einige Weis, sondern habe noch die Hoffnung, o edle Jungfrau [396] Speranza, trag noch die Hoffnung zu der grundlosen Barmherzigkeit Gottes, daß sie wolle, und thue mir meine Sünden verzeihen.

Gehet her, ihr Sünder in der ganzen Welt, deren Ich der größte Trost bin, kommt her, ich will zu eurem Trost einen einigen Buchstaben verändern in eurem Namen, anstatt des Buchstaben d setze ich den Buchstaben g, sodann heißt ihr nit mehr Sünder, sondern Singer. Singt eins mit mir, und zwar aus den musikalischen Noten, ut, re, mi, fa, sol, la, nur zwei einige, nämlich das Mi, und RE. Da werdet ihr Wunder hören, daß der barmherzigste Gott Euch auch mit zweien trostreichen Noten, Re, Mi, wird entgegen singen, fangt an mit dem büßenden David, MiseRERE mei etc. Sodann wird Gottes Stimm gleich erfolgenKEMIttuntur tibi peccata tua. Gottes Barmherzigkeit verwirft keinen Sünder, der sich zu Ihr wendet, und von der Hoffnung, von der Jungfrau Speranza nicht weichet.

Ich sehe meinen Heiland Jesum auf dem hohen Berg Thabor zwischen dem Moses und Elias, so allda erschienen, und mit Ihm redeten; nun ist allbekannt, wer und wie Elias gewest ein strenger, ein harter, ein eiferiger Verfechter der göttlichen Ehr, sogar hat Er das Feuer vom Himmel berufen, damit dasselbige die Sünder verzehre und in Asche lege, so gar hat Er den Himmel allerseits eingeschlossen, daß nit ein Tropfen Wasser auf die dürre durstige Erde herab können fallen etc. Wer und wie Moses gewest, ist auch keinem verborgen, Moses der allersanftmüthigste Mann in der ganzen Welt, Vir mitissimus, [397] dieser thät immerzu nichts anderst, als den göttlichen Zorn stillen. Elias thät anzünden, Moses aber löschen. Moses hat mehrmalen Gott dem Allmächtigen die Hände gebunden, daß Er das boshafte Volk nit hat können strafen, der gütigste Mann, der hat seyn können, war Moses. Dieser war also ein Entwurf der göttlichen Barmherzigkeit. Elias aber eine Abbildung der göttlichen Gerechtigkeit; wer aber gilt mehr aus diesen? Moses, Moses, der stehet auf der rechten Hand Christi Jesu auf dem Berg Thabor; die Barmherzigkeit Gottes, merke wohl, o Sünder! hat den Vorzug, die GerechtigkeitGottes, sey getrost, o Sünder, muß weichen, die Barmherzigkeit Gottes ist über alle seine Werke, solche Wort wiederholt der König David in einem Psalm sieben und zwanzigmal, o Jungfrau Speranza, deiner vergiß ich nimmermehr.

Petrus und Joannes, bezeugt das Evangelium, liefen alle beede gar stark und eilends nach dem Grab desHerrn Jesu, Joannes aber, der lief vor, weit schneller dann Petrus; Jungfrau Speranza das freuet mich von Herzen, Joannes lauft schneller, kommt eher, Petrus bleibt hinten; Petrus hat den Namen vonPetra, dem harten Felsen, aber Joannes wird verdolmetschet Gratia, die Gnade; Gottes Gnad, Gottes Barmherzigkeit kommt seiner Gerechtigkeit weit vor, lauft ihr vor; das Adam schon erfahren, gleich bei Anbeginn der Welt, sobald er das verbotene Konfekt hat kost; o vorwitziges Kosten! du bist dran schuldig, das hat nachmals meinem Heiland sein Leben kost, sobald Adam das Gebot übertreten, hat er sich, [398] aus Antrieb des nagenden Gewissens, hinter dem Gesträuß verborgen; der allmächtige Gott steigt derenthalben vom hohen Himmel herab; die Gerechtigkeit war bereits da, und wollte Ihm das Schwerdt in die Hand geben, aber die Barmherzigkeit kommt Jhr vor, und gibt Ihm einen Oelzweig in die Hand, darum sagt die heilige Schrift, daß dazumalen Gott der Herr im Paradeis in der kühlen Luft gespazieret, als wolle Er gleichsam sich in etwas abkühlen, der im gerechten Zorn erhitzt war, und nachgehends den Adam selbst gesucht, der von Rechtswegen Ihn hätte sollen suchen, Ihn noch bei seinem Namen genennet, dem sonst ein anderer Titel hätte gebühret, auch sogar gegrüßt, dann aus den Anfangs-Buchstaben der drei Wort: Adam Ubi Es, das AVE heraus kommt, ja zuvor, wie Gott der Herr im Paradeis gespazieret, hat er Ihm einen Baum schon auserlesen, an dem er nach vier tausend Jahren mit seiner angenommenen Menschheit wolle für den Adam, und das gesamte menschliche Geschlecht, gekreuziget werden. O göttliche Barmherzigkeit, du hast keinen Grund, du hast keine Zahl, du hast kein Ziel, du hast kein Maaß, deine Höhe kann Niemand messen, deine Tiefe Niemand, deine Länge Niemand, wann ich schon so viel Sünden auf mir, als Tröpfel Wasser im Meer, als Stern im Himmel, als Stäubel in der Luft, als Sand auf Erden, als Gräsel im Frühling, so soll mich doch alles dieses nit von meiner liebsten Speranza abschrecken, welche sich so wohl verstehet auf die Barmherzigkeit Gottes, mit Zuversicht [399] sing ichMIseRERE. Mit Trost hör ich, et tu REMIsisti impietatem peccati mei.

Jungfrau Speranza, sie hat ja einmal gelesen, was Pepinus schreibt von Einem? dieser führte einen sehr üblen und lasterhaften Wandel, und, welches seine Bosheit vergrößert, hat er niemals solche Sünden in dem Beichtstuhl entdeckt, sondern je und allemal mit sträflicher Verschwiegenheit solche verhüllt. Wie er aber in eine tödtliche Krankheit gefallen, und man ihm bereits das Leben abgesprochen, da hat er unverweilt nach einem Beichtvater geschickt, dem er zwar einige Laster entdeckt, aber mehrmal eine Sünde, welche ihm die abscheulichste dünkte, verschwiegen, es nähert sich allgemach der Tod herbei, vier Teufel erschienen sichtbar in der Kammer vor seinem Bett, und fangen ein Gezank unter einander an, wer aus ihnen soll diese Seele in die Hölle führen, und ihrem Obristen Luzifer präsentiren? Mir, sagt der Erste, gebührt es auf alle Weis', dann ich hab ihn zu allererst zum Fall gebracht. Ho, ho, sagt der Andere, gemach mit der Braut, ich hab dießfalls einen weit bessern Zuspruch, dann ich mit meinem Fleiß und emsiger Versuchung bin Ursach gewest, daß er in der Sünde verharret. Was, sagt der Dritte, ihr Bärnhäuter! komme ich zu unserm Obristen, ich will euch eins aufriemen, indem ihr wider alle Billigkeit und Fug wollet diese Ehre mir abspannen, wem gebühret sie mehr als mir, diese Seele hinunter zu führen, indem ich und kein Anderer ihm die Anleitung gegeben, daß er so oft unwürdig zur Kommunion und höchsten Altarsgeheimnuß getreten. Der Vierte hatte [400] hierinfalls wenig Recht dazu, dahero er aus Neid gesagt: Ihr seyd große Narren, und unwitzige Phantasten, daß ihr um diese Seel schon streitet, indem sie doch noch im Leib, er kann noch beichten, kann noch Reu und Leid erwecken, da werdet ihr müssen mit der langen Nase abweichen. Wie das der Kranke vernommen, daß noch die Barmherzigkeit Gottes zu finden sey, so schickt er alsobald nach dem Beichtvater, legt mit absonderlicher Reue eine vollkommene Beicht ab, stirbt und wird ein Kind der Seligkeit. O Jungfrau Speranza! mit dergleichen Geschichten, weiß ich, ist ihr gar wohl gedient, so ist dann keine Zeit, auch so die Seele schon sich will auf den Weg nach der Ewigkeit machen, keine Zeit, sprich ich, ist zu spät, da die BarmherzigkeitGottes nit kann angetroffen werden, keine Sünde so groß, die die Barmherzigkeit Gottes nit kann auslöschen. Nimm alle Sünden der ganzen Welt, die schon geschehen, die noch geschehen und inskünftig geschehen werden, so seynd sie so viel gegen die Barmherzigkeit Gottes, als ein kleiner Funken gegen das unergründliche Meer.

Wie der alte und betagte Isaak vermerkt, daß bereits die Zeit herzukommen, da er die Pilgerfahrt seines Lebens soll enden, da hat er seinen ältern Sohn, den Esau, angeredt, er soll doch die Mühe auf sich nehmen, bevor er ihm den letzten Segen ertheile, und mit seinem Bogen sich in Wald hinaus begeben, ein Wildprät fällen, dann er habe einen sondern Appetit hiezu. O mein lieber alter Tättel, hätte einer können sagen, ein Wildprät ist eine zu harte Speis' für deinen schwachen Magen, ein junger [401] starker Mensch hat zu thun, daß er dergleichen Fleisch verdaue, für dich, mein Isaac, pan Cotto, oder ein Kopaunersulz, oder ein Eierküchel taugt besser; ein Wildprät, ein Wildprät will ich haben, sagt Isaac. Es hat ihm aber nachmals die Rebecca ein Böckelfleisch zugericht. Alles dieß war eine Figur und Vorbedeutung. Isaac, den auch sein Vater Abraham hat auf dem Berg wollen aufopfern, war eine Figur Christi des Herrn, dem auch vor seinem bittern Tod kein größerer Appetit ankommen, als zum Wildprät, zum Böckelfleisch, verstehe hiedurch die Sünder. Seine göttliche Barmherzigkeit suchte die drei und dreißig Jahr nichts anders als Sünder, ja seine meiste Konversation war mit den Sündern, mit den Publikanern und offenen Sündern, mit Magdalena der Sünderin, mit Matthäo dem Sünder, mit Zachäo dem Sünder, mit der Samaritanin der Sünderin, mit Disma dem Schächerer und Sünder. Am Oelberg hat ihn ein Engel getröst, da er so häufig Blut geschwitzt, am Kreuz hat ihn kein Engel getröst, da er wohl mehr gelitten, weißt warum? darum, am Kreuz hat ers nit vonnöthen gehabt, dann wie er gesehen, daß seine göttliche Barmherzigkeit den großen Sünder Dismas bekommen, so war ihm dieß schon Trost genug. O Jungfrau Speranza, mir ist das Herz noch so leicht, indem ich sehe, daß mein Heiland Jesus keinen Sünder verwirft, sondern noch denselbigen sucht und umarmet. Ein frecher Soldat fragt einst einen frommen und heiligen Mann, ob sich Gott der Herr auch erbarme über einen Sünder? Worauf der Geistliche ihm entgegen gefragt, ob er seinen Rock, wann er [402] einen Riß bekomme, hinweg werfe? als solcher mit Nein geantwortet, also, sagte dieser, thut Gott auch den Menschen nit verwerfen, den er zu seinem göttlichen Ebenbild erschaffen.

Moses wollte auf eine Zeit, da er gar zu stark inGott verliebt war, sein göttliches Angesicht sehen. Mein allmächtiger Erschöpfer, sagte er, ich hab schon eine geraume Zeit so viel und große Gutthaten von dir empfangen, auch so vielfältig mit dir umgangen, ich, als dein unwürdigster Diener, wanns halt seyn könnte, daß ich dein herrliches Angesicht könnte sehen, deine Glorie, deine Glorie möchte ich gerne anschauen?Ostende mihi gloriam tuam. Das kann nit seyn, sagte der Allmächtige, daß meine Gottheit mit leiblichen Augen könne angesehen werden, aber anstatt meiner Glorie will ich dir den Rücken zeigen, posteriora mea videbis. Ich muß bekennen, daß ich mich nit ein wenig befremdt über solche Antwort, die der gütigste Gott seinem so treuen Diener Mosi gegeben, soll dann der Allerhöchste auch eine Glorie auf dem Rücken haben? Ja, ja, ja, Gott wollte hiedurch sagen, daß er künftiger Zeit die Menschheit werde annehmen, und da werde er seine Glorie auf dem Rücken haben. Dann er werde das verlorne Lämmlein so lang suchen, bis ers finde, und nachmals werde er solches auf seine Achsel nehmen, wie dann dieser gute Hirt also abgebildet wird und dieses verlorne Lamm, verstehe den Sünder, werde seine Glorie seyn, posteriora mea videbis.

O gütigster Heiland der Welt, so schätzt dirs deine göttliche Barmherzigkeit für eine Ehre, für eine [403] Glorie, wann sie einen Sünder bekommt, der schon verloren war, so fällest du, barmherzigster Vater, dem verlornen Sohn, so von seinem liederlichen Wandel zurück kehret, wieder um den Hals; so sucht deine grundlose Barmherzigkeit mit dem evangelischen Weibel den verlornen Groschen, bis sie ihn wieder finde; so verliebst du dich, wie ein anderer Moses, in eine schwarze Sephora, in eine sündige ungestalte Seele; so residirst du in einem rauhen und hart stechenden Dornbusch, so ein Sinnbild der Sünder, so stellst du deinen Triumph nach Jerusalem an auf einer unbändigen Eselin, auf dero noch Niemand gesessen, so gleichfalls ein Entwurf der Sünder, so hab ich und kein Sünder in der Welt Ursach zu verzweifeln an deiner grundlosen Barmherzigkeit, dann ich sing MIseRERE, und du liebster Jesu thust mir antworten RE MIttuntur tibi etc.

Jungfrau Speranza, sie sey wohl auf, und laß ihr die Weil nit lang seyn, dann wann sie melancholisch ist, so bin ich bis in Tod betrübt, ich will ihr etwas erzählen, warob sie ein absonderliches Wohlgefallen schöpfen wird, mit dero Erlaubniß fang ich an. An. 1149 war zu Salerno ein Teufelsbanner und Hauptzauberer, welcher dem Doktor Faust gar nichts nachgeben, dessen Name war Petrus Abailardus, wie dieser 93 Jahr erreicht, da seynd ungefähr in seiner Abwesenheit zwei seiner liebsten Enkel über die verruchten Bücher kommen, Kraft derer er so lange Zeit die höllischen Larven in seinem Gehorsam hatte und weil sie der Zauberkunst unerfahren, also seynd sie von den Teufeln umgebracht worden, welcher [404] unverhoffte Tod dem Abailardo also zu Herzen gangen, daß er etliche Stund fast verstandlos dahin gelegen, endlich, nachdem er die entwichenen Lebens-Geister wieder erholt, machte er sich ganz schleunig auf, aber was glaubt sie Speranza, daß er angefangen? etwan, wie in dergleichen Zufällen öfters geschehen, hat er einen Strick ertappt, wormit er seinen alten Brod-Sack zugebunden? diese Gedanken seynd meiner liebsten Speranza nit! Abailardus wird von der göttlichen Barmherzigkeit getroffen, sein Herz wird ihm durch einen göttlichen Gnaden-Pfeil also berühret, daß er den geraden Weg geloffen nach der Kirche des H. Benedicti, allwo er mit gebogenen Knien vor einem an der Wand gemalten Krucifix-Bild drey Tag und Nacht aneinander geweint, geseufzt, und seine großen Sünden bereuet, daß endlich den dritten Tag den 25 März, damalen der Charfreytag, das Krucifix-Bild gegen ihm das Haupt geneigt, dadurch zu verstehen gegeben, daß nunmehr ihm seine Sünden seynd vergeben, worauf er alsobald den Geist aufgeben, das Bild aber auf den heutigen Tag wird mit geneigtem Haupt also gesehen, und leuchtet mit großem Mirakul und Wunder-Werken.

O Speranza, was doch meine bisweilen kleinmüthigen Gedanken mehr vertreiben, als dergleichen Geschichten; wann ich liese, wie der Laban so sorgfältig seine guldenen Götter gesucht, und derenthalben den Jakob für einen Dieb gehalten, da unterdessen die arglistige Rachel solche unter dem Stroh verborgen, so muß ich lachen, daß der bethörte Tropf, jene guldenen Talken für Götter gehalten, die von den [405] Diebs-Händen haben können entfremdet werden, aber der, der GOtt, den mir Niemand nehmen kann, auf dessen Barmherzigkeit ich mich gänzlich verlasse, der, der ist wohl ein guldener Gott; scheinet es doch, daß er wie der ausgewaidte Fisch Tobiä gar keine Gall habe: Cui proprium est semper misereri et parcere. Nichts als Gültigkeit ist an ihm, und wann ich nit wüßte, daß Ihn die übergebenedeite Jungfrau Maria hätte gesäuget, so glaubte ich gänzlich, die Barmherzigkeit wäre seine Ammel gewest, aber, aber, ist doch Maria auch eine Mutter der Barmherzigkeit.

Petrus tritt auf eine Zeit zu unserm lieben Herrn, und sprach zu Ihm: Mein Herr, wann einer sündiget! wie oft soll ich ihm vergeben? bis siebenmal? O mein Peter, auf solche Weise wärest du gar ein scharfer und scrupuloser Beicht-Vater, möchte einer schier ihm noch einbilden, der Himmel wäre für die Gäns gebauet, dann wer würde solcher Gestalten denselben erlangen? wir seynd ja elende zerbrechliche Menschen. Jesus aber sprach zu dem Petro, nit nur siebenmal, mein Peter, das wäre meiner Barmherzigkeit gar zu wenig, sondern auch bis siebenzigmal siebenmal; gibt hierauf die Gleichnuß von dem König, dem sein Knecht zehen tausend Pfund schuldig war, weil er aber nit hatte zu bezahlen, und den König derenthalben um Vergebung und Nachlaß gebeten, so hat er ihm die ganze Schuld geschenkt. Es ist keine Zahl der Sünden, keine Schwere der Sünden, keine Menge der Sünden, keine Größe der Sünden, von der sich die Barmherzigkeit Gottes laßt überwinden. 10000000000 mal gesündiget, wider das erste Gebot. [406] 200000000000 mal gesündiget wieder das andere Gebot. 30000000000 mal gesündiget wider das dritte Gebot. 40000000000 mal gesündiget wider das vierte Gebot. 50000000000 mal gesündiget wider das fünfte Gebot. 60000000000 mal gesündiget wider das sechste Gebot. 700000000000 mal gesündiget wider das siebente Gebot. 80000000000 mal gesündiget wider das achte Gebot. 90000000000 mal gesündiget wider das neunte Gebot. 100000000000 mal wider das zehente Gebot, ist alles, alles, gegen der Barmherzigkeit Gottes, wie ein Senf-Körnlein gegen den großen Berg Olymp. Getrost o Sünder dahero, sing nur MI se RERE, so wird dir nit ausbleiben das REMIttuntur.

Jungfrau Speranza, beliebt ihr ein wenig ins Feld hinaus zu spazieren und eine frische Luft zu schöpfen, es wird sie gar nit reuen, absonderlich wann wir auf den Acker kommen, von dem der Evangelist Matthäus gar ausführliche Meldung thut, da er sagte, daß ein Hausvater einen sehr guten Samen habe ausgesäet auf seinen Acker, als aber die Leute im sanften Schlaf begriffen, da kam der Feind und säete. Unkraut unter den Waizen, wie nun solcher nachmals in die Höhe gewachsen, da ließ sich auch das Unkraut sehen, wie solches die Knechte wahrgenommen, konnten sie sich nit genugsam darüber verwundern, wo Teixel das Unkraut herkomme, indem sie vergewißt waren, daß ihr Herr, als ein trefflicher Wirth, lauter des besten Waizen auf den Acker geworfen, thun sich derohalben selbst und freiwillig anerbieten, daß sie hierinfalls ihren Fleiß und Arbeit nit wollen sparen, sondern[407] gleich jetzt hinaus gehen, und das Unkraut ausraufen. Das nit, sagte der Hausvater, das will ich nit haben, es gefällt mir zwar eure Emsigkeit, aber diese Arbeit laßt unterwegs, ich will haben, daß das Unkraut mit samt dem Waizen aufwachse etc. Warum, mein Herr, warum? darum, dieser Hausvater ist unser lieber Herr, ob solcher schon siehet, daß unter seinem Waizen viel Unkraut, unter den frommen Menschen viel Böse und Lasterhafte gefunden werden, wann ihm schon die göttliche Gerechtigkeit immerzu in den Ohren liegt, er soll das Unkraut lassen ausrotten, so läßt er, aus Antrieb seiner grundlosen Barmherzigkeit, solches nit zu, sondern vergönnt dem Unkraut, daß es mit dem Waizen aufschieße, aus Ursachen, weil aus dem Unkraut gar oft der beste Waizen wird. Das ist ein anders, o Speranza! Ein Unkraut ist gewest Magdalena, ein Unkraut Maria aus Egypten, ein Unkraut Pelagia, ein Unkraut Thais, ein Unkraut Theodora, ein Unkraut Affra, ein Unkraut Manasses, ein Unkraut David, ein Unkraut Bonifacius, ein Unkraut Cyprianus, ein Unkraut Genesius, ein Unkraut Ardelio, ein Unkraut Moses ein Mörder, ein Unkraut Landelinus, ein Unkraut Onesimus, ein Unkraut Valerianus, ein Unkraut Theobaldus, ein Unkraut Bononius, ein Unkraut Nasatius, ein Unkraut Theodolus, ein Unkraut Theophilus, ein Unkraut Augustinus, ein Unkraut Guilelmus und gleichwohl dieß Unkraut samt tausend und tausend und aber tausend ist durch die Barmherzigkeit Gottes in den edelsten Waizen verkehrt worden. Aus gemeinen Bettlern, aus Schelmen, aus Dieben, aus Mördern, aus Zauberern, aus Gotteslästerern, aus [408] Ketzern, aus größten Bösewichtern die größten Heiligen worden.

Vor dem großen ungeheuren Großschädel Goliath hat sich das ganze Volk Israel gefürchtet, endlich meldet sich ein rothkopfeter junger Schafhirt an, mit Namen David, daß er wolle mit dem großen Flegellanten eines wagen, so zwar anfangs von dem meisten Volk ausgelacht worden, welches für unmöglich gehalten, daß ein solches kleines Bürschel soll den ungeheuren Fleischthurm überwältigen. Der Saul selbst glaubte, daß eine solche Mucke wider den Elephanten wenig werde ausrichten: aber David brach endlich hervor mit der Prob und sagte dem König ins Gesicht, daß er zwar ein Hirt seye, aber schon manche heroische That begangen, denn, wenn ein Löw, oder ein Bär, oder ein anders Thier, sagt er, ist kommen, und mir ein Lämml, einen Widder hinweggetragen, da bin ich ihm nachgejagt, hab ihn erwürgt und hab ihm den Raub wieder aus dem Maul herausgerissen.

Was David gethan, das thut noch alle Tag die Barmherzigkeit Gottes. Der höllische Löw, dieser brüllende Räuber, solches verdammte Unthier, reißt da und dort ein Lämml hinweg von der Heerde Christi, aber die göttliche Barmherzigkeit jagt ihm nach und reißt ihm solchen Brocken wieder aus dem Rachen heraus. In diesem Rachen bin ich schon gesteckt, sagt jener vornehme Herr, von dem der hl. Brigittä geoffenbaret worden, indem ich 60 ganze Jahr einen Pakt mit dem Satan gehabt, und mich ihm schriftlich und mündlich ergeben, endlich gleichwohl durch Vorbitt der Mutter Gottes, mit dero Schmerzen [409] ich bisweilen ein Mitleiden gehabt, habe noch vor meinem Tod eine vollkommene Reue und Leid erweckt, und also ein Kind der Seligkeit worden. In diesem Rachen bin ich schon gesteckt, sagt Neanias, der ich ein blutgieriger Verfolger der Christen unter dem unmenschlichen Diokletiano gewest, aber die Barmherzigkeit Gottes hat mich wieder herausgerissen, dann Christus Jesus selbst vom Himmel gestiegen, mich mit eignen Händen getauft, und den Namen Prokopi geben. In diesem Rachen bin ich schon gesteckt, sagt Mutius, weil ich viel Jahr ein Mörder, ein Räuber gewest, aber Gottes Barmherzigkeit hat mich wieder herausgerissen, und mich zu einem so vollkommenen Wandel gebracht, daß ich neben andern Wunderwerken, sogar auch die Sonne, wie ein anderer Josue, hab von ihrem Lauf zuruck gehalten. In diesem Rachen bin ich schon gesteckt, sagt Andreas Naddini, dann ich mein Leben in den größten Lastern und Gotteslästerung zugebracht, auch nit einmal in die Kirche gangen, viel weniger ein Vater unser gebet, hab sogar aus Grimm und Zorn das Bildnuß Christi und seiner gebenedeiten Mutter Mariä in das Feuer geworfen, bin aber gleichwohl kurz vor meinem Tod wieder aus solchem Rachen von der Barmherzigkeit Gottes gerissen worden, indem ich durch Vorbitt der hl. Katharinä Senensis eine rechte vollkommene Beicht abgelegt und als ein Kind der Seligkeit von dannen geschieden. In diesem Rachen bin ich schon gesteckt, sagt die Baas oder Maim des heil. Eremiten Abraham, dann ich eine lange Zeit in einem öffentlichen Wirthshaus einen öffentlichen Schleppsack [410] abgeben und mich in allen Lastern herumgewälzt; aber die Barmherzigkeit Gottes hat mich wieder herausgerissen, und bin ich durch Anleitung meines Vetters Abraham zu solcher Vollkommenheit gelangt, daß nachmals Gott durch mich viel Wunderwerke gewirket. In solchem Rachen bin ich schon gesteckt, sagt jener Jüngling bei Discipulo, dann ich mit meiner eigenen Schwester gesündiget, meinen eignen Vater ermordet, aber die Barmherzigkeit Gottes hat mich wieder herausgezogen, daß ich durch eine Predigt, worin Gottes Barmherzigkeit hervorgestrichen worden, bewegt, meine Sünden gebeicht und solche vor einem marianischen Vesperbild dergestalt bereuet, daß mir das Herz zersprungen, da aber das Volk für meine Seele wollte beten, ist vom Himmel eine schneeweiße Taube herabgestiegen, einen Zettel aus dem Schnabel fallen lassen, worin mit goldenen Buchstaben geschrieben gewest, daß ich bereits das Angesicht Gottes anschaue. In solchem Rachen bin ich schon gesteckt, sagt die große Stadt Ninive etc. Still, still mit dergleichen Exempel und Beweisthümer der göttlichen Barmherzigkeit; Speranza mein einiger Schatz, dafern ich mehrere dergleichen sollte anhören, so würde mir mein Herz zerschmelzen, wie der Schnee vor der Sonne, o Herz weit härter, als der Felsen, woraus Moses das Wasser erweckt. O Gemüth weit unempfindlicher als der Ambos, worauf Tubalkain das Eisen geschmiedet. O Mensch weit kälter als das Eis, auf dem die muthwillige Herodias getanzt; wann du an der Barmherzigkeit Gottes verzweiflest, wann du deine Missethaten größer haltest, als die Barmherzigkeit Gottes, [411] hätte ich die Sünden auf mir aller Verdammten in der Höll, hätte ich alle Laster, zu denen der böse Feind könne anreizen; hätte ich so viel Missethaten, was nit nur diese Welt, sondern noch tausend andere Welten können begehen, so würde ich dannoch mit meiner liebsten Speranza bei der Barmherzigkeit Gottes anklopfen, bin versichert, daß sie mich nicht werde ausschließen; dann ich behalt noch wohl bei mir jene Wort, welche der Herr und Heiland der St. Katharinä Senensi gesagt, daß ihn nämlich mehr schmerze, und mehr mißfalle, wann ein Sünder in seinem letzten Sterb-Stündel an seiner Barmherzigkeit verzweiflet, als alle seine vorhero unzählbaren begangenen Sünden, daher sehr rathsam, daß man den Sterbenden nichts so eifrig, nichts so oft vortrage, als die grundlose Gute Gottes.

O mein Herr Jesu! die Hebräer haben insgegemein schon dahin geredt von dir, daß du gar zu gut seyest, und so gar nit weigerest die Gesellschaft der Pharisäer, welche von männiglich für Haupt-Schelmen seynd gehalten worden. Einmal wollten sie noch die Prob nehmen, und erfahren, ob dann gar keine Gall in dir, zu solchem End sie ein Weibsbild, welche in wirklichem Ehebruch ertappt worden, vor deine heiligste Person geführet, du sollest auch deine Meinung beilegen, ob sie soll nach dem Gesetz Mosis versteiniget werden? Du aber, o Heiland! hast die Augen auf die Erde gewendt, auf die Erde geschrieben, und sodann dir arme Haut frei und los gelassen; hätte dann nit sollen dieser Schleppsack billig gestraft werden? Dann die allzugroße Gültigkeit den Lastern mehr [412] Unterschleif gibt. Ich, ich, sagt mein guldenerJesus, auf die Erd hab ich geschaut, hab die Erd betracht, und anbei zu Gemüth geführt, daß der Mensch aus der Erde, und folgsam ein gebrechliches Geschirr, dahero ein herzliches, Mitleiden getragen mit dieser Sünderin, und trage noch ein Mitleiden mit allen Sündern.

O mein Heiland! auf solche Weis kommt jetzt her aus, was du einmal dem Himmels-Portner Petro in einer Figur gezeigt hast, da er nämlich gesehen ein großes leinenes Tuch vom Himmel herablassen mit den vier Züpfen; in dem Tuch aber waren allerlei wilde Thier, sogar Schlangen und Kröten, auch allerlei Vögel, worauf dem Petro gesagt worden, dieses sey seine Speis, nach solchen ist das leinene Tuch, samt den Thieren, wieder in Himmel genommen worden: Merks Peter! hat es geheißen, du wirst die Schlüssel zum Himmel haben, du mußt dir aber nit einbilden, daß du lauter unschuldige Lämmlein und Tauben werdest einlassen, sondern auch andere Thier, auch leichtfertige Kröten, auch verstohlene Galgen-Vögel, auch allerlei gottlose Bestien! Dann meine göttliche Barmherzigkeit erstreckt sich zu allen, absonderlich aber zu den Sündern, mit denen ich wegen ihrer Gebrechlichkeit und Schwachheit ein Mitleiden trage.

Herzige Speranza, sie muß es mir nit für ungut aufnehmen, wann ich noch einige Geschicht beisetze, woran wir beide eine sattsame Begnügung haben werden! Ich kann nit genug preisen die unendliche Lieb, welche der gütigste Gott zu uns sündigen Menschen trägt; ich hab einmal in einem sehr weisen Naturkündiger gelesen, wie man könne in Erfahrenheit bringen, ob [413] Einer oder Eine verliebt seye? Man solle, lehret Er, zum Exempel dem Ferdinand an die Puls greifen, und etliche Namen nacheinander daher sagen v.g. Anna! die Puls alterirt sich nit. Christina! die Puls gehet wie zuvor; Eleonora! die Puls ändert sich nit; Sabina! die Puls lauft wie allezeit; Theresia! da zapplet die Puls, schlägt schneller, verrath die Lieb, welche der Ferdinand trägt zu der Theresel etc. Wann ich hätte armseligste Kreatur bei dem Ochsen dürfen stehen im Stall zu Bethlehemn, und dem goldenen Jesus-Kindl die Puls greifen, auch nachmals auf den Berg Calvariä bei dem Schächer hätte dürfen stehen, und gleichfalls die Puls greifen an dem ausgespannten Arm meines Heilands Jesu; wann ich beider Orten gesagt hätte.V.g. Engel! so hätte sich die Puls nit alterirt: Erz-Engel! so wäre die Puls gangen wie zuvor: Cherubin! so hätte ich keine Aenderung an der Puls gespüret; Seraphin! so hätte die Puls den Ordinari-Lauf gehabt: Aber wann ich hätte angefangen zu schreien,Mensch, Mensch! Sünder, Sünder! so bin ich versichert, die Puls meines Erlösers hätte sich merklich alterirt, vor Freuden zapplet, und die unendliche Lieb gegen die Sünder offenbaret, und gegen den Menschen, die Ihn so oft und vielfältig beleidiget, nit aber gegen die Engel, massen Er die Menschen erlöst, so mehr gesündiget, nit aber bis Engel erlöst, so weniger gesündiget. Meine Speranza aber, ich will noch meinem Versprechen nachkommen, und die angefangene Hist. in Kürze beitragen.

Ein Weib hat einen harten Mann gehabt, der fast genaturt war, wie der Esau, Hispidus, rauh und [414] grob, da doch ein Mann darum ein Mann genennt wird, damit er soll lernen eine Manier zu gebrauchen, aber etliche seynd dergestalten grobe Holz, daß auch der Henker kaum möchte Scheiter daraus klieben: Dieser tractirte sein armes Weib öfters am Tag mit harten Streichen. Erstgedachtes bedrängtes Weib wußte nicht, wie sie doch möcht solche Tyrannei vermeiden, sucht endlich einen Rath bei einer alten Vettel und geschimmleten Rotzgeschirr, sie woll ihr ein Mittel an die Hand geben, womit sie machen könne, daß ihr Mann sie lieb habe. Die alte verspricht es, und citirt alsobald den Teufel, trägt ihm vor, er solle ohne Verzug zuwegen bringen, auf daß der Mann dieses Weib hinfüro lieb und werth halte. Ja antwortet der Schwarze, aber sie muß zuvor das einige Kind und Söhnlein, so sie hat, umbringen, welches auch geschehen. Der Satan war noch mit diesem nit zufrieden, sondern begehrt noch, daß sie Gott, die Tauf, den Glauben, die Anrufung der Heiligen gänzlich verläugne und absage, welches sie alles gethan, damit sie nur sicher von ferneren Streichen seyn möge, als diese aber nach Haus kommen, hat sie der im Wirthshaus berauschte Mann noch härter als einmal empfangen. Weil sie nun gesehen, daß auch des Teufels Hilf ihr zu keiner Besserung gedeihet, also hat sie sich in die Flucht begeben, da sie aber kaum eine Meil von Haus, ist ihr der böse Feind in der Gestalt ihres Mannes begegnet, und ihr die besten Wort geben, mit kräftiger Versprechung, daß er ihr hinfüro das geringste Leid nit wolle anthun, weil sie nun solchen Worten Glauben geben und ziemlich getrost nach Haus kommen, [415] da hat der rechte Mann mit mehrmaligen Schlägen also mit ihr verfahren, daß sie nicht gewußt, wohin sie sich wenden solle, und weil er aus ihren Worten wahrgenommen, daß sie habe fliehen wollen, also hat er sie dergestalten traktirt, daß man augenblicklich vermeint, sie werde den Geist aufgeben, wessentwegen sie um Gottes willen gebeten und geschrien um einen Beichtvater, welches er ihr in allweg geweigert. Endlich ist jemand, unwissend seiner, um den Geistlichen geloffen, so auch gar bald samt dem höchsten Gut erschienen, dem aber der tyrannische Mann die Hausthür verriegelt. Jetzt Speranza, merke sie wohl auf, was sich ferners zugetragen. Diese hat Gott verläugnet, die Mutter Gottes verläugnet, alle Heiligen verläugnet, alle Sakrament verläugnet, und hatte noch über alles dieß keinen Beichtvater an der Hand; soll dann hier die Barmherzigkeit Gottes auch noch etwas wirken können? Freilich, freilich, weil sie den Beichtvater nit bei Ihr konnte haben, so hatte sie nach Möglichkeit geschrien, er solle sie doch durch die hölzerne Wand hören: Herr, ich klag mich an, sagte sie, ich hab gesündiget, ich hab mein einiges Kind ermordet, ich hab mich mit Leib und Seel dem bösen Feind verschrieben; ich hab Christum meinen Erlöser verläugnet, worauf ihr der Priester die Absolution geben, sie aber alsobald Tods verschieden, und merks wohl, o guldene Speranza, und sowohl der Priester, der Mann, als andere Gegenwärtige haben gesehen, daß ihre Seel in großem Glanz von den Engeln in Himmel getragen worden. Also schreibt Discipulus.

Gelobet und gebenedeiet seye nunmehr die göttliche [416] Barmherzigkeit, jetzt schreckt mich nit mehr die Auslegung, als ob gar wenig zur Seligkeit gelangen; um weilen aus so viel tausend, tausend Menschen nur zwei ins gelobte Land kommen. Es schreckt mich nit mehr die Aussag, als ob die Hälfte der katholischen Christen sollen aus dem Himmel verschlossen werden, um weil auch die Hälfte der 10 Jungfrauen von dannen bannisirt worden; es schreckt mich nit mehr die Lehr, als solle der Theil der Seligen und Auserwählten gar klein seyn, indem nur acht Personen in der Arche salvirt worden, die andern alle im Sündfluß ertrunken. Es schreckt mich nit mehr jene Glossa über das Buch Apokal., allwo mehr Bücher, worin die Verlornen gezeichnet seynd, auf- und vortragen werden; nur ein Buch aber, worin die Namen der Auserwählten gestanden; dieß alles schreckt mich nit, um weil ich weiß, nach Aussag des Königs David, daß seine Barmherzigkeit sey über alle Werke, daß mit seiner Barmherzigkeit der ganze Erdboden sey angefüllt, daß er so wenig unserer nit erbarmen kann, als da nit kann ein Vater, eine Mutter sich nit erbarmen über sein Kind, daß einer allein aus so vielen eingeladenen Gästen nur ist ausgeschlossen worden, um weil er kein hochzeitliches Kleid angetragen. Ich meinestheils halt für glaublich, daß drei Theil der katholischen Kirche durch die Barmherzigkeit Gottes, und seine grundlose Gütigkeit, die unzergänzliche Kron der ewigen Seligkeit erlangen; anderst, anderst läßt mich eine holdselige Speranza nit reden. Wohlan, o herzigste Jungfrau! sie gebe mir ihre schneeweißen Händlein, jetzt, jetzt, laß ich sie nimmermehr [417] von mir, jetzt und allemal, wird sie mit mir singen. O was hat sie für eine englische Stimm! Singen wollen wir beide MIseRERE MIseRERE mei Deus! Der Gnadenton kommt schon wieder zuruck: REMIttuntur REMIttuntur tibi peccata tua!

Judas, der verfluchte und verzweiflete Gesell erhenkt sich selbst
Judas, der verfluchte und verzweiflete Gesell, aus Anleitung des bösen Feinds erhenkt sich selbst.

Nachdem nun allen göttlichen Gnaden und Erleuchtungen in dem iscariotischen Herzen der völlige Paß versperret worden, und in besagtem Böswicht nit ein Tropfen Blut mehr zu finden war, der da von einem redlichen und ehrlichen Menschen herrührete, also hat er ohne viel Verweilung den Strick, mit dem er die Kleider aufgegürtet hat, ganz rasend herabgelöst, solchen an seinen diebischen Hals gelegt, den nächsten Baum, welcher gleichsam von Natur zu einem bequemlichen Galgen also erwachsen, mit absonderlicher Hülf des bösen Feinds hinauf geklettert, daselbst mit dem Strang sein eigener Henker worden, auch so lang mit den Füßen gezapplet, den Leib hin und her geschwungen, bis solcher in der Mitte voneinander zersprungen, und nachmals die verdammte Seel samt[418] dem stinkenden Ingeweid das elende Losament verlassen, und zum Teufel in die unterste Höll gefahren.

Beda bezeugt, daß solcher unglückseliger Baum auf den heutigen Tag zur ewigen Gedächtnuß dieses verzweifleten Böswichts noch stehe, und immerzu grüne und nachwachse. Solcher Baum soll, nach Aussag Andreä Zoni, ein wilder Feigenbaum seyn. Zu Koromandel in dem orientalischen Indien wird ein Baum nit viel ungleich Blätter halber, dem Feigenbaum gesehen, welcher eine Frucht trägt wie ein Beutel, wann solche zur Zeitung kommt, so wird sie auch hohl, und findet man darin drei und dreißig breite weiße Körner, fast schier so groß als ein Funfzehner, weil solche Frucht nun in allem dem Judas-Beutel so eigentlich gleichet, also wird auch besagter Baum der Judas-Baum genannt. Andere Lehrer, wie Oekumenins, Theophilaktus, Pappias, und noch mehrere, beschreiben den elenden Untergang des Judä Iscarioths anderst, und wollen es behaupten, als wäre der Böswicht zur größeren Schand, und mehrern Unheil noch länger beim Leben geblieben, auch endlich an der Wassersucht verreckt, auf einen seiner Gründe, und weil ein Wagen über ihn gangen, sey die viehische Wampe voneinander zerschnellt, und also das Ingeweid samt allem Wust heraus geschüttelt worden. Glaubwürdiger aber scheint zu seyn die Beschreibung des Evangelisten Matthäi, welcher gar deutlich bezeugt, daß sich Judas mit dem Strick selbst erdroßlet habe.

Des Judä Nachfolger ist gewest Achitophel, ein Hofherr bei dem königlichen Prinzen Absalon, als[419] solcher undankbarer Sohn und ehrsüchtige Fürst nach der Kron seines Herrn Vaters getracht, und stolzmüthig geglaubt, er würde der Regierung besser anstehen, als David sein Herr Vater, dahero er schon eine ziemliche Mannschaft beieinander gehabt, des Willens, den David unversehens zu überfallen, wollte aber solches auf keine Weis werkstellig machen ohne Berathschlagung mit einem und dem andern Hofherrn, deren zwei vornehmste waren, der Achitophel und der Chusai, der Erste aus diesen gab dem Absalon den ernstlichen Rath, er solle ohne weitern Verzug denselben Tag noch mit etlich tausend Mann, wobei er sich selbst wolle einfinden, dem David nachsetzen, solchergestalten könne er ihm nit aus dem Garn gehen, heut wolle er ihm noch den Rest geben. Chusai wird von Ihro Durchlaucht auch befragt, er wolle hiezu auch sein Parere geben; dieser aber hat ohne Scheu das Widerspiel eingerathen, dem auch der Absalon nachkommen, wie solches der hochmüthige Achitophel vernommen, daß sein Rathschlag geringer gehalten worden, als des andern, indem er doch geglaubt, er gelte zum mehristen bei der Herrschaft; dann ein vornehmer Hof ist nit anders bestellt, als der Schwemmteich zu Jerusalem, allwo auch ein jeder wollte der Erste im Teich seyn. Zu Hof ist fast kein größeres Procedere, als wegen des Praecedere; ein Hofherr ist Tag und Nacht ein Quardianus, damit er nur könne Prior werden; wie der Achitophel vermerket, daß des Chusai Rath im mehrern Werth, so ist er den geraden Weg nach Haus gangen, daselbst wegen seiner zeitlichen Verlassenschaft alle gute Richtigkeit[420] gemacht, nachgehends einen guten starken Strick um den Hals gebunden, und sich von einem Balken oder Träm herunter gehenkt. Der also vermeint dem David den Rest zu geben, dem ist selbst der Restis zu Theil worden.

O wie oft zeigt dergleichen die göttliche Gerechtigkeit, wie oft fällt der Stein, mit dem wir auf andere zielen, uns selbst auf den Kopf, wie oft geschieht uns, wie dem saubern atheniensischen Künstler Perillo, welcher sich bei dem Tyrannen Phalaridem zuzukommen, einen großen und hohlen metallenen Ochsen verfertiget, mit einem Thürl auf der Seite, damit die Menschen darinnen durch das unterlegte Feuer mögen gepeiniget werden, und nachmals dero Geschrei und Heulen dem Tyrannen ein Gespeis seye, als thäte der Ochs natürlich brüllen, aber Perillus mußte nachgehends selbst der Erste seyn, und diese von ihm erdichtete Tormenten probiren. Der Amman bei dem König Ahasvero suchte in allweg mit politischen Griffen den Mardochäum aus dem Weg zu raumen, samt seiner ganzen Nation, aber das Bad, so er andern zugericht, mußte er selber austrinken, und ist er nachmals erst hoch angesehen gewest, wie er dann an den Galgen gehenkt worden. Es gehet manchem, wie jenem Wolf, welcher dem Fuchsen hat wollen eins verreiben.

Der Löw, als ein König der Thiere, wegen hohen Alters, hat sich auf eine Zeit sehr unpäßlich befunden, dahero eine lange Zeit müssen zu Haus bleiben in seiner finstern Hölle; die andern Thiere, als gehorsamste Vasallen, haben ihre gebührenden Visiten [421] abgelegt, und mit Ihro Majestät ein herzliches Mitleiden getragen, der Fuchs aber hat sich niemalen eingefunden, welches dem Wolf, der ihm ohnedas nit gar wohl geneigt, einen sattsamen Anlaß geben, den Fuchsen bei Hof ziemlich schwarz zu machen, trägt also in einer geheimen Audienz vor dem Löwen mit sehr beweglichen Worten, wie daß der Fuchs, Ihro Majestät hohe Person, nit allein wenig achte, sondern dieselbe gar nit für seinen allergnädigsten Herrn erkenne, welches ohne Zweifel ungestraft gar nit soll bleiben, massen es nit eine kleine Aergernuß gebe unter allen Thieren, was woll dann so viel gelegen seyn an einem so schlechten Hennen-Dieb etc. Zu allem Glück kommt der Fuchs, so in der Ante-Camera solche Lästerwort des Wolfens vernommen, begehrt dannenhero auch eine Audienz, welche ihm bei so Gestalt der Sachen nit ist abgeschlagen worden, es merkt aber der arge Fuchs gleich aus dem finstern Gesicht des Löwen, daß ihm der Wolf eines verrieben, fängt demnach an ganz demüthig, doch frei anbei zu reden: Ihro Majestät wollen sich so stark nit befremden, noch weniger einen Unwillen fassen wider seine geringe Person, massen seine bishero geweste Abwesenheit aus erheblichen Ursachen herrühre, allergnädigster Herr, sagte er, sobald mir dero Unpäßlichkeit und übler Zustand zu Ohren kommen, so hab ich alsobald hin und her mit sonderer Sorgfältigkeit nachgefragt, wie doch Ihro Majestät übler Zustand möchte gewendet werden. Endlich hab ich mich mit des persischen Königs Leibarzt, und Hof-Medico dessenthalben beredt, welcher mich versichert, daß Ihre [422] Majestät kein heilsamers Mittel nit werde haben, als wann Sie den Wolf lassen lebendig schinden, die Haut aber ganz warm übergelegt, wird inner 24 Stunden allen Schmerzen und Wehthum vertreiben, auch zu völliger Genesung der Gesundheit kommen. Gut, gut, sagt der Löw, bedanke mich wegen so guten Raths; der Befehl ergeht alsobald, man soll den Wolf lebendig schinden, so auch schleunig vollzogen worden, der Fuchs lachte ihm unterdessen den Balgvoll an, daß der Pelz-Fresser also eingebüßt, und den Untergang, so er andern vermeinte, selbst erfahren müssen.

Ich laß dieses nun eine griechische Fabel seyn, ob zwar der gemeine Weltlauf bestens entworfen wird, und zeigt meistens die göttliche Vorsichtigkeit, daß das Uebel, so jemand andern schmiedet, ihm selbsten, dem Meister, auf den Rucken kommt. Jene alten Limmel und Schimmel zu Babylon, haben in allweg gesucht, daß die keusche Susanna soll, als eine Ehebrecherin, von dem Volk versteiniget werden, aber das Messer, so sie gewetzt, hat ihnen selbst die Gurgel abgeschnitten, indem sich das Blättel gewendet, und sie hernach solches Urtheil müssen ausstehen. Die Bedienten des Königs Nabuchodonosor, haben mit aller Gewalt den Ofen, worin die drei Knaben waren, angefeuert und angezündet, aber das Feuer, womit sie die unschuldigen Jünglinge wollten verbrennen, ist zuruck geschlagen, und hat sie selber verzehret. Jener Edelknab bei dem Hof der heiligen lusitanischen Königin Elisabeth, hat zuwegen gebracht, wegen falscher Unzucht, daß sein Mitkamerad, den er sehr beneidet,[423] solle in einen angezündeten Kalch-Ofen geworfen werden, ist aber nachmals durch einen von dem gerechten Gott zugelassenen Fehler selbst in denselben gestürzt worden. Wie oft begibt es sich, daß ein zorniger Eisen-Fresser und Bravadi-Hans einen schwachen und unschuldigen Menschen zum Duell hinaus treibt, des Willens, ihm den Garaus zu machen, und kehret sich nachmals das Blättel um, daß dieser Tieger selbst ganz wunderlich muß den Balg lassen. Wie oft geschieht es, daß ein Mann verdrüssig seiner Alten, ihr tausend Tod auf den Rucken wünschet, der Pfeil aber, den er auf sie zu schießen verhoffte, prellt zuruck, und kommt ins Grab, welches er ihr vermeint. Gott ist wunderlich in seinen Werken.

Mehr ist dem verzweifelten Judas nachgefolgt ein gewissenloser katholischer Priester, welcher aus lauter Geldgier in allem fast ähnlich dem Iscarioth, eine konsekrirte Hostie den Hebräern verkauft um 60 Gulden; dieses schreibt Nikolaus Laghi, sey geschehen zu Breslau in Schlesien; dieses höchste Gut haben die vermessenen Juden mit Messern und Pfriemen, aus Antrieb ihres alten Hasses, dergestalten durchstochen und verwundet, daß allerseits das häufige Blut auf dem Tisch hin- und hergeronnen, worüber sie sich, wie billig, höchst verwundert, und ein ungeheures Geschrei verbracht, welches der vorbeirundirenden Nachtwache einen sattsamen Anlaß gegeben, daß sie mit allem Gewalt in das Haus hineingedrungen, und also den eigenen Augenschein dieses großen Wunderwerks eingenommen, auch solches gleich der geistlichen Obrigkeit angedeutet, welche dann mit dem gesamten [424] Klero die Wunderhostien, dann auch das vergossene Blut in ein krystallenes Geschirr höchst ehrerbietig aufgefangen, und prozessionsweise in die Domkirche allda getragen. Viel aus solchen Hebräern haben sich bekehret, und die heilige Tauf und christlichen Glauben angenommen, hundert und fünfzig aber, so gegenwärtig gewest, und in ihrer Hartnäckigkeit verblieben, seynd verbrannt worden. Wie soll aber um das Herz gewesen seyn dem gottlosen Priester? weil solcher in der Unthat dem Iscarioth nachgefolgt, als wollte er ein gleiches Ende nehmen; gehet derowegen auch verzweifelt hin, und thut sich selbst erhenken.

O was Aegernuß verursacht ein solcher gewissenloser Mensch! was Zuversicht können die armen Schäfel haben zu einem Hirten, der selbst ein Wolf ist! was langweilig und verdrossener Tag ist derselbe, an dem die Sonne eine Finsternuß leidet. Wehe denjenigen Priestern, welche auch an Lastern den Weltmenschen weit überlegen. Wie jener arme Tropf, so von Jerusalem nach Jericho verreist, unter die Mörder und Straßenräuber gerathen, die ihn bis auf das Hemmet ausgeplündert, und noch dazu tödtlich verwundet, da ist ein Priester und Levit vorbeigangen, beide geistliche Personen, die haben den elenden Menschen in Blut gesehen, der zweifelsohne sie um Gotteswillen hat gebeten um eine Hülf, aber nit das Geringste war von ihnen zu hoffen, dann sie in Furcht gestanden, so sie sollten den Menschen mitnehmen, daß sie nachmals für ihn müßten im Wirthshaus zahlen. Endlich kommt ein weltlicher Herr aus Samaria gebürtig, [425] erbarmet sich über den mühseligen Menschen, verbindet ihm seine Wunden, nimmt ihn mit sich auf das Pferd, und führt ihn in die Herberge. Ich zweifle gar nit, daß dieser Herr unterwegs nit werde eins und das andere den armen Tropfen gefragt haben, wer die schlimmen Kerl gewest? wie sie ausgesehen? wie viel ihrer gewest, die ihn also erbärmlich zugericht? Er wird ebenfalls gefragt haben, ob dann sonst jemand vorbeipassirt, und wann er vernommen hat, daß zwei Geistliche, ein Priester und ein Levit, vorbeigereist, doch keiner sich seiner angenommen, was ist ihm das nit für eine Aergernuß gewest? wird er nit gesagt, aufs wenigst gedenkt haben, das seynd geizreiche Geistliche, die seynd nit einen Heller werth, sie sollen uns mit dem guten Exempel vorgehen, sie predigen von Allmosen geben, und kein Bettelbub, hätte bald gesagt Beelzebub, kann einen Pfenning von ihnen bringen, sie sagen viel von den Werken der Barmherzigkeit, und sie üben es selbst nit etc. Wehe, wehe solchen, die den armen Weltmenschen eine Aergernuß geben!

O wie schändlich stehet es, wann einer eine Kutte an hat, und anbei ein Nequam in Cute ist; wie übel stehet es, wann einer immerzu unter Kandel und Krügen gesehen wird, der doch einen Kelch im Wappen führet; wie wild stehet es, wann einer eine Blatte auf dem Kopf, und mehr Kartenblatt in den Händen hält; wie ungereimt ist es, wann einer öfter in albis gekleidet, und dabei schwarz geschrieben ist; wie unlöblich ist es, wann einer einen geschornen Kopf hat, und nit ein Haar fragt nach dem guten Wandel; [426] wie sträflich ist es, wann einer ehrwürdig gennant wird, aber nur ehrbedürftig ist; wie unverantwortlich fällt es, wann einer täglich Meß liest, und doch täglich vermessen ist; wie sündhaft ist es, wann einer Reverendus geheißen wird, und mit reverenter schlimmen Leuten um geht; wie schändlich ist es, wann einer in Gott geweihet ist, und doch von Gott immerzu abweicht. Wehe, wehe solchen Priestern!

Weder Hafner noch Schlosser, weder Hufschmied noch Goldschmied, weder andere Handwerker hat unser lieber Herr zu den ersten Priestern geweihet im Neuen Testament, sondern Fischer, ja alle seine Apostel Menschenfischer genennt, sich dadurch zu erinnern, was saubern und reinen Wandel sie führen sollen, zumal niemand öfter mit Wasser umgehet, als die Fischer. Wehe also denjenigen, die da einen unsaubern Wandel führen!

In den Offenbarungen der hl. Brigittä wird gelesen, daß ein Priester wegen seines lasterhaften und unzüchtigen Lebens öfters sey ermahnt worden, weil er aber in solchem Stand immerfort verharrte, also hat endlich die Straf Gottes nit können ausbleiben, sondern da er sich einst ganz begnügt auf einer grünen Wiese befunden, von einem Donnerkeil getroffen und zu todt geschlagen worden, damit aber erhelle, daß solches nit ungefähr, sondern eigentlich wegen seines Lasterwandels sey geschehen, also ist der ganze Leib unversehrt verblieben, und nur der geheime Theil der Natur zu Asche verbrennt worden.

Wie der Weltheiland von den rasenden Juden im Garten, nit anderst als ein Lämml von den Wölfen [427] ist angetast worden, da hat der beherzte Peter geschwind vom Leder gezogen, dem meisterlosen Schelm, dem Malcho, den Kopf voneinander zu spalten, weil aber dieser Böswicht den Kopf in etwas gezuckt, also hat er ihm das rechte Ohr abgehauet. Petrus hat hierüber nichts anderst erwartet als ein Lob wegen seines erzeigten Valors und stattlichen Treue, aber ihm ist das Widerspiel begegnet, indem er anstatt des Dankes einen Verweis bekommen, auch alsobald den Befehl erhalten, er soll einstecken. Und dieses darum: kurz vorher hat Petrus bei dem letzten Abendmahl das Osterlamm mit diesem großen Messer von einander geschnitten, und anjetzo hauet er dem Malcho damit ein Ohr ab, welches ein rechtes Schelmstuck war, dann es ein Stuck von diesem Böswicht, und das hielt der Heiland für ungereimt, daß dasjenige, was erst mit dem geweihten Osterlamm ist umgangen, soll anjetzo mit dem Schelmenstuck umgehen. Merkt solches, ihr Gott gewidmete Priesterschaft, merkt es wohl; es schickt sich so gar nit, daß ihr mit einem s.v. Schelmenstuck, Diebsstuck, Narrenstuck, Hurenstuck etc. sollt umgehen, indem ihr fast täglich mit dem wahren Lamm Gottes umgehet. Es wäre zu wünschen, daß wir Priester alle beschaffen wären, wie jener fromme und gottselige Geistliche, der sich keines Gelds noch anderer Weltlust geachtet, sondern seine einzige Freude war der gekreuzigte Jesus, als nun dieser Todes verblichen, ließen die Befreundten den Leib eröffnen, zu erfahren die Ursach eines so gähen Todes, haben aber nach vielem Hin- und Hersuchen kein Herz im Leib gefunden, welches allen Anwesenden [428] höchstes Wunder verursacht; endlich erblickten sie das Herz, welches bei den Füßen gelegen eines Kruzifixbildes, so daselbst an der Wand gehangen. O glückseliger Tod! da hat es wohl geheißen, wo dein Schatz ist, dort ist auch dein Herz. Wann wir also beschaffen wären, so thäte uns nit so stark erschrecken der Ausspruch des hl. Chrysostomi, welcher vier Bücher von dem Amt der Priester beschrieben, unter andern läßt er sich hören: »Inter Sacerdotes arbitror esse paucos, qui salvi fiant, haec enim res exeelsa est. Ich halt dafür, spricht dieser hl. Lehrer, daß unter den Priestern wenig selig werden, dann gar eine große und hohe Sache ist es um das Priesterthum.«

Zu Mutina im Welschland ist einer gewest, welcher dem Spielen sehr ergeben, weil ihn aber das Glück meistens verfolgt, also ist er hiedurch in die äußerste Armuth gerathen, welches den vorhin so stolzen Federhansen in so große Betrübniß gestürzt, daß er sich geschämt, vor den Leuten zu erscheinen, weil auch anderwärts keine Hoffnung gewesen, zu einigen Mitteln wieder zu gelangen, also hat er beschlossen, lieber das Leben bei Zeiten zu lassen, als in dergleichen drangseligem Stand länger verharren, ist daher in den höchsten Stock des Hauses hinaufgestiegen, und sich allda erhenkt, gleichwohl diesmal, ja sogar auch das anderemal von beikommenden Leuten errettet worden, weil er aber durch teuflische Eingebung fest bei sich beschlossen, mit dem Strick das Leben zu enden, also hat er auf eine andere Zeit, in Abwesenheit der Hausleute solches vollzogen, und den geraden Weg [429] zu allen Spielteufeln, deren sehr viel, in den Abgrund gefahren.

Vor 20 Jahren ungefähr allhier zu Wien, hat ein Kellner in der Woldseil seinen Herrn sehr beuntreuet, aus gleichgedachten Ursachen, wweil er alles das Seine, auch mit Unfug erworbene Geld, mit Spielen durchgebracht, wessenthalben er nit selten gütlich ermahnet worden, er wolle doch von dieser höchst schädlichen Gewohnheit abstehen, auch endlich sein Herr die gebührende Rechenschaft erfordert, wo eines und das andere hinkommen? weil aber der Kellner aus nagendem Gewissenswurm sich schuldig bewußt, und etwan eine Leibesstraf oder gefängliche Verhaftung geforchten, also ist ihm nichts anders, als was desgleichen Glüfters Leuten ganz gemein, eingefallen, benanntlich die Verzweiflung, damit er aber einen nähern Weg in die Höll habe, so hat er sich, nit wie andere pflegen, in der Höhe, sondern in den tiefen Weinkeller hinunter gestiegen, und sich an dem größten Weinfaß, so in die 30 Eimer gehalten, erhenkt.


Es ist ein Kübel, in dem steckt alles Uebel,

Es ist ein Pflaster, auf dem gehn alle Laster,

Es ist eine Linden, unter der ruhen alle Sünden,

Es ist ein Faden, an dem hangen alle Schaden,

Es ist eine Wurst, die ist gefüllt mit lauter Verlust,

Es ist ein Fluß, in dem schwimmen alle Aergernuß,

Es ist eine Bank, auf der sitzt aller Zank.


Was ist dieses? O lieber Leser, damit ich dich nit lang aufhalte, es ist das verruchte [430] Spielen, so bereits in der ganzen Welt eingerissen, hierunter aber soll nit verstanden seyn ein ehrliches Spiel, welches nit zu einem schadhaften Gewinn, sondern zu einer wenigen Gemüths-Ergötzung angestellt ist, und von den Theologen Evtrapelia genannt wird, sondern ich verfahr nur allein wider das unmäßige Spielen, welches bei Vielen Tag und Nacht im Schwung geht und aller Laster Mutter ist.

Es ist leider nur gar zu bekannt, daß an keinem Ort die Ehre Gottes mehr Schimpf und Unfug leide, als bei dem Spielen, zumal bei demselben nichts gemeiners als das Fluchen, Schwören und Gotteslästern, da scheucht man sich nit, Gott an seiner Ehr, die Mutter Gottes, alle Heiligen im Himmel anzugreifen, ja wie viele Miraculos und Gnadenbilder werden nit gezählt in Italien, in Spanien, in Frankreich, in Deutschland, welche ihren Ursprung genommen von den Spielern, so da besagte Bildnusse wegen ihres erlittenen Verlusts ganz rasend bis auf das Blut verwundet haben, mit dergleichen Geschichten könnten ganze Bücher angefüllt werden.

In allem und jedem seynd wir wohl rechte Adamskinder, da sobald dieser erste Vater das verbotene Obst gegessen, gleich nach solchem Essen ist er über die Blätter her, und hat sich damit bedeckt; bei vielen ist es schon der allgemeine Brauch, daß nach dem Pampfen gleich muß folgen der Pamphili, gleich nach dem Essen die Blätter, verstehe die Kartenblätter, und das heißt man auf Deutsch, die Zeit vertreiben. O allmächtiger Gott! in was großem Unwerth ist bei uns die guldene Zeit? Ein Verdammter [431] in der Höll gäbe um eine einzige Viertelstund nit nur eine Welt, sondern tausend und tausend Welt, damit er nur in dieser die Gnade Gottes noch möchte gewinnen, und wir ohne weiters Nachsinnen oder Bedenken verschwenden mit Spielen ganze Tage, Wochen, Monat, Jahr, ja etliche die meiste Zeit ihres Lebes, da doch ein jeder dem göttlichen Richter die allergenaueste Rechenschaft muß geben um eine jede Minute der Zeit, wie er solche habe angewendet, entweders zu Gottes Ehr, oder seiner Seele Nutzen. O wie viele werden damals müssen passen, wann Gott der Herr die Kronen der Seligkeiten wird austheilen! wie viel werden dazumal nichts anderst vor Augen sehen als Spadi, das ist, das scharfe Schwert der göttlichen Gerechtigkeit. Dort wird mancher die Figur dreier Könige in Ewigkeit verfluchen, um weil er die Gnade hierdurch bei Jesu dem König Himmels und der Erde verschwendet hat, viel und aber viel werden zur selben Zeit verdammen alle Augen in den Würfeln, weil ihnen derenthalben Gott in alle Ewigkeit kein gutes Auge zeigen wird.

Der hl. Joannes hatte auf eine Zeit ein wunderbarliches Gesicht, es erschien ihm ein Engel mit einem offenen Buch, brachte anbei den Befehl von Gott, er soll dieses Buch schlicken, welchem Joannes in allem nachkommen. Endlich befragt ihn der Engel, wie ihm solcher Bissen geschmeckt habe? geht wohl hin, sagt Joannes, im Maul war er mir ganz süß, wie lauter Honig, aber wie ich es hab hinuntergeschlickt, da war er bitter wie Gall, daß mir der Bauch wehe gethan.

[432] Gewiß ist es, daß in diesem Gesicht ein geheimnußreiches Verständnuß verborgen, und es eine sehr große Ausdeutung in sich habe. Aber ich weiß auch ein Buch mit 36 Blättern, dieses ist anfangs ebenfalls süß, aber nachmals wird es manchem gar zu bitter; ein jeder setzt sich mit Lust und Freuden zum Spiel, auf die Letzt aber kommt es einem und dem andern bitter genug an, wann der Beutel die Schwindsucht bekommt.

Jener Soldat Tiemus in dem köllnischen Gebiet war also dem Spielen ergeben, daß er allzeit einen großen Sack Geld bei sich getragen und mit dem nächsten besten ein Spiel angefangen, auch niemalen verloren, sondern allzeit einen ziemlichen Gewinn eingezogen. Auf eine Zeit hat er sich mit einem eingelassen und das Spiel bis um 12 Uhr in der Nacht fortgesetzt, doch aber so unglückselig, daß er fast bis auf den letzten Heller alles verspielt, endlich wurde er ganz rasend und tobend, bricht in allerlei zornige Wort aus, hui, sagt er, ich glaub du bist der Teufel? der bin ich, antwortet er; allo! nunmehr ist es Zeit, einmal ein End zu machen, nimmt ihn also bei der Mitte und führet ihn zum Dach hinaus, daß das Eingeweid an den Ziegeln hangen geblieben und weil man den Leib an keinem Ort konnte finden, ist es glaublich, daß Leib und Seel zugleich in den Abgrund gestürzt worden, dieß war der Gewinn seines Spielens.

Ein jeder Spieler muß wissen, daß er verspielt, er verspielt die guldene Zeit, er verspielt den guten Namen, dann Ludo und Luder einander befreundt, er verspielt das gute Gewissen, er verspielt die Gnade[433] Gottes er verspielt die zeitlichen Mittel, er verspielt die liebe Geduld, er verspielt sein eignes Seelenheil. In Summa, alles Uebel kommt vom Spielen her, und ist kein Gebot, so der Spieler nit bricht.

Das erste Gebot, du sollst an einen Gott glauben, dem Spieler ist der Pamphili oftermals viel lieber, als der wahre Gott, und wie viel werden Gottesdienst unterlassen und versäumt wegen des Spielens? Ja, wann sie endlich die Kirche betreten, so ist ihr Herz mehr beim Spielen, als bei Gott, wie mir dann von einem sehr glaubwürdigen Herrn erzählt worden, daß sein Kapellan dem Kartenspiel sehr seye zugethan gewesen, welches doch dem geistlichen Stand, vermög so vieler päbstlicher Verbot, gar übel anständig, einmal in der Frühe habe Meß gelesen, anstatt aber des Orate Frates, weil ihm lauter Spiel-Gedanken eingefallen, nichts anders gesagt, als ich paß. Das andere Gebot, du sollst den Namen Gottes nit eitel nehmen, man wird gar wenig Spiel antreffen, wo nit Gott und seine heil. Sakramente gelästert werden. Nachdem manches spielerische Lotter-Gesind alle Teufel zu Hülf gerufen. Eichel-Teufel, Grün-Teufel, Herz-Teufel, Schellen-Teufel, Bastoni-Teufel, Denari-Teufel, Spadi-Teufel, Koppi-Teufel, Figuri-Teufel, Fluß-Teufel, Trischäck-Teufel, Pigett-Teufel, Labet-Teufel, Trumph-Teufel, all Umbra-Teufel, Verbaindte-Teufel, diese seynd die Würfel-Teufel etc. nachdem sie alle diese genugsam angezogen, sodann greifen diese vermessenen Gesellen-Gott selbsten an.

Wie dann An. 1612. Einer gewest, nachdem er alles das Seinige verspielt, hat einen Buschen [434] Karten mit sich auf den Weg genommen, solche zu viel tausend Stücken zerrissen und sich hören lassen, er wollte wünschen, daß er Gott selbsten also könnte zertrümmern, worüber er durch einen unverhofften Fall den Hals gebrochen, dannoch ihm der allergütigste Gott noch einige Zeit des Lebens vergönnet, die Buß zu, ergreifen, welche er aber nit allein auf alle Weis geweigert, sondern noch mit ganz ergrimmten Augen gegen den Himmel geschauet, aus purem Zorn gegen Gott und seine Heiligen ihm selbsten die Finger abgebissen und mit solchen verzweifelten Gebärden seinen elenden Geist aufgegeben. Das dritte Gebot, du sollst die Feiertage heiligen. Die römisch-katholische Kirche prangt mit zwei heiligen Pamphili. Einer ist sulmonensischer Bischof gewest, welcher sehr große Wunderwerk gewirkt, zu Rom einem unmündigen dreitägigen Kind befohlen, daß es seinen rechten Vater solle entdecken, welches auch das Kind gethan und solches mit deutlichen Worten ausgeredet, dergleichen sehr viel andere und große Mirakel werden von ihm beschrieben. Der andere heilige Pamphilius ist ein Märtyrer und glorreicher Blutzeug Christi, dessen heiliger Leib samt andern aus Befehl des Tyrannen den wilden Thieren vorgeworfen, aber von keinem im Geringsten berühret oder beleidiget worden. Diese zwei heiligen Pamphili werden an gewissen Orten mit großer Festivität gefeiret und verehret, aber des Teufels sein Pamphili wird höher und mehr geacht, seiner Festivität müssen Sonntag und Feiertag fast durch das ganze Jahr weichen. Ihm zündet man Kerzen und Ampeln an, die müssen oft die meiste Nacht hindurch brennen, ihm opfert [435] man nit nur Pfenning oder Kreuzerweis, wie in der Kirche pflegt zu geschehen, sondern Thaler und Dukaten seynd ihm zu Diensten in der Bereitschaft, ihm werden große Vigill gehalten, ja wegen seiner schlafen etliche eine ganze Nacht nit, ihm läutet man alle Glocken, dann man an dergleichen Spielplatz fast nichts öfters höret als die Säuglocken, und andere Zoten reden, ihm haltet man das schönste Lobpredigen und wird keine Karte also hervorgestrichen als ihre pamphilische Domination und Herrlichkeit; der Sonntag und Feiertag werden in dem Kalender roth geschrieben, aber der Pamphili schickt sich in allerlei Farben, also thut er auch Sonntag und Feiertag überwinden. Das vierte Gebot, du sollst Vater und Mutter in Ehren haben. Sage mir jemand, was mehr könne die liebsten Eltern beleidigen, als ein unerzogner Sohn, welcher Tag und Nacht die Karten in der Hand hält und dasjenige, was der Vater mit so harter Mühe und so großem Fleiß ersparet, durch das liederliche Spielen verschwendet? Die Bauren auf dem Dorf wissen schon den Astrologen die Planeten zu lesen, und wann sie einen vielfältigen Regenbogen sehen, da schließen sie gleich und treffen trefflich zu, daß ein Regen werde kommen. Wann ich in den Händen der Kinder die Spielkarten wahrnehme, welche ihrer allerlei Farben halber dem Regenbogen nit ungleich, da kann ich alsobalden einen künftigen Regen abnehmen, aber dieser fällt von den Augen der Eltern, als welche so herzlich beweinen den elenden Stand der Kinder, so die Zeit und das Zeitliche durch das Spielen anwerden, und nachmals den Eltern Tag und Nacht überlästig [436] wegen des Gelds, auch, so sie etwan nichts oder nit allzeit etwas erhalten, sogar mit Drohworten und wohl auch mit harten Streichen gegen die Eltern verfahren. Wie muß jenem Vater um das Herz seyn gewest, der mit seinem zwölfjährigen Sohn Karten gespielet, weil aber solcher Rotzbub das Seinige alles verspielt, hat er etliche Lästerwort geredet wider den heil. Hieronymus, welches Gott nit wollte ungestraft lassen, massen alsobald etliche Teufel erschienen, und diesen unerzogenen Sohn mit Leib und Seel hinweg geführt. Diese Geschichte beschreibt mein heiliger Vater Augustinus selbst. Das fünfte Gebot, du sollst nit tödten: Wo rühren mehrere Zank und folgsam schädliche Todtschläg her, als von dem Spiel? was taugt besser zum Brennen, als das Papier? Woher kommt eheunter das Feuer ins Dach, und wird der ungezähmte Zorn erweckt, als durch die Karten? Der König Saul legt dem David den Harnisch an, so ihm zwar nit wohl angestanden, wie mancher wird in Harnisch gebracht durch einen König, wann er nemlich einen Cavall hat, der andere aber einen König. Wann es endlich in dem Spiel um und um kommt, so wird auf die letzt Spadi stehen, oder Bastoni den Sieg erhalten. Einer ist gewesen, schreibt Mansius, der dem andern Kammeraden alles im Spielen abgewonnen, wie er sich nach Haus begeben, da haben ihm die gewissenslosen Lottersgesellen aufgepaßt, ihm alles erworbene Geld mit Gewalt genommen, mit einem Dolche ermordet, bis auf das Hemmet ausgezogen, und er also das Leben, das Geld, etwan die Seel durch das Spielen verloren. Das sechste Gebot, du [437] sollest nit Unkeuschheit treiben: In dem Spielen seynd nit allein König, Cavall, Buben, Sau, sondern auch Damen, sonsten pflegt man solche insgemein anderst zu nennen, gewißist es doch, daß man die Venus mit dem Salva venia beim Spielen nit vermäntlen thut, und läßt man dazumal den freien und frechen Worten und Gebärden den völligen Paß, forderist wann Männer und Weiber zugleich spielen, da trägt man mehrmalen eine besondere Diskretion gegen dem langrocketen Geflügelwerk, auch läßt man sich in freiwilligen Verlust ein, dadurch nur des freundlichen Gegentheils Affektion zu gewinnen, und häufen sich dazumalen die bösen Gedanken Büschelweis in dem Herzen des Mitspielenden. Das siebente Gebot, du sollst nit stehlen: Affero und Auffero vergleichen sich nirgends besser, als bei dem Spiel, in die Karten schauen, die Karten merken, die Karten verwechslen, die Karten sehen lassen, wegen der Karten dem Nähesten ein gewisses Zeichen geben etc. seynd lauter kleine Diebsstückl, wodurch Einer und der Andere um das Seinige gebracht wird, denn falsch spielen und stehlen, sehen und seynd einander so ähnlich, wie der Oktober und der Wein-Monat. Wann alles Geld, so bei dem Spiel aufgesetzt wird, könnte reden, und sagen, woher es komme, so würde das Meiste sagen, was Joseph in Egypten, furto sublatus sum etc. Die Kinder stehlen ihren Eltern, die Bedienten ihren Herrn, die Männer ihren Weibern, damit sie nur was zum Spiel haben. Ich hab einen Goldschmied gekennet, der alles das Seinige dergestalten durch das Spielen verschwendet, daß er [438] sogar seinem Weibe alle Pfannen und Häfen aus der Kuchl vertragen, und zu Gelb gemacht, daß sie ihm also des andern Tags hat müssen ein Ayr im Schmalz in einem Schmelztigel machen. Das 8. Gebot, du sollst nit falsche Zeugniß geben: O mein Gott! ich finde kein Ort, wo man öfter falsch schwöret, und auch falsch bezeugt, als bei dem Spielen, wann er auch kein Herz in der Karten, so hat er doch das Herz, falsch zu schwören. Das neunte und zehnte Gebot: Du sollst nit begehren deines Nächsten Haus-Frau, noch sein Gut. Der Spieler hat keinen andern Gedanken, noch Sinn, als dem Nächsten das Seinige abzugewinnen, und wie oft geschieht es, daß durch dergleichen öftere Zusammenkünfte, wiederholte Jausen und Schmausen vielfältige freundliche Ansprachen, auch die Haus-Frau in den Leihkauf kommt, oder wann sie auch, wie es der Zeit höchstens zu bedauren, dem Spielen ergeben, wohl bisweilen ein Spiel-Geld durch ungebührendes La---beth sucht.

Sechster Band

Judas Iscarioth hat nichts verschweigen können
[5] Judas Iscarioth hat nichts verschweigen können.

Wie unser gebenedeiter Heiland auf dem Berge Thabor seine überschwengliche Glorie wollte zeigen und offenbaren, da hat er niemanden andern mit sich genommen, als Petrum, Joannem und Jakobum, die andern Apostel mußten unterdessen unter dem Berge verbleiben, und seiner warten, welches dem Judas schier ein wenig verschmacht, als der sich stolzmüthig eingebildet, er sey der beste aus ihnen, und also soll ohne seiner nichts geschehen etc. Es hat aber derenthalben der göttliche Meister nur diese benannten drei zu solcher herrlichen Aktion gezogen, weil er wollte, daß solches sollte verschwiegen bleiben bis nach seiner glorreichen Urständ. Aus allen aber glaubt er, daß diese drei zum besten konnten das Maul halten. Gewiß ist es, daß der Iscarioth, dafern er wäre gegenwärtig gewesen, solches nicht hätte verschwiegen, sondern es allenthalben in den Gesellschaften und heimlichen Zusammenkünften der Hebräer geplaudert und ausgeschwatzt: auch eben der Ursach halber hat der Herr den Aposteln befohlen, sie sollen ihm einen Ort zu Jerusalem zurichten, allwo er mit ihnen könne das Osterlamm essen; die Behausung aber und den [5] Patron, bei dem er wolle die Einkehr nehmen, hae er nicht entdeckt; denn Judas, so dazu mal gegenwärtig war, solches ohne langen Verschub den Hebräern kundbar gemacht hätte, massen neben allen andern Untugenden und Lastern er nichts verschweigen konnte.

Dädalus, ein Künstler, Klaukus, ein Künstler, Polikletus, ein Künstler, Phydias, ein Künstler, Bonarota, ein Künstler, Xeuxes, ein Künstler, Parrhasius, ein Künstler, Albertus Dürerus, ein Künstler, Joannes Guttenberger, ein Künstler, und unzählbar andere mehr etc. Ist dann das nicht eine Kunst, so mit unsterblichem Lob erfunden hat Joannes Guttenberger ein Deutscher, durch dessen großen Witz die Buchdruckerei ist aufgekommen? Ist das nicht eine Kunst, die Albertus Dürer dazumal erwiesen hat zu Nürnberg, als er mit freier Hand einen Kreis gemacht mit einer Kohle, den man mit einem Zirkel nicht konnte besser verfertigen? Ist das nicht eine Kunst, wie der berühmte Xeuxes gamalen hat eine Weinbeere, daß sogar die Vögel zugeflogen, und darein gebeckt haben? Ist das nicht eine Kunst, wie Parrhasius einen Vorhang gemalen, also natürlich, daß sogar Xeuxes selbst verlangt, man soll den Vorhang hinwegziehen, auf daß er das Kunststück sehen möge? Diese und alle andere sind schöne Künste, herrliche Künste, berühmte Künste, aber Stillschweigen ist eine größere Kunst, als Malen, als Schnitzen, als Drucken, als Stechen, als Hauen, als Gießen, als Schneiden, als Prägen.

Man lehrt zwar den Menschen diese Kunst von der Kindheit an, aber der tausendste fasset sie nicht also, daß er dessenthalben könnte kunstreich genannt [6] werden; dann ein Kind in der Wiege, in diesem wankelmüthigen Bettlein, so es auch erst etliche Tage die Welt angesehen, wird von der Mutter oder Kindsweib, durch das Eja pupeja zum Stillschweigen ermahnt. Die Natur selbst vergönnet dem Menschen ehender das Sehen, das Hören, das Riechen, das Schmecken, das Fühlen, ja sogar das Gehen, als das Reden, zumal das Reden bei den Kindern fast die letzte Wirkung, wodurch wir von der Natur gleichsam zum Stillschweigen veranlaßt werden. Aber gleichwohl, Stillschweigen ist eine rare Kunst. Der Patriarch Abraham bekommt von Gott dem Allmächtigen einen Befehl, er soll ihm seinen einzigen Sohn Isaak auf dem Berg aufopfern; dazumal war Isaak 24 Jahr alt. Abraham ohne weitern Verzug reist bei nächtlicher Weil von seinem Ort Barsabea genannt, hinweg, und eilt den geraden Weg samt dem Sohne und den Dienern nach dem Berg Kalvaria, allwo ihm Gott durch eine feurige Säule hat angedeutet, daß daselbst der Ort sey, wo solches Opfer sollte vollbracht werden. Es hat ja der fromme Patriarch hievon der Sara, als seiner liebsten werthesten Frau Gemahlin alle Nachricht geben, und ihr seine vorhabende Reise und dero Ursach umständlich geoffenbaret? Nein, nein, sie wußte nicht im Geringsten etwas, er sagte ihr gar nichts von solchem hohen Geschäfte; denn er dachte, daß er eine geheime Sache Niemand soll vertrauen noch ausschwätzen. Aber der Sara wohl, dann sie ist dein Weib, mein Abraham, ihr sollst du es ja entdecken? Weib hin, Weib her; Sie ist gar fromm; fromm hin, fromm her. Es [7] wird sie nicht ein wenig verschmachen; verschmach hin, verschmach her. Warum aber dieses Abraham? Sie hätte es nicht können verschweigen, antwortete er, sie hätte das Maul nicht können halten, dann die Weiber verstehen sich nit auf dieOpera Taciti.

O, mein heiliger Patriarch! du hättest ja ihr's scharf können auferlegen, daß sie solches keinem einzigen offenbare, da geredt, laß bei Leib nicht weiter kommen etc. Ja wohl da geredt, die Sara hätte es ihrem liebsten Sohn nicht können verbergen; aber da geredt, mein Kind, hätte sie gesagt; Isaak hätte es vermuthlich einem aus dem Gesinde im vertrautesten geoffenbaret, aber da geredt, mein Kerl, damit es nicht weiter komme, dieser hätte es in der Still einer Dienstmagd, etwa der Kammerjungfrau, die er vor andere gern sieht, diese neue Zeitung beigebracht, aber da geredet, meine Jungfrau, daß es nicht weiter komme; das Mensch hätte nicht können so lange schweigen, als die Glocke am Charfreitag, sondern hätte es allenthalben ausgebreitet, da wäre aus einem da geredt, ein allenthalben geredt, und folgsam unter der Nachbarschaft und Freundschaft das ganze Negotium ruchbar worden, welche dann in allwegen solches Opfer zu hintertreiben, Gelegenheit und Ursache gesucht hätten. Alles dieses Uebel zu vermeiden, wollte es Abraham keinem einzigen Menschen vertrauen, sondern die Sach mit Stillschweigen verhüllen, und dieß ist eine Kunst. Von dem hl. Aldebrando, von dem hl. Guthlara, von dem hl. Assisichen Franzisko, von dem hl. Gandolpho ist bekannt, wie daß sie mit den Schwalben zu gebieten gehabt, ihnen diese Vögel auch [8] den Gehorsam geleistet haben; aber Niemand hat von diesen Hausschwätzern also gelitten, als der Tobias im alten Testament, da er sich einmal vor lauter Mattigkeit in seinem eigenen Haus auf die Bank gelegt, ist ihm aus dem Schwalbennest der warme Koth in die Augen heruntergefallen, wovon er ganz stockblind worden ist. Ein so großes Unglück ist durch die Schwalben, durch diese Hausschwätzer, verursacht worden. Aber es werden noch täglich sehr viel Unheil allerseits in der Welt nicht durch die Hausschwätzer, wohl aber durch die Ausschwätzer zugerichtet und ausgeschmiedet. Samson war allein so stark, daß er mit einem dürren Eselskienbacken tausend Philister erlegt, und diese seine Stärke hatte er von Gott dem Allmächtigen, und nicht wie etliche, so ihre Stärke, jedoch nur auf eine Zeit, vpn dem Teufel zu leihen, nehmen; dergleichen anno 1626 sehr viele Bauern in Oestreich gewesen, deren an der Zahl über sechzigtausend sehr vermessenen Uebermuths, die größte Unruhe in diesem Lande gemacht, Klöster, Städte und Märkte mit ungezähmter Furie eingenommen und geplündert, sich allein verlassend auf ihre Stärke, massen der meiste Theil durch satanische Beihülfe sich also gefroren gemacht, wie man insgemein pflegt zu nennen, daß weder Pistollen- noch Musqueten-Kugeln sind eingegangen, bis man endlich geistliche Mittel erfunden, wodurch des Satans Mittel zu Wasser wurden, und der Bauern ihre Häute aus dem Leim gangen. Samson hatte also weit anders seine Stärke, massen diese von Gott und nicht von dem bösen Feind, der wegen keiner Stärke prahlen kann, weil [9] man ihn mit einem Blaser vertreibt und in die Flucht jagt, so unter andern Ceremonien bei der Taufe eines Kindes gesehen wird. Samson, ein Held, ein Obsieger, ein Schrecken der Philister, ein Kriegsfürst, ein Feldherr, eine Glorie des ganzen Volkes Israel ist worden, was? ein Gefangener. Was mehr? ein blinder Mann. Was mehr? ein elender Tropf. Was mehr? ein Sklav seines Weibes. Was noch? Es wäre das genug, aber dennoch mehr; was denn? ein Narr. Der ist weit gekommen. Vorhero ein Ueberwinder, nachmals ein Blinder. Pfui! Vorhero von Jedermann gelobt, nachmals von Jedermann gefoppt. Pfui! Vor ein Streiter, nachmals wie ein anderer Bärenhäuter. Pfui! Vorher Alles und Alles wegen seiner Haar, nachmals mußte er seyn gar ein Narr; dann nicht anders traktirten ihn die Fürsten der Philistäer. Pfui! und abermal Pfui! Woher denn alles dieses Uebel? Daher: er hat das Maul nicht können halten, er hat das Geheimniß wegen der Stärke seiner et Caetera Dalila entdecket und geoffenbaret, aber da geredt; mein Engel, laß bei dir allein; mein Herz, daß nicht weiter komme; mein Schatz, aber zwischen uns zwei gesagt; mein Leben. O Samson, wie thöricht! Weißt du denn nicht, daß ein Weib leichter trage einen Zentner Blei, als drei Loth Geheimniß? Weißt du denn nicht, daß ein Weib so viel Geheimniß halte, als ein reifloses Faß Wasser? Weißt du denn nicht, daß ein Mühlrad leichter zu arrestiren sey, als eine Weiberzunge? Sobald ein Wort bei einem Weibe zu den Ohren hineingehet, so klopft es alsobald bei der [10] Maulthür an, und verlangt den Durchpaß. Schweigen ist eine Kunst, die findet man bei Weibern sobald nicht. Nemini dixeritis. So sind geheime Sachen auch dem eigenen Weib, auch der Allerliebsten nicht zu vertrauen? Nemini, auch dem Nächstanverwandten nicht? Nemini, auch dem besten Freunde nicht? Nemini, auch dem sonst vertrautesten Bruder nicht? Nemini, dann wie willst du, daß es ein anderer soll bei sich behalten, der du es selbst bei dir nicht behalten kannst? Wie begehrst du, daß ein anderer dir soll treu seyn, da du dir selbst nicht treu bist? Wie glaubst du, daß ein anderer es soll verschweigen, indem du es selbst nicht verschweigen kannst? Nemini. Petrus hat die ganze Nacht gefischt, hat so viele Stunden an einander gefischt, hat oben, hat unten, hat in der Mitte gefischt, hat da gefischt, hat dort gefischt, hat hinum gefischt, hat herum gefischt, hat links gefischt, hat rechts gefischt, hat vor Mitternacht gefischt, hat nach Mitternacht gefischt, aber nichts gefangen, weder große, weder kleine, weder mittelmäßige gefangen, nicht ein Grädlein Fisch. Nihil.

Bei jetziger Zeit ist der Fischfang weit glückseliger, und gehet weit besser von Statten. Wenn ein Herr von dem Rath nach Hause kommt, da fängt die Frau bald an zu fischen, ob er schon kein Fasttag. Kind, sagt sie, wie lange seyd ihr heute nicht gesessen? mit der Meil wird man euch die Hosen mit Blech füttern, damit sie nicht also zerrissen werden; es sind gewiß mehr Hebammen-Chargen vacirend, daß ihr so langsam damit umgehet. Mein Herz, [11] fischt sie weiter, wie bist du so feindselig gegen mich; andere Männer haben ein weit größeres Vertrauen zu ihren Weibern, unser einer weiß weniger, als eine Köstenbraterin auf der Gasse, und bin doch eine Rathsfrau. Sie fischt nicht lang, sie fangt bald, was? Das und das. Bist nicht wunderlich, sagt er, es ist heut im Rath vorgenommen worden, was zu thun, (aber da geredt, als wie in der Beicht) weil ein hl. Mann prophezeit, daß heuer ein solcher grausamer Winter werde seyn, daß auch die Seufzer, so aus dem Herzen steigen, unterwegs werden gefrieren, da geredt, verstehst mich? Es stehet nicht eine Viertelstunde an, da hat man in dem ganzen Markt, welcher Größe und Schönheit halber wenigen Städten weichet, nichts anders geredet, als von Pelzen, dergestalt, daß in einem halben Tag zwei Kirschnern nicht eine Spanne lange Waare ist übrig geblieben; denn sie, diese Rathsfrau, solches ihrer Gevatterin im Geheim vertrauet, diese einer andern, aber Alles im Vertrauen; die dritte konnte auch nicht lang schwanger gehen mit diesem Geheimniß, daß also in einer so kurzen Zeit auf allen Plätzen diese so kühle Prophezeiung vorgenommen worden.

Zu wünschen wäre es, daß ein jeder Raths-Verwandter also beschaffen, und nicht gleich alle Sachen, so im Rath vorkommen, seinem Weib zu Haus thäte auf die Nase binden, sondern ihr vielmehr den Vorwitz mit einem dergleichen Gedicht dämpfte, weil nämlich so manigfaltige Schäden aus solcher Offenbarung entspringen; denn ihnen scheint eine Sache fast unmöglich, forderst wenn's für geheim gesagt[12] wird, zu verschweigen. Man weiß keine Festung, die so seltsam und wunderbarlich ist erobert worden, wie die Stadt unb königl. Residenz-Platz Jericho; denn diese hat der berühmte Kriegsfürst Josue nicht mit Karthaunen, sondern mit Posaunen eingenommen, da er 6 Tage nacheinander auf Befehl Gottes hat lassen alle Tage einmal die Arche des Herrn, oder den hl. Bundeskasten durch die Priester um die Stadt tragen; daneben waren 7 andere Priester, deren jeder eine Posaune geblasen, vor gedachter Arche daher gegangen; anbei aber war das scharfe Verbot, daß diese 6 Tage hindurch kein Mensch soll ein Wort reden, aber den siebenten Tag sollen Alle zusammenschreien. Bei diesem Volk Israel war eine große Menge Weiber und diese sollen 6 ganze Tage stillschweigen? 6 Tage kein Wort reden? Mein lieber Feldherr Josue, das scheint unmöglich, das wird kein Mensch, er sey wer er wolle, zuwegen bringen. 6 Tage? Wann sie 6 Stunden das Maul hielten, so könnte man es für ein Mirakel oder Wunderwerk ausschreien; 6 Tag kein Wort reden? Das ist mit einem Wort bei den Weibern nicht möglich. Es wird vonnöthen seyn, daß man vor ein jedes Maul ein Schloß lege, es werden die Wort gleichwohl auf der Seite in einen Ausfall tentiren. Sylvayra schreibt, daß nach Aussage der Hebräer, Josue habe alle Weiber von der Armee hinweggeschafft, und anbei die Ordre gegeben, daß sie am siebenten Tag sich wiederum sollen einfinden, massen derselbige Tag werde seyn Dies Vociferationis, ein Geschrei- und Jubeltag; denn er glaubte selbst un möglich zu seyn, daß die Weiber so [13] lang sollten schweigen; weil aber der siebente Tag mit allem Fleiß zum Schreien und Jubilierfest gestellt war, also hat er die Weiber dazu berufen, der Meinung, es werde solchen Tag Niemand helfen besser celebriren als die Weiber. Wann dann diesem Geschlecht das Stillschweigen so gar nicht natürlich, wie unbesonnen thun dann alle dieselben, so ihnen einige Geheimnisse vertrauen, wie ungeräumt scheint es, wann die Weiber ehender einen Rathschlag wissen, bevor die Sache werkstellig gemacht. Dahero mehrmalen geschieht, daß durch derlei Offenbarung viel Sachen den Krebs-Gang nehmen, ja von dem Gegentheil öfter hintertrieben werden. Nemini dixeritis. Sie ist aber, sagst du, meine beste vertrauteste Freundin. Das thut Alles nichts, sag ich; denn es kanns die Zeit geben, daß sie deine Feindin wird, sodann wird Alles an den Tag kommen, was du ihr ein und allemal hast anvertraut. Wer hatte den Joseph lieber, als des Putiphars Frau? Der war ihr einziger Augapfel, der war ihr einziger Zweck ihrer Gedanken, der war ihr einziger Aufenthalt ihres Herzens. Ihr Schauen war auf Joseph, ihr Reden war von Joseph, ihre Gedanken waren von Joseph, ihr Träumen war von Joseph. Nachdem sie aber auf ihr vermessenes Begehren eine abschlägige Antwort erhalten, und ihr der Mantel, nicht aber die Unschuld des Josephs in Händen blieben, da ist das schöne Wetter in ein trübes verändert worden, da ist die Ruthe Mosis in eine Schlange verkehrt worden, da ist sie die abgesagteste Feindin worden, und wann sie Mordthaten hätte gewußt von Joseph, so hätte solche Waare müssen auf [14] den Markt. Es geschieht wohl öfter, daß in Geheim anvertraute Sachen, die viel Jahr und Zeit verborgen, verdeckt, vermäntelt, verschwiegen gewesen sind, auf diese Weise entdeckt werden, wovon nachmals der größte Haß, ein unauslöschliches Grollen, eine unersättliche Nachgierigkeit und allerlei erdenkliche Uebel entspringen, dessentwegen entsprungen. Dahero eine große und nutzbare Kunst ist das Stillschweigen.

David ist von dem Schaf-Pelz zu dem königl. Purpur gelangt; das ist viel; hat den Hirtenstab mit dem Scepter vertauscht; das ist viel; hat die Schmerkappe in eine Krone verändert; daß ist viel. Wann einer kommt von den Schafen zu dem Schaffen, und zwar zu schaffen über ein ganzes Königreich, das ist keine geringe Sache; wann einer kommt von den Hütten zu dem Hüten, und zwar hüten Land und Leut, das ist keine schlechte Sache; wann einer kommt vos der Heerde zum Herschen, und zwar über Städte und Provinzen, das ist keine gemeine Sache. Vorher war er arm, und ist nachmals ein Herr einer ganzen Armee; vorher ein Hirt auf dem Feld, nachmalen gar ein Feldherr; vorher ein gemeiner Mensch, nachmalen ein Haupt der ganzen Gemeinde. Es kommt mir schier vor, als wenn ein Chemikus Kupfer in Gold verwandlet, als wann ein gemeines Schaffell zu Pergament wird, worauf päpstliche Bullen und kaiserliche Patente geschrieben werden; es ist schier nicht anders, als wann ein schlechter, tumperer und stinkender Nebel von der Erde aufsteiget, und nachmalen in eine schöne glänzende Wolke verkehrt wird, mit einem Wort: David ist hoch kommen, aber wenig ist [15] abgegangen, gar wenig, daß er nicht Alles wiederum verloren, Kron und Thron, Land und Stand, Leut und Beut, Alles ist auf dem Spitz gestanden. Er hat seine eigene Residenzstadt müssen verlassen, und zu Fuß davonlaufen, das ganze Volk war auf des Absalons, dieses ehrsüchtigen aber nicht ehrlichen Menschen, Seite, als der durch den Fuchsschweif bei einem Haar wäre zum Scepter kommen. Aber aus was Wurzel ein solches übles Kraut? Aus was Brunnen ein solches trübes Wasser? Von was Hammer ist ein solcher großer Jammer geschmiedet worden? Alles dieses Elend, und all dieser Gemein-Aufruhr hat keinen andern Ursprung gehabt, als die Offenbarung geheimer Sachen. Dann wie der David seinem Feldherrn Joab eine Stafette geschickt, worin er ihm in aller Geheim anbefohlen, er solle gewisser Ursachen halber den Uriam an die Spitze der Armee stellen, damit er bald den Rest bekomme, so hat Joab solchen Brief einem seiner vertrautesten gezeigt, doch aber er soll die Sach bei sich behalten; der andere hat wiederum einen guten Freund, doch sub Rosa vertrauet; dieser auf gleichen Schlag mehrmalen einem andern, doch aber, damit es nicht weiter komme. Es ist eine kleine Zeit angestanden, daß solches unter der ganzen Armee ist lautmährig worden, welches dem vermessenen Absalon ein gewünschter Handel gewesen ist; denn er hiedurch dem Volk gezeigt, was sie, für einen saubern König haben, und die Sache so weit gebracht, daß fast Jedermann ihm anhängig geworden, und den David verlassen.

Nemini dixeritis. In einer vornehmen Stadt [16] in Oesterreich ist eines wohlhabenden Handelsmanns Frau mit Tod abgegangen; das Dienstmensch, so eine geraume Zeit im Haus, wußte das schöne Vermögen ihres Herrn, und konnte beinebens leicht erachten, daß er zu einer andern Ehe schreiten werde, zumalen er in den besten Jahren, und der Hauswirthschaft allein vorzustehen nicht mächtig wäre; sie ließ ihr also einfallen, daß es nicht übel stünde, wenn sie auf diesem Markte könnte die beste Waare ertappen. Weil ihr aber die eigene Armuth alle Hoffnung abgeschnitten, also gedachte sie die Sache mit einem Fund und Arglist durchzutreiben, ist demnach da, und vertritt bei nächtlicher Weile die Stelle eines Geistes, macht zuweilen ein Getöse, lasset klägliche und tiefe Seufzer hören, welches dem guten viel frommen Wittwer mehrmalen den Schlaf benommen, und in nicht geringe Furcht und Bestürzung gestellt, so zwar, daß er auch die Sache weiter gebracht, und hierinfalls einen Rath gesucht bei den Geistlichen, welche dann ihn mit allerlei geweihten und heiligen Sachen versehen, auch anbei für gut und rathsam geschlossen, er solle nach verrichteter vollkommener Beicht und Kommunion ohne Scheu und Entrüstung den Geist fragen, wer er seye, was er verlange? welchem allem der gute Mann fleißig nachgekommen, und sobald hierauf bei der Nacht der Geist sich wiederum angemeldet, fragt er, ob zwar nicht ohne Zittern, wie leichtlich zu erkennen, wer er seye? Ach! war die Stimme und Antwort des Geistes, ach! ich bin deine unlängst verstorbene Ehegemahlin. Ob ihr zu helfen, und wie? fragt er weiter. Ach freilich! ich leide in jener Welt [17] unermeßliche Pein und Qual meiner begangenen Sünden halber, und könnte leicht durch die grundlose Gütigkeit Gottes aus diesem so peinlichen Kerker erledigt werden, wenn du in deiner künftigen Heirath nicht würdest ansehen die schnöden Reichthümer und das vergängliche Geld, sondern vielmehr die liebe Tugend, welche vorderst in deinem Dienst-Mensch gefunden wird, denn ihr wohlmeinendes Herz und gutes Gewissen steht bei Gott, dem Allmächtigen, in großem Werthe und Wohlgefallen. Ach! Ach! Hiemit verschwand der Geist. Dem frommen Mann war nichts mehr angelegen als die Erlösung seiner verstorbenen Frau, zumalen sie in großer Liebe und unzertrennter Einigkeit miteinander gehaust, hat sich also des andern, dritten und vierten Tages dahin resolvirt, daß er sein eigenes Mensch freien wollte, ließ sich auch durch keinen andern Widerrath überreden. Die Gewißheit war nun beiderseits, und hatte nun alles nach Wunsch auf Seite des Menschens ausgeschlagen, wann sie nur ihr Maul, so ein übler Gaul, hätte in Zaum gehalten. Diese geheime Sache druckte und ängstigte ihre Brust mehr, als ein starker Steck-Katarrh, es war eine Medizin, die nur über sich treiben wollte, das Herz konnte dieses so gute Bescheid-Essen allein nicht verzehren, sondern lud zu Gaste auch die Zunge ein. Es steht nicht lang an, sie vertrauet diese ihre geheime Arglist ihrer besten Freundin. Diese, obschon sie die Schwester Fidelitas selbst schien, konnte es gleichwohl nicht verschweigen, etwa aus Neid, daß ihre Mitgespannin zu so großem Glücke sollte erhoben werden, bringt die [18] Sache bei mehreren an, daß also die ganze Komödie an den Tag kommen, und sie nicht allein ihre so gewünschte Heirath verloren, sondern auch den Dienst verloren, den guten Namen verloren, Alles verloren. Das einzige Ach! Ach! womit sie ihren guten Herrn wollte übervortheilen, ist ihr für ihr Heirathgut zurückgegeben worden. So ist denn Schweigen eine Kunst, die wir sogar nit können erlernen, absonderlich die Weib er.

Es ist eine gemeine Aussage der Lehrer, daß unser lieber Herr hat wollen, daß seine glorreiche Auferstehung solle allenthalben ausgebreitet werden, und zwar bald und ohne lange Verweilung; dahero er zur Offenbarung dieses großen Geheimnisses keine Männer, sondern Weiber erwählt, benanntlich die h. Frauen, so das Grab besucht; denn er glaubte selbst, daß solche Zeitung nicht könnte ehender unter die Leute kommen, als durch die Weiber. Kaiser Sigismund, um weil seine Frau Gemahlin ein gewisse goldene Münz hat bereiten lassen mit einer ihm mißfälligen Ueberschrift, hat derenthalben ihr einen kleinen Verweis gegeben, welches einen nicht geringen Verschmach verursachet; daher haben andere Meineidige eine Hoffnung geschöpft, diese Kaiserin Maria auf die Seite zu bringen, auch dessenthalben derselben ihr Vorhaben entdeckt, zu dem sie nicht allein ihren Willen ertheilt, sondern noch mit Rath und That an die Hand gegangen, wie dasselbe bei nächtlicher Weise zum allerbequemsten den Kaiser, wenn er bei ihr schlafe, können aufreiben. Die vermessenen Rebellen waren derenthalben guten Muthes und glaubten auch, ihr böses Vorhaben [19] werde zu einem erwünschten Zwecke gelangen. Unterdessen war aber ihr Geheimniß der Kaiserin entdeckt, so gleich generis femini, und hat den ganzen Verlauf dem Kaiser (wie dann dießfalls gar recht geschehen) umständig geoffenbaret. Als nun bei der Nacht die gewissenlosen Gesellen ihr mörderisches Stück wollten vollziehen, da war der Kaiser nicht mehr im Bett, und sie sind bei anbrechendem Tage gleich zur gebührenden Strafe gezogen worden.

Obschon erst erwähnte Kaiserin sehr lobwürdig und gewissenhaft gehandelt in Offenbarung dieser geheimen Nachstellung, so erhellet doch klar, daß derjenige, so eine Sache will im Geheimen halten, er es keinem soll vertrauen; denn sobald ein Ding ihren Zweien bekannt ist, so stehet es schon in Gefahr. Wie der berühmte Kriegs-Fürst die Ausspäher nach Jericho geschickt, da haben sie ihre Einkehr genommen bei der Rahab, so da ein Weib de commune non virginum, so unehrlichen Wandel als sie geführt, hatte sie dennoch ein Mitleiden mit diesen Männern, und wenn sie nicht gewesen wäre, und mit ihrer Weiber-List die guten-Leute verborgen, so wäre es mit ihrem Leben aus gewesen. Wie sie nun durch dero Hülfe aus der Gefahr gestellt worden, und sie zuvor schon mit ihr den Pakt eingegangen, daß sie in Eroberung der Stadt diesem ihrem Hause, und allem, was darin ist, wollen verschonen, so haben sie es mehrmalen wiederholt: Im Fall du uns aber wirst verrathen wollen, und diese Rede unter die Leute bringen, Josue 2., so wollen wir unsern geschwornen Eid und Parola auch nicht halten.

[20] Es haben diese guten Leute sattsam erfahren die Treuherzigkeit der Rahab, die Liebe dieses Weibes, dero große Hülfe und sonderen Beistand in der größten Gefahr, warum fragen sie denn wiederum, ob sie die Sache wolle im Geheimen halten? Abulensis antwortet, daß, unangesehen sie so viel Gutes von ihr empfangen haben, so stunden sie gleichwohl noch an, ob sie es werde verschweigen können. Als wäre es schier unmöglich einem Weib, das Maul zu halten. Sey ihm, wie ihm wolle, besser ist es doch, wenn man ihnen geheime Sachen, an denen viel gelegen ist, nicht anvertraut. Joann. Herold in seinem Sermonario deßgleichen auch Valerius Venet. in seinem Prato Fiorito fol. 321 erzählt, daß in einem gewissen Jungfrau-Kloster einmal die Rede war von der Beicht, was Gestalten dieselbe ein sehr heilig- und heilsames Werk sey, aber beinebens eine Sache, die nicht gar leicht, und absonderlich bei den geistlichen und Gott gewidmeten Jungfrauen, wann sie alle dero Verbrechen und menschliche Schwachheiten einem Beichtvater müssen entdecken, wobei die angeborne und gleich-genaturte Schamhaftigkeit nicht wenig leide. Es wäre ja besser und rathsamer gewest, daß sie untereinander könnten beichten und Beicht hören, damit folgsam dero Mängel den Männern nicht würden offenbar; ja sie glaubten, wenn man die Sache ernstlich bei dem päbstlichen Stuhl solle vorbringen, daß unfehlbar unser heiligster Vater dero gerechte Bitte werde erhören. Die Sache wurde so lange unter ihnen getriffert, bis sie endlich einhellig beschlossen, daß zwei aus ihrem Kapitel sollen durch gesammte Stimm erwählet werden, [21] so da gedachtes Negotium zu Rom inständig sollen treiben; wie dann bald dergleichen zwei, bei denen mehr Verstand und Wohlredenheit gefunden worden, zu dieser Verrichtung erkiesen, welche dann ohne Verweilung ihre Reise nach Rom genommen, daselbst die Sache bei dem h. Stuhl angebracht, auch sogar Ihre päbstliche Heiligkeit das Negotium mündlich vorgetragen, woraus der Pabst leicht trachtete, daß solches eine Versuchung des Satans seye, und diesem Geschlecht angewachsener Vorwitz, gibt ihnen doch eine gnädigste Antwort und anbei eine versperrte und verschlossene Schachtel, mit dem Verbot, sie sollen diese bei Leibe nicht öffnen, sondern Frühe Morgens ihm wiederum versperrt überantworten; alsdann seye er willig und urbietig dero Begehren zu befördern. Die zwei frommen Schwestern nehmen nicht ohne sondern Trost ihren Weg nach Hause, wo sie seither logirten; aber es war dieß ein beiderseitiges Fragen und Fragen, Forschen und Fischen, was doch möge in der Schachtel seyn? Die Eine sagt, machen wir sie auf und lassen uns sehen, was doch darin ist, keine gemeine Sache kann's nicht seyn. Ach nein, wiedersetzt die Andere, läppische Schwester, die Sache lasse sich nicht thun, weil es uns der Pabst selbst verboten. Der Vorwitz treibt sie alle beide also lang, also stark, daß sie endlich die Schachtel eröffneten, und ein kleines Vögerl, so darin verschlossen war, augenblicklich ausgeflogen, worüber sie nicht ein wenig bestürzt wurden; mußten demnach Noth halber den andern Tag bei Ihro Heiligkeit die Schuld bekennen, welcher ihnen dann ihre Schwachheit und weiblichen Vorwitz genugsam unter die Augen stellte, [22] anbei ihr unbedachtes Begehren verlachte, wie daß sie nicht fähig seyen, Beicht zu hören, massen sie nichts könnten verschweigen, wenn eine der andern sollte beichten; nachmalen aber eine Uneinigkeit zwischen ihnen entstünde, da müßten alle Geheimnisse heraus, daß es nicht allein das ganze Kloster wußte, sondern auch durch die ganze Stadt lautmährig wurde. Mit solchem Bescheid wurden die guten Schestern abgewiesen, den sie auch ins Kloster zurück gebracht, die Eröffnung aber der Schachtel eine Zeitlang verschweigen, endlich doch auch solche zu ihrer eigenen Schande entdecket.

Nemini dixeritis. Es gibt aber ebenfalls auch viel Männer, die nichts verschweigen können. Consilium, hat sonsten den Namen von sileo oder Stillschweigen; aber leider werden nicht wenig Consiliarii angetroffen, welche zum größten Nachtheil und Schaden eines ganzen Königreichs, Landes und Provinzen, einer ganzen Gemeine oft die geheimen Sachen entdecken. Wie viel Unheil wäre etliche Jahre nach einander vermeidet worden, was glückliche Progressen in dem Krieg würden dieser Zeit bei uns gewesen seyn, wenn nicht dergleichen meineidige Zungen und Federn dem Feinde alle unsere Vorhaben und Anschläge entdeckt hätten. Es ist nicht allein schuldig der Beicht-Vater zu verschweigen alle ihm anvertraute Sünden; und kann sogar der römische Pabst, auch die katholische Kirche dießfalls nicht dispensiren, ja er ist schuldig ehender tausend und tausend bitterste Marter und Tod auszustehen, als nur das allerwenigste zu offenbaren. Dahero gar heilig gethan Johannes Nepomuk [23] zu Prag in Böhmen, welcher auf alle Weise von dem böhmischen Könige Wenzeslaus angestrenget wurde, daß er doch möchte offenbaren, was die Königin, dero Beichtvater er gewesen, ihm gebeichtet: indem er aber solches in allweg geweigert, ist er durch des gottlosen Königs Befehl umgebracht und in den Fluß Moldau gestürzt worden, welcher aber durch göttlichen Willen alsobald, wo der heil. Mann hineingefallen, ausgetrocknet und jedermann einen freien Zugang vergönnet, damit der heil. Leib nach Würde möchte begraben werden.

Nicht allein, sage ich, ist ein Beichtvater verpflichtet, in allen ihm entdeckten Dingen zu schweigen, sondern auch ein jeder Rath, und versündigt sich ein solcher schwer, wenn er eine und andere Sache, so im Rath abgehandelt worden, jemand ausser desselben offenbaret; ja aller Haß, Neid, Zorn, Grollen, Schaden und andere Uebel, so hieraus entspringen, werden einer solchen Schwätz-Zunge zugemessen, und muß ein solcher dem gerechten göttlichen Richter zu seiner Zeit genaueste Rechenschaft geben. Alle Sekretäre sind unter großer Sünde schuldig, die im Geheimen geschlossenen Dinge bester Massen zu verhüllen, und keinem hievon etwas zu sagen, wann sie sehen, daß durch dergleichen Offenbarung einem oder dem andern Theil einiger Schaden sollte zuwachsen. Nomine dixeritis. Schweigen ist eine Kunst, aber diese verdirbt gar oft der Wein. Das Wort Wein fängt mit dem Buchstaben W an, und ist nur gar zu wahr, daß das meiste Wehe von dem Wein entspringt, wann selber unmäßig gebraucht wird. Wie [24] der gute und gerechte Altvater Noe zu tief in den Krug geschaut und sich überweint, da ist er spöttlicher Weise von seinem vermessenen Sohn entblößt, und also was die ehrbare Natur selbsten zu verhüllen verlangt, schändlich entdecket worden. Es geschieht wohl öfter, daß der Wein schon lang verborgene Sachen entblößt. Wann die Muscheln und Austern eine Hitze vermerken, so sperren sie gleich das Maul auf. Wenn der Mensch von dem übrigen Weintrinken erhitzt wird, da stehet Herz und Mund offen. Wann der Wein in dem Faß anfängt zu arbeiten und zu gärren, da muß alles, was auch zu unterst am Boden, zum Spuntloch hinaus. Wenn der Wein anfängt in dem Menschen zu wirken, da treibt er alle Secreta und geheime Sachen zum Maul hinaus. Wenn das Mühlrad nicht naß hat, so stehet es still, wenn's aber stark drauf rinnt, so fangt's an zu gehen, und macht ein großes Klappern. So lang der Mensch nüchtern ist, so rührt sich die Zunge wenig, wenn man aber wacker Wein drauf gießt, so steht sie nicht still, und schweigt nicht still, klappert so lange, bis alle Geheimnisse heraus gebeutelt sind; daher keine bessere Folter als der Wein, wodurch die Leute ohne sondere Mühe zu jedem Bekenntniß gebracht werden. Es kratzt wohl öfter frühe Morgens einer hinter den Ohren, weil er des Tages zuvor beim Gläsl Wein zu viel geredt hat.

Vor diesem im alten Testament mußte auf Befehl Gottes Arca, die Arche des Bundes mit sehr viel Vorhängen im Tabernackel verdeckt seyn, damit sie nicht ein jeder könnte sehen. Bei den Zelten sollten [25] von Rechtswegen Arcana wie Arca auch bedeckt und verhüllt seyn; aber der Wein ist so vermessen und unverschämt, daß er auch hundert Vorhänge thut hinweg reissen. Samson hat in der Stadt Gaza die Pforten hinweg tragen, daß also die Stadt offen gestanden. Der Wein ist nicht um ein Haar schwächer, denn er nimmt nur gar zu oft die Thür vom Herzen und Maul hin weg, und beide stehen nicht ohne großen Schaden offen. Schweigen ist eine Kunst, und diese sollen forderist auch lernen die Religiosen und Ordens-Personen. Ein Kloster soll beschaffen seyn wie ein Bienenkorb, worin diese kleinen Honig-Vögerl immerzu in der Arbeit begriffen sind, und eine solche schöne Ordnung in ihrer Regierung haben, daß auch die beste Republik von ihnen noch könnte lernen. Ihrem König erweisen sie den größten Respekt, dergestalt, daß sie auch denselben, wenn er wegen langen Fliegens müde wird, gar auf ihrem Rücken tragen. Sie bauem ihm in Mitte des Korbes eine besonders schöne Residenz, welche an Größe und Zierde die Wohnungen der andern weit übertrifft; er hat stets etliche um sich, welche als eine wachsame Leibgarde seine Hohheit begleiten, und vor allem Uebel defendiren; ohne seine Erlaubniß darf keine extra Clausuram sich wagen, die meiste Zeit visitirt er die Zellen der andern, und gibt genau Achtung, damit sich keine dem Müßigang ergibt; findet sich jedoch eine unter seinen Unterthanen, welche die Arbeit flieht, oder selbe wenigstens saumselig verrichtet, so wird sie ohne Verweilung zur Strafe gezogen. Ihre Todten tragen sie in schönster Ordnung aus deren Wohnung, und begleiten dieselben mit einem Trauer [26] und Klaglied, so da besteht in einem Sumsen und Murren. Alle Bienen haben nach Aussage auch der heil. Lehrer, eine ewige Jungfrauschaft, massen unter ihnen weder Männl noch Weibl, wüßten auch von Natur um keine Vermischung, sondern ihre Jungen erzeugen sie ohne einige Befleckung, in Summa die göttliche Weisheit und Allmacht läßt sich fast in den größten Thieren nicht also sehen, wie in diesen winzigen kleinen Thieren. Absonderlich haben sie eine lobwürdige Manier und Gewohnheit unter ihnen, daß sie ihr Thun und Lassen Niemanden sehen lassen. Es hat sogar einer aus Vorwitz, dero Wandel zu sehen, lassen einen gläsernen Bienenkorb verfertigen, welchen aber die bescheidenen Thierlein inwendig mit Wachs überzogen, und also hier in diesem Fall ihm eine wächserne Nase gedrehet. Es wollen also diese auf keine Weise, daß andere sollen wissen, wie und was Gestalten es bei ihnen hergehe. Auf gleiche Weise soll ein jedes wohlgeordnetes Kloster und Konvent beschaffen seyn, und auch dero Thun und Lassen fein zwischen den vier Mauern verbleiben, und forderst die Mängel, deren zuweilen auch in Klöstern kein Abgang, sollen auf keine Weise unter Weltliche gebracht werden, massen hiedurch große Aergerniß entstehen, und ein Orden und Religion nicht ein wenig verschwärzt wird, wann dergleichen Klosterfehler unter die Weltlichen getragen werden. Es wäre zu wünschen, daß alle Religiosen eine Natur und Tugend hätten wie der heil. Aegidius, so sich öfter gewunschen, daß er einen so langen Hals hätte wie ein Kranich, damit ihm nur die Wort nicht so bald möchten ausbrechen. [27] Gut wäre es, wann die Religiosen und Ordensleute mit dem Moses könnten sagen: tardioris linguae ego sum. Schön wäre es, wenn eine jede Klosterperson könnte sagen, was einmal gesagt hat Euripides, als man ihn befragt, warum er so stark aus dem Munde schmecke? gab er zur Antwort: »weil viel Geheimniß in seinem Maul verfaulet.« Schweigen ist eine Kunst, und diese sollen nach Möglichkeit lernen die Dienstboten, welche nicht alles sollen aus dem Haus tragen, was sie sehen und hören, sondern vielmehr die Mängel des Hauses zu vertuschen. An einem Samstag hat unser lieber Herr einen stockblinden Menschen angetroffen, und hatte dieser elende Tropf den Zustand von Mutterleib; wie solches die Apostel gesehen, fragen sie gleich den Heiland, Rabbi, sprachen sie, wer hat gesündiget? dieser oder seine Eltern? daß er blind geboren? die guten Jünger haben verhofft, der Herr werde alles heraussagen, und offenbar machen den ganzen Wandel, den des Blinden Eltern geführt. Sie haben glaubt, er werde sagen, wie daß die Eltern dieses Menschen sehr lasterhaft gelebt, der Vater seye ein lauter Partitimacher, die Mutter eine lautere Kupplerin, der Vater seye zwar kein Fuhrmann, aber er könne gleichwohl jedermann hinter das Licht führen; die Mutter seye zwar keine Tischlerin, aber sie wisse gleichwohl den Nächsten aufs ärgste zu verläumden; der Vater seye zwar kein Soldat, aber mit Krüg gehe er allezeit um; die Mutter seye zwar keine gute Wirthin, aber sie wisse doch stattlich die Leut durch die Hechel zu ziehen; der Vater habe einen guten Stilum in anderer Leut Beutel, [28] die Mutter habe gar gute Inventiones auf ungekehrten Bänken; in Summa, der Vater seye nit weit her, und die Mutter habe nit weit heim; darum seynd sie mit einem stockblinden Kind gestraft worden.

Dergleichen Antwort hofften die Apostel auf ihre Fragen, aber der Herr hatte es nit im Brauch anderer Leut Mängel offenbar zu machen, und selbe in ein böses Geschrei zu bringen, gab demnach die Neque hic etc. Weder er der Blinde, weder seine Eltern haben gesündiget, sondern damit hiedurch durch die Werk Gottes offenbar wurden Joan. K. 9.

Deßgleichen hat er auch gethan, wie er mit der Samaritanin bei dem Brunnen geredt hat, und ihren lasterhaften Wandel unter die Augen stellt, da wollt er nit, daß die Apostel davon etwas wissen sollten; dahero dieselbigen in die Stadt geschickt, mit dem Vorwand, daß sie um etliche Lebensmittel sollen umsehen; unterdessen hat er ihr einen Beichtspiegel abgeben, die Wahrheit gesagt wegen des geführten schlimmen Wandels.

Was müssen ander Leut wissen, gedacht er, wie dieses Weib beschaffen. Joan. 4. Also sollen absonderlich beschaffen seyn die Dienstboten, welche niemalen sollen die Mängel und Unvollkommenheiten, so sie in dem Haus sehen, allenthalben kundbar machen, und folgsam ihre Herrschaft in ein übles Geschrei bringen, sondern vielmehr aus christlicher Liebe die Schwachheit des Nächsten, nach Möglichkeit verdecken; dann dergleichen Schwätz-Zungen, so alles aus dem Haus tragen, und nichts können verschweigen, mehrmalen eine Ursach seyn großer Uneinigkeiten.

Judas, der verzweifelte Verräther, hat eine schlechte Begräbniß
[29] Judas, der verzweifelte Verräther und Henker seiner eigenen Person, hat eine schlechte Begräbniß.

Nachdem dieser verruchte Iscarioth das zeitliche Leben durch den Strang geendet, und nachgehends einen Anfang gemacht dem ewigen unglückseligen, so niemals ein Ende nimmt, bald hierauf ist der verdammte Körper, als er vorhero schon das gräusliche Eingeweide den Raben zu einem Konfekt gespendet, auch von dem Baume, woran er sich gehänget, herunter gefallen, aber von keinem, auch seinen vertrautesten Freunden, die letzte Ehre, wie man pflegt zu sagen, gehabt, der ihn nur zur Erde hätte bestattet, oder wenigstens in eine Grube geworfen, welches doch zuweilen einem verreckten Vieh zu Theil wird.Papias Ecumenius und Historia ecclesiastica melden, daß von diesem iscariothischen Aas ein solcher Gestank sey gegangen, daß kein Mensch daselbst konnte gehen, viel weniger wohnen; ja das vernunftlose Vieh hab in selbiger Gegend sich geweigert, die Waide zu nehmen. Gleichwie nun der allmächtige Gott die Gräber seiner Heiligen meistens gar glorreich und herrlich macht, also pflegt er hingegen auch die Gräber der gottlosen und verdammten Menschen sehr verächtlich zu machen.

Ei so friß! Ei so friß! Zur Zeit des heiligen Macarii ist einer gewesen, dem alle Tage ein Faß Wein und so viel Brod, als man aus drei Metzen Mehl kann backen, nicht recht gekleckt hat. Zu Zeiten des seligen Macedonii ist ein Weib gewesen, sonst [30] aus Syria gebürtig, welche alle Tage 30 Hennen verzehrt. Der heilige Guilelmus aus meinem heiligen Orden, bevor er durch den hl. Bernardum ist bekehrt worden, hat auf einmal allezeit mehr Speis und Trank zu sich genommen, als sonst acht starke Kerl damit konnten gesättiget werden. Ei so friß! Aber alle diese Fraß übertrifft die Zeit; diese verzehrt Stein und Bein, verzehrt Leut und Beut, verzehrt Plätz und Schätz, verzehrt Felder und Wälder, verzehrt Bücher und Tücher, verzehrt Lanzen und Schanzen, verzehrt Scheuern und Gemäuern, verzehrt Speisen und Eisen, verzehrt Kron und Thron, verzehrt Alles. Wie viel herrliche, mächtige, große, reiche, weite, starke, schöne, volkreiche Städte sind gestanden und stehen nimmermehr. Wie viel stattliche, künstliche, köstliche, theuere, treffliche, prächtige Palläste und Schlösser sind gestanden und stehen nimmermehr. Wie viel berühmte, wie viel ansehnliche, wie viel kostbare, wie viel wunderschöne Tempel und Kirchen sind gestanden und stehen nimmermehr; sondern anstatt der starken Mauern wachsen Maurachen; anstatt der Palläste sieht man etwan einen Morast; anstatt der schönen Gasse eine öde Straße; anstatt der Gebäu eine Einsiedelei. Alles dieses hat die Zeit verzehrt und aufgefressen, dennoch unter so vielen blutigen Kriegen und so grausamen Verheerungen, unter so vieler Verfolgung ist von der Zeit nicht verzehrt worden, ist übriggeblieben nicht ohne großes Mirakel, das aufgemauerte Grab Christi des Herrn. Wenn solches heilige Grab stünde in Mitte der Christen, so wäre das Wunder nicht so groß; weil es aber in der Gewalt [31] des christlichen Erzfeindes, in den Händen der Heiden, so überall suchen und versuchen Christi Namen, Ehr, und Lehr und Gedächtniß auszutilgen. Dieses ist unter andern Wunderwerken, welche der allmächtige Gott vom Anbeginn der Welt bis auf diese Zeit gewirkt, nicht das geringste, daß sein heil. Grab in Mitte seiner Feinde unverletzt blieb.

Wo ist eine Zunge, die aussprechen kann, wo ist eine Feder, die beschreiben kann, wo ist ein Gedächtniß, das merken kann alle Wunder und Wunderwerk, so schon über 1600 Jahre gewirkt wurden bei dem hl. Grab Christi des Heilandes? Die Erde um das Grab Christi, der Schatten um das Grab Christi, die Luft um das Grab Christi, der Staub um das Grab Christi, die Gegend um das Grab Christi haben bisher Wunderwerk sehen lassen, was ist dann erst zu hoffen von dem hl. Grab selbsten? Unangesehen, daß es in den Händen unserer Feinde ist, gibt es doch kein Königreich, kein Land, keine Provinz her Welt, woraus nicht einige, Andacht halber, reisen zu dem hl. Grab des Herrn. Nazareth, o wie heilig! Bethlehem, o wie heilig! Jerusalem, o wie heilig! Der Oelberg, o wie heilig! Der Garten Gethsemani, o wie heilig! Thabor, o wie heilig! Kalvariberg, o wie heilig! Aber alle diese heiligen Orte übertrifft das Grab Christi nach Aussag des hl. Bernardus.

Baronius schreibt, daß anno 313 eine vornehme Dame mit Namen Kosmiana habe einmal an einem Sonntag bei nächtlicher Weile wollen das hl. Grab besuchen und verehren; es sey ihr aber der Eingang[32] von der Mutter Gottes so ihr sichtbarlich erschienen, verboten worden, weil diese edle Frau eine Ketzerin war. Also gezieme sich nicht, daß eine solche Person soll einen so heiligen Ort betreten.

Desgleichen setzt erstgemeldeter Autor bei, daß ein Fürst in Palästina habe ebenfalls in das h. Grab hineingehen wollen, sey aber mehrmalen von einem großen Widder abgetrieben worden, welcher mit seinen Hörnern dem Fürsten die größte Gewalt angethan, bis endlich dieser in sich gegangen, seine Fehler erkannt, den wahren katholischen Glauben angenommen und seine Sünden bereuet hat. Mein heil. Vater Augustinus betrachtet einerseits die Herrlichkeit des jungfräulichen Leibes Mariä, anderseits erwägt er die Glorie des Grabes Christi, und weiß schier selbst nicht, wem er aus beiden den Vorzug solle geben. Endlich bittet er die Mutter Gottes demüthig um Vergebung, weil er dießfalls den Ausspruch thue auf Seite des Grabes. Gebenedeiet und herrlich, herrlich und gebenedeiet, spricht er, ist der Leib Mariä, weil in demselben gelegen ist der wahre Heiland Jesus; so ist aber eben dieser Welt-Erlöser gelegen in dem Grab; aber aus diesem ist er unsterblich hervorgegangen, aus dem jungfräulichen Leibe aber sterblich. Wie er kam aus dem Leib Mariä, da hat er gleich andern geweint; wie er kommen aus dem Grab hervor, da hat er gelacht und wegen seiner Urständ die ganze Welt erfreut. Demnach ist eines Theils das Grab Christi herrlicher als der jungfräuliche Leib Mariä. –

Rubertus Tuiteni l. 8. de offic. Divi. bemerkt, daß in der großen Stadt Leyden in dem [33] Kloster St. Laurentius daselbst am heil. Samstag in der Charwoche sich dieses Wunder habe zugetragen. Als dazumal die Religiosen bei dem heil. Grab die Antiphonam gesungen. Mulieres sedentes ad monumentum, und etwa ein Religios ein wenig gezweifelt an der glorreichen Urständ Christi aus seinem Grab, da sehe ihm, gedachtem Religios, augenblicklich die Gürtel vom Leibe auf die Erde gesprungen, und wie er sich mit solcher wiederum wollte umgürten, da findet er, daß der Knopf nicht aufgegangen, hörte anbei die Worte:


Sic potuit clauso Christus prodire sepulchro.


Der hl. Evangelist Joannes beschreibt es umständlich, wie daß Magdalena samt andern gottseligen Frauenzimmern sey in aller Frühe zu dem Grab des Herrn kommen, cum adhunc tenebrae essent, da es noch dunkel war, und dennoch sahen sie, daß der Stein vom Grabe hinweggewälzt war; ja sogar sahe man die leinenen Tücher liegen; sie sahen die zwei Engel bei dem Grabe; außerhalb des Grabes war es noch ganz dunkel, und folgsam im Grab, da war es stockfinster. Sie hatten aber weder Lichter noch Fackeln, wie kann es denn seyn, daß sie Alles so genau gesehen? Der hl. Gregor Nüssen löset den Knopf dieses Zweifels auf, und sagt, daß es zwar noch ganz stockfinster gewesen, aber das heilige Grab seye inwendig voller Lichter gewesen, also zwar, daß die Steine und Marmel wie die schönste Morgenröthe geschienen, und hätte dazumal der Diamant müssen mit allem seinem Licht zurück stehen.

So ist denn glorios und herrlich gewesen, und [34] ist noch und wird bleiben das Grab Christi, daher höchst lobwürdig die Andacht der eifrigen Christen, welche mit besonderer Inbrunst die hl. Gräber besuchen. Solche Andacht geschieht forderst mit allgemeiner Auferbaulichkeit bei dem allerdurchlauchtigsten Haus von Oesterreich, bei diesem annoch glücklich regierenden römischen Kaiser, welcher alle Jahr einen halben Tag zu Fuß in Besehung der Gräber zubringt; auch hat dießfalls die Hauptstadt Wien den Preis, ja bei der ganzen Welt den Vorzug, massen alle Jahr viele tausend Gulden Unkosten aufgehen allein in Aufrichtung und Erbauung der wunderschönen Gräber in unterschiedlichen Kirchen, welche Andacht neben andern auch dem Allerhöchsten so wohlgefällig ist, daß er vermuthlich in Ansehung dessen die Stadt Wien mehrmalen aus den größten Gefahren errettet hat, ja immerfort derselben noch mehr aufhilft, daß sie also der herrlichen Gebäude halber keiner Stadt der Welt viel nachgibt. Glorreich ist auch das Grab der übergebenedeiten Mutter Gottes Maria, welches bis auf den heutigen Tag nicht allein von den Christen, sondern auch sogar von den Türken selbst und unter gläubigen Saracenern in größten Ehren gehalten wird, von der Zeit an da diese Himmels-Königinn in Begleitung aller Apostel, so dazumal durch besondere Allmacht Gottes auf eine Stunde von allen Orten der Welt dahin versammelt wurden, außer des Thomas, zu Grabe getragen wurden, worin sie eine kleine Zeit verblieben, und bald mit Leib und Seele ganz glorreich in Himmel gefahren ist. Von dieser Zeit an hat man die Mirakel und Wunderwerke bei dero Grab nie vergraben können; [35] ja es hat sich sogar dieses Wunder ereignet, da diese übergebenedeite Jungfrau auf den Schultern der Apostel mit völliger Musik der Engel zu Grabe getragen wurde, daß ein vermessener Jude sich unterfangen, die Todtenbahre von den Schultern auf die Erde zu werfen, worauf er alsobald wegen seiner begangenen Freiheit gestraft wurde, massen die Hand von dem Arme gewichen und an der Bahre hangen geblieben, bis er endlich solchen Muthwillen bereuet, Vergebung seiner Mißhandlung von der Mutter Gottes gebeten, und wiederum die Hand erhalten. Von dieser Zeit macht der allmächtige Gott noch das Grab seiner heiligsten Gebärerin berühmt mit unzählbaren Mirakeln und Wunderwerken.

Eine aus den vornehmsten Wallfahrten der Christenheit ist zu Valentin in Spanien, insgemein de Puche genannt, allwo ein wunderthätiges Maria-Bild von Stein verehret wird, und schon zu Zeiten der Apostel dahin gebracht worden. Dieses heilige Bildnuß haben die Engel selbst verfertigt aus dem Stein, so auf dem Grab der Mutter Gottes gelegen, wovon bei Franzisco Poilo neben unzählbaren vielen Mirakuln ein mehreres zu lesen.


Sepulchrum Pulchrum.


Ein Nußbaum wird von Jedermann mit Prügeln gegrüßt, desgleichen Petrus; eine Weintraube muß grausam leiden unter der Presse, desgleichen Paulus; ein Getreid wird erbärmlich gedroschen, desgleichen Petrus; ein Flachs wird oft durch die Hechel gezogen, desgleichen Paulus; ein Faß wird allerseits gebunden, desgleichen Petrus; eine Trommel wird meistens [36] geschlagen, desgleichen Paulus; ein Pfeffer wird aller zerstoßen, desgleichen Petrus; eine Erde wird mit Füßen getreten, desgleichen Paulus; ein Strauß muß harte Brocken schlicken, desgleichen Petrus; ein Ball wird hin und her geschlagen, desgleichen Paulus. Petrus und Paulus sind um Christi willen auf der Welt verhöhnt, verspottet, verachtet, verlacht, verfolgt, vertrieben, verklagt, verwundet und ermordet worden. Aber was nach dem Tod? Da hat sich das Blättl umgewendet, das Wetter verändert, das Concept umkehrt, die man vorhero mit Füßen getreten, vor diesen beugt man jetzt die Knie; die man vorher in eiserne Ketten und Bande geschlagen, diesen opfert man jetzt Silber und Gold; die man vorher in finstere Kerker geworfen, baut man jetzt Kirchen und Tempel auf; die man vorher aus der Stadt verwiesen, diesen thut man jetzt stattliche Ehre beweisen; die man vorher verlacht hat, jetzt weint man vor dero Bildniß; die man vorher für Lappen gehalten, brennt man jetzt ihnen zu Ehren Lampen; denen man vorhero das Leben genommen, verehrt man jetzt dero Gräber; über die vorher die Tyrannen verbeint gewesen, ehrt man jetzt dero Beiner. Mausoli Grab ist schabab, Alexandri Grab ist schabab, Agamemnons Grab ist schabab, Pompeji Grab ist schabab, Augusti Grab ist schabab, Nuro's Grab ist schabab, Trajans Grab ist schabab, aber das Grab Petri, das Grab Pauli gilt zu Rom mehr, als alles Gold, was man aus der Erde graben kann; das Grab Petri, das Grab Pauli ist zu Rom heilsamer, als alle Wurzeln die man aus der Erde graben thut; das Grab Petri, das Grab [37] Pauli ist zu Rom in solchem Werthe, daß man dero Abbildung in Silber, in Gold, in Kupfer, in Erz graben thut.


Sepulchrum Pulchrum.


Sollte Jemand ein Chartel haben, größer denn eine Ochsen-Haut, eine Feder, wohlberedter als die Zunge des Demosthenes, ein Alphabet, künstlicher als jenes, dessen sich der bedienet, welcher die ganze Passion auf einen Reichsthaler geschrieben, so erkleckete dennoch dieses Alles nicht, zu verfassen jene Grabschrift, welche von der ganzen Welt verdienet hat der große Blutzeuge und Jünger Christi Bartholomäus, welcher ihm gleichsam mit seiner Hand und Handschrift seines heiligen Lebens und Marter ein unauslöschliches Lob verdienet hat, auch in der gesamten Christenheit billigst sollte roth geschrieben seyen, da der allmächtige Gott selbst sein Grab annoch auf der Welt herrlich gemacht hat, beforderst dann in Asien, allwo besagter heiliger Apostel Bartholomäus die Marter- Krone erhalten. Da die Christen wegen neu entstandener Verfolgung ihre Zuflucht zu seinem Grabe genommen, welches den unglaubigen Heiden also schimpflich vorgekommen, so haben sie den heil. Leib ausgegraben, denselben in einen bleiernen Sarg gelegt, und ins tiefe Meer versenkt, mit dem höhnischen Vorwurf, daß er nunmehr ihr Volk nicht könne verführen. Aber Gott, der auch zu Elisei Zeiten hat gemacht das Eisen schwimmen, hat ebenfalls wollen, daß auch der bleierne Sarg wie ein Schifflein auf dem Meere dahin geschwommen, und endlich an der Insel, Lipparis mit Namen, angelandet, allwo die Einwohner ihn mit höchsten Freuden [38] empfangen, mit unbeschreiblicher Pracht begraben, auch über das Grab einen sehr herrlichen Tempel gebaut haben, woselbst stete Wunderwerke gesehen worden.


Sepulchrum pulchrum.


Dismas, ein Hauptbösewicht und langwieriger Mörder und Räuber hat endlich auch den Himmel geraubt, nachdem er als ein henkermäßiger Gesell an den Galgen des Kreuzes gekommen; aber wie hat er die Sache angegriffen? Die Füße hat er nicht brauchen können, damit er hätte können Wallfahrten gehen; die Hände, so ihm gebunden gewesen, hat er nicht können brauchen, um damit in einem Spital den armen Leuten zu dienen, oder sonst mit denselben häufiges Almosen auszutheilen; seine Lenden hat er nicht können auf eine bußfertige Art mit rauhen Cilicien umgürten. Was Vortheil hat er dann erfunden? Er hat das Kreuz zu einer Kanzel gemacht, er hat einen Prediger abgegeben, er hat seine Mitkameraden angefangen eifrig zu ermahnen, daß sie von ihren Gotteslästereien sollen abstehen und glauben an Jesum Christum, der unschuldiger Weise zwischen beiden hängte. Dieses Werk hat dem Herrn und Heiland also wohlgefallen, daß er ihn derenthalben lebendig canoniciret. Also lehret der hl. Chrysostomus. Hat nun der süßeste Jesus diesem öffentlichen Mörder solches gute Werk also vergolten, indem er doch mit seiner Ermahnung nichts gefruchtet, wie wird dann erst der gütigste Heiland belohnt haben jene Heiligen, welche mit ihrer Lehre und eifrigen Ermahnung so viele zu dem wahren Gott gebracht haben? Unter diese sind forderist zu zählen der hl. [39] Martyrer und Blutzeuge Sebastianus, welcher von freien Stücken, ohne Furcht vor dem tyranischen Kaiser, die Christen, so bereits wegen unmenschlicher Peinigung zu wanken anfingen, zu frommer Beständigkeit ermahnt und angefrischt, also zwar, daß sie mit freudigem Gemüthe und lachendem Munde, mit Lauten und lautern Freuden und Jubelschall zum Tode gingen. Belohnt hat ihn derenthalben der allergütigste Gott nicht allein mit einer ewigen Krone, sondern auch auf der Welt mit einem überreichen Grabe.

In actis S.S. wird geschrieben, daß ein Priester aus Aquitanien sey nach Rom gereist, allwo er, vermöge seines Eifers, alle heiligen Orte daselbst besucht, unter andern eine absonderliche Andacht verricht bei dem Grab des hl. Sebastiani, daselbst auch ein wenig Erde und Staub von dem Grab mit sich nach Hause getragen; unterwegs aber hat es sich zugetragen, daß er Mattigkeit halber unter einem Baum sich niedergelegt, zuvor aber in einem kleinen Binkerl die besagte Erde auf dem Unterast gehängt hat. Nachdem er nun eine gute Zeit im sanften Schlafe zugebracht, wollte er seinen vermeinten Schatz wiederum von dem Aste herunter nehmen. Es zeigte sich aber der grüne Ast dermassen halsstarrig, daß, so oft er nach den Reliquien langte, der Ast allemal von ihm gewichen, deßgleichen auch seinen Kameraden widerfahren, so alle umsonst und vergebens nach dem Ast griffen. Solches Wunder wird alsobald lautmährig, daß folgsam die ganze Nachbarschaft zusammen gelaufen, und keiner aus ihnen konnte den Ast, an dem [40] die Heiligthümer hiengen, auf alle angewandte Weise ertappen, wodurch die frommen Leute veranlaßt worden, daß sie allda eine schöne Kirche dem hl. Sebastiano zu Ehren aufgebaut, allwo noch bis auf heutigen Tag sehr große Wunderwerk geschehen.


Sepulchrum Pulchrum.


Der große Mann Gottes Elias ist mit Roß und Wagen in den Himmel gefahren, welches noch keinem einzigen Heiligen wiederfahren; dem auf freiem Felde ein feuriger Wagen samt feurigen Pferden erschienen, auf welchen er sich gesetzt und folgsam durch einen Sturm (merks wohl per turbinem in coelum) durch einen Sturm in den Himmel gefahren. Dieß soll ein Trost seyn allen bedrängten und mit Kreuz beladenen Menschen, die so manchen Sturm müssen ausstehen, daß nämlich dieß die rechte Weise sey in den Himmel zu kommen. Elias kommt durch einen Sturmwind in den Himmel, aber Stephanus durch Riesel und Schauer. Andere durch Schauer und Steinriesel gerathen in zeitliches Verderben, aber Stephanus ist durch seine Steine steinreich geworden, massen er hiedurch das Himmelreich erworben. Wie der Satan unsern Herrn und Heiland in der Wüste versucht, hat er neben andern auch begehrt, er soll aus Stein ein Brod machen. Dem Teufel ist damals die Sache nicht angegangen; aber wie Stephanus veesteiniget worden, da hat ihm der Herr Jesus die Steine nicht in Brod, sondern gar in Zucker verwandelt: Lapides illi dulces fuerunt; massen ihm diese ganz zuckersüß vorgekommen, in Erwägung der Glorie, [41] so ihm derenthalben der gütigste Gott ertheilen werde. Es hat aber der Allmächtige dem hl. Erzmartyrer Stephano nicht allein die unendliche Glorie des Himmels gegeben, sondern auch sein Grab auf dem Erdboden herrlich und glorreich gemacht. Wie der hl. Leib des großen Erzmartyrers Stephanus hat sollen in ein anderes Grab überführt werden, und man solchen Schatz auf einen Wagen gelegt, woran zwei Maulthiere gespannt waren, so sind diese nicht weiter gegangen als an den Ort Konstantinus genannt, allwo sie beide still gestanden; man wollte sie aber mit harten Streichen zum Weitergehen antreiben, da hat eines aus besagten Maulthieren mit menschlicher Stimme diese Worte in Gegenwart des römischen Pabstes und des gesamten Volkes geredet: »quid nos caedis! Hic Sanctus est collocandus. Was schlagst du uns! es muß der Heilige hier verbleiben.« Ueber solches unerhörte Wunder hat Jedermann die Hand gegen den Himmel gehebt, und Gott dem Allmächtigen gebenedeiet und gepriesen; auch hat bald hernach der Kaiser eine sehr schöne Kirche dem hl. Stephanus zu Ehren daselbst aufbauen lassen.


Sepulchrum, sed pulchrum. S. Cathar. V.M.


Den ehrsüchtigen König zu Sichem, mit Namen Abimelech, nachdem er seine Hände mit dem Blute seiner nächsten Anverwandten gewaschen, und andere mehr dergleichen Mordthaten begangen, hat Gott endlich mit gleicher Münze bezahlt; weil er aus purer Ehrsucht 70 Männer auf einem Steine erwürgte, also ist ihm nachmals auch mit einem Steine der [42] Rest gegeben worden. Aber wie? Abimelech wollte den festen Thurm zu Thebes stürmen, wohin sich sehr viele Leute, Mann- und Weibspersonen retirirt; als er nun im völligen Werke begriffen, da wirft ihm von Oben herab ein Weib ein großes Stück von einem Mühlstein auf den Schädel und zerquetschte ihm das Gehirn: consregit cerebrum ejus. Dieß hat den stolzen Gesellen also geschmerzt, indem ihm ein Weib das Hirn zerbrochen, daß er alsobald seinem Waffenträger befohlen, er soll ihn mit dem Schwerte umbringen, damit man nicht heute oder morgen sagen könne, ein Weib habe ihm den Rest gegeben. O übermüthiger Gesell, es ist gleichwohl zu einem Spott der ganzen Welt kundbar worden, daß dir ein Weib das Hirn zerbrochen.

Aber das ist bei weitem nit so viel, als was Katharina eine zarte Jungfrau gethan, daß diese nit nur einem, sondern gar 50 Männern und berühmten Weltweisen das Hirn zerbrochen; dann diese messen ihnen zu die größte Weisheit der Welt; es hat aber diese zarteste Heldin in einer öffentlichen Disputation dero beigebrachten Lehr also widerlegt, daß sie selbst sich vor überwunden bekennet, und den wahren Glauben Jesu Christi angenommen.

Es hat demnach der allerhöchste Gott diese ihm werthiste Braut wegen ihres so großen Heldenmuths und Beständigkeit, absonderlich in dem Leiden und blutigen Tod nicht allein stattlich belohnt in der ewigen Seligkeit, sondern sogar auch ihr Grab auf der Welt berühmt gemacht.

Der Leib der heil. Jungfrauen und Martyrerin [43] Katharina ist durch die Engel begraben worden auf dem Berg Sinai, allwo noch auf heutigen Tag sehr große Wunder zu sehen. Unter andern ist daselbst ein ewiges Mirakel anzutreffen; dann alle Jahr in der Vigil oder Abend vor dem Fest der heil. Katharinä eine unzahlbare Menge der Vögel als Raben, Wildtauben, Storchen, Kraniche, Alstern und andere daselbst ankommen, und ein jeder Vogel trägt in dem Schnabel ein Oelzweigel mit Oliven, welches sie auf dem Thurm allda niederlegen, wovon die Geistlichen daselbst so viel Oel pressen, daß sie nit allein für ihre Haus-Nothdurft genug haben, sondern damit auch die Lampen erhalten, welche vor dem höchsten Gut und bei dem Grab der heil. Martyrerin und Jungfrau brennen.


So wird auch daselbst auf dem Berg Sinai das große Wunderwerk erzählt, so sich mit dem Bischof Sabinon und gassinensischen Abt Theodoro zugetragen, als solches das Grab der heil. Katharinä wollten besuchen, und bereits bei dem Berg Sinai ankommen, hat sie eine arabische Parthei angegriffen, dero Kameraden alle ermordet, dem Bischof aber samt dem Abt die Ohren, Nase, Zung, Händ und Füß abgeschnitten, damit sie also nach und nach schmerzlicher sterben sollten. Diese beiden aber ungeacht also gestümmelt und verwundet seynd nach aller Möglichkeit zu dem Grab der heil. Katharinä krochen, allwo sie durch dero Vorbitt wunderbarlich in einem Augenblick an allen Gliedern frisch und gesund aufgestanden.


[44] Sepulchrum, sed Pulchrum, S. Stanislai Ep. Cracovi.


In der Apothecke seynd unterschiedliche Spiritus anzutreffen, benanntlich Spiritus Vini, Spiritus Vitrioli, Spiritus Tartari, Spiritus Salis, Spiritus Sulphuris, Spiritus Matrlcalis, Spiritus Hystericus, und viel dergleichen andere mehr, welche alle unter der Medizin gebraucht werden. Aber ein Spiritus ist der Apothecke beim rothen Kreuz, welcher gar widerwärtig einzunehmen, forderist von großen Herrn, dann er bewegt ihnen gemeiniglich die Gall, diesen Spiritus hat der gekreuzigte Jesus versprochen zu schicken;cum autem venerit Paracletus, quem mittam vobis Spiritum veritatis: dieses Spiritus wird genennet der Geist der Wahrheit, solcher erweckt den großen Herren meistens die Gall, daß sie nit ein wenig erbittert werden, wann man ihnen die Wahrheit sagt. Joannes der Täufer hat es erfahren, vor ihm der Prohet Michäas, der Prophet Isaias, der Prophet Jeremias, der Prophet Amos und viele andere mehr etc.

Was Gott der Herr und Heiland einmal der wohlmeinenden Magdalena nach seiner glorreichen Urständ gesagt, noli me tangere, rühre mich nicht an, das muß gar oft die liebe Wahrheit hören von großen Herrn. Die Placentiner haben größern Zutritt bei Hof, als die redlichen Veroneser, ja diese werden oftmal gar aus dem Wege geräumt.

Also ist es ergangen dem heiligen und eifrigen Bischof Stanislaus zu Krakau, welcher mehrmals den gottlosen König Boleslaus in Polen ermahnt, daß er[45] doch von seinem lasterhaften Wandel wolle abstehen; gleich wie nun der Spiegel wohl öfters einbüßt, wann er einem ungestaltenen Gesicht und Larve die Wahrheit zeigt, also hat es auf gleichen Schlag der apostolische Mann erfahren; denn neben andern vorher schon angethanen Unbilden hat ihn der König bei dem Altar lassen ermorden, und sogar dessen Leib zu viel Stück und Trümmer zerfetzen, selbe auf seinen Feldern hin und her ausgestreuet, damit sie von Hunden und wilden Thieren verzehrt würden. Aber Stanislaus thäte bereits schon genießen die verdiente Krone des Himmels; neben dem wollte Gott nit zulassen, daß der Leib des hl. Martyrers soll also entunehrt verbleiben und ohne Grab, sondern schafft alsobald vier großen Adlern, welche die hin und her zerstreuten Glieder dergestalten beschützt, daß kein einziges wildes Thier dieselben durfte angreifen, wodurch viele Geistliche und andere gewissenhafte Leut veranlaßt worden, daß sie dieselben mit aller Ehrerbietsamkeit an einem Ort zusammen getragen, solche nach Gebühr zu begraben. Aber Gott wollte mit einem neuen Wunder den Heiligen berühmt machen, massen dann vor jedermänniglichen Augen alle diese zerhackten Gliedmassen sich also vereiniget, daß ein ganzer vollkommener Leib wiederum daraus worden und nachmals wie noch zu sehen, mit einem herrlichen Grab verehrt worden.


Sepulchra, sed Pulchrum S. Elisii Mart.


Unser Herr laßt sich gar nichts umsonst thun, er belohnt auch das Wenigste, was man ihm erweist. Als er einmal bei Genesaret eine große Menge Volkes [46] angetroffen, so alle eifrig seine Predigt erwartet, da ist er in das Schiffl Petri getreten, dasselbe in etwas von dem Lande gezogen, und nachmals seine heilige Lehre dem Volke vorgetragen.

Nach vollendeter Predigt befiehlt er dem Petro, er soll das Netz auswerfen, so auch geschehen, und hat er eine solche Menge Fische gefangen, daß auch das Netz zerrissen, und weil sie solchen Zug allein nit konnten verrichten anuuerunt Sociis, so haben sie andern ihren Mitkameraden gewunken, daß sie ihnen halfen. Warum aber gewunken? hätten sie dann nicht können das Maul aufthun und schreien? annuerunt; sie gedachten, daß es sich nit schicke und reime, wann unser Herr gegenwärtig, daß man soll reden viel weniger schreien (merkt das ihr Menschen) in der Kirche, wo Gottes Sohn gegenwärtig, geziemt es sich nit zu reden, auch was nothwendig, viel weniger schwätzen und allerlei neue Zeitungen zu erzählen. Wessenthalben aber hat der Heiland Jesus dazumal den Peter mit einem so großen Fischzug regalirt, daß auch zwei Schiffel damit dergestalten seynd ein- und angefüllt worden, daß sie schier Schwere halber versunken? Darum, antwortet Theophilaktus, Gott der Herr laßt sich nichts umsonst thun; weil ihm Petrus sein Schiffel hat geliehen anstatt einer Kanzel, so hat sich der Heiland gleich wiederum dankbar wollen einstellen. Wann nun der gütigste Erlöser die allewinzigste ihm erwiesene Gutthat also belohnet, wie wird er erst belohnet haben die hl. Martyrer und Blutzeugen, welche seinetwegen so heldenmüthig alle erdenklichen Peinen ausgestanden, und zuletzt gar [47] das Leben gelassen? vergolten hat er solches nit allein mit einer unendlichen Glorie, sondern auch auf der Welt mit herrlichen Begräbnussen, wie unter andern von dem hl. Martyrer Elisio zu lesen.

Wie erstgedachter christliche Held durch den Sentenz des abtrünnigen Tyrannen Juliani zum Tod verurtheilet worden, so hat er noch zu einer Gnad begehrt, man wolle doch seinen Leib an einen ehrlichen Ort begraben, worauf Julianus befragt, wo es ihm dann beliebig sey? darauf Elisius seine Augen in die Höhe gehebt und auf einen hohen Berg gedeutet, dort solle und wolle er sein Ruhebettl haben bis auf den Tag der allgemeinen Auferstehung. Julianus, der Tyrann, hat alsobald zu mehrer Pein des Martyrers einen ernstlichen Befehl ergehen lassen, daß man auf keine Weise dessen Leib soll begraben; schimpfte noch anbei, er wolle gern sehen, ob ihn sein Christus werde dahin tragen, wohin er verlangt? Nachdem dem Elisio das Haupt ist abgeschlagen worden, siehe Wunder! da steht der Leib von freien Stücken auf, nimmt sein Haupt in beide Hände, geht den geraden Weg in Begleitung der englischen Musik zu dem Berg, steigt ohne Verweilung bis zu dem höchsten Gipfel hinauf, legt sich auf einen schneeweißen Felsen, welcher alsobald wie ein lindes Wachs gewichen und ihm solchergestalt ein herrliches Grab abgeben.


Sepulchrum, sed Pulchrum S. Dympnae Virg.


Wer Gott dient, dem dient er wiederum, wer Gott verehrt, den verehrt er wiederum, wer Gott gibt, dem gibt er wiederum. Die büßende Magdalena [48] hat vor allen andern den Füßen des Herrn eine große Ehre angethan, indem sie dieselben mit ihren häufigen Zähren gewaschen, und solche Thränen nit anderst als kostbarliche orientalische Perlen über die heiligsten Füße hinab gekugelt, auch nachgehends mit ihren eigenen Haaren, die vorher sattsam zur Eitelkeit gedient, selbe abgetrocknet, also zugleich die Füße und ihre Sünden abgewaschen. Diese große Ehre wollte auf keine Weise der Heiland unvergolten lassen, sondern bei sich alsobald beschlossen, weil sie ihm seine Füße also verehrt, so wolle er gleichmäßig ihren Füßen auch eine Ehre anthun. Aber wann? dazumal wie er glorreich vom Todten auferstanden, da hat er aus allen die Magdalena erwählt, daß selbe soll hingehen, und allerseits, beförderist aber seinen Aposteln, diese glückselige neue Zeitung bringen. Da haben hierdurch der Magdalena Füße die größte Ehre bekommen, alle Schritt und Tritt in diesem Gang seynd höchstens glückselig gewest. Pulcherrimi sunt Pedes Evangelizantium bonum, der Gott verehrt, den verehrt er wiederum. Solches ist absonderlich zu sehen in der hl. Dympna, einer königlichen Prinzessin in Irland, um, weil solche wider allen Willen des abgöttischen Vaters den Glauben Jesu Christi umfangen, auch sich dem himmlischen Gespons durch ein Gelübde der ewigen Jungfrauschaft verbunden, und auf keine Weise in die blutschänderische Heirath ihres eigenen leiblichen Vaters wollte einwilligen; also hat sie dieser grausame Unmensch selbst mit dem Schwerte hingerichtet, worauf Gott der Herr sie nicht allein ewig belohnt, sondern auch mit [49] der Zeit dero jungfräulichen Körper mit einem herrlichen Grab begnadet.

Nachdem wunderbarlicher Weise besagter Jungfrau und Martyrerin Leib ist gefunden worden, da haben die chelenserischen Innwohner erstgedachte heil. Reliquien samt dero steinernen Sarg wollen in ihre eigene Kirche übersetzen, konnten aber auf keine Weise, auch nach aller angewandter Mühe und Arbeit der stärksten Leute, den hl. Leib bewegen, und gedunkte selber gleichsam ein bleierner Berg zu seyn, welches die guten Leute nicht ein wenig befremdet, ja die meisten gar bestürzt gemacht. Eben zu selbiger Zeit erscheint ersterwähnte Heilige einem frommen alten Mütterl, wie daß selbe ihr erstgefallenes Kalb soll in den Karren spannen, und damit ihren Leib in die Kirche führen. Die gute fromme Haut befiehlt alsobald früh Morgens ihrem Sohn, daß er soll ohne fernern Verzug das Kalb an den bestimmten Ort bringen, zu diesem Ende, damit selbes den hl. Leib Dympnä in die Kirche führen soll. Der Sohn lacht die Mutter aus, und rathet ihr, sie soll doch solches Narrenstuck nit begehren, es möchte hieraus ihrer ganzen Freundschaft ein ewiger übler Nachklang erwachsen; weil die Mutter den Ungehorsam ihres Sohnes gesehen, so ist sie selbst samt dem Kalb dahin kommen, aber nicht ohne allgemeinem Gelächter und großer Aushöhnung des gemeinen Pöbels, in Erwägung, daß die alte einfältige Matratze mit einem jungen Kalb wollte führen, was starke Männer und Pferde nicht konnten zuwege bringen; nachdem sie aber mit so beweglichen Worten eine geraume Zeit gebeten, und ihr endlich zugelassen [50] worden, da hat sie mit schlechter Mühe den steinernen großen Sarg auf den Karren geladen, das drei Wochen alte Kalb eingespannt, und folgsam ohne einige Beschwerniß in die so benannte Kirche übergeführt, sowohl mit höchster Verwunderung als gemeinem Trost, an welchem Ort sie noch mit großen Wunderwerken leuchtet.


Sepulchrum, sed Pulchrum S. Amati Confess.


Gott ist so gut, so gut ist Gott, daß er sogar auch dasjenige, was ihm seine vernunftlosen Geschöpfe Gutes erweisen, nit unvergolten läßt. Unser gebenedeite Heiland hat eine absonderliche Ehre empfangen in dem Fluß Jordan, allwo er von seinem Vorläufer Joanne getauft worden; massen dazumal der Himmel sich eröffnet, der hl. Geist als die dritte Person in sichtbarlicher Gestalt einer weißen Taube auf ihn herabgestiegen, die Stimme des himmlischen Vaters thäte öffentlich erschallen, welche Jesum für einen göttlichen Sohn und Welterlöser erkläret. Alles dieses hat sich begeben bei dem Wasser, in dem Wasser, ober dem Wasser des Flusses Jordan. Nun gedachte der gütigste Heiland, daß er bei nächster Gelegenheit sich gegen das Wasser wiederum einstellen wolle, und die so große erzeigte Ehre bestermassen erwiedern, welches auch bald hernach geschehen, als er nit im Feuer, in diesem so hoch schwebenden Element, nit in der Luft, in diesem so aufgeblasenen Element, nit in der Erde, in diesem so goldreichen Schatzkasten und anbei so niederträchtigen Element, das erste sichtbare Mirakel und Wunderwerk auf dieser Welk gewirkt, sondern im Wasser und zwar zu Kana Galiläa, woselbst er bei der Hochzeit [51] das Wasser in den besten Wein, und wie die meisten Lehrer ausgeben, in den besten rothen Wein verkehrt und verwandelt, hiedurch zu vergelten die Ehre, so ihm der Fluß Jordan angethan. Wann dann der gütigste Gott solche Dinge nit unvergolten läßt, sondern auch belohnt, was ihm die verstandlosen Kreaturen, die doch alles freien Willen beraubt, erweisen thun, was werden nit erst zu gewarten haben die frommen Diener Gottes, welche Tag und Nacht den Allmächtigen benedeien und loben? unter solche absonderlich zu zählen ist der hl. Beichtiger Amatus zu Saluderio, einem Marktflecken in dem ariminischen Gebiet, durch welchen Gott sehr viele und große Wunderwerke, in Ansehung seiner großen Verdienste gewirkt hat, also zwar, daß er auch seine Kleider an die Sonnenstrahlen wie an den stärksten Nagel gehängt. Es wollte aber der Allerhöchste auch ihn mit einem herrlichen Grab begnaden; dann wie die Stadt Arimini seinen hl. Leib hat wollen von dem Marktflecken Saluderio zu sich nehmen, und bereits die hl. Gebeine auf dem Wagen geführt worden, da ist der Wagen bei der Hauptkirche erstbenannten Orts also unbeweglich gestanden, daß er auch nach aller angewandter Möglichkeit nit weiter konnte gebracht werden, und als der Bauer, dem der Wagen zugehörig, seinen hölzernen Stecken in die Erde gesteckt, unterdessen zu sehen doch der Fuhre möchte verhinderlich seyn, da hat alsobald dieser ausgedorrte Stab in männiglicher Gegenwart angefangen zu grünen, zu blühen, und auch Frucht zu tragen, daß er, unerachtet Jedermann von ihm rupft und zupft, noch auf heutigen [52] Tag zu sehen, allwo er auch sehr stattlich begraben worden, und annoch mit vielen Wunderwerken leuchtet.


Sepulchrum sed Pulchrum S. Thomae Abbatis.


Wie Christus der Herr einst wegen seiner heil. Predigten eine große Menge Volks nach sich gezogen, und allbereit wahrgenommen, daß die guten Leute vom Hunger nit ein wenig geplagt wurden, da hat er anbefohlen, daß sie sich alle sollen niedersetzen, es waren deren etliche tausend, sowohl Manns- als Weibspersonen, nachmals theilt er die fünf Gerstenbrode und die zwei Fische, so ein Knabe dazumal bei sich hatte, unter das gesamte Volk aus, und sättigte dieselben dergestalten, daß noch 12 Körbe von lauter übergebliebenem Brod angefüllt worden. Es wird eine Frag auf die Bahn gebracht, wer dazumal das Brod unter die Leute ausgetheilt? es ist aber der meisten Aussage, daß solches mit Christo alle seine Apostel gethan, und obschon die Schrift nit meldet, daß bei diesem großen Wunderwerk die Mutter Jesu sey gegenwärtig gewesen, so ist doch sehr vermuthlich, daß sie sich auch dabei habe eingefunden, und zwar das Brod unter die Weiber habe ausgetheilt, gleich wie die Apostel unter die Männer; daß aber die Apostel das Brod nit haben dürfen unter die Weiber austheilen, wollte der Herr und Heiland hiedurch andeuten und zu verstehen geben, daß auch heilige und vollkommene Männer mit den Weibern nit sollen viel Gemeinschaft haben; massen der selige General Jordanus zu sagen pflegte, daß die Erde gut sey und [53] auch das Wasser gut sey, wann sie aber beide zusammen kommen, so werde gleichwohl ein Koth daraus.

Das hat neben andern beobacht der selige Abt Thomas; nachdem solcher wegen gewisser Geschäfte seines Klosters nach Theopolim verreist, da ist er zu Daphne mit Tod abgangen, allwo er als ein unbekannter Fremdling, den gemeinen Leuten gleich, begraben worden. Den andern Tag hierauf hat man gleichfalls ein armes Weib eben in dieses Grab gelegt, so aber in der ersten Nacht wiederum heraus geworfen worden, und wie solche auch das andermal hinein gelegt worden, da hat mehrmal die unwillige Erde den Körper mit großer Gewalt heraus geschütt, über welches sich fast Jedermann verwundert, jedoch aus der Sache noch nit viel gemacht. Es geschah aber, daß etliche Tag wiederum eine verstorbene Weibsperson auf dem Abt Thomas in sein Grab gelegt worden, welche aber gleich der andern durch unsichtbare Gewalt mußte den Ort räumen, wodurch erst an Tag kommen die Heiligkeit des Abtes Thomas, welcher auch todt nicht wollte leiden ein Weib bei sich. Ueber alles dieses ist nachgehends besagter hl. Leib mit sonderer Pracht an einem anderm Ort, allwo viele hl. Leiber der Martyrer gelegen, sehr stattlich begraben worden, allwo noch der allmächtige Gott wegen des hl. Wandels, so dieser Abt auf Erden geführt, sehr viele und große Wunderwerk wirket.


Sepulchrum, sed Pulchrum S. Hedwigs.


Nachdem der Jakob mit der schönen Rachel sich in die Flucht begeben, massen er wegen seiner [54] treugeleisteten Dienste wenig Dank davon getragen, und fast Tag zu Tag die Gesparsamkeit des Laban mehr erfahren, da hat in der Stille die Rachel die guldenen Götzenbilder ihrem Vater entfremdet, und solche mit sich genommen. Warum sie solches gethan, seynd unterschiedliche Meinungen. Pererius glaubt, sie habe es nit gethan, als thue sie die Götzenbilder lieben und verehren, indem sie an den wahren Gott geglaubt, sondern wegen des Goldes, aus dem solche Götzen gemacht waren; dann gedachte sie, daß sie ohnedas wenig Erbtheil oder Heirathgut davon trage, also wolle sie anstatt dessen diese Bilder zu sich nehmen, und die Gesellen in den Schmelzofen logiren, das Gold taugt anderwärts hin, derenthalben können die meisten guldene Weiber genannt werden, weil wenige seynd, die das Gold nit lieb haben.

Aber auf eine weit bessere Manier hat die hl. Hedwigis das Gold lieb gehabt, massen sie neben andern schönen unser lieben Fraubildern ein kleines gehabt von purem Gold, welches sie Tag und Nacht nie aus der Hand gelassen, sogar wie sie eines seligen Tods gestorben, konnte man gedachtes Bildnuß mit keiner Gewalt ihr aus den Händen reißen, derenthalben auch damit begraben worden.

Es wollte aber Gott der Herr, daß diejenige, welche seine gebenedrite Mutter also in Ehren gehabt, auch sollte mit einem bessern Grab verehret werden. Als man nun nach 25 Jahren den hl. Leib erhebt, da hat man gefunden, daß der ganze Leib verzehrt worden, ausser denjenigen Fingern, mit denen sie das guldene marianische Bildnuß gehalten, woraus ihre [55] Heiligkeit noch mehr kundbar worden, und derentwegen mit einem herrlichen Grab versehen.


Sepulchra, sed Pulchra diversorum Sanctorum.


Der bloße Staub von dem Grabe des heiligen Bischofs Heddi. Beda l. 5. Histor. Eccl., des hl. Bischofs Nicetii, Surius invita, des hl. Propheten Jeremias, St. Epiphan, des hl. Bischofs Martini, Gregor, Turon, des hl. Bischofs Piturgii, indem des hl. Martyrers Juliani, indem des hl. Einsiedlers Gerlaci. Boll. 5. Jan., des hl. Königs Oswaldi. Baron. Anno 642, der hl. Rosä Pervanä. In act., des hl. Joannis Evangel. ex Histor. Eccl., des hl. Joannis a St. Facundo unsers Orden. In vit., des hl. Genesii Franziot, des hl. Raymundi. In act. Canon., des hl. Franziskus de Paula Bzovi. In vit., des hl. Bischofs Rigoberti, In vita; hat die Kraft und Wirkung, allerlei menschliche Presten und Krankheiten zu wenden. Aus dem Grab des hl. Martyrers Baudilli ist wunderbarlicher Weise ein schöner Lorbeerbaum gewachsen. Greg. Turon l. 1. Aus dem Grab des hl. Martyrers Urisicini ein Palmbaum mit drei Aesten. Ferr. 19. Jun. Aus dem Grab des hl. Athanasii ein Zypressenbaum. Sur. 3. April. Aus dem Grab und forderist aus der Hirnschaale der hl. büßenden Magdalena ein Weinstock. Id. 22. Jul. Aus dem Grab des hl. Pubukuli ein unbekannter Baum. Halloix in vit. Aus dem Grab jenes hl. Cisterziensers ein Baum mit lauter Blättern, worauf diese Worte stunden: Ave Maria, gratia plena. Cantiprat. l. 2. ap. Aus dem Grab [56] der Heiligen Nazarii und Clesi Martyrer ein wunderschöner Birnbaum. Greg. Turon. l. Aus dem Grab des hl. Bischofs Torquati ein Oelbaum. Dero Blätter, oder Blüthe oder Früchte heilsame Mittel gewest seyn für allerlei Krankheiten.

Das Grab des hl. Bischofs Vitalis zu Salzburg hat eine wunderschöne Lilgen hervor bracht, so gar durch den harten Marmel durchdrungen; deßgleichen das Grab des seligen Ugloni de Cortona aus unserm Orden. Das Grab des seligen Gandulphi die schönste Gelfominblume. An. Mun. 1260. Das Grab des hl. Martyrers Alexandri die schönsten Rosen. Benal. in vit. Das Grab Ven. Franziski Ovarii die lieblichsten Feigen. Ibid. Das Grab der hl. Martyrer Acifeli und Victoriä zu Kortuba die edelsten Rosen gar zur Winterszeit. Pagina 407. tom. 1. Welche Blumen alle den armen kranken und presthaften Leuten für die besten Pflaster und Medizin gedient haben. Aus dem Grab der hl. Jungfrau und Martyrerin Katharinä, des hl. Martyrers Dimetrii, des hl. Beichtigers Fantini, des hl. Evangelisten Lukas, des hl. Bischofs Perpetui, des hl. Abt Percharii, der seligen Rosa zu Viterbo, des hl. Apostels Andreas, des hl. Bischofs Nikolai, der hl. Walburga zu Eichstädt, des hl. Bischofs Quirini Tegernsee in Bayern, der hl. seraphischen Jungfrau und Mutter Theresia, Venerab, Bartholomäus Ulysponensis unsers Orden etc., und vielen tausend andern mehrern Gräbern der Heiligen ist geflossen, und fließt noch Manna, Oel und Wasser, so zur Abwendung allerlei menschlicher Zustände seynd gebraucht worden. [57] Gleichwie nun Gottes Güte und Weisheit seine Diener und Dienerinnen fast allezeit versehen hat mit einem ehrlichen und herrlichen Grab, also läßt seine göttliche Gerechtigkeit gar vielfältig zu, daß der gottlosen Menschen Leiber nach dem Tode auch nicht würdig seynd eines ehrlichen Ruhebetts in der Erde, sondern es heißt:


Grab, Echo, Rab.


Der hl. Einsiedler Onuphrius pflegte diese Fabel oder Gedicht auf die Bahn zu bringen, damit er seine Untergebenen möchte zu der Demuth anfrischen. Die Bäume haben sich auf eine Zeit sehr wehmüthig beklagt, wie daß die Menschen so tyrannisch mit ihnen verfahren, auch derenthalben einen allgemeinen Landtag oder Zusammenkunft ausgeschrieben, damit durch allgemeinen Rathschluß solches Uebel möchte vermittelt werden. Endlich ist eines jeden Gutachten und wohlgegründete Meinung angehört worden, forderist aber seynd die mehrsten beigefallen dem witzigen Ausspruch eines hoch- und wohlgebornen, oder vielmehr wohlgewachsenen Cederbaumes von dem Berg Libanon, welcher fernerm Uebel vorzubeugen, diesen Rathschlag gegeben, daß inskünftig kein Baum mehr soll ein Holz spendiren, woraus man einen Hacken machen könne, folglich werde auch das Bäumeumhauen ein Ende nehmen. Fast alle stimmten dieser Meinung zu, ausser einer schlechten niedrigen Staude, welche mit gnädigst ertheilter Erlaubniß diese wenigen Worte aus ihrer Einfalt, wie sie vorgab, geredet hat: Gnädige Herrn, man könnt euch dießfalls hölzerne Limmeln und knopfete Phantasten heißen, indem ihr glaubt, [58] daß außer der Holzhacke ihr keinen Schaden zu fürchten habt, da ihr doch durch öftere Erfahrnuß wißt, daß auch die großen Sturmwinde und erschrecklichen Hagelwetter nit selten haben den Hals gebrochen. Aber mein weniger Rath wäre, daß ihr nit so hoch thätet wachsen, dann würdet ihr in solcher Sicherheit stehen, gleich wie ich alte betagte Staude eine so geraume Zeit her genossen.

Wahr ist es, daß Gott gleichsam nichts mehr thut, als die Hochmüthigen zu stutzen, das supra regiert bei Gott einen steten Akkusativum, darum hat er auch den ersten Menschen aus der Erde, so einem demüthigen und niederträchtigen Element erschaffen, nit aber aus dem Wasser, welches sich mehrmals in die Wellen aufbäumt, nit aus dem Feuer, so von Natur in die Höhe steigt, nit aus der Luft, so für sich selbst ein aufgeblasener Kerl, sondern aus der Erde, damit der Mensch aus limo erschaffen nit soll sublimis werden. Ist aber Jemand, der fliegt, so wird einem solchen Hochmüthigen der Höchste gemeiniglich die Federn rupfen, womit man nachmals schreiben kann: Deus superbis resistit, humilibus autem dat gratiam, das hat sattsam erfahren jener ungeheure Gesell und stolze Großschädel Goliath.

Wegen so häufiger Siege, die besagter Riese und Fleischthurm von seinen Feinden getragen, war er also stolzmüthig worden, daß er glaubte, seines Gleichen finde man nit auf Erden, daher den David wegen seiner geringen Person nur veracht und gedacht, er wolle seine Hände nur in Sack schieben und noch zugleich den David mit. Aber Gott so in allweg [59] den Hochmuth dämpfet, hat auch solche freventliche Hoffahrt nit ungestraft gelassen, sondern gemacht, daß der Hohe ist unterlegen, und der Untere über sich kommen. David überwand den Goliath, machte ihn um einen Kopf kürzer, der sich gar zu hoch geschätzt, und war die Straf noch nit beisammen, sondern Gott wollte nit, daß dieser große Gesell sollte begraben werden, welches mehrentheils eine große Strafe auf dieser Welt, wohl aber, daß sein stinkender Körper den wilden Thieren und den Raben zu Theil worden, vermög der göttlichen Schrift: Dabo cadaver castrorum Philistim hodie volatilibus coeli et bestiis terrae.


Grab, Echo, Rab.


In Oesterreich, unweit der kaiserl. Residenz-Stadt Wien ist ein Ort und schöne Pfarr, so genannt wird Heiligen-Stadt. Woher solcher Nam ursprünglich herrühre, ist mir eigentlich nit bekannt; diese Heiligenstädter verdienen allerseits ein großes Lob, werden auch von Jedermann fast in großen Ehren gehalten, aber alle ihre Söhne (es ist eine wunderliche Sach) seynd lauter üble, rauhe, harte, dürmische, scharfe, unglimpfliche Gesellen, die nicht ein einigmal gut aussehen, nichts als saure Gesichter machen, beissen und reissen alles, was sie ertappen, und haben gleichsam nicht eine Ader von ihrem Vater. Der Vater heißt Heiligenstädter, der Sohn heißt Uebelstädter. Wie kommt dieses? durch den Namen Heiligenstädter muß man hier nit verstehen einen Innwohner desselben Orts, sondern den Wein, welcher dort sehr trefflich und preiswürdig wächst. Nun ist ohnedas bewußt, daß der Essig ein [60] Sohn des Weines seye, welcher aber weit einer wildern Natur als der Vater; ist demnach dieser Auslegung nach recht gesagt: die Heiligenstädter seynd gut, aber ihre Söhne seynd gar übel. Gleich wie nun der Essig ein übler Sohn eines guten Weins, also geschieht nit selten, daß ein heiliger Vater einen bösen und ungerathenen Sohn erzeuge: unter andern hat solches mit seinem Herzenleid erlebt der fromme und gottesfürchtige König David, dessen übelgesittner Sohn Absalon, also weit von der väterlichen Sanftmuth und Demuth abgewichen, daß er letztlich von dem Ehrgeiz ganz verblendt, sich unterfangen hat, mit aller Gewalt die Kron zu sich zu ziehen, und seinem eigenen Herrn Vater den Scepter tyrannisch aus der Hand zu reissen. Aber Gott hat die Karten anderst gemischt, indem der Absalon nicht dem König sondern dem Eichelbuben zu seinem Verderben in die Händ gekommen. O wohl eine verruchte Undankbarkeit eines Kinds gegen seinen Vater! gleichen Dank hat mehrmalen die liebe guldene Sonn, welche oft und vielmalen einen schlechten, gemeinen, groben, und stinkenden Dampf aus der Erde in die Höhe zieht, und wann dieser schlechte Kerl empor steigt, so übernimmt er sich alsobald, sammlet, sich in eine trübe Wolke zusammen, unterstehet sich sogar, das helle Licht der lieben Sonne als seinen besten Freund und Gutthäter zu verfinstern, ja mit Donner und Hagel macht er alle erdenklichen Ungelegenheit demjenigen, von dem er sein Aufkommen hat. O Schelm! fast gleichen Dank hat der gottselige Monarch in Israel von seinem Sohn Absalon erlebt, der gute gekrönte Harfenist hat von andern guten [61] Eltern, welche da Gott vor Augen haben: prophezeiet, Filii tui sicut novellae olivarum in circuitu mensae tuae, deine Kinder werden seyn wie junge Oelzweig, um deinen Tisch. Ja wohl Oelzweig, Absalon war kein Oelzweig sondern ein Höllzweig, so fast übermässige Schmerzen und Bedrangnuß dem Vater angethan: aber die Rach bleibt nicht aus, massen er durch Verhängnuß der göttlichen Gerechtigkeit an einem Eichbaum, oder Ach-Baum, hangen geblieben, und der zu hoch wollte seyn, mußte in die Höhe das Leben lassen. Gott war mit dieser angefügten Straf noch nit befriediget, sondern hat ihm auch keine ehrliche Begräbnuß vergönnet.

Uneracht der königliche Prinz Absalon unglaubliche Unkosten noch bei Leb-Zeiten angewendet in Erbauung und Aufrichtung eines sehr herrlichen und prächtigen Grabs, so ist ihm solches nicht zu Theil worden, sondern der Leib mußte wie ein wildes Vieh in die tiefe Grube unweit der Stadt Jerusalem gleich bei dem Ort, allwo der Prophet Isaias durch eine hölzerne Säg die Marter-Kron erlangt, spöttlicher Weis geworfen, und nachmals mit einem großen Stein-Haufen zugedeckt worden, wie dann noch auf heutigen Tag die Vorbeigehenden, sowohl Türken als Christen einen Stein hinunterwerfen, als wäre es dießfalls ein Gesatz zu einer verruchten Gedächtnuß, um weil er seinem eigenen Vater abtrünnig und undankbar worden.


Grab, Echo, Rab.


Nachdem der Job die Prob, und endlich das Lob des allergeduldigsten Menschen auf Erden von Gott selbst erhalten, so hat dieser ihn nachgehends in [62] den besten, reichisten und glückseligsten Stand gesetzt; unter andern ihm auch gegeben drei Töchter, den Schönheit und Wohlgestalt alle Weibs-Bilder übertroffen hat in dem ganzen Land: Stirn halber die Schönste, Augen halber die Schönste, Nase halber die Schönste, Wangen halber die Schönste, Maul halber die Schönste, Haar halber die Schönste, Hals halber die Schönste, Händ halber die Schönste, des ganzen wohlgeschaffenen Leibs halber die Schönste. Haben sie aber auch Musch und Mucken im Gesicht tragen, wie jetziger Zeit im Brauch? das wohl nicht, diese hat der Beelzebub, als Fliegen-Teufel, aufgebracht. Haben sie auch eine so hohe Haube von Fontasch auf dem Kopf tragen, wie dermalen im Brauch? das noch weniger. Diese Blunzen haben die Teufel gemacht, wie sie mit Erlaubnuß des Herrn seynd in die Schwein gefahren. Haben sie dann auch einen Anstrich gebraucht, wie dermalen gemein bei mancher Thok? das gar nicht; dann das Wort Thok, so es zurückgelesen wird, heißt Koth, und was, und zu was Ende solle man dieses mit einer schönen Farb anstreichen? Die unser lieben Frauen-Bilder, welche der hl. Lucas gemalen hat, werden in der ganzen Christenheit für Miraculos gehalten, und seynd allerseits voller Wunder: aber die Frauen-Bilder, welche der Teufel malt mit dem Anstrich, die seynd nichts als Maculos, und über und über voller Plunder. O wohl eine freche Thorheit der Adamskinder, welche das Angesicht, so der allmächtige Gott erschaffen, wollen verbessern, und den höchsten Gott in seinen Werken korrigiren! diese Vermessenheit bleibt gar oft auch auf dieser [63] Welt nicht ungestraft, wie in der stolzen Jezabel zu sehen. Diese war des Königs Achab seine Gemahlin, ein lasterhaftes Weibsbild, erforderist aber dem Hochmuth und stinkenden Hofrath ergeben, dergestalten, daß sie auch in augenscheinlicher Todesgefahr, ihr Angesicht mit dem Anstrich übermalt, welches dem Allerhöchsten also mißfallen, daß er sie durch den Jehu von hohem Fenster herab stürzen lassen, und ungeacht sie eines so hohen Haus und Stammen war, hat Gott nit wollen zulassen, daß ihr verdammter Körper sollt ehrlich begraben werden, sondern durch seine göttliche Verhängnuß haben die Hund dieses angestrichene Fleisch zerbissen, zerrissen, und aufgezehrt, also zwar, daß nichts als etliche wenige Beiner von ihr seynd geübriget worden.


Grab, Echo, Rab.


Sobald der von Gott erleuchte Joseph in der Gefängnuß von dem Mund-Becken des Königs Pharao vernommen, daß ihm getraumt, als trage er drei Körb Brod, und aus dem obern Korb, worinnen die beste Mund-Semmel, fressen selbes und verzehren allerlei Vögel, ho! ho! sagt Joseph, Kerl, Heil und Seil wird bei dir eins seyn, Glück und Strick wird bei dir zugleich seyn, gedenkt für geschenkt wird bei dir für gewiß seyn, wie es dann auch also geschehen, und gar recht: warum hat er das schöne Brod, so er von seinem Herrn empfangen, so liederlich den Vögeln gespendirt.

Wir pflegen insgemein zu reden wann einer bei guten Mittlen und hübscher Haabschaft, er habe ein[64] ehrliches Stuck Brod, und solches hat er von Niemand anderst als von Gott allein. Aber leider! wie oft geschieht es, daß mancher solches Brod nicht den Armen spendirt, welche doch Gottes Person vertreten, sondern selbes liederlich anwendt, und den Vöglen vergonnet, mit Spei- und Spott-Vögel allerlei Luder-Leben dasselbe verzehrt: aber dergleichen werden selten entgehen der scharfen Ruthe des göttlichen Richters.

Unter solchen gewissenlosen Gesellen ist nit der wenigste noch geringste gewest jener Spanier, von dem Hieronymus de Florentia erzählet, welcher zwar einen offnen Helm führte im Wappen, aber zugeschlossene Händ gegen den Armen, trefflich an Mitteln, aber schlecht in Mitleiden, von einem guten Blut, aber nit eine redliche Ader in ihm, von einem guten Haus, aber mit dem Gewissen war es verhauft. Ein jedes Luder war sein Bruder, dem er das Seinige angehängt. Nachdem er mit Tod abgangen, und von der adelichen Freundschaft sehr prächtig zu Grab getragen worden, hat sich unverhofft ein erschreckliches Wetter erhebt, daß alle Noth halber sich mußten nach Haus begeben, und weilen der Körper wegen des unleidentlichen Gestank hat müssen unter die Erde kommen, also haben solchen drei gemeine Todten-Gräber mit Stricken in die Kapelle geschleppt, wo der ganzen Freundschaft Begräbnuß war. Kaum dahin gebracht, da hat alsobald ein erschrecklicher Donner-Keil alle Wappen und Schild der Freundschaft von der Mauer mit größter Gewalt herunter geschlagen, den verdammten Körper also verzehrt, daß eines fernern Begräbnuß nit mehr vonnöthen gewest, sondern sein Grab war gleich dem [65] reichen Prasser, welcher laut der evangelischen Wahrheit in der tiefen Hölle begraben worden.


Grab, Echo, Rab.


Man sagt, daß auf eine Zeit das Papier und Pergament seyen hart untereinander kommen, und nach langem gehabten Widerwillen, endlich in einen großen Zank gerathen, eines dem andern viel Schmäh-Wort unter die Nase gerieben, und wofern die Schreiber, Buchdrucker und Buchbinder nit hätten Fried gemacht, und sich darein gelegt, so wäre es ohne blutiges Raufen nit abgeloffen. Das Papier prahlte nit wenig wegen seines alten Herkommens, und sagte, daß es derenthalben charta genennt werde, weil sein erstes Aufkommen seye gewest in der weltberühmten Stadt Chartago, das Pergament wollte dießfalls nit ein Haar nachgeben, weil es ebenfalls von einer vornehmen Stadt herkomme, benanntlich von der Stadt Pergamo in Welschland. Das Papier setzte hinwieder, wie es gebraucht werde zu der h. Schrift, zu allen Lehrer-Büchern: und wann ich nit wäre, antwortet das Pergament, und thät nit allzeit über dich einen Deck-und Schutzmantel abgeben, wie gegenwärtige Herren Buchbinder selbst bezeugen, so wärest du wegen deiner Schwachheit schon zu Grund gangen: Zu dem so lasse ich mich gebrauchen zu kaiserlichen und Hoch-Fürstlichen Patenten, da unterdessen aus dir nur gemeine und gar oft verdrüßliche Aus-Zügel gemacht werden. Wann schon, sagt das Papier, so bin ich doch weit eines bessern Wandels, und führ ein friedsames Leben, da du doch auf die Trummel gespannt wirst, und nichts als blutige Schlachten verursachen thust. Ho! ho! [66] sagt das Pergament, dein Lob will ich mit kurzen Worten einschränken: du kommst von Hadern und Lumpen her, und machest auch das meiste Hadern und Zanken, wie auch die ärgste Lumpenhändel. Das mußt du mir probiren, schreit das Papier, oder ich will dir den Hals brechen. Gar gern, sagt das Pergament. Was seynd die Spiel-Karten anders als Papier, welches von den Lateinern charta genannt wird. Und was verursachet mehr Hader, Zanken und Schläg, was macht mehr Uebel und Lumpen-Sachen als die Karten? hierauf mußte das Papier das Maul halten.

Es ist zwar wie es leicht zu ereignen, dieses ein Fabel und Gedicht, gleichwohl eine verdeckte Wahrheit; dann ja keine Wurzel ist, woraus mehr Uebel und Unheil wachset, als aus dem Spielen, massen mit dergleichen Geschicht die ganze Welt voll, unter welchen folgende nit die geringste.

In einem Dorf, unweit Regensburg war ein vermessener Bauer, welcher neben andern Untugenden auch dem Spielen sehr ergeben gewest; weil er aber in solchem öfters den Kürzern gezogen, also hat es durch Anleitung des bösen Feinds allerhand unzulässige Mittel gesucht, sein Glück im Spielen zu befördern. Unter andern hat der verruchte Gesell die allerheiligsten Hostien in seinen Fuß eingetheilt, damit hiedurch sein Spielen besser von statten gienge, in solchem Laster der gottlose Mensch mit Tod abgangen, und seine unglückselige Seel den verdienten Lohn bekommen. Der Leib wird im Freihof nächst der Kirche begraben, zumal diese seine Bosheit und Unthat nit kundbar gewest: aber Gott wollte nit zulassen, daß [67] ein so verruchtes Geschöpf sollte an einem so ehrlichen Ort begraben liegen, dahero geschehen, daß alle Jahr der Donner eingeschlagen, und zwar an keinen andern Ort, als auf das Grab des besagten Böswichts. Die Innwohner des Dorfs konnten gar nit wissen, warum doch alle Jahr der feurige Donner-Keil nur diesen Ort, und keinen andern berühre; sogar konnten sie nit fassen, warum die Flammen völlig allemal in die Tiefe des Grabs hinein dringen. Bis endlich Jemand sich verlauten lassen, wie daß derjenige Bauer, so allda begraben liegt, ihm habe offenbart, daß er das Allerheiligste Sakrament in dem Fuß habe eingeheilt. Nachdem nun solches mehr und mehr Leut bestätiget, da hat man den verdammten Körper ausgraben, die Sach also, wie vorgeben worden, befunden, und dar auf denselben auf dem Scheiterhaufen verbrennt, und die Asche zerstreuet, über welches nachmalen der Donner nit mehr, wie zuvor, eingeschlagen.


Grab, Echo, Rab.


Aus Befehl des Kaisers Augusti, mußten alle Leut in der Welt beschrieben werden, welchem Gebot auch wollte nachkommen Joseph, ein Gespons Mariä, dahero zu solchem Ende mit erstgedachter heil. vermählten Jungfrauen sich nacher Bethlem begeben, daselbst allerseits eine Einkehr gesucht, aber keine gefundem, dann es waren schon alle Häuser mit Volk angefüllt, und nach Aussag des Evangelisten Lucä: Non erat eis locus in diversorio c. 2. So war vor Jesu, Maria, Joseph kein Platz noch Ort im Wirths-Haus, und die seligste Mutter war dazumal schon auf der Zeit, da sie Jesum sollte gebären, aber [68] für sie war kein Platz im Wirths-Haus, mußten demnach Noth halber in einem armen Stall bei Ochs und Esel die Herberg nehmen, weil für sie kein Platz im Wirths-Haus. Die Wahrheit zu bekennen, glaube ich, daß unser lieber Herr bei den wilden Thieren lieber Einkehr genommen, als im Wirths-Haus, dann mehrentheils an dergleichen Orten nit allein die Leut sondern auch die Laster logieren, und heißt oft ein Wirthshaus beim weissen Kreuz, da doch der Teufel daselbst seinen Tummelplatz hat, und solches forderist wegen der Spiel-Leut, welche allerlei üppigem Tanzen und Springen häufigen Anlaß geben, gewiß ists doch, daß die Spiel-Leut mehrentheils besser seyn, in Saiten als in Sitten, dahero sie nit allein Springen und Hupfen verursachen, sondern machen auch, daß man zugleich die Ehrbarkeit mit Füßen tritt.

Cantipratanus schreibt, daß in Flandern seye gewest ein Spielmann oder Pfeiffer, welcher an einem vornehmen Festtag die jungen Leut mit Pfeiffen und unzüchtigem Singen, wie dergleichen Lotter-Gesindel zu thun pflegt, zu allerlei Tanzen und Muthwilligkeiten angereizt; dahero Gottes Straf nit mehr hat können verweilen, sondern hat diesen durch einen erschrecklichen Donnerstreich zu Boden geworfen, und den rechten Arm gänzlich von dem Leib abgetrennt, worauf alsobalden zwei große kohlschwarze Hund den Arm mit sich geschleppt, und nachmalen verschwunden. Aber Gott wollte auch nit vergonnen dem vermessenen Gesellen eine ehrliche Begräbnuß, dessen Seel schon gebrunnen in der Höll. Wie nun des andern Tags auf vielfältiges Ersuchen und Bitten, fast wider den [69] Willen des Pfarr-Herrn besagter obiger Körper in ein geweihtes Ort begraben worden, so ist solcher unsichtbarer Weis durch die böse Feind hinweg genommen worden, daß man also nichts anders als das leere Grab gefunden.


Grab, Echo, Rab.


Es glaubte Petrus, daß er ein großes Lob werde davon tragen, wie er dem Malcho ein Ohr abgehauen, aber anstatt des Preisen hatte er ein Verweisen, ja es ihm von dem Heiland befohlen worden, daß er den Säbel alsobald solle einstecken, als wollte der Herr Jesus sagen, daß er anstatt des Degen als römischer Papst ein anders Gewehr werde brauchen, benanntlich die Exkommunication und geistlichen Bann, wodurch auch der Uebermuth mancher gekrönten Häupter gedämpft worden. Der heilige Gundisalvus Amarantius aus dem berühmten Dominikaner-Orden, wollte auf eine Zeit in seiner Predigt den gemeinen Leuten zu verstehen geben, was große Wirkung in sich habe eine rechtmäßig gefällte Exkommunication, und wie daß solche auf keine Weis zu verachten seye, also hat er einen großen Korb voll mit schneeweißen Semmeln exkommuniziret, worauf besagte Semmel alsobald in kohlschwarzes Brod verkehrt worden, sobald er aber nachmals solchen Bann wiederum aufgehebt, und absolviret, ist das schwarze Brod wiederum in die schönste Semmel verwandlet worden.

Forderist aber hat solches erfahren ein Soldat in der katurcensischen Diöces, welcher von der Exkommunikation noch nicht entbunden, mit Tod abgangen, und ohne Wissen des Bischofs daselbst in der [70] Kirche des hl. Petri begraben worden, des andern Tags aber ist der Körper ganz nakend ausser dem Grabe gelegen, man hat solchen mehrmals an besagten Ort gelegt, und das Grab mit einem großen Stein bedeckt, und zwar fünfmal nacheinander, aber niemals hat die Erde diesen verdammten Brocken können verdauen, sondern allezeit von sich geworfen, woraus männiglich hat unschwer abnehmen können, daß er eines ehrlichen Grabes nicht werth sey, daher anderwärts den Leib hingeworfen, wo er etwa den Raben zu Theil worden.


Grab, Echo, Rab.


Ihr Kothbutten, ihr Mistkonfekt, ihr gefirneiest Erdschrollen, ihr muffende Krauttöpf, ihr glänzende Madensäck, ihr gemalte Sautrög, ihr überzogene Waidschwammen, ihr polirte Luder, ihr verzuckerte Aas, ihr vermäscherte Elendhäut, ihr versilberte Eiterbotzen, ihr verwüster Wust (euch verstehe ich hoffärtigen Weiber) und zwar diejenigen, welche mit dem von göttlicher Allmacht ertheilten Bildnuß nicht zusrieden, sondern selbes mit allerlei erdenklichen Mitteln suchen zu verbessern, ihr sollt euch spiegeln an dem wunderthätigen Mariabild am Neckar, welches neben andern unzählbaren Mirakeln auch dieses wirkt, daß es sich von keinem Maler, so schon öfters geschehen, läßt renoviren, oder mit Farben überziehen, sondern behält allemal die vorige Gestalt. Aber macht euch nur mit fremdem Anstrich roth, der Teufel wird es euch zu seiner Zeit braun genug machen.

Das hat mit ihrem ewigen Untergang erfahren jene von der Pagato 2. fol. 508. n. 16. erzählet, [71] welche absonderlich fast alle Tage ihr Angesicht mit fremdem Anstrich übermalet, und nach viel ergangenen Ermahnungen von solcher verruchter Gewohnheit nicht abgestanden, sondern noch freventlich sich hören lassen, es sey ihr nicht so viel an Gottes Angesicht gelegen, sie möge dasselbe sehen oder nicht, als an ihrem; o Bestia! Nachdem solche mit Tod abgangen, ist sie Zweifelsohne wegen der ehrlichen Freundschaft an ein gutes Ort begraben worden? aber die Erde, so sonst kein Unflath weigert, wollte dieses Aas durch sondern Willen Gottes nicht in ihrem Schoos leiden, sondern hat ihn mit aller Gewalt wieder von sich geworfen. Der Vater, so dazumal noch im Leben, hat sie nachmals lassen mit dem Sand zudecken am Ufer des Meeres, aber dieser wollte auch nicht einen Deckmantel abgeben dieser Bestie; weil endlich der Vater gesehen und wahrgenommen, daß diese seine unglückselige Tochter keines Gras werth, also ist er in diese Worte ausgebrochen: weil der Teufel die Seele hat, so kann er den Leib auch nehmen; worauf in Gegenwart Männlichen der verdammte Körper verschwunden und Zweifelsohne den höllischen Larven hinweg geführt worden.


Grab, Echo, Rab.


Unser Herr und Heiland traf auf eine Zeit ein samaritanisches Weib an bei dem Brunnen, Wasser zu schöpfen, sonst findet man mehrere Weiber beim Wein, als beim Wasser. Nachdem er mit ihr eine kleine Zeit eine Ansprach gehabt, und ihr nicht ein wenig das Gewissen gerührt, so schafft er ihr, voca virum tuum, sie soll ihren Mann herzu rufen; [72] unserm gebenedeiten Erlöser, vermög seiner göttlichen Allwissenheit war gar wohl bekannt, daß dieser nicht ihr rechter Mann sey, sondern daß sie mit ihm in stetem Ehebruch lebe, wann dann dem also, warum sagt der Heiland nicht: voca adulterum tuum, rufe deinen Ehebrecher? deinen unzulässigen Beischlaf, deinen Hustentreiber. Darum gibt die Antwort, Dion. Carthus. darum nannte er diesen Gesellen ihren Mann und nicht einen Etcaetera; weil er sogar nicht den bloßen Namen der Unzucht wollte aussprechen. O Gott! O Himmel! ein jeder Priester vertritt Gottesstelle auf Erden, und also soll er dergestalten einen reinen und keuschen Wandel führen, daß ihm sogar kein ungereimtes Wort von der Zunge soll kommen. Aber leider! man sieht und spürt zuweilen das Widerspiel, und findet sich zu Zeiten unter dieser gesalbten Schaar auch etwas Geschmiertes, ja die nicht allein fremdes Feuer mit jenen zwei Leviten Nadab Abiu, zu dem Altar bringen, sondern gar mit dem schädlichen, schändlichen Venusfeuer entzündet seyn.

Von einem dieses Gelifters schreibt der heilige Cyrillus solchergestalten, wie daß in einer Kirche bei Tag und Nacht ein steter Tumult und erschreckliches Getös gehört worden, welches den guten Leuten nicht einen geringen Schrecken eingejagt, zumal auch die Pest nicht wenig die Stadt betrübt. Als nun auf eine Zeit der Bischof daselbst mit dem gesamten Volk eifrigst in dem Gebet begriffen, und die Hände aufgehebt zu dem allerhöchsten Gott um Abwendung dieses Uebels, sodann ist der hl. Hieronymus in großer Glorie erschienen und anbei geoffenbaret, wie daß in[73] gegenwärtiger Kirche ein Priester begraben liege, welcher einen lasterhaften und unzüchtigen Wandel geführt, werde also lang und so viel das Uebel kein Ende nehmen, bis solcher verruchter Körper aus der geweihten Erde geworfen werde. Worauf dann unverzüglich solches werkstellig gemacht, und der Leib zu Asche verbrennt worden.


Grab, Echo, Rab.


Wohl recht fangt das Wörtlein von dem Buchstaben G an, das ist so viel als Ge G. Was Uebel schmiedet das Geld? G Was Unheil kochet aus das Geld? G Was Narren macht das Geld? G Was Seelen stürzt das Geld? G Was Augen verblendet das Geld? G Was Gemüther verführt das Geld? G Was Herzen bethört das Geld? G Was Schaden macht das Geld? Das Geld ist rund, und macht doch viereckigte Narren; das Geld ist von Silber und Gold, und hat doch eiserne Kräfte; das Gold ist klein, und wirkt doch große Dinge. Von Simon Mago schreibt Anastasius Nicenus, daß er eine große Menge der Leut habe nach sich gezogen, und auf seine Seite gebracht; viel Männer, viel Weiber, viel Kinder, viel Alte, viel Junge, viel Reiche, viel Arme zogen mit ihm, glaubten an ihn, hieltens mit ihm, was war dann dessen eigentliche Ursach, daß er ein großes Volk bethört hat? Obberührter Autor gibt die Antwort, wie daß Simon Magus neben andern Zauberkünsten und teuflischen Verblendungen sich habe öfters in lauter Geld verkehrt, und öfters vor dem Volk wie eine von Gold gegossene Statue oder Bildnuß gestanden, und dieses[74] sey die meiste Ursach, warum so viele Leute mit ihm seyn gewandert; dann die Menschen das Geld weit kräftiger zieht, als der Magnet das Eisen. Neben unzählbaren Geschichten ist folgende nicht die geringste, woraus abzunehmen, gggggg, was Seelen das Geld stürze!

Der hl. Gregorius, Pabst, schreibt selbst mit seiner allzu wahrhaften Feder, daß ein Weibsbild gewest sey, welche unter dem Schein der Andacht stets die hl. Orte, so von Wunderthaten berühmt waren, besucht habe, und folgsam bei dem gemeinen Volk in solchen Ruhm kommen, daß sie fast von Männiglich für heilig gehalten worden. Unterdessen aber brachte sie einen großen Schatz von Geld zusammen, und war ihre vermäntelte Andacht nur dahin gerichtet, wie sie möchte viel Geld zusammen raspeln, ihren unersättlichen Geiz hiedurch zu speisen. Nachdem sie viel und lange Jahre die verdammte Geldsucht hinter dem Vorhang der Heiligkeit verborgen, und endlich das Zeitliche verlassen, so hat sie kurz zuvor allen ihren Schatz in die Erde vergraben, ihre Seele aber auf ewig dem Satan eingehändiget. Die gute Meinung von ihrer äußerlichen Heiligkeit hat vermöcht, daß sie sehr stattlich mit Begleitung des häufigen Volks zur Erde bestattet worden. Aber der gerechte Gott wollte nicht zulassen, daß ein solcher Leib sollte in einem ehrlichen Grab liegen, dessen Seele schon brennt in dem ewigen Feuer, daher geschehen, daß nach ihrem Tode ein erbärmliches Geschrei aus dem Grabe gehört worden, und zwar diese deutlichen Worte: Es brennt, es brennt, es brennt [75] mich. Wie man letztlich das Grab eröffnet, und die Todtentruhe abgedeckt, hat man gesehen, daß ein teuflisches Gespenst ihr immerzu zerlassenes Gold in das Maul und Rachen gegossen, welches eine genugsame Ursach gewesen, daß sie nachmals des ehrlichen Grabes beraubt worden.

Judas ein Dieb geistlicher Güter
Judas ein Dieb geistlicher Güter.

Daß Judas ein Dieb gewesen, ist bereits bei uns ein wahrhafter Glaubensartikel, massen solches das hl. Evangelium klar und deutlich bestätiget: Fur erat. Allein ist zu wissen, daß sein Diebstahl kein gemeines Verbrechen gewesen, wie bei mehrern henkermäßigen Gesellen zu sehen, sondern er ist ein Oberhaupt gewesen aller Kirchenräuber, ein Rädelsführer aller derjenigen, so an geistlichen Gütern wider allen Fug und Gerechtigkeit gewaltthätige Hand anlegen, und zwar aus doppelter Ursache; dann erstlich hat er diebischer Weise entfremdet das Geld, welches unserm Herrn und Heiland dann auch dem hl. apostolischen Kollegio gehörig gewesen, nachmals hat er die dreisig Silberlinge, um die er das allerhöchste Gut verkauft, von den Hohepriestern der Juden angenommen, welches Geld, zumal es aus dem Tempel war, weder die gewissenlose Priesterschaft konnte geben, weder der gottlose Gesell konnte annehmen. Es hat aber der [76] verruchte Böswicht Judas in dieser seiner Unthat sehr viel Nachfolger und Discipel.

Unser lieber Herr und Heiland hat in selbst eigner Person zu Jerusalem alle diejenigen, so mit Tauben gehandelt, zum Tempel hinaus gepeitscht. Den Adam samt seiner Mitkonsortin hat Gott aus dem Paradies gejagt durch einen Engel. Die Amoräer hat Gott aus ihrem Vaterland vertrieben durch Mucken und Wespen. Das ganze assyrische Kriegsheer hat er zu Boden gelegt durch einen Engel; aber wie er die leichtfertigen Taubenhändler im Tempel hat angetroffen, da wollte er solche Böswichte nicht strafen durch andere, sondern er selbst macht aus den Stricken, womit Stände, Butten, Kräxen und Tische gebunden waren, eine Geisel, und jagt die gewissenlosen Gesellen zum Tempel hinaus samt ihren Tauben. Hat nun der gebenedeite Heiland sogar die Tauben nicht wollen gedulden in seinem Tempel, wie viel weniger kann er darin leiden die Raubvögel, deren doch sehr viel gewest, und noch seyn, welche Kirchenschätze und geistliche Güter mehrmals zu sich ziehen, aber selten ja fast nie ohne sondere göttliche Strafe davon kommen.

Balthasar, der babylonische König, als er seinen Vater, jenen großen Nabuchodonosor, nachdem er todt, in dreihundert Stück zerhauen lassen, damit er nicht mehr vom Todten erweckt würde, dieser Balthasar stellte einst ein sehr großes und stattliches Banquet an, wobei der höchste Adel, das vornehmste Frauenzimmer und eine große Menge der Kebsweiber erschienen. Nachdem nun der Wein dem König in [77] den Kopf gestiegen, hat er alsobald den Befehl ertheilt, man soll alle goldenen und silbernen Geschirre, die sein Vater aus dem Tempel zu Jerusalem geraubt, her bei bringen, und daraus alle gegenwärtigen Gäste wacker Bescheid thun. Aber Gottes Strafe konnte nicht lange ausbleiben, in Ansehung des großen Kirchenraubes; dann obschon besagter König solchen Kirchenschatz nicht geraubt, sondern nur sein Vater, weil er aber diesen unrechtmäßig behalten, und nicht wiederum dem Tempel erstattet, also ist er ebenfalls als ein vermessener Kirchenräuber beschuldiget worden, und folgsam der göttlichen Rache unterworfen, massen noch bei dieser währender Mahlzeit eine Hand ohne Arm an der Wand erschienen, und ihm den Untergang angedeutet, so noch in selbiger Nacht vollzogen worden; dann etliche Stunden hernach die Persianer mit großer Macht die Stadt Babylon eingenommen, erstbenannten König erwürgt, als Frauenzimmer niedergehaut, Fürsten und Granden gefangen genommen, und folgsam das ganze Königreich in fremde Hände gerathen. Solche Strafe verdiente der Kirchenraub.

Wie Petrus samt wenig andern auf den Befehl Christi, so dazumal gegenwärtig war, den großen Fischzug gethan, da hat er vermerkt, das Netz möchte ihm zu schwer seyn, und folgsam ohne Lebensgefahr nicht ablaufen, wessenthalben sie etlichen andern Fischern, so nit weit von ihnen, mit den Händen gewunken, sie sollen ihnen dießfalls beispringen, und einige Hülfe leisten, annuerunt Sociis, wie kommts aber, daß sie nicht schrien oder pfiffen haben, wie dergleichen Leut zu thun pflegen? etwa seyn die andern [78] gehörlos gewest, das nicht, das wohl nicht, sondern sie haben derentwegen kein Geschrei gemacht, noch weniger ein ungereimtes Pfeifen vollbracht, weil sie gedacht, daß dergleichen Sachen nicht geziemen an einem Ort, wo der Herr und Heiland gegenwärtig ist. Dion. Carthus. in Luk. Geziemt sich das nicht und scheint gar ungebürtig, an einem Ort zu schreien, wo Christus gegenwärtig, wie viel weniger reimt sich, ja wie viel sträflicher ist es, wann jemand sogar zu stehlen und rauben sich vermesset aus dem Tempel, allwo Gott selbst gegenwärtig. Dergleichen Frevel werden selten ungezüchtiget gelassen.

Zu Bilbai in Spanien ist ein wunderthätiges Bildnuß der Mutter Gottes Maria, allwo sich neben vielen andern dieses Denkwürdige zugetragen: Anno 1523 hat bei nächtlicher Weil ein vermessener Dieb das heilige Bildnuß völlig beraubt, und sehr kostbare Kleinodien davon getragen. Endlich wollte er auch die guldene Kron von dem Haupt nehmen, welches aber die Mutter Gottes, als eine Königin Himmels und der Erde nicht wollte zulassen, sondern die Hand dieses hölzernen Bildnuß hat dergestalten den Arm des Diebs gehalten, daß er von solchem Raub mußte abstehen. Gleichwohl ist der gottlose Mensch hiedurch nicht in sich gangen, sondern mit dem andern Raub davon gangen, aber nicht nach seinem Wunsch oder Verlangen; dann als er bei einer großen Schaafheerde wollte vorbei gehen, da hat sich ein großer Widder hervor gemacht, den Dieb mit seinen Hörnern dergestalten beängstiget, daß er endlich von diesem Duell ganz matt mußte den Rückweg nehmen. Wie er nun[79] einen andern Weg gesucht, und dermalen eine große Kühheerde angetroffen, da hat sich alsobald ein Ochs hervor gemacht, und den Dieb dermassen beunruhiget, daß er wiederum dem hartnäckigen Ochsenkopf mußte den Sieg lassen, und anderwärts einen Weg suchen, aber auch dießmal in seiner Hoffnung betrogen worden. Dann als er wollte durch ein sehr angenehmes Wäldlein, so ihm vorhin nur gar wohl bekannt, mit guter Gelegenheit durchpassiren, hat er dasselbe also mit Gesträuß und Dornhecken verwachsen gefunden, daß ihm unmöglich mehr gewesen, weiter zu gehen, mußte also Mattigkeit halber sich niederlegen und schlafen. Unterdessen in der benachbarten Kirche allwo er den Raub begangen, haben von freien Stücken ohne einige Handanlegung eines Menschen die Glocken sich selbst geläutet, wodurch männiglich veranlaßt worden, in die Kirche zu laufen, und sobald sie daselbst das spolirte Maria-Bildnuß gesehen, haben sie unschwer können abnehmen, daß die Glocken den Kirchenräuber wollen verrathen, wie auch bald geschehen, massen sie ihn unter einem Baume schlafend gefunden, und nicht lang hernach zur verdienten Strafe gezogen. Bleibt also der Kirchendiebstahl selten ohne Strafe.

Wie bei nächtlicher Weile der Patriarch Jakob die Leiter gesehen, an welcher die Engel auf- und abstiegen, und oberhalb Gott selbst die Leiter gehalten, da ist er über alle Massen hierüber erschrocken, ja sogar aufgeschrien, wie erschrecklich ist dieses Ort. Aber was ist doch die Ursache gewest solches Schreckens? diese und keine andere. Es ist ihm dazumal [80] geoffenbaret worden, daß an diesem Ort inskünftig der schöne salomonische Tempel soll gebaut werden, worüber er sich auf alle Weise entsetzt hat, in Erwägung, daß er an einem solchen Orte geschlafen und folgsam wider den gebührenden Respekt gehandelt, an welchem Ort eine künftige Wohnung Gottes sollte werden. Lyran in hunc loc. Hat sich derenthalben der fromme und gottesfürchtige Jakob geforchten, weil noch nicht wirklich daselbst ein Tempel gestanden, sondern erst inskünftig soll aufgerichtet werden. Wie können sich dann freventlich unterfangen einige gewissenlose Leute, so bei nächtlicher Weil gar die Tempel bestehlen und ausrauben? Gewiß ist es, daß solche Unthat fast nie ungerochen bleibt.

In Sabaudia nicht weit von Kantusia ist eine sehr schöne Kirch, so von alten Zeiten her dem heil. Pankratio gewidmet, allwo auch erstgedachten heil. Martyrers Reliquien und Heiligthümer aufbehalten werden. In diesem Tempel wegen der großen Verdienste des heil. Pankratii geschehen über alle Massen viel Mirakel und Wunderwerk, unter denen nicht das geringste, so sich mit einem zugetragen hat. Dieser führte einen ehrlichen Handel und nahm meistentheils seinen Weg bei solcher Kirch vorbei. Einmal mangelte ihm ein Stecken, womit er seinen Sämesel konnte besser antreiben, machte ihm derowegen keinen sondern Skrupel, sondern nimmt aus besagter Kirche eine Krucke, deren eine große Anzahl daselbst gehangen, und braucht solche anstatt des Steckens; kaum aber, daß er eine Viertelstund von dem Ort kommen, da ist ihm augenblicklich durch eine unsichtbare Hand und[81] Gewalt der Hals dermassen umgetrieben worden, daß ihm das Angesicht auf dem Rücken gestanden, auch so lang verblieben, bis er solche Frechheit genugsam bereuet und dem heil. Martyrer Pankratio allemal, so oft er werde vorbeireisen, zwei Pfund Oel versprochen, worüber er zu voriger Gesundheit gelanget.

Zu dem Abraham kommen auf eine Zeit drei Engel in Gestalt der Fremdlinge und nehmen bei ihm die Einkehr, zumal er sehr freundlich gegen alle Gäste. Da er sie nun wohl traktiret und den guten Willen samt dem Werk erwiesen, da bringen sie ihm die Zeitung, daß ihm ein männlicher Erb werde geboren werden, welches der Sara, so dazumal aus weiblichem Vorwitz hinter der Thür zugelost, eine Ursach geben, daß sie hierüber gelacht und geschmutzt hat, zumalen sie bereits eines hohen Alters, welches sie selbst bekennt, so sonsten andere Weiber niemals recht bekennen, sondern allzeit für jünger wollen angesehen seyn. Der Engel wirft alsobald dem Abraham vor, warum die Sara gelacht habe, als müßte ein Mann als Oberhaupt Rechenschaft geben von allem Thun und Lassen seines Weibs? aber soll dann ein wenig Lachen ein so großes Verbrechen seyn? Das Traktament daselbst war ein Sinnbildnuß des höchsten Altars-Geheimnuß, das Tentorium oder Hütte aber ein Tempel; daher wollte der Engel zu verstehen geben, daß es fich gar nicht gebühre, an einem solchen Ort im wenigsten zu lachen. Procop. apud Cornel a Lapide. Kann nun der allmächtige Gott an einem solchen Ort das Lachen nicht leiden, wie mißfällig wird es dann ihm fallen, wann man daselbst raubt und stiehlt. Allen [82] solchen verruchten Leuten kann die göttliche Straf nicht lang ausbleiben.

An einem Ort, Schönfeld genannt, hat sich ein kecker Dieb unterfangen, aus der Kirche des heil. Aethelberti einen schönen und kostbaren Teppich zu rauben, massen er durch die Mauer zu ebner Erde ein Loch gemacht, wodurch er gar leicht und ohne einige Beschwernuß hat können hineinschliefen; wie er aber mit der reichen Beut wiederum wollte den Rückweg nehmen, und bereits mit dem halben Leib unter dem Loch begriffen, da hat sich durch sondere Verhängnuß Gottes die obere Mauer also auf seinen Rücken gesenkt, daß er weder für sich, noch hinter sich konnte, und solang mußte verbleiben, bis des andern Tages männiglich zu diesem Spektakul kommen. Wie nun der gottlose Kirchenräuber vor allem Volk zu Schanden worden, da hat sich wunderbarlich die Mauer wieder in die Höhe gehebt, und der vermessene Dieb gar leicht seinen Ausgang gewonnen.

O verruchte, verfluchte Hand Malchi! welche sich so weit vermessen, daß sie sogar dem göttlichen Angesicht Christi des Herrn, welches alle englischen Geister mit so großer Ehrenbietsamkeit anbeten, einen harten Backenstreich versetzt: soll dann nicht Donner und Hagel diese Schmach gerächet haben? soll dann nicht Feuer und Flammen sich ihres Schöpfers angenommen haben? soll dann die Erd diesen Bösewicht nicht lebendig verschlickt haben? soll dann die Luft haben diese Unthat ungerochen lassen? soll dann das Wasser, ob es schon eines weichmüthigen Herzens, nicht hart verfahren seyn mit diesem vermessenen Bösewicht? [83] nichts ist geschehen, geschehen ist nichts weiter, als daß der sanftmüthigste Heiland in diese kurze Wort ausgebrochen: Cur me caedis? Warum schlägst du mich? Entgegen unterstehet sich einmal der König Jeroboam, den Propheten des Herrn in dem Tempel zu fangen, und sobald er nur die Hand ausgestreckt gegen erstbenannten Diener Gottes, da war schon die göttliche Straf gegenwärtig, massen die Hand alsobald völlig verdorret, todt, unbrauchbar worden. Allmächtiger Gott! warum wird Malchi Hand nicht gestraft, welche eine weit größere Unthat begangen, als die Hand Jeroboam? darum, sagt der weltkundige pacensische Bischof, darum, sagt dieser hocherleuchte Cerda, darum, weil der Malchus eine Schmach Christo dem Herrn angethan, Jeroboam aber dem Tempel, die Schmach aber des Tempels hat Gott höher und härter angezogen, als die seinem eingebornen Sohn angethan. Wann Gott solche gewaltthätige Händ nit kann gedulden in seinem Tempel, wie viel weniger wird er leiden die räuberischen.

Guilelmus, mit dem Zunamen Ruffus der Rothschädel, hat um das Jahr Christi 1100 einen elenden Tod genommen, dann als er sich auf eine Zeit mit einer Jagd erlustigte, und einem Kavalier mit Namen Walthero Tyrell ernstlich befohlen, er solle einen Hirschen, so unweit von ihm gestanden, schießen, siehe! da ist der Pfeil zurückgeprellt, und dem König das Herz völlig durchdrungen, worvon er augenblicklich todt niedergesunken. Weil dazumal niemand gegenwärtig als ein armer Kohlenbrenner mit einem schlechten Karren, woran ein alter Schimmel gespannt war, also mußte [84] dieser den Körper des Königs, welcher alsobald mehr erschwarzet, als alle Kohlen, die in seiner Kohl-Kreinzen, in die Stadt führen. Wie er nun in die größte Koth-Lache kommen, da ist, ungezweifelt durch sondere Verhängnuß Gottes der Karren völlig zerbrochen, daß also der königliche Körper im Koth und Wust bis über die Ohren gelegen. In derselben Stund hat der vornehme Graf Nortumbriä ebenfalls auf der Jagd einen großen schwarzen Geißbock, worauf der König geritten, angetroffen, und als solcher in dem Namen der allerheiligsten Dreyfaltigkeit beschworen worden, was dieses bedeute, hat dieser die Antwort geben, wie daß er ein Teufel aus dem Abgrund der Hölle sey, und führe den rothköpfeten König Guilelm zum göttlichen Gericht. Dieser war König in England, und regierte dreizehn Jahr. Dieses seines zeitlichen und ewigen Untergangs ist keine andere Ursach gewest, spricht Matth. Parisiens., als der große Raub, den er von den Kirchen-Gütern gezogen.

Ehr-vergessene, Lehr-vergessene, Gott-lose, Gewissen-lose, boshafte, schalkhafte, verruchte, verfluchte Gesellen und Böswicht seynd die Juden gewesen, welche in Allweg den Heiland Jesum nicht anderst verfolgten, als wie die Wölf und Schaaf, wie die Geier eine Taube, wie die Hund einen Hasen. Ein Licht war Christus, dieses Licht haben höchstermassen gehasset die jüdischen Nachteulen; eine Rose war Christus, diese Rose haben nicht können leiden die jüdischen Koth-Käfer; ein Meer, und zwar grundlos in der Gütigkeit war Christus, und dieses Meer haben die hebräischen Wind nie mit Ruhe gelassen. Alle[85] ihre Gedanken waren, wie sie doch konnten den Herrn aus dem Weg raumen, alle ihre Wort waren, wie sie möchten Jesum Nazarenum fangen, und solche Gelegenheit haben sie nie besser gehabt, nie bequemer gehabt, als in dem Tempel, und dannoch, merks wohl, und dannoch haben sie ihn im Tempel mit Fried gelassen: Quotidie apud vos eram in templo, et non tenuistis me. So seynd dann alle Kirchenräuber gottloser und vermessener, als dazumal alle Hebräer und Juden, zumal vor solchen Christus der Herr samt seinem Hausrath nicht sicher in der Kirche. Aber wehe, wehe solchen.

Drei boshafte Gesellen seynd bei eitler Nacht in die Kirche des hl. Vincentii eingestiegen, und daselbst nicht allein den ganzen Kirchenornat samt den besten Meßgewändern geraubt, sondern sogar den Tabernakel aufgebrochen, und das goldene Gefäß, worin das höchste Gut aufbehalten worden, entfremdet; wie sie aber mit solcher Beute sich wiederum wollten aus der Kirche machen, da konnten sie auf keine Weise einen Ausgang finden. Nachdem sie bereits die halbe Nacht in der Kirche herum gezogen, hat sich einer mit aller Gewalt in die Höhe begeben, aber alsobald einen so unglückseligen Fall gethan, daß ein Fuß oberhalb in dem Fenster, der andere Leib aber samt dem Kopf gegen die Erde hangen geblieben. Der andere Dieb tappte so lang in der Kirche herum, bis er endlich zu dem Grab des hl. Vincentii gerathen, woselbst sehr viele Ketten und Fußeisen gehangen der erledigten Gefangenen, welche dann alsobald den Dieb dergestalten angefesselt, daß er sich weder hinter sich noch[86] vor sich konnte wenden. Der Dritte mit seinem steten Tappen und Tasten hat endlich nur ein wenig den Strick des Sakristeiglöcklein berühret, wovon ein solcher Klang durch das angebaute Mönchskloster erschollen, daß hierunter alle vom Schlaf aufgeweckt worden, und folgsam diese drei gewissenlosen Kirchenräuber in wirklicher That ertappt.

Christus der Herr nach seiner glorreichen Urständ ist auf eine Zeit denen Aposteln am Gestad des Meers, gleich dazumalen, als sie in wirklichem Fischzug beschäftiget waren, und nachdem er sie angeredet, ob sie nichts zu essen haben: Da erkannte der liebe Joannes aus der Stimm, daß es unser lieber Herr und Heiland seye, deutet es demnach gleich dem Petro an, welcher alsobald in seinen langen Rock geschloffen, dann er war bloß von oben bis an den halben Leib; Petrus geschwind leget den Rock an, wirft sich in das Meer, und schwimmet zu unsermHerrn. Aber dieses ist ja zu verwundern, daß er die Kleider angelegt. Andere, wann sie wollen durch das Wasser waten oder schwimmen, ziehen vielmehr die Kleider aus. Aber Petrus gedacht, es schicke sich gar nicht, ganz und gar nicht, daß er halb bloß vor unserm Herrn erscheine. Dieses sollen fein merken etliche üppige Schleppsäck, welche mehrmalen sich getrauen, fast halb nackend vor Gott in der Kirche zu seyn. Wann nun Petrus dafür gehalten, daß man in Gegenwart Christi die geringste Unmanier nicht solle begehen, wie strafmäßig handlen dann alle diejenigen, welche sich nicht vor unserm Herrn in der Kirchen, sondern [87] sogar den Herrn selbst und seinen Altar der Kleider berauben. O Missethat, welche nie ungerochen bleibt.

Eduardus der dritte König in England, wie er Schottland mit feindlicher Macht überfallen, und neben andern auch die heilige und gnadenvolle Kapell unser lieben Frauen daselbst insgemein, die weiße Kapelle gänzlich ausgeraubt, ist dergestalten von der göttlichen Gerechtigkeit gestraft worden, daß alle Schiff, worinnen etwas von diesem Kirchenraub gewest, erbärmlich zu Grunde gangen. Einer, welcher dem Gnadenbild der Mutter Gottes die kostbaren Kleinodien von dem Hals gerissen, und mit solchen in Mitte der Kirche geprangt, ist von einem großen, geschnitzleten Krucifix-Bild, so von oben herabgefallen, dergestalten getroffen worden, daß ihm die Hirnschaal mitten voneinander zerspalten. Dieses ist geschehen Anno 1355 nicht weit von Sandintoun.

Ein anderer Dieb, so bei der Nacht in die Kirche des heil. Felicissimi eingebrochen, und daselbst alle kostbaren Sachen entfremdet, hat vermeint, weil er stark gangen, daß er bereits drei Meilen schon von der Kirche entlegen: Aber in der Frühe in Beiseyn des ganzen Volkes hat er sich bei der Kirchen-Thür samt seinem Raub befunden.

Der Prophet Isaias Kap. 6. V. 2. hat auf eine Zeit die göttliche Majestät in dem Tempel gesehen mit großer Herrlichkeit umgeben. Unter andern stunden daselbst die Seraphim, diese so vornehmen englischen Geister, deren jeder sechs Flügel hatte, und mit zweien bedeckten sie das Angesicht, mit zweien thäten sie fliegen, und mit zweien Flügeln verhüllten sie die[88] Füß. Aber warum? Sie hatten ja keine so unfläthige Füß, wie manche Bauern-Trampel, so durch alle Kothlacken treschen? freilich nicht. Aber weil doch die Füß ein verächtlicher Theil des Leibs, also waren sie so ehrenbietig im Tempel, daß sie sich nicht getrauten, solche bloß zu zeigen. Diese waren höfliche Engel, aber zu Zeiten gibts grobe Bengel, die sogar mit diebischen Füßen in der Kirche erscheinen, ja gar bei der Nacht dieselbige bestiegen, und gänzlich spoliren und rauben.

Baronius erzählt, daß Anno 937 ein vermessener Ungar habe wollen die Kirche des heil. Basoli berauben, aber von Gott gleich wunderbarlich gestraft worden. Sobald der boshafte Gesell die erste Hand an den Altar gelegt, da ist solche durch göttliche Wirkung dem Stein dergestalt anklebt, daß er mit keiner Gewalt solche mehr konnte von dem Stein abziehen, bis endlich einer seiner Mit-Kameraden um die Hand rings herum den Stein hinweg gestemmt; haben gleichwohl nicht verhindern können, daß der gottlose Mensch nicht wäre gestraft worden, massen er ein ziemliches Trumm vom besagten Altar-Stein die Zeit seines Lebens mußte an der Hand herum tragen.

Ein Priester sogar hat seines Gewissens vergessen, und aus der Gnadenkapelle unser lieben Frauen de Madia genannt, guldene Arm-Bänder von besagtem Mirakul-Bild hinweg geraubt, aber alsobald die Rach des Himmels erfahren, massen er bei dem hellichten Tag die Kirchenthür nicht mehr konnte finden, sondern in der Kirche hin und her, um und um gangen, gleichwohl keinen Ausgang gefunden. Als endlich der Sakristan vermeint, der gute Geistliche habe [89] einen Mangel an den Augen, oder seye etwan gar blind, hat er ihn bei der Hand genommen, damit er ihn möchte zu der Kirchen-Thür bringen, aber nachmals nach aller angewandter Mühe haben beide die Thür nicht können treffen, bis endlich der vermessene Priester in sich selbst gangen, das entfremdete Gut wiederum auf den Altar gelegt, ein so hartes Verbrechen bereuet, nach solchem hat er unschwer den Ausgang gefunden.

Alle Kirchen pflegt man gegen Orient oder Aufgang der Sonne zu bauen, die Ursach dessen soll seyn nach Aussag Mosis Parcephä, weil das irdische Paradeis im Orient ist, und in dem Aprilgrad, oder dem Paradies die Sonne aufgehet; also beten wir gegen Orient, damit wir wiederum dahin kommen, wo wir samt dem Adam seynd ausgetrieben worden. In Comment. de Paradis. P. 1. c. 13. Auf solche Weise sollen wir alle in der Kirche gegen Orient schauen, aber leider! viel schlimm und ehrvergessene Leut schauen in der Kirche gegen Untergang, indem sie wegen der vermessenen Diebstähl, so sie im Tempel und Gottes-Häusern begehen, zeitlich und ewig untergehen.

Von unser lieben Frauen-Kirch zu Augsburg werden wunderbarliche Ding ganz glaubwürdig ausgeben, wie daß fast kein einziger Diebstahl, so daselbst begangen wird, ungerochen bleibe. Unter andern wird erzählt, daß einer etwas weniges in besagter Kirche entfremdet, aber gleich darauf ganz unsinnig worden, sich selbsten rasend also angefallen, bissen und zerrissen, so lang, bis er endlich verreckt.

[90] Ein anderer daselbst hat ein Buch mit Silber beschlagen geraubt, und nachmal um solches ein Pferd eingehandelt, sprechend, das Pferd könne er weit besser brauchen als das Buch, dann er doch weder Doktor noch Pfaff werde seyn. Als ihm aber sein gewissenhaftes Weib dessenthalben einen ernstlichen Verweis geben, mit Vorwendung der großen Straf, deren selten die Kirchenräuber befreit seyn. O Närrin! sagt er, schau du auf die Kühe, mich gehen die Roß an, tätschelt hierüber das Pferd, und streichts über den Rucken, voll der Freuden, daß er einen so guten Klepper mit so leichter Mühe bekommen; aber siehe Wunder! mitten unter dem Tätschlen schlägt das Pferd ihn ganz maustodt. Ob er nun in die Hölle gefahren oder geritten, will ich es nicht disputirlich machen.

Wie der König Saul in der Schlacht das Kürzere gezogen, und bereits sein Glück der Kehraus gesungen, da hat er dem Amalekiter befohlen, er solle ihn umbringen, dann ihn so große Aengsten überfallen, daß er lieber todt als lebendig wolle seyn. Was müssen dieses für Aengsten gewesen seyn? der werthe Sylpharia zieht es aus dem hebräischen Text, und sagt, daß unlängst vorhero der Saul den Tempel Gottes ausgeraubt habe, und alle dessen priesterliche Ornat und Kleidungen unter seine Soldaten ausgetheilt; solcher Kirchen-Raub habe ihm so große Bestürzung und Herzens-Wehmuth verursachet, daß er nicht mehr wollte leben. Wehe aber und wehe allen Kirchen-Dieben!

Kaiser Leo hat einen sehr kostbaren guldenen Kelch, mit vielen theuren Steinen versetzt nach Lüttig [91] geschickt, durch einen seines Erachtens gar getreuen Menschen, welcher daselbst im Namen Ihro Majestät solle der Kirche offeriren, der Bote oder Träger dieses kostbaren Geschenks ist ungefähr unter Wegs zu einem verschmitzten Gold-Schmied gerathen, welcher alsbald den gottlosen Einschlag geben: Er wolle einen andern Kelch von Silber, doch schön vergüldt verfertigen, und ebenfalls mit diesen steinernen Zierrathen, den guldenen aber wollen sie beide in gleicher Portion mit einander theilen. Der gottlose Anschlag war alsobald beiderseits für genehm gehalten: Anstatt des guldenen Kelchs einen silbernen geopfert. Wie der Uebertrager aber seine Ruckreis wieder zu besagtem Goldschmied genommen, und das Gold bereits wollen theilen, da ist die göttliche Rach über sie gestiegen, massen durch ein gäh entstandenes Erdbeben, die Erde ihren weiten und tiefen Grund aufgesperrt, und beide Böswichte lebendig verschlickt.

Es ist zwar ein jedes Ort in der Welt bequem und tauglich daselbst Gott zu loben, und zu betten, wie dann Elias auf einen hohen Berg, Josue in einem tiefen Thal, Jeremias in einer alten Cistern, Daniel in der Löwengrube, die drei Knaben in dem babylonischen Ofen, Jonas im Wallfisch, Job auf dem Misthaufen, Susanna in Mitte zweier alten Schelmen gebeten, aber doch eigentlich ist eine Kirche ein Bet-Haus; massen der Heiland selbsten in seinem rechtmäßigen Zorn, als Er die Hebräer zum Tempel hinaus gepeitscht, gesagt hat: Domus mea: Mein Haus ist ein Bet-Haus. Aber leider! dieses Bet-Haus machen viel Kirchen-Räube zu einem Bettel-Haus, [92] wie dann vor kurzen Jahren die französischen Soldaten in dem römischen Reich dergleichen im Himmel schreienden Kirchen-Raub und Tempel-Plünderung verübet haben.

Anno 1690 den 6. April ist ein wahrhafter Bericht eingeloffen, daß die Franzosen in dem Chur-Pfälzischen, unweit Philippsburg gelegenen Städtlein Bruchall, als die PP. Kapuziner dazumal die Procession gehalten, und das hochwürdige Gut auf dem Altar ausgesetzt stunde, unversehens etliche Hund stark angekommen in die Kirche, allwo man noch in dem Amt der heil. Meß begriffen, mit Feuer und Stroh ohne allen Respeckt und Ehrerbietung des allerhöchsten Guts ganz grimmig eingetreten, den Altar, die Kirche samt dem Kloster so gäh in Brand gesteckt, daß der Priester, so das Hochwürdige aus den Flammen erretten wollen, vom Feuer bald wäre verzehrt worden, wie er dann am Kopf, Gesicht, Händen und andern Theilen des Leibs sehr übel zugericht worden, dannoch aber die Monstranzes, samt dem allerhöchsten Gut den Franzosen zum Raub überlassen müssen. Ja in einer andern Kapuziner-Kirche, hat mir eine glaubwürdige Obrigkeit dessen Ordens erzählt, nachdem die Franzosen das verguldete Ciborium aus dem Tabernakul geraubt, haben sie nachmals in Mitte des Tabernakuls ein Feuer gemacht, und also das schöne Gottes-Haus in Asche gelegt. Ich bin versichert, daß, wofern diese verruchten Kirchen-Schänder noch nicht von dem gerechten Gott zur Strafe gezogen worden, doch bald die so hoch beleidigte göttliche Majestät die Geißel ergreifen werde, und die französischen[93] Mord-Brenner in den Abgrund bei dem verdammten Nero und Attila begraben werde.

Drei Finger seynd an der Wand erschienen, welche das Urtheil und Sentenz geschrieben, und gefällt wider den Kirchenrauberischen König Balthasar. Diese drei Finger haben bedeut die drei göttliche Personen, benanntlich Gott Vater, Gott Sohn, Gott heil. Geist: dahero der Kirchenraub eine solche Missethat ist, daß sogar die allerheiligste Dreifaltigkeit dergleichen Uebelthäter verdammet. Gewiß ist es, daß zuweilen die grundlose Gütigkeit Gottes einige Diebstähle auf der Welt vertuschen läßt, und selbe erst in jener Welt nach Verdiensten straft, aber sobald man die Gottes-Häuser angreift, und den Tempel desHerrn nicht verschonet, da wird selten, ja gar niemalen dergleichen Frechheit ungerochen bleiben.

Was kann doch vermessener seyn, als was sich vor ungefähr achtzehn Jahren hat zugetragen in einer Kirche gewisser Ordenspersonen, dero Namen derentwegen in der Feder verborgen bleibt, weil es ihnen in etwas schimpflich scheinet. Ein schönes Gotteshaus in den kaiserlichen Erblanden liegend, ernährt eine absonderliche Andacht zu einem Heiligen, dessen Altar mit Silber, Gold und Kleinodien nicht wenig geziert ist. In dieser Kirche hat sich bei der Nacht ein frecher Dieb versperren lassen, wobei etwan einige Fahrlosigkeit des Sakristan unterloffen, und besagtes Bildnuß völlig geplündert. Es glaubte der gottlose Dieb, daß frühe Morgens die Kirchenthür ehender werde eröffnet werden, als daß man die Gnadenkapelle werde besuchen. Es ist ihm aber dießfalls der Handel [94] nicht angangen, massen der gute Sakristan gleich anfangs in die Kapelle getreten, allwo er nicht ohne große Bestürzung den völlig geplünderten Altar angetroffen, gedachte also, daß noch bei gesperrter Kirchenthür der Dieb in einem Winkel müsse verborgen seyn. Da solches der Kirchenräuber vermerkt, daß ihm aller Weg zum Fliehen abgespannt, hat er sich der Arglist gebraucht, und alsobald so kläglich lamentirt, auch die Hände und Füße dergestalten zusammen gebogen, daß er scheinte, am ganzen Leib erkrummt zu seyn, seht! sagt er zum Sakristan, seht das große Mirakel, welches sich mit mir zugetragen, indem ich mich freventlich unterfangen, die Kapelle und deren Altar zu berauben, da hat mich Gott gestraft, daß mir Hände und Füße erkrummt, und folgsam alle Glieder unbrauchbar worden, geht demnach hin mein lieber Frater, und zeigt solches eurer Obrigkeit an, damit solches Wunderwerk aller Orten lautmährig gemacht werde. Der fromme Frater vermerkt hierinfalls den wenigsten Betrug, lauft voller Freuden zu der Obrigkeit hinauf über drei Stiegen; unterdessen hat sich der vermessene Schelm ungesäumt zu der Sakristei hinaus gemacht, dem auch der Portner, weil ihm die Komödie noch nicht bewußt, gern die Thüre eröffnet. Wie nachmals die meisten Geistlichen in die Kirche geloffen, der Meinung, den krummen Dieb zu sehen, war der Erzvogel durch seine erdachte List schon ausgeflogen, doch das Mirakel hinterlassen,Scilicet, daß er aus einem Krummen gerad worden. Wer hat doch mit der Güte Gottes können vermessener umgehen, als dieser schalkhafte Böswicht? und ja[95] höchst zu verwundern, daß Gott nicht alsobald solche Frechheit gestraft. Aber der Höchste hat zuweilen einige Geduld, und erwartet die Zeit, da er nachmals mit der bishero eingeweihten Ruthe besser darein schlägt, wie dann besagter Erzräuber wegen anderer begangenen Diebstähle nicht lang hernach unter des Henkers Händen die schon längst verdiente Strafe hat müssen ausstehen.

Endlich lassen wir den Kirchen das Ihrige, sagt mancher, aber den Pfaffen thut es wohl, wann man ihnen wacker schrepft, warum sollen sie so reich seyn? Ihr Leben soll apostolisch seyn, ja wohl apostolisch, vielmehr aprostolisch: Die Apostel haben weder Pfennig noch Heller bei sich getragen, ja die ganze Welt ausgereiset, allenthalben das wahre Christi-Evangelium ausgearbeitet, und dannoch weder Batzen noch Groschen in allem ihrem Vermögen gehabt, sogar nicht einmal einen Sack oder Beutel mit sich getragen. Aber der Zeit findet man nirgendswo mehr Geld und Reichthum als bei den Geistlichen. Vor diesem und zwar bei Anfang des katholischen Glaubens fand man bei den Geistlichen ein rauhes Leben, jetzt aber ein reiches Leben. Wohl recht hat die reiche Silber-Grube im Königreich Böhmen von einer Pfaffen-Kutte ihren Namen, und wird Kuttenberg genennt, dann ja das meiste Silber und Gold bei den Geistlichen anzutreffen. In Spanien schreibt Petrus de Avitis: haben die Religiosen jährlich über zwei Million Dukaten Einkommens. Was erst so viel Erzbischöf und Bischöfe?Der einzige Klerus zu Toleto nimmt jährlich hundert [96] und zwanzig tausend Dukaten ein. Der Erz-Diakonus daselbst gibt sein jährliches Einkommen nicht um fünfzig tausend Dukaten. Was Reichthum besitzen nicht die Geistlichen in Teutschland? Es heißt also nicht mehr sine baculo et pera, wie bei den Apostel-Zeiten, sondern cum baculo et perna. Dann wo seynd feistere Renten und Einkommen, als bei den Geistlichen? wann ich ein Land-Fürst wäre, so wollte ich diesen Kuttambulis die Platten scheeren. Wann man einem die erste Weih gibt, so sagt er, Dominus pars haereditatis meae, und schneidet man ihm derenthalben die Haar ab, damit er nicht ein Haar mehr soll nach der Welt Reichthum streben; aber es heißt dermalen: Dominus pars haereditati meae. Halts Maul einmal mein Schmähler, und lasse mich auch reden. Daß die Apostel arm gewesen, und nicht einen Heller Geld in ihrem Vermögen gehabt, ist alles wahr, und kann in keine Abrede gezogen werden, aber sie konnten sich gleichwohl erhalten, massen fast Jedermann ihnen nothwendige Lebens-Mittel vorgestreckt: So thät auch Autorität durch solche Armuth nicht leiden, massen sie wegen der Wunderwerk, so sie gewirkt, bei Männiglichen in großem Ansehen. Aber dermalen seynd andere Zeiten und Leut. Der Welt-Menschen Freigebigkeit würde sich so weit nicht einlassen, daß sie die ganze Klerisei sollte erhalten: so würde es sich auch nicht reimen, daß ein Pabst, ein Erzbischof, ein Bischof, ein geistliches Ober-Haupt sollte in einem leinenen Küttel von Haus zu Haus das Allmosen suchen: thäte doch solcher Gestalten in kurzer Zeit die Autorität [97] der katholischen Kirchen gänzlich wurmstichig werden, ja wohl gar zu Boden fallen. So gibt es auch der Augenschein, daß die Geistlichen ihre Mittel und Reichthümer nicht in Wollüsten und Uebermuth verschwenden, sondern meistens anwenden zur größern Ehre Gottes, zu Erbauung der Kirchen, und dero Zierd und Ornat, desgleichen auch zu Nutzen des Nächsten. Dann wo finden die armen Leute mehr Hülf, als bei denjenigen Klöstern, so mit jährlichen Renten und Einkommen versehen seynd: Zumalen bekannt ist, daß vor diesem die Benediktiner-Klöster wegen dero Hospitalität die Leute in solcher Menge zu sich gezogen, daß nachmalen ganze Städt zu ihnen gebaut worden. Bei jetzigem Welt-Lauf ist der gemeine Ruf, daß die PP. Jesuiter in größten Reichthümern sitzen, welches doch meistens mit größtem Unfug von ihnen der gemeine Neid ausgibt. Und gesetzt, damit ich dem Schmähler in etwas an die Hand gehe, gesetzt, die hochlöbliche Societät seye mit reichen Mittlen versehen, welches ihnen viel mit Ungrund einbilden, wie thut sie dann ihre großen Mittlen anwenden? etwan in Haltung kostbarer Tafeln und Tractamente? das gar nicht; dann die drei Speisel, so sie genießen, wären zuweilen einem Kotzen-Weber zu wenig: Ihre Kleidung meines Erachtens, vertheuret auch Sammet und Seide im wenigsten nicht. Wo stecken sie dann das Geld hin? Schaue jemand dero herrliche Tempel und Kirchen, in denselben den so stattlichen Ornat, die so annehmliche Musik, item die großen Schulen und Seminarien, worinnen die häufige Jugend mühsam jedoch zum größten Nutzen der Christenheit er zogen [98] wird, sodann wird er dahinter kommen, weil sie dasjenige, so ihnen der Segen Gottes gibt, anwenden. Du schmählst weiter, ich merk dirs an der Nase an, daß Geistliche gefunden werden, welche ihr Geld und Einkommen nicht also anwende, sondern das große Einkommen durch kostbare Mahlzeiten, durch unzuständigen Pracht, auch so anderst, lauto, laeto, et luteo modo (du verstehst mich schon) verdistilliren viel aber, die geistlichen Renten durch ihre Verwandten und Freundschaft austheilen, und aus Bauren-Buben und Kirschner-Gesellen vornehme Edelleut schnitzeln, welches alles klar zuwider dem tridentinischen Consilio, worin vernünftig und heilig geschlossen worden, daß durch geistliche Güter die Freundschaft nicht solle bereicht werden: Ne ex redditibus Ecclesiae studeat quis consanguineos et familiares augere, cum Apostolorum Canones prohibeant, ne res Ecclesiasticas, quae DEI sunt, consanguineis donent. Ob zwar hierinfalls die Theologi unterschiedliche Meinungen auf die Bahn bringen, ja auch einige sich hören lassen, daß die geistlichen Einkommen auch den Anverwandten können zu Theil werden, so ist doch wahr, daß Adrianus der Vierte, Leo der Eilfte, Urbanus der Siebente, Innocentius der Eilfte römische Pabst, nachdem sie zu diesen höchsten Dignitäten seynd erhebet worden, nichts haben wollen wissen um ihre Freundschaft. Andernfalls aber weiß man auch, daß Maria die übergebenedeite Mutter Gottes seye vor allen andern ihrer Befreundtin und Baas Elisabeth an die Hand gangen. Wann demnach ein reicher und wohlhabender Geistlicher schuldig, ist den[99] Armen zu helfen, warum nicht ehender seinen armen Befreundten? Helfen ist recht, aber reich machen ist ein anders. Gesetzt nun, mein geschwätziger Smalophile, es seynd etliche Geistliche anzutreffen, welche ihre reichen Mittel und Habschaften übel anwenden, soll man dann derenthalben der ganzen Klerisei und Geistlichkeit die Säck räumen? wie manchesmal thut man den Wein mißbrauchen, soll man dann darum allen Fässern den Boden einschlagen? es mögen dich die Reichthümer der Geistlichen in die Augen stechen noch so stark, so mußt du doch wissen, daß Gott nicht will, daß seinen Geistlichen ein Haar soll verwendet werden, viel weniger einen Heller.

Ein sehr mächtiger Kavalier und Hof-Minister in Frankreich hatte eine lange Zeit einen schweren Zank mit einem Benediktiner-Abten, wegen etlicher, dem Kloster rechtmäßig zugehöriger Güter: ja die Sach ist endlich in solche Weitläufigkeit ausgebrochen, daß obbedachter Edelmann mit bewaffneter Hand den Abten anzugreifen beschlossen, wie er dann bereits mit großer Mannschaft erschienen. Der Abt, wie billig, wollte das Seinige bestermassen defendiren, und ob sich schon sehr viel Weltliche eingefunden, ihm Beihilf zu leisten, auch die Waffen ergriffen, so wollte aber der fromme Vorsteher dero Assistenz nicht annehmen, sondern setzt sich samt allen seinen untergebenen Geistlichen zu Pferd, der Standart war ein Krucifix-Bild, die Mönchs-Kappen anstatt des Kastget, das Skapulier der Harnisch; marschiert also diese geistliche Kompagnie in guter Ordnung wider den Feind, welcher in Mannschaft in Waffen, in Mannschaft unvergleichlich [100] überwachsen; kaum haben diese benediktinerische Soldateska erblickt, so hat sie eine solche Furcht überfallen, daß alle von ihren Pferden unverzüglich abgestiegen, sich auf die Kniee niedergeworfen, und die Victori dem Abt und seinem Convent überlassen.

Etliche Jäger eines vornehmen Edelmannes, mit Namen Adelardi, haben sich unterfangen an einem Ort, so den Benediktinern zu Floriä gehörig, mit Gewalt etwas von Getreid zu nehmen, welches sie mahlen lassen, und darmit ihre Hunde gespeiset, weil sie dazumal keine andere Unerhaltung gehabt. Aber Gottes Strafe hat nicht lang verweilt, massen in folgender Nacht hierauf alle Hund verreckt. Ein anderer Soldat hat wider allgegebene Vermahnung für sein Pferd ein Gras abgeschnitten von der Wiese, so dem erstgedachten Kloster zugehörig, mit dem schimpflichen Vorwand, es thut solches den Pfaffen wohl, sie seynd bey guten Mitteln: Aber Bendiktinus wollte den Seinigen nichts nehmen, oder wenigstens nicht ungestraft lassen; dann kaum hat das Pferd das Gras verzehrt, so ist es alsobald maustodt niedergefallen, und dem frechen Gesellen zugleich den Fuß gebrochen.

Es gibt dergestalten gewissenlose Leute, die es nicht mehr für eine Sünde oder Uebelthat halten, wann sie die Geistlichen übervortheilen, oder ihnen etwas abtragen, ja sie glauben, es sey derentwegen nichts unrechts, weil die Pfaffen ihr Geld (so ungeschliffen reden sie), mit so leichter Mühe gewinnen. Aber gedenket ihr vermessener Güter, gedenkt, daß der David so hart gestraft worden, um, weil er nur dem [101] Saul, als einem gesalbten König, einen Fleck von dem Mantel geschnitten, wie der Allerhöchste werde verfahren mit denjenigen, so der gesalbten und geweihten Priesterschaft nicht nur einen Fleck, sondern zuweilen ganze Wiesen, Aecker und Grundstuck abschneiden. Was kann geringer und schlechter seyn, als etliche Scheiten, die einem Kloster enttragen worden, und dannoch hat Gott nicht ungerochen gelassen.

Wadingus schreibt, daß ein Weib in der Stadt Kassel habe auf eine Zeit Brandwein gebrennt, und wollen mit dem Aqua Vit., wie sie dann kein anders Gewerb hatte, ihr Stücklein Brod ferners gewinnen, so sey aber mit höchster Verwunderung anstatt des Brandweins lauter, lauter Milch aus dem Kolben geflossen; dahero ein großer Zulauf der Leute entstanden. Nachdem solches Wunder ist lautmährig worden, hat man mit allem angewandtem Fleiß alles durchsucht, ob nicht hierinfalls einiger Betrug verborgen stecke, gleichwohl die Ursach dessen nicht können finden, bis endlich das Weib gestanden, daß sie die Scheiten, welche sie zu diesem Feuer gebraucht, habe dem nächstentlegenen Franziskaner-Kloster entfremdet. Siehe Wunder! sobald man diese hinweggezogen, und anders Holz herbeigelegt, da hat sich alsobald die Milch verloren, und ist der pure Brandwein herunter geflossen.

Vor diese, im alten Testament, wie im Buch Levitici geschrieben stehet Kap. 7: Wann ein Priester im Tempel ein Schlacht-Opfer verricht, so hat ihm aus Befehl Gottes die Haut zugehört von dem Vieh, so geschlachtet worden. Aber dermalen ist es schon [102] bey vielen so weit kommen, daß sie lieber den Geistlichen die Haut selber möchten abziehen. In einem Markt Bas'lischer Diözes haben die PP. Dominikaner ein Convent, allwo hart angebaut worden ein großes Haus oder Wohnung für diejenigen Leute, so im Weingarten arbeiten; weilen diesen aber ein Brunn abgangen, und sie kein taugliches Ort gefunden, also haben die Rathsherren besagten Markts sich in Handel gelegt, und wider alles Protestiren der benannten Religiosen, ihnen einen Winkel von ihrem eigenen Platz mit Gewalt hinweg genommen, und folgsam einen tiefen Brunnen gegraben, den sie mit lauter großen Quaterstucken ausgefüttert. Kaum daß solcher verfertiget, da hat ein gemeiner Mensch mit einem Amper wollen Wasser daraus schöpfen, dem aber gleich der Eimer aus den Händen gewichen, und hinunter gefallen. Obbemeldte Weingärtner, sobald solches ihnen zu Ohren kommen, haben alsobald einen aus ihrer Gesellschaft hinunter gelassen, so aber gleich erstickt; nachdem solcher heraus gezogen worden, mußte ein Anderer seine Stell vertreten, der aber auch gleich dem Ersten elend zu Grunde gangen. Wie es nun der Dritte gleichfalls wollte probiren, und kaum zwey Klafter hinunter gelassen worden, da hat er ein solches erbärmliches und ungeheures Geschrey verbracht, daß sie genöthiget worden, solchen auch bereits halb todten Gesellen wieder zurück zu ziehen. Woraus männiglich leicht konnte schließen und abnehmen, daß solches eine augenscheinliche Straf von Gott sey, um weilen sie diesen Platz den Geistlichen wider alles Recht mit Gewalt hinweggenommen.

[103] O! wie viel und aber viel seynd deren zu finden in dem werthesten Deutschland, welche wissentliche Gründ und Güter besitzen, so diesem und diesem Kloster zugehörig gewest, aber durch das eingeschlichene Lutherthum unter ihre Gewalt kommen; anbei aber müssen sie mit ihrem höchsten Unwillen erfahren, daß dergleichen der Geistlichkeit entzogene Güter niemalen mit dem Segen Gottes versehen seynd, ja fast dasjenige wirken, wann sie auch andern gerechten Gütern beigeruckt werden, was da von den Adlers-Federn vorgeben wird, welche, wann sie zu den Tauben-Federn gelegt werden, dieselben gänzlich verzehren. Unter andern hat solches augenscheinlich erfahren der unglückseligste König in England, Henrikus der Achte, welcher allein über tausend Klöster ausgeplündert, allen dero Schatz und Kirchengut an sich gezogen, alle dero Einkommen seiner königlichen Kammer zugewidmet, so gar das Kupfer und Blei, womit die Kirchen bedeckt gewesen, ums Geld verkauft, worauf man glaubte, daß der König viel Millionen jährlich mehr Einkommen genießen werde, und folgsam die Steuer den gemeinen Unterthanen um ein merkliches werde absteigen; aber er ist nicht allein nicht reicher worden, sondern hiedurch in solche Armuth gerathen, daß fast alles Silber und Gold aus dem ganzen Königreich verschwunden, sogar endlich eine kupferne Münz hat müssen geprägt werden, die Contribution aber der Unterthanen so hoch gestiegen, daß es nie also gewesen vor vier und wohl fünfhundert Jahren unter einem König, der Bettler und armen Leute Anzahl so groß gewachsen, daß, wo vorhero einer gewest, sobald man die geistlichen Güter [104] gewaltthätig angetastet, nachmals seynd zwanzig gezählt worden.

So vergönnt man auch mehrmals der Geistlichkeit den Zehend nicht, ja es suchen etliche tausend Vortheil, wie sie können und mögen denselbigen die Federn rupfen, da es doch schon im alten Testament eine Gebühr gewest. Abraham, der große Patriarch, ist derenthalben sehr von Gott dem Herrn belohnt worden, dann wie er die vier Könige herrlich überwunden, und als ein glorreicher Obsieger aus dem Felde zurück gekehrt, hat er von allen den Seinigen, was er als ein rechtmäßiger Herr thäte besitzen, dem Hohenpriester Melchisedech den Zehend geben, welches dem allmächtigen Gott dergestalten wohlgefällig gewest, daß er hierüber dem Abraham erschienen, und ihm angedeutet, er wolle sich seiner hinfüro gänzlich annehmen, und alles bestermassen vergelten: Ego Protector tuus sum et merces magna nimis.

Viel seynd, die dießfalls nicht treten in die Fußstapfen des Patriarchen Abrahams, aber sie sollen anbei wissen und bekennen, daß der mit Vortheil oder Unfug entzogene Zehend meistens von Gott noch auf der Welt gestraft werde.

In dem Leben des hl. Anselmi Erzbischof zu Kandelberg liest man, wie daß einer mit Namen Balivus den Zehend von den Früchten nicht habe geben, sondern alles Getreid in die Scheuern oder Städeln eingeführt ohne gebührende Ablegung des Zehend. Wie nun der hl. Erzbischof wahrgenommen, daß selbiges Jahr die Scheuern nicht gar halb voll, ja noch darüber hat er gesehen, daß der böse Feind [105] auf dem Getreid in abscheulicher Gestalt gesessen, fragte er den Balivum dessen Ursach, welcher die Antwort geben, daß er sich selbst derentwegen nicht ein wenig verwundere, indem doch andere Jahre die Scheuern ganz angefüllt worden, dieses Mal aber kaum halben Theil, da doch auch der Zehend dabei, worüber der hl. Mann alsobald befohlen, den Zehend davon zu nehmen, und an gebührenden Orten abzustatten. Kaum daß solches geschehen, ist die Scheuer mit dem Getreid bis an den Gipfel des Daches angefüllt worden.

Nicht weit von Apenion ist ein großer See, wovon die umliegenden Bauern wegen des Fischfangs nicht einen geringen Gewinn genießen. Nachdem sie aber vom Geiz verblendet worden, und den gebührenden Fischzehend dem Kloster bei St. Andre, allwo der hl. Pontius Abt war, ferners zu geben geweigert, indem es doch ein uraltes Herkommen gewest, da seynd alsobald durch den Fluch besagten hl. Abtes alle Fische auf dem Gestad um und um todt gelegen; worauf das grobe und hartnäckige Bauerngesindel noch nicht wollte witzig werden, sondern eine große Menge Fische anders woher genommen, und im besagten See eingesetzt, so aber auch des andern Tages gleich den vorigen todt gefunden worden, welches dann die vorhin unglimpflichen Bengel so weit veranlaßt, daß sie den begangenen Fehler bereuet, dessenthalben den hl. Abt Pontium um Vergebung gebeten, anbei mit kräftigem Schwur versprochen, daß sie inskünftig den Zehend nach aller Gebühr dem Kloster wollen abstatten, er möge nur so gütig seyn, und den ergangenen Fluch[106] über den See wiederum zurück nehmen, durch welches der hl. Abt also besänftiget worden, daß er samt allen Geistlichen sich zu dem See hinaus begeben, die todten und abgestandenen Fische in das Wasser geworfen, ihnen den hl. Segen ertheilt, worüber sie alle lebendig worden, und hinfüro das Kloster seinen gebührenden Fischzehend genossen.

Judas ist dem übermäßigen Essen und Trinken ergeben
Judas der Erzschelm ist dem übermäßigen Essen und Trinken ergeben.

Daß der Iscarioth ein heimlicher Mauser gewesen und in die Kasse des apostolischen Kollegii einen manchen ungültigen Griff gethan, ist nicht allein außer allem Zweifel, sondern sogar ein vorgestellter Glaubensartikel. Wohin er aber das entfremdete Geld augewendet habe, entstehen derenthalben bei den Lehrern unterschiedliche Meinungen, und seynd einige der Aussage, worunter forderist zu zählen mein hl. Vater Augustinus, daß Judas das gestohlene Geld habe seinem Weib und Kindern auch angehängt, welches leider! bei unsern Zeiten nicht gar ungemein; dann mancher in seinem Amt das Serve nequam spielet, damit er die Pracht seines Weibes und der Kinder ferners unterhalte. Andere und zwar die meisten halten dafür, als habe der schlimme Kerl mit der gemeinen Tafel nicht Vorlieb genommen, wie die andern[107] Apostel, sondern immerzu aus der Kasse nach Belieben einiges Geld abgetragen, und um dasselbe da und dort in heimlichen Winkeln gute Jausen angestellt, und seiner Wampe mit Essen und Trinken gar treulich abgewartet. Dießfalls hat Judas unzählbar viele Brüder und Schwestern, Sylvaria, Pontius, Turrebremata, Ludolphus.

Wir Vögel insgesamt, als von Gott und dem Himmel sehr gesegnetes Geflügelwerk führen eine Klag, man wird uns hoffentlich erhören.

Wir Tauben, die wir die große Ehre gehabt, daß eine aus uns von dem gerechten Altvater Noe eine Gesandtenstelle vertreten, und aus der Arche geschickt worden, auch das aufgetragene Negotium mit männiglichem Contento vollzogen. Wir Tauben, die wir die große Ehre vom Himmel gehabt, daß sogar die dritte Person in der Gottheit, benanntlich der hl. Geist, in unserer Gestalt ober dem Fluß Jordan erschienen, wir führen eine Klage. Wir Lerchen, die wir so gutthätig und ehrerbietig gewest, und dem seraphischen Franzisko, da er in seinem glückseligen Sterbstündel begriffen, in großer Anzahl ober seiner Zelle ganz lieblich musicirt, bis seine gebenedeite Seele zu Gott geflogen, wir führen eine Klage. Wir Treschel und Kronawetvögel, die wir so hülflich und barmherzig gewest, und den hl. Bischof Blasium in der Wüste, da er ohne einige Lebensmittel wegen der diokletianischen Verfolgung verborgen gelegen, eine ziemliche Zeit hindurch mit nothwendiger Speis versehen, wir führen eine Klage.

Wir Rebhühnl, die wir so gehorsam seynd gewest[108] dem hl. Nikola Tolentinati aus dem Augustiner-Eremitenorden, daß sogar eines aus uns völlig schon gebraten auf seinen Befehl wiederum von der Schüssel hinweg geflogen, wir führen eine Klage.

Wir Kapaunen und Hahnen, dis wir allezeit gut christlich gewest, und nicht allein einer aus uns dem Petro den ersten Hofprediger abgeben, als Christum verlaugnet, sondern auch in der vornehmen Stadt Bononien sowohl Petri als forderist Christi Ehre defendirt; dann wie daselbst ein bratener Hahn auf die Tafel tragen worden, und einer denselbigen zu viel Stücken zerschnitten, sich auch anbei hören lassen, daß Petrus diesen Hahn nicht mehr könne lebendig machen, ja wohl, sagte ein anderer, ja wohl Petrus, das wäre auch Christo unmöglich. Kaum daß sie diese gotteslästerlichen Worte ausgesprochen, da hupft der Hahn in die Höhe, spritzt diesen zwei vermessenen Gesellen mit der Suppe in daß Angesicht, wovon sowohl sie, als alle dero Nachkömmliche, Kinder und Kindeskinder ein erbliches Siechthum bekommen, wir führen eine Klage.

Wir Wildenten, die wir so kortes gewesen, und der hl. Aebtissin Brigittä zu Kildarn, auf ihr einiges Begehren, auf die Hand geflogen, und nicht mehr Wildenten, sondern heimlich worden, wie führen eine Klage.

Wir Hennen, die wir nicht die geringsten seynd unter dem Geflügelwerk, auch vor allen andern die übergebenedeite Mutter Gottes verehren, zumal eine aus uns in dem Herzogthum Bayern drei Meilen von der Haupt- und Residenzstadt München zwei Eier gelegt, [109] worauf das Bildnuß der seligsten Jungfrau mit einem Stern entworfen war, und der Zeit noch an selbem Ort, insgemein Täxa genannt, und ein Kloster der Augustiner-Barfüßer zu sehen, große Mirakel und Wunderwerke geschehen, wir führen eine Klage.

Wir Vögel insgesamt, sowohl große und kleine, führen eine billige Klag wider A einen SchlAmpen, wider E einen SchlEnkel, wider I einen SchlIffel, wider O einen SchOlderer, wider U einen SchUrken. Wer ist aber dieser? Wir Thiere auf Erden, die wir durch sondere Allmacht Gottes der Welt zum Nutzen erschaffen worden, führen eine gar billige Klage und seynd der gänzlichen Hoffnung und Zuversicht, man werde uns als in einer so gerechten Sache hören. Wir Ochsen, die wir in allweg bei dem Allmächtigen in sondern Gnaden gestanden, auch wie Gottessohn auf der Welt geboren, und seine arme Herberg genommen in dem Stall zu Bethlehem, da ist einer aus uns so weit kommen, daß er mit seinem warmen Athem den neugebornen Messias mußte den großen Frost und Kälte wenden. So wird auch bekannt seyn, daß der hl. Abt Jechinus einem seiner frommen Diener, Pastolia, befohlen, er soll die Küh melken, damit die Brüder eine gebührende Unterhaltung und Speise haben, die fromme Einfalt, Pastolius, ist zu allererst zu einem Ochsen kommen, welcher ihm (massen Gott die from me Einfalt nicht verachtet) so häufig Milch geben, als sonst sieben andere Kühe. Wir Ochsen führen eine Klage.

Wir Kühe, die wir sogar im alten Testament gewürdiget worden, den hl. Bundeskasten oder die[110] Arche des Herrn zu führen. So wird man auch in dem Leben des hl. Kadozi lesen, daß einer, welcher dem König Arthur drei Soldaten erschlagen, auf Fürbitte des besagten hl. Manns, für einen jeden Soldaten soll drei Küh geben, jedoch mit dem Beding, daß alle neun Kühe sollen gleichfarbig seyn, und zwar der vordere Theil des Leibs soll roth seyn, der hintere aber weiß, wo aber nehmen solche? Der hl. Kadozus erbarmet sich über den Thäter und Schuldner, läßt alsobald neun Kühe von unterschiedlichen Farben herbei treiben, und gibt alsobald durch das hl. Kreuzzeichen ihnen die verlangten Farben. Wir Kühe also führen eine Klage.

Wir Schaafe und Lämmer, die wir allezeit bei dem Allerhöchsten in großem Ansehen, ja sogar der eingeborne Sohn Gottes und Heiland der Welt durch den Mund seines hl. Vorläufers und Täufers Joannis wollte ein Lamm Gottes genannt werden. Ja es ist auch fast allen bewußt, daß der hl. seraphische Franziskus ein Lämmlein gehabt, welches schneeweiß an der Farb, und ihm alle massen angenehm, dieses hatte unter andern auch den löblichen Brauch, daß es alle mal in der Kirche, so oft man das höchste Gut aufgewandelt, auf seine Knie niedergefallen, und diesen seinen Schöpfer angebetet und verehret. Wir führen eine Klage.

Wir Säu und Schwein, ob wir schon einmal durch Zulassung Gottes die Teufel und höllischen Gäst für Innwohner gehabt, so haben wir doch anderwärtig ein Lob davon getragen, dessen Zeugnuß kann geben der heilige Martyrer Vicentius, dessen Heiligthümer [111] zu Ulyssiborä aufbehalten werden: Dann neben andern Wundern, so sich durch Hilf des besagten hl. Martyrers zugetragen, ist nicht das wenigste, was sich mit einem armen Weib ereignet, als solche von dem König 10 Ducaten bekommen, wormit sie ihren gefangenen Sohn möchte erlösen, selbige aber durch Unachtsamkeit verloren, da hat sie ihre eigne Zuflucht genommen zu dem heil. Vincentio, durch dessen Beihilf geschehen, daß ihr ein kleines Haus-Schwein alsobald entgegengeloffen, und die verlornen 10 Ducaten aus dem Maul fallen lassen. Wir führen auch eine Klag.

Wir Hirschen, die wir zweyundzwanzigmal in göttlicher heil. Schrift citirt werden, auch nicht nur einmal, sondern öfter zu Gottes-Diensten uns brauchen lassen, zumalen der heil. Aegidius, der heil. Eustachius, die heil. Genovefa mit Hirschen gemalt werden. Desgleichen hat in Ungarn nach erhaltener Victori den zweien Brüdern Uladislao und Geisa einer mit brennender Fackel auf der Stirne den Ort gezeigt, wo sie der Mutter Gottes die versprochene Kirche sollen bauen. Wir führen eine Klag.

Wir Hasen, die wir unter allen Thieren den Menschen den wenigsten Schaden zufügen, ja auch vielfältig von Gott und seinen Heiligen wunderbarlicher Weis vor unsern Feinden geschützt werden, wie es dann nicht nur einmal geschehen, daß dem heil. Bernardo, da er auf der Reis begriffen, die armen Häsel eilnds zugeloffen, wann sie von den Hunden verfolgt wurden, und ihre Zuflucht bei ihm genommen. Wir führen auch ein Klag.

Wir Gemsen, die wir in der größten Einöde unsere[112] Lebens-Mittel suchen, auch niemand sich wegen unserer beklagen kann, daß er Schaden von uns leide. Ja unserseits seynd wir mehr geneigt, dem Menschen zu helfen, als ihm die mindeste Unbild anzuthun, wie dann zu lesen in dem Leben eines heil. Einsiedlers, von dem Moschus c. 84 in Prat. Spirit. Meldung thut, als ein benachbarter Abt samt etlichen seinen Geistlichen wollte besagten Einsiedlers heil. Leib in seine Kirche transferiren, denselben aber viel Stund umsonst gesucht auf einem hohen Berg, da hat eine Gems mit den Füßen auf die Erde gescharrt, und die heiligen Reliquien offenbart. Wir führen ebenfalls eine billige Klag.

Ja wir alle Thier auf Erden klagen wider A. einen LAurn, wider E. einen LEcker, wider I. einen LImmel, wider O. einen LOtters-Gesellen, wider U. einen LUderer. Wer ist aber dieser?

Wir Fisch im Wasser, die wir durch sondere Freiheit der Vermaledeiung nie seynd unterworfen gewesen, ja unser lieber Herr hat mit uns nicht nur ein, sondern mehr Wunderwerk gewirkt, die da geschehen mit dem Wallfisch Jonä, mit dem Fisch Tobiä, mit dem Fisch Petri, mit denen Fischen, wormit er so viel Tausend gespeist. So ist auch schon oft und vielfältig von der Kanzel gepredigt worden, daß der wunderthätige Antonius Paduanus, weil die sauberen Arimineser das Wort Gottes von ihm anzuhören geweigert, wir anstatt deren im Wasser zusammengerott, und seiner apostolischen Predigt zugehört.

Wir Hechten, die wir alle Instrumente des Passions und Leidens Jesu Christi in Kopf tragen, und [113] unsern schnellen Gehorsam dem allmächtigen Gott in allweg erweisen, wie dann zu Prag bei den Prämonstratensern genugsam bekannt, daß einmal an einem Mittwoch der selige Mann Luhelius, zu selbiger Zeit noch Novitius in besagtem Kloster, bei dem Fisch-Teich spazieren und sich hören lassen, daß er denselbigen Tag so gern möchte fasten. Als solches die Umstehenden vernommen, sagten sie schimpfweis, dem Herrn wird Gott gleich mit Fischen aufwarten. Kaum daß solches geredt worden, da springt alsobald ein großer Hecht aus dem Teich heraus, und wirft sich dem Lohelio zu Füßen. Wir führen eine billige Klag.

Wir Sälbling, die wir unter die geringsten Fisch nicht sollen gezählt werden, und noch allemal in großen Ehren gestanden, wie dann von uns nicht ein geringes Lob ausspricht Henriquez, als er schriftlich vorträgt, daß einmal auf den Befehl des heil. Malachiä ist in einem Wasser gefischt worden, worinnen kein einiger Fisch sonsten gesehen, sobald aber gedachter heil. Mann hat lassen in dem Namen Gottes das Netz werfen, hat man alsobald zwölf schöne und große Sälblinge herausgezogen, wormit die Gäst, benanntlich drei fromme Bischöfe, seynd gespeist worden. Wir führen eine große Klag.

Sogar wir Häring, die wir durch die ganze Welt ausgeführt werden, und uns niemand mit Fug eines Unverstandes kann beschuldigen, zumalen wir mit Salz gar wohl versehen; so kann man uns auch keine Untugend vorrupfen, weil auch die heiligen Leut uns eine Ehr angethan, gestalten in dem Leben des heil. Thomä von Aquin gemeldt wird, daß besagter englischer [114] Doktor in seiner schweren Krankheit von den Medicis befragt worden, ob er etwan nicht einen Lust hätte zu einer Speis, worauf der heilige Mann geantwortet, daß er möchte einen frischen Häring essen, wie sie zu Paris verkauft werden; weil er aber dazu mal von dieser Stadt weit entlegen, und nach Aussag des Medici selbst unmöglich, an diesem Ort dergleichen Fische zu finden, also hat besagter Arzt einen andern Fisch einkauft, welcher aber in seinen Händen wunderbarlich in einen Häring verändert worden. Wir Häring gleichfalls beklagen uns nicht wenig.

Wir Karpfen, die wir die bekanntesten Fisch in Deutschland, und unsere meinste Residenz haben im berühmten Königreich Böheim, auch noch allemal in den Augen Gotes wohl angesehen gewesen seyn, wie dann unser einer aus dem berühmten Elbfluß die Kirchenschlüssel dem heil. Bischof Bennoni wiederum gebracht hat. Wir beklagen uns gleichfalls nicht wenig.

Wir Krebsen, die wir ebenfalls gar nicht zu verachten, zumalen wir in dem Zodiaco oder Himmelskreis auch einen Ort haben, desgleichen kann man uns nicht viel Uebels nachsagen; dann wann wir zuweilen jemand zwicken, geschieht solches darum, weil wir de Jure Naturali unser Leben defendiren. So wird der hunderte, der eine Scheer trägt, nicht so scrupulos und gewissenhaft seyn, wie wir. Zumalen einer aus uns das Kreuz samt der Bildnuß Christi, welches der wunderthätige Xaverius in das Meer geworfen, dessen Ungestüme hierdurch zu stillen, dem heiligen Mann wiederum eingehändiget. Wir beklagen uns so gut in andere.

[115] In Summa wir alle, die wir in dem Wasser leben und schweben, führen eine große Klag A. wider die DAlken. E. wider einen DElpel. I. wider ein DIlldapp. O. wider ein DOllhansen. U. wider ein DUmshirn. Wer ist aber dieser?

Dieser ists, sagen und klagen die Vögel in der Luft, dieser ist, sagen und klagen die Thier auf Erden, dieser ist, sagen und klagen die Fisch im Wasser, dieser ist, sagen und klagen die Frücht auf Erden, forderist der Weinstock. So beklagt sich dann auch der Weinstock? was dann?

Ich Weinstock samt meinen Reben, der ich keinem Gewächs auf Erden viel nachgib, ich, der ich im höchsten Ansehen bei der göttlichen Majestät bin gewest, und ferners noch hoffe in meinem guten Conzept zu verbleiben, ich, der ich zu dem höchsten Opfer des Altars erkiesen worden, und zu Kana Galiläa durch das erste Mirakul meiner ganzen Freundschaft die größte Ehr begegnet, ich klage gleichfalls nicht ein wenig wider diesen. Wer ist aber dieser?

Dieser allerseits beklagte Böswicht heißt Wampelius Zehrer, wohnhaft zu Schlemmerau, ein geborner Friesländer, verstehe hierdurch den Fraß und Füllerei, des Menschen seine unersättliche Wampen, zu dero dienen die Vögel in der Luft, die Fisch im Wasser, die Thier auf Erden, in Summa alles verzehrt wird zum höchsten Schaden und Nachtheil der Seelen.


Wampelius stiftet alles Uebel.


Post diem Jovis sequitur dies Veneris, gar recht, dann wann man gut jovialisch ißt und [116] trinkt, da ist Venus nicht weit davon: Essen und Vermessen seynd befreundt. Im ABC nach dem S folgt das T Teufel. Tafel und Teufel seynd die nächste Anverwandte,Bolus und Diabolus, die zwei nächsten Brüder, Speis und Gefäß seynd die vereinigtsten Kameraden, Venus und Vinum verstehen sich gar wohl miteinander,Bachus, der sonsten auch Pater Liber genannt wird, führt die Liberalität an der Hand. Gula und Geilheit sind gemeiniglich bei einander wie Feuer und Rauch. David, ein Mann nach dem Herzen Gottes, so stark, daß er auch die Löwen ums Leben gebracht, so künstlich, daß er auch mit der Zitter die Teufel hat zittern gemacht, so sanftmüthig, daß er auch des Sauls Uebelthaten mit Gutthaten vergolten, so hoch verständig, daß er ein Prophet und Poet zugleich gewesen, so geistreich, daß er im Tempel ein Exempel alles Eifers sich erzeigt, so gutherzig, daß er dem Jonathä Gut, Muth und Blut geschenkt. David heilig, wie er ein Hirt gewest, heilig wie er ein Musikus gewest, heilig wie er in Soldat gewest, heilig wie er ein König gewest, aber doch einmal grob, grob, grob, sein Lob, sein Prob verscherzt, ja gar ein Ehebrecher worden, aus einem Oberhaupt ein Haupt-Sünder worden, pfui! aus einem Helden eine Höll worden, pfui! aus einem Führer ein Verführer worden, pfui! wer ist doch Ursach dieses so großen, so schweren, so schändlichen, so schädlichen, so abscheulichen Falls? Wer? ich sags, ich klags, wer, niemand anderst, als der saubere Wampelius Zehrer von Schlemmerau, dieser nichtsnutzige Friesländer. Niemand anderst hat den David gestürzt, als sein [117] übermäßiges Essen und Trinken, nach welchem er die Bersabea ersehen, und nachmals sich so schwer versündiget. Daher er nachmals in seinen Psalmen so fleißig Gott den Herrn gebeten, er wolle ihn doch erledigen a Daemonio Meridiano, von dem Mittag-Teufel, welcher sich meistens anmeldet nach dem Mittagessen. Gewiß ist es, daß ein Mensch, wann er zwei Kapauner verzehrt, ein ganzes Bratschwein zu sich nimmt, einen kälbernen Schlegel zusammen raumt, zwei Dutzend Speck-Knödel in Magen wirft, vier Maaß Wein ausleeret, gewiß ist es, daß er nachmals viel leichter im Gewicht, als vor dem Essen, und solches verursachen die durch das Essen vermehrten Lebens-Geister und Spiritus Vitales. Rach dem Essen ist der Mensch leichter als zuvor, das ist wahr; aber nach dem Essen ist der Mensch auch leichtfertiger als zuvor, das ist auch wahr, und forderist, wann man den Esel überfüttern thut.

Wie unser lieber Herr nicht weit von der Stadt Gerasa kommen, da seynd ihm zwey besessene Personen entgegen gangen, deren eine ganz blutnackend, massen die bösen Feind nicht einen Faden an ihnen gelitten. Dieser zwei elenden Tropfen hat sich der Herr ebarmt, und alsobald den höllischen Innwohnern befohlen, sie sollen ohne weitern Verzug die Herberg raumen, worauf die Teufel den Herrn bittlich ersucht, er wolle sie doch nicht in die Hölle schicken, sondern freien Paß ertheilen, in die Heerd Schweine, so dazumal auf dem Feld ihre Weid suchten, und in der der Anzahl 2000 waren, unverhinderlich zu fahren, welches dann der Heiland verwilliget, sobald aber die[118] verdammten Geister in die Schwein kommen, haben selbige sich gleich in der Furie und Ungestüme in das galiläische Meer gestürzt und darin ersoffen.

Daß die Teufel in die Säu gefahren, ist dazumal geschehen, als der Herr Jesus ein und dreißig Jahr alt war den 22. Mai, aber dermal geschieht es fast alle Tag, daß die Teufel in die unmäßigen Säumägen fahren, und dieses seynd meistens die Unzuchtteufel, massen eine feiste Materie das Feuer leicht an sich ziehet, so weiß man auch, daß das Löffelkraut gern in feistem und feuchtem Grund wachse. Wie Moses sich so lang auf dem Berg aufgehalten, und nachgehends in dem Herabsteigen gesehen, daß das muthwillige Volk steif gessen und getrunken, da hat er sich nicht lang besonnen, sondern durch rechtmäßigen Zorn die Tafel, worauf die zehn Gebote geschrieben, auf die Erde und Felsen niedergeworfen, daß sie völlig zertrümmert! dann er gedachte, wo man frißt und sauft, da achte man die Gebote Gottes wenig. Ja es ist wohl zu merken, da besagtes Volk Israel, nachdem es die Wampen wohl angefüllt, gleich um das goldene Kalb herum gehupft; dann gemeiniglich nach dem Fressen und Saufen pflegt man auf Kälberart zu scherzen, wobei ein manches unbehutsame Gemüth auch die Ehre verscherzt; dann gewiß ist es, daß sich ein Schwein im ausgedörrten Koth nicht wälzt, wohl aber im nassen und feuchten. Hätte Luther die Kandel nicht so sehr geliebt, so wäre ihm die Kätherl nicht eingefallen. Die Lateiner nennen es ein Flußpapier,Cartam bibulam, das versoffene Papier, aber man sieht es ja, so oft dieses Papier [119] sauft, so oft macht es eine Sau, darum in dem Wort Saufen die erste Sylbe eine Sau. Die Lehre unsers Heilandes selbsten ist,wann der unreine Geist (merks wohl!)der unreine Geist, wann er vom Menschen ausfährt, so wandelt er durch dürre Orte, und sucht Ruhe und findet sie nicht etc. Siehe, in dürren Orten findet der unreine Geist keinen Platz noch Herberge. Im Dürren und durch Fasten und Abbruch ausgemerkleten Leuten findet der unreine Geist keine Wohnung, wohl aber in feisten, die Tag und Nacht die Wampen wie einen Pilgrams-Ranzen anfüllen.Wann sich Sodoma samt den andern Städten nicht alsowohl hätte traktiren lassen, so wäre es von Gott nicht also übel traktiret worden; dann der schändlichen Lasterthaten daselbst war niemand andere Ursach, als der frißländische Wampelius. Man sieht es in unserm werthen Deutschland, wann Essen und Trinken im geringen Preis, und alle Viktualien wohlfeil, daß auch anbei der Muthwillen im größten Schwunge sey, wann entgegen die Kuchl nicht raucht, so zündet sie das Venusfeuer wenig an. Mitten im Feuer, mitten in Flammen, mitten in Funken, mitten in der Glut, mitten im angezündeten Ofen zu Babylon waren die drey Knaben all Hitz befreit; nicht ein Faden, nicht ein Haar, ja wohl ein Haar wurde verletzt von dem Feuer. Wie kommts aber? Dahero: Diese drei Knaben haben vorhero gefaßt, haben sich der guten und kostbaren Bißlein, so von der königlichen Tafel kommen, ganz nichts geacht, dessentwegen [120] hat sie das Feuer verschont. Wer dem Fasten, der Mäßigkeit ergeben, hat nicht zu fürchten von dem baberlischen oder barbarischen Feuer, wohl aber, der mit dem Wolf in die Kost geht, wohl aber, wer nach dem Bären nach guten Bißlen trachtet, wohl aber, der mit der Katz nach dem Speck schnappet. Mir ist mit aller Wahrheit von einem jungen Bauerngesellen erzählt worden, welcher in einem Markt in Unterösterreich diesen lächerlichen Possen getrieben. Er ließ in dem Wirthshaus anfangs wohl auftragen, und nachdem die Kuchel das Ihrige gespendirt, sodann mußte der Keller nicht minder das Seinige thun, und zwar hat er so viele Gläser begehrt, als in dem Hause zu finden, wie ihm dann etliche und zwanzig auf den Tisch gesetzt worden, so er alle sauber, der unsaubere Saunarr, ausgeleert, jedoch mit dieser angehängten Historie oder vielmehr Komödie. Er gab einem jeden Glas einen gewissen Namen, er aber vertrat die Stelle seines Pflegers oder Verwalters. Wohlan, sagte er zum ersten Glas, Hans Obermayr, warum Schelm bist verwichenen Montag nicht die Robath kommen? (im Reich pflegt mans Scharwerk zu nennen) warum bist du so vermessen gewest? fort mit dir in Kotter hinein, und sauft hiemit das Glas aus. Er macht sich über das andere Glas, hui, sagt er, Lenz Kenzauer, warum hast du, leichtfertiger Vogel, nächsten das Holz nicht helfen dero Herrschaft führen? fort mit dir Kerl in Kotter hinein, es hilft nichts dafür, und sauft also das andere Glas aus. Zum dritten sprach er, nun Jörg Dulbinger, treffen wir einmal einander [121] an, wo hat dich der Henker gehabt, daß du nicht bist beim Heueinführen gewest? hä! fort, nur fort mit dir in Kotter ohne alle Barmherzigkeit, und stürzt also das dritte Glas aus. So sagt er zum vierten Glas, so mein Bärthel Nußkern, so willst du dich auch schon von der gemeinen Arbeit ausschraufen, du ehrvergessener Mauskopf, bist erst eine kurze Zeit bei der Herrschaft, fort mit dir über Hals und Bein in Kotter hinein, du sollst mir sobald nicht hinaus kommen, und leert also das vierte Glas aus. Es ist grad recht, sprach er zum fünften Glas, daß du mir, du sauberer Hiesel-Müller heut unter die Augen kommst, ich will dich lernen der Herrschaft Dienst verrichten, geschwind, geschwind, und sag nicht ein Wort, geschwind in Kotter mit dir, und sauft hiemit das fünfte aus. Ich hab mir wohl eingebildt, sagt er zum sechsten Glas, du bucklegter Flegel (es war ein untersetztes Glas oder Römerl), du wirst mir einmal ins Garn gehen, ich will dir einen Herrn zeigen, und wirst du mehrmal solche Händel anfangen, so schlag ich dich in Eisen und Band, vor dießmal in Kotter mit dir, trinkt das sechste Glas aus; Solchergestalten hat der schlimme Gesell etlich und zwanzig Gläser ausgesoffen. Der Kellner, so daselbst gegenwärtig, konnte sich nicht genug über diesen so lächerlichen Weinschlauch verwundern, wollt aber dieser Komödie auch von dem Seinigen etwas zusetzen, nimmt demnach ein Glas von der Tafel, welches der andere Zapf nicht vermerkt, und nachdem er selbes mit Essig eingefüllt, setzt ers ganz behutsam zu Ende der Tafel. Wie nun der obbenannte Schlemmer bereits alle in Kotter, [122] oder wohl gar ins Narren-Häusel geworfen, erblickt er erstbesagtes Glas, was ist das? sagt er, du liederlicher Tropf, du meinst gewiß, ich kenne dich nicht, du bist gewiß nicht der Lukas Droßler, du Schelm, weißt dich schuldig im Gewissen, weil du also von weitem stehest, gehe her Vogel, warum hast du schon zweimalen deine Ochsen lassen im Geschloß-Garten zu Schaden gehen? du bist nicht ein Haar besser als andere, fort mit dir in Kotter. Wie er nun das Glas fast halb ausgetrunken, indem es mit Essig angefüllet war, so setzt er ein wenig ab, und sagt, du Bärnhäuter magst noch saures Gesicht machen, so hilft doch nichts dafür, du willst oder willst nicht, so mußt du doch in Kotter hinein, trinkt also auch dieses aus. Wovon dann der unmässige Weinschlauch dergestalten bezecht worden, daß er von allem Verstand kommen, und kurzum, ja mit aller möglichen Gewalt, mit dem an der Wand lehnenden Mehl-Sack wollen tanzen, ja ihm gar die Ehe versprochen; weil er der Meinung gewest, es seye die Magd im Haus, so ihm anvor wohl bekannt. O Bestia! aus diesem folgt das Kandel und Antel nicht weit voneinander. Das Potare und Putana sich bald vergleichen, daß Weinbeer und Weiber einander wohl verstehen. Nachdem Holofernes sich mit Essen und Trinken wohl angeschoppt, da war sein einiger Gedanke die Judith, aber der Tanz ist nicht angangen, nachdem der Loth sich überweint, da seynd seine Töchter zu ihrem gewünschten Ziel gelangt; Fraß und Füllerei vergleicht sich so wenig mit der Keuschheit, als Luzifer mit dem Michael, als der Wolf mit dem Lämmel, als der Kothkäfer mit der Rose, [123] als der Storch mit der Schlange, als das Feuer mit dem Wasser, als der Stoß-Vogel mit der Taube, etc.


Was stift Wampelius noch mehr?


Der heil. Dominikus hatte einst in die Predigt unter seinen Zuhörern eine besessene Weibsperson, welche er nach vollendtem Wort Gottes von der satanischen Tyrannei erlediget. Sobald diese verdammte Larve von der armen Person gewichen, alsdann hatte sie neben andern Unflath eine große Menge der schwarzen Kohlen ausgeworfen.

Delrio schreibt von mehrern besessenen Leuten, welche da öfters aus dem Magen und Mund Eierschaalen, Büschel Haar, alte Hufnägel, Schuster-Ahlen, Glas-Scherben, alte Fetzen, und Lumpen sogar, salva venia, Roß-Feigen, Sau-Koth, und allerlei Unflath durch Wirkung des bösen Feinds, haben ausgeworfen. Bei den unmäßigen Sau-Mägen thut solche saubere Prob noch alle Tag der Freß- und Sauf-Teufel, durch dessen Wirkung die wilden Zech- Brüder allerlei unfläthige Wort und Sprüch von der ärgerlichen Gosche lassen fallen. Von dem reichen Prasser sagt die heil. Schrift, wie er durch einen Schlag oder Steck-Katharr des gähen Tods gestorben, und den geraden Weg zum Teufel gefahren, daß er nichts mehrers beklagt habe, als seine Zunge, auch derenthalben ein Memorial ablaufen lassen zu dem Abraham, er möchte doch dem Lazaro in seiner Schooß die Erlaubnuß geben, daß er ihm seine brennende Zunge nur mit ein wenig Wasser konnte erquicken. Gewiß ist es, daß erstgedachter Prasser nicht allein sich versündiget habe mit der Zung, sondern auch mit dem ganzen Leib: Sich versündiget mit den Augen, die er von dem armen [124] Bettler so unbarmherzig abgewendt: Sich versündiget mit den Ohren, in die nicht nur einmal, sondern öfters gehört das Wehklagen des elenden Tropfen, und sich dannoch hiedurch nicht erweichen lassen: Sich versündiget mit den Händen, in denen man Tag und Nacht fast nichts anders gesehen als Pokal und Gläser: sich versündiget mit Herzen, in welchem Niemand anderst residirte alsBachus und Venus; gleichwohl empfand er am ganzen Leib nicht so große Pein und Qual als auf der Zunge; so muß dann folgsam solche sich mehr, als der ganze übrige Leib versündiget haben? freilich, was dann, daran ist gar kein Zweifel; dann solche sich nicht allein stets und immer hat brauchen lassen zum Fressen und Saufen, sondern beinebens allerlei Schand- und Spott-Reden geführt, wodurch die Gäst erlustiget, Lagei und Aufwärter zum Gelächter bewegt worden.

Zu Venedig, schreibt Paciuchelli de mal. Consuet. ist auf eine Zeit ein Bauer, so dazumal was wenigs auf dem Markt verkauft, bei einem vornehmen Spezerei-Gewölb vorbei gangen, gählings aber in Ohnmacht zur Erde niedergesunken, und gleichsam alle Lebensgeister von ihm gewichen. Die Umstehenden thaten sich aus christlicher Lieb, wie billig, des armen Mannes erbarmen, und einer da, der andere dort mit wohlriechendem Wasser und kostbarem Balsam zu Hilf kommen: aber es folgte hierdurch die wenigste Besserung nicht, sondern es hatte das Ansehen, als wollte ihn der Lebensathem gänzlich verblassen; bis endlich sein Weib zu diesem Handel kommen, mit ihrem groben Fürtuch alle wohlriechende [125] Materie von der Nase und Schläfen wohl abgerieben, und nachmals ein frisches Saukoth (welches sich fast nicht reimt zu schreiben) ihm wohl um die Nase geschmiert, worvon sich der Bauer geschwind erholt, und bald mit dieser Verwunderung frisch und gesund aufgestanden, war also seiner Natur weit tauglicher der Gestank, als der gute Geruch.

Die Zechbrüder insgemein, samt allen denselbigen, so ihre Ergötzlichkeit suchen in Essen und Trinken, seynd meistens also genaturt, daß sie die einige Freud schöpfen an aller Unflath, dahero solche Schand-Reden führen, solche Spott-Wörter ausgießen, solches unfläthiges Gespräch halten, daß hiervon alle ehrlichen Ohren höchstens beleidiget werden. Wehe euch Wirthen und Gastgebern, wehe euch, die ihr eines verruchten Gewinnes halber dergleichen Laster zulasset! Wehe euch Eltern, die ihr bei dem Essen und Trinken auch dieses Saukonfekt bisweilen auftragt, worvon die unbehutsame Jugend, so wie ein Schwamm alles an sich zieht, ganz schleunig zum Verderben angeleitet wird.

Der apokalyptische Engel Joannes sah einmal in einem Gesicht folgende Begebenheit: Ich sah, spricht er, ein Thier aus dem Meer heraussteigen, das hatte sieben Köpf und zehen Hörner, und auf seinen Hörnern waren zehen Kronen, und auf seinen Köpfen waren Namen der Gotteslästerungen etc. Dieses erschreckliche Thier, laut heil. Schrift, handlet mit nichts anderst, als mit lauter Gotteslästerungen. Aber woher hatte es seinen Ursprung? Vom Meer. Das war ein nasser Ursprung. Bei dermalen elenden Zeiten [126] entspringen auch solche Bestien, ja bestialische Leut, voll mit Gotteslästerungen, aus der Nässe, zwar nicht vom Wasser, wohl aber vom Wein; dann wo melden sich mehrere gotteslästerige Zungen, als eben beim Saufen und Schlemmen?

Wie Christus der Herr als das unschuldigste Lamm durch der Hebräer unmenschliche Verfolgung zum Tod verurtheilt worden, da war eine löbliche Gewohnheit, so vom König Salomon eingeführt worden, daß man den zum Tod Condemnirten einen süßen und starken Wein zu trinken gegeben, auf daß sie die bevorstehende Straf und Leibs-Qual desto leichter ausstehen konnten. Dieses hat man auch an dem Herrn Jesu nicht ermanglen lassen, massen die frommen Matronen und das allezeit mitleidende Frauenzimmer sehr stattlichen Wein beigeschafft, dem Herrn Jesu von Nazareth zu einer Erquickung: aber die gottlosen Gesellen haben solchen besten Wein selbst ganz unmäßig ausgetrunken, und dem gebenedeiten Heiland einen andern Trunk mit Galle und Myrrhen zugerichtet, sie aber durch den starken Wein also berauscht worden, daß sie die ganze Nacht hindurch gesoffen, und anbei allerlei verruchte Lieder und Gesänger über Jesum von Nazareth gesungen, auch zugleich in alle erdenklichen Gotteslästerungen ausgebrochen, daß dieselbe Nacht dem gebenedeiten Heiland schmerzlicher gefallen, als die ganze Zeit seines Leidens.

In der vornehmen Stadt Löwen in Brabant hat auf eine Zeit ein sehr frommer und gottesfürchtiger Burger daselbst etliche Leut auf der Gasse angetroffen, welche alle mit weinenden Augen sehr großes [127] Mitleiden getragen gegen einen am ganzen Leib verwundten Menschen, so mitten unter ihnen gestanden, und als er befragt, welcher Böswicht ihm solches Uebel angethan? auch die Antwort vernommen, daß er solches gelitten von dreien jungen Bürschlein, so im nächstgelegenen Wirthshaus beim Saufen und Spielen stets Gott lästern und fluchen! also hat er sich unverweilt dahin begeben, und besagten Gesellen ihr unmenschliches Verfahren ernstlich vorgerupft, welches sie aber nicht allein geläugnet, sondern noch mit ihm zu ernenntem und allerseits verwundtem Menschen gangen, auch ihn befragt, ob dann sie ihm einiges Leid zugefügt? Wie er nun solches bejahet, ist er augenblicklich verschwunden: worüber diese ganz bußfertig in sich selbst gangen, und anbei erkennet, daß sie mit ihrem Gotteslästern den Heiland Jesum unter dem Saufen und Spielen auf ein neues gegeiselt und gemartert.

Joannes, mit dem Zunamen Faust, insgemein, der Doctor Faust genannt, sonst von Gundlingen gebürtig, der nun der ganzen Welt fast bekannt wegen seiner Zauberei und großen Pakt, den er mit dem bösen Feind gehabt. Dieser saubere Gesell hat seine Teufelskunst zu Krakau in Polen gelernet; dann zur selben Zeit wurde besagte schöne Kunst (scil.) daselbst öffentlich docirt. Wie dieser einmal ungefähr in ein Haus gerathen, allwo dazumal eine stattliche Mahlzeit war, und die gesamten Gäst bereits tief in die Kandel geschaut, dahero mit öfter wiederholten Bitten den Magister Faust ersucht, daß er ihnen zu einer Gnad etwas von seinen so berühmten Stücklen möchte sehen [128] lassen. Joannes auf so großes Verlangen wollte den nassen Burschen endlich solches nicht abschlagen, fragt aber zugleich, was ihnen möchte beliebig seyn? worauf die berauschten Gesellen einhellig begehrt, daß er ihnen anstatt des Confekts solle ganz frische Weinbeer aufsetzen, es war dazumal die rauhe Winterszeit. Der Faust verspricht dieses, jedoch mit diesem Beding, daß keiner ein Wort solle reden, bis er ihnen werde schlaffen die Weintrauben abzuschneiden; wofern aber einer das geringste Wort solle hören lassen, so möchte es seinen Hals gelten. Wie sie nun alle solches angelobt, da hat er diese bezechten Kerl dergestalten verblendt, daß einer vermeint, als stehe vor seiner der schönste Weinstock mit frischen und ganz zeitigen Trauben, worauf dann ein jeder das Messer ergriffen, und auf die Weintrauben gehalten, ganz begierig erwartend die Erlaubniß abzuschneiden. Da er sie eine Weil in dieser Verblendung gelassen, da hat er gemacht, daß alles augenblicklich verschwunden, ein jeder aber das Messer auf seiner Nase gehalten, daß, wofern er den Befehl nicht hätte gehalten, er sich selbst seinen Schmecker hätte abgestutzt. Das war eine Mahlzeit, wo bei einem Haar einem jeden wäre die Nase abgeschnitten worden, es wäre gewiß ein schädliches Schneiden gewest; aber doch die Nase abschneiden scheint nicht so schmerzlich, als die Ehr abschneiden, welches doch beim Essen und Trinken ganz gemein; dahero mein heil. Vater Augustinus, als er zu Hippone Bischof war, allezeit bei seiner Tafel, wo er speisen thäte, eine Tafel hangen gehabt, auf welcher [129] diese Wort mit großen leslichen Buchstaben geschrieben gewest:


Es soll und muß mein Tafel meiden,

Der andern will die Ehr abschneiden.


Unter andern Plagen, die Gott durch seine Diener Moses und Aaron dem hartnäckigen König Pharaoni zugefügt, war nicht die wenigste die Frösch, deren Menge so groß, daß kein Ort mehr noch Winkel im ganzen Königreich zu finden, wo diese Grün-Hösler nicht herumgehupft! absonderlich aber waren sie beim Essen und Trinken überlästig; dann kaum eine Schüssel aufgedeckt worden, da ist alsobald ein solcher Lackendrescher hineingesprungen: wann man den Löffel zum Maul gehalten, da ist unversehens ein solcher großmauliger Kapriolspringer darin gewest. Sonst pflegen diese Rohr-Hocker in Pfützen und Wässern ihre Residenz zu haben, aber dazumal bei der Tafel des Königs forderist. Der Mund-Becher war nicht sicher, daß nicht zuvor ein solcher Koth-Tanzer darin gebadet: anstatt der Tafel-Musik war dieses verdrießliche Acht, Acht, Acht: allen Diskurs und freundliche Gespräch verderbte dieses so überlästige Acht, Acht, Acht. Kaum daß Pharao ein Wort geredet, da zählten diese verdrießlichen Schmarotzer schon Acht, Acht, Acht, das war eine Plag über alle Plagen.

Aber sag mir einer, wo dermalen eine Mahlzeit, ein Traktament, ein Essen und Trinken, wo sich nicht dergleichen geschwätzige Frösch hören lassen. Sie schreien zwar nicht Acht, Acht; aber sie geben Acht auf eines Jeden Thun und Lassen. Man tranchirt nicht allein [130] die Speisen, sondern auch eines manchen ehrlichen Namen: man hält nicht allein den Löffel beim Stiel, sondern man stiehlt vielen auch darbei die Ehr; man ißt nicht allein Kapauner, sondern man schreit auch dabei zuweilen einen für einen Hahnrey aus; man hat nicht allein einen gebratenen Hasen auf dem Teller, sondern es muß noch dieser und jener ein Hasenherz und Letfeigen seyn; man trinkt nicht allein einen Rheinwein, sondern man sagt, diese und diese führe ein unreines Leben; man sauft nicht allein einen Luttenberger, sondern man zeigt noch diesen und jenen, daß er ein Luderberger sey. In Summa Convivium und Convitium, Essen und Ehrvergessen, Faß und Nefas sitzen bei einander, und wird man niemal frecher, als bei dem Becher.

Wo! wann? Wie ist der königliche Prinz Amnon ums Leben kommen? Ich antworte bei der stattlichen Mahlzeit die Absalon sein Herr Bruder auf einem großen Maierhof hat angestellt, und zwar diese Fresserei ist dazumal zugericht worden, wie Absalon seine Schaafe hat lassen scheeren; dann mit diesen Worten hat er ihre Majestät den König David selbst, als seinem gnädigsten Herrn Vater, eingeladen. Siehe, sprach er, man scheert die Schaafe deines Knechts, ich bitte, der König wolle mit seinen Knechten zu seinem Diener kommen. Das Schaafscheeren, und das Essen und Trinken war dazumal bei einander. Die Gäste haben sich lassen wohl geschehen, die armen Thierl haben müssen die Wolle lassen, man hat allerseits wohl gessen, aber die unschuldigen Lämmlein haben müssen ihre Wolle vergessen. [131] Man hat über und über wohl getrunken, und die armen Tropfen seynd um ihre Wolle kommen. Ein artliches Traktament, wobei Löffel, Messer und Gabel, auch die Scheer muß seyn. Das geschieht aber wohl öfter, wo man tapfer ißt und trinkt, daß zugleich die Unschuldigen müssen von der Scheer leiden, die ihnen zwar nicht die Wolle, welches noch zu erdulden wäre, sondern gar die Ehre abschneidet; da müssen alle verborgenen Unvollkommenheiten des Nächsten geoffenbaret werden, da müssen die Götzenbilder der Rachel hervor. Da macht man die kleinen Mängel großmächtig, da seynd die Leut im gelobten Land so große Riesen, daß sie andere fressen können, wie zu Josue Zeiten. Da legt man eine Sache übel aus, und muß der hinterlassene Mantel des Josephs ein Zeiger und Zeichen seyn des angemaßten Ehebruchs. Da muß mancher bescheidene Mann für einen lautern Narren gehalten werden, wie der Samson bei den Philistäern. Da muß manche für ein Etcaetera gehalten werden, gleich wie die keusche Judith von dem assyrischen Volk nicht anderst verargwohnt worden. Da wird das Allergeringste der Geistlichen und Religiosen auf die Bahn gebracht, und bleibt auch die Unterlassung der Händewaschung unter den Aposteln nicht unbeschnarcht. Da werden meistentheils die Zungen, forderist wann sie im Wein wohl eingebeizt seyn, in lauter bissige Schlangen verwandelt, wie vor diesem die Ruthen des Hohenpriesters Aaron im Angesichte des egyptischen Königs.

Ich wollte meines Theils die Saufer lieber Knöpfe als Rosen heißen, massen ihnen dieses Prädikat [132] bester Massen anständig, aber dermal will ich sie Rosen tituliren, nicht zwar zu ihrem eigenen Ruhm oder Glorie, sondern derenthalben Rosen, deßgleichen auch die Lilgen thun, weil die Rosen das Maul nie weiter aufreißen, als wann die warme Sonne scheint, also die Saufer, sobald sie von dem Wein erhitzt werden, sodann eröffnen sie die Goschen, und muß alles heraus, was sonst so bald nicht wäre an Tag kommen. Voll macht Leer. Wie ist das zu verstehen? der durch den Wein voll ist, der wird leicht das Herz ausleeren, und alle Geheimnusse offenbaren.

Der hl. Mönch Sylvester, der aber nicht allein, unser hl. Joannes a St. Fakundo, auch dieser nicht allein, der hl. Vater Benediktus, auch der nicht allein, der hl. seraphische Franziskus, dieser ebnermassen nicht allein, der hl. Abt Bernardus, auch solcher nicht allein, der hl. Dominikus, Stifter des Prediger-Ordens, auch selber nicht allein, der hl. Thomas von Aquin von besagtem Orden, auch dieser nicht allein, der hl. Franziskus de Paula, der gleichfalls nicht allein, der hl. Franziskus Xaverius, auch dieser nicht allein, mein hl. Kajetanus, auch eben dieser nicht allein, der hl. Joannes Dei, auch sogar dieser nicht allein, die hl. Theresia, Koleta, Juliana, Brigitta, diese gleichergestalten nicht allein, sondern noch viele andere Heilige haben die Gnade von Gott gehabt, daß sie die allergeheimsten Gedanken, die verborgensten Anschläge des Menschen gewußt und erkennt haben. Aber ich getraue mir gar oft, und zwar ohne Mirakel, womit meistens die hl. Leute operiren, ich getraue mir ohne übernatürliche Wunderwerke solches [133] zuwegen zu bringen. Lasse nur auftragen und nicht zetten, lasse nur einschenken und nicht schütten, lasse nur wacker trinken und nicht pausiren, sodann wirst du alles Heimliche an das Licht locken, alle Secreta ohne einigen Deckmantel vor dir liegen. Solches bestätiget der hl. Geist selbst in göttlicher Schrift: »Nullum Secretum est, ubi regnat ebrietas. Prov. 31. Wo die Trunkenheit regiert, da ist nichts Heimliches.«

In dem Herz des hl. antiochischen Patriarchen Ignatii hat man mit goldenen Buchstaben geschrieben gefunden den süßesten Namen Jesus. In dem Herzen der hl. Theresia hat man unterschiedliche hl. Geheimnisse gefunden. Etliche die Geißlung des Herrn Jesu, andere die Krönung des Heilands, diese die Kreuzigung Christi, jene seine glorreiche Urständ etc. In dem Herzen der hl. Klara de Monte Falconis aus dem Orden hat man sichtbarlich gesehen alle Instrumente und Waffen des Leidens Christi. In dem Herzen der hl. Magdalena de Pazzis hat man ganz wohl gezeichnet angetroffen das Wort Amor. In dem Herzen der hl. Gertrudis hat man eine Wunde gefunden, so von einem Strahl des gekreuzigten Jesu eingebrennt worden; aber bei allen besagten Heiligen hat man solches erst nach ihrem Tod und seligen Hintritt gefunden; entgegen aber durch den Wein kann man noch bei Lebszeiten sehen, finden, erfahren, was einer im Herzen trage. Nullum Secretum, ubi regnat ebrietas.

Hart war in die Arche Noe, in dieses großes Schiff zu kommen, massen es Gott der Herr selbst [134] verschlossen. Hart wäre der berühmte Held Josue in die rings herum verschlossene Stadt Jericho eingedrungen, wann nicht dero Ringmauern durch göttliche Hand wären umgestoßen worden. Jos. 6. Hart wäre der kühne Soldat Martinus Schenkius Anno 1588 in die stark versperrte Stadt Bonn eingedrungen, wann er nicht in die lererst erfundene Petarden oder starken Pulversack an das Thor gehängt hätte. Aber die Festung Herzburg, ob sie schon noch so stark verschanzt, und sogar mit beinernen Pallisaden umgeben, einzunehmen, braucht nicht so viel Gewalt, wenig Pulverunkosten; sondern anstatt der Petarden eine gute Flasche Wein, mit dieser wird Thür und Thor eingesprengt, und findet man alles, was darin verborgen.

Die Welschen nennen die Suppe Brodo, und bei den Lateinern heißt Prodo ich verrathe. Alles gar wohl, gieb nur Brodo, so wirst du das Prodo haben, wisch diesem oder jenem nur das Maul aus, und schmier ihm die Gurgel, da wird er alles verrathen.

O! wie oft ist dieses schon geschehen? O! wie oft geschieht es noch? O! wie oft wird es noch geschehen?

Ein zaundürrer Fuchs hat sich in eine wohl angefüllte Speiskammer hinein prakiziret, welches eine Maus daselbst wahrgenommen, und also nicht wollen Höflichkeit halber ihn zu grüßen unterlassen: Willkomm, sagt sie, willkomm, mein hochgeehrter Pelzkramer, wie treffen wir allhier einander an, erfreue mich seiner guten Gesundheit; aber wann ich darf fragen, sagt ferner die Maus, als ein arger Mauskopf, bitte um Vergebung, daß ich mich unterstehe [135] zu fragen, wie ist er in dieses Speisegewölbe herein kommen? Herein, antwortet der Fuchs, bin ich kommen durch ein gar enges Loch, vermittelst meiner Magrigkeit. Aber in was Geschäften just da herein? hat er etwa eine Kommission, sagt weiter die Maus, von dem ganzen Geflügelwerk und allen Hennen insgemein? O nein, widersetzte der Fuchs, ich hab mich einzig und allein hereingedrungen, damit ich mir eine Weile gute Täg möge anthun, und wiederum am Leib zunehmen. So, sagt die Maus, Adieu! dein Balg ist hin. Der Fuchs hat sich dergestalten mit Speisen angefüllt, daß ihm der Bauch aus einander gangen, wie eine aufgeblasene Sackpfeife. Als nun der Koch in dem Speisegewölbe den Hennendieb ertappt, wollte solcher unverzüglich durch das vorige enge Loch den Ausfall nehmen, konnte aber wegen der angeschoppten Wampe nicht, mußte demnach elend und ganz frühzeitig um seinen Balg kommen. In seiner Marter gedachte er noch an der Maus Prophezeiung, aber zu spät, erfuhr also mit höchstem Schaden, daß er länger gelebt hätte, wann er nicht das Wohlleben gesucht.

Es ist wahr und bleibt wahr, daß das unmäßige Essen und Trinken die meisten Menschen ins Grab befördere. Derjenige junge Gesell, dessen die Frau Mutter eine reiche wohlhabende Wittib gewest in der Stadt Naim, ist in den besten Jahren und blühendem Alter von dem Tod hingerissen worden, aber die Ursache seines so frühzeitigen Todes war sein liederliches Leben; weil er als ein einziger Sohn durch die zu große Uebersehung der Mutter einen [136] nichtsnutzigen Wandel geführt, nicht allein der dazumal frechen Magdalena muthwilliger Galan gewest, sondern noch mit andern nassen Burschen Tag und Nacht dem Luderleben obgelegen, und mit stetem Fressen und Saufen die Zeit anworden, welches dieses junge Blut, wie leicht geschehen kann, dergestalten erhitzt, daß er in ein großes Fieber gerathen, wovon er auch gestorben: nachmals aber in Ansehung der betrübten Mutter von dem Herrn Jesu zum Leben erwecket worden.

Gewiß ist es, daß durch die Bratspieße mehr erlegt worden, als durch den Degen; gewiß ist es, daß bei den Kuchelhäfen mehr zu Grund gehen, als in dem Meerhafen; gewiß ist es, daß bei den Pasteten mehr bleiben, als auf den Pasteien; gewiß ist es, daß der Krug mehr hinrichtet, als der Krieg; gewiß ist es, daßper Lances mehr umkommen, als per Lanceas; gewiß ist es, daß die meisten Todtengräber heißen Calixt und ihre Weiber Intemperantia.

Rebekka des Isaaks Weib, eine Tochter Bathuels des Syrers von Mesopotamia, Labans Schwester, durch sondere Gnad Gottes wird großen Leibes massen sie vorher unfruchtbar, gewesen; aber es ist ihr gar seltsam nachmals ergangen, dann sie hatte zwei Kinder im Leib, die machten ihr eins große mächtige Ungelegenheit; weil sie nämlich in dem Leib mit einander zankt und gerauft haben. Diese zwei waren Jakob und Esau. Beide eines besondern Humors.

Viele Leute lamentiren, sagen und klagen, daß sie so große Ungelegenheit haben, von dieser und jener[137] Krankheit, selten eine rechte, gerechte, gesunde Stund, Tag und Nacht das Auweh. Es ist alles wahr, es gibt fast unzählbare Krankheiten und Unpäßlichkeiten in der Welt, ja diese scheint fast ein allgemeines Spital zu seyn. Zu Jerusalem war ein Schwemmteich, worin zu gewissen Zeiten die Kranken und Presthaften wunderbarlich kurirt worden, bei diesem Schwemmteich war ein Gebäu mit fünf Porticus oder Schupfen. Wann man in Deutschland sollte ein Gebäu führen, worunter alle Kranke ihr Unterkommen sollten haben, so müßte nothwendig dieses Gebäu nicht nur mit fünf Schupfen, sondern wohl 5000 ja gar mit 5mal hundert tausend versehen seyn, massen eine unglaubliche Anzahl der Kranken.

Ein mancher sieht so gelb aus, als hätte ihn in ein Buchbinder in Pergament eingebunden: ein mancher hat so triefende Augen, daß bei ihm beim schönen Wetter das Dachtrauf gehet: Ein mancher hat ein so rothes Gesicht, daß ihm auch die Starn und Tröschel nachfliegen, der Meinung, als wachseten Vogelbeer auf ihm: Ein mancher hat so schwarze Zähne, als hätte er von Jugend auf lauter Kardebon gessen: ein mancher hat so krumme Finger, als hätte sich seine Mutter an einer Beiß-Zang ersehen; Ein mancher hat einen aufgeblähten Bauch, als wollte er zu seiner Zeit lauter Regiments-Trummel gebären: Ein mancher thut immerzu husten, als stecke ihm ein Jäger-Horn im Hals: Ein mancher hat so einen stinkenden Athem, als hätte er des Teufels Blasbalg geschlickt: Ein mancher besteht so elend auf den Füßen, daß auch diese Säulen kaum ein Stroh-Dach möchten [138] ertragen: Ein mancher zittert, als wollte er auf der großen Orgel zu Ulm den Tremeland spielen, Ein mancher klagt den Sand, als hätten seine Voreltern mit dem Volk Israel in Egypten müssen Ziegel brennen: Ein mancher klagt den Stein, und wünschet, es möchte mit ihm werden, wie mit dem Tempel zu Jerusalem, allwo kein Stein auf dem andern geblieben: Ein anderer hat den Schwindel dergestalten, daß er glaubt, wann er nur über ein Stiegel steigt, er müsse dem Stephans-Thurn zu Wien den Knopf aufsetzen: Ein anderer klagt den Magen, daß er ein schlechter Magister, etc. Aber woher rühren diese und jene andere dergleichen üble Leibs-Zuständ? Woher? Kübel, Echo übel. Verstehet mich? Vom übermäßigen Essen und Trinken. Gedenke nur, haben in dem Leib der Rebekka ihrer zwei, weil sie unterschiedlichen Humors, benannt Jakob und Esau, mit einander gezankt; was werden erst in deinem Leib, in welchem zuweilen zwanzigerlei Speisen, und eine jede fast eines andern Humors, anfangen und anheben? dort kann sich ein Rebhühnel mit dem Saufleisch nicht vergleichen, dort muß ja ein gesalzner Häring mit der süßen Dorte Händel anfangen, dort kann ja ein Eierkoch mit den Schnecken nicht übereins kommen, da kann ja das Bier mit dem Tyroler nicht gut Freund seyn, und solcher Zank und einheimischer Krieg kann nichts anderst als lauter Krankheiten ausbrüten: Eccl. 27. In multis enim escis erit infirmitas.

Was Menge des Volks Israel ist nicht geblieben in der Wüste, wie Moses selbst erzählt. Den Saumägen hat das kostbare Manna nicht geschmeckt, [139] sondern ihnen wässerten die Zähn nach den Melaunen, nach den Zwieflen, nach dem Knoblauch, so sie in Egypten alle Tag gehabt. Endlich kommt ihnen der viehische Appetit, daß sie auch Fleisch begehrt. Gott, der wohl öfter ein schädliches Begehren erhört, hat ihnen speckfeiste Wachtlen geschickt, welche sie gefangen, gerupft, gebraten, gessen, aber nicht verdauet, massen sie unter dem Essen seynd todt dahin gefallen, und alle in demselben Thal begraben worden, dahero Moses diesen Ort genennt hat Sepulchra concupiscentiae, Gräber der Begierlichkeiten.

Gehe du mir forderist in Deutschland auf alle Freudhöf und Gottesäcker, absonderlich zu Wien, besuche daselbst die Gräber, besuche die Grabsteine, lies die Grabschrift, so wirst du finden, daß sehr vielSepulchra concupiscentiae heraus kommen. Warum ist dieser gestorben, und zählte kaum dreimal 10 in seinem Alter? tröst ihn Gott, er hat zu viel schweinen Fleisch gessen, und weisses Bier drein trunken, das hat ihm den Garaus gemacht. Warum dieser in besten Jahren hat müssen unter die Erde kommen? tröst ihn Gott, er hat zu viel ungarischen Wein getrunken, und von einem hitzigen Fieber überfallen worden, das hat ihm den Lebensfaden abgeschnitten. Warum ist dieser in blühender Jugend verwelkt? tröst ihn Gott, er hat hundert Austern gessen, und füßen Wein darein getrunken, das hat ihm den Rest geben. Warum ist dieser so bald heimgangen? tröst ihn Gott, er hat alle Tag gefruhstuckt, und das hat ihm zum Tod geholfen. In Summa fast allenthalben Sepulchra concupiscentiae, Gräber oder [140] Grabstätt der Begierlichkeit. Entgegen ist die Mäßigkeit eine Mutter der Gesundheit, und eine Verlängerung des Lebens, wie alt ist Adam worden? 930 Jahr. Das ist ein schönes Alter. Wie lang hat Seth gelebt? 807 Jahr. Das ist ein ehrliches Alter. Wie lang hat der Enoch gelebt? 905 Jahr. Das heißt eine schöne Zeit gelebt. Wie alt ist Kainam worden? 900 Jahr. Das ist eine lange Zeit. Wie lang ist Malaleel auf der Welt gewest? 890 Jahr. Das heißt gelebt. Wann ist dann der Noe gestorben? Im 905. Jahr. Das heißt gelebt, und diesem hat nie der Kopf wehe gethan, diese haben nie den Magen geklagt, diese haben nie einen Doktor gebraucht, diese haben um keine Apotheke gewußt, diese haben keine Ader gelassen. Warum? darum. Sie haben weder Gesottnes noch Gebratnes für eine Speis gehabt, sie haben weder Fisch noch Fleisch gessen, sie haben niemalen einen Rausch gehabt, sondern die Kräuter waren ihre Speis, das Wasser ihr Trank.

Zu Genua, in dieser schönen welschen Stadt, hat sich ein reicher Herr befunden, welcher aber neben allem seinem großen Vermögen niemal die gewünschte Gesundheit gehabt, und absonderlich war er in derselben Zunft, denen das verdrießliche Podagra die Glieder aus dem Angel hebt. Als erstgedachter reiche Handelsmann einst auf dem Meer sich befunden, ist er in das größte Unglück gerathen, daß er von den tripolitanischen Türken und Meerräubern gefangen worden, ja Jahr und Tag diese Gefangenschaft müssen ausstehen, bis die begehrte Rancion erfolget ist. Als er nun von solcher Sklavität zurückkommen, und zu[141] Genua auf dem Platz gleich einem jungen frischen Gesellen spazieren gangen, welcher doch zuvor meistens in einem Sessel, wie ein Taschenmesser zusammen gekrümmet, getragen worden, so hat solches fast jedermann, forderist die Bekannten, in große Verwunderung gezogen, also zwar, daß einige podagraische Krüppel ihn befragt, mit was Mittel er die überlästige Krankheit vertrieben, ja die meisten thäten ihn bittlich ersuchen, er wolle doch aus christlicher Liebe ihnen das Recept kommuniciren. Nachdem sich solcher anfänglich gestellt, als hätte er für besagten Zustand ein sonders Arkanum, hat er endlich selbes zu sondern Gnaden entdeckt. Ich, sagte er, habe nichts anderst gebraucht, als folgende drei Stuck, benanntlich alle Tag 24 Streich von einem Prügel, 2) um einen Kreuzer Brod, 3) ein Krügel Wasser, del resto niente, und sonst nichts. Dieses hat mir vom Podagra geholfen; dann solang er zu Haus die gute und wohlbesetzte Tafel genossen, solang hat er diesen unwerthen Gast bei sich gehabt; sobald er zu der obschon gezwungenen Mäßigkeit kommen, ist er dieser Last entladen worden. Worauf folgt, daß kein größerer und abgesagter Feind der Gesundheit seye, als der liederliche frißländische Wampelius Zehrer zu Schlemmerau.

Eine saubere Komödie hat der Adam angefangen im Paradeis in diesem irdischen Lustgarten, eine Komödie, die das ganze und gesammte menschliche Geschlecht in das Verderben gestürzt, eine Komödie, allwo drei Personen gespielt, nemlich Adam, Eva, der Teufel, aber anbei all unser Heil verspielt: eine Komödie, allwo zwar gewesen das allerschönste, und von göttlichen [142] Händen selbst verfertigte Theatrum, aber die Aktion war des Teufels, eine Komödie, die zwar nicht lang gewährt, aber der Schaden, so dadurch geschehen, währt lang genug: eine Komödie, die so viel gekost, daß auch sogar Gottes Sohn hat müssen daran zahlen: eine Komödie, welche der Satan zu unserm größten Nachtheil komponirt: eine Komödie, wo man nicht die Praemia, wie pflegt in den Schulen zu geschehen, unter die Jugend austheilt, sondern dabei das Praemium des ewigen Lebens entfremdet worden; diese Komödie war das comedi: dedit mihi de ligno et come, sagt Adam, Serpens decepit me, et comedi, sagte Eva, das war die saubere Komödie. Aber sehe Jemand, wann sich Adam nackend und blos erkennet? vor dem Essen nicht, wohl aber nach dem Essen, das ist wohl zu merken, daß das Essen den ersten Menschen entblößt.

Viel tausend, und tausend Menschen, wohl rechte Adams-Kinder, die seynd oft aller Mittel entblößt, kaum einen Fetzen, womit sie den elenden Leib in etwas verhüllen, allerseits bettelarm. Wie kommts? woher kommts? frag nicht lang, der saubere Wampelius bringts um das Ihrige. Das unnöthige Fressen und Saufen stürzt sie in die Armuth. Der verlorne Sohn, dieses muthwillige Bürschel, ist bei stattlichen Mitteln gewest, hat trutz einem Edelmann können leben, die Bedienten im Haus haben ihn ihr Gestreng gescholten, sein Hut prangte mit einem weißen Federbusch, das Kleid war von Sammet und Seide, ein Lagei, aufs wenigst einer folgte ihm auf dem Fuß nach, der beste Klepper im Stall war ihm allezit zu[143] Diensten, in Summa, als ein Galanthomo konnte er bei allen Gesellschaften erscheinen. Nachdem er aber in die Länder verreist, und um seinen Hofmeister, wann er doch einen gelitten, nicht viel gefragt, sondern in Frechheit gelebt, in Freuden gelebt, seine meiste Andacht in den Wirths-Häusern verricht, die verdächtlichen Weiber und beschreite Schlepp-Säck stets mit Fressen und Saufen ausgehalten, da hat angefangen der Beutel die Schwindsucht zu bekommen, da hat das Geld den Reißaus genommen, da seynd die Mittel nach einander verschwunden, und er ein solcher armer Narr worden, daß sein Kleid, wie Filogran-Arbeit durchbrochen, bei seinem Schuhen die großen Zehen zum Fenster hinausgeschaut, das Gesicht eingefallen, wie ein Bauern-Kreß, so aus der Stärk gangen, und er in einen so elenden Stand gerathen, daß er gewunschen bei den Schweinen mit einer kalten Schaale vor lieb zu nehmen. Luk. 15.

Hans Biberacher, du bist vorhero so wohl gestanden, Haus und Hof gehabt, der Vogel Habich hat bei dir ein stetes Nest gehabt, wie kommts, daß du anjetzo so miserabel und elend, und ohne Gelübd dem Mendicanten-Orden bist eingetreten? Ich bin, sagt er, in Unglück kommen, und zwar wie diejenigen Knaben, so den Propheten Elisäum haben ausgespott, diese haben die wilden Bären zerrissen, mich aber hat das Wirthshaus beim schwarzen Bären in der Vorstadt also zugericht. Das glaube ich.

Georg Schlickendorfer, du hast von deinen Eltern ein schönes Geld ererbt, bei deiner ersten Heyrath hast du gleichfalls einen guten Rogen gezogen, [144] was ist doch die Ursache, daß du in solche Armuth gerathen? bei dir ist anjetzo allezeit Quatember, deine Kinder sehen aus wie des Samsonis seine Dusäcken. (Ist ein dürrer Eselskinnbacken gewest.) Die Ursache ist diese, sagt er, mir ists gangen, wie dem Propheten Jonas, ihm hat die Sonne ausser der Stadt Ninive die Kürbisblätter ausgedörrt, ich aber bin durch das Wirthshaus bei der goldenen Sonn verdorben. Das glaub ich.

Michael Zechmayr, ich hab dich noch gekennt, wie du etliche 1000 fl. von deinem Herrn Vetter, als Pfarrer zu Sparrnbach, hast geerbt, und dazumal der Mond bei dir im Aufnehmen gewest, wie kommts, daß er jetzt schon im letzten Viertel? Du hast zwar noch gute Augen, und hast der Brillen noch gar nicht vonnöthen, aber du siehst gleichwohl nichts im Haus. Du und das Deinige ist beschaffen wie die philistäischen Treidfelder, welche der Samson in Asche gelegt. Da kommts her, sagt er, daher. Mir ist fast geschehen wie dem Mundbecken des Königs Pharao, ihm haben die Vögel das Brod aus dem Korb gefressen, mich aber hat das Wirthshaus beim Schwarzen Adler um das Meinige gebracht. Das glaub ich.

Job hat Gut verloren, hat Blut verloren, hat Rinder verloren, hat Kinder verloren, hat Schatz verloren, hat Platz verloren, sogar endlich auf den Misthaufen kommen, aber aus allen seinen Drangsalen und Widerwärtigkeiten mit denen ihn der böse Feind überladen, ist die größte gewest, wie er vernommen, daß das Haus, worin dazumal alle seine Kinder versammelt, sey durch einen gäh entstandenen Sturmwind zu Boden geworfen, [145] und folgsam alle Söhne und Töchter zu todt geschlagen. Es ist aber wohl in Acht zu nehmen, wann, und was Zeit, mit was Umständen das Haus zu Grund gangen, nämlich dazumal, wie diese Söhne und Töchter bei der Mahlzeit gesessen, wie sie steif gessen und getrunken, wie sie wohl auf und guter Dinge gewest, dazumal ist das Haus zu Grund gangen: Filiis tuis et filiabus, vescentibus et bibentibus etc.

Et seynd gar viel zu finden, die vorher bei den größten Mitteln gewest, auf allen Seiten genug gehabt, mit Geld und Geldeswerth überhäufig versehen gewest, und dannoch endlich zum Bettler worden. Zu Wien zählt man dieses Glifters nicht wenig, die von 20 und 30tausend Gulden in solche äußerste Schwindsucht der Mittel kommen, daß sie nachgehends haben müssen, wie andere arme Schlucker, bei den Klöstern die Suppe suchen. Aber wovon seynd sie in solches Verderben gerathen? rath nicht lang. Es ist ihnen geschehen wie den Kindern Job; weil sie Tag und Nacht gefressen und gesoffen, so ist ihnen Haus und Hof zu Grund gangen.

Wann zuweilen die Weiber ungefähr zusammen kommen, oder zu Wien auf dem Kohlmarkt einander antreffen, da fangt eine um die andere an wegen ihres Mannes zu klagen. O! meine Frau Margareth, sagt die erste, mein Mann und ich leben wie Hunde und Katzen; dann ich kann nicht, daß Gott seys geklagt, dazu schweigen, wann er gar alleweil im Wirthshaus mit andern Saufbrüdern ist, ich und die Kinder haben oftermal das Brod nicht zu essen, er verthut alles, [146] ich hab ihm erst nächst beim Tisch vorgeworfen, wie er zu Ende der Tafel noch zwei Maaß Wein ausgestochen, er soll doch seine Gesundheit in Obacht nehmen, der Magen sey schon geschlossen, und folgsam vom Saufen abstehen. So sagte er mir, er wisse gar wohl, daß der Magen geschlossen, ich soll ihm mit dergleichen Predigten nicht kommen. Wann dann, sagt ich darauf, der Magen schon geschlossen, wo kommt dann dieser Wein hin? O Närrin! gab er zur Antvort, (das ist mein Ordinari-Prädikat) Närrin, weil der Magen geschlossen, so rinnt dieser Wein beim Schlüsselloch hinein. Jetzt gedenkt nur, meine Frau, wie unser eins so hart hausen thut, wir haben nicht einmal den Hauszins bezahlt und Michaeli ist schon vor der Thür. Ach ja, sagt die Frau Margareth, andere Weiber klagen, daß ihre Männer so grob, das kann ich bei meiner Treu von meinem Manne nicht sagen, er ist wohl ein rechter Hofmann, aber ich danks dem Teufel, ein Hofmann ist er; dann er steckt eine ganze Zeit im Mätschackerhof, im Seizerhof, frißt und sauft, und ich muß zu Haus wirthschaften. Ich hab ihm so schöne Sachen zubracht, aber es ist schon alles hin, es seynd mir Schüssel und Teller nicht sicher, daß er sie nicht versetzt, was er die ganze Woche gewinnt, das versauft er, und verfrißt es wieder am Sonntag; wann er mich gleichwohl auch zuweilen thät mitnehmen, so thät ich ihms so sehr nicht für Uebel haben, unser eins ist halt auch nicht von Wasserburg gebürtig.

Des Menschen Gurgel hat eine enge Straße, und jagt oft mancher Haus und Hof dadurch, und [147] solches absonderlich unter den Deutschen. Wie unser lieber Herr unweit dem tiberischen Meer fünf tausend Mann mit fünf Gerstenbrod und zwei Fisch wunderbarlich gespeist und gesättiget, also zwar, daß von dem übergebliebenen Brod noch zwölf Körbe angefüllt worden, massen einem jeden das Brod in den Händen gewachsen; dazumal war Jesus 32 Jahr, 3 Monat und 12 Tage alt. Solches Wunderwerk ist geschehen den 13. April, zu Rom bei S. Gioan. Laterano wird etwas von diesem Brod und Fisch sehr ehrerbietig aufbehalten. Orat. delle 7. chiese. Wie dazumal unser Herr so viel 1000 wunderbarlicher Weise gesättiget, so liest man doch nicht, daß er ihnen auch hätte einen Trunk dazu geben. Es beweisen wohl einige Scribenten, daß Christus dazumal auch aus einem harten Felsen habe zu Diensten des Volks eine klare Brunnenquelle erweckt, welches sehr muthmaßlich. Man kann hiedurch leicht erkennen, daß unter demselben Volk kein Deutscher gewesen sey, sondern lauter Galiläer; dann wann ein Deutscher bei diesem so wunderbarlichen Trakament sich hätte eingefunden, so hätte er wahrhaftig unsern lieben Herrn auch um einen Trunk Wein angesprochen, und ist wohl zu glauben, daß ihm solches der liebste Heiland nicht geweigert hätte; massen er in den Krügen zu Kana das Wasser in den besten rothen Wein verkehrt, allein die Unmäßigkeit und Ueberfluß des Weines wie auch der Speisen seynd Gott mißfällig, und diese hindern und mindern die Wirthschaft dergestalten, daß aus dem Wort Gula durch den Buchstabenwechsel ein Gaul wird, auf dem man spornstreich nach Bethlehem und [148] Leyden reisen thut. Ist demnach der saubere Wampelius, dieser frißländische Gesell, die meiste Ursache, daß man in die Armuth gerathe. Weil dann alles klagt wider den unmäßigen und verschwenderischen Wampelius von Schlemmerau, auch genugsame und wohlgegründete Proben vorhanden, so viele von ihm begangenen Lasterthaten und Unheil, daher besagter Böswicht, damit den Klägern hiedurch einige Satisfaktion geschehe, muß und soll zur gebührenden Strafe gezogen werden, und zwar erstlich soll er, Wampelius, hinfüran allezeit Freitag und Samstag, deßgleichen auch an Vigilien und Quatember, wie auch forderist vom Aschermittwoch an bis auf den hl. Ostertag zum Fasten kondemnirt seyn, auch mit ihm auf keine Weise hierinfalls noch könne noch solle dispensirt werden, ausser der Zeit einiger Krankheit, allwo der Medikus und Beichtvater ein behutsames Urtheil sollen schöpfen, und wohl in Acht nehmen, damit ihr eigenes Gewissen nie einen Schiffbruch leide. Es soll oftgemeldter Wampelius wissen, daß das Fasten nicht eine neue und unlängst ausgebrachte Sache sey, sondern von Christus selbst und seiner gebenedeiten Mutter und Jungfrau schon längst zu unserm Exempel und Nachfolg observirt worden. Zumal aus dem Evangelium genugsam bekannt ist, was Gestalten der Herr und Heiland 40 ganzer Tage das strenge Fasten ohne einige Speise und Trank vollbracht. So weiß man auch, wie es sattsam bezeugt der hl. Vinzentius Ferr., daß der gebenedeite Jesus die ganze Zeit, da er auf Erden gewandelt, niemals habe Fleisch gessen, ausser des Osterlamms wegen des jüdischen Gesetzes, auch [149] die 33 Jahr auf Erden hat er niemals öfters als einmal im Tag eine Speise, und diese noch im geringen Maaß, zu sich genommen.

Von der seligsten Mutter Gottes Maria schreibt Gregor. Turon. l. 2. de Virg., daß sie von der Zeit an, als sie im Tempel aufgeopfert worden, niemals ihren allerunschuldigsten Leib habe ohne Cilicio gelassen, auch kein anderes Bett gebraucht als die bloße Erde und harte Bretter, gar oft etliche Tag ohne einige Speise verblieben. Von den Aposteln schreien und schreiben alle Bücher, wie sehr sie dem Fasten ergeben gewest.

Wann Gott dem Allmächtigen das Fasten nicht so angenehm wäre, so hätte er selbst nicht mit so vielen Mirakeln und Wunderwerken bestätiget. Durch das Fasten haben die Kinder Israel Viktorie und Sieg erhalten wider die Philistäer 3. Reg. 4. Durch das Fasten samt dem Gebet hat Judith die Stadt Bethuliam vom Feind erlöset. Jud. 8. Durch das Fasten hat Esther den Untergang des jüdischen Volks verhindert. Durch das Fasten haben die drei Knaben im babylonischen Ofen das Feuer gedämpft. Dan. 1. Durch das Fasten und Beten hat Anna von Gott dem Herrn einen Sohn erhalten. Durch das Fasten samt andern Bußwerken seynd die Niniviter bei Gott dem Herrn wiederum zu Gnaden kommen.

Wann Gott dem Herrn das Fasten der Menschen nicht wohlgefällig wäre, so hätte der hl. Eremit Konradus an einem Freitag einen schweinen Schinken nicht in einen Fisch verkehrt. Ferr. 19. Febr. So wäre dazumal, als sehr viele Bischöfe den kranken [150] und schwachen Karthäusern das Fleischessen eingerathen und solches von Gratianopel kommen lassen, das Fleisch nicht in allerlei Fisch mit höchster Verwunderung verwandelt worden. Hermanus Ch. Serm. 27. So hätte die selige Agnes Politiana in Gegenwart des Medikus und der meisten Klosterfrauen das aufgetragene Fleisch nicht können in Fisch verwandeln, damit sie nur ihr gewöhnliches Fasten nicht breche. Es hätte gleichmäßig der hl. Nikolaus de Tolentino aus meinem Orden, als er auf Befehl des P. Priors wegen großer Unpäßlichkeit ein gebratenes Rebhühnl sollte essen, nicht können mit dem bloßen Kreuzzeichen so viel wirken, daß der gebratene Vogel wäre wiederum davon geflogen, welches doch geschehen 16. Sept. Ferr.

In was großem Werth das Fasten sey, hat es auch mehrmal die seligste Mutter Gottes genugsam dargethan. In der Stadt Messina ist ein Jungfraukloster St. Franzisci-Ordens, welche in ihrem Tempel und Kirche ein sehr gnadenreiches und wunderthätiges Mariabild haben. Es ist aber dessen eigentliche Ursach und Ursprung gewest das Fasten; dann selbiges hat ein Bildhauer mit Joseph auf sondere Manier verfertiget, massen er in der Woche die Arbeit der besagten Statue nur zweimal unter die Händ genommen, benanntlich am Mittwoch und Freitag, aber allemal, so lang er in der Arbeit war, den selben Tag in Wasser und Brod gefast, wovon dann kommen, daß nit allein obbemeldtes Bildnuß Kunst halber das allerberühmteste worden, sondern kaum daß es auf den Altar gestellt, hat es [151] alsobald mit großen Wunderwerken, wie dann noch auf heutigen Tag geschieht, zu leuchten angefangen.

Joannes Gritsch neben andern Scribenten verfaßt eine wunderliche Geschichte, so sich mit einem verwegenen Mörder und Straßenräuber zugetragen, der viele Jahre in diesem verruchten Wandel verharret, indem allein glückselig, daß er ein frommes Weib gehabt, welche forderist der Andacht gegen die Mutter Gottes ergeben war, daher sie ihm möglichst eingerathen, weil er doch ein so sündhaftes Leben führe, er wolle wenigstens dieses eine gute Werk verrichten, und alle Samstag zu Ehren der seligsten Königin des Himmels fasten, welches er endlich auch gethan. Als er aber einmal ungefähr in eine Kirche getreten, da sieht er von dem ganzen Leibel des Jesukindlein häufiges Blut herunter rinnen in den Schooß Mariä, welches auch die Mutter nit genugsam konnte abtrocknen, woraaf er so keck, daß er gefragt, wer an allem diesen schuldig? auch bald die Antwort erhalten, daß er selbst der Thäter sey, und andere seines Gleichen große Sünder, die da alle gleich den Juden, ihren liebsten Sohn auf ein Neues kreuzigen. O Mutter der Barmherzigkeit! bitte für mich, sagte er, welches sie auch das dritte Mal gethan, aber allemal eine abschlägige Antwort erhalten, bis sie endlich vor ihrem gebenedeiten Sohn auf die Knie niedergefallen, und diesem lasterhaften Gesellen völlige Verzeihung seiner Sünden erhalten, worauf er in ein Kloster getreten, einen heiligen Wandel geführt, und folgsam ein seliges Ende genommen. Dieser konnte sein ganzes Heil niemand anders zumessen als dem Fasten.

[152] Wie verwerflich aber in den Augen Gottes sey derjenige, der nur seinem viehischen Schmer-Bauch abwart, und allen sinnlichen Anmuthungen den freien Zaum läßt, mit dem Esau um ein Linsenkoch, nach dem er so starken Appetit gehabt, keine Unkosten spart, des Magens all sein Suppliciren mit dem Fiat umscheidet, und mit einem Wort des frißländischen Wampelii guter Bruder ist, kann sattsam aus der Straf, welche Gott mehrmalen über dergleichen Menschen verhängt, abgenommen werden.

Bekannt ist jene Geschicht am 7. Kap. der Richter, was Gestalten der tapfere Kriegsheld Gedeon mit einer großen Mannschaft wider die Madianiter ins Feld gezogen, als aber aus Befehl Gottes unter diesem Kriegsheer ausgeblasen worden, daß, wer zaghaft und furchtsam ist, seinen Weg nur solle nach Haus neh men, da seynd gleichwohl dergleichen Lett-Feigen zweiundzwanzigtausend gezählt worden, die allesamt wieder zurückgekehrt, die überbliebnen zehntausend Mann mußten noch zur Prob geführt werden, und zwar zu einem Wasser, da hat Gott dem Gedeon als Oberhaupt anbefohlen, er solle diese zehntausend Mann, deren keiner einen Trunk werde weigern, aus diesem Wasser lassen trinken, aber anbei wohl in Acht nehmen diejenigen, so nur die Hand in das Wasser werden stoßen, und also aus der Hand sürpflen, die soll er auf eine Seite stellen, die sich aber auf den Bauch werden niederlegen, und mit dem Maul aus dem Fluß saufen, die soll er auf die andere Seite absondern: dieser seynd neuntausend und siebenhundert gewesen, und haben alle den Abschied bekommen, sie sollen hingehen, [153] wo sie seynd herkommen. Deren andern hat man nur dreihundert gezählt, mit denen nachmals der streitbare Gedeon den so stattlichen Sieg erhalten. Aus diesem erhellet klar, daß Gott dem Allmächtigen die Mäßigen angenehm seyn, die Unmäßigen aber verhaßt. Er verbiet nicht das Essen und Trinken, wohl aber das Fressen und Saufen; er leidet diejenigen gern, so die nothwendige Lebensnahrung mit Manier nehmen, er verwirft aber alle dieselbigen, welche ganz und gar nur der Wampen und Luder-Bauch Dienst leisten, und um das Fasten nichts wissen wollen.

Ich will dießfalls nicht beirücken, daß An. 1584 zwei deutsche Soldaten, so dazumal unter den Holländern gedient, ein Pakt gemacht in dem Wirthshaus, solang zu saufen, bis einem aus ihnen der Bauch zerschnelle, als sie aber in diesem nassen Streit zum besten begriffen, da hat der Teufel beiden den Haus umgetrieben.

Ich will nicht anziehen, was dem heiligmäßigen Kamillo de Bellis, diesem großen Diener Gottes begegnet; als dieser zu Rom zu einem Sterbenden berufen worden, hat er nicht allein mit allen seinen Ermahnungen nichts gefruchtet, sondern noch von dem elenden Menschen die Antwort bekommen, er fahre anjetzo zum Teufel, und solle ihm dessenthalben keine grauen Haar wachsen lassen. Dieses unglückseligen Menschen geführter Wandel war nichts anderst, als Tag und Nacht essen und trinken.

Neben tausend andern ist mir vor einem Jahr in Ober-Oestereich, da ich Reis' halber mußte in einem Wirthshaus die Einkehr nehmen, sowohl von dem[154] Wirth, als allem Hausgesind daselbst glaubwürdig erzählt worden, wie daß eben in besagtem Ort ein Jahr zuvor ein liederlicher Bürger die ganze Faßnacht hindurch im Wirthshaus verblieben, allda ein schlemmerisch Leben, und mehr als auf Vieh Art geführt, worvon ihn Niemand, massen er dazumal verwittibt war, abgemahnt, als der Wirth, so doch allem Ansehen und Muthmaßen nach seine Predigt nicht gar ernsthaft gewesen, weil dergleichen Leut nur nach dem Gewinn schnappen und tappen. Als nun der Aschermittwoch vorhanden, und er von seinem Bacchustempel noch nicht wollte weichen, vorgebend, das Fasten sey eine aufgebrachte Sach der Pfaffen, setzte freundlich hinzu, wann Petrus, der erste Pabst, wäre ein Fleischhacker oder Metzger gewesen, so hätte er auf keine Weis das Fasten eingesetzt; weil er aber ein Fischer war, so konnte er nicht anderst als ein Fasten erdenken, damit er eine Anwehrung haben möchte seiner Fische. Begehrte demnach der Luder-Gesell eine Bratwurst, oder sonst was vom Fleisch, so aber der Wirth in allweg geweigert und abgeschlagen, auch noch hierüber gedrohet, wann er mit Kraut und Häring nicht wollt Vorlieb nehmen, so wolle er ihm den Weg zeigen. Als nun diese anerbotne Fastenspeise aufgetragen worden, da schmutzte dieser verwegene Saumagen, und läßt sich hören, daß er so gut wolle Mirakuln machen als die Heiligen, und mit wenigen Ceremonien den Häring in ein Kapauner-Bügel verwandlen; macht demnach das Kreuzzeichen über diesen gesalznen Fisch mit dem Zusatz etlicher possirlicher Wort, und zieht beinebens ein Kapauner-Bügel aus dem Sack, [155] womit er den Abend zuvor sich proviantirt, legt selbes auf das Kraut, den Häring aber gräbt er unter das Kraut. Allo, sagt er, das Mirakul ist fertig (aber auch schon die Straf Gottes), wie er den ersten Bissen ins Maul gesteckt, da ist er alsobald Steintodt zurück über den Stuhl gefallen, das ganze Ingeweids.v. bei dem hintern Leib heraus gesprungen, und einen so abscheulichen Gestank von sich geben, daß nach aller angewendten Säuberung einem gedunkt, als wäre noch was übriges von diesem Saubalsam. Das Ort wird derenthalben nicht offenbart, weil von diesem verruchten Luder-Sack eine Posterität und einige Freundschaft vorhanden. Jetzt gehe hin und verachte das Fasten.

O Fasten macht Fastidi, Fastidi macht die Fasten! sagt mancher, klagt mancher. Der junge Tobias reisete mit seinem Hündel und kam zu dem Fluß Tygris, und wie er daselbst wollte seine Füß waschen, da schwimmt, ja stößt gähling auf ihn zu ein großer Fisch mit aufgesperrtem Rachen, worüber er dergestalten erschrocken, daß er ganz erbleicht, und am ganzen Leib gezittert, auch zu dem Erzengel Raphael, so da gegenwärtig gewest, aufgeschrieen: Herr, er kommt auf mich zu, will mich fressen etc. Tob. 6.

O! wie viel und aber viel gibt es dergleichen Leut, die sich vor den Fischen fürchten, dem Beicht-Vater und dem Mediko zuschreien: die Fisch bringen mich ums Leben, sie können nicht fasten, der Magen erträgts nicht, die Natur thue sich vor den Fastenspeisen völlig entsetzen, so seyen ihnen auch die Mehlspeisen fatal, obschon Elisäus mit dem Mehl den bittern[156] Kraut-Topf der Propheten-Kinder versüßt, so sey aber ihr Magen keine Hafner-Arbeit, die Komplexion zu schwach, die Verdauung zu ring. In Summa, Fasten macht Fastidi, Fastidi macht Fasten. Endlich kann man den Beicht-Vater und Medikum mit dergleichen Wohlredenheit gar leicht bethören, und hinter das Licht führen. Aber was sagt hierzu das Gewissen? was redet das Gewissen mit dem Bauch?

Es hat können aus dem Orden des heil. Franzisci die selige Helena 3 Monat fasten ohne einige Speis und Trank. Es hat können aus dem Orden des heil. Franzisci de Paula die seligste Gratia de Valentia mehrmal 15 Tag aneinander fasten ohne einige Erquickung, und ist doch 91 Jahr nie krank gewest. Es hat können aus dem Orden des heil. Dominici die seligste Columba Perusina zwei hundert Tag das Jahr hindurch in Wasser und Brod fasten. Viel tausend dergleichen zarteste Weibsbilder, dero Zahl ein ganzes Buch anfüllen konnte, haben können fasten ganze Täg, ganze Wochen, ganze Monate, ja etliche ganze Jahr, und seynd dannoch beinebens in unvergleichlicher Gesundheit geblieben, ein hohes Alter erreicht, und du, und die, und diese sollen nicht können ohne Fleisch leben? das glaube, wers glauben will. Es werden Zweifelsohne wohl etliche blöde Mägen angetroffen, die fast sich des jüdischen Raths gebrauchen: Ducite eum caute. Diesen will ich dermalen das Fasten nicht aufbürden, weil sie sich weniger konnten darein schicken als David in den Harnisch des Sauls. Aber der mehristen Entschuldigung gründet sich auf den Einschlag und vermessenes Anbringen des[157] frißländischen Wampelii, dem hiemit an der Straf nichts solle nachgelassen werden, sondern es bleibt bei dem ersten Urtheil und Ausspruch.

Judas hat etliche gute Werk gethan
Judas hat etliche gute Werk gethan, derenthalben er auch belohnt worden.

Obschon Rupertus der gänzlichen Meinung und Aussag, als wäre Judas Iscarioth von Jugend auf allezeit ein Schelm und nichtsnutziger Böswicht, ja sogar dazumal, als er in das apostolische Kollegium aufgenommen worden, noch ein lasterhafter Gesell verblieben, und nicht aus guter Meinung ein Apstel des Herrn worden, sondern damit er nur dem Faullenzen möge abwarten, und sein tägliches Auskommen konnte desto sicherer haben; weil er gesehen, daß der Herr Jesus wegen häufiger Mirakul und Wunderwerke von dem Volk sehr hoch geschätzt, und mit vielen Schankungen begabt worden. Es wollen aber die mehristen Lehrer diese Sentenz nicht vor genehm halten, sondern mit gründlichen Ursachen behaupten, daß Judas im Anfang seines Apostel-Amts einen frommen, und gleich andern einen untadelhaften Wandel geführt, derenthalben ihn auch der Herr sehr lieb und werth gehalten; obschon seinen göttlichen Augen nicht verborgen gewest, daß dieses grüne Gras bald werde zu Heu werden. Weil aber der Herr dazumal nur nach [158] dem äußerlichen Leben und Wandel wollte urtheilen, also hat er das Wohlverhalten des Iscarioths nicht wollen unvergolten lassen, sondern ihn bald zu dem Amt eines Prokurators oder gar eines Zahlmeisters erhoben, auch nachmals ihm, da er schon ein wirklicher Dieb und untreuer Bedienter gewest, sehr viel Gutes erwiesen, damit er also die einige von Juda begangene gute Werk wenigst mit zeitlicher Belohnung möge erstatten, weil er doch hat vorgesehen, daß dieser zur ewigen Belohnung nicht werde gelangen. Es ist demnach gewiß, daß Gott sich auch das allergeringste nicht läßt umsonst thun, und erwidert solches entweder in dieser Welt, oder belohnt es in der ewigen Glorie.


Nichts umsonst.


Gleich von Anfang, da Gott der Allmächtige aus dem Nichts die Welt erschaffen, und alles in der Welt aus Nichts erschaffen, wollte er schon sich nichts umsonst thun; dann als er von dem in starken Schlaf vertieften Adam eine Rippe genommen, woraus er nachmal die Eva formirt, hat er gleich das Ort, wo die Rippe gestanden, mit Fleisch erfüllt, wollte sogar ein schlechtes Bein nicht umsonst haben, sondern Fleisch dafür geben, Replevit carnem pro ea. Das ist ja wohl bezahlt. Gott macht es weit besser als die Metzger oder Fleischhacker, diese geben für Fleisch die Beiner, aber er gibt für Beiner ein Fleisch. Der Jakob hat dem Laban 7 Jahr gedient, 7 Jahr die Schaaf gehüt, 7 Jahr treu und redlich gewest. In 7 Jahren läßt sich viel laufen, viel schnaufen, viel gehen, viel stehen, viel borgen, viel sorgen, viel schwitzen, [159] viel sitzen. 7 Winter nicht viel schlafen ist viel, 7 Sommer nicht viel ruhen ist viel, 7 Herbste nit viel feiren ist viel, 7 Frühling nicht viel liegen ist viel, auf dem Feld und zu Haus nie müßig, bei Tag und Nacht nie müßig, früh und spat nie müßig war Jakob. Wann die Schaaf reden könnten, aber sie blerren nur, wann die Wölf reden könnten, aber sie heulen nur, wann die Hund reden könnten, aber sie bellen nur, so würden sie sagen, wie emsig der Jakob gewest, so würden jene bekennen, wie fleißig Jakob gewest, so würden die ersten bezeugen, wie wachsam der Jakob gewest in seinen Diensten, und dieser Dienst hat gewährt 7 Jahr. Aber was Lohn hat Jakob davon getragen? Stattlich ist er belohnt worden, nicht besser hätte er können belohnt werden, nicht reicher hätte er können belohnt werden (scilicet), wie die Bauern die Spieß tragen, er hat um die schöne Rachel gedient, und Laban hat ihn mit der schändchen Lia bezahlt, so macht es die Welt: aber Gott weit anderst, er läßt sich gar nichts umsonst thun. Magdalena hat das Grab Christi besucht vor allen andern, in Willens, den heiligsten Leichnam nach jüdischem Brauch mit kostbaren Spezereien zu salben. Das war nicht umsonst, er hat ihrs treulich belohnt, maß er ihr vor allen andern Aposteln zum erstenmal nach seiner glorreichen Urständ erschienen, ja sie zugleich zu einer Apostlin gemacht, daß sie solle dieses große Geheimnuß allenthalben verkündigen und ausbreiten.

Petrus mit dem Zunamen Telonarius genannt, war ein solcher karger Gesell, ein solcher Geizhals, daß man ehender in einer Juden-Kuchel einen Speck [160] gefunden, als bei ihm ein Allmosen; als er auf eine Zeit neben seinem Maulthier, so mit lauter Brod beladen gewest, daher gangen, und von einem Bettler mit solcher Ungestüme um ein Allmosen ersucht worden, daß er hiedurch in größten Zorn gerathen, und damit er dieses überlästigen Gesellen nur los möchte werden, hat er ein Leibl Brod aus dem Sack gezogen, dem Bettler mit großer Gewalt auf den Buckel geworfen, daß selber kaum den Athem konnte erholen. Wann das ein großes gutes Werk ist, so weiß ich nicht! und dannoch war es nicht umsonst; Dann in Ansehung dessen hat Gott ihn zur Besserung gebracht, daß er nachmals heilig gestorben. Massen er 3 Tag hernach in eine tödtliche Krankheit gefallen, und bereits von den bösen Feinden dem göttlichen Richter vorgestellt worden, allwo auf eine Wagschaale alle seine bishero verübte Lasterthaten gelegt worden: etliche aber in weißem Aufzug gekleidete Jüngling waren dazumal gegenwärtig, konnten aber nicht ein einiges gutes Werk hervor bringen, so sie auf die andere Wagschaale legen möchten, bis endlich einer aus ihnen dasjenige Leibl Brod, welches er vor 3 Tagen aus Ungeduld dem Bettler in Buckel geworfen, hervor gezogen, und auf die Waag gelegt; weil aber selbiges gegen den häufigen Lastern viel zu gering, also hat ihm der göttliche Richter ernstlich anbefohlen, er solle mehr dergleichen auflegen, oder er wolle ihn diesen höllischen Mohren überantworten, worüber Petrus erwacht, und zu sich kommen, all sein Hab und Gut unter die Armen ausgetheilt, und sich selbst für einen leibeigenen Knecht verkauft, und das Geld den Bedürftigen geben.


[161] Nichts umsonst.


Wie der König Pharao vermerkt, daß sich die Israeliter in seinem Egyptischen Reich so stark vermehren, zumalen nur 70 Seelen in dasselbige kommen, und doch innerhalb 200 Jahren also gewachsen, daß dero etliche hundert tausend worden; weil dazumal ihre Weiber auf einmal zwei, drei, vier, auch noch mehr Kinder geboren. Als nun der heidnische Monarch wahrgenommen, daß der Juden Anzahl zu groß werde, also hat er ein ernstliches Dekret, und starken Befehl durch das ganze Königreich ergehen lassen, daß die Hebammen in der Niederkunft der hebräischen Weiber sollen alle neugebornen Knäbel erwürgen und um das Leben bringen, die Mägdel aber leben lassen. Diesem tyrannischen Befehl seynd die egyptischen Hebammen aus angeborner Weichherzigkeit und Mitleiden nicht nachkommen, sondern die Knaben alle beim Leben erhalten. Als nun solches dem König zu Ohren kommen, und derentwegen besagte Hebammen in strenge Frag gezogen worden, haben sie sich mit frisch erdichter (sal. ven.) Lüge entschuldiget, wie daß der Hebräer Weiber selbsten Hebammen abgeben, und sie hiezu nicht berufen werden; dahero geschehe es, daß die Knäbel beim Leben bleiben. Diese Weiber, ob sie schon ihre Barmherzigkeit mit der Unwahrheit versiegelt, haben es dannoch nicht umsonst gethan, massen sie der allmächtige Gott, unangesehen sie solches Werk nicht wegen Gott gethan, auf der Welt belohnt, und ihnen ihr Hab und Gut augenscheinlich mit höchster Verwunderung der Leut also vermehret, daß sie in Reichthum allen andern überwachsen.

[162] Das heil. Evangelium Matth. am 20. Kap. registrirt von einem sehr wackern Haus-Vater, welcher neben andern guten Habschaften und Wirthschaften auch ein sehr reiches Wein-Gebirg besessen; dahero in aller Fruhe ausgangen, primo mane, hat nie geschlafen so lang, bis die Sonne dorthin geschienen, wo die Berg-Knappen das Schurzfell tragen, in aller Frühe ist er ausgangen, Arbeiter zu stellen in seinen Weingarten, ja er ist gar fünfmal in einem Tag auf den Markt gangen, und alldort die Leut, worunter freilich wohl viel faule Schliffel, die nur auf dem Markt stehen, die guldene Zeit umsonst verzehren, und diesem und jenem die Ehr abschneiden, gar freundlich angeredet, dort muß das Robathen und Scharwachen nicht im Brauch seyn gwest, wie bei der Zeit, da er arme Mann seiner Herrschaft bald alles muß umsonst verrichten; denn er, der Hausvater, hat ihnen den gebührenden Lohn versprochen. Wie nun der Abend herzukommen, und die guten Leut ihre Arbeit in dem Wein-Garten verricht, so sagt der Herr des Weingartens dem Schaffner oder Hausmeister, voca Operarios, er solle die Arbeiter rufen, und ihnen den Lohn geben; noch denselben Abend hat er sie lassen auszahlen, er ist selbst gegenwärtig gewest, wie einem jeden sein Geld ist dargezählt worden. Viel hat er dem Hofmeister, oder wer er gewest ist, nicht getrauet; dann dergleichen Leut pflegen zuweilen mit solchem Geld umzugehen, wie der ammonitische König Hanon mit den Abgesandten des Davids, denen er die Bärth halb und halb abgeschoren. Also thun zu Zeiten die Bedienten wider den Willen der Herrschaft [163] die Glaubigen halb und halb barbieren, brechen ihnen ein ziemliches ab, und dieses gehört nachmals in ihren Säckel. Darum ist der Haus-Herr selbst bei der Auszahlung gegenwärtig gewest. O! tausend und aber tausend Lob hat dieser liebste Herr verdient, daß er so gern ausgezahlt, und zwar noch denselben Tag auf den Abend. Jetzt ist leider bei vielen weit ein anderer Brauch, wann die Handwerker, Kaufleut, etc. kommen, und sich um die gebührende und höchst-nöthige Bezahlung anmelden, da heißt es morgen, übermorgen: sage ihnen, ich sey nicht zu Haus; wie es dann einem dergleichen widerfahren, der gleichwohl dazumal den Herrn hat sehen zum Fenster hinaus schauen, er solle ein andersmal sich anmelden, der Zeit sey der Herr nicht zu Haus. Das muß seltsam seyn, sagt dieser, und setzt hinzu diese Wort: mein Lagei, sagt ihr eurem Herrn, wann er ein andersmal ausgehet, so solle er seinen Kopf mit sich nehmen. Ein mancher armer Tropf lauft ein halbes Jahr mit dem Auszügel, aber fängt so viel, als Petrus, der die ganze Nacht gefischt, und nichts gefangen, ja er hat wohl Gesträuß und allerley Mist im Netz gefunden, sonst nichts. Ein mancher bekommt auch anstatt der Bezahlung etliche Prügel, wenigst drohet man ihm mit dergleichen hülzenem Konfekt: oder wann daß die Sach gar wohl ausschlägt, so muß er mit der Hälfte Vorlieb nehmen, und dieses noch in verdorbnen Treid oder Essig-seligen Wein, der auch bei dem Gebäu des babylonischen Thurms für das Malteranmachen zu schlecht gewest. Dieses heißt bei der Zeit eine Wirthschaft, bei Leib nenne es keiner einen Diebstahl. Wie viel Kaufleut gehen dessentwegen [164] in defecit, wie viel Handwerker müssen derenthalben in Nöthen und Armuth leben, sie ziehen wohl mit der musikalischen Note Soll auf: der und der soll um diese ausgenommenen Waaren geben, soll um die verfertigte Arbeit bezahlen etc. Aber man singt ihnen wieder entgegen die andere musikalische Note La, La, es ist nichts da, es ist leer, man soll Geduld tragen. Der ältere Tobias hat seinem Sohn eine andere Unterweisung gethan: Mein Sohn, sagt er, mein liebes Kind, wiederholt er, merk es wohl, und lasse dirs gesagt seyn, wann dir einer wird etwas gearbeitet haben, dem gebe gleich den Lohn etc. Gleich, nicht erst über ein Jahr, gleich, und nit erst nach dem Tod, gleich, und nicht viel in die Schuldbücher eintragen. Aber leider! es muß mancher umsonst arbeiten, so bezahlt die Welt. Aber der gütigste Gott weit anderst, der läßt sich gar nichts umsonst thun.

Baronius schreibt, daß Leo auf eine Zeit ungefähr einen armen blinden Bettler auf der Straße angetroffen, welcher aus Mangel des Gesichts abwegs gangen und geirret, dessen hat er sich alsobald erbarmet, denselben wiederum auf die gangbare Straße gebracht, und ihn einen ziemlichen Weg bei der Hand geführt. Weil aber erstgemeldter armer Tropf den Durst sehr geklagt, so wollte auch dießfalls der Leo dem armen Mann an die Hand gehen, lauft demnach in dem nächst entlegenen Wald hin und her, und suchte einen Brun für den durstigen Bettelmann. Dieses wollte der Allerhöchste nicht lassen umsonst thun, sondern wollte es hier und dort zeitlich vergelten; massen ihm die Mutter Gottes einen Brunn gezeigt, auch anbei [165] befohlen, er solle mit dem Zetten besagten Brunnens dem Blinden die Augen berühren, worvon er die Gesundheit und das verlangte Gesicht würde erhalten, welches auch also geschehen. Leo hilft dem Blinden, Leo gibt dem Blinden einen kalten Trunk Wasser, Leo macht den Blinden sehend, Leo wird derenthalben bezahlt auch zeitlich; dann Leo dazumal die Zeitung vom Himmel bekommen, daß er soll römischer Kaiser im Orient werden.

Nichts umsonst; Petrus sagt zu unserm Herrn: Tu es Filius DEI vivi. Du bist ein Sohn des lebendigen Gottes, Matth. K. 16. Nichts umsonst. Unser Herr macht ihn derenthalben zum römischen Pabst: Et ego dico tibi etc. Und ich sag dirs, du bist Petrus, und auf diesen Fesen will ich meine Kirche bauen. Der Schächer am Kreuz, auf welches er verdienter massen als ein Mörder und Straßen-Räuber gehängt worden, sagte diese wenigen Wort: »Domine memento mei etc. Herr, gedenke doch meiner, wann du in dein Reich kommst.« Nichts umsonst: Christus gibt ihm dessenthalben eine gewisse Exspektanz.


Nichts umsonst.


Wie der Heiland Jesus den schweren Kreuzes-Baum auf den Berg Calvariä getragen, und die Juden in Furcht gestanden, er möchte unter Wegs unterliegen, und wegen vorhin erlittenen unglaubigen Peinen den Geist aufgeben, damit sie Ihn dann noch lebendig konnten auf das Kreuz nageln, als haben sie einen mit Namen Simeon, sonst von Cyrene aus Lybien gebürtig, so dazumal ungefähr von seinem Maierhof [166] und Wirthschaft gekommen, ernstlich angestrengt, daß er solle dem Jesu von Nazareth das Kreuz helfen tragen, welches er zwar nicht geweigert, aus Furcht, es möchten ihm die ohne das muthwilligen Soldaten ein größers Uebel anthun; aber dannoch war ihm nicht wohl bei der Sache, und ist wohl zu glauben, daß er diesen Dienst gar ungern verricht, auch vermuthlich, daß er zuweilen von dem Lotters-Gesind eine Peitsche über den Rucken bekommen; nichts destoweniger wollte Gott nicht, daß er solches sollte umsonst thun, ob er schon dazu gezwungen worden, dann ihn nachmals Gott der Herr überhäufig derenthalben belohnet, massen er ihn erleucht, daß er bald darauf bekehrt worden, mit dem heiligen Petro helfen das Evangelium predigen, und nachdem seine zwei Söhne Rufus und Alexander die Marter-Kron erhalten, ist er, Simeon, als ein großer Heiliger zu Jerusalem gestorben.

Gott läßt sich nichts umsonst thun. Jener Baum, von dem die hebräischen Knaben die Palm-Zweig zu dem triumphirlichen Eintritt Christi nach Jerusalem gebrochen, hat es auch nicht umsonst gehabt, zumalen wie Jerusalem von Tito gänzlich zerstört worden, und kein Stein auf dem andern blieben, und alles Gehölz in der Gegend umgehauen, so ist doch besagter Baum durch sondern göttlichen Willen zu einer Vergeltung etliche hundert Jahr unversehrt geblieben.Baron. ad An. 34. Gott läßt sich gar nichts umsonst thun: aber die Welt wohl.

Wie manchesmal wird ein armer Dienstbot wegen seiner treugeleisteten Dienste schlecht belohnt! Bei dem Herrn Vater des verlornen Sohns ist noch [167] gut zu dienen gewest; dann solches hat das saubere Bürschel, wie ihm das Wasser ins Maul geronnen, selbst bekennt mit diesen Worten: wie viele Taglöhner seynd in meines Vaters Haus, welche Brod im Ueberfluß haben, ich aber sterbe allhier vor Hunger etc. Der Herr muß seine Bedienten wohl traktirt, und sie mit einer guten Tafel versehen haben; dann unter dem Wort Brod versteht man allerlei Nahrungsmittel. Aber man gehet mehrmals mit den Dienstboten um, daß sie sagen und klagen: Ihr Haus sey bestellt wie der Himmel, wo man weder ißt noch trinkt. Ich hab mir lassen erzählen von einem sehr verschlagenen Diener, dessen Frau nach meister Weiberart sehr klug, karg, oder (recht geredt) geizig, daß solcher einmal ein Spagat um die Suppenschüssel gebunden, und solche langsam durch die Stube gezogen gegen die Kuchel. Als die Frau dessen Ursach befragt, gab er zur Antwort: Er habe sein Lebtag gehört, daß man die Blinden führen müsse; dann es war die Suppe so schlecht geschmalzen, daß man nicht ein Aug durch dreifache Brillen darauf hat sehen können. Das heißt ja freilich, die Dienste nicht belohnen. Es geschieht wohl auch oft, daß man den Liedlohn gar zurückhält, und solche in Himmel schreiende Sünd mit dem Vorwand will vermänteln, als wäre etwas im Haus verloren worden, oder sogar muß zu Zeiten ein armes Dienstmensch das geringste zerbrochene Häferl, so vorhin schon in Zügen gelegen, bezahlen, wehe, und aber wehe allen denjenigen, welche so übel belohnen!

Unendlich besser bezahlt Gott, dieser gütigste Herr, ja er läßt sich gar nichts umsonst thun.

[168] Es ist sich höchst zu verwundern über dasjenige, was da schreibt Petra Sancta cap. 16. tom. 3., daß nemlich zu Stareamone in Portugal um das Jahr 1240 in dem Dominikanerkloster daselbst ein frommer Sakristan gewesen, Namens Bernhardus de Morlens, welcher zwei kleine Knaben nicht allein in aller Gottesfurcht auferzogen, sondern auch dieselbigen so weit unterrichtet, daß sie beide konnten bei dem Altar dienen. Nun hatten diese zwei unschuldige Kinder den Gebrauch, daß sie allemal zur Essenszeit ihr Weniges mit sich in eine Privatkapelle allda mitgenommen, und dasselbe verzehrt. Es war aber in erstgedachter Kapelle ein großes geschnitzletes Mariabild mit dem Kindlein Jesu auf dem Arm, welches Kindlein mehrmal herunter gestiegen, und die Kollation mit den unschuldigen zwei Büblein eingenommen. Wie sie solches einmal dem gottseligen Mann Bernardo, als ihren Oberherrn und Magister, erzählet, so sagt er ihnen, wie daß sie sollen das allernächste Mal das Kindlein, den lieben Gast, ersuchen, er soll sie und ihren Magister auch einmal regaliren, und zu seines Vaters Tafel einladen. Wie nun mehrmal das Jesuskindlein mit besagten zwei Sakristreiknäblein wollte das Mittagmahl einnehmen, da waren sie so einfältig gehorsam, daß sie ohne Scheu gesagt haben: »Du issest schon öfters mit uns, lade uns auch einmal ein mit unserm Magister zu der Tafel deines Vaters.« Worauf das Kindlein gleich mit dem Ja geantwortet, sie sollen auf die nächst herankommenden Festtage, als an Himmelfahrt des Herrn erscheinen, und ihren Magister mit sich nehmen. Wie nun erstgedachte [169] Solennität eingefallen, und der hl. Bernardus die hl. Meß celebrirt, wobei die zwei Büberl nach Gewohnheit ministrirt, da seynd nach vollbrachtem Meßopfer alle drei augenblicklich verschieden, und in ein Grab gelegt worden, welches man nachgehends An. 1277 er öffnet und alle drei Leiber unversehrt gefunden, so dann noch mit vielen Wunderwerken leuchten. Also schreibt Pueror. p. 3. c. 1. Niernberg. c. 16. und andere mehr. Das wenige Essen ist wohl bezahlt worden. Gott läßt sich gar nichts umsonst thun.


Nichts umsonst.


Wie Pilatus durch Ungestüm des Volks, welches von den Hohenpriestern stets angefrischt worden zu solcher Bosheit, sollte und wollte Jesum von Nazareth zum Tod verurtheilen, massen dann männiglich nur geschrien, man sollte Jesum kreuzigen, den Barrabam aber auf freien Fuß stellen. Wie dieser Landpfleger bereits auf dem Richterstuhl gesessen, so von den Hebräern Lithrostatos genannt war, und allgemach zum Urtheil schreiten wollen, da kommt unverhofft ein Sekretair von des Pilati seiner Frau Gemahlin, welcher im Namen ihrer dem Pilato angedeut, er soll doch in allweg dahin trachten, damit er diesen gerechten Menschen frei und los lasse, zumal sie die ganze Nacht hindurch einen seltsamen Traum von ihm gehabt. Solches gereicht doch zum ewigen Lob den Weibern; dann die ganze Zeit des Leidens hat sich kein einziger Mensch des Herrn Jesu angenommen, als diese Frau, so sie schon fruchtlos abgeloffen, hat sich Gott nicht lassen umsonst thun; dann sie nachmals [170] durch göttliche Erleuchtung zu dem wahren allein seligmachenden Glauben bekehrt worden, als eine Heilige gelebt und als eine Heilige gestorben. Ihr Name war Klaudia Prokula, welche Paulus und Timotheus in großem Werth gehalten.

O was Dienst muß mancher der Welt umsonst thun! Es sitzt bei der Kirchenthür ein armer Bettler, der hat nur einen Arm, und darum ist er doppelt arm, sein Kleid war nicht anderst beschaffen, als wie die Lämmlein des Labans, denen Jakob mit einem Vortheil lauter Fleck angehängt, das Gesicht war fast also beschaffen wie der Mundbecher des Samson, dieser ist ein dürrer Kienbacken gewesen. Der Stecken, den er in der Hand hat, ist weit anderst, als jenes Holz, welches in das Wasser geworfen; dann dieses Holz machte das bittere Wasser süß, jenes aber kommt ihm sauer genug an, weil es ein Bettelstab ist etc.

Diesen armen Tropfen fragte ich, wie er um den Arm kommen? oder, ob er also die Natur für eine Stiefmutter soll ausschreien? Pater! antwortet er, ich bin vor diesem ein wackerer und frischer Kerl gewesen, hab ein und zwanzig Jahr einen Soldaten abgeben, ich bin bei der Schlacht zu Gran in Ungarn gewest, ich hab helfen diese und jene Festung einnehmen, ich hab oft acht Tag keinen Bissen Brod gesehen. Meine beste Mahlzeit war zu Zeiten ein Gestößenes, dann ohne Stöß ist es selten abgangen, bei Ofen hab ich mich verbrennt, daß ich den Arm verloren. Der Name Soldat kommt, höre ich, vom Sold her, aber ich habe wenig gesehen, ich hab [171] mehrentheils müssen die Kapuzinerregel halten, dann ich fast allezeit ohne Geld gewesen. Wohin ist dann eine so große Summe Geldes von der kaiserlichen Kammer und Zahlamt kommen? O Pater! sagte dieser Bettler, die Hebräer und Pharisäer haben auf eine Zeit bei unserm Herrn seine Apostel anklagt, daß sie ihre Hände nicht waschen, wann sie Brod essen. Wir könnten uns wohl billiger beklagen über die Hände etlicher Offiziere, daß selbige so unsauber, ja gar voller Pech; wann ein Regimentsgeld darein kommt, so bleibt sehr viel picken. Der König Pharao hat seinen Mundbäcker henken lassen, um, weil er das Brod nicht recht gebachen, was hätte man nicht erst sollen denjenigen thun, welche uns das Brod (auf Hochdeutsch) gar abgestohlen? Das Geld, womit ein Regiment hätte sollen bezahlt werden, hat viel eine andere Natur als die Donau, dieser Fluß, je weiter er geht, je größer er wird; aber unser Geld, wann es von Oben herabkömmt wird immerzu weniger, es kommt in gar viele Hände, wie die Donau in viele Arme, und das hab ich jetzt davon, daß ich bin ein Bettler worden. Mein Pater! sollte es einem dann nicht hart gedunken, wann einer so viele Jahre dient, und allen Dienst umsonst thut?

O mein allmächtiger Gott! Deine unendliche Güte ist weit anderst beschaffen, massen dieselbe sich gar nichts läßt umsonst thun, nicht einen Schritt umsonst, wie es der hl. Job selbst bekennt, tu quidem gressus meos dinumerasti. Es ist auf eine Zeit ein sehr schöner und prächtiger Tempel aufgebaut worden, und wie selbiger in völliger Vollkommenheit [172] gestanden, da wurden alle nothwendigen Anstalten gemacht, diese neue Kirche mit sonderer Solennität und herrlicher Pracht zu weihen. Als nun das gesamte häufige Volk sich eingefunden, und bereits die vorgenommene Sache den Anfang nehmen sollte, da erscheint ob der größern Porte der Kirche eine unsichtbare Hand, welche mit guldenen Buchstaben diese kurzen Worte geschrieben: »Sophia me fecit, Die Sophia hat mich gebaut.« Solches hat männiglich zur billigen Verwunderung gezogen, forderist aber die vornehmen Herren, welche die meisten Mittel zu diesem so stattlichen Gebäu dargeschossen, doch konnte man auch nicht finden den Namen Sophia unter allen Gutthätern, welche einige Beisteuer und Geldhilf zu dieser Kirche beigeruckt, massen solches alles genau aufgeschrieben worden. Endlich nach vielem Umfragen hat man in Erfahrnuß gebracht, daß ein armes Weib mit Namen Sophia vorhanden, welche dann alsobald ganz umständig befragt worden, ob sie dann auch etwas zu diesem schönen Gebäu gespendirt habe? Diese wendete vor ihre Unmöglichkeit, wie leicht zu glauben wäre, und daß sie selbst den Abgang der genugsamen Lebensmittel leide, allein sie wisse sich zu erinnern, daß sie mehrmals den Rossen und Ochsen, so zu dem Kirchengebäu alle Nothwendigkeiten geführt, ein Büschel Heu habe dargereicht, damit das arme Vieh desto besser ziehen möchte, und folgsam das Gebäu einen schleunigen Fortgang nehme. Woraus unschwer ein jeder hat schließen können, daß Gott dem Herrn der gute Wille dieses armen Weibes so wohlgefällig gewest, daß er das schlechte und wenige Heu nicht hat [173] wollen umsonst lassen ausgeben, sondern sie derenthalben als eine Fundaterin des ganzen Tempels geoffenbaret.


Nichts umsonst.


Petrus hat die ganze Nacht gefischt, hat gearbeitet von 8 bis auf 9, aber umsonst. Von 9 hat er sich bemühet bis auf 10, aber umsonst. Von 10 bis auf 11 hat er sich beflissen, aber umsonst. Von 11 bis auf 12 hat er das Netz gezogen, daß ihm die Arme wehe gethan, aber umsonst. Von 12 bis auf 1 hat er geschwitzt, daß kein trockner Faden an ihm verblieben, aber umsonst. Von 1 bis auf 2 hat er die Hände nie in den Sack geschoben, aber umsonst. Von 2 bis auf 3 hat er nicht einen Augenblick gefeiert, aber umsonst. Von 3 bis auf 4 ist er immerzu im Handel gewest, aber umsonst. Von 4 bis auf 5 hat er gar keine Mühe gespart, aber umsonst. Wie der Tag angebrochen, da hat Petrus gesehen, daß er die ganze Nacht gefischt, aber nichts gefangen, und also umsonst gearbeitet, das möchte einen recht verdrießen.

Es suchte auf eine Zeit ein wohlverständiger Geistlicher einen reichen Gesellen in seiner gefährlichen und zwar tödtlichen Krankheit heim, zeigt ein herzliches Mitleiden, daß er denselben in so schlechtem Stand muß sehen, sagt anbei, daß er bei solcher Lebensgefahr wollte meistens sich das Seelenheil lassen angelegen seyn, forderist aber denjenigen dasselbige Geld wiederum erstatten, welches er ihnen durch Wucher und mit höchstem Unfug abgedruckt; das nicht, antwortet der Kranke, das kann ich gar nicht thun; dann es würde solchergestalten meinen Kindern wenig [174] überbleiben, massen ich mich etlich und dreißig Jahr Tag und Nacht geplagt, bis ich das Wenige habe zusammen gebracht, womit die Kinder standesmäßig leben können. So wollt ihr dann, setzt hinwieder der Geistliche, wegen der Kinder ewig brennen, ewig im Feuer sitzen wegen der Kinder, die doch alle euere ausgestandene Arbeit und Fleiß im wenigsten werden vergelten? Nach vielen andern Reden sagt der Geistliche, weil der Kranke an einem Brustapostem gelitten, habe er von einem sehr berühmten Mediko vernommen, wie daß zur Erledigung nichts bessers sey für diesen Zustand, als eine ganz frische Menschenfeiste, und so es auch nur drei Tropfen wären. War demnach sein Rath, er wollte seine Kinder dahin bereden, daß eines oder das andere den Finger so lang über das Licht möchte halten, bis etwan dergleichen Tropfen möchte herunter schwitzen.

Der Kranke, aus Begier einer längern Lebensfrist, ruft den größern Sohn, und bittet den lieben Hans Karl, er wollte ihm doch dieses nicht abschlagen. Der aber schüttelte den Kopf, und nimmt Urlaub. Es soll der Franz Antoni kommen, das wird auch von ihm begehrt, aber solcher entschuldiget sich, er könne dergleichen Hitz nicht ausstehen. Was gilt es, die Mariandel wird mir es nicht abschlagen; die buckt sich höflich, es sey ihr nicht möglich, der Herr Vater soll in andern mit ihr schaffen, was er wollte. Nachdem die Kinder alle abgetreten, da zeigt ihm der Geistliche, was er für einen saubern Lohn um alle seine so lange häufige Arbeit von der Welt habe, ja nicht allein umsonst so viele Jahre sich bemühet, sondern[175] noch dafür die Hölle zu gewarten habe; dann keines aus allen den Kindern wolle seinetwegen nur Eine halbe Stund den Finger in das Licht halten, und er wolle ihretwegen ewig brennen, brennen ewig. Mit diesem hat er den elenden Tropfen wiederum auf den rechten Weg gebracht. O! wie oft und manchesmal muß man der Welt Etwas umsonst thun, aber Gott dem Herrn nicht das Geringste, ja so man seinetwegen nur einen Strohhalm von der Erde aufhebt, so läßt er solches nicht umsonst geschehen.

Die Kinder Israel mußten unter dem hartnäckigen König Pharao, indem Egypten wegen des wahrenGott, massen der Pharao ein Heid war, sehr viel leiden und ausstehen. Unter andern haben sie müssen fast alleweil mit großer Arbeit den Leim graben, Ziegel machen und Ziegel brennen, das war keine geringe Sache an sich selbst. Aber Gott wollte sie nicht lassen solches umsonst thun. Einstmals ging Moses auf eine Höhe, mit ihm Aaron, Nadab, Abiu und siebenzig Aelteste von Israel, und diese sahen den Gott Israel. Aber wie? Sie sahen unter ihm ein Steinwerk von lauter Saphir. Baradius verdollmetschet, daß sie eine unglaubliche Menge der Ziegelsteine unter den Füßen Gottes gesehen, so aber alle in lauter Saphir, in dieses kostbare Edelgestein verwandelt worden, wodurch ihnen Gott wollte andeuten, daß sie seinetwegen in Egypten nicht umsonst die Ziegelsteine gemacht, sondern solche seynd anjetzo in lauter Edelgestein verkehrt worden, und werde er ihre ausgestandene Arbeit tausend und tausendfältig belohnen.

[176] Zu Orleans lebte einer, der sich mit schlechtem Kram, den er meistens auf dem Arm in einem Korb herumgetragen, kümmerlich erhalten. Gleichwohl seynd ihm öfters die Gedanken kommen, daß er auch gern ein Weib hätte, zumal er den ganzen Tag mußte hausiren, und doch zu Haus niemand war, der ihm eine Suppe kochte. Weil ihm aber das Heirathen keine schlechte Sache dünkte, also hat er solches Werk ohne Gott auf keine Weise wollen anfangen, sondern dieses sein Vorhaben dem allerhöchsten befohlen, auch zugleich Gott dem Herrn versprochen, daß er ihm zu Ehren alles Geld, was er den ersten Tag nach der Hochzeit werde lösen, unter die armen Leute wolle austheilen. Es geschieht, daß gleich den ersten Tag nach der Hochzeit einer sich angemeldt, welcher den ganzen Kram zu kaufen Willens gewest. Der nagelneue Ehemann kratzte derenthalben hinter den Ohren; dann gedachte er, wann er alle seine Waaren, die doch nicht gar viel gewest, auf einmal hinweg gibt, so bleibe ihm gar nichts, massen das gelöste Geld, vermög seines Versprechens, den armen Leuten gehörig; gibt ers aber nicht, so handelt er nicht rechtlich mit seinem Gott. Endlich verläßt er sich auf Gott, in Erwägung, daß er sich gar nichts umsonst lasse thun, verkauft die Waaren, theilt die Lösung unter die Armen aus, ihm und dem Weib blieb nichts. Aber der Allerhöchste wollte nicht den Namen haben, daß ihm einmal einer hätte etwas umsonst gethan, belohnt alleMerces mit Mercede, fängt mit etlichen Gulden, die er zu leihen genommen, wiederum zu handeln an, und ist durch den Segen Gottes also beglückt [177] worden, daß er aus einem armen Krämerl, der sein ganzes Handelsgewölb auf dem Buckel getragen, nachmals ein Mann bei viel tausend und tausend gestorben.

Gott läßt sich gar nichts umsonst thun, er belohnt nicht allein das häufige Silber und Gold, welches der hl. Nikolaus den drei armen heirathsmäßigen Töchtern eingelegt, sondern auch den geringsten Pfenning, den man seinetwegen den armen Leuten gibt. Er belohnt nicht allein das strenge Fasten des hl. Joannis Baptistä, der sich nur mit Kräutern, Wurzeln und wildem Honig erhalten, sondern auch den allergeringsten Bissen, von dem sich jemand seinetwegen enthaltet. Er belohnt nicht allein das so langwierige eifrige Gebet des hl. Antonii, der alle Nacht in dem Gebet verharrt bis die Sonne ist aufgangen, sondern sogar auch das geringste Vater Unser, so zuweilen auch unaufmerksam verrichtet wird. Er belohnt nicht allein die große Geduld des Jobs, so er auf dem Misthaufen ausgestanden, sondern auch den allergeringsten Mückenstich, den jemand seinetwegen leidet. Er belohnt nicht allein die immerwährende Betrachtung des Leidens Christi in der heiligen Clara de Monte Falso, in deren Herzen nach dem Tod alle Instrumente des Leidens Christi angetroffen, sondern auch so jemand nur den Hut ruckt vor einem Kruzifix. Er belohnt nicht allein die häufigen Zäher Magdalenä, mit denen sie auch den Füßen des Heilandes ein Bad zugericht, sondern er belohnt auch den allergeringsten andächtigen Seufzer.


[178] Nichts umsonst.


Rar und selten ist der Recompens auf der Welt; wenig seynd zu zählen, welche sich also dankbar einstellen, wie der Kardinal Bessarius. Als diesem einst bei Fastnachtzeit der vermaskerte Antonius Jampanus mit dem Lautenschlag etliche Lobverse seiner Eminenz zugesellt, da hat der besagte Kardinal dem Reimdichter so viele Dukaten gespendirt, wie viele Verse er gesungen. Wie nachmals dieser Poet die Faschingskleider abgelegt, und in seinen gewöhnlichen Kleidern sich bei dem Kardinal wiederum eingefunden, sagt dieser dem Kampano: »Mein lieber guter Freund, wo seynd die Finger, mit denen du so viel Lügen von mir geschrieben?« nimmt ihn zugleich bei der Hand, und steckt ihm einen guldenen Ring an, so wegen des kostbaren Diamantsteins auf siebenzig Dukaten geschätzt worden. Wenig seynd wie die Bertha, Kaisers Henrici IV. Frau Gemahlin, welche eine Tagreise von der Stadt Padua von einem armen Bauernweib ein Kneil Garn zu schenken bekommen, so der Kaiserin dergestalten wohlgefallen, daß sie ihr zu einem Recompens so viel Grund erlaubt und geschenkt, wie viel sie mit diesem Faden kann umfangen, wovon dann das adeliche Haus Montagnona seinen Ursprung genommen und noch in großem Flor. Wenig seynd, die also die kleinen Gutthaten oder Gaben so reichlich bezahlen, massen der Dank dir Gott bei der Welt noch das erste Kleid anhat, und dieses noch nagelneu, denn es gar wenig strapazirt wird;Gott aber läßt sich gar nichts, gänzlich nichts umsonst thun. [179] Sogar vergilt ers auch den größten Sündern als seinen Feinden.

Lukas am 16. Kap. hat einen sehr üblen und lasterhaften Gesellen mit guten Farben entworfen, dieser war ein reicher Vogel und banquetirte die ganze Zeit, sein ganzer Wandel bestund in der Kandel, sein ganzes Leben war bei den Reben, als hätte ihm Essen und Trinken und anders gutes Leben sein Herr Vater zum Heirathgut geben, quotidie; und das war alle Tag. Am Montag war er rauschig, am Dienstag war er nicht nüchtern, am Mittwoch war er bezecht, am Donnerstag wohl zudeckt, am Freitag überschweint, am Samstag sternvoll, am Sonntag hat er gar nicht gewußt, was er thut. Solches schlemmerische Leben führte er etliche Jahre, bei ihm war nie kein Abgang, er war allezeit frisch und gesund, beim Adel in großem Ansehen, bei Kaufleuten lieb und werth, dann er verzehrte ein ehrliches Geld, bei Weibern nicht übel angesehen, dann vermuthlich er ohne dergleichen wildes Geflügelwerk nicht wird gewesen seyn; dann Lukas, der ehrbare Evangelist, nur schriftlich verfaßt, daß er Tag und Tacht in Prassen gelebt, das andere sey leicht in eine Konsequenz zu ziehen, zumal der Syllogismus in Frisisomorum mit dem in Barbara ziemlich kann vertragen. Bei der Nacht aber, da er zuvor dem Baccho ziemlich geopfert, befällt ihn ein gählinger Steckkatharr und dabei ein Accidens von einem Schlag, das hat ihm geschwind den Garaus gemacht, und ist er den geraden Weg zum Teufel gefahren. Der Kerl hat vorher nichts als Glück über [180] Glück gehabt, und hat wohl geheißen, je größer der Schelm, je besser das Glück.

Lazarus entgegen ein armer und elender Bettler hat vor der Thür des besagten reichen Prassers die äußerste Noth gelitten, sogar nicht können theilhaftig werden der Brößlein Brod, so von der Tafel dieses reichen Gesellen gefallen, er war von Männiglich verlassen, bis er endlich, Zweifelsohne vor großer Hungersnoth, gestorben, aber von den lieben Engeln gleich in den Schoos Abrahams getragen worden. Diesen hat der verdammte Gesell aus der Tiefe der Hölle erblickt, und demnach geschwind seine Stimm ganz flehentlich zu dem Vater Abraham erhebt, er wollte doch zulassen, daß Lazarus nur ihm einen einzigen Tropfen Wasser möchte spendiren. Abraham schlägt ihms rund ab, es kann nicht seyn, es wird nicht seyn, es soll auch nicht seyn: Fili recordate, sagt ihm die Ursache, daß er das Gute schon in der Welt empfangen: Recepisti.

Hugo Kardinalis legt diese Worte aus, als habe der reiche Mann seinen Lohn schon auf der Welt empfangen und eingenommen, dann ob er schon einen sehr lasterhaften und gottlosen Wandel geführt, so hat er doch etwan eines oder das andere gute Werk gethan, und solches das ewige Leben nicht verdient, so hat Gott ihm es mit zeitlichen Gütern und andern Wohlergehen belohnt. Dann Gott läßt sich von keinem etwas umsonst thun; auch Türken und Heiden belohnt wenigst auf dieser Welt, wann sie nur etwas gutes thun.

David hat sich selbst nicht ein wenig verwundert[181] über das Glück und Wohlergehen der bösen und gottlosen Leute, und beklagt sich schier dessen bei dem Allmächtigen, daß, je größer der Schelm, je besser das Glück. Quia celavi super iniquos, pacem peccatorum videns, in labore hominum non sunt etc. Ps. 72. Mit dem David thut manche nicht psalliren, sondern gar lamentiren, ich weiß nicht, sagt sie, wie doch Gott so seltsam, diese und diese hat nichts als gute Tage, bei ihr hängt der Himmel alle Tage voller Geigen, sie ist auf allen Seiten glückselig, daß ihr nicht gar die Ochsen kälbern, sonst wüßte ich nicht, was ihr möchte abgehen, sie hat was in ihr Herz verlangt, ich glaub, St. Felicitas sey ihr verwandt. Ich vermein, wann sie auch die Hausthür sollte verriegeln, so thät ihr das Glück beim Fenster einsteigen; unser eins aber ist so unglückselig, ich schaue ins Stübel oder Kübel, so finde ich nichts als Uebel. Es thät mich nicht wundern, wann ich erst ein leichtfertiges Leben thät führen, wie diese. Es ist halt noch wahr: »Je größer der Schelm, je besser das Glück.« O! halts Maul, da dich etc. Höre mich auch an.

Der große Patriarch Abraham, als er in das hohe Alter kommen, und bereits wahrgenommen, daß sein zeitliches Lebensende allgemach herzu nahe, hat wegen seiner zeitlichen Habschaft eine richtige Disposition gemacht, und zwar dergestalten, den Isaak als seinen rechten leiblichen Sohn hat er für einen Universalerben eingestellt, den andern Kindern aber, die er von den Kebsweibern erzogen, gab er Schenkungen.

Auf solchen Schlag und auf eben solche Weise[182] macht es der allmächtige Gott mit den Menschen, welche alle Kinder Gottes können benamset werden, massen er alle erschaffen, aber die gottlosen seynd unehrliche Kinder und gleichsam Bastarden. Nun aber macht der allerhöchste Gott alle frommen Christen als liebste Kinder zu Erben seines himmlischen Reiches, den gottlosen aber gibt er andere Schenkungen, weil sie keinen Theil an dieser Erbschaft haben, und diese Schenkungen bestehen in einer zeitlichen Glückseligkeit, daher kommt, daß mehrentheils die bösen und lasterhaften Leute im bessern Wohlstande leben als die frommen. Daher kommts, daß Türken und Heiden in weit größern Reichthümern sitzen, ein längeres und gesünderes Leben haben, als die wahren frommen und rechtgläubigen Christen. Daher kommts, daß mancher König und Monarch, der sonst eines unlöblichen Wandels, mit viel Glück, Segen, Viktori und Sieg von Gott begnadet wird, weil nemlich Gott der Herr ihm einige guten Werke mit zeitlicher Belohnung vergelten thut, zumal er vorsieht, daß er die ewige nicht zu gewarten hat. Wann du also wahrnimmst, daß je schlimmer der Mensch, je besser das Glück, so haben mehrere ein Mitleiden mit ihm, als daß du ihn derenthalben sollest beneiden, zumal er einen gar zergänglichen Recompens hat; wann du aber beinebens erfahrst, daß die frommen mit einer und andern Trübsal und Drangsal beladen werden, so thue dich auch dessenthalben nicht befremden, massen kein Mensch so fromm, daß er nicht einige kleine Unvollkommenheiten an sich hat, wessenthalben ihn Gott der Herr hier zeitlich straft, damit er ihn dort ewig verschone.


[183] Nichts umsonst.


Den Adam hat Gott der Herr mit lauter Obst und Kräutern traktirt, zumalen er ihm und den Seinigen keine andere Speis verordnet. Wie aber nach dem Sündfluß der Noe, dieser gerechte Alt-Vater, Gott dem Herrn einen Altar hat aufgericht, und ihm einige Opfer demüthigst abgelegt, so wollte ihm der Allerhöchste diesen Dienst gar nicht lassen umsonst thun, sondern er hat dem Noe alsobald völlige Gewalt geben, daß er hinfüro nicht allein Obst und Kräuter für seine tägliche Nahrung und Unterhaltung haben sollte, sondern ihm alles Fleisch, alles Feder-Wildpret, sogar auch alle Fisch zur Speis erlaubt. Also bezeugt es selbst die göttliche Schrift. Und also verdolmetscht es der heil. Chrysost. hom. 26.

Daß Herodes eine schlechte Sach theurer bezahlt und um einen Tanz eines üppigen Mägdleins ein halbes Königreich anerboten, wundert mich so fast nicht, weil er damals einen starken Dampf im Kopf gehabt, und vor dem Wein nicht recht gewußt, was er thut. Wann es endlich geschehen wäre, und die saubere Tänzerin die Hälfte des anerbotenen Reichs hätte angenommen, glaube ich wohl, er hätte des andern Tags hinter den Ohren gekratzt; dann der Menschen Freigebigkeit sich so weit nicht einläßt: aber Gott läßt sich nichts umsonst thun, ja um ein Pferd hat er gar ein Kaiserthum gespendirt, welches schon über 400 Jahr florirt.

Rudolphus, Graf von Habsburg, ritt einst von der Jagd nach Haus, und traf einen Priester an, der mit dem höchsten Gut bei sehr unlustigem Wetter, [184] und schlüpfrigem Weg zu einem Kranken eilte in das nächst-gelegene Dorf, da ist er alsobald von dem Pferd herunter gestiegen, und den Priester (nachdem er das heilige Sakrament verehrt) mit diesen Worten angeredt: Es ist nicht recht, daß ich reite, und der Diener und Träger meines Herrn zu Fuß gehe. Gibt ihm, dem Priester, hierauf das Pferd, ja schenkt ihm solches gänzlich, und anbei ein Stück Geld zu dessen Unterhalt. Wie des andern Tags gedachter Graf Rudolph in dem Kloster Farre, zwischen Zürich und Baden gelegen, eine alt-erlebte Kloster-Frau, so seine Baas gewesen, heimgesucht, hat solche ihn aus einem prophetischen Geist mit diesen Worten bewillkommt: Ich verkündige euch, daß euch wegen dessen, was ihr gestern gethan, Gott und Heilige wohl wollen: und verspreche euch für eure Frömmigkeit und freiwilligen Gottes-Dienst, euch, sage ich, und euren Nachkömmlingen die höchste Ehr und Würde der Welt, und großen Reichthum. Guillimannus Habs. l. 6. c. 4. Der Ausgang dieser Prophezeiung ist bald darauf erfolgt, massen Rudolphus römischer Kaiser worden, und den Anfang gemacht der unsterblichen österreichischen Glori. Um ein Pferd ein Kaiserthum geben, das heißt ja nichts umsonst.


Nichts, gar nicht umsonst.


Zachäus ein Erz-Patiten-Macher, ein Ober-Haupt der Wucherer, ein offner Sünder, einer, der den Stylum reich zu werden, vor allem gelernet (verstehe stihl um), hat weiters nichts Guts gethan in seinem ganzen Leben, als daß er den Herrn Jesum in sein Haus, hat willfährig aufgenommen, und selben nach Möglichkeit [185] traktirt: Aber der gütige Herr und Heiland wollte die Zech von Zachäo nicht umsonst haben, sondern hat ihm solche übermäßig bezahlt, massen Er ihn samt dem ganzen Haus-Gesind zum wahren Glauben bekehrt, auch nach dem heiligen Jakob der vierte Bischof zu Jerusalem worden, und wird von ihm als einem Heiligen den 23. Tag August-Monat in dem Römischen Martyrologio Meldung gethan. Der Baum, auf welchen er gestiegen, damit er den Heiland wegen Menge des Volks desto bequemer konnte sehen, soll noch auf heutigen Tag stehen, wie es Mantegazza beschreibt. Gott läßt sich halt gar nichts umsonst thun.

Die selige Theresia de la Cerda pflegte diejenige Altar-Leinwath, worauf die allerheiligsten Hostien gelegt, und insgemein das Korporal genennt wird, mit sonderm Fleiß zu waschen. Wann sie nun dieselben an der Sonne, oder sonst auf eine andere Weis trocknete, so wich sie niemal davon, sondern thäte auf das genaueste verhüten, damit weder Fliegen noch Mucken dasselbe möchten besudlen. Soll dann dieses auch belohnt werden von Gott? Massen es gar eine geringe Arbeit, eine halbe Elle Leinwath zu waschen.


Nichts umsonst.


Es erschiene ihr der liebreichste Jesus in Gestalt eines kleinen holdseligsten Kinds, setzt sich auf das Korporal, ja wicklet sich endlich ganz darein. P. Joan. Mar. in Histor. ad St. Domini. Das heißt belohnt, das heißt freilich belohnt. Ei! so will ich füran Gott allein zu dienen, ihm mit Franzisko Seraphiko den Schweiß aufopfern, Er belohnet einen [186] derenthalben tausend und tausendmal, Er läßt sich gar nichts umsonst thun. Aber die Welt pflegt meistens die ihr oft und lang treu-geleisteten Dienst mit des Teufels Dank zu bezahlen.

Judas hat keine gute Meinung
Judas hat keine gute Meinung, obschon das äußerliche Werk nicht übel geschienen.

Wie unser gebenedeiter Heiland zu Bethania in dem Haus Simonis Pharisäi zum Nachtmahl eingeladen worden, und auch Magdalena, dero Haus an des erstgedachten Simonis, als ihres Vetters Herz ganz angebauet war, dazumal sich eingefunden, dem Herrn Jesu mit häufigen Thränen die Füß gewaschen, und mit ihren Haaren abgetrocknet, auch nachgehends mit sehr kostbaren Salben das Haupt Jesu balsamirt, da hat über solches der Iscarioth gemurret, und auch die anderen anwesenden Apostel gemurret, und also beide dem äußerlichen Schein nach unrühmlich gehandelt. Aber dero Meinung war sehr weit voneinander entfernet, dann Judas hat es wie ein Schelm und Dieb gemeint, indem er gesagt, und sich verlauten lassen, es wäre weit besser gewesen, wann man die Salbe hätte um das Geld verkauft, und nachmals selbiges Geld unter die Armen ausgetheilt. Dem Schelmen war aber weit anderst um das Herz, er hat solches gar nicht aus Lieb zu den Armen geredt, sondern ihm ist nur wegen des diebischen Interesse gewesen, [187] dann er hätte dießfalls bei solchem Geld den gewöhnlichen Zehend genommen. Die anderen Apostel aber, ob sie einige unbesonnene Wort haben ausgestoßen, so meinen sie es gar nicht übel; dann sie wußten bereits die Demuth und große Tugend ihres Herrn, als der gar nichts achtet, dergleichen kostbare und theure Komplemente, vermeinten also, es wäre fast rathsamer gewesen, daß man anstatt dieser Salben wäre den armen Leuten beigesprungen. Also legt es neben andern aus der heil. Cyrillus lib. 8 in Joan. Kap. 7. O! wie viel gibt es Judas-Brüder, denen die gute Meinung manglen thut. Petrus der heil. Pabst hat sich zu Anfang der Kirche eine Weil zu Joppen, unweit der Stadt Jerusalem aufgehalten und seine Herberg genommen bei einem Lederer oder Gerber, der auch Simon genannt war. Ich will gar nicht zweiflen, dieser gute und ehrliche Mann habe auch mit Kordabon gehandelt, dann Gott und allen seinen Heiligen nichts werther und lieber ist, als Kordabon! Das Wort aber ist lateinisch, und heißt auf deutsch, ein gutes Herz, eine redliche Meinung, welches allein der Allerhöchste sucht bei denen Menschen, wenig achtend das äußerliche Werk.

Das Fasten ist bei Gott dem Herrn ein sehr angenehmes Werk, dann Elias durch das Fasten so viel verdient, daß er in einem feurigen Wagen ist in das irdische Paradies verzuckt worden. Judith durch das Fasten so viel verdient, daß sie dem Holofernem sieghaft überwunden, und folgsam die bedrängte Stadt Bethuliam in die gewünschte Sicherheit gesetzt hat. Ninive durch das Fasten so viel verdient, daß in Ansehung [188] dessen der erzürnte Gott besänftiget worden, und die angedrohte Straf barmherzigst zurück gehalten. Franziskus der Seraphische Patriarch hat auf dem Berg Alvernia durch das Fasten, welches er zu Ehren des heiligen Erz-Engels Michaels verricht, so viel verdient, daß ihm ein gekreuzigter Seraphim die fünf Wundenmahl des Heilands Jesu Christi eingedrucket, wovon Franziskus ein lebendiges Kontrafait worden unsers gebenedeiten Heilands, und können wir besser anjetzo sagen, was vor diesem voller Wunder der hochmüthige König Nabuchodonosor sich hören lassen, als er in den feuerflammenden Ofen zu Babylon hinein geschaut, daß er nemlich nicht nur die drei Knaben so durch seinen Befehl hinein geworfen worden, mit Augen gesehen, sondern er that dabei wahrnehmen, daß auch der Vierte unter ihnen seye, und zwar als sehe dieser dem Sohn Gottes ganz gleich:Video quartum similem etc. Viel fugsamer können wir sagen, wann wir die Bildnuß des hl. Franzisci unter das Gesicht bringen, daß wir einen sehen, der dem Sohn Gottes Jesu Christo an äußerlicher Gestalt ganz gleich und ähnlich seye. Die große Gnad der heiligsten Wundenmahlen hat der heilige Franziskus zuwegen gebracht durch das Fasten. Es ist Gott dem Allmächtigen nicht allein werth und angenehm, wann man sich im strengen Fasten übet, sondern wann man sich auch mit schlechten und geringen Speisen befriediget. Dahero hat er dem Daniel in der Löwen-Grube nicht geschickt eine aufgesetzte Pastete, nicht geschickt einen gebratenen Kälber-Schlegel, nicht geschickt einen feisten indianischen Hahn, nicht geschickt [189] einen gespickten Hasen, nicht geschickt eine gute Schüssel voll Reb-Hühner, nicht geschickt einen wohlgeschmackten Auer-Hahn, nicht eine stattliche, süße Dorten, das gar nicht, nicht geschickt eine große Schüssel voll Austern, etc. sondern ein schlechtes Koch, welches der Habakuk vor die gemeinen Schnitter auf dem Feld hat zugericht, ein schlechtes Koch, worinnen wenig Salz und Schmalz zu finden war, dieses hat Gott dem Daniel geschickt; woraus dann sattsam erhellet, daß Gott dem Herrn angenehm seye, wann man mit geringen Speisen die Natur unterhaltet.

O! was Glori und Gnaden wird sich bei Gott dem Herrn nicht sammlen der Herr Sigmund Slahzieg ein reicher zu Wien, dessen fast ganzes Leben ein immerwährendes Fasten war, ich kenne ihn schon viel Jahr, daß er nie genug geessen: wann er sechs oder sieben rockene Nudeln hatte, womit man dieser Orten die Kapauner schoppt, so hält ers für eine gute Mahlzeit; Gewässerten Taffet hab ich wohl nie unter seinen Kleidern gesehen, wohl aber gewässerten Wein bei seiner Tafel; dann er also mäßig lebte, daß ihm auch ein Zeisel konnte Bescheid thun, Linsen seynd die Ordinari-Tracht auf seinem Tisch, welche so schlecht zugericht, daß auch dem Esau der Appetit verging. Der heilige Alto hat in der ganzen Gegend, wo er seine Wohnung gehabt, die Alstern verbannesirt, aber dieser Herr kann gar kein einiges Geflügelwerk leiden bei seiner Tafel. Von dem heiligen Elphego kantuariensischen Erz-Bischof wird geschrieben, daß er sich also durch die vielfältige und strenge Fasten habe ausgemergelt, daß man ihm hat können, wann er das[190] höchste Gut in dem Meß-Amt aufwandlet, völlig durch die Arm sehen, wann die Sonn geschienen. Dieser Herr Slahzieg, um, weil er fast nie genug isset und trinket, hat einen so magern und ausgedorrten Leib, daß man ihn durch ein Brenn-Glas gar leicht konnte an zünden. In Summa, sein Quadra ist eine steteQuadragesima. O! was große und häufige Glori wird er dann wegen so beharrlichen Fastens von dem allmächtigen Gott zu gewarten haben? Nicht ein Haar groß hat er eine Belohnung zu hoffen. Er fastet zwar, ja; er isset so viel als nichts, ja; er kasteiet sich stark, ja; aber das Herz ist inwendig weit anderst beschaffen. Er ist nicht kordebonisch; Er fastet nur aus lauter Geiz, damit er das liebe Geld ersparen kann, darum heißt er Sigmund Slahzieg, welches letzte Wort zurück gelesen Geiz-Hals lautet, er ist ein lauterer Judas-Bruder, der unter dem Schein der Mäßigkeit den unersättlichen Geiz verhüllet.

Den Geistlichen, welche in freiwilliger evangelischer Armuth leben, einige Allmosen und Hilfe reichen, ist ein sehr großes und verdientes Werk in den göttlichen Augen. Gleichwie es der allmächtige Gott der frommen und gutherzigen Wittib zu Sarepta stattlich vergolten, als sie dem ersten Karmeliter Elias eine geringe Jausen zugerichtet, also bezahlt Gott hundertfältig allhier auf Erden, und dort in jener Welt unendlich allen denjenigen, welche den armen Religiosen, als rechten ihm gewidmeten Dienern etwas Gutes thun.

In dem lemovicenischen Gebiet hat gar eine fromme Frau den mindern Brüdern St. Franzisci viel Gutes gethan, und als sie auf eine Zeit ihnen allerlei Nahrungsnothdürfte auf dem Markt eingekauft, [191] und derenthalben etwas zu spät nach Haus kommen, da ist der eifersüchtige Mann also hart mit ihr verfahren, daß er sie durch das ganze Haus dergestalten bei den Haaren gezogen, daß er ihr alle aus dem Kopf gerauft, und die arme Haut einen völligen elisäischen Glatzkopf bekommen, welches der Tröpfin nicht einen geringen Schmerz verursacht, forderist in Erwägung, daß sie die völlige Zierde ihres Haupts (auch fromme Weiber wollen halt auch schön seyn) so schmählich verloren. Daher die mindern Ordensgenossen St. Franzisci, worunter dazumal der berühmte Antonius Patavianus war, demüthigst ersucht, sie wollen doch, in Ansehung so vieler ihrem Kloster geleisteten Gutthaten Gott den Herrn für sie bitten, damit solcher ihr entblößtes Haupt wiederum möchte bedecken. Siehe Wunder! Gott wollte nicht unbelohnt lassen die Gutthaten, so diese Frau den Geistlichen gethan, sondern hat alsobald durch ein großes Wunderwerk gemacht, daß ihr alle Haare wiederum auf dem Kopf gestanden, und nicht das geringste Härl in Verlust gangen.

Von dem Sem, als einem Sohn des Patriarchen Noe, wird von den Dollmetschern göttlicher Schrift registrirt, was Gestalten derselbe noch auf der Welt etliche hundert Jahr im größten Glückstand habe gelebt, und als der Patriarch Abraham derenthalben ihn befragt, wie er doch solches um Gott verdient habe, gab er zur Antwort, wie daß er in der Arche seines Vaters Noe alle Tage den Thieren die Speise ausgetheilt, damit sie nicht vor Hunger verderben, in Ansehung dessen habe Gott also ihn stattlich auf der Welt beglückt.

[192] Wann dann der allerhöchste Gott nicht unvergolten läßt das Futter, so man den vernunftlosen Thieren darreicht, wie wird er erst belohnen die Gutthaten, so seinetwegen den Religiosen erwiesen werden? Es ist ein Herr, der heißt Ferdinand Trof, gar ein überaus guter Mann, der schickt, wo nicht alle Tage, wenigst alle Wochen ein reichliches Allmosen in ein gewisses Kloster, die Geistlichen heißen ihn ihren Bonefacium, der ist ihr anderer Fundator und Stifter, ihr bester Kurator und Prokurator, was der Joseph den Egyptern gewesen, das ist er diesen Geistlichen. Den Habakuk hat ein Engel bei dem Schopf genommen, und gleichsam mit Haaren dazu gezogen, daß er dem hungrigen Daniel das Koch gebracht, aber dieser Herr ist ein freiwilliger Gutthäter dieser Religiosen. Der Rab hat dem Elias bei dem Bach Karith nur allezeit ein Stücklein Fleisch und ein Brod gebracht, aber dieser Herr schickte ganze Ochsen und Kälber in das Kloster; das gibt besser aus. O! was große Verdienste sammelt sich dieser bei dem allerhöchsten Gott! der auch versprochen, daß er einen Trunk Wasser nicht wolle unbelohnt lassen. Dieser Herr Ferdinand Trof wird ungezweifelt bei dem heil. Martino, der auch den Armen zu Nutzen seinen Mantel zerschnitten, in der ewigen Glorie sitzen. Das wohl nicht, wegen so häufiger Allmosen kommt er nicht eine Spanne höher in Himmel, und darum, weil er nicht gut kordebonisch, weil ers nicht gut gemeint. Er heißt Ferdinand Trof, dieser Zuname zurück heißt fort. Er wollt gern fortkommen, zu einem höhern Amte steigen, besser und weiter promovirt werden, und [193] weil er weiß, daß einer oder der andere Geistliche viel bei Hof vermag, also bedient er sie bestermassen, spart keine eigenen Unkosten. Wann es nicht wäre, gedenkt er, ich wollt den Pfaffen nicht um einen Kreuzer Werth anhängen. Der ist ein sauberer Judasbruder, der unterm Schein des Allmosens und Freigebigkeit seine Ambition und Ehrsucht verbürgt. Gott dem Herrn ist fast keine Tugend angenehmer, als die Demuth, in welcher er sich, nachdem er die Menschheit hat angenommen, je und allezeit geübt, absonderlich aber war seine einige Ergötzlichkeit, wann er bei gemeinen und geringen Standespersonen sich konnte einfinden, wie er dann gleich nach seiner Geburt nicht große Fürsten, nicht adeliche Häuser, nicht Hoch- und Wohlgeborne zu sich berufen lassen, sondern gemeine Hirten auf den Feldern und Bethlehem, deren nach Aussage Rinandi vier gewesen, benanntlich Michael, Acheel, Cyriakus und Stephanus, welche dazumal, weil unversehens der Schnee zergangen, und die Erde augenblicklich die schönsten Blumen hervor gebracht, auch die Bäume mit den häufigen Blättern bekleidet worden, besagte Blumen und Blätter den Lämmlein um den Hals gebunden, und selbe fußfallend dem neugebornen Messias geopfert.

Christo dem Herrn ist in solcher Demuth nachgefolgt der wunderschöne Prinz Absalon, ein Sohn des großen Monarchen in Israel, massen solcher oftmals sich unter die Hauptpforten der königlichen Burg gestellt, und nicht allein alle ankommenden Landsaßen, auch die Bauern und Tagwerker freundlich bewillkommt, sondern dieselben sogar auch geküßt. Es[194] kommt ein Bauer mit einem verwirrten gewispelten Bart zu der Burg: Guten Morgen, sagt der junge Herzog, mein lieber Bauer, ich merk dirs aus dem Gesicht an, daß es dir nicht allerseits gut geht; gelt du hast eine Klag über deinen Pfleger? Gnädigster Herr, habt es just errathen; ach! das seynd schlimme Gesellen, die sagen allezeit: Die Bauern und Mehlsäcke haben eine Natur, wann schon ein Mehlsack scheint, als sey er leer, so man aber mit Prügeln daran und darauf schlägt, so staubt er gleichwohl etc. O mein Bauer! ich wollte von Herzen wünschen, es würde dir hierinfalls geholfen, und gibt ihm hierauf einen Kuß. Es kommt ein anderer israelitischer Bauer, den grüßt der Absalon gar freundlich, fragt anbei, ob er nicht eine Klage einreiche? Ja, antwortet der Bauer, ich klag über die Soldaten, das Quartier ist halt ein deiblisch Thier, jetzt erfahre ich es. Ich hab einen Soldaten im Haus, der mich neben dem, daß ich ihn in Allem befriedige, noch mit harten Streichen traktirt. Ein Solat und ein Soldat seynd fast einander gleich im Namen und im Werk, ein Solat schmiert das Maul, und ein Soldat schmiert den Buckel. Ei! ei! sagt der Herzog Absalon, das soll man auf keine Weise gestatten, Gott gebs, daß du armer Tropf eine Ausrichtung bekommst, und gibt ihm auch einen Kuß. Es kommt ein Handwerker nach Hof, den empfängt der Prinz Absalon ganz freundlich: Willkomm, mein lieber Meister, was Neues? Nichts Neues, gütigster Herr, antwortet er, sondern etwas Altes. Ich hab eine alte Schuld von diesem und diesem Edelmann zu prätendiren, und ich kann gar [195] nicht zur Bezahlung kommen, ich bin meines Handwerks ein Schmied, beschlage ihm sein Pferd schon etliche Jahr, wie ich vorgestern das Geld begehrt für das Beschlagen, so schlägt er mich die Stiege hinunter, das ist ja ein unbilliges Verfahren? Freilich, mein Meister, geschieht euch hierinfalls eine große Unbild, Gott gebs, daß man euch von Hof und Gericht aus an die Hand gehe, und gibt ihm auch einen Kuß. Es kommt mehrmal einer mit einem schriftlichen Memorial, den grüßt der Absalon ganz freundlich: Was ist euer Anbringen, mein lieber Mensch? Gnädigster Herr, antwortet dieser, es geht mir gar nicht wohl, es geschieht mir wie dem Esel, der mit dem Wolf ist vor Gericht gestanden; weil der Wolf etlichen Lämmlein Pelz abgezogen, und mit dem Fleisch seine Freßwampen gefüllt, ist er los und frei gesprochen worden, der Esel aber, um, weil er einem Bauern ein Stroh aus dem Schuh gezogen, ist zum Tod geführt worden. Man thut halt die großen Dieb pardoniren, und die kleinen stranguliren. Ich hab nur das und das gethan, da haben sie mich ärger gerupft, als der Geier eine Henne. Ich habe ein herzliches Mitleiden mit euch, sagte der junge Herzog, wünsche auch, daß euch möchte der erlittene Schaden ersetzt werden, und gibt ihm hierauf auch einen Kuß. Und das hat der holdseligste Prinz allen und jedem gethan, wodurch er bei männiglich wegen solcher Demuth also beliebt worden, daß ein Jeder in ganz Israel sein Leben hätte für ihn gelassen. Eine solche Demuth wird auch ohne Zweifel in den Augen Gottes einen großen Werth gefunden [196] haben? Nicht ein Haar groß, nicht das geringste Wohlgefallen hat Gott dem Herrn eine solche Demuth verursacht, aus Ursach der bösen Meinung; dann Absalon hat sich derenthalben also gedemüthiget, damit er das Volk auf seine Seite bringe, und der ehrgeizige Gesell desto leichter zu der Kron gelange, wie er dann solchergestalten einen allgemeinen Aufstand in dem ganzen Königreich erweckt hat. P. Desiderius ist etliche Jahre im Kloster, verricht alle Observanz und Ordenssatzungen, ist neben seiner großen Scienz und Wissenschaft so demüthig, daß er mit dem allergeringsten Geistlichen gern umgeht, es ist ihm wohl nichts oder gar wenig auszustellen. Ich glaube auch, der Mann sammle sich einen großen Schatz im Himmel. Es geschieht aber zuweilen, daß die Meinung weit anderst im Herzen, als das äußerliche Werk an sich selbst zeigt. Wann P. Desiderius sich derenthalben so wohl hält, sich darum so demüthiget, damit er einmal durch einhellige Stimm zu der Prälatur möge steigen und erhoben werden, wann er, P. Desiderius, desidero desiderat Praelaturam, und das Ascende Superius bei dem Evangelisten Lukas am 14. Kap. erwartet, sodann ist all seine Demuth nicht einen Heller werth, diese böse Meinung stürzt das ganze Werk.

Das Predigen ist gleichsam ein göttliches Werk, und verdienen apostolische Männer, so mit sonderm Eifer dem Volk das Wort Gottes vorgetragen, eine große Vergeltung und Kron im Himmel. Der rechte Schächer Dismas hat so unverhofft ein Ladschreiben bekommen von dem Heiland Jesu, welcher ihm noch[197] selben Tag das Paradies versprochen, was muß der Mensch doch haben Guts gethan? das ist sattsam bekannt, daß er sein Lebenlang ein Erzschelm und lasterhafter Böswicht gewesen, dort auf dem Kreuz, auf welches er als auf einem wohlverdienten Galgen gehenkt worden, hat er die Füß nicht können brauchen zum Wallfahrtengehen, dort hat er die Hände nicht frei gehabt, womit er etwa den Kranken im Spital hätte können dienen, dort hat er weder Geld noch andere Mittel gehabt, die er unter die Armen hätte können austheilen, dort hat er nicht Zeit oder Gelegenheit gehabt, den Leib mit harten Cilicien zu kasteien. Was hat er dann für ein gutes Werk geübt, wessenthalben ihn der Heiland unter die Auserwählten gestellt hat? Der hl. Chrysostomus spricht: Wie daß oftbenannter Dismas kurz vor seinem Tod habe einen Prediger abgeben, das Kreuz, worauf er gehangen, anstatt der Kanzel gebraucht, seinen Mitkammeraden möglichst zugeredet, daß er soll von seinem Gottlästern abstehen, und gedenken, daß er alle diese Strafen rechtmäßig verdient habe, entgegen der Herr Jesus von Nazareth ganz unschuldig dieses leide etc. Diese kurze Predigt hat dem Erlöser so wohl gefallen, daß er in Ansehen derselben dem Dismas das Himmelreich verheißen. Aliorum utilitatem cogitabat, et Magister pendebat in cruce, et sanis persuasionibus aliam invitabat ad vitam. Wann das Predigen nicht ein so herrliches Werk wäre, so hätte Paulus, als er in dritten Himmel verzuckt worden, nicht mehr zurückgekehrt; weil er hier vermerkt, daß sein Predigen der Welt noch länger [198] vonnöthen, als hat er Himmel lassen Himmel seyn, und wiederum ganz schleunig auf den Erdboden herunter gestiegen, damit er ferners das hl. Evangelium und Lehre Christi möchte ausbreiten.

Der hl. Joannes erzählt, wie daß Petrus bald nach der glorreichen Urständ Christi, nach seiner alten Gewohnheit sey fischen gangen, und mit ihm andere Jünger auch, aber nach aller angewandter Arbeit nicht ein Grätl gefangen, worüber der Herr Jesus ihnen erschienen, und befohlen, sie sollen das Netz einmal in seinem Namen auswerfen, welches sie auch urbietig vollzogen, und eine solche Menge der Fisch gefangen, daß sie gar das Netz nicht konnten erziehen, darauf ihnen der Heiland gesagt: bringet von den Fischen her, die ihr gefangen habt: Afferte, etc. Nicht allein die Apostel, sondern alle Prediger seynd von Gott bestellte Seelenfischer, denen am jüngsten Tag bei der Versammlung des gesamten menschlichen Geschlechtes der göttliche Richter sagen wird zu ihrer höchsten Glorie: Afferte, bringet von den Fischen her, die ihr gefangen habt, da wird Petrus erscheinen mit dem ganzen Judenland, welches er durch das Predigen zum wahren Glauben gezogen hat. Da wird sich Andreas stellen mit dem ganzen Land Achaja, welches er zum wahren Licht gebracht hat. Da wird Joannes mit ganz Asien aufziehen, welches durch seine Lehre das Gesetz Christi angenommen. Da wird Thomas mit den häufigen Indianern aufziehen, welche er mit Worten und Werken bekehrt hat etc. Da wird Antonius Paduanus erscheinen mit einer unglaublichen Menge Volks, die er alle mit seiner apostolischen Lehr [199] zur Seligkeit gebracht hat, als der so eifrig geprediget, daß ihm auch die Fische im Meere haben zugehört. Da wird Bernardus Senensis prangen mit unzählbaren Seelen, die er alle durch sein langwieriges Predigen auf den rechten Weg geführet hat, da wird es ihm zu größter Glorie gereichen, daß er zuweilen in seinen Predigten auch etwas Lustiges eingesprengt, dadurch die Adamskinder besser zu fangen, wie dann von ihm geschrieben wird: Cum jucundus sua ipsa natura esset, quam multa studio etiam gravissimis sententiis suis jucunditatis et facetiarum plena saepius intermiscebat, ut fastidiosos alias audientium animos talibus, quasi dulcibus pabulis recrearet, recreatosque proinde ita etiam attentiores efficeret etc.

Da wird ein Vicentius Ferrarius sich lassen sehen mit fünf und zwanzig tausend Juden allein, die er durch sein apostolisches Predigen in Spanien bekehrt; mit acht tausend Mahumedanern, die er zum allein seligmachenden Glauben gezogen, mit vier tausend offenen Sündern und bekannten Lastersleuten, die er alle durch sein Predigen zur Buß und Besserung gebracht, mit unzählbaren andern mehrern, die er mit dem Wort Gottes gespeist. Da wird ein Xaverius aufziehen mit einer halben Welt und zeigen, daß er auch dien Mohren habe können weiß machen und waschen. Da wird ein hl. Joannes von St. Fakundo aus unserm Orden, ein seliger Sanctus a Cora aus unserer Religion mit einer großen Anzahl der Menschen erscheinen, die sie alle durch ihre Predigten von dem ewigen Untergang erhalten, ja bisweilen so wunderwirkend [200] gewest, daß sie in Mitte des Platzregens geprediget, und doch niemand, obschon unter dem freien Himmel, von einem Tropfen benetzt worden etc.

Dort wird man sehen, daß nicht allein Moyses aus einem harten Felsen eine Brunnquell erwecket hat, sondern so viel Prediger mit ihrer eifrigsten Zunge ganze Thränen-Bäch geleckt aus den vorhero hartnäckigen Sündern: dort wird an Tag kommen, daß nicht allein Ezechiel ein ganzes Feld voll Todten-Beiner mit wenig Worten zum Leben erwecket, sondern auch die Prediger mit ihrer apostolischen Stimm ganze Länder vom ewigen Tod zum immerwährenden Leben gezogen. Dort wird sich Sonnen-klar weisen, daß nicht allein der Herr Jesus zu Kana das Wasser in Wein verwandelt, sondern auch die Prediger mit ihrer beweglichen Wohlredenheit manche gottlose Adamskinder in die frömmsten Diener Gottes verkehret. Eine Kerze, damit sie andern ein Licht spendire, auf daß sie nicht in eine Grube fallen, verzehrt sich selbst, und verschwinden ihre eigenen Kräfte; Eine Feil, damit sie von dem Eisen den schädlichen Rost abwetze, schwächt sich selbst, und schadet ihrer eigenen Wesenheit; Ein Wasser, damit es andere reinige, und von ihnen allen Wust und Unflath bringe, besudlet sich selbst, und schlägt seine eigene Lauterkeit in die Schanz; Eine Brücke, damit sie andere über den gefährlichen Fluß verhelfe, verschiefert sich selbst, und gehet nach und nach zu Grund. Also die Prediger, damit sie mit dem evangelischen Weibel den verlornen Groschen finden, damit sie mit dem guten Hirten das irdene Schäfel wieder zurück bringen, damit sie mit dem Joanne [201] dem Vorläufer zur Buß und Pönitenz ermahnen, verzehren sich selbst, schwächen ihre eigenen Kräfte, mindern ihre eigene Gesundheit durch Studiren und Komponiren, durch Schreiben und Schreien, durch Wachen und Schlaf-brechen; Wessenthalben sie als sorgfältige Seelen-Hirten, als unverdrossene Arbeiter in dem Weingarten der katholischen Kirchen, als emsige Mithelfer Gottes von dem Allerhöchsten absonderlich werden belohnt werden.

Es ist ein Prediger, der bereits viel Jahr mit höchstem Ruhm eine vornehme Kanzel versieht, seine Stimm ist nicht viel ungleich dem Posaunen-Schall des Kriegs-Fürsten Josue, mit dem einigen Unterschied, daß dieser die Stadt Jericho eingenommen, jener aber alle Herzen. Unter der Predigt des heil. Pauli hat einer geschlafen, und folgsam von oben herab sich todt gefallen, den nachmals der heil. Apostel wiederum zum Leben erwecket. Aber unter dieses Manns seinen Predigten wird hart einer schlafen, nicht daß ers soll besser machen als Paulus, aber seine Wohlredenheit hat eine so magnetische Wirkung, daß sie alle Gemüther an sich ziehet. Wie der heil. Ravennatische Bischof Raynoldus bei dem Fluß Padum eine Predigt gehalten, und die Frösch mit ihrem verdrießlichen Quäkitzen ihm nicht ein wenig überlästig waren, da hat er ihnen alsobald befohlen, sie sollten das Maul halten, welches auch unverzüglich geschehen. Ich muß bekennen, so lang ich noch diesem Prediger, wie es dann bereits etliche Jahr seynd, zuhöre, habe ich niemalen wahrgenommen, daß einer ein Wort unter der Predigt geredet, so aufmerksam ist das Volk, dann er ja eine [202] Manier hat, daß er auch trotz dem Orpheo möcht die Stein hupfend machen. Die Treid-Säck, womit des Patriarchen Jakobs Söhn in Egypten-Land gereist, und von Joseph seynd angefüllt worden, die haben sehr viel gefaßt, aber die Gedächtnuß dieses Predigers fasset weit mehr: aber wie ich höre, so ist er sehr emsig und unverdrossen im Studiren. Unser Herr Jesus hat vom Petro und andern seinen Kammeraden verlangt, sie sollen nur eine Stund wachen, dieser Mann aber schläft oft eine halbe Nacht nicht, er strappezirt die Bücher ärger, als der Prophet Baalam seine Eselin. Es thut ihm oft vor lauter Studiren der Kopf fast so wehe, wie dem Abimelech, da ihm ein keckes Weib ein Trumm von einem Mühlstein auf den Sächdel geworfen: Des Loth sein Weib ist in eine Salz-Säule verkehret worden, um weil sie die sündige Stadt angeschaut, ich muß es sagen und bekennen, daß das stattliche Koncept, so dieser Mann mit großem Fleiß zusammen fügt, sattsam an Tag geben, daß ihm an Salz und hohem Verstand nichts mangle. O! was große Belohnung wird er zu seiner Zeit von dem Allerhöchsten zu gewarten haben; Zweifelsohne wird er in der ewigen Glorie auf der Doktors-Bank im Himmel sitzen, er wird nicht eine geringere Kron haben, als der heil. Remigius, der in Frankreich geprediget, als der heil. Bonifacius, der in Deutschland geprediget, als der heil. Augustinus, der in England geprediget, als der heil. Adalbertus, der in Polen und Moskau geprediget, etc. Wann er allen Fleiß und Arbeit hat angewandt pur und allein wegen Gottes Ehr, und des Nächsten Heil, so bleibt [203] ihm derenthalben die ewige Belohnung nicht aus. Wann er aber gesucht hat auf Lateinisch, was der Bettler auf Deutsch im Wammes findt, wenn er darum so emsig gestudirt, damit er bei Männiglichen ein großes Lob erhasche, und man aller Orten von ihm rede, und mit Fingern auf ihn deute, wann er mehr auf das preußisch Leder gangen, als auf gut Kordebon, so gieb ich ihm so viel um seine Belohnung, als Petrus mit dem Fischen durch die ganze Nacht gefangen: Nihil. So ist dann die böse Meinung ein solcher Schaur, der alles gute Gewächs zu Grund richtet, die böse Meinung ist ein solcher Donner-Keil, der alle fruchtbaren Bäume zerquetschet, und in Asche leget, die böse Meinung ist ein solcher Wurm, der auch die grünen Kürbis-Blätter Jonä unverhofft abnagt.

Streiten wider die Unglaubigen und abgesagten Erb-Feind der katholischen Kirche, Hasser und Widersacher der Ehr und Lehr Christi, ist ein sonderes wohlgefälliges Werk. Ich glaube auch, daß der Herr und Heiland dem Petro hätte keinen Verweis geben, auch ihm den entblößten Säbel ins Leder zu stecken nicht befohlen, als er ihn so heldenmüthig wollte schützen, indem er den Malchum zwischen die Ohren gehaut, ich glaube der Herr hätte solche Eifer und Guraschi vielmehr gelobt, und hervorgestrichen, wann Petrus kein Geistlicher wäre gewesen, dem weit besser anständig das Brevier als das Rapier. Höchst löblich ist es, wann man Christi Namen und Glorie auch mit dem Degen in der Hand wider die Feind der Kirche tapfer und heldenmüthig verfechtet. Karolus Magnus der weltberühmte Kaiser hat dreißig ganze Jahre [204] einen scharfen Krieg geführt wider die Sachsen so dazumal im blinden Irthum lebten, und die Götzen angebetet, er hat auch bei Herresburg mirakuloser Weis den Sieg wider dieselben erhalten, als er den abgöttischen Tempel Hermensaul genannt, zu Boden geschleifet, und anstatt dessen dem wahren Gott einen Tempel aufgericht.

So ist auch nicht weniger bekannt jener tapfere Soldat in Spanien, der aus Eifer der christlichen Religion wider die Mohren gestritten. Dieser war sonst ein Deutscher, und von der Stadt Bonn unweit Kölln gebürtig, mit Namen Heinrich, welcher aus heiliger Meinung als ein gemeiner Soldat in Belagerung der Stadt Olisspon wider die unglaubigen Mohren unter der spanischen Armee gedient, auch in währender Belagerung daselbst das Leben verloren, nicht aber das ewige, sondern Gott wollte scheinbarlich zeigen, wie werth und wohlgefällig ihm sey gewesen das Fechten dieses Soldaten, massen bei seinem Grab die Stummen und Tauben ihre gewünschte Gesundheit erhalten; sogar ist aus seinem Grab wunderbarlicher Weis ein Palmbaum aufgewachsen, dessen Zweigel und Blätter ein Mittel für alle Krankheiten worden. Niernberg. Theopol. p. 2. l. 1. c. 2. Es streicht auch mit sonderm Lob hervor der heil. Paulus alle tapferen Helden des alten Testaments, wie da waren Gedeon, Parak, Samson, Jephte, David etc. um weilen selbe so ritterlich gestritten wider die Philister, Ammoniter, Chanäer, Madianiter etc. und andere Feind der göttlichen Gesetz.

Solcher Gestalten werden auch viel, die in diesem[205] langwierigen Krieg wider den christlichen Erb-Feind herzhaft gestritten, und ihr einiges Leben, so des Menschen meister Schatz auf Erden, ganz unerschrocken in die Schanz geschlagen, viel aus diesem in Ansehung so ritterlicher Thaten, werden ungezweifelt bei Gott eine große Glorie besitzen, ja viel, das ist wohl zu vermuthen, aber auch viel nicht. Es ist einer gewest mit Namen Martialis Neman, ein Offizier von unglaublicher Guraschi. Was David gethan bei der Festung Sion, das hat dieser zeigt bei Ofen, was Joab gethan bei der Belagerung Jebusa, das hat dieser gethan bei der Belagerung Erlau, was Jonathas gethan wider die Philister, das hat dieser gethan wider die Tartarn, was Josue gethan bei der Stadt Hasor, das hat dieser gethan bei Selanchement, man sahe nichts als Wunder und Wunden an ihm, er hat allezeit gefochten wie ein Löw, er hat gestritten wie ein Held, er hat gekämpft wie ein ritterlicher Soldat, derentwegen jetzt wird er Lohn und Kron im Himmel haben, jetzt wird er dessenthalben seyn in der Gesellschaft der hl. Machabäer, die auch beherzte Helden seyn gewesen, jetzt wird er nicht weit in der Glorie schweben von dem heiligen Soldaten Sebastian etc. Nichts dergleichen, mein Leser! Seine ganze Belohnung trägt nicht ein Quintel schwer. Er ist nicht in das Feld gezogen wider die Türken, als wolle er den Glauben Christi verfechten, und seine Feind vertilgen und ausrotten, sondern damit er sich einen Namen mache bei der Welt, dahero heißt er Martialis Neman, welches Wort zurück gelesen: Namen lautet, er hat darum so ritterlich gefochten, damit man aller Orten von [206] ihm rede, damit er einen Fuß setze zu höhern Dignitäten und Würden, und also eine Belohnung bei der Welt verdiene, nicht aber bei Gott. Das macht alles die üble Meinung.

Wallfahrten gehen, ist Gott dem Herrn und allen seinen Heiligen ein sehr wohlgefälliges Werk, und ist nicht eine neue papistische Invention, wie unsere Glaubenswidersacher ausgeben, sondern ein löblicher Brauch, so schon vor der glorreichen Auffahrt Christi her seinen Ursprung genommen. Es ist zwar allenthalben gut beten; Dann sogar das Gebet des geduldigen Jobs auf dem Misthaufen eines guten Geruchs gewesen. Gleichwohl aber hat der allerhöchste Gott ihm und seinen Heiligen einige Ort sonderlich erkiesen, allwo er forderist den bedürftigen Adams-Kindern seine Gnaden zu spendiren entschlossen. Das haben neben unzählbaren andern wohl gewußt der heil. Godrikus, der heil. Babo, der heil. Guthlakus, der heil. Gereus, der heil. Effrendus, der heil. Geraldus, der heil. Albertus, der heil. Peregrinus, der heil. Richardus, König in England, der heil. Kanutus, König in Dänemark, der heil. Wilibaldus, nachmals Bischof zu Eichstädt, der heil. Rochus, der heil. Nicolaus etc. Deßgleichen aus dem weiblichen Geschlecht die heil. Kaiserin Helena, die heil. Eudoxia, die heil. Melania, die heil. Paula, die heil. Brigitta, die heil. Hildegundis, die heil. Wiborada, die heil. pisanische Jungfrau Bona etc. Deren etliche nach Jerusalem, etliche nach Rom, etliche anderwärts hin an heilige Oerter Wallfahrten gangen, auch mit bloßen Füßen, auch in Cilicien und härenen Kleidern, und hat es Gott mehrmals[207] mit Wunderwerken bestätiget, wie wohlgefällig ihm das Kirchfahrtengehen. Gefallen hat es den göttlichen Augen, wie der große Welt-Monarch Karolus, der mächtigste Kaiser, mit einem Pilgrams Mäntelein und schlechten Stab nach Rom Wallfahrten gangen. Gefallen hat es dem Allerhöchsten, wie Herzog Albrecht aus Sachsen Anno 1476 (dazumal regierte der Doktor Lautter, und nicht todte Luther) mit noch zwei Fürsten und anderen Edel-Leuten nach Jerusalem Wallfahrten gangen. Gefallen hat es dem ganzen Himmel, wie Herzog Willhelm aus Bayern mehrmal in schlechtem und gemeinem Aufzug samt seiner frommen Frau Gemahlin Wallfahrten zu Fuß gangen, von ihrer Residenz-Stadt München aus bis nach Alten-Oetting. Gefallen hat es dem allmächtigen Gott, wie mehrmal Leopoldus, annoch glücklich regierender römischer Kaiser, die andächtige Wallfahrt verrichtet hat zu Maria-Zell in Steiermark, allwo noch das häufige Silber, Gold und Edel-Gestein sowohl den österreichischen Eifer, als dero Boden-lose Freigebigkeit an Tag geben. Wann das Wallfahrten nicht ein heiliges und heilsames Werk wäre, so hätte jener Bauer nicht augenblicklich den Fuß verloren, welcher annoch zu Freising in Bayern in der großen Dom-Kirche daselbst gezeigt wird, um weil er mit der Prozession nicht wollte Wallfahrten gehen nach Freising, sondern sich schimpflich verlauten lassen, er wollte ihm nicht einen Fuß zu Freising wünschen, worüber augenblicklich der Fuß vom Leib sich zertheilt, und von einem Hund dahin getragen worden.

Wann das Wallfahrten nicht ein rechtes und an [208] sich selbst ein löbliches Werk wäre, so hätten jene zwei Kapuziner solche große Gnad nicht gehabt, von denen da schreibt Lyräus in Trisag. Mari. l. 7. Als auf eine Zeit zwei fromme Religiosen, aus gedachtem Orden mit Erlaubnuß ihrer Obern, nach Maria Loreto in Italien Wallfahrten gangen, weil sie aber von der Nacht überfallen worden, und sie sich bereits in einem großen Wald und dicken Gehölz befunden, also haben sie sich entschlossen, ihre Herberg und Liegerstatt unter einem Baume zu nehmen. Da aber ein unverhofftes Ungewitter entstanden, und ein häufiger Platzregen gefallen, mußten sie Noth halber ein Dach suchen, worunter sie dem Ungestüme des Himmels möchten entgehen, wie sie dann in Mitte des Waldes bald eine sehr schöne und herrliche Behausung angetroffen, allwo sie nicht allein von der Hausfrau freundlich empfangen, sondern anbei gar wohl, und mit größter Lieb traktirt worden. Da nun in aller Frühe die guten Religiosen ferners ihre Reise wollten fortsetzen, und sich der großen empfangenen Gutthaten halber bedanken, da gab ihnen die Frau einen Brief, welcher in ein anderes Papier eingewickelt war, daß sie denselben wollten zu Loreto an gehöriges Ort überliefern. Wie nun die zwei Geistlichen etliche Schritte von dem Haus gewesen, da wollten sie sehen, wohin und an wem dann der Brief soll überantwortet werden, finden aber keine Ueberschrift, desgleichen auch ohne Insiegel, glaubten also, die gute Frau habe solches wegen Eilfertigkeit ihrer Reise vergessen, kehrten demnach schleunig wieder um, der Frau, als einer so großen Gutthäterin, dieses anzudeuten. [209] Es konnten aber zwei Kapuziner das Haus, welches sie nur etliche Schritte nach sich gelassen, auf keine einzige Weise mehr finden, und da sie die benachbarten Orte solches Hauses halber befragt, wußte niemand aus allen umliegenden Dorfschaften, daß einmal ein Haus wäre in dem Wald gestanden. Indem sie endlich den Brief eröffnet und gelesen, so war dieser Inhalt:


Ehrwürdiger Pater, ich hab mit sonderem Wohlgefallen deine Liebe und Andacht erkennt zu meinem lauretanischen Haus, und weil dir ist abgangen dasjenige, was zur Erhaltung des menschlichen Lebens nöthig ist, also habe ich dich nicht wollen verlassen, und werde auch niemals dir meine Hilfe weigern, wo es die Zeit und Noth erfordert.

Maria Jungfrau.


Aus welchem die vor Freuden fast zerflossenen Religiosen sattsam konnten abnehmen, daß ihnen die Mutter Gottes selbst solche Gutthaten erwiesen, in Ansehung ihrer vorgehabten Wallfahrt. Der Pater hat solches erst in seinem Todtbettl geoffenbart, den Brief dem P. Provinzial venetianischer Provinz eingehändiget, dieser aber denselben der Fürstin von Kamerino, als größten Gutthäterin ihres Ordens, verehret, Kraft dessen bereits viel Wunderwerke sich zugetragen.

So ist dann das Wallfahrten nicht allein rühmlich, sondern auch höchst nützlich und verdienstlich, beförderst wann man alle Ungelegenheiten, die auf der Reise nie abgehen, mit Geduld überträgt, alles gern[210] wegen Gott und seiner Heiligen leidet, und die Zeit mit eifrigem Gebet und wohl auch zuweilen mit geistlichem Gespräch anwendet, wie es gethan die hl. Brigitta, Königin von Schweden, welche mit großer Kasteiung ihres Leibes, samt ihrer Tochter Katharina, nach Jerusalem, nach Rom, ja nach Kompostel, eine harte, große, lange Wallfahrt verricht, und ihre Verdienste bei dem allmächtigen Gott hiedurch absonderlich vermehrt und vergrößert.

Theresia, ein lediges Mensch, stehet alle Jahr aus ihrem Dienst aus, damit sie nur mit der Procession könne gehen nach N., so eine sehr berühmte Wallfahrt, sechs Tage bringt man gar wohl zu auf dieser Reise, hohe Berge und tiefe Thäler, die hat man stets vor Augen, und müssen die Füße auf musikalische Art immerzu auf- und absteigen, wobei fast auch die mehrsten Suspiria sich einfinden. Die Theresia geht gleichwohl muthig zu Fuß, und steigt ganz munter die hohen Berge und Felsen hinauf, jedoch nicht ohne häufigen Schweiß, so ihr das jungfräuliche Angesicht wie ein edler Firniß beglanzet, Zweifelsohne sammeln die unsichtbaren Engel das mindeste Tröpflein dieses Schweißes zusammen, und werden es am jüngsten Tag in einer ganz guldenen Schaale öffentlich zeigen. Wann zuweilen ein Regenwetter einfällt, und von Bergen abgeschossenen Wasser den gangbaren Gehsteig überschwemmen, da gibt die Theresia eine Barfüßerin ab, verletzt aber mehrmals die unschuldigen Füß an den unhöflichen Steinschropfen, daß ihr das Blut die weißen Füß vermärmlet und schier scheinet, als hätte sie müssen durch einen egyptischen [211] Bach waten, dazumal, wie alle Gewässer unter dem Pharao in Blut verwandelt worden. Wer sollte es nicht glauben, daß der geringste Tropfen Blut, den sie auf währender dieser Reise vergießt, in den Augen Gottes nicht sollte kostbar seyn, als der allerbeste Rubin? Weil die menge des Volkes nicht kann mit Betten versehen werden, also begnügt sich die Theresl mit einem schlechten Stroh, so etwa schon einmal den Rossen und Kühen im Stall für ein Unterbett gedient hat. Die Rachel hat unter dem Stroh die guldenen Götzenbilder des Labans verborgen gehabt, da findet man zuweilen was anders etc. Alles dieses leidet die Theresl mit freudigem Muth, es wird aber schon einmal an Tag kommen, ob sie nicht mehr Verdienst hiedurch bekommen, als ein strenger Ordensmann, der Regel halber mit dem Strohsack muß Vorlieb nehmen. Begannt ist jene Geschichte, daß ein Engel alle Schritte gezählt, die ein Eremit von seiner Klause zu einem Brünnlein gethan, und solche Geduld dem Herrn aufgeopfert. Wird es also niemand widerreden, daß nicht diese Jungfrau solcher harten Wallfahrt halber und langen Wegs bei Gott dem Herrn eine große Summe der Verdienste, bei der Mutter Gottes eine Menge der Gnaden werde gesammelt haben. So viel als nichts, gar nichts hat sie von einem Recompens zu gewarten vom Himmel, wann ihre Verdienste in Haberkörnlein verwandelt würden, so hätte ein junger Spatz nicht einmal eine Kollation davon, die Ursache ist, weil sie nicht kordebonisch, sie hat die Wallfahrt nicht aus guter Meinung verricht, das Ziel und Ende ihrer Kirchenfahrt [212] war, damit sie mit der lieben Gesellschaft ihr Herz möchte in etwas kühlen. Zu Haus hat die Frau bald mehr Augen, als eine Klostersuppe. Ich möchte hundert Jahre bei ihr seyn, ich könnte nicht einmal mit einem jungen Gesellen reden, aber bei solcher Kirchenfahrt wird man bekannt, und haben schon mehrere Menschen auf der Kirchenfahrt das Glück gehabt, daß sie eine Heirath bekommen, kost es mich doch nicht viel, des Lebzelters Baberl wird alle Jahre Zehrung frei gehalten von diesem und diesem etc. Eine solche verwechselte Intention und Meinung schändet das ganze Werk, macht fruchtlos die völlige Wallfahrt, und da andere Kirchfahrter von Gott einen Lohn, da hat sie einen Hohn zu gewarten. Petrus hat den Herrn und Heiland öffentlich genennet einen Sohn des lebendigen Gottes und ist wegen solcher Bekenntnuß von Christo sehr berühmt worden, die Teufel haben desgleichen aus einer besessenen Person geschrieen, und den Herrn für Gottes Sohn ausgerufen, und dannoch derenthalben nicht gelobt worden, sondern der Herr hat ihnen noch ernsthaft befohlen, sie sollen das Maul halten. Warum aber dieses? Petrus und die Teufel haben gut geredt, haben gleich geredt, aber nicht gleich gemeint; dann Petrus hat es vom ganzen Herzen gemeint, die bösen Geister aber das Widerspiel. Und Gott erweckt nur, was gut und recht kordebonisch.

Cäsarius verzeichnet eine wunderbarliche Geschicht. Der böse Feind nimmt auf eine Zeit an sich die Gestalt eines sehr wackern Jünglings, und meldet sich an bei einem vorhin gewesten Kriegsoffizier, so dazumal ein kleines Gut auf dem Land besessen, bei demselben [213] in Dienst zu treten. Des Jünglings gute Gestalt und wohlgeschaffene Gebärden haben gleich ein Wohlgefallen verursacht, daß er vor allen andern ist an- und aufgenommen worden, und sich nachgehends so treu und emsig verhalten, daß mehrmals der Herr sich verlauten lassen, als habe er bishero dergleichen gute und anständige Dienstboten nicht gehabt. Nach etlichen Jahren hat es sich zugetragen, daß der Herr von seinen abgesagten Feinden dergestalt verfolgt worden, daß er auch mußte sich mit der Flucht salviren. Weil aber ein großer Wasserstrom ihm die fernere Flucht eingestellt, zugleich aber der nachstellende Feind ihm auf dem Rücken nahete, also wußte er nicht, wie er dieser äußersten Lebensgefahr könnte entrinnen. Der Diener aber hatte sich alsobald urbietig erzeigt, den Herrn ohne Schaden durch das Wasser zu salviren, so auch geschehen, und der nachkommende Feind sich nicht ohne höchste Verwunderung bestanden, daß er natürlich der Tiefe des Wassers nicht sey entronnen, sondern der lebendige Teufel müsse ihm hinüber geholfen haben, welches auch also war, jedoch ohne sein Wissen und Willen. Eine geraume Zeit hernach erkrankt auch tödtlich dieses Herrn Gemahlin dergestalt, daß ihres Aufkommens die wenigste Hoffnung nicht gewesen, bis endlich mehrbesagter Diener eingerathen, daß diesen gefährlichen Zustand zu wenden kein gewisseres und bewährteres Mittel sey, als eine frische Milch von einer Löwin, und die getraue er sich in einer halben Stund zuwege zu bringen, welches Versprechen auch der Ausgang bestätiget. Es mußte aber Wunder halber der Herr fragen, wo er doch in so [214] kurzer Zeit die Milch abgeholt? Dem der Diener geantwortet, daß er selbige aus dem etliche hundert deutsche Meilen entlegenen Arabien habe bekommen, allwo er eine Löwin bei ihren Jungen in einer finstern Hölle gemolken, und folgsam schleunig den Zurückweg wieder genommen.

Aus dem konnte der Herr unschwer vermuthen und abnehmen, daß solches nicht könnte natürlich seyn. Wer er dann sey? Ich, sagte der Diener, bin ein Teufel und einer aus denjenigen, so mit dem Luzifer aus dem hohen Himmelsthron verstoßen worden. Wann dem also, versetzt hinwieder der Patron, wie kommt es dann, daß du mir mit solcher Treu eine so langwierige Zeit gedient hast? Darum war die Antwort, weil ich meinen Aufenthalt gern bei den Menschen habe. Worauf der Herr ihm den Dienst aufgesagt, jedoch mit freiwilligem Anerbieten, er soll was begehren wegen seines bisher so lang und treu geleisteten Dienstes, welches er auch dankbarlich angenommen, und für alle seine bisher erzeigten Gutthaten nichts anders verlangt, als etliche Gulden, um welche man ein Glöcklein könne kaufen für die nächst entlegene Kirche auf dem Feld, damit die armen benachbarten Leute wissen, wann allemal der heilige Gottesdienst anfange. Der Teufel ist halben Theils heilig gewesen. Der Kerl, ob er schon unter die höllischen Larven gehörig, verdient eine Lobpredigt. Ein Glöcklein zu stiften, wodurch die Leut zum Gottesdienst und Predigt berufen werden, ist kein geringer Eifer. Dieser Teufel kann von Rechtswegen kein böser Feind benamset werden, um weil er ein so gutes Werk [215] übet. Der Teufel wird hoffentlich in der Hölle keinen Platz haben, massen er fromm, tugendsam und höchstens beflissen der Ehre Gottes. Diesem Teufel muß man anstatt der Hörner einen Schein auf den Kopf stellen. Nur das nicht, nichts weniger als dieses, der Teufel ist ein Schelm, niemals recht kordebonisch noch redlich. Dem äußerlichen Schein nach kann man fugsam dieses Werk nicht schimpfen oder verwerfen, aber seine Meinung ist weit anderst. Diese arme Kirche und Gotteshaus hatte wegen Mangel des Gelds keine Glocke, darum die Leute, weil sie nicht gewußt, wann der Gottesdienst anfange, meistentheils eine halbe Stund eheder kommen, und unterdessen ihr Gebet verricht, bis die heilige Meß ihren Anfang genommen; dem Teufel hat das lange Gebet des frommen Bauern-Volks nicht wenig Verdruß gemacht, gedachte demnach eine Glocke zu stiften, der gänzlichen Versicherung, es werde nachmals kein Bauer die Kirche drucken, bis man das andermal oder gar zusammen läutet.

Die drei weisen Könige aus Orient, nemlich aus Arabia, als benanntlich Melchior sechszig Jahr alt, Balthazar vierzig und Kaspar zwanzig, seynd durch Begleitung eines strahlenden Sterns in die vierzehen hundert welche Meil bis Bethlehem gereist, daselbst den neugebornen Messiam und Heiland angebetet, und ihn mit unterschiedlichen schönen Opfern beschenket; Diese Werk ist dem Himmel höchst gefällig gewesen. Herodes, der König zu Jerusalem, hat besagter Weise höflich ersucht, sie wollen ihm hoch die Freundschaft thun, und in ihrer Zuruck-Reis die Nachricht geben, [216] ob Messias geboren sey, damit er auch der Gebühr und höchsten Schuldigkeit gemäß denselben könne anbeten und verehren. Das war ja auch so heilig als immer gewesen der heiligen drei orientalischen Könige? Ja wohl nicht. Die drei haben es vom Herzen gut gemeint; Herodes hat zwar in Reden mit ihnen übereins gestimmt, im Herzen aber hat er es schelmisch gemeint, massen er Willens gewesen, den neugebornen Messias aus dem Wege zu räumen. So ist dann die böse Meinung eine Feuerflamme, welche auf einmal alles verzehrt und in die Asche legt, so ist sie dann ein kleines Steinl, welches die ganze große Bildnuß des Nabuchodonosor zu Boden wirft, und zu Scherben macht, so ist dann ein Scheer- oder Maulwurf, welcher ein ganzes Blumenbettl untergrabt und verwüstet, so ist sie dann ein Dieb, welcher zum höchsten Schaden und Nachtheil alles plündert und hinweg stiehlt.

Den Leib muß man nicht zärteln, weder glimpflich traktiren, bei Leib nicht. Dem Leib muß man nicht schön thun, noch schmeicheln, bei Leib nicht. Dem Leib muß man nicht in allem seinem Begehren willfährig seyn, bei Leib nicht. Die Juristen und Rechtsgelehrten pflegen ihr Buch, worin alle ihre Satzungen und Regeln verfaßt seyn, Corpus Juris zu nennen. Wir Menschen können gar füglich unsern überlästigen Leib Corpus injuriae heißen, dann ja niemand ist, dem der Leib nicht eine Unbild zufügt, darum das Wörtl Leib im Buchstabenwechsel Ibel lautet, auch das lateinische Wort Corpus, annagrammatice, Porcus ist. Darum nichts Neues, daß man mit dem Leib eine Sau aufhebt; in Erwägung dessen haben die [217] heiligen und eifrigen Diener Gottes den Leib mit allen erdenklichen Bußwerken sehr übel gehalten, und hart traktirt, und seynd sie gleichsam mit demselben verfahren, wie die Hebräer mit dem Heiland Jesu, da sie sämtlich aufgeschrien: Reus est etc. Er hats verdient,crucifigatur, fort mit ihm auf das Kreuz. Nicht anderst seynd umgangen die frommen Diener Gottes mit ihrem Leib, crucifigatur, da hat es geheißen, fort mit ihm aufs Kreuz, Geiseln und Peitschen her, Cilicium und eiserne Ketten um ihn, Fasten und Abbruch herzu, Hunger und Durst herbei, Mortifikation und Kasteiung über ihn, Reus est, er hats nicht anderst verschuldt.

In dem Salzburger Land neben andern merklichen Dingen ist forderist zu rühmen das stattliche Kasteibad, welches da wegen seiner wunderbarlichen Wirkungen sehr viel schwere Krankheiten und gefährliche Leibspresten abwendet; daher dasselbige nicht viel ungleich dem Schwemmteich zu Jerusalem, massen auch allhier multitudo lanquentium, eine Menge der kranken Leute anzutreffen ist. Die Kasteiung des Leibs ist so gesund als das Kasteibad, dann fast kein bewährters und heilsamers Mittel wider allerlei Seelenzustände als das Kasteien. Jener einfältige Phantast und Schalksjodel hat endlich so ungereimt nicht geredt, als ihm einer durch gewöhnliches Foppen gedrohet, er wolle ihn umbringen, er aber solchen bei der Herrschaft angeklagt, diese entgegen dem Lappen die Antwort geben, daß sie den Kerl, wofern er ihn solle niedermachen, ohnfehlbar nachmals wolle henken lassen. Herr! sagt dieser zum Fürsten, dieß verlange [218] ich nicht, sondern meine Bitte wäre, du solltest ihn einen Tag zuvor, ehe er mich umbringt, lassen henken.

Der Leib ist ein dummer und muthwilliger Gessel, droher immerzu und zwar im Ernst der Seele den Tod, daher es ganz rathsam ist, daß man solchem übermüthigen Böswicht ehender den Rest gebe, bevor er solches Uebel stift und vollbringt, und dieses geschieht durch die heilsame und höchst nöthige Kasteiung und Mortifikation, womit die Heiligen Gottes als mit dem besten Panzer bewaffnet allezeit den Sieg erhalten wider die Laster und schädlichen Anmuthungen des Leibs. Etliche Lehrer seynd der Aussag, daß Gott der Allmächtige den ersten Menschen Adam, wie er ihn vom Leim gestaltet, im Kreuz erschaffen habe, das ist, er habe ihn mit ausgestreckten Händen oder Armen auf der Erde formirt, und nachmals erst den Lebensgeist eingeblasen; sey dem wie ihm wolle, gewiß ist es doch, daß nie ein guter Geist oder frommes Leben in den Menschen komme, es sey dann, daß derselbe den Leib durch stete Kasteiung auf oder in das Kreuz lege. Wann man die Erde nicht immerzu mit Pflugeisen, Hauen und Krampen zwiefelt und plagt, und der Himmel nicht bisweilen mit einem starken Regen ihr den Kopf wäscht, so thut sie nicht viel Gutes. Daher die hl. Emilie aus dem Orden St. Dominici ihr Leib nicht ihr Gnaden gewest, sondern ihr Gestreng; indem sie ein ganzes Jahr hindurch neben andern gebotenen Kirchenfasttagen alle Frietag und Samstag in Wasser und Brod zugebracht, auch stets ein hartes Cilicium an dem bloßen Leib getragen.

Wann man das Eisen auf dem Ambos nicht [219] wacker knillt, und ihm mit dem Hammer nicht öfters eins auf den Buckel gibt, so wird nichts Rechtschaffenes daraus; daher die hl. Jutta, Wittib aus Thüringen, mehrmal vierzehn Tage nach einander ohne Speise und Trank gelebt, auch anbei mit Cilicien und öftern Geiselstreichen den Leib unbarmherzig zerfleischt, und ihm noch die bloße Erde für ein Bett kümmerlich vergönnt, welches Gott dem Herrn also wohlgefällig gewest, daß sie lang nach ihrem Tod, als sie angerufen worden, die Augen eröffnet.

Wann man das Buch nicht in die Presse sperrt, und es also zusammen zwängt, daß es möchte, dafern es könnte, Mordio schreien; wann man solches nicht mit dem scharfen Rundhobl also barbiert, daß ihm möchten die Augen übergehen, so wird ein plumpes Wesen daraus; darum die hl. Mathildis, so von etlichen Mechtildis geschrieben wird, und einen sehr heiligen Wandel in dem Obern Herzogthum Bayern geführt, weder Fleisch noch Wein genommen oder genossen, und noch darüber den Leib mit einer eisernen Kette also eingefesselt, und harte Geiseln mehrmals empfangen, das fast nie eine Stiefmutter im Brauch gehabt.

Wann man die Leinwath nicht mit einer scharfen Lauge zwagt, und ihr mit dem Waschblei nicht öfters einen guten Puf auf den Schädel gibt, auch sie dergestalten hin- und herschlingt, daß ihr möchte die Haut schauren, so wird sie die weiße Reinigkeit so bald nicht anziehen; daher die hl. Bona von Pisis aus Hetruria ihren, obschon unschuldigen, Leib dergestalten durch Kasteiung übel traktirt, daß er wahrhaftig [220] einen Leibeigenen mußte abgeben, so trägt sie beinebens am bloßen Leib einen eisernen Gürtel zur größerern Abtödtung ihres Fleisches, als man solchen Gürtel, wie sie selbst verlangt, nach dem Tode wollte zu einem Kruzifix schmieden, und sie aus dem Feuer auf den Ambos gezogen, auch bereits die Hämmer in die Höhe geschwungen, da ist solcher augenblicklich in ein wohlgestaltetes Kruzifix verwandelt worden.

Wann man die Brennessel nicht scharf mit den Händen antastet, und ihre Blätter nicht grob und hart reiben thut, so erfährt man bald ihre tückische Natur und hinterhaltenen hitzigen Zorn. Derenthalben die hl. Joanna, eine königliche Prinzessin aus Portugal, noch zu Hof unter der seidenen und guldenen Kleiderpracht ein scharfes härenes Hemd getragen, auf dem harten Boden ihre Liegerstatt genommen, und halbe Nächte auf bloßen Knieen im Gebet zugebracht.

Wann man dem Weinstock nicht immerzu die grünen Federn stutzt, ihm auch öfters das scharfe Rebenwasser zu kosten gibt, daß ihm die hellen Zähren herunter rinnen; wann man denselben nicht anbindet wie einen Uebelthäter und arrestirten Böswicht, so wird er nie gut thun. Deßwegen die selige Geradeska auch, von Pisis gebürtig, mit ihrem Leib also streng verfahren, daß sie ihm nicht einen Bissen Brod vergönnt, bis er täglich sechs hundertmal die Kniee in der Kirche gebogen, nachmals war sein ganzes Traktament, neben dem stetigen Cilicium, ein wenig Brod in Wasser gedunkt.

Nicht anderst haben ihren Leib kasteiet Magdalena[221] de Pazziß, Theresia a Jesu, Katharina Senensis, Klara von Assis, Klara de Monte Falco, meines Ordens, Luthgardis, Agatha de Cruce, Elisabeth Suena und unzählbar andere mehr, wodurch sie dann Christo Jesu dem himmlischen Bräutigam das höchste Wohlgefallen verursacht, und derenthalben eine sondere Krone und überschwengliche Glorie im Himmel erlangt.

So wird dann nicht weniger einen besondern Lohn und ewige Vergeltung zu gewarten haben eine gewisse Dame, ein hochadeliches Frauenzimmer N., welche gleichmäßig ihren Leib ziemlich hart kasteiet; dann erstlich trägt sie ein so enges mit starkem Fischbein eingezäuntes Leibstück, daß es ihr die zarte Haut zusammen zwängt, und oft überlästiger ist als ein rauhes Cilicium, nachmals pflegt sie fast nicht mehr zu essen als ein junger Spatz, der vor drei Tagen noch in der Eierschaale logirt hat, sie enthält sich gänzlich des Weines, unangesehen der Keller mit dem edelsten Rebensaft häufig versehen, sie mortifizirt die zarten Füße mehr als die Israeliter, wie sie vierzig ganzer Jahre durch die Wüste und ungangbare Wildnuß seynd gemarschirt. Sie leidet Frost und Kälte, und spielt fast öfters auf der Zittern als David auf der Laute; sie ist dem Wachen also ergeben und zugethan, daß sie vor Mitternacht niemal sich zur Ruhe begibt. Für alle diese Kasteiung wird ihr Zweifelsohne der gerechte Gott bezahlen, wie er bezahlt hat Emilie die Heilige, Jutta die Heilige, Mathildis die Heilige, Bona die Heilige, Joanna die Heilige, Geradeska die Heilige, ja, ja, wann alles dieses ihr Leiden und Mortifizirung wäre geschehen aus guter [222] rechter Meinung und heiliger Intention wegen Gott, so hätte sie einen ziemlichen Schatz der Verdienste bei einander; unterdessen aber, weil sie schlecht kordebonisch, hat sie so viel Lohn, und Kron und Thron zu hoffen, als man Speck findet in einer wohl aufgeräumten Judenkuchel, ich will sagen, nichts, und aber nichts, und wiederum nichts. Solche können sagen: Propter te (o diabole!) mortificamur tota die.

Daß sie ihren Leib hart gehalten, und denselben kompendioser Weise zusammen gezwungen, ist darum geschehen, damit sie ganz rahn hersehe, und nicht etwa einem böhmischen Hopfensack verwandt sey, sondern die Dicke eines Zuckerhuts nicht übertreffe. Daß sie so gemäß in dem Essen gewesen, ist darum geschehen, damit sie nicht in eine unangenehme Feiste gerathe, und nachmals einer nobilitirten Schmalzdose gleich und ähnlich sey; daß sie sich des Weines enthalten, ist darum geschehen, damit hierdurch die allzugroße Röthe in den Wangen vermieden, zugleich auch dem hervordringenden Webergranatl der Paß versperrt würde; daß die Füße in einem so strengen Orden getreten, und die Zehen über einander gewickelt wie einen Truttenfuß, ist darum geschehen, damit die kleinen Schuhel einen ledernen Zeugen sollen abgeben, daß ihre Füße so zart und klein, wie die Fußstapfen einer Bachstelze; daß sie mehrmals große Kälte und Frost ausgestanden, ist darum geschehen, damit ihren schneeweißen orientalischen perlfarbigen Hals alle können sehen und loben, darum ist sie nackend um den Hals gangen: daß sie die halbe Nacht mit Wachen zugebracht, [223] ist darum geschehen, damit sie dem papiernen Duell des Pamphili könne beiwohnen, in Summa: Gelitten hat sie gleich andern heiligen Jungfrauen und Frauen, deren Namen im Buch der Lebendigen verzeichnet, weil sie aber nicht aus guter Meinung gelitten wie dieselbigen also bleibt ihr des Teufels Dank.

Die Fremden beherbergen ist unter den guten Werken eines aus den vornehmsten, welches wohl gewußt hat der hl. Patriarch Abraham, der nicht allein alle ankommenden Gäste auf das Freundlichste empfangen und traktirt, sondern er ist selbst auf die Straße hinausgangen, hin und her seine Augen gewendet, ob nicht einige reisende Fremdlinge vorbei gehen, die er in seine Herberge könnte an- und aufnehmen. Auf eine Zeit sah er daher kommen drei Engel, die er aber für Fremdlinge gehalten und nicht erkannt, diesen ist er alsobald und ganz schleunig entgegen geloffen, selbe demüthig bewillkommt, und ihnen sein Haus und ganzes Vermögen in Kuchel und Keller freundlichst anerboten, und da sie anfangs die Einkehr weigerten, hat er dieselben bei den Händen und Kleidern gleichsam mit einer höflichen Gewalt mit sich gezogen. O mein Gott! wie wenig solche Abraham findet man der Zeit auf der Welt; man lauft einem nicht allein nicht entgegen, sondern er muß noch eine halbe Stunde an der versperrten Thüre fast wie ein Baumhäckl pecken und klopfen, bis endlich ein zottiger Fleckhaspel aus dem Fenster schreit, es sey Herr und Frau nicht zu Haus, da doch solche unterdessen mit schmutzigem Maul bei der Tafel sitzen. Abraham hat seine lieben Gäste stattlich traktirt, so hat sich auch derentwegen [224] die Sara, seine Gemahlin, sehr wacker in der Kuchel herum getummelt, so man sonst bei der hunderten nicht erfährt; dann sie gemeiniglich Gesichter schneiden, wie ich selbst wahrgenommen, daß auch die Bauern vor solcher Finsternuß möchten die Brunnen zudecken. Solcher Hospitalität und Freigebigkeit gegen die Gäste halber ist der fromme und gottesfürchtige Patriarch sattsam belohnt worden, massen ihm in Ansehung dessen wider alles Verhoffen in seinem erwachsenen Alter ein männlicher Erbe versprochen worden, dessen Saamen und Stammen den ganzen Erdkreis sollte anfüllen.

Loth ist nicht geringer gewesen in der Liebe gegen die Fremden; als er deren zwei auf eine Zeit erblickt, hat er sie nicht allein, wie er gewöhnlich pflegte zu thun, höflich komplimentirt, sondern anbei auch demüthigst ersucht, sie wollen doch die Einkehr bei ihm nehmen, und seine Armuth nicht verschmähen; als sie aber beide sich dessen bedankten, und sich verlauten lassen, daß sie schon wollen die Nacht hindurch unter dem freien Himmel Vorlieb nehmen, wollt solches der gute Loth auf keine Weise zulassen, sondern wie er vermerkte, daß sein höfliches Einladen nichts vermöge, da hat er sie beide beim Flügel genommen, und kurzum in seine Behausung geführt, compulit illos etc. Es wäre zu wünschen, daß mehrere wie Loth gesittet oder gesinnt wären, aber das Widerspiel zeigt sich öfters. Ich habe vor vielen Jahren, weil das Taglicht mich bereits verlassen, müssen um eine Herberg bitten bei einem Geschloß, welches ich unterdessen will Ubelhofen taufen; dann unmöglich scheinte, [225] daß ich meine Reise ferners könnte wegen einbrechender Nacht fortsetzen. In Abwesenheit der Herrschaft war die Audienz bei dem Dorfbarbier (vulgo Pfleger) gar schlecht, massen solcher sich entschuldigte, daß ihm die Herrschaft in seiner Raitung keine Unkosten gestatte einiger Gäste, so lasse es auch sein Vermögen nicht zu, dergleichen Leute aus seinem eigenen Beutel zu traktiren. Es war dazumal die österliche Zeit; aber auf solchen Bescheid ist mir mein Alleluja eingefallen. Die Frau Pflegerin scheinte eines bessern Humors, in Erwägung des so späten Abends, und hat mit ihrer Haus-Esoquenz so viel ausgerichtet, daß ich und mein Gespann unter das Dach seyn eigelassen worden, allein weil es dem gestrengen Herrn Pfleger nicht allerdings wohlgefällig gewesen, also ist das Nachtmahl ziemlich in dem abnehmenden Mond kocht wor den; jedoch die Frau Patentia hatte gute Zähne, womit sie das alte Kuhfleisch wohl hat können zermahlen; allein das Zimmer, worein uns der lose Pfleger mit allem Fleiß logirt hat, war fast unerträglich, massen es die ganze Nacht hindurch ein Turnierplatz aller Teufelsgespenster gewesen. Keiner aus uns konnte ein Auge zuthun, es scheinte, es thäte der tyrannische Nero alle romanischen Pferde in dem Zimmer herum tummeln; uns ist gewesen, als sitzen wir im einem diokletianischen Bad, ich glaubte kräftig, dieses Ort müßte des Obristen Luzifers Musterplatz seyn. Wir waren zwar mit Kreuz versehen, wie ein Betkramer, in Ansehung dieses so heiligen Zeichen wir auch den mindesten Schaden empfangen, allein der höllische Randevois hat uns dermassen abgemattet, daß wir [226] den bleichen Wachskerzen nicht ungleich gesehen, und welches das Uebel noch vergrößert, ist gewesen des Pflegers mehrmals vernommene Gelächter, als der sich hören lassen, es thut den Pfaffen wohl und habe vermeint, dergleichen geweihtes Gesindel soll sich vor den teuflischen Raubvögeln nicht entsetzen. Ich habe mich früh Morgens gar bei anbrechendem Tagper Synopsin bedankt, anbei aber gedenkt, wann ich der Patriarch Abraham wäre, so wollte ich ihn auch wiederum beherbergen.

Das sunamitische Weibl ist dießfalls weit höflicher und barmherziger gewest, indem sie dem Mann Gottes Elisäus nicht allein die Herberge angeboten, sondern ihm gar Hände angelegt, und nicht weiter lassen gehen, wessenthalben sie auch absonderlich von dem Allerhöchsten ist belohnt worden. Was Nutzen hat nicht jenes adeliche Haus noch, um weil es mit aller Liebe den hl. Franziskus beherberget? In dem Florentiner Gebiet ist noch auf den heutigen Tag ein Geschloß zu sehen, welches den Namen hat Montaut, und eine Wohnung ist einer hochadelichen Familie. So oft jemand aus besagtem Geschlechte stirbt, da erscheint allemal eine geraume Zeit vorher ober dem Geschloß eine sichtbare Flamme in der Luft, mit diesem Unterschied: wann besagte Flamme groß ist, so bedeutet es gewachsene und alte Leute, da sie aber klein hersieht, da bedeutet es kleine Kinder, kann also solchergestalt ein jedes aus diesem adelichen Haus sich wohl zum Tode bereiten, welches eine absonderliche Gnade vom Himmel, und hat solche durch seine große Fürbitte zuwege gebracht der hl. Franziskus von Assis, [227] um weil er etliche Mal im oftbenannten Geschloß die Herberg gehabt, und mit aller möglichsten Liebe gehalten worden. Mein hl. Vater Augustinus hat durch die Gutthaten, die er allen Fremden durch das Herbergen erwiesen, die großmächtige Gnad erhalten, daß Gottes Sohn und der Weltheiland selbst in Gestalt eines armen Pilgrams bei ihm die Einkehr genommen, und von ihm lassen die Füße waschen.

Der heilige Franziskus de Paula, der heilge Ivo, der heilige Gregorius Magnus, der heilige Leo, die heilige Elisabeth aus Ungarn, und unzählbare mehr haben von Gott eine absonderliche Vergeltung bekommen, weil sie die Fremden beherberget, und was Zachäus Christo dem Herrn gethan, wie er ihn in sein Haus aufgenommen, was Martha dem Heiland erwiesen, wie sie ihn in ihrer Behausung traktirt, was die zwei Jünger dem Seligmacher erzeigt, wie sie denselben in die Herberg hinein gezogen, das thut ein jeder, welcher die Fremdlinge, und forderist arme Geistliche, beherberget, und mit Lieb aufnimmt.

Der heil. Bischof Fortunatus hat auf eine Zeit den bösen Geist aus einer besessenen Person vertrieben, welches die höllische Larve in allweg verdrossen, auch allerseits gesucht, wie er diese angethane Unbild möchte rächen; zu solchem Ende vermascharirt sich der verdammte Geist in die Gestalt eines armen Pilgrams und Fremdlings, und ziehet mit weinenden Augen und großem Wehe-Klagen in der Stadt herum, vorgebend, was die Stadt für einen unbarmherzigen Bischof habe, als der ihm, armen Tropfen, nicht einmal eine Herberg vergonne, es rühre aber alles her von seinem [228] unersättlichen Geiz, als der bei den Pfaffen so gemein, wie bei den Juden ein dickes Krös, sie predigen wohl, sagt er, und rufen andere zur Gottes furcht, aber wie die Glocken im Thurm, so andere in Kirchen läuten, und kommen selbst nicht darein, das seynd Impostores und nicht Pastores etc. Was gilts, ein Welt-Mensch wird sich ehender meiner erbarmen, und mir verlassenen Menschen unter seinem Dach ein Winkel vergonnen, als dieser Beist die Schaaf. Solches Wehe-Klagen und Lamentiren hat ein Bürger, so gleich dazumal samt Weib und Kindern beim Feuer gesessen, vernommen, und ihn alsobald freimüthig in die Herberg an- und aufgenommen. Indem sie eine Weil mit einander geredt, da ergreift dieser vermascharirte Fremdling den kleinen Sohn des Bürgers, und schmitzt ihn mit solcher Gewalt in das Feuer, daß er alsobald den Geist aufgeben, worüber er auch verschwunden. O mein gerechter Gott! warum hast du solches Unglück über diesen so barmherzigen Bürger verhäng? Es ist ja ein sonders gutes, und dem Himmel wohlgefälliges Werk, wie sattsam zuvor bezeuget worden, wann man die Fremdling beherberget? Ja freilich, was dann? Allein dießfalls war es bei erstgemeldtem Bürger kein gutes Werk, aus Ursach, weil er keine gute Meinung gehabt, dann er ist die Zeit seines Lebens ein abgesagter Feind der Geistlichkeit gewesen, dessen Glifter noch mehr vorhanden: weil er gehört hat den fremden Menschen (ob er schon nicht gewust, daß er der böse Feind sey) daß er also schmähe und übel rede von den Geistlichen, also hat er ihn gar gern in die Herberg aufgenommen, [229] nicht aber aus guter Meinung, sondern damit er etwas Neues vernehme von den Pfaffen (also pflegen etliche Vernunft-lose Phantasten zu reden); weil dann dem Menschen die gute Intention gemangelt, also ist auch das Werk den Augen Gottes mißfällig gewesen.

Also thut der allwissende Gott nicht in Obacht nehmen, was der Mensch thut, sondern wie ers thut, er schaut auf den Kern, und nicht auf die Schäln oder Hilfen, der Kern ist die Meinung, die Schäln aber das Werk. Er schaut auf die Korn-Aehr, und nicht auf den Halm, die Aehr ist die Meinung, der Halm aber das Werk; Er schaut an den Schatz und nicht die Truhe, der Schatz ist die Meinung, die Truhe aber das Werk; Er Schaut an den Degen, und nicht die Scheid, der Degen ist die Meinung, die Scheid aber das Werk. Was hilfts, wann die Scheid gut, und der Degen rostig? Was nutzt es, wann die Truhe stattlich, und falsche Guldiner darin? Was tragts, wann der Halm hoch und grad, und die Aehr leer? Was bringts, wann die Schaalen gut, und der Kern wurmstichig? Was Verdienst, wann das Werk löblich, und die Meinung und Intention bös?

Gott der Herr hat das höchste Wohlgefallen an der Liebe und Einigkeit der Eheleute, und wann solche wohl mit einander übereins stimmen, so wird der Teufel ehender vertrieben, als durch die wohlgestimmte Harpfe des Davids. Wie der tapfere Kriegs-Fürst Josüa ritterlich gekämpft wider die Feind Gottes, auch bereits in Mitte des Siegs begriffen, ihm aber der anbrechende Abend verhinderlich scheinte, die Viktori[230] fortzusetzen, also hat er sich aus purem Vertrauen auf den wahren Gott unterstanden; der Sonne, diesem schnellen Tags-Licht, einen Arrest anzubieten, ja er hat ernstlich befohlen, sie solle stille stehen, und ihren gewöhnlichen weitern Lauf inne halten; desgleichen ist er auch verfahren mit dem Mond, er solle sich ebenfalls nicht ein Hand breit mehr bewegen; daß Josuä der Sonne einen Stillstand auferlegt, gehet hin, und wäre ihr Licht, den Tag zu verlängern, schon genug; aber aus was Ursach schafft er auch dem Mondschein, daß selbiger solle still halten? Abulensis gibt hierauf die Antwort, es wäre in dem Himmel eine große Unordnung gewesen, wann eines wäre gestanden, und das andere nicht, sey demnach rathsamer, wann eines gehe, daß auch das andere gehe, und wann eines stehe, daß auch das andere stehe etc. Was Sonn und Mond im Himmel, das seynd auch Weib und Mann im Haus, wie dann dem egyptischen Joseph nicht übel getraumet, als er im Schlaf gesehen, daß Sonn und Mond ihn verehren und anbeten, wodurch Vater und Mutter verstanden worden; wann nun er die Sohn ist als das größere Licht, und sie der Mond als das mindere Licht, so stehet es überaus wohl, wann sie beide einhellig seyn, und wohl zusammen stimmen, was eins will, das wolle auch das andere, wodurch die Gott gefällige Lieb und werthe Einigkeit im Ehestand erhalten wird.

Anno 1317 wurde zu Mainz im Kreuzgang der Dom-Kirche begraben Heinrich, mit dem Zunamen Frauenlob, dessen Leichnam von seinem Haus bis zu besagtem Ort lauter Weiber getragen, und ihn sehr[231] wehemüthig beklagt, die Ursach war, weil er in seinem Leben dem weiblichen Geschlecht zu Ehren und Ruhm viel schöne Lieder gedicht; unter andern Ceremonien ward so viel Wein auf sein Grab gegossen, daß solcher durch den Kreuzgang geflossen.

Diesem seynd die Weiber hoch verpflicht gewesen, aber noch mehr und weit mehr dem heil. Paulo, dieser apostolischen Welt-Posaune, massen er viel dem weiblichen Geschlecht zu Ehren und Nutz geschrieben: unter andern bringet und gibt er allen Ehe Männern folgende Lehr: Viri diligite Uxores vestras, sicut Christus Ecclesiam etc. Ihr Männer liebet eure Weiber, wie Christus seine Kirche.

Solcher Lehr ist fleißig nachkommen Herr Laurentius Schlaf, vorhin ein gewester Student und Präzeptor, welcher eine sehr reiche, jedoch alte Handels-Frau zur Ehe genommen, mit der er in größter Lieb und Einigkeit gelebt, unangesehen, sie den Alt gesungen, und mit dem zitternden Kopf den Takt geben, unangesehen, sie den Dezember in Haaren und Jahren gehabt, unangesehen, sie ein gefaltetes Gesicht gehabt, wie ein gestärktes Bauren-Krös, unangesehen, sie immerzu gehust, wie ein beladener Kramer-Esel, so hat er ihr gleichwohl allezeit das Placebo Domine gesungen: Wie sie pfiffen so hat er getanzet, wie sie gerissen, so hat er gemahlen, wie sie buchstabirt, so hat er gelesen, zum Ja, hat er den Kopf geneigt, zum Nein, hat er den Kopf geschüttelt, wann sie gelacht, so thät er schmutzen, wann sie geweint, so thät er sich betrüben, wollte sie trinken, so schenkte er ein, wollte sie paperlen, so legt er vor. O mein Herz! [232] sagte er mehrmal, meine Veronika, es ist mir mein Lebetag Niemand so lieb gewest, als du, Gott und der Himmel ist mein Zeug, daß ich lieber wollt das Königreich Neapel verlieren, als dich, lieber wollte ich mich selbsten in die Zung beißen, als dich mit dem wenigsten ungereimten Wort beleidigen, man glaubt mirs nicht, aber es ist doch wahr, wann du von Zucker wärest, so hätte ich dir schon längst vor Lieb den Kopf abbissen. Aber da mußt du doch bekennen, daß wir beide bishero, Gott sey höchster Dank, in größter Lieb und Einigkeit die Zeit zugebracht.

O! was Verdienste hat nicht dieser junge Laurentius Schlaf gesammelt, daß er gleichwohl mit einer alten und betagten Frau die große Geduld gehabt, und den lieben Frieden, so meistens in einem ungleichen Ehestand zu Trümmern gehet, unverletzt gelassen? Abraham ein heiliger Ehemann, Noe ein heiliger Ehemann, Moyses ein heiliger Ehemann, Jakob ein heiliger Ehemann, Joseph ein heiliger Ehemann, Leopoldus, Henrikus etc. heil. Ehemänner, ungezweifelt auch dieser Herr Laurentius Schlaf? bei Leib nicht. Sein Zuname Schlaf heißt zurück gelesen Falsch. Die Lieb so er ihr gezeigt, war nur eine vermascherte Lieb, ein anders ist Ave Rabbi in Worten, ein anders Ave Raben-Vieh in der Meinung. Er hat wohl gesagt, willkommen mein Schatz, aber hat sich gedenkt, daß sie der Bader kratz, er hat sie ja freilich wohl mit keinem Wort beleidiget, aber nicht aus Antrieb der ehelichen Liebe, sondern aus Begierd der Verlassenschaft, die er von ihr gehofft, und folgsam hat er hiedurch weder Gott noch dem Himmel [233] gefallen, weil er nicht recht kordebonisch, das machte die böse Meinung.

Entgegen aber eine gute Meinung gibt allen Werken das Leben, den Werth und den Preis. Zu Jerusalem haben die Hebräer reichliches Allmosen in den Opfer-Stock des Tempels gelegt, silberne und goldene Münz hinein geworfen, die Pharisäer forderist haben ganze Händ voll Geld aus dem Sack gezogen, und damit den Stock angefüllt, so kam aber auch ein armes Weibel daher, so Alters halber keinen Zahn mehr im Maul gehabt, deßgleichen fast so viel Geld im Beutel, die arme Haut hatte ein abgeschabenes Küttlein an, daß einem ist eingefallen, der Jeremias wäre damit aus der Grube gezogen worden, massen die heil. Schrift sagt, daß er mittler alter Fetzen sey erlediget worden. Ihr geringer Aufzug gab sattsam an Tag, daß sie in ziemlicher Armuth und Bedürftigkeit, auch fast keine Zähn mehr im Maul vonnöthen habe, zumalen sie nichts hatte zu nagen und zu beißen etc. Dannoch hat sie zwei kupferne Haller auch in Stock hinein geworfen, und also ihr Opfer verricht. Der gebenedeite Herr und Heiland Jesus hat allen diesen Ceremonien im Tempel zugeschaut, und endlich diesen Ausspruch gethan, daß dieses arme Weibl mehr habe Stock gelegt, und weit reichlicher geopfert, als alle andern, dann sie hats gut gemeint, und solchen guten Willen und aufrichtige Meinung nimmt Gott anstatt des größten Werks an.

Judas Iscarioth wirket gleich anderen Aposteln große Mirakul
[234] Judas Iscarioth wirket gleich anderen Aposteln große Mirakul und Wunderwerk.

Obschon dieser verruchte Bösewicht in seinem unmenschlichen Herzen bereits die verrätherischen Gedanken gehabt, Jesum das unschuldige Lamm, auf die Schlacht-Bank zu liefern, so hat gleichwohl der gütigste Heiland, unangesehen solcher grundlosen Bosheit, ihm, wie andern Aposteln, ertheilt die sondere Gnad, allerlei große Mirakul und Wunder in seinem Namen zu wirken; wie er dann, nach Aussag Hieronymi und Anastasii, und vieler anderer heiligen Lehrer, nicht allein die Aussätzigen gereiniger, sondern sogar die Todten zum Leben erwecket hat: Ja andere wollen, daß er auch dem Petro gleich, mit seinem Schatten die Krankheiten gewendt habe.

Vielen kommt es sehr fremd, und zwar ungründlich vor, absonderlich den gemeinen Leuten, dero Witz durch die theologische Lehr nicht ist abgeschliffen, wann man ihnen vorträgt, was Gestalten auch ein lasterhafter und böser Mensch könne Mirakul und Wunder wirken, so aber gleichwohl ein wahrer Ausspruch ist bei allen Schriftgelehrten dann wohl zu merken, daß die Mirakul und Wunderwerk nicht anderst geschehen, als durch göttliche Kraft, und auf zweierlei Weis: Entweder zur Bekräftigung der evangelischen Wahrheit seines göttlichen Worts, und des allein seligmachenden Glaubens, oder aber zur Offenbarung eines Menschen Heiligkeit und Tugenden. Auf die erste Weis kann auch ein böser Mensch, wann er steif und wahrhaftig in Christum glaubt, und seinen allerheiligsten Namen anruft, bisweilen Wunderwerk wirken, welches doch [235] Gott gar selten zuläßt, und ist glaublich nach Aussag Petri Damiani, daß solches möchte von Anfang der katholischen Kirche geschehen seyn, allwo die göttliche Allmacht auch durch nicht heilige Personen oft Wunderwerk und Zeichen gewirket, damit der noch schwach gegründete Glauben desto festere Wurzel fasse.

Erstlich ist zu wissen, daß Niemand außer Gott des Allmächtigen könne Mirakul wirken; dann obschon aus den Geschichten und Lebens-Verfassungen der Heiligen kundbar ist, daß viel Heilige größere und mehrere Wunderwerk an Tag gebracht, als Christus der Herr selbst, zumalen Petrus sogar mit seinem Schatten Mirakul gethan, Gregorius Taumaturgus einen großen Berg von einer Seite zu der andern geschafft. Xaverius weit mehr Todte zum Leben erwecket, als der Herr Jesus, als welcher nur der Tochter des Fürsten der Synagog, dem Sohn der Witttib zu Naim, dem Lazaro einem Bruder Magdalenä und Marthä das Leben wieder ertheilet, und bloß diese drei von Todten erwecket. Wann schon diese und viel andere Heilige mit mehrern und größern Mirakuln geleucht, als Christus selbst, so ist doch zu wissen, daß sie solche Wunderwerk nicht gewirkt durch eigne Kraft und Vermögen wie der Heiland, sondern durch die Gewalt Gottes in dem Namen Jesu; dahero sie allemal, bevor sie ein Wunderzeichen sehen lassen, den allmächtigen Gott angerufen, wessenthalben nicht ihnen, sondern Gott dem Herrn allein die Gewalt und die Macht, Mirakul zu wirken, zuzumessen ist.

Die plumpe Welt, und etliche dero Witz-lose Menschen machen gar oft aus einer Sache ein Mirakul [236] und Wunder-Werk, da es doch in der Wahrheit nicht also sollt benamset werden, sondern trägt vielmehr den Namen eines Wunders, als eines Wunderwerks; Wie dann ein gemeiner Schmuzius gewest, dem in dem Wirthshaus, allwo er die Einkehr genommen, die Mäus fast die halbe Hose verzehrt, worüber frühe Morgens er sich nicht genugsam konnte verwundern, ja sogar überlaut aufgeschrien: Mirakul! Mirakul! wie da? fragt der andere, sein Mitgespan, die Mäus, antwortet er, haben mir die Hosen gefressen. Du Phantast, sagt er hinwieder, das ist kein Mirakul: aber wann die Mäus wären von Hosen gefressen worden, das wäre ein Mirakul, und sonders Wunderwerk. Also seynd nicht wenig, die eine jede seltame Sach, so ihnen fremd vorkommt, ein Mirakul taufen, da doch solches Ding von den verborgten Wirkungen der Natur herrühret.

Daß die Ruthen, so man insgemein, die Wünsch-Ruthen nennet, sich von freien Stücken neigen an demselben Ort, wo Gold- und Silber-Adern verborgen seynd, ist kein Mirakul, noch weniger eine Zauberei.

Daß grausame Wind, und ungewöhnliche Sturm-Wetter entstehen, wann sich Jemand selbst erhenkt, ist kein Mirakul, wie Majolus bestätiget in dieb. Canic. fol. 448.

Daß ein Magnet durch unbekannte Buhlerei also in das Eisen verliebt, und selbes so wunderlich an sich zieht, ist kein Mirakul, sondern eine Eigenschaft der Natur.

Daß einem wider alles Verhoffen das Blut [237] gähling aus der Nase schweist, und an beiden Händen viel gelbe Fleck oder Mail auffahren, wann sein Bruder oder Anverwandter in fremdem und weitentlegenem Land mit Tod abgehet, ist kein Mirakul.

Viel tausend dergleichen verborgene Griffel werden in natürlichen Wirkungen gefunden, die doch der gemeine Mann für Wunderwerke ausschreiet. Ich will selbst machen, daß in einem finstern Zimmer aller Anwesenden Köpfe wie die Eselsköpf mit langen Ohren behängt hersehen, wann ich nur eine Lampe anzünde, worin eine gewisse Materie seyn muß, so gar leicht zu bekommen, und ist doch kein Mirakel, sondern ein purer Effekt der Natur.

Natürlich ist es und kein Mirakul, daß ein kleines Fischel im Meer, Remora genannt, ein großmächtiges Schiff auch in dem stärksten Sturmwind aufhalten kann, wann es sich nur an das Schiff anhängt.

Natürlich ist es und kein Mirakul, daß ein Baum in Indien, Pudika genannt, die Aeste zu sich zieht, wann jemand denselben will anrühren.

Natürlich ist es und kein Mirakul, daß eine Leinwath, von dem Hanf Asbesto gemacht, im Feuer nicht kann verzehrt werden.

Natürlich ist es und kein Mirakul, wann man eine gewisse Wurzel in einen Hafen oder Topf wirft, wovon alles zerhackte Fleisch wiederum zusammen wachset.

Natürlich ist es und kein Mirakul, wann der Donner ein Kindlein im Mutterleib verzehrt, ohne Verletzung der Mutter; der Fischer Netze im Wasser zu Asche macht, und der obere Theil auf dem Wasser[238] ganz bleibt; das Schnürl durch den ganzen Rosenkranz verbrennt ohne Schaden der Korallen; alle Taufeln des ganzen Fasses vernichtet und doch der Wein nicht abrinne.

Natürlich ist es und kein Mirakul, daß ein Brunn in Sotia, wann man stillschweigt, und das Maul haltet, ganz klar verbleibe; so man aber anfängt zu reden, gleich wild und trübe werde, als mache er derenthalben ein finsteres Gesicht.

Natürlich ist es und kein Mirakul, wann zu Granobl im Delphinat ein gewisses Wasser brennende Dinge auslöscht, und hingegen ausgelöschte anzündet.

Natürlich ist es und kein Mirakul, wann man ein gewisses Kraut auf die Glut legt, bis ein Rauch davon in die Höhe steigt, so kommen einem alle Bäum und Träum im Zimmer vor wie die grausamen Schlangen, solches bezeugt selbst der hl. Thomas von Aquin.

Unzählbar dergleichen Dinge mehr, wovon ganze Bücher könnten verfaßt werden, zeugt die Natur in ihren heimlichen Wirkungen, worüber sich billig jedermann verwundert, aber denselben den Namen eines Mirakuls oder Wunderwerks gleichwohl nicht kann geben, doch aber anbei den allmächtigen Gott in seinen Geschöpfen preisen und loben, als der auch dem geringsten Sonnenstäubl eine gewisse Kraft und Tugend vergönnt hat.

Desgleichen verdient auch nicht den Titel eines Mirakuls alles dasjenige, was da der böse Feind, oder durch dessen Beihilfe die Zauberer und Hexenmeister wirken.

Wunderlich ist es gewesen, aber kein Wunderwerk, [239] wie Simon Magus mehrmals mit zwei Gesichtern erschienen, wie er den von hartem Stein ausgehauenen Statuen und Bildnussen das Leben ertheilet, daß sie gleich andern Menschen gangen, und gestanden und gesessen seynd; wie er sich gar oft in eine Gais oder Lamm verwandelt, wie er bei den Mahlzeiten gemacht hat, daß die Schüssel ohne eines einzigen Menschen Hilfe sich auf den Tisch gesetzt hat, die Teller sich selbst gewechselt, die Gläser sich selbst eingeschenkt, die Sessel und Stühle sich selbst nach Wunsch und Nothdurft gerükt, wie er sich nicht nur einmal in lauter Gold verkehrt hat etc. Und viel anders dergleichen mehr.

Wunderlich ist gewesen, aber kein Wunderwerk, wie der böhmische Zyto zu Prag gar oft in einem von zwei Gockelhahnen gespannten Wagen herum gefahren, wie er bei vornehmen Gastereien die Hände der Gäste in Ochsenfüß verkehrt, daß sie also nicht haben können in die Schüssel greifen, wie er etliche Büschel Heu in schöne gemästete Schweine verkehrt, und selbe um baares Geld verkauft, wie er vor dem König, so diesen Zauberer gar wohl leiden mögen, sich augenblicklich in eine andere Gestalt verstellt etc.

Wunderlich ist gewest, aber kein Wunderwerk, wie Michael Sicitisch, ein Hauptzauberer zu Konstantinopel, gemacht hat, daß ein Schiffmann alles erdene Geschirr, womit das Schiff ganz und gar beladen gewest, zu viel hundeet Trümmern mit dem Ruder zerschlagen, dann es gedunkte ihm, daß eine große Schlange hin und her krieche, ihn ums Leben zu bringen, wessenthalben er also hin und her geschlagen, daß endlich [240] kein Geschirr mehr ganz geblieben, worauf die Schlange verschwunden, und besagter Zauberer hievon nicht einen geringen Gespaß geschöpft.

Alle dergleichen Teufelspossen können nicht unter die Mirakul gezählt werden, zumal der Satan samt allem seinem Anhang eigentlich kein Mirakul wirken kann, massen solches allein der göttlichen Allmacht vorbehalten; wohl aber kann dieser verdammte Gesell die Augen der Umstehenden verblenden, oder aber gesellt er die natürlichen Kräfte der Geschöpfe also künstlich zusammen, daß sie einen wunderlichen Effekt an Tag bringen, und folgsam uns gar wunderlich vorkommt, weil wir nicht also kundig seyn der Eigenschaft der Natur, wie dieser verdammte Böswicht, als der alle und jede Menschen in natürlicher Wissenschaft weit übertrifft.

Man thut sogar den Namen Mirakul mißbrauchen, daß bisweilen auch die alten zahn- und zaumlosen Weiber wollen mit Mirakuln prangen, welches sie meistens mit ihrem abergläubischen Kram zuwege bringen. Ich habe selbst eine solche alte Hausdoktorin kennt, welche mit dem Zettel, worauf diese folgenden Worte geschrieben waren, und der Patient an den Hals gehängt, das Fieber gewendet hat.


Fieber hin, Fieber her,
Laß dich blicken nimmermehr:
Fahr derweil in eine wilde Au,
Das schafft dir eine alte Frau:
Sonst mußt du fahren in Kuttelfleck,
Siehe alsdann, wie dir die Herberg schmeckt,

Amen.


[241] Daß zu Zeiten durch dergleichen abergläubische Mittel eine Krankheit könne gewendet werden wunderbarlicher Weis, will ich es dermal nicht widersprechen, aber solcher Effekt ist keineswegs diesen ungereimten Reimen zuzuschreiben, sondern vielmehr dem arglistigen bösen Feind und leidigen Satan, welcher zuweilen durch göttliche Zulassung den Menschen mit natürlichen Mitteln jedoch auf unsichtbare Weise den Zustand wendet, damit er nur hiedurch die unbehutsamen Adamskinder in ihrem Afterglauben stärke, und zuweilen gar in teuflischen Pakt und Bund einführe.

Viele Ketzer und im blinden Irrthum verdunkelte Leute wollen ebenfalls ihnen einige Mirakul zumessen, welche aber mehrentheils einen schlechten Ausgang genommen.

Der hl. Joannes Kapistranus hat viele Wunderwerke sehen lassen in unserm werthesten Deutschland, forderist in den österreichischen Erbkönigreichen und Ländern, wodurch er seine Heiligkeit nicht wenig bei männiglich bestätiget; es waren ihm aber derenthalben die Ketzer sehr hässig und aufsätzig, suchten auch anbei allerlei gottlose Mittel, wie sie doch möchten seinen Namen und Ruf, wo nicht gänzlich vernichten, wenigst schmälern und verschwärzen. Unter andern haben sich einige Hussiten zusammen gerottet, welche einen Böswicht aus ihrer Sekte dahin mit Geld vermögt, daß er sich für todt gestellt, und nachmals mit sonderm Pracht zum Grab getragen worden; zugleich aber auch den hl. Joannes ganz inständig ersucht, er wolle doch Kraft seiner großen Vermögenheit den todten Jüngling zum Leben wiederum [242] erwecken. Joannes durch göttliches Licht vermerkt alsobald dieser frechen Ketzer freche Bosheit, bricht derohalben in diese erschrecklichen lauten Worte aus vor jedermänniglichen: »Dieser habe seinen Theil mit den Todten, ewig! ewig!« Ueber welches die Hussiten schimpflich gelacht, mit vielen höhnischen Worten seine Heiligkeit beschnarcht, und sich verlauten lassen, daß unter ihrer Zunft größere Heilige gefunden werden, wie sie dann alsobald einem aus ihrer Gesellschaft den Befehl geben, er soll zu dem Todtensarg hinzutreten, und den Verstorbenen zum Leben erwecken, welches er ganz schleunig vollzogen, und mit heller Stimm aufgeschrien: »Peter, ich sage dirs, stehe auf!« Es wollt sich aber der Peter an diese Worte kehren. Der andere wiederholt seine Worte, schreit, daß ihm schier das Maul aus dem Angel gangen, aber der Peter zeigt sich stutzig, und wollte seine Person recht vertreten. Endlich zieht ihn der Gesell bei der Nase, da findet er bald, daß er ein rotziges Mirakul begangen, zumal der Kerl in der Wahrheit steintodt gewesen. Worüber jedermann mit aufgehebten Händen Gott und seine Allmacht gepriesen, die Rädelsführer aber dieser Tragödie haben sich ohne Verzug zu den Füßen des heil. Manns geworfen, den wahren allein seligmachenden Glauben urbietig angenommen, und nachgehends sich nach Rom begeben, daselbst die ganze Geschicht allerseits verkündiget. Die Stadt Breslau in Schlesien, wann sie will ihr altes Archiv durchblättern, kann hievon das beste Zeugnuß geben.

Dergleichen Mackel und nicht Mirakul könnte man die Menge beibringen, so aber allzu sehr bekannt,[243] oder etwan dem Leser möchten mehr Verdruß als Contento verursachen. Es ist schon sattsam hieraus abzunehmen, wie daß die wahrhaften Wunderwerke die göttliche Allmacht allein wirke durch die Rechtgläubigen, nicht aber durch den bösen Feind, noch durch dero gewidmete Zauberer oder hartnäckigen Ketzer.

Es fehlen aber auch viel fromme, auch anbei gottesfürchtige Christen, wann sie gleich eine jede seltsame Sach mit dem Mirakul-Kleid anlegen; dann zuweilen geschieht es, daß ein lächerlicher Ausgang erfolget, wodurch nachmalens unsere Glaubens-Widersacher in ihrem Irrthum gestärkt werden, und folgsam die wahren Wunderwerk einen kleinen Glauben gewinnen: Ich kenne selbst einen Geistlichen Medikanten-Ordens, welcher in seiner gewöhnlichen Treidsammlung von einer Bäurin etwas zu essen begehrt, die aber neben aller christlichen Willfährigkeit sich entschuldigt, daß sie ganz und gar nichts zu Haus habe: Er bittet ferner, wenigst nur um ein Eierschmalz: auch nicht ein Ei, sagt sie hinwieder, habe sie dermalen in ihrer Gewalt. Der halt weiter an, und zwar nur um einen Brocken Schmalz, welches sie auch gutherzig ertheilt; worauf er gleich das Schmalz in eine Pfann geworfen, selbe über das Feuer gesetzt, welchem allem die arme Haut wohl zuschaut, nur begierig des seltsamen Ausgangs. Der Geistliche verweilte nicht lang, sondern schrauft den Knopf von seinem Stecken hinweg, sagt zugleich, Gott werde schon helfen, und schütt eine Menge des Eierdotters in die Pfanne, daß ein häufiges, aufgebäumtes Eierschmalz daraus worden, welches der Bäurin so wunderbarlich vorkommen, daß sie [244] geglaubt, es sey eins aus den größten Mirakuln, konnte auf keine Weis fassen, wie der Dotter in den Stab kommen, mit dem er sich kurz vorhero proviantiret; und da man ihr doch die ganze Ursach umständig erwiesen, so hat sie gleichwohl nicht gelassen, daß sie nicht zuweilen die Pfanne ausgeleckt, das vermeinte Mirakul dadurch zu verehren.

Warum aber fragt ein Nasopodius, daß der Zeit so wenig Mirakul und Wunderwerk geschehen, da doch bei Anfang der Christenheit fast alle Tag und Stund an allen Orten große Wunderwerk zu sehen gewest? dem ist wohl nicht anderst; ja die Erstlinge des christlichen Glaubens haben fast alle Mirakul gewirkt; Schuster und Schneider, Tagwerker und Bauers-Leut haben solche Gnaden von Gott gehabt. Ein mancher heidnische Schmiedgesell und Ambos-Bruder, sobald er getauft worden, und den Heiland Jesum Christum geglaubt, hat alsobald den Aposteln gleich allerlei Sprachen geredt, und oft mit Auflegung der rußigen Hand die schwarzen Teufel ausgetrieben etc. Wie es mit mehrern bezeugt Justinus contra Triphon. Tertullianus in Apologia, etc. Sogar auch die Geschichten der Apostel.

Warum dann geschehen dermalen keine solche Mirakul zu Wien, wie zu Zeiten des heil. Severini zu Augsburg, wie zu Zeiten des heil. Udalrici zu Salzburg, wie zu Zeiten des heil. Virgilii und Ruperti zu München, wie zu Zeiten des heil. Marquardi zu Regensburg, wie zu Zeiten des heil. Emerammi zu Straßburg, wie zu Zeiten des heil. Solarii zu Würzburg, wie zu Zeiten des heiligen Burchardi etc.

[245] Allhier antworten die heil. Lehrer, worunter forderist gezählt werden Augustinus mein heil. Vater, Gregorius der heil. Papst etc. Daß bei Anfang der Christenheit solche Mirakul und Wunderwerk seyn vonnöthen gewest; dann durch das bloße Predigen waren die Heiden und Unglaubigen sehr schwer zum christlichen Glauben gezogen worden, wann sie nicht durch dergleichen übernatürliche Zeichen wären gestärkt worden; weil aber dermal der allein seligmachende Glaub fast allerseits der Welt fest gegründet, also seyen der Zeit dergleichen Wunder-Werk nicht mehr so nothwendig, gleichwie man pflegt den jungen und kleinen Pflanzen das öftere Spritz-Wasser zu spendiren, bis sie wohl gewurzelt seyn, nachgehends aber solches Begießen unterlaßt. Auf solchen Schlag wollte Anfangs der Welt-Heiland seinen Glauben, der bei vielen noch sehr schwach, und unkräftig war, mit vielen Mirakuln stärken, indem aber solcher nunmehr auf dem ganzen Erdboden fest und dauernd stehet, so zeiget er sich billig gesparsamer in den Mirakuln, auf daß anbei der Glaub höher und mehr in den Verdiensten steige.

Damit aber mein Nasopodius gleichwohl wisse, daß annoch bei diesen unsern Zeiten kein Abgang der Mirakuln sey, also zeige ich ihm noch fast täglich und stündlich Wunderwerk, welche ihm nicht allein den Glaubenswandel gänzlich benehmen, sondern ihn noch zu größerer Furcht Gottes und Nachfolg der Heiligen anspornen sollen.

Zu Kastilverd in Spanien ist eine schöne Kirch der Mutter Gottes zu Ehren auf einen hohen Berg gebauet, allwo alle Jahr in dem Monat Martio oder [246] Märzen am Freitag aus dem Meer drei Lichter empor steigen, nachmals in Gegenwart jedermänniglich durch die verschlossenen Kirchen-Fenster hinein dringen, und daselbst alle Lampen anzünden. Dieß geschieht noch alle Jahr.

Zu Attrebat in der Dom-Kirche wird eine Kerze aufbehalten, so von der Mutter Gottes ihren zweien nemlich Iterio und Normanio eingehändiget worden, welche Kerze, ob sie schon vielfältig brennt, ja von dero Abtropf-Wachs viel andere Kerzen gemacht worden, gleichwohl nicht ein Nadel-Spitz abnimmt, sondern immerzu in ihrer Größe und Gewicht verharret.Fereolus an M.C.V. Ein tägliches und ewiges Mirakul.

In Indien, allwo der heil. Apostel Thomas die Marter-Kron empfangen, ist ihm zu Ehren eine gar schöne Kirche aufgericht worden, darin durch ein immerwährendes Mirakul stets eine Lampe brennt ohne Oehr, auch sogar das Döchtel nicht im geringsten gemindert wird.

In Spanien ist ein Benediktiner-Kloster, allwo der Fr. Koch, sonst gar ein frommer Religios, urdrießig worden, daß er alle Tag mußte die Asche von so häufigem Feuer aus der Küche tragen; dahero die Sach der Mutter Gottes beßtermassen anbefohlen, sie wolle doch durch ihre große Vermögenheit solches vermitteln; worüber dann geschehen, daß nicht allein dazumal die Asche nicht mehr gewachsen, sondern noch auf heutigen Tag, da man auch sollt hundert Klafter Holz verbrennen, die Asche gleichwohl niemal zunimmt. Ein ewiges Wunderwerk.

[247] Die selige Kunegundis eine Königin aus Polen, nachmals eine Klarisserin, stieß einen Stecken in einen, nicht weit von dem Kloster entlegnen Fluß oder kleinen Wasserstrom, zoge nachmals den Stecken hinterwärts nach Haus den Berg hinauf. Siehe Wunder! das Wasser folgt dem Stecken nach wider seine Natur, und fließt noch auf diese Stund bergauf. Ein ewiges Mirakul.

Diejenige rothe Erd, aus welcher Adam unser erster Vater auf dem Damascenischen Feld erschaffen worden, wird von den Saracenern in der Menge ausgegraben, und in Egypten ums Geld verhandelt, gleichwohl durch ein immerwährendes Mirakul spürt man nicht, daß solche Erd auch eine Hand breit hätte abgenommen.

Dasjenige Ort zu Lär in Westphalen, allwo die zwei heil. Evvaldi aus England seynd ermordet worden, bleibt auf diese Stund noch allezeit grün, und kann ihm solche Farb weder große Hitz noch Kälte nehmen, auch so man diese Erd sucht umzuackern, so fließt allemal das helle Blut hervor. Ein ewiges Mirakul.

Zu Rom in dem mamertinischen Kerker hat der heilige Petrus wunderbarlicher Weis einen Brunn erweckt, womit er Processum und Martinianum getauft. Dieser Brunn ist noch auf diese Stund zu sehen in einem hohlen Stein, möcht über einen halben Eimmer Wasser nicht halten, gleichwohl kann er auf keine einige Weis ausgeschöpft werden; wie man dann es mehrmal probirt, ein ganz großes Faß Wasser daraus geschöpft, dannoch nicht ein Finger abgenommen, auch niemalen einen Tropfen Wasser übergangen, da er doch [248] über eine Spann nicht tief. Ein augenscheinliches ewiges Mirakul.

Es ist ein Ort in Irland mit Namen Ursenach, allwo der heil. Patritius von zweien Brüdern an seinem Kirchen-Gebäu verhindert worden, wessenthalben er alle Stein daselbst verflucht; wovon dann kommen, daß von selbiger Zeit an kein Stein allda zum Gebäu tauglich ist, ja so man heut eine Mauer von gedachten Steinen aufricht, morgen liegt solche wiederum auf der Erde, auch da man erstgemeldten Stein in ein Wasser wirft, so pflegen sie nicht gleich andern zu pflumpfen, sondern versinken ohne einigen Hall etc. Ein ewiges Mirakul.

Wie der heil. Bischof Nikolaus einmal auf der Reis' etliche Bauern angetroffen, so dazumal dem Acker-Bau abgewart, und selbe um den rechten und kürzern Weg befragt, da haben die guten Leut den heil. Mann gar höflich traktirt und ihm mit aller Lieb den rechten Weg gewiesen, welches dem heil. Bischof also wohl gefallen, daß er Gott dem Allmächtigen abgebeten, er wolle doch ihnen die ewige Gnad geben, daß ihre Pflug-Eisen nimmermehr verzehrt wurden. Siehe Wunder! solche Pflug-Eisen dauren schon etliche hundert Jahr, und ob sie schon alleweil gebraucht werden, so wird doch nicht eines Haars groß an ihnen verzehrt.

Zwei Meil von der königlichen Haupt-Stadt Prag liegt ein Cistercienser-Kloster, Königsaal genannt, allwo etliche Geistliche und Religiosen, dessen Ordens von den Kerzen auf einen Lindenbaum gehenkt worden; von derselben Zeit an trägt erstgemeldter Baum bis [249] auf diese Stund solche Blätter wie die Kapuccen der Cistercienser. Ein immerwährendes Mirakul.

In des großen Meisters Kapelle der Malteser wird ein Dorn aufbehalten aus der Kron Christi des Herrn, welcher alle Jahr am heil. Charfreitag von freien Stucken anfängt zu grünen und zu blühen. Ein ewiges Mirakul.

Wie der heil. Vater Benediktus sich auf den Berg Kassinum verfügt, da haben ihm 3 Raben das Geleit geben, welche nachmals in dem nächst beim Kloster entlegnen Wald ihre Nester gemacht, und vom Kloster ihre Unterhaltung gehabt. Auf den heutigen Tag seynd noch einige Raben von demselben Geschlecht vorhanden, so täglich aus dem Wald zum Kloster fliegen, und allda ihre Nahrung suchen. Ein ewiges Wunder.

Wo die heil. Jungfrau und Martyrin Katharina begraben liegt, fliegen alle Jahr noch an ihrem Tag allerlei Vögel zu ihrem Grab, und ein jeder opfert daselbst ein grünes Zweigel samt der Frucht, so er im Schnabel trägt. Ein ewiges Mirakul. Joann. de Mont. Villa. lib. 1. de Peregrin.

Zwei Meilen von der großen Stadt Bononien ist eine schöne Kirche unter dem Titel der Mutter Gottes Maria, in diese Kirche kommen jährlich eine große Menge der geflügelten Ameisen, und zwar an keinem andern Tag als in der Vigil unser lieben Frau Geburtstag zu der ersten Vesper. Solche Thierl begeben sich alle auf den Altar der Mutter Gottes, woselbst sie das Leben lassen, und dieses wird noch auf diese Zeit beobachtet. Ein augenscheinliches Mirakul.

[250] In dem Herzogthum Bayern ist ein Dorf mit Namen Haslach, worin eine Kirche der Mutter Gottes und der 14 Nothhelfer, welche von dem hl. Otto soll dedicirt seyn worden, um dieses Gotteshaus ist weder Mauer noch Zaun, dannoch wird auf etliche Schritte kein einziges Thierl hinzunahen, und sofern ein Roß, Kuh, Ochs oder Gais hinzu gehet, so wird es alsobald stockblind oder verreckt den Augenblick, welches schon viel hundertmal probirt worden. Ein ewiges Wunderwerk.

Zu Osem in Lusitanien ist ein Taufstein, welcher ganz leer und alle Jahre von dem Bischof daselbst in Gegenwart des ganzen Volkes am Antlas-Pfingsttag versigilliret wird, sobald man aber selben am Ostersamstag eröffnet, da findet man ihn voll mit Wasser dergestalt, daß sich das Wasser Spann hoch in die Höhe bäumt, wie man pflegt das Treid zu messen, und doch nie ein Tropfen herabfließt. Ein ewiges Mirakul. Nachdem die Leute solches nach Haus haufenweis getragen, sodann verschwindet es und weiß man nicht wie.

Zu Deggendorf in Bayern, aus dem hl. Berg Andechs, zu Brüssel in Niederland, zu Seefeld in Tyrol, zu Ferraria in Welschland, zu Augsburg in Schwaben, zu Paris in Frankreich, zu Florenz in Hetruria und in vielen andern Orten findet man durch ein ewiges Wunderwerk noch konsekrirte Hostien, worin das wahre Blut abnehmen kann.

Zu Neapel in der Kirche des heiligen Gregorii wird mit größter Reverenz aufbehalten in einem krystallenen Geschirr das Blut des heil. Joannis Baptistä, [251] und so oft man bei demselben ein heilige Messe liest, und der Priester in dem Kanon zu der Konsekrirung kommt, da fangt allemal durch ein ewiges Mirakul das Blut zerfließen, ja ganz gierig in die Höhe zu steigen, als wollte Joannes auf ein Neues sprechen: »siehe das Lamm Gottes, welches hinweg nimmt die Sünde der Welt.«

Was kann wunderbarlicher seyn, als das Blut der hl. Klara auf dem Berg Falko, welches, obschon ganz ausgedorrt, gleichwohl augenscheinlich zerfließt und sich bewegt, so oft dem Welschland einiges Uebel oder Unglück herzu nahet, so auch dazumal geschehen, wie der Türk das Kandia unter seine Macht bekommen.

Zu Barellus in Lusitania liegt ausserhalb der Stadtmauer ein Kirchel, so den Namen hat beim guten Jesu, alldort sieht man ein ewiges Wunderwerk im Sand; dann alle Jahr am Tag Kreuzerfindung und Kreuzerhöhung, wie auch am heil. Charfreitag erscheinen daselbst viel tausend Kreuz in dem Sand in Gegenwart eines unbeschreiblichen Volks, und seynd solche so gut und wohlgestaltet, daß sie auch der beste Maler nicht besser könnte zeichnen.

In der Kirche des heil. Sixtus zu Nom ist ein Bild der Mutter Gottes, so der heil. Lukas gemalen, dieses Bild verändert alle Jahr am Charfreitag die Farb und pflegt ganz zu erbleichen. Ein ewiges Mirakul.

Die Bildnuß unser Lieben Frauen zu Karbonarii in Welschland, zu Rottenburg in Teutschland, zu Grienthal in Sicilien, zu Czestochou in Polen, zu Kassiani in Apulien und auch in vielen andern GnadenOrten, [252] können durch ein ewiges Wunderwerk von keinem Maler renovirt oder erneuert werden, massen es vielfältig probirt worden und allemal die Farb nicht gehalten oder gleich verschwunden, oder wohl gar die Hand des Malers gänzlich erstarret und unbrauchbar worden.

Zu Venedig in der Kirche der Klosterjungfrau St. Klara zeigt man einen heiligen Nagel, womit die Füß unsers Heilands Jesu seynd an das Kreuz geheftet worden: in diesem Nagel seynd etliche rothe Makul abzunehmen, welche aber alle Jahr durch ein stetes Wunderwerk am heil. Charfreitag ganz frisch und gleichsam wie ein lebendiges Blut scheinen.

In Sabaudia ist ein Kloster St. Mauritii zu Agauni, in welchem ein kleiner Teich oder Weier, worin aber nicht mehr Fisch aufbehalten werden als Mönch im Kloster seynd. Nun ist bisher schon durch ein immerwährendes Mirakul geschehen, daß, so oft ein Fisch in der Höhe schwimmt und bereits abstehet, zugleich etliche Tag hernach ein Geistlicher mit Tod abgehe.

Wie der heil. Wenceslaus von seinem gottlosen Bruder Boleslaus ist jämmerlich ermordet worden, und das Blut häufig au die Wand gespritzt, so kann man noch auf heutigen Tag durch ein ewiges Wunderwerk besagtes heil. Blut auf keine Weis von der Wand bringen.

Aus dem Grab der heil. Jungfrau und Martyrin Katharina auf dem Berg Sinai etc. Aus dem Grab der heiligen Walpurga zu Eichstädt, aus dem Grab des heiligen Quirini zu Degernsee, aus dem Leib der heiligen seraphinischen Mutter Theresinä, aus [253] dem Kopf des heiligmäßigen Bartholomäi Villisponensis unsers Ordens fließet immerdar ein wunderbarliches Oel, welches allerlei Krankheiten wendet etc. Ein ewiges Mirakul.

Der Leib des seligen Ugolini, Joannis Chisii, Elisabeth Ardisi, Antonii ab Aquila, der seligen Zitta, Helena Utinensis, Christina Spoletena, Andrea in Monte Regala, Antonii Monticiani, Antonii de Amandula, Klara de Monte Falconis der seligen Ritta, und endlich unsers heiligmäßigen Joannis a St. Guilelmo zu Batiniani in Hetruria, alle unsers Ordens seynd so viel Jahr und Zeit durch ein stetes Wunderwerk unversehrt; zu geschweigen viel tausend anderer aus andern heiligen Orden und Ständen, deren Anzahl fast unzählbar scheint. Es muß jemand einen groben und gar ketzerischen Katharr haben, wann er zu Padua nicht riechet den übernatürlichen lieblichen Geruch, so da gehet von dem heiligen Grab und Leib des wunderthätigen Antonii Paviani etc.

So muß dann ein frecher Nasopodius nicht vorgeben, daß bei diesen unsern Zeiten keine Mirakul und Wunderwerk mehr geschehen, indem die Menge derselben könnte auf die Bahn gebracht werden. So will ich auch dermalen umgehen die großen Wunder, so immerzu gesehen werden zu Loreto in Welschland, zu Zell in Steyermarkt, zu Alten-Oetting in Bayern, zu Einsiedel im Schweizerland, zu Czestochou in Polen etc. Woraus sonnenklar erhellet, daß der allmächtige Gott noch nicht aufhört Mirakul und Wunderwerk zu wirken zu mehrer Glori seiner Heiligen, forderist seiner übergebenedeiten Mutter Maria.

[254] Wir Menschen aber und gesamte Adams-Kinder müssen ohne äußerste Noth von Gott keine Mirakul begehren, noch einige Wunderwerk hoffen, so lang die menschliche Hilf etwas auswirken kann, dann er gar nicht will, daß wir die Hände in den Sack schieben, und seine göttliche Allmacht uns solle durch lauter Mirakul erhalten; massen er ganz erbietig ist unserer Schwachheit beizustehen, nicht aber in uns die Faulheit zu züglen.

Noe der heil. Alt-Vater schickt Anfangs einen Raben aus der Arche, damit dieser schwarze Gesell solle den Aviso und Nachricht einholen, ob die Wasser der Sündfluth im Auf- oder Abnehmen seyen. Der hebräische Text lautet ganz klar, daß dieser Galgen-Stieglitz sey wieder zurück kommen, aber von dem Noe nicht mehr in die Arche eingelassen worden. Entgegen aber, sobald die ausgesandte Taube ihren Rückweg genommen, da hat sie der Noe mit den Händen ergriffen, und wiederum in das große Schiff logirt. Es scheint hierinfalls, als wäre der gute, fromme, alte Vater gar zu partheiisch gewest, daß er sich gegen die Taube so willfährig und gutherzig erwiesen, den Raben aber zu scharf und ungnädig: aber dem ist nicht also, sondern Gott wollte hiedurch zeigen, daß, wer durch seinen eignen Fleiß und Mühwaltung sich kann ernähren, ihn Gott durch kein Wunderwerk nicht wolle erhalten. Der Rab hatte Todten-Aas genug, so hin und her auf dem Wasser schwummen, dahero schaue er ihm gleichwohl um seine Nahrung, aber die arme Taub hatte nichts, womit sie sich konnte erhalten, dahero sie Gott wiederum durch die Händ des Noe in der Arche gespeist.

[255] Wer frische und gesunde Glieder hat, wer bei guten Leibs-Kräften ist, der muß nicht den ganzen Tag in der Kirche hocken, der muß nicht allen Weihbrunn ausschlecken und nachmals warten, bis ihm Gott durch ein Wunderwerk die tägliche Unterhaltung schicke, das nicht, das gar nicht, sondern er muß sich selbst um ein Stückel Brod bewerben, allen Fleiß anwenden, wie er sich ehrlich ernähre. Die Apostel selbst seynd von Christo dem Herrn in die ganze Welt ausgesandt worden, das heilige Evangelium auszubreiten, man weiß aber nicht, daß sie wären durch englische Händ, oder andere Wunderwerk gespeist und ernährt worden, sondern Paulus bekennt es selbst, daß, wann er habe wollen essen, habe er vorhero müssen arbeiten, und etwas verdienen, Opera manibus vestris etc.

Es ist nicht eine geringe Frag, wie sich doch der 12jährige Jesus die drei Tag zu Jerusalem erhalten, als er in dem Tempel gelehrt? Es ist gar nicht glaublich, daß ihn die Rabiner haben zu Tisch geladen: Dann die meisten aus ihnen schamten sich, daß ein solcher junger Knabe mehr verstehe als sie: deßgleichen sagt auch das Evangelium, daß die Anverwandten und Befreundten sich seiner nicht haben angenommen. Es geschieht wohl öfter, daß einer von Landfremden ehender eine Gutthat empfanget, als von seinen eignen Blutsverwandten. Die meisten Lehrer seynd der Aussag, daß er von Haus zu Haus habe das Brod gebettelt, und sich also erhalten. Freilich hätte er leicht können dem Himmel befehlen, daß er ihm ein Manna schicke, gleich den Israeliten in der Wüste, aber weil er sich natürlich konnte erhalten, so wollte[256] er zu keinem Mirakul schreiten, uns zu einer sonderen Lehr, so lang wir uns können durch menschliche Emsigkeit durchbringen, daß wir uns auf keine Mirakul sollen verlassen.

Hundert und hundert Exempel können beigebracht werden, wie Gott der Allmächtige durch sondere Mirakul und Wunderwerk die armen Geistlichen, Augustini, Dominici, Franzisci und andere Orden gespeist hat; es seynd mehrmals die Engel vor die Porte kommen, und ganze Körb voll Speisen abgelegt, es ist oft Kuchel und Keller für sich selbst angefüllt worden, es ist nicht selten das Brod gewachsen bei der Tafel etc. Aber dergleichen Mirakul seynd niemals geschehen ohne die größte Noth. Wie lang die Geistlichen haben können durch gewöhnliches Betteln das Allmosen suchen, und gute Patron aller Orten finden, so lang hat Gott keine Mirakul gewirkt; dann seine allerweiseste Vorsichtigkeit also der Menschen Wandel regiert, daß sie niemals unsere mögliche Mitwirkung ausschließt etc.

Der allmächtige Gott hat die Israeliter 40 ganze Jahr in der Wüste durch ein stetes Wunderwerk erhalten, der freigebige Himmel hat ihnen das herrliche Manna gespendirt, 40 ganze Jahre ist nicht ein Faden mirakuloser Weise an ihren Kleidern zerrissen etc. Sobald sie aber aus der Wüste kommen, und in ein gutes bewohnliches Land gerathen, da hat Gott mit seinen Mirakuln aufgehört, da hats geheißen, helft euch selber, anjetzo seynd menschliche Mittel schon möglich, jetzt flick sich ein jeder seine Joppe selbst, oder schaue gleichwohl, wo Schneider und Schuster[257] anzutreffen, jetzt treib ein jeder sein ehrliches Gewerb, und schaffe sich selbst das Brod ins Haus, dann die göttlichen Mirakul finden sich nur dazumal ein, wann Menschenhilfe unmöglich.

Dem großen Mann Elias hat Gott der Herr in der Wüste und Einöde einen wunderlichen Kostherrn bestellt, dann auf seinen Befehl mußten die Raben alle Tage ihm zweimal Brod und Fleisch bringen. Dieses war eins aus den größten Wunderwerken, massen der Rabennatur ist, lieber und ehender stehlen als geben, gleichwohl mußten die Galgenvögel dieses Contraloramt verrichten. Aber liebster Gott, weil deine Güte doch so groß, daß du deinen Diener Elias mit der täglichen Tafel versiehst, wofür tausend und abermal tausend Deo gratias, aber wo bleibt der Trunk? das Fleisch ist schon recht, aber wo bleibt die Flasche? naschen ohne Flasche gedäuet nicht wohl. Höre mich, Gott der Herr hat gesehen, daß menschlicher Weise Elias in dieser erschrecklichen Wüste, wo nichts als Bäume, Hecken und Steinklippen, keine Nahrungsmittel hat haben können, also hat er ihn durch ein Mirakul ernährt, aber um den Trunk hat er sich selbst können schauen, dann er war nicht weit von dem Bach Karith, da Wasser satt und gnug.

Wann also der Mensch durch eignen Fleiß, Arbeit und Mühe kann bekommen und erwerben, das muß er auf keine Weise durch Mirakul suchen. Ein solches Weib, welches scheint, als wäre sie mit lauter Heiligkeiten gefüttert, wann sie den ganzen Vormittag in der Kirche verharrt, und so eifrig betet, daß ihr die Zähn rogl werden, unterdessen aber glaubt, daß [258] die Engel werden die Stube auskehren und das Kraut einbrennen, thut unlöblich und unrecht, zumal sie ohne Noth Gott den allmächtigen will versuchen, und zu einem Mirakul zwingen.

Es hat bei erster Erschaffung der Welt Gott der Herr dem Erdboden befohlen, er soll augenblicklich allerlei Pflanzen und Früchte hervor bringen, so auch geschehen; diese seine Allmacht ist noch nicht ausgeschöpft, und was er dazumal gethan, daß in ihm allezeit möglich, allein er thut nichts, sondern will, daß auch der Mensch seinen Fleiß und Arbeit dazu geselle; noch hat er befohlen, daß wir durch lauter Pater noster und Ave Maria den Acker sollen bauen, sondern sein göttlicher Wille ist, daß wir auch den Pflug und harte Arbeit sollen an die Hand nehmen. Wann Gedeon hätte können mit Beten das Treid ausdreschen, so hätte er den Flegel oder Drischel wohl liegen lassen; wo Menschenmittel etwas richten können, da muß man bei Gott nicht um Mirakul anklopfen.

David hat sich bei dem Hofstaat des Königs Achis in der größten Gefahr befunden, was thut er, damit er das Leben salvire? Er hat sich ganz närrisch gestellt, und hat allen Mäuler gemacht, wie die griechischen Buchstaben, und hat Gesichter geschnitten, als wäre er 3 Jahre bei einem Maulaffen in die Schule gangen, er ist hin und her trampelt, als hätte er einen Bauernkirchtag celebrirt, er hat sich in allem närrisch und an brennt zeigt, und mit solcher Weise das Leben sicher durchgebracht.

Wie daß aber David, der in so großen Gnaden [259] und Ansehen bei Gott gestanden, ihn nicht gebeten, daß er ihn durch ein Mirakul aus der großen Gefahr errettet, und etwan einen Engel schicke, der ihn gleich dem Habakuk an ein anderes Ort übertrage? Abulensis antwortet hier gar weislich, daß David mit gutem Gewissen nicht hat können sich auf ein Wunderwerk verlassen, so lang er natürlicher Weise sich selbst hat können helfen.

Anno 1683 hätte Gott durch einen Engel, wie zu Zeiten des Sennacherib gar leicht können die ganze türkische Armee bei Wien erschlagen; er hätte können einer einzigen Wespe befehlen, daß sie einem jeden Türken nur einen Stich auf die Stirne versetze, wovon er unsinnig würde; er hätte können machen, daß alle ihre ausgeschossenen Kugeln und alle abgedruckten Pfeile in ihre eigene Brust wären zurückgekehrt; er könnte noch machen, daß wir gleich dem Petro das Wasser möchten treten, ja mit trocknen Füßen über den Saufluß passiren; er könnte gar leicht machen, daß alle Pasteten und Festungswerke zu Belgrad oder Griechischweissenburg thäten niederfallen, wie die Mauern zu Jericho; aber er macht ohne Noth kein Mirakul und Wunderwerk, sondern er will, daß wir die Waffen ergreifen, allen erdenklichen Kriegsernst an die Hand nehmen, eine bestens montirte Armee auf die Füß stellen, die erfahrensten Feldherrn und Kriegsobristen erkiesen, die Provianthäuser allerseits wohl anfüllen; in Summa, alle möglichen Mittel ergreifen. Wann wir dergestalten werden thun, was wir können, sodann wird Gottes Mithilfe nicht mangeln; wann aber die menschlichen Mittel und aller natürlich angewendter [260] Fleiß nichts wirken kann, sodann kommt Gott meistens mit einem Wunderwerk zu Hilfe.

Nachdem Lazarus als ein Bruder Magdalenä und Marthä durch Christum den Herrn vom Tode auferweckt worden, hat er sich alsobald zu den Jüngern des Herrn gesellt, und so lange er gelebt, nimmermehr gelacht, sondern allezeit mit größtem Eifer das Evangelium geprediget; wessenthalben er auch zu Massilien zum Bischof erwählt worden, daselbst einen sehr heiligen Wandel geführt, und nachgehends selig verschieden, daher er bei der katholischen Kirche als ein Heiliger verehrt wird etc. Bei dieses Lazari vom Todten Erweckung haben sich viele denkwürdige Sachen begeben. Unter andern ist sich nicht ein wenig zu verwundern, daß unser lieber Herr durch ein sonderes Mirakul ihn vom Todten erweckt, anbei aber seinen anwesenden Jüngern befohlen, sie sollen ihm, dem Lazarus, die Brandt und Leinwath, worein er gewickelt worden, nach Brauch der Hebräer, auflösen und gänzlich frei machen. Hat der gebenedeite Herr können ihm durch größtes Wunderwerk wiederum das Leben ertheilen, so hätte er auch und weit leichter ihn können losmachen von seinen Banden, aber solches darum nicht gethan, sondern es den Jüngern anbefohlen, uns zu einer sondern Lehr, daß man dasjenige, was den Menschen möglich ist zu thun, von Gott durch ein Mirakul nicht soll suchen.

Willst du ein gelehrter Mann werden, so thue neben deinem eifrigen Gebet auch fleißig dem Studiren obliegen und wart nicht, das dir Gott mirakuloser Weise die Doktorskappe aufsetze.

[261] Willst du dein Weib und Kinder ehrlich ernähren, so mußt nicht allein alle Tage eine heilige Meß hören, und dein ganzes Hauswesen Gott dem Herrn allein überlassen, sondern auch in deinem Gewerb und Arbeit keinen Fleiß sparen; dann mirakuloser Weise wird dir das Brod nicht in das Haus kommen, wann du dir selbst helfen kannst.

Willst du von deiner Krankheit wiederum genesen, und die gewünschte Gesundheit haben, so ist es nicht genug, daß du derenthalben etliche Wallfahrten versprechest, und bei Gott emsig anhaltest, sondern es wird auch erfordert, daß du natürliche Mittel ergreifest und nicht gleich die Mirakul im Bette citirst.

Willst du, daß dein Haus, indem des Nachbauern seines schon in völligen Flammen stehet, soll vom Feuer befreit seyn, so ist zwar gut und lobwürdig, daß du die Hände zu Gott hebest, aber du mußt zugleich die Hände anlegen, und dich nicht verlassen, daß durch ein Mirakul das Feuer die Kraft verliere, wie in dem babylonischen Ofen. Wohl spricht Rupertus: »Ibi tantum Divinam praestolemur Potentiam, ubi humanam constat deficere industriam, dazumal muß man durch ein Mirakul Gottes Macht erwarten, wo Menschen Hilf und Fleiß zu schwach ist.«

Judas der gewissenlose Böswicht hat sich mit Gedanken versündiget
[262] Judas der gewissenlose Böswicht hat sich mit Gedanken versündiget.

Der da solchen nichtswerthigen Menschen einem Esel vergleichet, hatte sattsame Ursach hiezu, ich aber halt diesen gottlosen Gesellen gleich einem Pferd, und zwar jenem Trojanischen, welcher von Holz sehr künstlich verfertiget, absonderlich aber wegen seiner ungeheuren Größe höchst zu verwundern. Die gute, und dießfalls in etwas einfältige Trojaner hielten solche Machina für ein Sieg-Zeichen, und glaubten, es werden solche ihrer ohnedas berühmten Stadt für ein ewiges Gedächtnuß dienen eines unsterblichen Triumphs; wußten aber nicht, daß diese große hölzerne Stutte tragend seye, nicht zwar mit einem Füllel, wohl aber mit vielen bewaffneten und herzhaften Soldaten, so nachgehends bei nächtlicher Weil in aller Still heraus gestiegen, und der edlen Stadt den Untergang verursachet.

Gut, fromm, redlich, heilig, züchtig, treu, gewissenhaft, eifrig, apostolisch scheinte Judas Iscarioth die ganze Zeit, sogar auch noch bei dem Füßwaschen, und letztem Abendmahl; den andern Aposteln ist der mindeste Gedanke nicht eingefallen, daß einer unter ihnen soll ein Schelm seyn, nichts desto weniger hat der Herr Jesus schon gesehen, daß der Satan und böse Feind das völlige Herz Judä eingenommen, und er in Gedanken eine ziemliche Zeit hero schon beschlossen, [263] dieses göttliche Lamm den unersättlichen hebräischen Wölfen zu überantworten: dahero Gedanken halber, und verruchten Willens halber er dazumal schon als ein Verräther gesündiget, und des Tods Christi Jesu schuldig; wann auch nachmals der Sohn Gottes nicht wäre an das Kreuz geheftet worden. Cum diabolus jam misisset in cor, ut traderet eum Judas.

Gott ist gerecht, gerecht ist Gott, und dannoch sitzen viel tausend Rechtglaubige beim Teufel, die kein Laster begangen.

Gott ist gerecht, gerecht ist Gott, und dannoch seynd viel tausend katholische Christen in der Höll, die nichts Böses gethan.

Gott ist gerecht, gerecht ist Gott, und dannoch seynd viel und aber viel ewig verdammt, die nichts Uebels gethan.

Gott ist gerecht, gerecht ist Gott, und dannoch ist ein großmächtige Anzahl derjenigen, welche sein göttliches Angesicht auf ewig nicht werden anschauen, die gleichwohl kein Uebel begangen.

Daß Kain beim Teufel, ist kein Wunder, dann er hat einen Todtschlag begangen, daß Achan in der Höll, ist kein Wunder, dann er hat gestohlen, daß Pharo ewig verdammt, ist kein Wunder, dann er hat die falschen Götter angebetet, daß Holofernes ewig verloren, ist kein Wunder, dann er hat sich voll gesoffen, daß Jezabel in dem Abgrund, ist kein Wunder, dann sie hat die Propheten des Herrn verfolget. Aber daß viel, und leider! gar viel ewig verloren, ewig verdammt, ewig unglückselig, die doch nichts böses gethan, das ist ein Wunder.

[264] Welche das Silber an sich gezogen, wie der Magnet das Eisen, für diese gehört die höllische Schmiede; welche immerzu panketirt, und gleich den Fleder-Mäusen gewest, so aus der Nacht einen Tag machen, diese gerathen billig in die äußerste Finsternuß, welche ungerecht geurtheilt, und ein Aug zugedruckt, wie diejenigen, so durch das Perspektiv schauen, die haben verdient, daß sie des göttlichen Angesichts sollen ewig beraubt werden; welche stolz gewest, und sich aufgeblähet, wie ein Frosch im Frühling, die werden billig geworfen in die höllische, stinkende Kothlacke; welche sich zornig gerechnet, wie eine Brennessel, die man schier nicht darf anrühren, die werden rechtmäßig zu dem verdammten Unkraut gebunden; welche dem Fleisch nachgeschnappt und nachtappt, wie der Rab dem stinkenden Aas, die gehören recht unter die höllischen Galgen-Vögel. Aber die nichts dergleichen gethan, und dannoch unter dem Verdammten, Verlornen, Verfluchten, Verstoßenen, Vermaledeiten sitzen, das scheint seltsam: und ist doch wahr, und bleibt wahr, daß viel dergleichen gezählt werden. Dann es ist zu wissen, daß nicht allein diejenigen gottlos handeln, sich hoch versündigen, die Gebot Gottes übertreten, so etwas unrechts thun, sondern auch dieselbigen, so etwas unrechts thun wollen; dann ob sie schon die göttliche Majestät mit dem Werk selbsten nicht beleidigen, so offendiren sie doch dieselbe mit dem Willen, wovon dann herrühret, daß viel tausend und tausend in den höllischen Abgrund gerathen nicht wegen der bösen Werk, noch wegen der bösen Wort, sondern wegen der bösen Gedanken. Und du, o verblendter Mensch! [265] schnitzlest dir noch die Freiheit, als ob die Gedanken zollfrei wären.

Unser gebenedeiter Herr und Heiland, nachdem Er mit fünf Broden und zwei Fischen fünf tausend Menschen wunderbarlicher Weis gesättiget, so solches Brod so erklecklich gewest, daß noch zwölf Körbe voll der Brocken geübriget worden: nach allem diesem, da das gesamte Volk ihn zum König und Oberhaupt erwählen wollen, hat er sowohl andern Leuten, als forderist den Aposteln vorgetragen, wie daß sein Fleisch und Blut ihnen werde zu Speis und Trank werden, ob welcher Red die Zwölfe nicht ein wenig gestutzt. Endlich gab er es ihnen ganz deutlich zu verstehen, wie daß etliche aus ihrem Kollegio sehr schwach und wankelmüthig im Glauben wären, ja es sey einer aus ihrem Gremio gar der Teufel, und vermeinte hiedurch den Iscarioth.

O mein Erlöser, soll dann Judas schon ein solcher Schelm seyn? Weiß man doch von keinem Laster, von keiner Unthat, er ist wirkliches Mitglied des heil. Kollegii, er wird gleich andern Aposteln verehrt, es gehet ihm ja nichts ab, als der Schein, sonst wäre er heilig, küssen ihm doch die kleinen Kinder auf der Gasse die Händ, und halten ihn für einen großen Diener Gottes, und er soll nichts nutz seyn? Ja nicht allein nichts nutz, sagt der Heiland, sondern er ist der Teufel selbst. So gibts dann rothe Teufel auch, mein Herr? Ja, Iscarioth ist ein solcher, und zwar darum; dann er hat im Sinn, den Sohn Gottes zu verrathen, er hat es zwar noch nicht werkstellig gemacht, aber er hats im Sinn, und [266] dessentwegen ist er ein Teufel. So höre ich wohl, so machet einen auch ein böser und gottloser Gedanke zu einem Teufel und verdammten Menschen. Wie thöricht seyn dann jene Adams-Kinder, welche die Gedanken für zollfrei halten!

Eine manche kommt Beichtstuhl, nachdem sie etliche Unvollkommenheiten dem Pater in die Ohren gesagt, fängt an ein gespitztes Maul zu machen, als wann sie wollte Federmesserl speien, sagt ganz still, still, damits die Kanaribrut nicht erschrecke, ganz still, sie habe etliche Gedanken gehabt, weiter nichts, das andere bleibt hinter der spanischen Wand. Was für Gedanken? etwan von dem Lämmel, so der gute Hirt auf seinen Achseln trägt? Es lämmelt sich nichts, aber es böckelt sich wohl. Etwan hat sie eine ungebührende Lieb getragen, gegen einen andern, und im Sinn gehabt ihrem Ehe-Herrn ein lateinisches Ypsilon auf die Stirn zu machen? Etwas dergleichen, ja, aber es ist nicht geschehen, es seynd einige Verhindernuß dahinter kommen. Weiß sie was? Sie ist eine Ehebrecherin. Holla Pater, nicht einmal eine Ehebiegerin, weniger eine Ehebrecherin, das fällt meiner Ehr sehr schimpflich, indem man mich einer solchen Lasterthat bezüchtiget; wann ich schon dergleichen Gedanken hab gehabt, was ist mehr? mit den Gedanken beißt man einem kein Ohr ab, mit den Gedanken schlägt man die Fenster nicht ein, mit den Gedanken stoßt man dem Faß den Boden nicht aus etc. Ich wiederhole es, sie ist eine Ehebrecherin, und hat die Ehe gebrochen, in ihrem Herzen, und wann sie in diesem Gewissensstand wäre gestorben, so wäre sie [267] Zweifelsohne ewig verdorben. Sie wird ja Christum Jesus als die ewige Wahrheit nicht Lugen strafen, der da gesagt hat bei dem Evangelisten Matth. K. 5. Et ego dico vobis etc. Ich aber sage euch, daß ein jeglicher, der ein Weib ansiehet, ihrer zu begehren, der hat schon die Ehe gebrochen mit ihr in seinem Herzen: Desgleichen ist von einem Weib zu verstehen, die ihre Gedanken auf einen andern Mann setzet.

Dahero böse Gedanken auch ohne Werk einen können in Verdammnuß stürzen, aber die Werk ohne böse Gedanken können es nicht.

Stengelius erzählt eine fast lächerliche Geschicht. Es waren in einem Dorfe zwei Nachbauern, die aber beide nur eine Scheuer oder Stadl hatten, worin sie ihr Korn oder Kernl aufbehalten. Diese erstgemeldte Bauern hatten an sich gar ungleiche Sitten, massen einer gar ein arger und karger Vogel, der in allweg dahin getracht, wie er aus fremden Händen möchte Riemen schneiden. Der andere aber ein einfältiger, anbei aber sehr gewissenhafter Mann, dein nichts als die Redlichkeit im Busen gesteckt, wider das gemeine Sprichwort: »Die Bauren seynd Lauren, so lang sie dauren.« Der erste als ein eigennütziger Gesell hat bei sich beschlossen, dem andern als seinem Nachbauern den Treid-Haufen zu rupfen, erwählte aber hiezu keine bequemere Zeit als die Nacht, so meistens aller Dieb ein Mettermantel und Deckmantel muß abgeben; damit er aber bei der finstern Nacht wisse, welches das Seinige, und des Nachbauern Treid sey, also hat er gegen Abend seinen alten Rock oder Joppen auf den Treidhaufen des Nachbauern gelegt, damit er[268] nachmals bei anbrechender finsterer Nacht von demselben stehlen könnte. Es geschah aber, Zweifelsohne durch sondern göttlichen Willen, daß auch dieser arme Schlucker noch denselben Abend, und zwar etwas spat, den Treid-Kasten besucht; und wie er des Nachbauern Rock auf seinem Korn gefunden, konnte er sich nicht genugsam darüber verwundern, wie aber alle gute, redliche Gemüther sich so leicht nicht in bösen Argwohn einlassen, also auch forderist er, ja er urtheile noch, aus diesem die große Lieb und Wohlgewogenheit seines Nachbauern. Was, sagt er bei sich selbst, mein Nachbauer meint es so gut und treuherzig mit mir, daß er sogar sein eigenes Treid in die Gefahr setzt, und das Meinige mit seinen Kleidern zuhüllt, damit es von dem eindringenden Regen nicht möge Schaden leiden. Ei so will ich mich dießfalls in Gutthaten nicht überwinden lassen, sondern will lieber ich seinen Nutzen mehr befördern als den Meinigen: nimmt zugleich den Rock, und deckt des andern Treid nach Möglichkeit damit zu. Bei stockfinsterer Nacht steiget der lose Gesell in aller Still auf den Treid-Kasten, tappt hin, tappt her, bis er endlich den Treid-Haufen angetroffen, worauf der Rock gelegen; und weil er der Meinung gewesen, als gehöre solcher seinem Nachbauern zu, also hat er einen großen Sack davon angefüllt, und voller Freuden, nach Diebs-Art, in der Still sich davon gemacht, nachmals aber nicht ohne Scham-Röthe erfahren, daß er von seinem eignen Treid gestohlen. Sag her Theologe und Schriftgelehrter, ob dieser ein Dieb sey, oder nicht? Freilich, ist die Antwort, freilich ist er ein Dieb, er hat einen[269] rechten Diebstahl begangen, er hat Gott den Herrn tödtlich beleidiget, er hat die Höll verdient, wann er dazumal wäre ohne Buß mit Tod abgangen, da hätte er die Herberg beim Teufel gehabt etc. Hat er aber doch dem andern nichts entfremdet, sondern von seinem eignen den Sack angefüllt: was schadt alles dieses, er hat im Sinn gehabt, dem andern zu nehmen. Sein Gedanke ist gewest, dem Nächsten zu stehlen und ob ihm solches nicht gelungen, so hat ihn doch der eigne Gedanke zu einem Dieb gemacht. Fahrt also ein mancher mit dem bösen Gedanken und Willen ohne böses Werk zum Teufel. Wie sollen dann die Gedanken zollfrei seyn.

Ein anderer thut dem äußerlichen Schein nach ein böses Werk, aber ohne böse Gedanken; wessenthalben er den allmächtigen Gott nicht beleidiget, noch sein Gewissen beschwert. Von dem Lamech schreiben etliche, daß er also dem Jagen und Hetzen ergeben gewest, daß er auch solches in dem höchsten Alter nicht lassen können. Was thut nicht die Gewohnheit? Das große Alter hatte bereits ihm das Gesicht also geschwächt, daß er ohne Führer und Weiser keinen sichern Schritt konnte thun. Einmal sticht den alten Gecken die Lust, daß er von freien Stücken den Bogen selbst gespannt, mit seinem Buben in die grüne Au hinaus gangen, zu sehen um ein Wildpret; kaum daß er in die dicken Hecken und grüne Gebüsch kommen, da vermerkt er ein Geräusch und glaubt, es sey ein Wildstuck, ein muthiger Rehbock oder ein erwachsener Hirsch; ergreift demnach alsbald seinen Bogen, zieht mit demselben durch Hilfe seines Buben an das [270] Ort, wo er das Geräusch wahrgenommen, drückt, schießt, trifft aber was? Nicht ein Wildstuck, wohl aber etwas wildes, nicht eine Sau, wohl aber etwas säuisch, nicht einen Hasen, wohl aber etwas hasenherziges, nämlich den Kain, seinen nächsten Anverwandten und Befreundten; erlegt also und bringt um nicht eine Bestie, wohl aber einen bestialischen Menschen. Ob dießfalls der Lamech gesündiget, fragst du; dann Kain hat gesündiget, und wenn er den Abel hat ermordet, so hat ja nicht minder gethan der Lamech, als er den Kain erlegt? Die Frage wird beantwortet, daß der schlimme und gottlose Kain habe gesündiget, weil er im Sinn hat gehabt, den Bruder zu ermorden, der alte und betagte Lamech aber hat es nicht im Sinn gehabt, hat nie einen Gedanken gehabt, den Kain zu erlegen, und derenthalben hat er nicht gesündiget. So rühret dann die ganze und völlige Bosheit einer That von den bösen Gedanken her, und können folgsam böse und sündhafte Gedanken seyn ohne das Werk; da hingegen das Werk nicht kann bös und sträflich seyn ohne die Gedanken; und sollen noch so übermüthige Weltkinder gefunden werden, welche auch den lasterhaften Gedanken wollen den freien Paß ohne Skrupl und Gewissenswurm vergonnen.

Wie der Herr Jesus in einem Schiffel hinüber gefahren und in eine Stadt kommen, da haben sie ihm alsobald einen Gichtbrüchtigen herbei gebracht, welchen der Heiland gar sanftmüthig und freundlich angeredet, auch zugleich ihm die Sünden vergeben; nach solchen hat er sich zu den Schriftgelehrten, so dazumal gegenwärtig waren, gewendet, und ihnen einen[271] guten Verweis geben, so ihnen nicht ein wenig, weil sie ohnedas nasenwitzig, in die Nase gerochen. Aber mein Herr, diese seynd vornehme Doktores, und bei jedermann in großem Ansehen, die Doktorskappe achtet sich des Filz nicht viel. Diese seynd ohnedas gelehrte Leute, die sich auf himmlische Dinge wohl verstehen, und also haben sie nicht gern, daß man ihnen soll den Planeten lesen, diese lesen vorhin eine ganze Zeit die Kapitel in der Schrift, und also verlangen sie gar nicht mehr Kapitel etc. Und was noch mehr, hat doch keiner aus ihnen das Maul aufgethan, und warum soll man ihnen über das Maul fahren? keiner aus ihnen hat was Böses gethan, und warum soll man bös mit ihnen verfahren? unangesehen alles dieses hat der Herr und Heiland ihnen einen Verweis geben, und ihre Bosheit unter die Nase gerieben, ob sie schon nicht übel geredt, wahr ist es; ob sie schon nichts Uebels gethan, ist mehrmal wahr, so haben sie aber üble Gedanken gehabt, dann ein jeder aus diesen Schriftgelehrten hat gedenkt und im Herzen gehalten, er, der Heiland nämlich, sey ein Gotteslästerer, darum er sie billig angefahren: »ut quid cogitatis mala in cordibus vestris? Warum gedenkt ihr Böses in euern Herzen?«

Man sündigt weit mehr mit den Gedanken als mit den Werken. Ein Religios im Kloster lebt unter dem Gehorsam, und ist fast gleich einer Säge, die man hinter sich und vor sich zieht; er lebt in der evangelischen Armuth, und besitzt so viel als das Netz Petri, wie er die ganze Nacht gefischt hat, worin das Fischel Nihil nur allein gefunden worden; er lebt im [272] steten Fasten und Abbruch, dann man glaubt, daß ein hungriger und ausgemergelter Leib tauglicher sey zu psalliren, als ein feister und ausgemästeter, zumal auch die bloße Haut über eine Trommel gezogen einen hellen Schall von sich gibt, so aber gar nicht geschehe, wann sie mit Fleisch und Fett gefüttert wäre. Er lebt wie ein Fisch im Wasser, wie ein Licht in einer Latern, wie ein Kern in einer Schaale, er ist versperrt, verschlossen, vermauert, verriegelt, verborgen, verdeckt; kein Weib, weder jung noch alt, kein Weib, weder klein noch groß, kein Weib, weder schön noch schändlich ist bei ihm, redt mit ihm, schmutzt mit ihm, lacht mit ihm, scherzt mit ihm; und dannoch kann er eben diejenige Sünde begehen, die David begangen mit der Bersabä, durch bloße Gedanken.

Ein Gott gewidmetes Frauenzimmer in dem Kloster, was ist es anders, als eine kostbare schneeweiße Perle? so derentwegen eingefaßt ist, damit es nicht verloren werde; was ist es anders als eine schneeweiße Lilge? so derenthalben eingezäunt ist, damit sie nicht abgebrochen werde; was ist es anders als ein Spiegel? so derenthalben mit einer Rahm umfangen, damit er nicht zu Trümmern gehe; was ist es anders als ein reiner Butter? so dessenthalben mit Krautpletschen verhüllt wird, damit er nicht zerschmelze; was ist es anders als ein Buch? so derentwegen eingebunden und mit Klausuren versehen ist, damit keine Sau oder Eselohr darein komme; sie ist wie eine allabasterne Balsambüchse, so dessentwegen zugedeckt ist, damit der Geruch nicht ausgehe. Man findet Alles in ihrem Kloster ausser einen Mann nicht. Man [273] geht Tag und Nacht in einen Chor, ausser nicht ein Mann mit; man geht zu Mittag und Abends zu Tisch, aber mit einem Mann nicht. Man betet, man liest, man singt, man redet, man geht, man arbeitet, man seufzt, man kniet, man weint, man büßt, man ist fromm und heilig in einem Nonnenkloster, aber es ist gleichwohl kein Mann darin, alles Mann, und dannoch kein Mann etc. Nichts desto weniger kann eine solche ebenfalls jene Lasterthat begehen, die da begangen hat dasselbige Weib, so die Hebräer zu dem Herrn Christo in den Tempel geführt, damit solche vermög des mosaischen Gesetzes versteiniget werde; und dieses kann sie mit dem bloßen Gedanken.

Eine, welche von der Natur, von der Statur ganz verlassen, kurz vom Leib, als hätte sich ihre Mutter an einem Starnitzel ersehen, hochrucket und mit einer Retorquardi wohl versehen, die übrige Leibesgestalt sehr schlecht und abgeschossen; ja, wann schön ist eine alte Hobelbank, so ist ihre Stirne auch schön, wann schön ist ein rostiges Fenster in einer alten Juden-Synagog, so seynd ihre Augen auch schön, wann schön ist eine alte Pippe an einem ungewischten Bierfaß, so ist ihre Nase auch schön, wann schön ist ein schmutziger Schöpflöffel, so ist ihr Maul auch schön, wann schön ist eine zusammen geschnurfte Saublattere, so ist ihr Hals auch schön etc. Und dannoch diese, obschon ungestaltet und mangelhaft, kann so stolz und hoffärtig seyn in den bloßen Gedanken, als eine verdammte Jezabel im alten Testament.

Ein armer Bettler, der mit krummen Füßen den geraden Weg zum Elend gehet, die in zerrissenen [274] Kleidern ganz erarmet, den mit bloßen Füßen allezeit der Schuh drückt, der ohne einiges Haus, sich von Haus zu Haus erhaltet, der auf dem Stroh liegt, da doch die Armuth schon längst bei ihm zeitig, der leer im Sack, aber voller Trübsal, der nicht einen Kreuzer, aber Kreuz genug. Ein solcher armer, elender, bedürftiger, zerrissener, verlassener, nothleidender Tropf kann sowohl sich mit dem Geiz versündigen, als ein Judas Iscarioth durch die bloßen Gedanken.

Ein Kranker im Bett, dessen ganzer Leib eine lautere Beindrechslerarbeit, dessen Augen so tief im Kopf, daß sie ihr eigenes Elend selbst nicht mehr mögen anschauen, dessen Hände so schwach, daß sie auch mit einem Floh nicht könnten duelliren, dessen Füße so schlecht, daß sie auch Biskottenteig kümmerlich könnten niedertreten, dessen Athem so schwach, daß er auch das Blättl Gold nicht könnte zitternd machen, dessen Rede so blöd, daß sie auch ein Fisch möchte überstimmen etc. Ein solcher kranker, schwacher und kraftloser Tropf kann ebenfalls eine so grausame Mordthat begehen, wie da begangen der Kain an seinem Bruder durch die bloßen Gedanken. Cor cogitando tenetur in crimine, libet corpus immune vigeatur ab opere; reus est enim animus, si cogitavit, licet corpus sit immune ab opere, quod non fecit.

Ein Jüngling in England führte gar keinen englischen Wandel, sondern ließ dem jungen Blut seinen freien Zaum, und lebte nicht löblicher, als der saubere Gesell im Evangelium, so das Seinige im Luderleben verschwendt. Es geschieht, daß erstgedachter [275] Gesell in eine tödtliche Krankheit gerathen, woran er auch nach kurzer Zeit gestorben, jedoch mit vollkommner Beicht, herzlicher Reue und Leid, daß also männiglich aus den Anwesenden an seinem Seelenheil gar nicht gezweifelt. Bald nach seinem Tod erscheint er in einer ganz feurigen Gestalt einem seiner nächst Anverwandten, mit Vermelden, er sey nunmehr ewig verdammt und verloren. Der Befreundte konnte sich nicht genug hierüber bestürzen, absonderlich weil er selbst gegenwärtig gewesen ist, wie dieser so große Reu gezeigt über seine begangenen Sünden und Missethaten. Wahr ist es, setzt hinwieder dieser Unglückselige, daß ich eine vollkommene Beicht verricht, wodurch ich wiederum Gottes Gnad und Huld erhalten. Weil ich aber kurz vor meinem Hinscheiden einen unzüchtigen Gedanken gehabt, auch mich darein verwilliget, also bin ich von dem gerechten göttlichen Richter auf ewig verstoßen worden. Jetzt sage jemand mehr, die Gedanken seyen zollfrei.

Raulinus Buniacensis erzählt eine gleichmäßige Geschicht von einer jungen Wittib, welche ihrer Tugend halber und forderist wegen der Gutthätigkeit gegen die Armen bei dem Bischof als ihrem Beichtvater in sehr großem Ruhm gewesen; diese hat einst unbehutsame Augen geworfen auf einen ihrer Bedienten und anbei einen üblen Gedanken gehabt, wozu der Will sich nicht geweigert, obschon die That darauf nicht erfolget, unangesehen das Gewissen mehrmal sie dessenthalben ermahnt, so hat sie gleichwohl aus Geschämigkeit solchen gehabten Gedanken nie in der Beicht entdeckt, auch in diesem Stand das Leben geendet, und mit sonderem [276] Gepräng als eine heiligmäßige Wittib in die Kirche begraben worden. Bald nach ihrem zeitlichen Hintritt hat gedachter Bischof bei nächtlicher Weil das Grab dieser seiner Bekannten sehen über und über brennen, ja das Weibsbild selbst auf einem glühenden Rost, worunter die bösen Feinde ganz häufig die Kohlen geschüret. Ueber solches konnte sich der gute und fromme Mann nicht genug verwundern, dem ihr so tugendsam geführter Wandel gar zu wohl bekannt war. Es ließe sich aber diese unglückselige Seel bald vernehmen, wie daß sie nur blos in einen unzüchtigen Gedanken hätte eingewilligt, solchen aber nicht gebeicht, und seye sie derenthalben ewig verdammt. Gehe hin und lasse dir träumen, daß die Gedanken zollfrei seyn sollen.

O! wie recht und weislich hat jener offener Sünder in dem Tempel gehandelt, als er nicht ohne wiederholte Seufzer auf die Brust geschlagen. Nicht hat er auf die Augen geschlagen, welche ihm doch mehrmal gläserne Kuppler abgeben zu ungebührenden Lüsten. Nicht hat er auf die Ohren geschlagen, die er doch vielfältig den unzüchtigen Liedern vergonnt. Nicht hat er aufs Maul geschlagen, so doch nicht selten einen Ambos abgeben, worauf allerlei ehrenrührische Reden geschmiedt worden. Nicht hat er auf die Füß geschlagen, die ihn doch öfter ins Wirthshaus oder andere verdächtige Oerter getragen, sondern er hat auf die Brust und Herz geschlagen, weil er gewußt, daß von dannen ursprünglich alles Uebel durch die Gedanken herrühre.

O Gott! sagt jemand, wann die Gedanken solunter[277] die Sünden gezählt werden, was muß ich dann anfangen? In Egypten hat es viel Mucken geben zur Zeit des Königs Pharao, ich mach nur bei Tag und Nacht viel mehr Mucken. Zu Jericho hat es viel Einfäll geben zu Zeiten des Josue, mir fallen immer zu wohl mehr Sachen ein: in der Landschaft Huß zu Zeiten des Jobs hat es viel Mist geben, bei mir melden sich wohl garstigere Gedanken an. In der maltesischen Insul zu Zeiten Pauli hat es viel Schlangen geben, ich hab mehr giftigere Gedanken. In dem tyberischen Meer hat es viel frische Fische geben zu Zeiten Petri, aber ich gehe oft in meinem Herzen mit gar viel faulen Fischen um. In Summa, des Tobiä Hund hat bei Sommerszeit nicht so viel Flöh gehabt, als ich eine Zeit Gedanken. Gedanken, bald von einem Schmaus; Gedanken, bald von Brein, bald von Wein, Gedanken, bald von Zillen, bald vom Spielen, Gedanken, bald von Raufen, bald von Saufen, Gedanken, bald von einer Jagd, bald von einer Magd, Gedanken, bald von Klauben, bald vom Glauben, Gedanken, bald von Zechen, bald von Ehebrechen, Gedanken, bald von Modi, bald von Kleinodi, Gedanken, bald von Lügen, bald von Betrügen, Gedanken, bald von Galonisiren, bald von Verführen, Gedanken, bald von der Susanna, bald von der Marianna, Gedanken, bald von Wilderich, bald von Friderich, Gedanken, bald hohnisch, bald argwohnisch etc. Wann ich esse, so hab ich die Gedanken auf der Schüssel, wann ich lieg, so seynd mir die Gedanken unterm Küß, wann ich gehe, so marschiren die Gedanken mit mir, wann ich bete, so sind [278] ich die Gedanken am Schnürl oder lies sie aus dem Buch und zwar allerlei böse Gedanken, neidige Gedanken mit dem Kain, hoffärtige Gedanken mit der Jezabel, geizige Gedanken mit dem Iscarioth, argwöhnische Gedanken mit den Juden, zornige und rachgierige Gedanken mit dem Esau, unzüchtige Gedanken mit dem Holofernes etc. Sogar fallen mir böse und ungereimte Gedanken ein, wann ich das höchste Gut sehe von dem Priester bei dem Altar aufwandeln; ja was noch mehr ist, wilde und unflätige Gedanken melden sich auch dazumal an, wann ich das wahre Lamm Gottes in der Kommunion auf die Zung nehme. Mit Einem Wort, so wenig die Rosen ohne Dörner, so wenig das Feuer ohne Rauch, so wenig der Acker ohne Distel, so wenig das Weinfaß ohne Gleger, so wenig der Jahrmarkt ohne Dieb, so wenig bin ich ohne böse Gedanken. Ach, Gott!

Der heil. und große Patriarch Benediktus hat einmal zu Rom ein Weib gesehen, als er noch gestudiret, ein schändliches und ungestaltetes und wildes und buckletes Weib, und dieses hat ihm solche spöttliche Gedanken verursacht, daß er derenthalben den Leib auch mit aller Kasteiung kaum konnte bändigen und im Zaum halten. Wie soll es dann mir seyn, der ich alle Tag in der Gesellschaft mich befinde, wo so viel schöne Gesichter, so viel junges Blut, so vieler liebkosender Kreaturen? ich gestehe es, wann so viel heilige Leut von schlimmen Gedanken angetastet werden, was soll ich dann erst von meiner ohnedas schlüpferigen und schwachen Menschheit reden? ich läugne es nicht, ich wills auch nichts läugnen, ich kanns nicht läugnen, ohne [279] Gedanken, und zwar meistens ohne böse Gedanken bin ich niemal oder wenigst gar selten etc. Was soll ich dann anfangen?

Nicht so kleinmüthig, mein lieber Christ, du mußt und sollst wissen, daß auch die allerärgste, gottloseste und abscheulichste Gedanken keine Sünd seyn, wann du an denselben kein Wohlgefallen schöpfest, noch weniger deinen Willen dazu gibst. Solche böse Gedanken rühren von niemand anders her als von dem bösen Feind, und eben darum gieb ihm, diesem verdammten Widersacher, kein Gehör, laß den Hund bellen, er kann nicht beißen, laß ihn locken, er kann nicht zwingen, laß ihn greifen, er kann nichts nehmen, laß ihn fechten, er kann nicht verwunden, laß ihn stoßen, er kann nicht stürzen, laß ihn schnalzen, er kann nicht fahren, laß ihn fischen, er kann nichts fangen, laß ihn klopfen, er kann nicht aufmachen, laß ihn reden, er kann nicht überreden ohne deinen Willen. Ja wann solche satanische Gedanken dich wider deinen Willen jagen, plagen, zwangen, so hast du derenthalben von dem gerechten Gott, so alle dergleichen Obsieger belohnt, eine sondere Vergeltung zu gewarten.

Der englische Lehrer Thomas von Aquin, von Gut und Blut ein adelicher Jüngling, war ganz allein verschlossen bei einem frechen Weibsbild; diese war wohl bekleidt, aber ein schlechter Festen, war schön im Gesicht, aber schändlich in Gebärden, war stattlich in Augen, aber auf nichts Guts abgesehen, war rosenfarbig in Lefzen, aber nicht schamroth, war bloß am Hals aber ein verdeckter Teufel etc. Dieses war eine Keder, woran der David gebissen, dieses war ein Feuer, [280] an dem sich der Absalon gebrennt, dieses war eine Schlang, die auch den Samson vergift, bei denen Barbaren ist man sicherer, als bei einer solchen Barba, bei den Saracenern ist man sicherer, als bei einer solchen Sara; sogar bei der Höll ist man sicherer, als bei einer solchen Helena. Andere schliffern, ja, andere stolpern, ja, andere fallen, ja, bei solcher Gelegenheit, aber Thomas von Aquin nicht. Diese war teuflisch, wann schon, das Versuchen war teuflisch, wann schon, die Gelegenheit war teuflisch, wann schon, die Gedanken waren teuflisch, wann schon, es blieb dannoch der Thomas englisch; dann ihm, dem irdischen Engel, die häufige, heftige, verdammte und unverschämte Gedanken nicht allein keinen Schaden zugefügt, als denen er bestermassen widerstrebt, sondern derenthalben hat er im Himmel eine sondere Kron erworben, derenthalben haben ihm die andern anverwandten Engel wegen erhaltenem Sieg herzlich Glück gewünscht und gratulirt.

Was schlimme Gedanken seynd nicht eingefallen einem heil. Makari? Makarius, der wegen steter Kasteiung und Abbruch nichts als Haut und Bein, und dannoch seynd ihm fleischliche Gedanken eingefallen, Makario, der alle Tag mit häufigen Bußthränen sein Gewissen gesäubert, seynd gleichwohl unsaubere Gedanken eingefallen, Makario, dem wegen seiner Heiligkeit auch die wilden Thiere schön gethan, seynd dennoch wilde Gedanken eingefallen, Makario, der ein lauterer Diener Gottes war, seynd dannoch unlautere Gedanken eingefallen, Makario, der wie ein unschuldiges Lämmlein gelebt, seynd gleichwohl säuische Gedanken eingefallen, Makario, dem kein anderes Kleid war, als ein [281] rauher härener Sack, seynd gleichwohl von einem muthwilligen Schleppsack Gedanken eingefallen, Makario, der ein Mann Gottes war, seynd gleichwohl weibliche Gedanken eingefallen; weil er aber dem bösen Feind die Feigen gezeigt, also hat er dessenthalben eine herrliche Frucht davon getragen, weil er dem leidigen Satan den Willen geweigert, also ist derentwegen bei Gott noch mehr Willkomm gewest; dann eine solche Belagerung zeigt, wer der Kommandant ist, solche tobende Wellen zeigen, wer der Schiffmann ist.

O wie heilig Paulus! er ist gleichwohl nicht sicher gewest vor solchen heillosen Gedanken. O wir vorsichtig Paulus! er ist gleichwohl nicht befreit gewest von den blinden Venusbuben. O wie wunderthätig Paulus! er ist dannoch nicht los gewest von solchen blunderthätigen Gedanken: Er hat wegen solches Versuchen Gott demüthigst ersucht, aber nicht erhalten, als allein die Antwort, er solle mit diesem Krieg zufrieden seyn, mit Gottes Schutz seye ihm dieser Streit viel nutz. Quod resistentem fatigat, vincentem coronat.

Wann dann der höllische Phantast auch die Phantaseien der heiligen Leute mit bösen abscheulichen Gedanken angefochten, so wird er dir noch weniger verschonen. Allein heißt es, Bursch ins Gewehr, und thue ihm einen Widerstand; mache es, wie der große Patriarch Abraham, welcher auf eine Zeit Gott dem Herrn eine Kuh und Widder aufgeopfert und geschlachtet; als aber die Vögel immerzu auf das Fleisch wollten sitzen, und selbiges suchten zu verzehren, da [282] hat sie der heilige Mann möglichst abgetrieben. Abigebat eas Abraham. Wann die höllischen Raub-Vögel dein Herz, als ein Gott gewidmetes Opfer stets umfloderen, und durch allerlei gottlose Gedanken und Eingebungen einen Zutritt suchen, so treib sie hinweg, nicht mit Brügel, die acht er nicht, nicht mit Stecken, die fürcht er nicht, nicht mit Peitschen, die scheuet er nicht, sondern schüttle nur allein den Kopf, so fliegen sie hinweg wie die Mucken: kommen sie wiederum, so schüttle den Kopf mehrmal, kommen sie hundertmal, so schüttle so oft den Kopf, sag allezeit Nein, solches Nein verbrennt ihnen den Breinigsack, allzeitNolo, solches Nolo hängt den Narren hundert Nolas und Schellen an. Sobald solche Gedanken kommen, gedenke du gleich auf das Kopfschütteln, verweile ganz und gar nicht; dann ein kleines Aufhalten ist schon seine Unterhaltung, eine wenige Audienz zieht nach sich eine schädliche Konsequenz. Zu dieser ernstlichen Wahrheit taugt dir ein Fabel- und Poeten-Gedicht. Die Schwalm hat sich vor diesem gleich andern Vögeln in Wäldern und Feldern aufgehalten, als sie aber wahrgenommen, daß ein Bauer auf einem großen und breiten Acker den Hanfsamen ausgeworfen, da hat sie sich unverzüglich zu den gesamten Vögeln begeben und ihnen treuherzig gerathen, sie sollen allen möglichsten Fleiß anwenden, wie sie doch möchten den Samen, als eine ihnen höchst schädliche Sach, hinweg bringen, es kostete nicht mehr Mühe, als daß ein jeder Vogel ein oder zwei Körnlein mit dem Schnabel hinweg trage. Die Vögel lachten die Schwalm aus, als eine Einfalt, ja etliche halten sie gar für eine unnütze Schwätzerin, als die den ganzen [283] Tag hindurch mit Plaudern zubringe, und folgsam nicht wenig Lügen einmische; massen noch bei den Leuten ein teutsches Sprichwort, wann man einen gar höflich Lügen straft, so sagt man, er schwälmet etc. Die gute Schwalm mußte solche Unbild übertragen, dann ich sah wohl, daß unter den Vögeln große Flegel seyn, konnte es aber aus Gutherzigkeit nicht lassen, daß sie nicht nach etlichen Tagen ihren guten Rathschlag wiederholt; ja sie hat es ihnen wohlmeinend zu verstehen geben, wie daß der Hanf wirklich aufwachse und folgsam noch Zeit wäre, solchen mit geringer Mühe auszuraufen. Weil aber die guten Vögel hierüber fliegende Gedanken gemacht, und die Sach weder reiflich entörtert, noch weniger zu einem Schluß gebracht, also hat die vorsichtige Schwalm, fernerem Uebel zu entgehen, sich gänzlich entschlossen, dero Gesellschaft hinfüran zu meiden, und sodann ihr Nest nicht mehr in Hecken und Gesträuß gemacht, sondern sich sehr weislich in die Häuser salvirt, wie man es noch der Zeit wahrnimmt. Unterdessen ist der Hanf fast Manns hoch aufgewachsen, auch zur völligen Zeitung kommen, daß also derselbe nach ausgestandener Dürre, Breche, in der alten Weiber Hände gerathen, und zu einem Faden nicht ohne öfters Lecken promovirt worden, woraus endlich ein großes, langes breites Garn gestrickt, mit welchem nachmals viel 1000 Vögel auf unterschiedliche Manier gefangen worden. In solchem äußersten Elend haben die übrigen Vögel ihre Zuflucht gesucht bei der Schwalm, und selbige demüthigst berathschlaget, wie doch ferner Gefahr und Nachstellungen vorzubeugen sey? woraus aber die Schwalm [284] geantwortet, daß es nunmehr viel zu spät seye, und hätte man solchen nach ihrer Einrathung den Samen aus dem Weg räumen.

Hast es gehört Mensch? alle bösen, verruchten und leichtfertigen Gedanken, so dir immerzu einfallen, seynd nichts anders als ein Samen, welchen der leidige Satan in den Grund deines Herzens beginnt einzuwerfen. Aber gieb um Gottes Willen Acht, gieb Acht, daß, sofern nur ein einiges Körnl darein fällt, daß du solches ohne einige Verweilung wiederum ausrottest, sonst wächst es in einem Vater unser lang so stark aus, daß es dich nachmals um das ewige Vaterland bringt.

Jene zwei Schimmel und Limmel, denen noch der kleine Spitzbub Kupido durch ihre alte, zähe und fast wie Pfundleder verharte Haut seine Pfeile eingeschossen, hätten niemals in dem Lustgarten verbotene Lust und List gesucht, hätten sich niemals hinter das grüne Spalier verborgen, die weiße Keuschheit Susannä zu spoliren, wären nimmermehr so frei und frech gewesen, und Susanne als eine zarteste Lilge in diesem Garten mit so unverschämten Händen angetastet. Wann sie die schlimmen Gedanken, so ihnen der listige Satan und Geist der Unreinigkeit eingeben, hätten bei Zeiten, als sie noch im Samen und ersten Aufschuß waren, ausgerottet.

David als König von Israel wäre nie von der Sau gestochen worden in einem Spiel, hätte nie eine so grobe und säuische Aktion begangen, hätte nie in seiner gekrönten Hohheit einen so ärgerlichen Schandfleck angehängt, wann er die ersten bösen Gedanken,[285] so ihm von der schönen Bersabea seynd eingefallen, hätte frühzeitig ausgeschlagen.

Jene saubere Madam wäre dem keuschen Joseph mit dem täglichen Ladschreiben so überlästig gewesen, sie hätte mit den 10 Buchstaben Dormi mecum nicht gesucht, die Zehen Gebot zu brechen, sie wäre ihm nie in Mantel gefallen, mit dem sie nachmals ihre Bosheit hat wollen vermänteln; wann sie bei Zeiten die Funken, so ihr der Satan eingeworfen, hätte gedämpft, und alsobald die unzuläßigen Gedanken abgewiesen. Dann sobald der böse Feind durch dergleichen Gedanken anklopft, so muß man geschwind sagen, man lasse nicht ein. Sobald er anfängt zu singen, so muß man ihm gleich klopfen. Sobald er seine Waaren feil bietet, so muß man ihm geschwind antworten, man kaufe nichts. Sobald er vor die Festung rückt, so muß man die Porte zuschließen; dann hierinfalls allezeit periculum in mora.

Wie der gerechte Joseph wahrgenommen, daß seine wertheste Gespons Maria schwanger gehe, wollte er zwar an dero unbefleckter Reinigkeit zweifeln, doch seynd ihm derentwegen gleichwohl seltsame, obschon fliegende Gedanken eingefallen bei nächtlicher Weil. Aber siehe! kaum daß solche Gedanken in sein Herz seynd gestiegen, da schickt Gott alsobald einen Engel, so ihm erschienen im Schlaf, der da sprach: »Joseph, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria dein Eheweib zu dir zu nehmen, dann was in ihr geboren ist, das ist von dem heil. Geist etc.« Warum hat Gott der Herr (möchte jemand fragen) dem guten Alten nicht seinen Schlaf vergönnt? Dann wann solcher [286] einmal unterbrochen wird, so läßt er sich so leicht nicht mehr locken. Es hätte der Engel in der Frühe, nach vollendtem Schlaf, ihm, dem frommen Joseph, solche Post können bringen. Wie daß es gleich hat müssen geschehen, als ihm die Gedanken kommen? Adhuc eo cogitante etc. Hier antwortet der große hl. Pabst Gregorius, daß solches Gott habe gethan zu unserer sondern Lehre und Unterricht, wie wir nämlich die Gedanken, wann sie schon nicht recht bös seyn und scheinen, gleich und alsobald sollen mit möglichstem Fleiß aus dem Wege räumen und gänzlich ausschlagen. Dann nicht zu glauben ist, was Uebel, Schaden und Ungelegenheit daraus entspringt, so man ihnen auch die geringste Audienz und Gehör vergönnt.

Ninus, ein König der Assyrier, hat sich also vergafft in die schöne Gestalt der Semiramis, daß er selbige, unangesehen sie von keinem hohen Haus, sondern einer niedern Bauernhütte, mit höchstem Vergnügen geheiliget. Als Semiramis vermerkt, daß sie wegen ihrer unermeßlichen Schönheit fast ein Götzenbild sey aller Gedanken des Nini, so hat sie einst von ihrem guldenen Schatz (verstehe Ninum) eine Gnad begehrt, und stund solche in dem, daß er ihr nur möchte einigen Tag die volle Herrschung überlassen. Ninus, wohl recht Asinus, verwilligt es, gedachte, was wollt ein Tag eine so kurze Zeit seyn. Was geschieht? Sobald Semiramis zu solcher, obschon kurz währenden Regierung und Vollmacht gelangt, hat sie alsobald befohlen, man soll geschwind und ohne einigen Verzug dem Nino, als ihrem Gemahl, [287] den Kopf zwischen die Füße legen, so auch geschehen.

Sey du, wer du immer bist, geistlich oder weltlich, weiblichen oder männlichen Geschlechts, wann dir einige unförmliche Gedanken einfallen, von denen niemand befreit, so lasse ihnen die Oberhand nicht, auch die allerwenigste Zeit. O Pater! es seynd fliegende Gedanken, lächerliche Phantaseien und nur närrische Kopeien, man weiß es schon, daß man die Originalstücke muß mit Frieden lassen. Eine kleine Zeit, eine kurze Weil wird ihnen sobald die Feder nicht lassen wachsen. Wer dieser Meinung ist, dem wird nicht um ein Haar besser gehen, als Nino. Wer den bösen Gedanken nur eine kleine Herrschung erlaubt, wann solcher schon nicht um das Haupt kommt, so verliert er doch eine Hauptsache, nämlich die Gnade Gottes; massen des Menschen Willen auch vor einem geringen Stoß gleich bergab fällt, und ist ihm gar leicht zu pfeifen, der ohnedas zum Tanzen geneigt.

Ein armes Häsel hat sich bei rauher Winterszeit, einmal in ein Loch eines hohlen Felsen reterirt, damit es gleichwohl unter diesem steinernen Dach eine linde Ruhe möchte genießen. Es stund aber nicht lang an, da kam der Igel, dem ebenfalls das große Wetter große Ungelegenheit gemacht, und bat das Häsel gar schön und höflich um eine. Herberg. Mein Häsel sprach er, es ist männiglich bekannt, daß du nicht allein große Ohren, sondern auch große Lieb gegen den Nächsten tragest. Weil mich dann das harte und fast unerträgliche Wetter überfallen, also [288] vergönne mir doch ein kleines Winkerl in deiner Wohnung, solche Gnad werde ich Zeit meines Lebens nicht in Vergessenheit stellen. Ja künftigen Herbst, wills Gott, will ich mich mit einer Butte Aepfel dankbar einstellen, und die empfangenen Gutthaten in etwas erwiedern. Das Häsel schaut sich hin und her, und vermerkt wohl, daß der Platz ziemlich eng; gleichwohl auf so freundliches Ersuchen und Anhalten hat es verwilliget. Der Igel macht sich alsobald und ohne Verweilung in das Hasenzimmerl, steht aber nicht lang an, da fängt er nach und nach seine Spitzen und Stacheln von sich zu breiten. Das einfältige Häsel glaubte erstlich, es stechen ihn die Flöh, wie der Igel aber mit völliger Gewalt alle seine Waffen ausstreckt, da hat weder Bitten noch Ermahnen etwas geholfen, sondern es mußte das arme Häsel die völlige Herberg dem leichtfertigen Schelm überlassen, so doch zuvor nur um ein kleines Winkerl angehalten.

Wann du willst, aber ich rath es nicht, dem Teufel durch die Gedanken das kleinste Plätzel in deinem Herzen erlauben, so wirst du erfahren, daß er mit völliger Gewalt darein platzen thut. Wann du willst, aber ich hoffe nicht, dem Satan das geringste Winkel vergönnen durch die bloßen Gedanken, so versichere dich, daß der Wille gar kein Winkelmaas werde halten. Wann du willst, aber ich glaube nicht, den bösen Gedanken nur eine kurze Zeit zulassen, so sey versichert, daß du an deinem Seelenheil verkürzt werdest. Erlaubst du ihm ein Bisserl, so wirst du schon von diesem höllischen Cerbero oder Höllenhund einen[289] Biß empfinden, der dir eine tödtliche Wunde versetzt. Vergonnst du ihm das geringste Losament, so wird kein loserer Mensch werden als du. Schaffst du ihm nicht alsobald ab, so hast du zu schaffen, daß du nicht in das ewige Verderben gerathest. Wann alle Verdammten und ewig Unglückseligen sollen aus der Höll zur Frag gestellt werden, warum sie in diesen seyn gestoßen worden? so würde ein jeder den Anfang und Grund seines Unheils an Tag geben, und bekennen, daß sie derenthalben in den ewigen Verlust gerathen, um weil sie die neidigen, geizigen, rachgierigen, ehrsüchtigen, hoffärtigen, geilen und unzüchtigen Gedanken nicht gleich haben ausgeschlagen, sondern denselben einige Aufenthaltung erlaubt, wodurch sie folgsam in die größten und abscheulichsten Laster gefallen. Dann von den bösen Gedanken, als von einem Ursprung fließen alle Sünden her; von den bösen Gedanken als von einer Mutter werden alle Laster geboren: von den bösen Gedanken, als von einer Wurzel stammen alle Missethaten her; von den bösen Gedanken, als von einem Eisen werden alle Unthaten geschmiedet; von den bösen Gedanken als von lauter Scheiten wird das höllische Feuer angezündet.

Wie ist aber allen diesen Uebeln zu helfen? zumal alle, auch sogar heilige Leut, vor bösen Gedanken keine Salva Guardia haben. Mein Rath ist gewest, mein Rath wird seyn, du sollst als ein trutziger Christ dich vom Teufel nicht viel lassen foppen, sondern wacker drein schlagen. Aber wie kann man diese verdammten Larven schlagen, zumal er ein lauterer, obschon ein lauterer Geist ist? so weiß man auch aus[290] folgender Geschicht, daß das Teufel schlagen, nicht habe allezeit gut ausgeschlagen.

Wie der heilige Vincentius Fererius einmal geprediget, und unter andern auch vorbracht, was Gestalten die heilige Margarita den bösen Feind, so ihr in menschlicher Gestalt erschienen, mit großer Furi angegriffen, denselben zu Boden geworfen, und eine ziemliche Zeit hart gepeinigt. So war eben dazumal in der Predigt ein einfältiger jedoch frommer Jüngling aus Lomcardia gebürtig, welcher durch solches angezogenes Exempel einen besondern Muth gefaßt, auch einmal den Teufel steif abzuprügeln; zu solchem Ende Gott den Herrn öfters ganz inbrünstig gebeten, er wolle ihm doch den höllischen Gast in menschlicher Gestalt zuschicken, an dem er seine Faust recht probiren, und seinen Muth kühlen möge. Wie nun auf eine Zeit gedachter Einfalt in das nächstentlegene Städtel oder Markt-Flecken wollte und mußte gehen, da hat er unterwegs ein altes baufälliges Gebäu, so viel Jahr ohne Dach gestanden, an der Straße angetroffen, worin er fast eine halbe Stunde, als abgesondert von den Leuten, sein Gebet verricht, und anbei Gott den Allmächtigen mehrmal eifrigst gebeten, daß er doch die Gelegenheit könnte haben, mit dem Teufel zu raufen. Als er dann in Mitte des Gebets begriffen, da geht ein altes, armes, vor Hunger ausgemergeltes elendes Weib mit einer Sichel in der Hand hinein, des Willens, daselbst das Gras, so häufiger als anderwärts gewachsen, abzuschneiden. Kaum daß er solcher ansichtig worden, da hat er sich ob dero Ungestalt in etwas entrüstet, auch sich in einen [291] Winkel reterirt, gleichwohl das Herz gefaßt, und sie befragt, was ihr Thun und Absehen allhier in diesem Ort seye? Weil aber die arme Haut von Mutter-Leib ganz stumm und redlos, also hat sie mit zornigen Gebärden und entsetzlichem Geschrei oder Kürren ihm wollen zu verstehen geben, er solle das so schöne daselbst aufgewachsene Gras nicht so liederlich niedertreten. Der gute Mensch verstunde dieses stumme Register nicht, sondern glaubte gänzlich, daß Gott ihn erhöret, und in dieser solcher Gestalt den Teufel zugeschickt habe; dahero die elende Tröpfin mit aller Gewalt angegriffen, zu Boden geworfen, erbärmlich zerschlagen und zerkratzt, noch dazu gefrohlocket, daß er einmal den Teufel kann also abgoschen, der ihm mit so vielen und schädlichen Gedanken also manigfaltig nachgestellt. Bäff, bäff noch eines, bäff, bäff du verruchter Teufel, sagte er, du prahlest, als wäre dir niemand gleich, bäff, bäff etc. Jetzt bist du mit unter meine Hand kommen; indem er also mit dem armen, alten Weib gleichsam unmenschlich verfahren, da seynd einige benachbarte Leute wegen des großen Geschreies beigeloffen, den Jüngling als einen Mörder zum Richter geführt, das arme und halb todte Weib in die Herberg, auch zugleich dem heil. Vincentio solches kundbar gemacht, welcher dann alsobald bei Gott dem Allmächtigen durch sein viel vermögendes Gebet so viel gewirkt, daß ihr durch ein Wunderwerk die Red und Sprach kommen, und sie nach vollkommen abgelegter Beicht in Gott selig verschieden, des Jünglings Einfalt aber, weil ihn der Richter zum Strang wollte verurtheilen, beßtermassen entschuldiget. Auf solche Weis gibt es dann nicht bald die Zeit und Gelegenheit, den Teufel zu schlagen. [292] Nichts desto weniger ist mein einiger Rath, daß man diesen verdammten, verruchten Böswicht nicht anderst soll traktiren als mit Schlägen. Drauf geschlagen ohne Erbarmens, drauf geschlagen ohne Aufhören, drauf geschlagen bis es kracht, drauf geschlagen bis er in die Flucht gehe. Dieses Schlagen bestehet in nichts anders als im Ausschlagen der Gedanken, im Schlagen auf die Brust, durch solche Stöß wird der Teufel verstoßen.

Der Evangelist Matth. am 9. Kap. registrirt, was Gestalten ein Obrister zu Christo dem Herrn getreten, und ihm wehmüthig geklagt, wie daß seine Jungfrau Tochter (dazumal hat mans noch nicht Fräula genennt), seye mit dem Tod abgangen, worauf alsobald der Heiland mit ihm sich in seine Behausung begeben, wie er aber daselbst die Kerl angetroffen, so mit großem Getös die Schalmeien geblasen, Recedite etc. Da hat er dieses Gesindel alsobald aus dem Haus geschafft. Die Teufel und verfluchten Geister seynd noch ärgere Blaser; dann sie nicht in die Schalmeien blasen, aber lauter Schelmerei einblasen durch die bösen Gedanken; dannenhero kein besseres Mittel, als daß man dieselbe trutzig abschaffe, zum Haus hinaus peitsche, und das Herz allein dem allerliebsten Jesu für eine Wohnung aufbehalte.

In des abtrünnigen Judas und Apostel-Amt gelangt der heilige Matthias
[293] In des abtrünnigen Judas und Apostel-Amt gelangt durch einhellige Wahl der heilige Matthias.

Nach der wunderbarlichen Himmelfahrt Christi des Herrn hat der hl. Petrus, als ein Oberhaupt der katholischen Kirche, die Apostel, wie auch die 72 Jünger zusammen berufen, wobei auch die übergebenedeite Mutter Gottes erschienen samt etlichen andern, und nach kurzer Predigt von dem unglückseligen Fall des Iscarioths eifrig vorgetragen, daß sie nunmehr zum Nutzen der Kirche und zur Beförderung des Seelenheils wollen zu der Wahl schreiten eines neuen Apostels, anstatt des entführten lasterhaften Judas. Wie sie nun alle insgesamt, deren gegen hundert und zwanzig bei einander, eine geraume Zeit ihr inbrünstiges Gebet verrichtet, haben sie endlich Canonico ihrer zwei erwählt, benanntlich Josephum, Barsabeam, der eine Bruder war Jakobi minoris und ein Befreundter Christi und Mariä, wie dann auch Matthiam, so von Bethlehem gebürtig, ein beständiger Jünger Christi des Herrn gewesen; beide sehr fromme, heilige und verständige Männer. Damit aber Gott der ganzen Welt zeige, daß man in Ertheilung der Aemter, forderist der geistlichen Dignität, nicht soll ansehen das Blut und Verwandtschaft, sondern vielmehr die Tauglichkeit und die Verdienste, also ist [294] Matthias durch eine vom Himmel gesandte Strahle zur apostolischen Hochzeit erkiesen worden, wozu ihm das ganze Kollegium, samt allen anwesenden Christen, vom Herzen gratulirt, und anbei Gott den Herrn gelobt und gepriesen, daß durch seine Gnade anstatt des Erzschelms Judas ein so werther Mann erwählt worden.


Wahl ist nicht allezeit wohl.


Wie Julius der Dritte, Pius der Vierte, Gregorius der Neunte, Innocentius der Dritte, Fabianus und andere zu römischen Päbsten erwählt worden, da hat der hl. Geist in sichtbarer Gestalt einer schneeweißen Taube, solche Wahl gut geheißen. Desgleichen ist auch geschehen mit dem hl. Polykarpo, Mauritio, Hilario, Kurutio, Marcellino, Marcello und mehreren andern, wie sie zur bischöflichen Hohheit erhebt worden. Wann schon nicht allemal dergleichen Wunderwerk geschehen, so ist doch nicht in Zweifel zu setzen, daß nicht unsichtbarer Weise der hl. Geist in solchen Wahlen mitwirke. Was anlangt die Wahl eines römischen Pabstes und Oberhaupts der katholischen Kirche, will ich dermal nichts beirucken, indem ohnedas bekannt, daß erstgenannte Kirche nicht auf einem morastigen Grund, sondern auf einem unbeweglichen Felsen gebaut sey, auch jenige feurigen Zungen, so über die Apostel kommen, noch in den Nachkömmlingen ihre Wirkung haben. Aber bei dieser bethörten und verkehrten Welt wird nicht selten einer zur geistlichen Dignität gelangen, der nicht Dignus ist, wird gar zu großen Würden kommen, der es doch nicht ist.[295] Da heißt es, da sagt man, da hört man, es ist bey der Wahl und mit der Wahl nicht gar wohl hergangen.


Die Wahl geschieht nicht wohl, wann man einen Idioten erwählt.


Wie die Philister die Arche des Herrn von den Israelitern erobert und in ihre Hand bekommen, da haben sie solche alsobald in ihren Tempel geführt. Kaum aber, daß diese durch die Pforte oder Thür hinein gebracht worden, da ist ihr Abgott, der Dagon genannt, von dem Altar herunter gefallen, den sie den andern Tag wiederum mit sonderer Solennität an sein Ort gestellt, dieser aber ist mehrmal durch göttliche Gewalt von dem Altar herunter gestürzt worden, daß er also den Kopf und Hände verloren: Porro Dagon solus truncus remanserat, und nichts anderst verblieben, als ein gemeiner Stock und Block. Gleichwohl haben die Philister ihn noch verehrt und angebetet. Wir seynd der Zeit, Gott sey Lob, keine ungläubige Heiden und verblendete Götzenanbeter, wie diese, aber dannoch geschieht es, daß wir zuweilen müssen einen verehren und gleichsam anbeten, der keinen Kopf hat und ein lauterer Trunkus wie der Dagon. Ja, Kornelius a Lapide schreibt, daß besagtes Götzenbild halb Mensch und halb Fisch sey gewest, wann schon. Es kommt zu Zeiten einer zu einem Amt, der gar lauter Stockfisch, und wir müssen ihn gleichwohl verehren. Aber eine solche Wahl sieht nie wohl.

Wie unser Herr den Lazarum von Todten erweckt hat, so ist solcher den Hohenpriestern nicht ein [296] wenig in die Nase gerochen, in Erwägung, daß durch dergleichen Wunderwerk dieses Zimmermanns Sohn (also nennten sie ihn) das meiste Volk werde nach sich ziehen, und folgsam ihnen das Interesse ziemlich geschmälert werden. Haben demnach diese Hohenpriester, diese hochwürdigen Herren einen Rath versammlet, und allerlei Anschläg auf die Bahn gebracht, wie doch fernerm Uebel vorzubeugen seye. Wie sie nun im beßten Diskurs begriffen, und glaubten ihres Sinnes, daß sie sehr bescheid und weislich geredet haben, da richtet sich der Kaiphas auf, welcher desselbigen Jahrs der höchste Priester war, und ein Oberhaupt der Synagog und völliger Geistlichkeit, und sprach nicht ohne Groll und Widerwillen: »Vos nescitis quidquam, ihr wisset nichts.«

O pfui! pfui! wie schändlich sieht es, wie ungereimt ist es, wann jemand in hohem Amt und geistlicher Würde sich befindet, und den Namen und Titul trägt Ihro Hochwürden, Ihro Gnaden, Ihre Excellenz etc, und man ihnen ebenfalls vorwerfe, was Kaiphas den Hohenpriestern: Ihr wisset nichts, Vos nescitis quidquam; ihr seyd nicht gelehrt, wohl aber geleert; ihr seyd kein Doctor, wohl aber ein Doc-Thor; ihr seyd nicht gradirt, wohl aber radirt; ihr seyd mehr Lutteratus, als Literatus; ihr seyd gleicher einem Stoloni als Soloni; ihr seyd ähnlicher einem Stallmann, als einem Salomon; ihr seyd ein besserer Mato als Mathematikus; ihr wisset nicht mehr aus einem Plano, als einem Becano. Doch ist bekannter der Gaymann, als der Laymann, ihr seyd ein schlechter Kanonist, wohl aber ein guter Kandelist:

[297] Vos noscitis quidquam etc. Die schöne Rachel hat Stroh unterm Leib gehabt, wie sie die Götzenbilder verborgen, ihr aber tragt Stroh im Kopf. Der Samson hat mit einem Eselskinnbacken tausend Philister erlegt, ihr könnt mit einem ganzen Eselskopf nichts richten. Des Josephs Brüder haben Korn und Waizen in den Säcken gehabt, ihr aber habt Haber im Kopf, und seyd gar ein Haber-Narr.

In dem obern Garn der Arche Noe seynd allerley Vögel gewest, bei euch aber ist oberhalb ein ganzes Gimpelnest, pfui! ihr seyd Consultissimus, et nescitis quidquam, und wisset nichts.

Joannes hat alles golten bei unserm lieben Herrn, ihn hat der Heiland mehr geliebt und gelobt, als andere Apostel, er hat die Brust Christi für einen Polster gehabt, solche Gnad ist keinem andern begegnet, er hat die Gerhabschaft ist über die Mutter Gottes gehabt, und ist allezeit eine Lilgen-reine Jungfrau verblieben, er war sogar ein Vetter des Herrn, und dannoch hat ihn Christus zu keinem Pabst gemacht, sondern Petrum zu dieser höchsten Würde erkiesen. Warum aber dieses? darum. Ehe und bevor der Heiland diese Dignität und hohe geistliche Würde conferirt, hat er ein Examen angestellt, und der zum besten werde bestehen, der soll zu diesem höchsten Amt gelangen. Er fragt demnach um den andern, und gibt allen insgemein die Question auf: »Quem dicunt homines, etc.: Was sagen die Leut von dem Sohn des Menschen, wer er seye?« da sprachen sie: Etliche sagen, er sey Joannes, der Täufer, etliche aber, er sey Elias, andere aber, er [298] sey Jeremias, oder einer aus den Propheten. Ueber solches wird auch Petrus examinirt, der aber alsobald frisch heraus gesagt: »Tu es Christus etc. Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes etc.« Wie der Heiland hat wahrgenommen, daß Petrus in diesem Konkurse zum besten bestanden, und sich als einen gelehrten Theologum gezeigt, da hat er gleich und ohne einigen Verzug ihn zum Pabsten erwählt, du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen. Dadurch uns eine Lehr zu geben, daß wir in einer Wahl die Stimmen nicht sollen werfen auf einen Idioten, der eine schlechte Wissenschaft hat, sondern auf einen Gelehrten und Wohlerfahrnen. In der Wahl eines Bischofs, eines Prälaten, eines Abts, eines Probsten, eines Priors, eines Quardians etc., und was immer eine geistliche Würde mag genennet werden, wohl dahin trachten und zielen, damit ein Gelehrter erwählt werde. Dann wo keine Doctrin, dort ist gemeiniglich ein Ruin, und stehet nichts spöttlichers, als wann man solchen kann vorwerfen das nescitis, ihr wisset nichts.

Unser Herr mit seinem göttlichen Mund hat bei dem Evangelisten Matthäo sehr schön und wohl beschrieben, wie einer soll beschaffen seyn, der ein Amt zu versehen hat: Fidelis et prudens, quem constituit Dominus super familiam suam, er soll nämlich treu und verständig seyn. Es ist an dem allein nicht gelegen, daß er fromm und gottselig ist, daß er immerzu im Chor steckt, und bald die Zeit mehr mit Knieen als mit Stehen zubringt, daß er fast alle Tag mit seinem Buckel umgeht, wie der [299] Prophet Balaam mit der Eselin, daß er wegen strengen Bußwerken seinem Leib ein Stief-Vater abgibt, es ist nicht genug, daß er ein gutes Gewissen hat, sondern es wird auch erfordert, daß er ein gutes Wissen habe, Fidelis et prudens.

Judas ein Haupt-Schelm, und Petrus ein Oberhaupt der katholischen Kirche, Judas ein Ursacher des Todes Christi, und Petrus hat sich anerboten, um Christi willen den Tod auszustehen, Judas hat unserm Herrn aus der gemeinen Kasse das Geld gestohlen, und Petrus hat für unsern Herrn den Zinsgroschen zu Kapharnaum bezahlt. Nichts destoweniger hat der Herr und Heiland dem Judä nie einen so harten Filz und Verweis geben, wie dem Petro. Wie der Iscarioth ihn durch einen falschen Kuß verrathen, da hat ihn der gebenedeite Meister noch einen Freund geheißen,Amice etc. Den Peter aber hat er gar einen Satan und Teufel genennt, und zwar dazumal, als Petrus vernommen, als solle er, benanntlich Christus, eines bittern Todes sterben zu Jerusalem, da hat er sich dessen eifrig angenommen, absit: bei Leib nicht Herr, sprach Petrus, dieses sey weit von dir; worauf der sonst sanftmüthigste Erlöser ein finsteres Gesicht gemacht, und den Peter einen Teufel gescholten, Vade etc. Gehe von mir du Satan etc. Gab aber gleich die Ursach dieses so harten Prädicats. Non sapis ea, quae Dei sunt etc. Du verstehest nicht, was Gottes ist.

Auf solche Weis hat Christus eine größere Geduld gehabt mit dem gottlosen Juda, als mit dem Petro, so dazumal einen Ignoranten abgeben; sogar [300] kann Gott nicht leiden, wann eine geistliche Obrigkeit nichts verstehet, absonderlich, wann sie nicht verstehet, was Gottes ist, wann sie keiner einigen geistlichen Wissenschaft kündig; wann sie besser und mehr weiß um die Nuß, als um das Jus; wann sie aus Mangel der Wissenschaft alles den Ministern und Bedienten überläßt, so nachmal mit der Justiz verfahren, wie die Brüder mit dem Joseph, den sie um das Geld verlauft; wann sie sich in der Rath-Stube nur mit dem Ja buckt, wie die Mäntel in einem Haus-Krippel. Pfui!

Ein Esel, und Meister Langohr bat auf eine Zeit wahrgenommen, wie ein kleines Hündlein mit Namen Bellamor sehr viel gelte bei seinem Herrn, und weil es mehrmal mit den Füßen an den Herrn aufspringt, und allerlei schmeichlerische Geberden zeigt; da gedachte der grobe Trampel, er wollte es dem lustigen Bellamor nachthun, und aller gleicher Gestalt besser bei seinem Patron in Gnaden zu kommen, und etwan künftig im Futter eine doppelte Portion zu erhalten, weil er doch bishero im schlechten Konvict gewest. Sobald aber der asiatische Phantast die vorderen zwei Füße dem Herrn auf die Achsel gelegt, und mit den langen Spitzohren die Baroquen herunter gehebt, da hat sich der Herr dieses so groben Liebkosens bedankt, und solche Kortesie mit einem Brügel bestermassen erwidert. Die Fabel will nichts anders sagen, als, es soll ein jeder bleiben, wer er ist, und wann ein Esel sich schon befleißt, eines andern sein Thun und Lassen nachzuzähnen, so steht es ihm ganz nicht an, und wird allemal als ein Esel erkennet.

[301] Wann ein Idiot ein plumper Ignorant durch unvorsichtige Stimmen und Wahl zu einer Dignität erhoben wird, so wird er zwar in allweg trachten, wie er es möge andern nachthun, er kleidet sich gleich andern, und muß der doppelte Taffet den einfachen und einfältigen Tropf bedecken, er läßt den Bart nach der Modi reformiren, der ohnedas Rasus genug ist, er schickt sich allgemach in die Reputation, und singt den Alt, der vorher einen so niedern Paß gesungen: aber es will ihm doch nichts anstehen, aus den Worten und Werken merkt man, daß der hölzerne Klepper, auf dem die muthwilligen Soldaten auf dem Platz müssen reiten, sein nächster Verwandter sey. Aus seinem Diskurs thut man wahrnehmen, daß am Palmtag sein vornehmstes Fest seye, und bleibt in allweg ein Esel, worvon nachmals der Respekt bei den Untern in Verlust gehet, mancher verschmitzter Gesell und arger Vogel ihn hinter das Licht führt, der gemeine Pöbel ihn verhöhnet, das Amt spöttlich verricht wird, und das ganze Gebäu unter einem solchen Strohdach Schaden leidet; Ignorantia enim est erroris Mater.

Ich habe von einem dergleichen Ignoranten gelesen, was Gestalt er durch die große Willfährigkeit seines Königs zu einer geistlichen Würde sey erhoben worden, unangesehen er die Schwindsucht im Hirn gehabt. Es ist ihm gangen wie der Musik, welche aus allen Noten das La zuhöchst setzt, ut re, mi, fa, so, la. Also gelangt auch mancher La Leerer Kopf, La Lapp, La Laller, La Lauser, La Lackendrescher etc. durch blindes Glück in die Hohe. Weil [302] erstgedachter Idiot zu dem unverdienten Amt kommen, und andere Wohlverständige und Gelehrte das Kürzere gezogen, also haben sie dem König mit artlicher Manier solche Esels-Promotion zu verstehen geben. Und weil sie wußten, daß er in etlich Tagen das Hochamt mußte gar solenniter vor dem König halten, so haben sie in aller Still in dem Meßbuch zwei einige Buchstaben ausgekratzt, in der Kollecte für den König, nämlich das Fa, da famulo tuo Regi etc. Wessenthalben ihre neue Hochwürden, die ohnedas auf der lateinischen Schüler-Bank wenig Schiefer eingezogen, ganz hell und klar gesungen: Damulo tuo Regi; woraus der König sattsam konnte abnehmen, wie übel er den Idioten in solches Amt gesetzt. Dahero lamentirt der weise Salomon gar recht mit diesen Worten: Es ist ein Unheil, das ich unter der Sonne gesehen hab: was für ein Unheil? Daß nämlich ein Narr hoch liegt in großen Würden. Wohl ein großes Unheil.


Eine Wahl geschieht nicht wohl.


Wann man einen bösen und tadelhaften Menschen erwählt. Eine leichtfertige Krotte, ein verdammtes Geflügelwerk, eine verruchte Kitteltaube, ein vermaledeites Vieh, eine nobilitirte Vettel, eine adeliche Bestie, eine teuflische Tänzerin ist Herodias gewest, welche mit ihrem Hupfen und Springen den Herodes also eingenommen, daß er ihr das halbe Königreich derenthalben zu einer Schenkung anerboten, sie aber, uneracht der Weiber Sinn auf den Gewinn gehet, undDivitiae generis Feminini, auch das Weiblein [303] im Evangelium das ganze Haus ausgekehrt, damit sie nur den verlornen Groschen wiederum möchte finden (sein Lebtag thät sich ein Mann dessenthalben nicht so viel bemühen) unangesehen der Geiz in Weiberkleidern daher geht, so hat doch diese Herodias auch sogar das halbe Königreich geweigert und in Wind geschlagen, sondern allein begehrt von dem berauschten Herodos Caput Joannis etc., das Haupt Joannes des Täufers. Warum aber, o verfluchtes Ziefer! das Haupt? Wann du und deine saubere Mutter hättet doch wollen verhindern, daß hinfüran der Joannes nicht mehr zu Hof mit seiner Predigt euch verdrießlich sey, so hättet ja können bei dem König auswirken, daß ihm die Zunge wäre ausgeschnitten worden. Nichts anders. sagt diese, verlange ich, als das Haupt Joannis. Diesen Anschlag hat der Teufel ihr geben; dann, gedachte er, wann das Haupt hier ist, so ist alles hin.

Diese höllische Larve braucht noch auf heutigen Tag solche Arglist und befleißt sich nur, wie sie dem Haupt in einem Land, in einer Diözes, in einer Stadt, in einem Kloster, in einer Gemein könne schaden, und dasselbe zum Fall bringen. Daher sitzt er gar oft in Mitte einer Rathstube, und wendet allen möglichsten Fleiß an, wie er die Stimmen möge auf einen lasterhaften kuppeln. Obschon, sagt er, dieser N. etliche Untugenden an sich hat, so ist er doch anbei ein stattlicher Wirth, in großem Ansehen bei jedermann, eine Person von einer Autorität etc., und wann er wird zu dieser Dignität und Amt gelangen, sodann wird er sich besser in Obacht nehmen etc. [304] Si si, da mihi Caput etc. Hab ich einmal, denkt der Satan, das Haupt, den andern Leib will ich gar leicht zu Boden werfen; dann eine schlimme Obrigkeit hat selten fromme Untergebene. Wann in einem Haus oberhalb einregnet, so leiden die untern Zimmer ebenfalls Schaden.

Unser lieber Herr und Heiland ist meistens bei dem Volk in gutem Namen und Ansehen gewest, dieses ist ihm in solcher Menge nachgefolgt, daß er gezwungen worden, die Predigt zu halten nur auf großen Feldern, unter dem freien Himmel; zumal die Tempel und Synagogen weit zu eng waren, ja sogar mußte er wegen des großen Gedränges in ein Schiffel steigen, und von dannen, als einer wankenden Kanzel, die Predigt verrichten und das göttliche Wort vortragen. Was noch mehr, sie, benanntlich das Volk, hat ihn kurzum wollen zu einem König erwählen, so werth und angenehm war er bei dem Volk. Gleichwohl aber haben sie sich weit verändert, und nachmals vor dem Pallast des Pilati überlaut aufgeschrien: »Crucifige etc., Kreuzige ihn, kreuzige ihn.« O ihr Schelmen! wie bald wird ein Gras zu Heu? Eure Gemüther seynd dem Aprilwetter befreundt, ihr seyd so beständig, wie ein Schneeballen in einer Köstenpfanne; vorher so gut, und jetzt wollt ihr Blut, vorher habt ihr geschrien: gebenedeien, jetzt laßt ihr hören vermaledeien, Maledictus, qui pendet in ligno. Vorher lauter Freunde des Herrn, jetzt lauter Feinde desselben. Wie kommts? daher kommts. Sie seynd ja allezeit Christo wohl geneigt gewesen, ihn sehr lieb und werth gehalten; wie sie aber haben[305] wahrgenommen, daß ihre geistliche Obrigkeit ihn suche aus dem Weg zu räumen, so seynd sie gleich auch in dero Fußstapfen getreten, ihres Gelifters worden. Daher sucht der böse Feind nur, wie er einen Lasterhaften kann in die Höhe bringen, und zu einer Obrigkeitsstelle promoviren; dann ihm ganz wohl bekannt, daß, wann das Haupt Schaden leidet, der ganze übrige Leib nicht wohl stehe.

Merkt wohl ihr geistliche Obrigkeit, ihr seyd ein Salz der Erde, spricht unser lieber Herr, ein Salz und keine Sulz, keine schweinene gar nicht; dann euer Wandel soll rein seyn und nicht säuisch. Ihr seyd ein Licht der Welt, sagt der Heiland, ein Licht und keine Lichtputzer, der andere putzen und säubern will, und steckt selbst voller Unflath. Ihr seyd Schafhirten, sagt der Heiland, Schafhirten und keine Schlafhirten, die mit ihrer Saumseligkeit die Untergebenen zum Verderben bringen. Ihr sollt seyn wie ein Nebel, wann solcher in die Höhe steigt, da wird er fein schön glänzend; wie ein Nebel, sage ich, nicht wie ein Nebulo, der mit Aergernuß die Untergebenen zur Nachfolge ziehet. Ihr sollt seyn wie ein Wächter über das Volk, wie ein Wächter, sprich ich, und nicht wie eine Wachtel, die voller Geilheit steckt, und nur den Leib zu mästen sich befleißt. Ihr sollt seyn wie ein Spiegel, worin sich alle könnten ersehen, und die Tugenden erlernen, wie ein Spiegel, sage ich, und nicht wie eine Spiegelfechterei, dadurch das Volk verblendt und betrogen wird.

Ich weiß ein Ort, wo einer durch mehrere Stimmen, jedoch unverhofft, ist zu einem Amt und [306] Dignität erwählt worden, da doch andere in Quantitäten und Verdiensten ihn weit überstiegen. Als ich einen und den andern derenthalben befragt, bekam ich zur Antwort: Er könne den Trunk wohl übertragen und perfekt saufen; weil ohnedas selbiges Ort von den Gästen überloffen wird, also haben sie ihn für den tauglichsten erkennt. Das kam mir seltsam vor, absonderlich weil ich gewußt, daß Moses vom Wasser seine Promotion bekommen, dieser aber vom Wein.

Erstgedachter Moses ist eine rechtschaffene Obrigkeit gewest; als dieser mit den Tafeln der göttlichen Gesetze den Berg herab gestiegen, und zugleich wahrgenommen, wie das muthwillige Volk ein guldenes Kalb für einen Gott anbete, da hat er alsobald durch gerechten Zorn die steinerne Tafel zertrümmert, das guldene Kalb mit allem Ernst gestürzt, und es zu lauter Pulver verbrennt. Es ist sich dießfalls höchst zu verwundern, daß unter so viel tausend vermessenen Israelitern, worunter viel und viel Haupt-Schelme gewesen, keiner ein Maul aufgethan, da sie doch ihr meistes Gut zu solchen Götzen gespendirt. Wie kommts, daß nicht einer oder der andere dem Moses in die Arm gefallen, oder wenigst hart zugeredet, daß er mit solchem kostbaren Metall so übel verfahre: und wann dieser kälberne Gott doch soll so spöttisch tranchirt werden, so wäre es ja besser, daß man die goldene Scherm oder Trümmer wieder dem Volk lassen zukommen, und folgsam die Weiber wieder einige Arm-Bänder und Ohren-Gehäng konnte machen lassen, sonst werden neue Unkosten aufgehen, und wo nehmen und nicht stehlen? die Weiber wollen geziert seyn. Ja [307] was alles Wunder vergrößert, ist dieses, daß kein einiges Weib, zumal unter so viel tausend viel böse werden gewesen seyn, ihm, dem Moses, derenthalben hat ein böses Maul angehängt; ich hätte es dem Moses nicht gerathen, daß er solches zu Wien auf dem Graben hätte probirt. Weder Weib noch Mann aus einem so häufigen Volk ist dem Moses zuwider gewest, sondern alle insgesamt ganz züchtig gestanden, wie er ihr goldenes Kalb also zernichtet, warum dieses? darum, wohl gemerkt, ihr Obrigkeit, darum. Dieser große Mann Gottes hatte dazumal wegen der Ansprach, so er auf dem Berge mit Gott geführt, einen Glanz und Schein auf dem Kopf, und darum ist das Volk so züchtig gewesen.

Wann die Obrigkeit und Vorsteher einen Schein haben, wann sie fromm und heilig leben, so ist kein Zweifel, daß nicht auch Zucht und Ehrbarkeit bei den Untergebenen werde seyn. Wie Christus der Herr in das Haus Zachäi eingetreten, da hat er sich alsobald verlauten lassen, diesem Haus seye dermal Heil wiederfahren. Man weiß aber nur von der Bekehrung Zachäi, nach laut der der Evangelisten, in ihm aber ist das ganze Haus bestanden, wird also mehr Leut und Bediente vermuthlich gehabt haben, die ihm zu seinen Partiten nicht ein wenig an die Hand gangen. Vieler Lehrer Meinung ist es, daß sich alle im ganzen Haus bekehrt haben; dann wie sie gesehen, daß Zachäus ihr Haus-Herr Patron und Obrigkeit zum Kreuz kriecht, so haben sie unschwer demselben nachgefolgt; dann gemeiniglich nach dem Original der Obrigkeit seynd die Untergebenen abcopirt. Wessenthalben der äußerste [308] Fleiß anzuwenden in einer Wahl, damit doch ein Frommer und Tugendsamer möge erwählt werden.

Samuel soll aus Befehl Gottes einen aus den Söhnen Isai zum König salben in Israel, aber was für einen? Der erste, so herzukommen, war der Eliab, ein großer, ein schöner, ein wackerer, ein junger, ein frischer, ein braver Kerl; darum glaubte der Prophet schon, dieser seye von dem Allerhöchsten zur Kron erkiesen, nimmt demnach das Geschirr, worinnen das Oel war, und wollte ihn zum König salben, aber nicht ein Tropfen wollte herausfließen, er kehrt es untersich, übersich; aber das sonst flüssige Oel war so halsstärrig, daß es auf keine Weis fließen wollte; Samuel bekommt zugleich einen Bericht von Gott, wie daß dieser nicht erwählt seye, und er soll nicht ansehen die große Statur, die gesunde Natur, die schöne Positur dieses Menschen, sondern vielmehr die Tugenden.

Gute Tugenden, ein heiliger Wandel, unsträfliche Sitten, ein vollkommenes Leben, sollen einem die Staffel seyn zu hohen Dignitäten. Die Leiter Jakobs hat Gott der Allmächtige selbst gehalten; aber wann jemand Lasterhafter in die Höhe steigt, da hat der Teufel die Leiter. Die Obrigkeiten sollen fein beschaffen seyn, wie jener Bischof zu Metz. In dieser berühmten Stadt, soll in der vornehmsten Kirche daselbst eine Tafel seyn, welche ein Engel vom Himmel dem ersten Bischof desselbigen Orts gebracht hat, auf selbiger seynd die Namen aller Bischöfe, so alldort gewesen seyn, und noch inskünftig werden seyn, jedoch mit einem einigen Buchstaben, und zugleich mit diesem [309] Unterschied, daß ein Buchstabe zuweilen mit Gold geschrieben, einer mit Silber, etliche wohl auch mit Metall, ja sogar mit dumpern Blei. Aus welchem sattsam abzunehmen, was ein jeder werde für einen Wandel führen. Als nun Theodorikus, des großen Kaisers Otto Anverwandter, zu obgedachtem Metz zu einem Bischof erwählt worden, in besagter prophetischen Tafel aber seinen Nam gefunden mit Silber geschrieben, so hat er sich ernsthaft verlauten lassen, daß er dieses Bischof-Amt dergestalten emsig administriren und verwalten wolle, daß Männiglich ihn werde würdig schätzen, daß sein Nam solle mit goldenen Buchstaben geschrieben werden.

Ein solcher und kein anderer soll in einer Wahl die mehrsten Stimmen haben, der fein guldene Sitten und Tugenden an sich hat. Da soll man nicht anschauen, um weil einer von einem guten Haus, und nachmals thut übel hausen. Was nützt es, wann einer etliche hundert Jahr ist gewesen im Herrnstand, und weiß nicht einmal zu herrschen über seine Gemüths-Anmuthungen und Sinnlichkeit? Was fruchtet es, wann einer auch 6 offene Helme im Wappen führt, und anbei wie ein offener Sünder lebt? Was trägts ein, wann einer schon vom guten Geblüt, und schämt sich doch nicht Uebels zu thun? Unter den ersten, so von Christo zur apostolischen Dignität seynd erhoben worden, seynd in der Wahrheit wenig Edelleut gewest. Sofern aber eine adeliche Person gute und dem Adel sonst billig anständige Tugenden hat, ist es recht und löblich, daß ein Haus der Hütte vorgezogen werde. Zumal bekannt, daß so viel tausend heilige Bischöfe, [310] Abte, Prälaten und andere geistliche Vorsteher sehr gut vom Adel gewesen seyn.


Die Wahl geschieht nicht wohl, wann man einen Faulen und Saumseligen erwählt.


Bei den Alten ist es ganz gewöhnlich gewest, daß man hat pflegen auf die Kirchendächer oder Kirchenthurm einen Hahn von Eisen oder Kupfer zu setzen, einen Hahn, sprich ich, der wachsam ist und die Dienstboten und das Hausgesind aufmuntert, einen Hahn, sag ich, und nicht einen Gimpel, der alles läßt gehen wie es geht, wann er nur mit seinem Dickschnabel kann unter den Hanfkörneln herum schmausiren. Der in eine geistliche Dignität gesetzt wird, der zu einem vornehmen Kirchenamt gewählt wird, muß die Art und Wachsamkeit eines Hahnes an sich haben, und alle möglichste und erdenkliche Sorg falt tragen über seine Untergebenen.

Ich habe noch allezeit gehört, daß man die Obrigkeiten Vorsteher nennt, Vorsteher und nicht Vorlieger. Faule und Saumselige taugen nicht für solches Amt. Petrus, als eine Obrigkeit und Haupt des apostolischen Kollegium, hat in dem Garten samt andern zwei Aposteln geschlafen, wessenthalben ihm der Herr einen kurzen Verweis geben: »Simon dormis? Schläfst du, Simon?« so hast du nicht können mit mir eine einzige Stunde wachen? Pfui Simon! Aber eins muß ich doch fragen den gebenedeiten Herrn und Heiland, warum er dasmal ihn nicht Peter nennt, und warum Simon? Er hat ja schon von [311] seinem göttlichen Mund den herrlichen Titul Peter erhalten? Freilich wohl, aber dasmal ist er nicht werth, daß man ihn sollte Peter schelten. Nichts Peter, ja wohl Peter, dasmal gar nicht Peter; dann dieser Name will so viel sagen als ein Haupt und Obrigkeit der Kirche, weil er dann dazumal so schläfrig gewesen, so war er nicht werth, daß man ihn hätte sollen eine Obrigkeit nennen; also soll eine Obrigkeit immerzu wachsam seyn.

Wie Gottes Sohn aus der unbefleckten Jungfrau Maria geboren zu Bethlehem, da haben sich sehr viele Wunderdinge zugetragen. Erstlich ist eine unzählbare Anzahl der Engel vom Himmel herabgestiegen, und das neugeborne goldene göttliche Kind mit allerlei lieblichen Gesängen anstatt des Aja Pupeja vermehrt. Nachmals ist der ziemlich tiefe Schnee in selbiger Gegend augenblicklich verschwunden, und erschienen die Bäume mit Blühe und Blättern, die Erde aber mit den schönsten Blumen bekleidet und gleichsam geschmückt, wovon die Hirten desselbigen Ortes, nächst dem Thurm Hader genannt, allerlei Kränzel und Büschel gebunden, solche samt etlichen jungen Lämmlein dem neugebornen Messias demüthigst überreicht. Nach Aussag Reinaudi sollen nur vier Hirten gewesen seyn, benanntlich Michael, Achael, Cyriakus und Stephanus. Warum daß der gebenedeite Heiland, gleich als er auf die Welt kommen, nur diese Hirten zu sich gezogen, warum nicht andere? Es waren dazumal zu Jerusalem wohl vornehmere Pastores und Hirten, nemlich die Hohenpriester, welche sogar Seelenhirten abgeben, so glaublich weit mehr zu achten, als die[312] Schafhirten. Es hat ja wenigst ein einiger Engel sollen denselben solche hochwichtige neue Zeitung über bringen und andeuten; aber der neugeborne Heiland hat ihrer ganz und gar nichts geacht, aus Ursach, die seynd dazumal alle in ihren Federnbetten gelegen, haben geschlafen wie die Ratzen. Aber obbemeldte vier Hirten in der Gegend Bethlehem seynd wachsam gewesen: Erant Patores in eadem Regione vigilantes etc.

Wachbare Hirten seynd wackere Hirten, solche will Gott haben, nachläßige Hirten seynd nicht zuläßige Hirten, solche will Gott nicht haben. Daher pflegt man denjenigen, so in dergleichen geistlichen Aemtern stehen, allezeit in der Ueberschrift des Briefes zuzuschreiben: »Abbati, Praelato, Priori, Quardiano etc. vigilantissimo,« das heißt: »Pastores in eadem Regione oder Religione vigilantes.«

Die ersten, so der Herr Christus zu dem Apostelamt, welches eine hohe geistliche Dignität ist, berufen hat, waren Petrus und Andreas, beide Brüder, beide Fischer und beide dazumal in wirklicher Arbeit begriffen in dem galiläischen Meer, welches wohl in Obacht zu nehmen, spricht der heilige Chrysologus Serm. 28. Er hat zu diesem Officium und Amt keine schläfrigen Leute, keine Zärtlinge und Polsterhüter, keine Stubenhocker und Faulenzer erwählt, sondern die er in wirklicher Arbeit angetroffen, die der harten Arbeit schon gewohnt, damit sie also desto besser die apostolische Charge, worin nichts als Mühe und Wachsamkeit, vertreten möchten.

Es ist einer gewest, schreibt der hl. Vincentius [313] Ferrerius Dom. 9 post Pent. c. 2., der lange Zeit hat gesucht und alles versucht, wie er doch möge zur bischöflichen Dignität und Würde gelangen. Er hat endlich so lang gefischt, bis er den Hechtenkopf ertappt. Als er nun öffentlich in Gegenwart vieler Umstehenden befragt worden, ob er noch gesinnt sey, Bischof zu werden? Was dann, war die Antwort. Es wurde ihm ferners, wie pflegt zu geschehen, vorgetragen, ob er wolle am jüngsten Tag Rechenschaft geben von allen seinen untergebenen Seelen? Nolo, sagt er, ich will nicht; die Anwesenden sagten ihm, er wisse die Zeremonien nicht recht, er soll sprechen, Volo, ich will, nein gab er mehrmal zur Antwort, ich will aber nicht, und schüttelt den Kopf, als wäre ihm ein Duzend Wespen drauf gesessen; warum er aber mit solcher Muhe und Sorgfältigkeit solche Würde gesucht habe? ist weiter die Frag gewesen, darauf er geantwortet, daß er nicht gewußt, daß solches Amt so schwere Last auf sich habe. Ich, sagt er, bin der Meinung gewest, es gehöre nichts mehrers dazu, als gut Essen und Trinken etc.

Ich bin ebenfalls der Meinung, daß zu einer geistlichen Würde nichts weiters erfordert werde, als Essen und Trinken, Essen und zwar eine ziemliche Portion. Der Jonas, dieser ungehorsame Prophet, war einem Wallfisch ein ziemlicher Brocken, aber eine solche Obrigkeit muß noch größere schlücken, wann er dem Amt doch will recht und unsträflich verstehen. Des Trinkens hat er den Ueberfluß, und muß er immerzu Bescheid thun aus dem Kelch, welchen Christus der Herr denen zweien zebedäischen Söhnen Joanni und[314] Jakobo, als sie, mittels ihrer Mutter, um ein Amt supplicirt; es war aber ein Kelch des Leidens. Absonderlich aber sollen alle diejenige, so in dergleichen Ob rigkeit-Stellen sitzen, (hat wollen sagen schwitzen), neben andern guten Bißlein den Fenickel, Foeniculum auf Lateinisch; zumalen die Medici und Arzneierfahrne vorgeben, daß nichts bessers und heilsamers vor die Augen sey, als der Fenickel, welcher das Gesicht über alle Massen klar und scharf macht. Wer soll und muß dann bessere Augen haben, als die Obrigkeiten, welche zu allen Zeiten müssen offen stehen, und wann sie die wenigsten Mängel der Ihrigen mit Fleiß oder auch Saumseligkeit übersehen, so müssen sie derenthalben Rechenschaft geben am jüngsten Tag.

Jener Mörder, so begangener Missethaten halber auf der Seite Christi an das Kreuz geheft worden, hat sich selbst nicht getrauet selig zu werden, wann er soll seinem Mitkameraden etwas unrechts übersehen; dahero wie selbiger Böswicht, verstehe den linken Schächer, gotteslästerliche Wort geredet, da hat er, nämlich der Dismas, ihm derenthalben einen Verweis geben, und von solchem Uebel angemahnt, und ihn darum gestraft, Neque tu etc. Du fürchtest auch Gott nicht.

Wie weniger kann eine Obrigkeit selig werden, wann sie denjenigen etwas übersieht, über welche sie als ein Seelenhirt gesetzt worden. Solche müssen wissen, daß das Wort Superior von dem Super herrühre, und nicht von der Suppe, Super aber regiert einen Accusativum, und wer wird am jüngsten Tage mehr accusirt und angeklagt worden, als [315] die Superiores und Obrigkeiten, denen der Heiland Jesus seine Seelen als einen kostbaren Schatz anvertraut?

Der gerechte Loth ist durch die Engel aus der sündigen Stadt Sodoma samt Weib und Töchtern geführt worden, damit er nicht mit den lasterhaften Inwohnern zu Grund gehe. Als sie nun auf einen Berg gelangt, und die Engel die guten Leute in eine Sicherheit gestellt, da wollte der fromme Loth noch nicht trauen, und läßt sich vernehmen, er möge in der Höhe nicht bleiben, er fürchte, daß er ebenfalls zu Grunde gehe.Non possum in monte salvari etc. Viel und aber viel vollkommene Männer haben mehrmalen die anerbotenen Dignitäten und Würden möglichster Weis' geweigert; dann sie haben sich nicht getrauet, mit dem Loth in der Höhe salvirt zuwerden, weil Super einen Accusativum regiert. Cälestinus der Fünfte, nachdem er etliche Monat römischer Pabst gewesen, und diese höchste Würde auf Erden eine kleine Zeit besessen, hat ganz freiwillig dieses göttliche Amt von sich gelegt, und das einsiedlerische Leben wieder antreten, er hat sich nicht getrauet, in der Höhe salvirt zu werden. Klemens der Vierte, römischer Pabst und Statthalter, hat dem englischen Thomä von Aquin das neapolitanische Erzbisthum ernstlich angetragen, so aber auf alle Weis mit allem Fleiß, als eine gar schädliche Speis geweigert, er getraute sich nicht, in der Höhe salvirt zu werden. Der heilige Mönch Ammonius ist zu Rom gleichsam gezwungen worden, ein Bisthum anzunehmen, welches er aber nicht allein abgeschlagen, sondern [316] sich selbst ein Ohr abgeschnitten, damit er untauglich zu diesem Amt möge erkennet werden; dann er fürchte, daß er in der Höh nicht möge salvirt werden. Der heilige syrische Ephraim, wie er wahrgenommen, daß er von dem gesamten Volk zur bischöflichen Würde gesucht wurde, hat sich ganz närrisch gestellt, und wie ein Unsinniger auf dem Platz herum geloffen; er traute halt nicht, in der Höhe salvirt zu werden. Narren gibts bei der Zeit genug, aber wenig solche: Non possum in monte salvari. Der heil. Nilammon sollte kurzum Bischof zu Geras werden. Weil er aber des einsamen Lebens schon gewohnt, und viel Jahr in seiner Zell verschlossen gewesen, gleich einem Seidenwurm, der sich selbst ein Kerkerl verfertiget, auf daß er Flügel bekommt, wormit er in die Höhe könne fliegen. Also wollte der heilige Mann sich so bald auf diese angetragene Würde nicht erklären, sondern bittet um ein Verschub auf drey Tag. Unter solcher Zeit hatte er unaufhörlich Gott ersucht, er wolle sich doch erbarmen, und ihm lieber das Leben nehmen, als diese Dignität geben; worauf ihn Gott erhört, und als den dritten Tag die Leut mit großer Ungestüm ihn zum Bisthum gesucht, da haben sie den heil. Mann todt gefunden. So voller Gefahr ist die Würde und Stelle der Obrigkeit. Gewiß ist, gewiß bleibt es, daß die wenigsten in der Höhe salvirt werden. Gewiß ist es, daß sehr viel Obrigkeiten ewig verloren gehen. Der heil. Joan. Chrys. drohet noch schärfer, indem er spricht: »Miror, si potest salvari aliquis rectorum.« Dieser große heil. Lehrer will zu verstehen geben, daß die meisten [317] von der Höhe in die Niedere kommen, und ewig zu Grunde gehen. Was hat doch den Jakob, welcher so lange Jahre einen treuen, emsigen und sorgfältigen Hirten abgeben bei dem Laban, was hat diesen reich gemacht? Nichts anders, als die Ruthen, welche er ins Wasser gestellt. Was macht aber die mehresten Obrigkeiten und Seelenhirten so arm, ja ewig armselig? Was anders, als man gar keine Ruthen bei ihnen finde, keinen Ernst noch Straf, wormit sie die Uebertreter zurück halten, sondern viel Fehler und Mißhandlungen übersehen, und mit dem Politico ein Aug zudrucken, da sie doch mehr mit dem Argo hundert haben sollen.

Der mächtige König in Syrien Antiochus, ist mit einer Armee von dreimal hundert tausend zu Fuß, zweimal hundert tausend zu Pferd wider die Römer gezogen. Wer soll nicht glauben, daß Antiochus mit einer solchen Kriegsmacht werde victorisiren? forderist darum, weil der römischen Soldaten Anzahl viel geringer, und dero Macht weit schwächer. Nichtsdestoweniger haben diese letztern das Feld erhalten, den Antiochum auf das Haupt geschlagen, und voller Triumph und Sieg nach Haus gekehrt. Daß aber dieser syrische Monarch das Kürzere gezogen, war folgende Ursach: Denselbigen Tag, als die Schlacht hat sollen geschehen, hat es von Frühe an bis auf die Nacht aneinander geregnet, worvon die Sennen der syrischen Schießbögen dergestalten geweichet, daß sie untauglich und unkräftig worden, die Pfeil abzudrücken. Dieses war die ganze Ursach eines so großen Verlusts. Laßts euch gesagt seyn, ihr Obrigkeiten, daß euer so [318] viel mit samt den Untergebenen ewig verloren gehen, ist auch keine andere Ursach, als weil die Sennen der Bögen gar zu weich seyn: Ihr seyd zu weich, und straft nicht, ihr seyd zu schläfrig, und ermahnt nicht, ihr seyd zu nachläßig, und verbessert nichts; die Wölf fressen die Schaaf, das Unkraut wächst unter dem Vaizen, der gute Saame wird von den Vögeln aufgezehrt, der Wein-Garten leidet Schaden von den Füchsen, die köstliche Margarite wirft man ins Koth, die Braut Christi wird anderwärts verkuppelt, die Seelen gehen zu Grund, und die Obrigkeit ist ein Hund, so da nicht bellet, ist ein Hirt, so nicht hütet, ist eine Uhr, so nicht zeigt, ist eine Glocke, so nicht klinget, ist ein Wächter, so nicht aufschauet, ist ein Gärtner, so nicht ausrott, ist ein Buch, so nicht beschrieben, ist ein Chor-Regent, so kein Takt gibt, ist ein Messer, so nicht schneidet, ist eine Fackel, so nicht leucht, ist ein Ochs, so nicht zieht, ist ein Degen, so nicht fecht, ist ein Stuck, so nicht geladen, ist ein Hammer, so nicht schlägt, ist ein Hahn, so nicht krähet etc. O wehe solchen schläfrigen Hirten! Es wäre tausend und tausendmal zu wünschen, daß die Obrigkeiten dem Teufel möchten nachfolgen. Wie? dieser verlangt nichts anders, sucht nichts anders, begehrt nichts anders, als die Seelen: Da mihi animas caetera tolle tibi.

Es geschieht gar oft in einer Wahl, daß die mehresten mit ihren Stimmen auf denjenigen zielen, so ein guter Mann, welcher läßt das krumme grad seyn, ein, ein frommer Kolumbus, der keine Gall hat, ein Kalender, in dem kein trübes Wetter, ein Garten, [319] in dem keine Brennessel. Es ist ihm wie jenem Bauren, der gar eine schöne junge Tochter gehabt, daß sich sogar ein Löw darein verliebt, und selbige zu heirathen begehrt. Der Bauer erschrack nicht ein wenig ob solchem Anbringen, und getraute sich nicht, diesem so erschrecklichen Thier, vor dem alle andern erzittern, eine abschlägige Antwort zu geben verspricht demnach besagtem Löwen die Tochter, jedoch mit dem Beding, daß er sich lasse die Zähn ausbrechen, und die Klauen abzwicken, damit die Tochter nicht erschrecke. Wie nun der verliebte Löw allem diesen nachkommen, und sich alsdann bei einem Bauren eingefunden, da hat solcher den geschwächten und waffenlosen Löwen mit Brügeln also empfangen, daß ihm alle Gedanken zu heirathen gänzlich verschwunden. Manchmal erwählt man einen nur darum, weil er ganz gut ist, weil er keinem weiß die Zähn zu zeigen, weil er läßt mit sich umgehen, wie man will, kein Ernst, sondern ein lauterer Lambert, darum kommt ihr zum Brett, weil er keinen weiß abzuholen etc.

Aber höret ihr, die ihr solche gewissenlose Stimmen einem gebt, der keine Stimm hat, wider die Laster zu schreien, und selbige abzustrafen. Der Hohepriester im Alten Testamente mußte aus göttlichem Befehl an dem Bräm oder untern Theil des Rocks guldene Schellen tragen, keine Fuchsschweif, sondern guldene Schellen, damit er von männiglich gehört wurde. Eine Obrigkeit muß nicht schmeichlen, noch zu allen Dingen stillschweigen, sondern sich hören lassen, das Maul aufthun, und das Böse corrigiren und abstrafen. O wie viel tausend liegen in dem Abgrund [320] der Hölle und in der ewigen Verdammnuß, nicht darum, weil sie übel gelebt haben, sondern weil sie die Untergebenen nicht ermahnt, nicht gestraft haben.


Die Wahl geschieht nicht wohl, wann man einen Harten und Groben erwählt.


Man irret, wann man nicht eine Manier brauchet. Eine Obrigkeit muß eine Uhr seyn, die da zeigt, und nicht schlägt. Der Giezi hat den todten Knaben mit dem Stab nicht können zum Leben erwecken, wohl aber der Elisäus mit einer Manier. Noch hab ich nie gehört, nie gesehen, nie gelesen, daß der gute Hirt in dem Evangelio hätte mit einem Stab, oder Stecken, oder Geißel, oder Prügel, das gefundene Lämmlein in der Wüste vor seiner getrieben; wohl aber, daß er solches arme Tröpfel auf den Achseln getragen. Unser lieber Herr hat die Apostel, und folgsam alle diejenigen, so inskünftige in geistlichen Dignitäten und Würden werden seyn, nie anderst genennt, als ein Licht der Welt: Vos estis Lux mundi, und nicht Lucius Mundi. Dann eine Obrigkeit muß nicht seyn wie ein Hecht, der so grausam, daß er auch seine eigenen Jungen fressen thut. Sie muß allein umkehrt grob seyn; dann das Wörtl Grob, wann mans umkehrt oder zurück ließt, so heißt es Borg. Borgen muß sie, und nicht gleich drein schlagen. Der Moses hat gar nicht recht gehandlet, ja er hat derenthalben einen ziemlichen Verweis von Gott bekommen, um weil er die Ruthen gebraucht, und [321] auf den Felsen zugeschlagen, indem er hätte das Wasser, diesen krystallenen gesegneten Gott, leicht durchs Wort können erhalten.

Wann Superior und Superare verwandt seyn, wann ein Oberer soll eigentlich eroberen die Gemüther der Unterthanen, so muß er in die Fußstapfen treten des berühmten Kriegsfürsten Josue, welcher mit wunderlicher Manier die Stadt Jericho erobert und eingenommen. Da hat man nicht gefochten, nicht gehaut, nicht gestochen, nicht geschlagen, nicht geworfen, nicht gestoßen, nicht geschlossen, und gleichwohl die Stadt eingenommen. Da hat man keinen Degen gezuckt, keinen Säbel entblößt, keine Lanze ausgestreckt, keinen Bogen gespannt, keinen Mauerbrecher angelegt, keine Mine graben, und dannoch ist die Stadt erobert worden. Es ist keiner verletzt worden, keiner verwundet worden, keiner geschlagen worden, keiner troffen worden, keiner ermordet worden, und dannoch ist die Stadt übergangen. Aber wie? nicht durch Arma, sondern durch Harmoniam. Das hebräische Volk hat gesungen und jubiliret, die Priester haben die Posaunen geblasen, und durch solche Weis seynd die Mauren ringsherum zu Boden gefallen, und die Stadt in des Josue Gewalt kommen.

Wann eine Obrigkeit will die Gemüther der Untergebenen völlig einnehmen, auch bisweilen steinharte Köpf und verbeinte Herzen bezwingen, so muß er den Kriegsfürsten Josue dießfalls nachfolgen, nicht brauchen eine Grobheit, sondern eine Freiheit, nicht mit Spießen, sondern mit Füßen drein gehen, nicht mit Streichen, sondern mit Weichen die Sach richten. Ja,[322] man richt oft mehr mit einem guten Wort, als wenn man sagt: scher dich fort. Oft mehr, wann man sagt: mein Engel, als wann man sagt: du Bengel, oft mehr mit der Geigen, als mit der Feigen; dann ein sanfter Wind biegt die Nästel, ein wilder Sturm bricht sie gar.

Die Türken haben einmal verkundschaft, daß die meiste Garnison zu Sigeth seye ausgangen, worauf sie in aller Eil eine große Mannschaft versammlet, in Willens, dieses Ort unversehens zu überrumplen. Seynd auch bereits in der Still vor die Festung geruckt, und aller Orten die Leiter angelehnt, die Mauren zu übersteigen. Die Inwohner sowohl der Mannschaft als der Waffen entblößt, wußten in dieser äußersten Noth sich fast nicht zu rathen, bis endlich einer an die Hand geben, es soll ein jeder, Klein und Groß, Jung und Alt, Weib und Mann, einen Bienenkorb nehmen, (massen an diesem Ort die Menge), und dem Feind und aufsteigenden Barbaren auf den Kopf schütten: welches auch geschehen, und einen glücklichen Ausgang genommen. Dann ihnen der ausgegossene Honig Haar und Bart also zerklebet, und die Augen verblendt, daß sie nichts mehr gesehen, ja einer nach dem andern über die Leiter herunter gestolpert, und die Festung verlassen. Wer hätte sich sein Lebtag träumen lassen, daß man eine Stadt mit Honig soll defendiren.

Die Obrigkeit kann auch mehrestentheils etwas richten mit süßen Worten, mit guter Manier, mit Honig, als mit bitterm Wermuth, oder verbittertem Greinen und Zanken. Wie Petrus Christum den Herrn so spöttlich verläugnet, auch derenthalben einen [323] falschen Schwur gethan, da hätte er ja 99 Kapitul verdient, aber der sänftmüthige Herr hat ihn nicht geheißen einen meineidigen Mamelucken, einen glatzköpfeten Maulmacher, eine Hasen-herzige Lettfeigen, einen verlogenen Apostel, einen nichtswerthigen Jünger, einen falschen Fischer, einen unredlichen Nachfolger etc., sondern er hat ihn nur dessentwegen angeschaut, wodurch das Herz Petri also erweicht worden, daß nachmals seine Augen zu einem Distillir-Kolben worden, welches wenige Wasser ihm mehr Nutzen gebracht, als das ganze Meer, worin er vorher Tag und Nacht gefischet hat.

Wann den König Saul der Teufel geplagt, wann er gebrüllt wie ein Löw, wann er gegrombt wie eine Sau, wann er gekürret wie ein Tiger, wann er geheult wie ein Wolf, wann er geblasen wie ein Wiesel, wann er gemurret wie ein Bär, wann er gepfiffen wie eine Schlang, wann er ganz unsinnig getobt, da hat man ihn nicht in eiserne Band geschlagen, nicht mit Strick und Ketten gebunden, nicht mit Keuchen und Ketzer versperrt, sondern der David hat mit der Harfe gespielt, etliche gute liebliche Stücklein aufgemacht, wordurch der Saul wieder zurecht gebracht worden etc. Geschieht es, daß ein Untergebener nicht ganz weiß ist, sondern wie die Schaaf des Labans allerlei Fleck hat; ist es, daß einer wie die Arche Noe beschaffen, worin nicht lauter Lämmel gewest, sondern auch Wölf. Solls seyn, daß einer genaturt, wie der Acker des evangelischen Hausvaters, auf dem nicht allein Weizen, sondern auch Unkraut aufgewachsen, so muß eine Obrigkeit nicht [324] gleich verfahren, wie der Samson mit den Philistern, deren er so viel mit einem Eselskinnbacken erschlagen, nicht auf der Harfe spielen, sondern mit dem David auf der Harfe, da wird der gute Mann Mansuetus mehr richten, als ihre Hochwürden (Titl) Herr Severinus etc.

Wann man will ein irdisch Geschirr, etwan einen Hafen flicken, da zieht man ganz subtil den Draht durch, man zwickt denselben ganz lind und heicklich zusammen, man klopft so gering mit einem Hämmerlein, daß man kaum eine Floh dadurch um das Leben brächt, und geschieht solches gar weislich; dann sofern man sollte stark darauf klopfen, so würde das Geschirr nicht geflickt noch verbessert, sondern gar zerbrochen und zertrümmert werden. Geschirr und zwar gar gebrechlich von Erde seynd die Menschen, wann nun solche einigen Mangel an sich haben, so ist es eine Schuldigkeit der Obern, daß sie selbige verbessern, aber nicht mit einer ungeschlachteten Grobheit, nicht mit tyrannischer Verfahrung, sondern mit einer Manier; massen die Erfahrenheit gibt, eine unglimpfliche Schärfe mehr Schaden als Nutzen ausbrüte. Sogar schreibt Plinius, daß nicht weit von Harpeso, einer Stadt in Asia, ein großmächtiger Stein gefunden werde, so diese wunderliche Natur an sich hat, wann man mit allen Kräften denselben will wellen oder bewegen, so ist alle angewandte Mühe umsonst, wohl aber, wohl aber läßt er sich mit einem einzigen Finger regieren. Deßgleichen seynd sehr viele Leute gesittet und gesinnet, die man mit guter Manier um einen Finger gleichsam wenden kann, so man aber[325] selbige mit Geiseln treiben will, und in allem mit Schärfe verfahren, so werden sie stutziger und halsstärriger, als wie die Kameele in Afrika, welche stark beladen auf dem Weg alsobald still stehen, so sie nur einen Stecken, Prügel oder Ruthe erblicken, wohl aber gehen sie schleunig fort, da man ihnen lustig zusingt.

Der Esau hat gar wenig bei Gott dem Herrn golten, dann er war ein schlimmer Gesell und voller Untugenden, unter andern war er der erste grobe Prior nach laut der hl. Schrift: »Qui Prior exivit, erat hispidus etc.« Alle rauhen und groben Obrigkeiten seynd bei dem Allmächtigen in schlechtem Ansehen. Der hl. Antonius Paduanus, dieser so wunderthätige Diener Gottes, hat einmal auch eine scharfe und indiskrete Obrigkeit gehabt. Diese hat ihn einmal zu Messana vor allen Geistlichen in Mitte des Refektorii berufen, allwo sie eine Sache vorgeworfen, an die er sein Lebtag nicht gedenkt hatte. Nachdem nun dem hl. Antonio der Kopf grob über grob gewaschen worden, und er sich auf Befehl der Obrigkeit von der Erde aufgehebt hat, da ist der Ziegel, auf dem er gekniet, alsobald beweglich, oder, wie man pflegt zu sagen, los und rogl worden, dergestalt, daß weder er, noch ein anderer durch einige Kunst hat können fest gemacht werden, wie man es dann noch auf heutigen Tag sehen kann, als welches Ort mit einem eisernen Gitter überzogen, nicht allein ein ewiges Denk- oder Kennzeichen der Demuth Antonti, als der Grobheit seiner Obern ist.

Eine solche Obrigkeit soll in das 15. Kapitel der Offenbarung Joannis hinein schauen, allwo zu [326] lesen, wie dieser hl. Chronist Gottes einmal ein ganzes gläsernes, Meer gesehen, worauf die Leute die wunderbarlichen Werke Gottes gelobt und gepriesen etc. Die Leute seynd auf solchem gläsernen Meer gestanden, das ist nicht ein geringes Wunder. Ein solches gläsernes Meer ist die Welt, wer auf diesem stehet, ist ein Wunder; dann wenig seynd, die nicht schlüpfern, die nicht stolpern, die nicht fallen; darum sollen die Vorsteher ein herzliches Mitleiden tragen mit ihren Untergebenen, wann sie stolpern, zumal der Ort, wo sie stehen, gar zu schlüpfrig.

Mit vielen Obrigkeiten verhängt der gerechte Gott, daß sie gleichfalls spöttlich fallen, um weil sie mit der Gebrechlichkeit ihrer Unterthanen kein Mitleiden haben, und begegnet ihnen nit viel anderst, als jenem Niederländer, dessen Namen zwar Eligius Rossel, wohnhaft zu Uladbeel. Wie dessen Eheweib Elisabeth großen Leibs gangen, und kurz vor der Geburt schwere und fast unerträgliche Schmerzen gehabt, so nicht allein der Mann kein einiges Mitleid spüren lassen, sondern sie noch hierüber stark ausgespöttelt und ausgehöhnt, welches der armen Haut also zu Herzen gangen, daß sie ihm gleiches Elend über den Hals gewunschen, so auch der Allerhöchste wunderbarlich verhängt, massen diesem Eligio der Leib nach und nach gewachsen, bis er endlich nicht ohne höchsten Wehetagen ein Kind, und zwar ein Knäbel, geboren, so aber nach empfangener hl. Taufe bald verschieden, er aber nochmals in einem eisernen Panzer öffentliche Buß gethan, wie dann noch an besagtem Ort eine jährliche Gedächtnuß des Eligii gehalten wird.

[327] Was dem Eligio geschehen ist, begegnet ebenfalls vielen Elektis und Obrigkeiten, um weil sie so hart und grob mit den Ihrigen verfahren, lasset der allwissende Gott gar oft zu, daß sie mit dem Jakob auch hinken, mit dem Peter auch sinken, mit dem Lazaro auch stinken, damit sie fein erfahren, daß sie auch gleich andern Menschen seyn. Christus der Herr hat derentwegen keinen ganz heiligen Apostel zum höchsten Pabstthum promovirt, sondern einen solchen, der spöttlich gefallen, grob gesündiget und sträflich gehandelt, damit der gute Pabst Petrus auch nachmals wisse ein Mitleid zu tragen mit den Seinigen, wann sie etwan aus Gebrechlichkeit fallen. Wer demnach will regieren, der muß auch korrigiren, aber solches Korrigiren muß nichts anders seyn, als Cor regieren, und wann endlich auch soll eine Schärfe erfordert werden, so muß doch solche gleich dem bittern Zichorisalat mit der Milde verzuckert werden; dann obschon der Heiland die Taubenhändler zum Tempel hinaus gepeitscht, so hat er hiezu keine Stuhlfüß, noch Lattentrümmer genommen, sondern etliche wenige kleine Strickel, so nicht einmal durch die dicken Judenröcke gedrungen.


Die Wahl geschieht wohl, wann man blos die Verdienste und Tauglichkeiten anschaut.


Joannes und Jakobus, zwei Söhne des Zebedäi, haben um hohe Dignitäten und Aempter angehalten, aber das Kürzere gezogen, und dermal nicht promovirt worden. Einer begehrte zu der rechten [328] Hand des Herrn zu sitzen, der andere zu der linken etc. Aber beide seynd zwischen zwei Stühlen niedergesessen und sauber nichts erhalten. Die Ursache war, weil sie durch ein Weib, als ihre eigene Mutter, seynd rekommandirt worden. Zum andern seynd sie befreundt gewesen, uns zu einer Lehre und Nachfolge, daß wir in einer Wahl nicht sollen anschauen die Verwandtschaft, sondern vielmehr die Verdienste. Drittens seynd sie noch junge unerfahrne Leute gewesen, und folgsam zu solchen Aemtern gar nicht qualifizirt; haben demnach einen widrigen Bescheid und eine abschlägige Antwort bekommen, welches fürwahr in allen Wahlen soll bestens beobachtet werden, daß man doch untaugliche Leute zu Dignitäten und Würden nit soll erheben.

Der Thron Salamonis war eine Abbildung einer guten und rechten Wahl, dieser weiseste König machte einen großen Thron von lauter Helfenbein, und überzog denselben mit purem und feinem Gold: solcher Thron hatte zwei Hände, so beiderseits den Sitz hielten, obenher stunden zwei große goldene Löwen, unterhalb auf den sechs Staffeln zwölf kleine und jüngere Löwen: Duo Leones stabant juxta manus singulas, et duodecim Leuneuli stantes super sex gradus etc. Eine schöne und ordentliche Austheilung war in diesem Thron, die man in allen Wahlen soll vor Augen stellen, obenher stunden zwei große Löwen, unterhalb zwölf kleine; große, ansehnliche, wackere, bescheidene, tugendhafte Leute gehören hinauf, die muß mau zu hohen Dignitäten erwählen, Leunculi, junge und unerfahrne, unverständige die müssen herunter bleiben.

[329] Man muß mehr halten auf eine Rose, als auf einen Knopf, mehr auf eine goldene Schaale, als auf einen irdenen Topf, mehr auf einen Limoni, als auf ein Ruben, mehr auf einen Mann, als auf einen Buben, mehr auf einen Laib Brod, als auf ein Brösel, mehr auf ein Roß, als auf einen Esel, mehr auf ein Pergament, als auf Papier, mehr auf einen Wein, als auf ein Bier, mehr auf einen Wagen, als auf einen Karren, mehr auf einen Doktor, als auf einen Narren etc. Leones droben, Leunculi drunten. In der Arche Noe, dieses gerechten Altvaters, waren drei Gärten, der erste obere für die Vögel, der mittlere für die Menschen, der untere für andern Bestien, worunter Ochs, Esel, Büffel etc. Diejenigen, so gut in der Feder seyn, die gelehrt und hochverständig, soll man billig in die Höhe promoviren, gute Menschen, fromme Leute, christliche Gemüther eben desgleichen; aber gottlose Bestien, unverständige Ochsen, plumpe Esel, ungeschickte Büffel soll man billig unten lassen, und ihrer in keiner Wahl gedenken.

Die Statue und berühmte Bildnuß des Königs Nabuchodonoser ist gar wohl und ordentlich verfertiget worden; dann dero Haupt war von purem Gold, die Schultern von Silber, der Leib von Metall oder Erz, der unterste Theil von Erde; gar recht und aber recht, was schlecht ist, nit weit her ist, garstig und irdisch ist, kann schon unten bleiben, oder goldene Leut, stattliche Männer, treffliche Subjekte taugen zu einem Haupt, sollen allemal zu Dignitäten und Würden erwählet werden.

In einer rechten und gewissenhaften Wahl soll [330] man absonderlich nit ansehen die Verwandtschaft, wann nit zugleich die Tugenden und Wissenschaft befreundt seyn. Unser lieber Herr und Heiland hat seine Vetter nicht gar hoch geacht, dann wie er zu Jerusalem mit 12 Jahren verloren worden und ihn nachmals seine gebenedeite Mutter Maria, und der wertheste Nährvater Joseph unter den Befreundten daselbst gesucht, so haben sie ihn gar nicht gesunden; ein jeder Vetter, eine jede Baase oder Maim gab zur Antwort, daß er in ihr Haus niemal sey kommen; bei dem liebsten Heiland thät es sich gar wenig vettern. Aber bei der Welt schaut man oft, wie nur die Vetter promovirt können werden, wann er schon dem Blut nach ein Vetter ist, und dem Gut nach ein Fretter ist, wann er nur ein Bruder ist, und anbei ein Luder ist, promoveatur; wann er nur ihnen befreundt ist, obschon bei Gott verfeindt ist, promoveatur. O wie viel sitzen in der Höll, schwitzen in der Höll, hitzen in der Höll, um weil sie ihre Befreundte, als untaugliche und unwürdige Leut' zu Aemtern und Dignitäten erhoben haben etc.

Es wäre zu wünschen, daß manchesmal bei der Wahl keine Ochsenköpf thäten sitzen, wohl aber Kühe-Köpf, wie jene gewesen, welche bei den Philistern die Arche des Bunds gezogen. Die Philister konnten nit wissen, was doch die Ursach wäre der großen Wiederwärtigkeiten und Elend, so da haufenweis über sie kommen, und glaubten schier etliche, als wäre es die verarrestirte Arche, so sie den Israelitern, als dem Gott gewidmeten Volk haben weggenommen; damit sie demnach hinter die rechte Wahrheit möchten kommen, [331] so haben sie zwei Kühe, deren jede noch ein saugendes Kalb hatte in einen Karren gespannt, darauf die Arche gelegt, und beide ohne Fuhr- oder Gleits-Mann also fortziehen lassen. Dafern nun solche werden gerad den Weg nehmen zu den Israelitern, und das Geschrei ihrer eignen Kälber nicht achten, sodann wollen sie glauben, daß der wahre Gott der Israeliten solche häufige Strafen über sie verhängt habe, wo aber nicht, so könne man solches einer verborgnen natürlichen Ursache zuschreiben etc. Siehe Wunder! beide Kühe, uneracht ihre eigne Kälber über alle Massen geschrien, seynd grad durchgangen, und nicht einmal umgeschaut zu dem Stall, worin ihre Kälber versperrt waren.

Von rechtswegen soll man in einer jeden Wahl also handeln, und weder das Blut noch die Anverwandten anschauen, sondern mitten durch gehen, die Stimm demjenigen geben, der tauglich ist, nit der befreundt ist, nit anhören das Blerren der Kälber, das Bitten der Freund, sondern mitten durch, gerad durch erwählen denselben, der da würdig ist, nit weil er verwandt ist. Der heil. Udalrikus Bischof zu Augsburg war ein Exempel und Exemplar aller Heiligkeit, hatte Todte erwecket, so heilig war er, hat Fleisch in Fisch verkehrt, so heilig war er, hat ein Kreuz vom Himmel bekommen, so heilig war er, hat wunderbarlicher Weis die Hunnen überwunden, so heilig war er, hat die Ratzen verbannisirt, so heilig war er. Gleichwohl hat er müßen die zeitliche Straf des Fegfeuers ausstehen, einig und allein darum, um weil er seinen Vater Adalberonem einen frommen und vollkommenen [332] Mann zum Bisthum promovirt hat. Wohin wäre dann erst Udalrikus kommen, wann er einen schlimmen und untauglichen Verwandten hätte zu einer Dignität gebraucht, ob zwar dießfalls auch einige erhebliche Ursachen können unterlaufen, wessenthalben man in Ansehung der Verwandtschaft kann diesen und jenen zu hohen Aemtern bringen, so ist es doch weit sicherer, wann man mit dem David singt: »Libera me de sanguinibus etc.« Wie es Adrianus der Sechste, Innozentius der Eilfte und viel andere römische Päbst gethan. Hierinfalls ist doch zu merken, daß, wann die Befreundte anbei mit ansehnlicher Tugend und löblichen Qualitäten begabt seyn, man mit gutem Gewissen solche könne andern vorziehen, wie hiervon mehr schreiben.

Von dem Berg Sinai, allwo die heil. Jungfrau und Martyrin Katharina begraben worden, werden viel denkwürdige Sachen geschrieben; unter andern meldet auch Stephanus Mentegazza, daß allda der Kaiser Justinianus eine schöne Kirche unter dem Namen Salvatoris erbaut habe, wozu er auch ein Kloster der Basilianer-Mönch gestift, und seynd schon über die neuntausend darin begraben. In diesem Ort ist ein stetes und immerwährendes Wunderwerk zu sehen; dann sobald der Abt und Vorsteher obbenannten Konvents mit Tod abgehet, so löschet die große Lampe bei dem Grab der heil Katharinä allda von sich selber aus: sobald aber ein anderer wiederum erwählt wird, so zündet sich die Lampe ohne einige Hand-Anhebung auch selbst an, wann ein Frommer, Verständiger und Wohl-Meritirter in die Wahl kommt. [333] Ist es aber, daß sie einen schlechten und Untauglichen erwählen, so zündet sich weder die Lampe an, noch kann sie von andern angezündet werden. Woraus sonnenklar abzunehmen, daß es Gott und allen seinen Heiligen mißfällig und höchst zuwider, wann jemand unwürdiger Weis zu einem Amt und Dignität erhoben wird.

Dannenhero keine Wahl unvorsichtig, gäh und nur oberhin soll geschehen, sondern mit größtem Fleiß und möglichster Obacht; zumalen von Anbeginn der Welt Gott selbst allen Fleiß hat angewendet, wie er den ersten Vorsteher und Herrscher des Erdbodens, den Adam, erschaffen; dann dazumal haben sich alle drei göttlichen Personen, Gott Vater, Sohn und heiliger Geist untereinander berathschlagen, als sie den ersten Präsidenten über alle Thier gestellt, faciamus etc. Ut praesit etc. Lasset uns einen Menschen machen nach unserm Bild und Gleichnuß, der da herrsche über die Fisch des Meers, über die Vögel des Himmels etc. O lieber Gott, hat es so viel Ceremonien braucht mit der ersten Obrigkeit, so doch nur Fisch und Vögel und andere Thier unter sich gehabt; so ist dann keine schlechte Sach, wann man erwählen soll eine Obrigkeit, nicht über die Fisch, sondern über die Menschen, worunter wohl ärgere Fisch, Thier und Vögel zuweilen anzutreffen.

Judas, der gottlose Gesell, verehrt das Alter nicht
[334] Judas, der gottlose Gesell, verehrt das Alter nicht.

Sobald der gebenedeite Heiland von dem begierigen hebräischen Lotters-Gesind und Henkers-Knechten gefangen und an Ketten und Strick gefeßlet worden so hat man ihn den geraden Weg zu dem Annas geschleppt, als dem ältesten Hohenpriester, so bereits ganz schneeweiß auf dem Kopf war. Dem Iscarioth war solches gar nicht recht, sondern sein völliger Anschlag und gänzlicher Antrieb ist gewesen, daß man Jesum gleich zu dem Kaiphas soll führen, weil solcher dasselbige Jahr das Oberhaupt der Priesterschaft war: der alte Geck, der Annas, habe hierinfalls keine Vollmacht, ja er liege bereits im Pflaumen- und Feder-Bett, und werden sie bei dem alten Schaafkopf zu finsterer Nachtzeit eine langsame Audienz gewinnen etc.

Es ließ aber der Kaiphas, obschon der Höchste in dem Klero, durch die Seinigen andeuten, daß man auf keine Weis den alten Herrn soll präteriren; dann er nannte den Annas nur seinen Herrn Vater, und thäte gänzlich nichts ohne seine Meinung und Rathschlag: und wann endlich der Seligmacher wär den geraden Weg zu der Behausung des Kaiphä gezogen worden, so hätte der Iscarioth daselbst den Peter angetroffen, dem er vorhin nicht günstig gewest, und folgsam denselben ebenfalls verrathen, auch in allweg [335] gesucht, wie er den Alten zugleich in die Gefängnuß konnte bringen, und aus dem Weg räumen. O iscariothische Bestia! so bist du dem Alter so abhold, willst du nit alt werden, laß dich jung erhenken.

Das Alter soll man verehren, weil solches unser lieber Herr selbst verehrt hat. Zu Jerusalem war ein alter und lieber Tättl, mit Namen Simeon, von hundert und zwölf Jahren, ein Priester, ein Doktor und Ausleger der hl. Schrift, dieser wollte einmal seinen Scholaren und Zuhörern den Text des Propheten Isaia erklären:Virgo concipiet et patriet etc.

Es wird eine Jungfrau empfangen und gebären etc., gedachte sich aber, daß über eine solche unmögliche Sache seine Scholarchen würden ein Skrupel nehmen, ist derentwegen da, und löscht das Wort Virgo oder Jungfrau aus, und setzt anstatt dessen Puella, eine junge Tochter; weil er aber vermerkt, daß augenblicklich seine Schrift verschwunden, und das Wort Jungfrau wiederum vorhanden, also hat er das anderte, sogar auch drittemal dieses Wort ausgelöscht, und dafür Puella oder junge Tochter gesetzt; aber allezeit nicht ohne höchste Verwunderung erfahren, daß seine Schrift nichts golten, sondern der vorige Text beständig verblieben, wessenthalben er sich zu Gott dem Allmächtigen gewendet, und hierinfalls einige Erleuchtung demüthigst gesucht.

Worauf ihm Gott der Herr geoffenbaret, daß er noch vor seinem Tod werde sehen dieselbige Jungfrau, welche ohne Verletzung der Jungfrauschaft werde einen Sohn gebären, und zwar den rechten Messiam [336] und Heiland der Welt. Wie nun die seligste Jungfrau Maria ihren gebenedeiten Jesulum im Tempel aufgeopfert, da ist der alte Simeon samt der Anna Phanuelis, so bereits im 84. Jahr gewest, und den Tempel nimmermehr verlassen, alsbald auf die Kniee niedergefallen, das göttliche Kind angebetet, und selbiges mit Trost auf seine Arm genommen, und ihm tausend herzige Seufzer und Lieb-Aeugel geschenkt.

Allhier ereignet sich die einige Frag, weil der alte Simeon und die alte Mutter Anna so heilig und gerecht vor den Augen Gottes gewesen, warum daß der Allmächtige, sie nit auch gen Bethlehem zu dem Krippel, gleich denen Hirten und drei weisen Königen, gezogen, damit sie dem neugebornen König und Messiä auch hätten können die schuldigste Visita geben? Haimon und Damianus antworten, daß, weil diese beeden so liebe alte und betagte Leut gewesen, so habe Gott sie nit plagen wollen mit der Reise von Jerusalem nach Bethlehem (die Hirten seynd starke Gesellen gewesen, die König seynd auf Kameelen geritten), sondern Gott habe selbst, dem lieben Alter zu Ehren, zu ihnen wollen kommen, uns gesamten Adamskindern zu einer sondern Lehre, so wir das Alter sollen verehren, und mit demselben ein Mitleiden tragen.

Das Ort, allwo unser Herr 40 Tag und Nächt gefastet, fünf Meilen von Jerusalem entlegen, ist eine erschreckliche und unbewohnliche Wüste, allwo nichts als die dürren Felsen, er war allein der Brunn des Lebens; nichts als Hecken und Dörner, er allein die Rose; nichts als Bären und Wölf, er allein das wahre[337] Lamm Gottes. Alldorten ist der leidige Satan, so nichts als das Gute haßt, und forderist das Fasten, zu ihm getreten, und ihn versucht, aber in was Gestalt? etwan wie ein Holzhacker in einem rupfenen Kleid und paar schmutzigen Stieflen, mit einem Hut, der die Flügel hängt wie ein abgestochenes Schwalmnest, oder aber ist er erschienen wie ein Edelmann in einem französischen Kleid mit einer langen gekrausten, geschneckleten Baroque, so dergestalten eingepulvert, daß man ihm sagen konnte: Memento Homo, gedenk, o Mensch! daß du Staub und Asche bist, und daß dein Kopf zu einem Narren wird etc., oder etwan ist der Vater aufgezogen wie ein Jäger mit einem grünen Kleid, mit einem Jägerhorn auf der Seite, mit einer gefältleten Waidmannstasche, mit einer Flinte auf der Achsel, und mit tausend Ackerment im Maul, nichts dergleichen, gar nichts dergleichen, sondern Lyranus spricht, der Teufel sey erschienen wie ein eisgrauer Mann, wie ein schneeweißer Tättl, mit einem langen rauhen Rock bis auf die Erde, und in Gestalt eines lieben alten Einsiedlers und Eremiten etc. Soll aber dieses dem Alter eine Ehr seyn, daß der böse Feind dero Gestalten angenommen? was dann, er gedachte, ich muß eine Gestalt an mich nehmen, daß er Ursache habe mich anzubeten; ich aber kann keine bessere Gestalt an mich nehmen, als die eines alten Manns; denn das Alter wird er verehren, dem Alter wird er glauben, die weißen Haar wird er in allweg respektiren etc. Er ist ein bescheider, frommer und gottesfürchtiger Mann (dann der böse Feind glaubte nicht, daß Christus zugleich Gott sey), also wird er [338] mich verehren. Gewiß ist es, daß, wann es nicht der vermäscherte Satan wäre gewesen, sondern ein anderer guter alter Tättl und erlebter Mensch, so hätte ihm der liebste Heiland eine Ehr angethan, ihn lassen niedersitzen, ihn, so es etwan vonnöthen gewesen, durch Engel oder auf eine andere Weis, lassen speisen und bedienen, massen er das Gebot geben: Du sollest vor einem weißen Haupt aufstehen, und verehren die Person eines Alten:Coram cano Capite consurge, et honora Personam Senis etc.

Wie Christus der Herr durch den freiwilligen Tod wollte von der Welt scheiden, da hat er anstatt seiner göttlichen Person beschlossen, einen Vikari auf Erden zu setzen, dem er konnte geben die höchste Vollmacht zu binden und zu lösen: aber wer soll dieser seyn? Zweifelsohne Joannes? ja wohl nit, ob er schon ein Augapfel war des Herrn, ob er schon bei dem letzten Abendmahl auf seiner Brust gelegen, ob er schon eine reine Jungfrau etc., so ist ihm doch der Peter vorgezogen worden. Joannes, ein reiner junger Gesell, Petrus aber verheirath, Joannes ein verständiger Jünger des Herrn, Petrus aber meineidig, den Gockel-Hahn um Bericht, Joannes hat den Namen des liebsten Herrn, Petrus ist gar ein Teufel titulirt worden, und dannoch ist Petrus Pabst worden, Joannes aber nicht, und war keine andere Ursache als diese: Weil Christus der Welt gleichsam kein Aergernuß wollte geben, und den Jungen einem Aeltern vorziehen, er wollt der ganzen Welt zeigen, wie man die alten Leut soll verehren:Detulit igitur aetati [339] non meritis, nec praetulit conjugatum Virgini; sed provectiorem Juveni.

Sobald Gottes Sohn durch Ueberschattung des heil. Geists zu Nazareth in die reinste Schooß Mariä, der Jungfrau, gestiegen und daselbst die Menschheit angenommen, welches geschehen ist den 25. Martii an einem Freitag, hat sich erstgedachte seligste Jungfrau, gleich darauf, benanntlich den 1. April, auf die Reis' über das Gebirg, und in 4 Tagen nach Hebron gelangt in das Haus Zachariä, daselbst ihre liebste Maim oder Baas Elisabeth heimgesucht, und in die zehn Wochen gedienet, als die dazumal mit Joanne im sechsten Monate schwanger ging, und dieses nur darum, weil sie gewußt, daß Elisabeth schon sehr alt und betagt wäre, also ist, Maria nämlich, die noch nit 15 Jahre hatte, kommen, das Alter zu verehren, und das Alter zu bedienen.

Wann dann nun Gott und Gottes Mutter das Alter verehren, die grauen Haar beobachten, die lang erlebten Tag respektiren, so soll sich ja billig schämen ein mancher kleiner Witzbeutel; billig soll sich schämen ein mancher junger Spitzbub, so mit der Nase noch die Aermel anspieglen; billig soll sich schämen ein unzeitiger Maulaff, dem noch das Bürschen-Intresse in der Haut steckt, daß er dem Alter so schlechte und seltene Ehr anthut, demselben auch gar nicht den Hut rucket, ja wo öfter dasselbe noch auszuhöhnen und zu schimpfen pflegt. Schäm dich du undankbares Kind; der du die gottlose Klag führest, als gehe dir dein alter Vater im Weg um, schäm dich du junger Grindschüppel, der du saure Gesichter machest gegen die[340] alte Schwiegermutter, und ihr alle Stund die letzte wünschest, auch wohl mit altem Hexentitel und Gabel-Prädikat entunehrest etc.

O! wie vielen Alten begegnet dasjenige, was dem Poeten Aeschylo widerfahren. Der Adler naschet über alle Massen gern die Schildkroten; weil ihm aber solche zum Aufbeissen gar zu hart, also ergreifet er diesen Fund. Er führt dieselbige mit seinen Klauen in alle Höhe, und stürzet sie nachgehends auf einen harten Felsen herunter, worvon sie zerschmettern, und folgsam dem Krotenfresser zu Theil werden. Obgedachter Aeschylus suchte einsmals eine wenige Ruhe in dem Gras, worinnen er seinen abgematten Leib niedergelegt; weil aber gleich dazumal ein Adler mit solchem Raub in der Höhe schwebte, und auf den alten Glatzkopf, der Meinung, es seye ein Stein, die Schildkrot herabgeworfen, also hat er hiervon müssen sterben, und elendiglich das Leben lassen. O wie oft wird ein Alter von einer Krot umgebracht!

Ein alter Vater übergibt zuweilen dem Sohn die ganze Habschaft und Wirthschaft; dieser heirath ein junges Mägdl, die noch nicht weiß den Unterschied zwischen einer Brühe und Suppe, die nichts kann als einen Spitz klecklen, so mehr gleich einem Fischernetz; die einen Faden spinnet, den eine starke Spicknadel kaum durch eine Leinwath ziehet etc. Dieser ist der alte Rotzer (so ist ihr Sprichwort) gänzlich zuwider, den grüßet sie wie ein Spanien den Franzosen, den tractirt sie wie ein Kettenhund einen Bettler, dem wünscht sie, was ein Jud der Speckschwarte etc. Solches [341] nimmt sich mehrmal der gute Tättl zu Herzen, entrüstet sich dessenthalben im Gemüth, daß er hierüber erkranket und stirbt. Wer hat ihn umgebracht? wer? eine Schildkrot, oder besser geredt eine Scheltkrot, diese junge Krot, diese nichtsnutzige Krot, diese neidische und unverschamte Krot, die nit weiß, noch will das Alter verehren, die hat ihm den Rest geben, den Garaus gemacht, das Licht ausgelöscht etc. O verfluchte Krot!

Das Alter soll man verehren, weil es weit erfahrner und verständiger als die Jugend; wann ein Alter schon weiß auf dem Kopf, so mußt du wissen, daß weiß und weis' nur ein Buchstaben von einander: wann er schon dunkel in den Augen, so ist er desto mehr erleucht in dem Verstand; wann er schon keine Zähn im Maul, so ist doch keine Frag zu hart; wann er schon mit dem Kopf zittert, so ist er doch beständig in der Wissenschaft; wann er schon schwach in Füßen, so gehet er doch grad durch; wann er schon einen gebogenen Rucken, so ist er doch kein Achselträger; wann er schon einen Stecken an der Hand, so seynd doch seine Anschläg nicht hölzern; wann er schon naß unter der Nase, so sagt er doch die Wahrheit gut trocken; wann er schon voller Falten, so sagt er doch die Sach gar glatt heraus; wann er schon glatzet auf dem Kopf, so weicht er doch Verstand halber einem nit ein Haar; wann er schon wenig Kräften, so hat er doch viel Erfahrenheit; wann er schon ein lauterer Krippel, so mußt du wissen, daß bei diesem Krippel kein Ochs noch Esel, sondern die Weisheit stehe.

[342] Der apokalyptische Engel Joannes hat auf eine Zeit in dem offenen Himmel gesehen Gott sitzen auf einem hohen Thron voll mit göttlichem Glanz, um diesen stunden gleicher Weis vier und zwanzig Stühl. worauf eben so viel alte Männer gesessen, deren jeder eine guldene Kron auf dem Haupt trug etc. Die Ausleger göttlicher hl. Schrift tituliren besagte alte Männer Gott des Herrn seine Konsiliarios und Rathsherren, nit darum, als hätte der allwissende Gott ihrer vonnöthen, sondern uns zu einem Beispiel und Lehr, daß, wann wir in schweren Sachen und hohen Geschäften, sollen den guten Rath suchen bei den Alten, zumal bei denselben der Verstand und Erfahrenheit weit größer, als bei der Jugend.

Ein alter Wein ist doch gesunder als ein neuer, ein altes und dürres Holz ist doch besser, als ein neues und grünes, ein altes Silber ist doch besser als das neue, ein alter Dachziegel ist besser als ein neuer, ein alter Käs ist gesunder als ein neuer, ein altes Gemäuer hält doch stärker als ein neues, ein altes Stammhaus ist edler als ein neues, ein alter Fuhrmann wirst weniger um als ein neuer, in einer alten Kirche, bei alten Bildnussen, geschehen mehr Mirakul als bei neuen, ein alter Doktor verstehet mehr als ein neuer.

Mein, wer ist besser gewest unter den zweien, die Noe, der gerechte Vater, hat aus der Arche gejagt, damit sie ordentlich und mit Wahrheit ein Avisa sollen bringen, ob der Sündfluß bereits, im Abnehmen seye oder nicht? Diese zwei geflügelten Boten waren der Raab und Taube. Der Raab hat dießfalls sehr [343] unverständig und unbedachtsam gehandlet, weil er nicht mehr in die Arche kommen; die Taube aber war so verständig, daß sie mit einem Oelzweigel im Schnabel zurück gekehrt, und allesamt in der Arche nit ein wenig aufgemuntert und getröst. Der Raab ist ein gänzlicher Entwurf der schlüpferigen Jugend, welche meistens den leiblichen Anmuthungen, und viehischen Sinnlichkeiten den freien Paß vergönnet, und schier allemal sehr unbesonnen handlet; aber die Taube ist ein rechtes Sinnbild des Alters, weil man zu sagen pflegt, der alte Tättl ist wie eine Taube so weiß; diesem ist der Verstand weit größer und vollkommener, als bei den Jungen.

Noch hat es allemal einen schlechten und unglückseligen Ausgang genommen, wann man dem Rath der Alten nicht gefolget hat. Ein junger Fuchs hat etlichmal wahrgenommen, wie die Vögel in der Höhe hin und her fliegen, so geschwind wie der Wind, der nicht sieht, der ist blind! sagt demnach zum alten Fuchsen, Vater ich will fliegen, du junger Phantast, setzt hinwieder der Alte, was sticht dich für ein Vorwitz? Vater, ich will fliegen, wiederholt der kleine Narr; du unbesonnenes Fletschmaul, sagt mehrmal der Alte, hast du doch kaum so viele Haare am Schweif, daß du ein A B C Taferl könntest abstauben, und willst dannoch fliegen, wo die Flügel nehmen? Vater, ich will fliegen, um die Flügel lasse dir kein graues Haar wachsen; zwar du bist ohnedas schon weiß. Ist also der junge Kehrwisch da, macht sich ein paar Flügel von den Hennenfedern, deren eine Menge daselbst gelegen, steigt auf einen hohen Thurm, springt zum Fenster [344] hinaus, fliegt aber gar nicht glückselig; dann gleich dazumal ein Hechelmacher unterhalb feil gehabt, auf dessen spitzfindige Waare er mit solcher Gewalt gefallen, daß ihm allerseits das häufige Blut herunter geronnen; worauf der alte Fuchs alsobald gefragt, Bürschel, wie kommt dich das Fliegen an? Das Fliegen, war die Antwort, hat mir schon sanft gedünkt, aber das Niedersitzen hat der Teufel gesehen. Geschieht dir recht, warum willst du den Alten nicht folgen, warum verachtest du den Rath der Alten, so weit verständiger als die Jungen. Wie oft und manchesmal hat es schon mißlungen ein angefangenes Werk, wann man den Rath der Alten in Wind geschlagen? man findet dessen ein klares Beispiel in göttlicher hl. Schrift. Der König Roboam wollte seine Regierung in guten Stand bringen, versammelt derentwegen die alten Consiliarios und Rathsherrn, so noch bei seinem Herrn Vater Salomon in großem Ansehen gewesen, und trägt ihnen eines und das andere vor; weil sie ihm aber das Placebo nicht gesungen, so hat er dero weisen Rathschlag in Wind geblasen, und sich an junge Leute gehängt, die mit ihm gewachsen, dero unzeitiges Gutachten angehört und ihrem Ausspruche gefolgt. Aber mein Gott, wie schändlich steht es, wann das Ei will mehr wissen als die Henne, wann die Staude will mehr gelten als der Baum, wann das Kitzel will höher steigen als die Gais, wann der Bühel will mehr pochen als der Berg etc. Wie übel stehet es, wann die Jugend will witziger seyn als das Alter. Roboam hat sich hiedurch einen solchen Aufruhr im Reiche verursacht, daß alles Volk ihm abgefallen [345] und er in die äußerste Noth gerathen. So geht es, wann man den Alten, nicht folgt, bei denen doch eine weit größere Erfahrenheit als bei den Jungen. Joannes hat in seiner Offenbarung gesehen bei dem höchsten Thron Gottes vier Thiere, die hatten hinten und vorn sehr viele Augen. Die jungen Leute haben nur vornher Augen, sehen wohl etwas, aber nicht gar weit hinaus, die Alten aber haben auch auf dem Rücken Augen, schauen und denken zurück, was und wie es vor diesem geschehen, und in solcher Gestalt ist ihr Rathschlag und Vortrag weit fester als der Jungen.

Leonius, ein Bischof zu Antiochia, war ein abgesagter Feind der arrianischen Ketzerei; weil er nun ganz alt und schneeweiß war, und bisher mit apostolischem Eifer und unermatter Wachsamkeit besagte Kirche bestens verfochten, so hat er doch künftige Gefahren nach seinem Tod und weitaussehende Anstöße sehr weislich vorgesehen; daher die Hand ein mal auf seinen alten Kopf gelegt, und anbei sich hören lassen: »Wann dieser Schnee einmal zergehet, so wird es ein großes Koth abgeben: Hae nive liquefacta, multum erit luti,« als wollt er sprechen, wann er einmal werde die Augen zudrücken und mit Tod abgehen, da werde die Sache in schlechten Stand gerathen.

Wie oft hört man reden, wie vielfältig ist der Diskurs, seither der alte Herr gestorben, seither die alte Frau nicht mehr lebt, da gehet es sehr schlecht und unordentlich her, der Schnee ist zergangen, jetzt sieht man das Koth häufig; von der Zeit, da die Jungen beim Brei sitzen, hat sich alles verkehrt, [346] wann der alte sollte wiederum auferstehen, er thät sich fürwahr nicht mehr erkennen, es seynd halt junge Leute, die verstehen es noch nicht etc. Freilich wohl ist das Alter verständiger als die Jugend; die alte Stadt zu Prag gilt mehr als die neue. Vor diesem mußten die alten Leute die Richterstelle vertreten, und bei gemeiner Stadtpforte sitzen, über aller Sachen Beschaffenheit urtheilen, und den Schluß fällen. Ein alter Schiffmann scheitert nicht so leicht als ein junger. Jonathas hat sich berathschlaget mit den Aeltesten, wie er könne im jüdischen Lande Festungen bauen. Ein alter Bot weiß den Weg besser als ein junger. Der König Saul hat sogar den alten Samuel wieder von der andern Welt lassen zu sich citiren, damit er könnte recht der Sachen Ausgang erforschen. Der alte Kalk ist besser, und gibt mehr als der neue. Der Patriarch Abraham hat dem ältesten Diener seines Hauses Alles anvertraut. Alte Geigen haben einen bessern Klang als die neuen. Gott hat wollen, daß der junge Knabe Samuel soll lernen von dem alten Diener Heli. Der Römer Macht und allherrschende Potenz hat sich meistens gesteuert auf die alten Leute, so im Rath gesessen; daher Senator a Senio den Namen ererbt. Christus der Herr, als die ewige Weisheit selbst, hat im zwölften Jahre seines Alters sich zu Jerusalem in Tempel begeben, daselbst unter den ältesten Schriftgelehrten sich eingefunden, und mit dero höchster Verwunderung seine Weisheit spüren lassen; aber nit allein hat er gelehrt, sondern auch zugleich einige Fragen vorbracht, damit er der Jugend zeige, daß sie noch allemal von dem Alter könne etwas lernen.

[347] Die Sonne, dieses strahlende Himmelslicht, hat sich auf eine Zeit gänzlich entschlossen, zu heirathen; nachdem auch bereits das Versprechen vorbei gangen, da wurden alle gehörigen Anstalten gemacht zu einer prächtigen Hochzeit, in Ansehung, daß dieser Planet der Fürst ist aller gesamten Himmelsgestirne; daher die Ladschreiben geschickt worden an alle lebendigen Geschöpfe der Erde, zumal solche allesamt der Sonne reichen Gnaden und Freigebigkeit genießen. Wie unter andern die jungen Frösche vernommen, daß ich zu der Hochzeit und herrlichen Ehrenfest der Sonne eingeladen worden, da waren sie voller Freuden und Frohlocken, sie konnten kaum den Tag und Zeit erwarten. Allegro, sprachen sie unter einander, da werden wir lustig seyn, da werden wir ein gutes Müthel haben. Mutter, du mußt uns neue grüne Hosen machen lassen, da wollen wir tanzen, daß sie sich alle darüber verwundern werden, dann wir hupfen ohnedas gern, lustig, Allegro. O ihr Fratzen! sprach der alte Frosch, als ihre Mutter, zu ihnen, es ist wohl Schein, daß der Verstand nicht vor der Zeit komme, ihr denkt nicht so weit hinaus, was Uebel solche Heirath inskünftig nach sich ziehe; ihr sollt in dem Fall mehr weinen als lachen. Gedenkt nur, daß bisher nur Eine Sonne am Himmel gewesen, und solche manchen Sommer die Strahlen also hitzig von sich geworfen, daß die mehrsten Lacken, worin wir uns arme Frösche aufhalten, hievon ausgetrocknet. Was wird erst geschehen, wann die Sonne heirathet und folgsam durch solchen Ehestand mehrere Sonnen hervor kommen?

Es ist zwar dieses ein Poetengedicht, und will [348] sich nicht wohl schicken unter die hl. Schrift, so öfters in dieser meiner Verfassung citirt wird, allein es zeigt doch die gründliche und unverfälschte Wahrheit, gleich wie aus dem schlechten Eselskinnbacken des Samsons ein klarer Brunnenquell geflossen. So hat auch ein Rabe, sonst ein unwerther Galgenvogel, gleichwohl dem Elias ein Brod gebracht; also kann ebenfalls eine poetische Fabel eine Unterweisung leisten. Diese Fabel zeigt es sattsam, daß der Verstand selten vor der Zeit komme, und daß solcher weit reifer und ausgeschliffner sey bei dem Alter, als bei der Jugend. Gewiß ist es, daß ein alter Soldat weit erfahrner als ein junger; darum schlägt es öfters nicht gut aus, wann ein junger den Regimentsstab führt, und ein alter die Musquete trägt. Gewiß ist es, daß ein alter Rathsherr mehr versteht, als ein junger; darum steht es mehrmal nicht wohl, wann die jungen den Vorsitz gewinnen, und die alten bei der Thür sitzen. Gewiß ist es, daß ein alter Religios verständiger, als dem unlängst die Kappe an Hals gebracht worden;. daher nicht selten eine schlechte Regierung, wann ein Junger, so gleich einem neuen Weinmoost noch nicht vergährt, zum Amt erhoben wird, und der Alte auf die Seite gesetzt wird.

Gott der Allmächtige, wie er gesehen die weißen Haar auf dem Haupt Josue, hat also zu ihm gesprochen: Nunc, quia senuisti etc. weil du nunmehr alt und betagt, so theile das Land aus unter die Stämme etc. als wollt er sagen, du hast zwar das Land erobert, da du noch bei jungen Jahren gewest, anjetzo aber, weil du bereits alt worden, theile [349] das Land aus, wozu ein großer Verstand erfordert wird, welchen du vorher nicht gehabt hast. So ist demnach das Alter zu verehren, weil es eine größere Erfahrenheit hat, als die Jugend.

Es hat noch allemal der gerechte Gott den Muthwillen der jungen Leut gestraft, wenn selbige das liebe Alter entunehrt haben; wie dann solches klar zu ersehen in dem 4. Buch der Königin. Als der alte, betagte Mann Gottes Elisäus den Weg einst genommen gegen die Stadt Bethel, da seynd ihm entgegen geloffen zwei und vierzig unerzogene Buben, welche den lieben, alten Tättl auf allerlei Weis ausgehöhnet, und ausgespottet; unter andern nennten sie ihn einen Glatzkopf, Ascende Calve etc. Es wollte aber der Allerhöchste nit zulassen, daß ein liebes Alter soll beschimpft und veracht werden; dahero durch seine Verhängnuß alsobald zwei wilde Tatzbären aus dem nächst entlegnen Wald hervor gesprungen, und diese muthwilligen Spitzbuben samentlich in Stücke zerrissen. Die üppige und all zu freche Jugend ist bei diesen unsern Zeiten nit um ein Haar besser, als obgedachte böse Buben und unerzogene Raupen, zumalen alles Alter dermassen veracht wird, daß ein altes Weib fast keinen andern. Titel höret, als du alte Hex, du altes Rabenvieh, du alte Gablfahrerin, du alter Kehrwisch, du alte Rungunggel, du alte Fechhauben, du alte Zebethkatz, du alte Däntlerbutten, du altes Raffelscheid, du alter Stiefelbalk, du alter Doppelhacken, du alter Schimmel, du alte Zahnlücke, du alte Husten, du alte Unhold, du alte Wettermacherin, du alte Falten-Krämerin, etc. ich glaub wohl, daß die Juden, als ungebärtige [350] Lottersgesellen, dergleichen Wort haben gebraucht, oder wenigst gedenkt, wie das alte Weibl zum Opfer gangen, und zwei Heller in den Stock gelegt; aber unser lieber Herr hat sich alsobald des alten Mütterl angenommen, und selbes mehr gelobt und hervor gestrichen, als alle andere.

Zu Cosä in Lusitania ist eine vornehme und sehr berühmte Kirchfahrt Unser lieben Frauen, welche ihren Ursprung genommen, von einem alten Weib, so an Armuth halber einmal Waldholz zusammen klaubt, ungefähr aber ihren Haus-Schlüssel verloren, welchen Schaden sie nicht ein wenig bedauret, und die Sach der Mutter Gottes bestens anbefohlen, welche dann alsobald der alten Käthel (dieses war ihr Name) samt der heil. Martha erschienen, den verlornen Haus-Schlüssel wiederum eingehändiget, sogar ihr das Holz helfen zusammen suchen, und nachmals mit Beihülf des alten Mütterl einen wüsten Brunn ausgeraumet, und zugleich geoffenbaret, daß solches Wasser durch dero Vorbitt alle Presten und Krankheiten werde abwenden und heilen. Das alte Mütterl hat dieses nach Möglichkeit geprediget, und allerseits lautmährig gemacht, aber nichts anders erhalten, als ein Gelächter; ja etliche wollten, man sollt die alte Hex und zauberische Wahrsagerin gar in Kotter stecken; ja einige waren so frech, daß sie der alten Holztragerin gar den Scheiter-Haufen vergonnet. Es seynd aber alle dieselbigen, welche das alte Mütterl übermäßig geschimpft, nicht allein wunderbarlich gestraft worden, sondern auch bald hernach große Wunderwerk bei besagtem Brunnen geschehen, daß man gleich eine schöne [351] Kirche aufgericht, und Gott der Herr das alte Weib in solchen Ruhm und Ansehen gebracht, daß sie von der ganzen Gemein reichlich ernährt worden; ja es schätzte sich jemand glückselig, wann er nur einen alten Fetzen von der armen Kätherl konnten haben.

Wie der Job bereits hundert Jahr erreicht, und also schon unter das alte Eisen gehört, da hat er von freien Stücken sein Leben verglichen mit einem Schiff. Meine Tage, sprach er, seynd schneller vorbei geloffen, als ein reitender Bot, sie seynd vorbei geronnen, wie ein Schiff auf dem Wasser. Warum aber, daß der gute Alte sich einem Schiff vergleichet? Ich glaube, es sey keine andere Ursach als diese; gleichwie ein Schiff viel tragen muß, also müsse ein alter Mann viel übertragen. Nit allein allerlei Krankheiten, Schwachheiten, Gebrechlichkeiten, sondern auch allerlei Spott und Schimpf von der unbedachtsamen Jugend; dann Juventus und Juvenkus seynd Namen halber etwas gefreundt und seynd beide muthwillig. Das hat erfahren der heil. Jakobus Nissibenus Bischof, welcher auf eine Zeit etliche junge Menschen bei einem Bach an getroffen, so daselbst sich in dem frischen Wasser abgekühlet und allerlei Muthwillen getrieben, unter andern auch den heiligen alten Mann mit frechen Augen angesehen, in unterschiedliche Scherzwort ausgebrochen, und sich unverschamt verlauten lassen, wann er nicht ein so alter Geck wäre, so wollten sie nicht umsonst bei ihm anschanzen. Den alten Tättl thäte solcher Muthwillen zu einer billigen Rach veranlassen, hebt demnach seine Augen zu Gott, und bittet um eine verdiente Straf, so da alsobald erfolget; massen die[352] junge, schöne, frische und wohlgestalte Töchter alsobald in uralte (hätte bald gesagt Huralte) Weiber verkehrt worden. Die schönen, gelben, Haar, und dem Gold ähnlichen Haar in eine alte Schimmel-Paroque verwandelt, die Stirn wie ein Hackbrettel zerrunzelt, die Wangen wie ein altes Kameel-Leder verdorren, und das ganze Gesicht einer baufälligen Wasser-Krotta gleich worden. Da sollt jemand gehört haben das Seufzen dieser siebenzigjährigen alten Weiber; indem sie über Willen den Alt mußten singen, sie konnten sich nicht genug verwundern, daß ihnen ohne gehabte Sorgen die grauen Haar gewachsen, sie wollten sich vor Niemand sehen lassen, um weil sie in so blühender Jugend in eine so verächtliche Spitalwaar verkehrt worden; sie konnten es nicht fassen, daß eine frische Semmel so bald konnte verschimmlen, sie mußten endlich es für eine augenscheinliche Strafe Gottes an nehmen, weil sie das liebe Alter also entunehret.Theodoretus in Philotheo. So lasse sich dann ein jeder die Lektion, welche Gott selbst vorgeschrieben, anbefohlen seyn: »Coram cano Capite consurge, et honora Personam Senis etc. Du sollst vor einem weißen Haupt aufstehen, und verehren die Person eines Alten.«

Judas stiehlt das Geld aus der Kasse des apostolischen Kollegii
[353] Judas stiehlt das Geld aus der Kasse des apostolischen Kollegii, und gibt es seinem Weib und Kindern.

Der heilige Vater Augustinus, Lyranus, Dionysius, Kartusianus und viel andere mehr seynd der Meinung und Aussag, gleichwie in dem ersten Buch Meldung geschehen, daß Judas sey verheirath gewesen, und Weib und Kinder gehabt; weil aber selbe etwan bei geringen Mittlen waren, oder aber er gegen sie eine so heftige Lieb getragen, also hat er das meiste, was er diebischer Weise an sich gebracht, seinem Weib und Kindern angehängt. Dieser Meinung ist der gelehrte P. Thomas Le Blanc in Ps. 108 V. 9 Art. 4. O! wie viel gibt es dergleichen Judas-Brüder? Signore auf Welsch, Domine auf Lateinisch, Narr auf Deutsch, ich hab mit dir zu reden. Du bist wie ein Meer, so allzeit will mehr, ob es schon so viel tausend Jahr alle Flüß und Wässer des Erdbodens an sich gezogen, und an sich gesogen, so hat es dannoch noch nicht genug; du bist wie eine Cistern, so sich nur mit fremdem Wasser bereichet; du bist wie ein Schwamm, so auch des Nächsten Schweiß und Blut an sich ziehet; du bist wie eine Henne, so sich unterstehet, auch auf fremdem Mist zu kratzen und Nahrungsmittel zu suchen; du bist wie ein Opferstock, so Tag und Nacht das Maul aufreißt, das Geld zu [354] schlicken; du bist wie ein Krebs, so auch dem Nächsten zum größten Schaden um sich frißt; du bist wie eine Dornhecke, die sogar einen Heu- oder Strohwagen, der vorbei fährt, nicht ungerupft läßt; du bist wie ein reißender Fluß, der auch diebischer Weis fremden Grund untergräbt, und folgends hinweg zwickt. Du schwitzest mehr als ein Postklepper, du laufst mehr als ein Landbot, du wackest mehr als ein Goggelhahn, du grabst mehr als ein Maulwurf, du sammelst mehr als eine Ameis (besser geredet) du stiehlst mehr wie ein Raab: Narr, Narra, so sag mir aber, zu was Ziel und End du solches ungerechtes Gut zusammen rafflest? Darum, antwortest du, darum, damit heut oder morgen mein Weib und Kinder ein guts Stückel Brod und eine ehrliche Unterhaltung haben. O bethörter Tropf! du irrest weit, du mußt wissen, daß du solchergestalten deinem Weib und Kindern das Brod vom Maul wegnehmest; dann das ungerechte Gut hat bei den Erben keine größere Beständigkeit, als der Butter an der Sonne.

Die Kinder Israel seynd wunderbarlicher Weis in der Wüste von Gott dem Herrn gespeist worden, und zwar mit dem edelsten Himmelbrod oder Manna, welches sie alle Tag gesammlet, jedoch mit dem Geding, daß sie über Nacht nichts darvon sollen aufbehalten:Quidam ex eis etc. Etliche aber aus ihnen, verstehe geitzige Narren, seynd solchem Gebot nicht nachkommen, sondern einiges Manna in gewisse Geschirr, in Kisten und Kästen eingesperrt, und aufbehalten, aber was Nutzen ist daraus entsprossen: Scatere coepit vermibus etc. Es ist alles verfault [355] gewest, stinkend worden und voller Würm. Da sehe einer, was unrecht aufgehebt wird, das verdirbt, das kann man nicht genießen.

Sigismundus Ignatius von Reichershausen, Herr zu Furtenberg und Diebing etc., ist mit den Unterthanen umgangen wie der Bauer mit den Feldern, hat einen kaiserlichen Dienst gehabt, aber der Kasse öfter Antimoni eingeben, und erbärmlich dieselbe purgirt, sein bester Wirthschafter oder Hausverwalter, hat der Modus geheissen, der kann sich in alle Sachen schicken, wie ein Schampedesi-Hut, der kann und weiß a parte etwas zu gewinnen; von a parte kommen die Partiten her etc. Dieser ist gestorben, und hat der Frau wie auch den Kindern eine großmächtige Baarschaft hinterlassen; eine solche Menge der Dukaten, daß man dem Dächel zu Innspruck konnte einen Bruder ausstaffiren, Haus und Hof so voll mit stattlichen Mobilien, daß man die Arche Noe hätte können mit ausfüllen. Es ist aber kaum drei Jahr angestanden, da ist aus der Menge ein Mangel geworden, da ist das Haus zu einem Aus worden, da ist der Beutel so eitel worden, daß jetzunder die Wittib als eine Hausarme die Prediger plagt, sie sollen eine gewisse nothleidende Person verkünden, die Zuhörer um eine christliche Beisteuer ermahnen, das Geld nur in Weihrunnkessel legen etc. Und zwar gar bescheid, damit es der Teufel auch nicht hole, gleich wie das andere etc. Ein Sohn dieses reichen Herrn hat in wenig Wochen das Seinige verspielt und zu Karthago im Spital gestorben; der andere ist Meßner worden, Gott gebe, daß ihm nicht ein anderer Strick [356] zu Theil wird; die Tochter zieht herum, und schätzt ihrs ein absonderliches Glück, wann sie könnte einen Mausfallen-Kramer heirathen, dann sie des Specknaschens schon gewohnt etc. O mein Gott und mein Herr! wo ist dann so großes Hab und Gut so bald hinkommen? wohin?

Frag nicht, verwundere dich nicht, Scatere coepit vermibus etc. Was unrecht aufbehalten wird, das verdirbt, wie das Manna der Israeliter. Ein ungerechtes Manna, ein ungerechter Mammon geht zu Grund oft über Nacht, es bekommt Flügel, und fliegt aus, niemand weiß wohin? es entwischt und schlürft aus wie ein Aalfisch aus den Händen, es verdorrt und ganz gäh wie die Kürbisblätter des Jonä; es verschwindt wie das Quecksilber oder Gehweck-Silber, im Feuer; ein gemeiner Bach bereicht sich zuweilen mit fremdem Wasser, so er bei großem Regen-Wetter an sich bekommt, aber verlierts bald wiederum; der Mondschein stiehlt das Licht von der Sonne, prahlt aber eine kurze Zeit mit dem Schein, und wird bald wiederum ganz mager wie ein Sigel. Ein mancher schabt durch Wucher und Ungewissen viel Geld zusammen, verläßt selbiges den lachenden Erben, aber diese genießen es eine kurze Zeit, nachmal verschwindet alles, und nimmt noch den gerechten Pfenning mit sich; gleich wie ein alter fauler Baum, so im Wald von großem Sturmwind umgeworfen wird, auch mit sich einen grünen jungen Stamm zu Boden schlägt.

Der Achen hat durch gewissenlosen Vorthl und unzuläßige Weise die Seinigen wollen bereichern und[357] also seinem Haus über sich helfen, aber nicht allein um all das Seinige kommen, sondern ist noch mit der ganzen Freundschaft in Asche aufgangen und im Feuer verbrennt worden, der im Stehlen und Rauben nicht gefeiert hat.

Der Saul hat wider den ausdrücklichen Befehl des Samuel sehr stattlichen Raub von den Amalekitern an sich gebracht und geglaubt, durch solche Mittel, obschon unzuläßige, seine ganze Freundschaft reich und mächtig zu machen. Er hat aber dadurch sich und die Seinigen in das äußerste Verderben gestürzt.

Der Achab hat einen einigen Weingarten durch Unbilligkeit dem Naboth abgedruckt; es ist ihm aber der Wein, so darin gewachsen, zu einem so scharfen Essig worden, daß er ihm nicht allein das Leben abgefressen, sondern eine solche Kolika oder Reißen unter seinen siebenzig Kindern verursacht, daß sie alle und das Ihrige alles inner 15 Jahren dergestalt verzehrt worden, daß nicht ein Vetter weder Fetzen mehr übergeblieben.

Ein Weib hat sich auf eine Zeit auch unterstanden neben andern Kirchfahrten dem hl. Venantino ein schönes wohlgearbeitetes Schaaffell zu opfern; aber als sie solches wollt auf den Altar legen, da ist augenblicklich alle Woll verschwunden, und das Fell einem kahlen Pergament gleich gesehen, worüber sie öffentlich bekennt, daß sie solches Lämmel, wovon das Fell gewesen, entfremdet hätte.

Eine gestohlene Wolle verschwindet, das merke ein jeder. Ein mancher spart und scharrt viel Gut und Geld zusammen, welches er den Nächsten durch allerlei ungerechte [358] Griffel abgetragen und geglaubt, es werde auch sein Weib und Kinder hievon wohl, stehen, wohl leben, sich wohl erhalten; aber ich versichere ihn, daß dieses Wohl wie das obige Wohl unverhofft verschwinde; dann ein ungerechtes Gut pflegt durchzugehen, wie der Maulesel des Absalans. Das Wörtl Mausen hat zweierlei Ausdeutung. Mausen heißt so viel als stehlen, so will auch Mausen so viel als die Federn verlieren, und gleichsam blos werden, wie man insgemein zu reden pflegt, die Henne maust, der Vogel maust etc. Wer auf die erste Art mausen thut, und ungerechtes Gut an sich bringt, der ist schon vergewißt, daß er auch ebenfalls auf die andere Weise mausen muß, wo nicht er, wenigst seine Erben, so da wunderbarlicher Weise um das Ihrige kommen, und letztlich sogar entblößt werden, daß sie mit der Zeit kaum einen Fetzen anzulegen haben. Wir sehen öfter, wir erfahren täglich, wir hören so vielmal, was Güter und Habschaften gleichsam augenblicklich verschwinden, wie die Glori auf dem Berg Thabor, dessen aber keine andere Ursache, als weil fremdes Gut dabei. Wer nun ungerechtes Gut und Reichthum seinem Weib und Kindern hinterlasset, der gibt ihnen nichts als ein Vater, sondern nimmt ihnen als ein Tyrann und Räuber; dann hiedurch gerathen sie in die größte Noth und meistens ganz an Bettelstab, weil ein ungerechter Pfenning auch einen gerechten Groschen frißt und verzehrt. Gesetzt aber (welches doch selten geschieht) daß ein solches ungerechtes Gut bei Weib und Kindern und ferners bei Erben des Hauses beständig verbleibe, und die ganze Freundschaft hiedurch in [359] gewünschtem Wohlstand verharre. Was hilft es dich, du bethörter Tropf! wann es ihnen wohl gehet, du aber dessentwegen ewig, merk es doch um Gottes Willen, ewig in der Höll brennen und braten mußt? Ist es dir dann ein Trost, wann dein hinterlassenes Weib in einer herrlichen Behausung wohnt, du aber in dem höllischen Kecker an ganz glühende Eisen und Ketten angefesselt bist? ist es dir dann eine Erquickung, wann deine Söhn ein stattliches Panquet um das andere halten, und das mit Unrecht von dir ersparte Geld verschwenderisch anbringen, du aber mit zerlassenem Pech deinen Schlund mußt lassen durchbrennen? Hilft es dir dann, wann deine Tochter Geld halber zu einer vornehmen Heirath gelangt, und anjetzt eine gnädige Frau worden, dir aber dermalen die Gnad Gottes auf ewig versagt ist? bringt es dann dir eine Freud, wann Weib und Kinder im besten zeitlichen Wohlstand seyn, du aber ewig, ewig verloren? O Narren, die Weib und Kind halber zum Teufel fahren!

Des tyrannischen Kaisers Nero Frau Mutter, aus angebornem Ehrgeiz hätte so gern mögen sehen, daß ihr Sohn Nero, als Kaiser zu Rom konnte herrschen, derenthalben hat sie auch die kaldäischen Wahrsager um Rath gefragt, wie daß ihr Sohn zu dieser höchsten Dignität werde gelangen, aber sie werde von ihm ermordet werden. Worauf Agripina (so war ihr Name) alsobald in diese Wort ausgebrochen: »Occidet, dummodo imperet. Lasse geschehen, lasse ermorden, wann er nur promovirt wird.« O elende Agrippina! dazumal seynd dir andere Gedanken eingefallen, ja du bist sogar in einen unsinnigen Zorn ausgefahren, wie er dir den blutigen Tod hat angekündet.

[360] Herr, ihr müßt es mir vergeben, daß ich etwas zu offenherzig mit euch rede. Das Geld, welches ihr mit Wucher, mit Diebstahl, mit Betrug zusammen scharrt, das wird zwar so viel vermögen, daß euer Sohn hoch komme, ein Edelmann ein Landmann, ein vornehmer Herr werde, aber ihr fahrt derenthalben zum Teufel. Was höre ich für eine Antwort? Er schweigt still, verharret aber zugleich in voriger Bosheit, gibt das gestohlene Gut nicht mehr zurück; das ist eben so viel, als thät er mit Agrippina sprechen: Occidat, dummodo imperet: wann nur mein Sohn hoch kommt und reich wird, soll ich auch derenthalben ewig verloren werden. O unermeßliche Thorheit! anderst wird man reden, wann man schon vertieft sitzt in den ewigen Flammen. Dort wird man vermaledeien die Stund, da solche Kinder geboren, derenthalben sie in der Höll sitzen; man wird vermaledeien den geringsten Pfenning, den sie ungerechter Weis wegen der Kinder zusammen gebracht; man wird vermaledeien den Stand, in dem sie die Kinder mit solchen Mitteln gestellt haben; man wird vermaledeien Hab und Gut, so sie den Kindern hinterlassen; man wird vermaledeien Gott und den Himmel selbst, um weil sie diese weniger geacht, als ihre Kinder; man wird vermaledeien die eigne Seel, weil sie sich mehr befließen auf das zeitliche Wohlergehen der Kinder, als auf ihr ewiges Heil.

O! wie recht redet solche unbesonnene Kinder-Narrn an der apostolische Mann Salvianus: Solche, sprich ich, der Kinder halber verdammt werden.Amate, non obsistimus, amate filios vestros, sed tamen [361] secunde a vocis gradus; ita illos diligite, ne vos ipsos odisse videamini, inconsultos namque et stultus amor est alterius memor, sui immemor.

Liebet eure Kinder, wider dieses hat Niemand was, liebet sie, aber euch voran, liebet sie dergestalt, daß ihr euch selbsten nicht hasset; dann eine unbedachtsame und thörichte Lieb ist diejenige, so an andere gedenkt, und seiner selbst vergißt etc. Soll dann mehr gelegen seyn an dem zugänglichen Wohlstand eures Weibs, Kinder, Vettern, oder Befreundten, als an eurer eignen Seel? liebet sie in Gottes Namen, diesem widersprech ich nicht, aber liebet sie solcher Gestalten, daß ihrethalben eure Seel nicht in Verlust gehe: suchet dero zeitliches Heil, aber daß euer ewiges nicht in die Gefahr komme.

Aber höre, der du in fremdem Gut steckest, wie ein Zwifel in den Häuten, und einen so harten Magen hast, daß dich Niemand advomitum kann bewegen, damit nur deine Kinder wohl stehen, warum liebest du sie dergestalten, daß du ihrenthalben willst ewig verloren werden, indem sie dich so wenig lieben, ja kaum erwarten können, bis du die Augen zudrückest, und sie die gewünschte Erbschaft erlangen können? Nachdem der Jakob die zwei Schwestern, nämlich die Lia und Rachel geheirath, und sich in dem Haus des Schwieger-Vaters eine geraume Zeit aufgehalten, da wollt er wiederum in sein liebes Vaterland Kanaan reisen; voran aber beide Weiber befragt, ob sie Lust hätten mit ihm zu gehen? worauf sie alsobalden geantwortet, ja gar gerne; dann unsere Erbs-Portion haben wir bereits schon empfangen, und künftiger Zeit [362] nichts mehr zu hoffen, das übrige fällt alles auf unsere Brüder. Nunquid habemus residui aliquid in haereditate Patris nostri! So, höre ich wohl, ihr Kroten, unangesehen eure Vater und Mutter alt und betagt, und bei solcher Zeit euer Hülf und Beistand wohl vonnöthen, so verlaßt ihr sie dannoch; weil ihr nämlich von ihnen nichts mehr zu hoffen, und das Eurige schon bekommen? So stehe ich wohl, daß ihr eure Eltern nur lieb habt wegen der Erbschaft? Was dann: das ist gar nichts Neues. Aber daß ein Vater will der Kinder halber zum Teufel fahren, das ist etwas Neues.

Ganz gemein ist jene Geschicht, so sich mit einem reichen Wucherer zugetragen: wie dieser tödtlich erkranket, und bereits keine Hofinung mehr eines längern Lebens, da hat er alsobald, und zwar gar sorgfältig, ein Testament aufgericht, worin er sein Weib und Kinder zu Universal-Erben eingesetzt. Ein verständiger Pater, so dazumal gegenwärtig gewest, hat ihm mit ernstlichen Worten eingerathen, er solle seine Seel und Seeligkeit in Obacht nehmen, und vielmehr im Testament verschaffen, damit das ungerechte Gut möchte erstattet und zurück geben werden, denjenigen, denen ers gewissenlos abgenommen. Wahr ist es, gab hierauf der reiche Gesell zur Antwort, wahr ist es, daß hart sey die Höll auszustehen, aber herentgegen gedünke ihn nicht weniger hart, Weib und Kinder in Armuth zu stürzen; dann sofern er alles, was ungerecht, sollt zurück geben, so würde gar eine kleine Portion überbleiben. Der Pater hielt noch inständiger an, diesen irrenden Tropfen auf den rechten Weg zu bringen, [363] aber seine Arbeit und Mühe ist so fruchtlos gewesen, als hätte er eine ganze Zeit einen Raben gewaschen. Endlich durch des Paters geheimen und schlauen Anschlag trug der Medikus und Arzt vor, wie daß dem guten Herrn noch könnte geholfen werden, wann jemand aus seiner nächsten Blutsverwandschaft möchte nur so lange den Finger über eine Glut heben, bis zwei oder drei Tropfen thäten herunter schweißen, wormit die Brust geschmiert konnte werden, und solches dieses das wertheste, und zwar ein unfehlbares Mittel sey des völligen Aufkommens. Den Gesellen kitzlete noch die Hoffnung eines weiteren Lebens, und läßt alsobald sein Weib zu sich rufen, bittet sie beßtermassen um diese Lieb; da behüt mich Gott, sagt diese, das mag ich nicht, das kann ich nicht. Er hält ferner bei seinen Söhnen und Töchtern an um diese Lieb; ein jedes aber aus ihnen schüttelte den Kopf, und nahm den Abschied. Auf solches hat sich der Pater mit einem sondern Eifer und Ernst zu dem Kranken und halb Todten gewendet: da sehet ihr, elender und unglückseliger Tropf, sprach er, eurentwegen will weder Weib noch Kinder nur eine Viertelstund einen einigen Finger über das Feuer halten, und ihr wollt wegen ihrer mit Leib und Seel auf ewig in dem höllischen Feuer brennen? Mit dieser Pedarden hat er endlich das harte Herz des reichen Wucherers übergewältiget, daß selbiger nicht mehr angesehen das Blut der Seinigen, sondern das Testament gänzlich verändert, einen jeden, den er falsch hintergangen und um das Seinige gebracht, wieder befriediget, Weib und Kinder aber der göttlichen Vorsichtigkeit,[364] von der auch die geringsten Würmel und Käfer ihre Nahrung haben, bestermassen überlassen und anbefohlen.

Gesetzt aber (o unerhörte Thorheit!), gesetzt es findet sich jemand, der also in Weib und Kinder verliebt, daß er ihrenthalben will ewig verloren gehen (ich kann das gar nicht fassen), so ist doch diese keine rechte väterliche Lieb, sondern vielmehr eine unverantwortliche Grausamkeit gegen die Seinigen; dann indem er dieselben als Erben eines ungerechten Guts eingesetzt, so setzt er sich zugleich in die augenscheinliche Gefahr des ewigen Verderbens; dann sie mit gutem Gewissen ohne höchste Beleidigung Gottes ein solches nicht können besitzen, sondern schuldig seyn, bey Heller und Pfenning zurück zu geben.

Herab hat es geheißen bey dem Zachäo, herab mit dir vom Baum, solcher ist mir vorbehalten; ich werd einmal zu Trost und Heil der ganzen Welt auf den Kreuzbaum steigen, herunter dann mit dir, heut werd ich dein werther Gast seyn, und die Einkehr bey dir nehmen. Wie nun Christus dahin gelangt, da war seine erste Rede, Hodie, heut ist diesem Haus Heil widerfahren. Warum nennt der Herr das Haus, warum nicht vielmehr den Hausherren? dieses ist gar wohl zu merken, daß nicht allein ein großes Heil widerfahren dem Zachäo als Hausherrn, der durch die Einkehr Christi bekehrt worden, und folgsam das Entfremdte zurück geben, sondern auch dem ganzen Haus, Weib und Kinder; dann sofern sie das ungerechte Gut hätten besessen, so wäre sie ebnermassen zum Teufel gefahren. Darum gar recht: Salus huic [365] domo und nicht Domino. Aus allem diesen ist nur klar abzunehmen, und handgreiflich zu schließen, daß derjenige Kletzendrucker ein Diokletianus sey, welcher den Kindern eine ungerechte Haabschaft hinterlasset, massen solches ihnen eine eigentliche Ursache ihres ewigen Verderbens; dann aus tausend Kindern und Erben kaum einer anzutreffen, welcher sich zu der Restitution bequemt.

Kantipratanus schreibt, daß ein junger Mensch nicht lang nach dem Tod seines Vaters in eine schwere Krankheit gerathen, die von Stund zu Stund dergestalten zugenommen, daß man an seinem Aufkommen gezweiflet; dahero die nächsten Freunde und Anverwandte bestermassen ihn ermahnten, er solle und wolle doch seiner Seel nicht vergessen, und sich bereiten in die Ewigkeit. Dieses war dem jungen Blut eine so schwere widerwärtige Zeitung, daß er hierüber fast erstarret, entschuldigt sich endlich, daß er dermal die hl. Sakramente zu empfahen sich nicht allerseits tauglich befinde, bitte also um einen kleinen Aufschub. Die Krankheit aber ist so heftig gewachsen, daß er von einem Lethargo oder Schlafsucht überfallen worden, worin er ganz sinnlos gelegen. Endlich hebt er sich ganz gäh und unverhofft aus dem Bett auf, reißet auf eine abscheuliche Weis die halb feurigen Augen auf, schreit mit erschrecklicher Stimm: Juvate, juvate, helft, helft, kommt mir zu Hülf; dann mein verstorbener Vater mit einer großen Anzahl der bewaffneten Teufel kommet, und eilt herzu, mir das Leben zu nehmen, um weil ich in seine lasterhafte Fußstapfen getreten, und das von ihm durch Wucher[366] und Betrug zusammen gebrachte Gut besessen habe, helft, helft. Unterdessen bekommt er einen harten Streich, wovon er augenblicklich todt niedergefallen, und also samt seinem Vater in den höllischen Flammen der Zeit brennt, und noch ewig brennen wird. Allmächtiger Gott! wie werden diese ewig einander anschauen? ewig wird es heißen, du verfluchter Sohn, wegen deiner lieg ich in dieser Pein, ewig wird zu hören seyn, du verfluchter Vater, durch dich bin ich hieher gerathen; ewig wird es heißen, du verfluchtes, Kind, es wäre besser gewesen, ich hätte Atter und Schlangen, als dich erzeuget; ewig wird zu hören seyn, du verfluchter Vater, ein blutgieriges Tigerthier wäre mir ein besserer Vater gewesen als du; ewig wird der Vater als ein bissiger Hund den Sohn empfangen, ewig wird der Sohn als ein reissender Wolf mit dem Vater umgehen etc. Nun siehet man die Thorheit derjenigen, welche durch Unfug, durch Partiten, durch Wucher und andere unzuläßige Weis ihr Weib und Kinder begehren zu bereichen; massen solches ihnen nicht allein die frühzeitige und unverhoffte Schwindsucht der zeitlichen Habschaft verursachet, sondern noch beiderseits den ewigen Untergang. O Vater, Vater! wann das heißt die Kinder lieben, so will ich Panterthier und Krokodile um Rath fragen.

Es ist zwar nicht ohne, daß ein Vater schuldig und verpflicht sey, den Seinigen die möglichen Lebensmittel zu verschaffen, und ihnen auch nach dem Tod etwas zu überlassen; dann also lieset man in dem Buch Gen. Daß der Jakob samt Weib und Kinder von dem Laban hinweggereist, dem er so viel Jahr [367] die Hauswirthschaft getrieben, und als solches der Laban nicht gern gesehen, und lieber mit einem solchen treuen Menschen noch länger wäre versehen gewesen, da hat sich Jakob, wie billig und recht, entschuldiget, wie daß er auch einmal sein Hauswesen müßte bestens einrichten, und zu seiner eignen Wirthschaft schauen, damit heut oder morgen Weib und Kinder ein ehrliches Stückel Brod und Auskommen möchten haben etc. Justum est, ut aliquando providam etiam domui meae etc. Das Gesetz der Natur legt es dem Vater auf, daß er der Kinder nicht soll vergessen, aber laßt es auch einmal vor allemal gesagt seyn: nur kein ungerechtes Gut, lieber drei Gulden gerecht als dreißig tausend Gulden ungerecht. Dieses holt der Teixel, jenes segnet Gott, der da nichts als gut ist.

Der Tobias im alten Testament hat einen einigen Sohn gehabt, der war sein völliger Augapfel dem blinden Mann, nach Gott ist ihm nichts liebers noch werthers gewesen, als sein Sohn, aber mit ungerechtem Gut wollte er denselben kurzum nicht berichten; als er, der Vater, einmal nach Haus kommen, und im Stall ein Geißbock queckitzen gehört, holla, sagt der Alte, was ist das? dann er wußte nicht, daß sein Weib durch die Arbeit solchen verdient, der Geißbock ist vielleicht entfremdt worden? wann dem also, so gebt denselben geschwind wiederum seinem Herrn. Videte, ne forte furtivus sit, reddite etc. Als wollte er sagen, ich möchte nicht gern einen Strohhalm in und an meiner alten Hütte haben, der einem andern zugehöret, ich will meinem Sohn nicht einen [368] gestumpften Besen überlassen, der nicht mein ist etc. O mein lieber Sohn! sprach er einmal zu ihm: Pauperem quidem etc. Wir seynd zwar arm, und wenn ich auch gute Augen hätte, so thät mich das Silber und Gold nicht blenden; aber sey du dessenthalben nicht kleinmüthig; das Wenige, was wir haben, ist gerecht, und so wir anbei werden Gott fürchten, Multa bona habebimus etc. Da werden die Güter nicht ausbleiben. Der Alte ist ein Prophet gewesen; dann nicht lang hernach der jüngere Tobias, sein Sohn, eine stattliche Heirath getroffen, wodurch er zu einer überaus großen Erbschaft gelangt.

Wie segnet doch Gott einen gerechten Pfenning!

Wohlan dann Signore, lieb dein Weib und Kinder, aber nicht wie Judas, der das Geld gestohlen, diebisch abgetragen, und solches den Seinigen angehängt. Liebe Weib und Kinder, aber bereiche dieselbigen nicht mit fremdem Gut, wodurch sie mehr in Armuth gerathen. Liebe Weib und Kinder, aber schlag ihrenthalben dein eignes Seelen-Heil nicht in die Schanz. Liebe Weib und Kinder, aber lasse denselben keinen ungerechten Pfenning, der sie nachmals auch in die Verdammniß stürze. Liebe Weib und Kinder, aber gedenke, daß dir das Hemd näher als der Rock, die Seel lieber, als die Blutsverwandtschaft. Liebe Weib und Kinder, aber beleidige Gott den Herrn hierdurch nicht. Liebe Weib und Kinder, aber verlasse ihnen keine ungerechten Mittel, lieber gar nichts, sondern Gott allein zu einem Freund, der die arme Ruth zu Mittlen gebraucht, die arme verwaiste Esther zu Reichthum erhoben, der kann und wird auch [369] ihr Vater seyn, so ihnen das tägliche Brod verschafft.

Die dreißig Silberlinge um welche der Iskarioth Christum verrathen
Die dreißig Silberlinge, um welche der Iskarioth Christum den Herrn verrathen, seynd den Verstorbenen zu Nutzen kommen.

Wie Judas die gefällte Sentenz und blutige Urtheil über Christum in dem Pallast des Pilati vernommen, da hat ihn alsobald das böse Gewissen, als ein einheimischer Henker, dergestalten peiniget und gleichsam tyrannischer Weise gefoltert, daß er gleich einem rasenden und tobenden Menschen über die Gasse geloffen, die Hohepriester und Fürsten der Synagog allenthalben gesucht, und da er die meisten derselben im Tempel angetroffen, welche für die herzunahende österliche Zeit alle gehörigen Anstalten machten, hat er ihnen das empfangene Blutgeld wieder zurückgeben, und anbei öffentlich bekennt und ausgesagt, daß Jesus unschuldig sey. Indem sie endlich solches Geld geweigert anzunehmen, hat er solches ihnen vor die Füße geworfen und nachmals sich aus den Augen gemacht, dann er schämte sich wegen solcher unerhörter Lasterthat vor ehrlichen Leuten, deren doch damal wenig waren, zu erscheinen. Die geistlichen Herren und Vorsteher der Synagog thäten sich alsobald [370] berathschlagen, zu was besagtes Geld möchte angewendet werden, haben endlich sämmtlich beschlossen, daß man hievon einen Acker soll kaufen, worin künftige

Zeit die Fremden möchten begraben werden. Dieses wäre ein stattliches Mittel und glückseliger Vorschub gewesen, spricht mein hl. Vater Augustinus, daß solche gottlosen Hohepriester hätten leicht können zur göttlichen Gnade und Nachlaß der Sünden kommen, wann sie nur hätten wollen, Invenit tandem mens coeca remedium. Dann unserm lieben Herrn fast nichts werthers und wohlgefälligers ist, als wann man sich der Todten annimmt und forderist der abgestorbenen Christgläubigen sich erbarmet, welche in jener Welt noch die harte und schwere Strafe des Fegfeuers haben auszustehen. Ich glaube zwar wohl, daß diese meine wenigen Schriften auch denjenigen unter die Augen kommen, welche das Fegfeuer für ein äsopisches Gebäu halten; ich weiß mich aber gleichwohl zu entsinnen, daß ich selbst vor etlich dreißig Jahren zu Ulm einen ehrlichen Mann nach langer Ansprach gefragt, ob sein Vater noch bei Leben sey? der mir aber fast seufzend geantwortet mit Nein, sondern sein lieber Vater (tröst ihn Gott) also pflegte er zu sagen, sey bereits vor acht halb Jahren mit Tod abgangen; nun gedachte ich bei mir zu was dieser Wunsch (tröst ihn Gott) dienen soll; dann so er in der ewigen Glückseligkeit, alsdann scheint unnöthig, ihm solches zu wünschen, massen er diese allbereits besitzt: ist er aber in der ewigen Verdammnuß, so ist der Wunsch ebenfalls fruchtlos und ohne Nutzen. Urtheilet also, daß solcher löbliche Wunsch einen Ursprung mußte haben von uralten [371] Zeiten her, da man noch an dem Fegfeuer nicht gezweifelt. Zu dessen besserm Licht setze ich anbei diese große Fackel der Kirche, meinen heiligen Vater Augustinum, dessen feuriges Herz jederzeit ein herzliches Mitleiden getragen gegen die armen Seelen im Fegfeuer.


Ciet extincta tumultum.


Nimiae impudentiae est, negare animas interdum ad nos redire, Deo jubente vel permittente habemus enim Testimonium gravissimorum Autorum. lib. de cura pro Mort. Pag. 15.

Es spricht unser hl. Vater Augustinus: »Daß jemand sehr frech und unverschämt sey, der da läugnen darf, daß bisweilen die Seelen durch Befehl oder Zulassung Gottes wiederum zu uns kommen und uns erscheinen können, zumal solches von den bewärthesten Lehrern bestätiget wird.«


Es ist zwar nicht ohne, daß bei dergleichen Erscheinungen gar oft viel Betrug unterlaufe, entweder durch den bösen Feind, welcher die Tücke und Arglist, womit er anfangs, die Eva übervorthelt, noch immerfort bei den unbehutsamen Adamskindern spüren läßt, oder aber durch schlimme und vermessene Leute, welche unter dem Schein der Erscheinungen nicht selten einige Bosheit suchen und vermänteln, so geschieht auch oft, daß unsere einbilderischen Phantaseien oder schwache und verwirrte Sinn bisweilen seine Geisterscheinungen von freien Stücken sich selbst schnitzeln; dergleichen geschieht in einer solchen Menge, daß man ganze Bücher könnte damit anfüllen. Es hat unlängst ein solcher eingebildter Geist etliche Leute aus der Stube hinaus dergestalt gejagt, daß einer über den andern [372] trippelweis über die Stiege hinunter gefallen, und als man hernach die Sache weiters erwägt, und besser nachgesucht, so war der Geist nichts anders als ein gebratner Apfel in dem Ofenrohr, so wegen der Hitz angefangen zu seufzen und zu pfeifen. Unangesehen vieler solcher phantastischen Einbildungen oder andern frechen Bubenstück, wodurch zuweilen vermessene Leute andere suchen zu erschrecken, das zu ihrem bösen Vortheil zu gebrauchen, kann ohne große Thorheit nicht widersprochen werden, daß nicht mehrmal dergleichen wahrhafte Erscheinungen der Geister sich begeben.

Kaiser Ferdinandus, seligster Gedächtnuß, hatte stets bei sich und um sich einen geheimen Sekretair, dem seine Majestät als einem allertreuesten Diener alles anvertraut, nachdem solcher auch die Schuld der Natur bezahlt, und durch den zeitlichen Hintritt in die Ewigkeit passirt, so ist er nicht lang hernach dem Kaiser, als seinem zuvor allergnädigsten Herrn, ganz sichtbarlich erschienen, welchen dann der fromme Kaiser mit unerschrockenem Gemüth angeredet, und um die Ursache seiner Ankunft aus jener Welt befragt, weil aber hierüber keine Antwort erfolget, sondern anstatt dessen der Geist Ihro Majestät seine Hand dargereicht, welche der unerschrockene Monarch auch nicht geweigert, aber wegen übermäßiger Hitze seine Hand alsobald mußte zurückziehen, worauf auch der Geist verschwunden, und nicht mehr nachmals erschienen, weil der mildherzigste Kaiser sehr viele hl. Messen für ihn hatte lesen lassen.

Nachdem der heiligen Elisabeth, einer königlichen Tochter in Ungarn, ihre Frau Mutter mit Tod abgangen, [373] ist sse einmal bei der Nacht besagter ihrer Tochter, in schwarzem Aufzug und betrübtem Angesicht, erschienen, sich zu dero Füßen geworfen, liebste Tochter, sprach sie, ich beschwöre dich, daß du mit deiner bedrängten Mutter wollest ein Mitleiden tragen, dann ich leide unermeßliche Qualen und Tormenten in dem Fegfeuer, dieweil ich etlichmal lau und nachläßig gewesen in dem Dienst Gottes! O Tochter! O Tochter! ich klopfe mehrmal an die Porten deiner Barmherzigkeit, ich bitt, ich bitt, ich bitt etc. Wie nun die hl. Elisabeth hierüber sich zu dem Gebet begeben, und mit vielen untermengten Zähren, mit tiefen Herzensseufzern die göttliche Milde um Erlösung ihrer Frau Mutter ersucht, ist sie nicht lang hernach in ein sanftes Schläfel gerathen, worin sie gesehen, daß ihre liebste Mutter, vermög ihres Gebets, ganz frohlockend aus solchem feurigen Kerker in die ewige Seligkeit übertragen worden.

Unzählbar solche Erscheinungen findet man schier in allen Büchern, ja es streicht mehrmal nicht Ein Jahr vorbei, in welchem nicht da und dort dergleichen Begebenheiten sich ereignen, allein begegnet hierinfalls eine Beschwernuß und harte Frag, wie und was Gestalt man erkennen kann, ob sothane Erscheinung wahrhaftig sey, oder aber grundlos und mit Spiegelfechterei gefüttert.

Wann erstlich die Person, so dergleichen Erscheinung vorgibt, einen frommen und unsträflichen Wandel führt, so muß man doch dero Erzählungen ein willkührliches Ohr vergönnen und ihre Wort nicht gleich in Wind schlagen.

Wann nachmals eine solche Person hindurch kein[374] Interesse oder zeitlichen Gewinn sucht; dann gar oft eine gemeine Dienstmagd mit solchen Erscheinungen aufzieht, dadurch bei ihrer Herrschaft besser in Gnaden zu kommen, und folgends mehr belohnt zu werden.

Wann das Begehren des Geistes in billigen Sachen besteht und nicht einige Andachten untermischt, worin viel Aberglauben sich anhängt, wie nicht unlängst ein Geist soll begehrt haben, man soll seinet wegen bis nach Alten-Oetting Wallfahrten gehen, aber mit solchen Schuhen, mit denen man niemals über einen Freudhof oder Gottsacker gangen.

Wann der Geist erscheint in menschlicher Gestalt und nicht in Gestalt der wilden Thiere, als Katzen, Hunde, Bären, Wölfe oder andern Bestien, massen solche Erscheinungen mehr dem bösen Feind, als den guten Geistern zugemessen.

Wann der Geist kein Scheuen trägt ob dem heiligen Kreuzzeichen, an dem süßesten Namen Jesu und Maria, heiligen Reliquien, Weihwasser, Agnus DEI etc.

Wann der Geist zufrieden ist mit dem, was er anfangs begehrt und allbereit für ihn schon verricht worden, dann sofern er nach Abstattung der verlangten guten Werke noch fernere Ungelegenheit im Haus und der Person macht, kann dießfalls gar leicht ein Betrug und Falschheit des bösen Feinds oder auch der Person vermuthet werden.

Wann endlich die Erscheinung des Geistes anfangs einen Schrecken verursacht und sich die Natur darob erstlich entsetzt, nachgehends aber ein sonderer Herzenstrost entsteht, so scheint es ein gewisses Kennzeichen [375] eines guten Geistes, der da Hülfe sucht zu seiner Erlösung; soll aber der Geist zu Anfang das Gemüth mit Trost erfüllen, zuletzt aber Angst, Furcht und allerlei Entrüstungen verursachen, so kann man gar leicht abnehmen, dieses sey ein böser Geist und zwar nicht allemal eine verdammte Seele, sondern meistens der böse Feind und Satan selbst, welcher viele Orte solcher Gestalt aus göttlicher Verhängnuß pflegt zu beunruhigen.

Rathsam und heilsam ist es, so oft man nächtlicher Weile ein unnatürliches Getös oder Klopfen spüren thut, wie ich es selbst erfahren, da in Gegenwart meiner und eines andern Gespan, eine unsichtbare Hand alle großen eisenen Leuchter zur Mettenzeit, in dem Chor ordentlich an ihr Ort gestellt etc. Gut ist es, daß man bei dergleichen Zufällen ohne weitern Verzug das hl. Gebet ergreift, und solches Gott dem Allmächtigen aufopferte für jene Seele, so da aus Zulassung Gottes auf solche Weise Hülfe verlangt, wie dann wir auch gethan für den Pater, so des vorigen Tags mit Tod abgangen.

Gleich wie auch in der Charwoche nach Auslöschung der Kerzen auf dem dreieckigen Leuchter, pflegt ein Getös und Schlagen zu geschehen, wovon die Mette den Namen schöpfet die Pumpermette, also geschiehts mehrmals, wann unsere Freunde und Anverwandte mit Tod abgehen und gleichsam wie die Kerzen auslöschen, daß nachmals im Haus ein Tumult zuweilen gespürt wird, welches meistens dahin deutet, daß wir ihnen in jener Welt sollen eine Hülfe leisten.


[376] Non nisi spicula torquet.


Hic ignis, etsi non sit aeternus, miro tamen modo gravis est, supetat enim omnem poenam, quam homo unquam passus est in hac vita, vel pati potest.

Es spricht der hl. Vater Augustinus: »Daß jenes Feuer, ob es schon nicht ewig, doch auf eine wunderliche Weise schwer sey, ja es übertreffe alle Pein und Marter, die ein Mensch auf der Welt einmal gelitten hat oder leiden kann.« S.P. Augustinus Serm. de igne purgat.


Nachdem Jonas seine Bußpredigt zu Ninive vollendet, begab er sich aus der Stadt hinaus, und setzte sich unweit derselben auf einen Hügel, den Ausgang zu erwarten, was doch der Stadt möchte wiederfahren, machte sich auch anbei eine kleine Lauber-Hütte, damit ihm die Sonnenhitze nicht so hart könnte zusetzen, auch ließ der allmächtige Gott eine Kürbis aufwachsen, dessen große breite Blätter dem Propheten einen angenehmen Schatten gemacht, worüber er sich nicht ein wenig gefreut, aber solche Begnügung hatte einen kleinen Bestand, massen aus Befehl des Allerhöchsten in aller Frühe, noch vor Aufgang der Morgenröth, ein kleines Würmel den Kürbis zerbissen, worauf er alsobald verdorret, und nachmals den brennenden Sonnen-Strahlen freien Paß auf das Haupt des Propheten geben, welches ihm so großen Verdruß verursachet, daß er vor lauter Zorn und Ungeduld sich gegen Gott, nicht ein wenig beklagt, ja sogar ohne Scheu sich hören lassen, daß er auf solche Weis lieber todt als lebendig wolle seyn.

Ei du ungeduldiger Jonas! so kannst du nicht leiden kleine Sonnen-Hitz? so machen die Sonnen-Strahlen[377] so große Qualen? aber du bist nicht allein so heicklich, deinesgleichen findt man, sieht man, hört man unzählbare Adams-Kinder, welche die allergeringste Hitze nicht können ausstehen, wann sie von einem einigen Tropfen Petschier-Wachs getroffen werden, so muß das auweh hundert und neun und neunzigmal wiederholt, wann sie nur mit bloßen Händen ein Licht butzen, so schnellen sie mit den Fingern, als hätten sie dem feuerspeienden Berg Aetna in den Busen griffen, wann sie mit einem heißen Löffel-Suppen das Maul verbrennen, so jammern und lamentiren sie, daß auch die Augen derentwegen in die Schwemm reiten, o Gott! o Himmel! wie wird euch dann das Fegfeuer ankommen, gegen dessen Schmerzen, alle Pein der Welt nur für ein Scherzen zu halten.

Ein Druck unter der Preß, sagt, ich leide; ein Haar oder Flachs durch die Hächel, sagt, ich leide; ein Amboß unter dem Hammer, sagt, ich leide; ein Brett unter dem Hobel, sagt, ich leide; ein Weihrauch auf der Glut, sagt, ich leide; ein Braten an dem Spieß, sagt, ich leide; eine Erd unter dem Pflug, sagt, ich leide; ein Treidkörnel unter dem Mühlstein, sagt, ich leide; ein jeder Mensch, so geplagt wird, sagt, ich leide, ich leide. Aber hört ein wenig, macht die Ohren auf, wann man euch sagt, daß all euer Leiden nur Freuden seyn gegen das Fegfeuer.

Laß dir mit glühenden Pfriemen ausstechen die Augen, diese gläsernen Kuppler; laß dir mit glühendem Messer abschneiden die Nase, diesen polirten Rauchfang; laß dir mit glühender Scheer abschneiden die Ohren, diese zwei Audienz-Zimmer; laß dir mit glühendem [378] Schnitzer ausschneiden die Zung, diesen so künstlichen Sprachmeister; laß dir mit glühenden Zangen ausbrechen die Zähn, die elfenbeinene Zuschroder; laß dir mit glühendem Beil abhauen die Finger, die so spitzfindigen Künstler; laß dir mit glühendem Stemmeisen abhacken die Zehen, diesen so steifen Fußboden; laß dir mit glühendem Scheermesser Riemen schneiden aus der ganzen Haut, aus diesem so heicklichen Ueberzug, so ist doch Alles dieses nur ein Schatten, weiter nichts als ein Schatten gegen der mindesten Pein im Fegfeuer.

Alles auweh wegen des Augenweh, alles auweh wegen Zahnweh, alles auweh wegen des Halsweh, alles auweh wegen des Brustweh; alles auweh wegen des Ruckweh, alles auweh wegen des Seitenweh, alles auweh wegen des Herzweh, alles auweh wegen des Milzweh, alles auweh, so der Mensch am Leib, im Leib, um den Leib erlitten hat, und noch leidet, und ferners leiden wird, ist, ist, ist, was? ist nur eine Einbildung, ein Gedicht, nur ein gemaltes Wesen gegen dem Fegfeur.

Wie ist dir Jeremias gewesen in der Grube? übel, das glaubt man. Wie ist dir Joseph gewesen in der Gefängnuß? übel, das glaubt man. Wie ist euch Bürgern gewesen in der Brunst zu Sodoma und Gomorrha? übel, das glaubt man. Wie ist dir Achan gewesen unter dem Steinhaufen? übel, das glaubt man. Wie ist dir Absolon gewesen an dem Eichbaum? übel, das glaubt man. Wie ist dir Samson gewest, da du an Händ und Füß gebunden worden? übel, das glaubt man. Wie ist euch armen Seelen im Fegfeur? übel,[379] übel! Aber das will kein Mensch glauben, und kanns kein Mensch glauben, o Gott!

Die Kostnizer Chronik registrirt eine wunderseltsame Geschicht, so sich nach Christi Geburt Anno 1134 soll zugetragen haben. Herr Albrecht, Freiherr von Zimmern, bediente mehrmals den Hof des Herzogs Friedrich in Schwaben, einsmals begleitete er den Herzog, samt dem fürstlichen Hof bis nach Monheim zu dem Grafen Chringer, allwo neben andern Lustbarkeiten auch eine Jagd wurde angestellt, meistens darum, weil in dem nächst entlegenen Wald vor vielen Jahren her, ein Hirsch von einer ungeheuren Größe, so aber niemal von den Jägern konnte ertappt werden. Als nun der Fürst mit dem häufigen Adel in wirklicher Jagd begriffen, und Herr Albrecht von Zimmern hierein nicht der mindeste seyn wollt, hat sich ungefähr zugetragen, indem besagter Kavalier auf die Seite in etwas geritten, daß ihm der große Hirsch unter die Augen kommen, dem er mit allem Eifer und möglichsten Fleiß nachgesetzt, dergestalten, daß er sich von der Hof-Staat gänzlich verloren, und als er vermeinte den Hirschen schon zu haben, da ist anstatt dessen ein großer Mann vor ihm gestanden, wovon der sonst unerschrockene Kavalier sich nicht ein wenig entrüst, endlich redet ihn dieser Geist folgender Gestalten an, fürchte dir nicht Albrecht, dann ich habe einen besondern Befehl von Gott, dir etwas hochwichtiges anzudeuten, reite mit mir, so wird eine unerhörte Sach geoffenbaret werden. Albrecht von Zimmern weil er von Gott gehört, weigerte solches gar nicht, folgte ohne weitere Furcht dem Geist, bis sie endlich [380] zu einem herrlichen Pallast gelangt, in dessen Mitte ein sehr kostbarer Saal zu sehen war, darin eine große Tafel voller hochansehnlicher adelicher Gäst, welche alle sich zeigten, jedoch mit höchstem Stillschweigen, als thäten sie essen; wie nun Herr Albrecht Alles genau besichtiget, und sich nicht genug hierüber konnte verwundern, bekommt er von dem Geist einen Befehl, daß er sich wieder auf den Zurückweg solle begeben, welches auch ohne fernern Verzug geschehen; der Geist aber fragte ihn, was er von dieser Sach halte, und was er vermeine, wer diese seyn? als solches der Freiherr mit Nein beantwort, sodann offenbarte ihm der Geist, wie daß solches seine Freundschaft sey, so schon vor vielen Jahren mit Tod abgangen, anjetzo aber wegen gewissen Sünden noch in zeitlicher Strafe liege, und unglaubliche Peinen leide, worüber dieser Geist auch verschwunden. Herr Albrecht wollte noch einmal umschauen, und den wunderschönen Pallast noch einmal anblicken, sieht aber, daß selbiger in völligem Feuer und Flammen, mit erschrecklichem Prasseln des Schwefels und Peches, dann auch ein wehmüthiges Schreien und Lamentiren, worüber er dergestalten erschrocken, daß uneracht er ein Kavalier von etlich dreißig Jahren, am ganzen Kopf schneeweiß worden wie ein eisgrauer Mann, welches den Herzog und die gesamte Hof-Staat in höchste Verwunderung, gestellt; bald hernach ist zu Trost der verstorbenen Christgläubigen, forderist seiner Freundschaft, eine schöne Kirche samt einem Jungfrau-Kloster dahin gebaut worden.

Reden läßt sich viel, aber nicht genug, erzählen[381] läßt sich viel, aber nicht genug, malen läßt sich viel, aber nicht genug, schreiben läßt sich viel von dem Fegfeuer und dessen größte Pein, aber nicht genug, nie genug; gleichwie nun ein Igel über und über voller Spitz und Spieß, und gänzlich nichts linds an sich, sondern alles nur zum Verwunden und Beleidigen, also ist in jenem zeitlichen Kerker nichts zu sehen, zu hören, zu riechen, zu kosten, zu fühlen, als lauter weh, weh, weh.


Prospere si propere.

Festinate orare pro Defunctis Ecclesiae. S. Pater Augustinus. Serm. 44. ad ffr. in Erem.
»Eilt, eilt zu beten für die verstorbenen Christglaubigen,« spricht der hl. Vater Augustinus.

Nachdem die übergebenedeite Jungfrau Maria durch Ueberschattung des heil. Geistes Gottes Sohn in ihrem reinsten Leib empfangen, hat sie sich alsobald auf die Reis' gemacht, ihre liebste Maim und Baas Elisabeth, so dazumal im sechsten Monat groß Leibs gangen, zu besuchen und folgsam zu bedienen, sie hat aber solche Reis' in aller vollzogen, massen sie den ersten Tag des Aprils an einem Freitag (wie Kolvenerius zeugt) ausgangen, und am Montag schon bei Zeiten in das Haus Zachariä, ungeacht des großen und harten Gebirgs sich eingefunden, also in so wenig Tagen 95 welsche, das ist 19 deutsche Meilen gemacht, welches an dem so zarten Jungfräulein höchst zu vermundern, wie dann solches der Evangelist selbst umständig beschreibet. Daß sie nämlich eilends gegangen, über das Gebirg in die Stadt Juda etc. Weil [382] sie wußte, daß durch ihre Ankunft der kleine Joannes noch im Mutterleib von dem Band der Erbsünde sollte losgemacht werden, also hat sie solche Reis ohne einigen Aufenthalt aufs Allerschleunigste vollzogen, ganz eilends, uns zu einer sonderbaren Lehr; wann wir doch wollen dermalen unserm Nächsten aus einem Elend helfen, daß wir solche Hülf im Geringsten nicht aufschieben, sondern ohne weitern Verzug unsere barmherzigen Händ darreichen, eilends, eilends.

Nichts tyrannischer und grausamer kann erdacht werden, als wann wir die Hülf gegen die abgestorbenen Christgläubigen auf so lange Bank schieben. Wann ein Todfall geschieht, ist meistens das erste Schicken zum Schneider, damit die Klagkleider ohne Hindernuß verfertiget werden, unterdessen bratet und brennet er; man schickt zu zwei oder drei Tischlern, welcher um leichtern Werth die Truhe mache, unterdessen bratet er, und brennet er; man deutet es der Obrigkeit, an wegen der gewöhnlichen Sperr, unterdessen bratet und brennt er; man thut es der ganzen Freundschaft zu wissen, unterdessen bratet er, und brennt er; mit harter Mühe des folgenden Tags wird ein oder andere Meß gelesen. Die Pia Legata können dermal nicht abgestattet werden, dann das Testament hat eine Klausel, aus welcher vermuthlich ein Prozeß geschmiedet wird, der sich aber vor Jahr und Tag nicht enden wird, unterdessen bratet er und brennt er. Kurz vor seinem Tod hat mir mein Vater auferlegt, ich sollt diese Schuld bezahlen, welches auch, geliebts Gott, geschehen soll, aber ich will erst warten, in was für einen Preis heuer das Treid werde [383] kommen, unterdessen bratet er und brennet er; die Kirchfahrt, die er nach Marien-Zell verlobt, soll ich sobald es nur möglich, anstatt seiner verrichten, aber dermal, weil es Herbstzeit und der Weingarten ein wachsames Aug braucht, kanns nicht seyn, will sehen wie es sich im Frühling wird schicken, unterdessen bratet er und brennt er. O Grausamkeit eines solchen Tigerherzens, eines solchen steinharten Gemüths!

Wie der verlorne Sohn wieder aus den Ländern und Elenden kommen, und dem alten Vater zu Füßen gefallen, wie der Vater gesehen, daß er vor Hunger so ausgemergelt, und so wenig Fleisch, als des Samsons gebrauchter Esels-Kinnbacken; wie er wahrgenommen, daß er salv. ven. keinen Schuh an Füßen, und nur zum Kraut-Eintreten gericht, der als ein Unkraut gelebt; wie er vermerkt, daß sein Rock so voller Löcher, als hätten die Erdmäus darinnen ihren Tummelplatz; wie er gesehen den elenden Aufzug und mühseligen Stand seines Sohns, da hat er, der liebe Vater, befohlen, cito, proferte etc. geschwind, daß man ihm ein neues Kleid anlege, cito, geschwind, daß man zu der Kuchel schaue, und ein Mittagmahl zurichte, cito, geschwind und eilends etc. Mein Vater, laßt lieber den saubern Gesellen noch etliche Tage in seinen Hadern herumschlampen, vielleicht buhlen die Papiermacher um ihn, laßt ihn einige Zeit fasten, er hat ohnedas zu viel gelöffelt, laßt ihn noch eine Weil leiden, damit es ihm eine Witzigung sey. Ach nein, sagte der Vater, ich könnt es über mein Herz nicht nehmen, er ist mein Fleisch und Blut, [384] ich kann nicht auch eine Viertelstund mehr zusehen, daß er solche Noth soll leiden, cito, cito.

Wie könnt dann ihr Kinder um Gotteswillen, wie könnt ihr ein so stachelhartes Herz haben, und zulassen, daß eure liebsten Eltern nicht nur eine Viertelstund leiden, sondern so viel Jahr und Zeit; dann erwägt nur, daß eine einige Viertelstund, an welcher ihr die heilige Meß, das Almosen aufschiebt, ihn viel Jahr gedunkt zu seyn. Nur gar zu bekannt ist jene Geschicht, so sich mit zwei frommen und gottseligen Religiosen zugetragen, welche als vertrauteste Freund unter ihnen diesen Pakt gemacht, daß welcher vor dem andern werde mit Tod abgehen, vor den soll der Lebendige alsobald das heilige Meßopfer verrichten, und zwar ohne den geringsten Verzug, welches auch also vermög des Versprechens geschehen, aber nach vollendeter hl. Meß erscheinet der Tobte dem Lebendigen, rupfte ihm vor seine Nachläßigkeit, daß er seinem Schwur und so treuen Versprechen nicht nach kommen, um weil er grausamer Weis' ihn zwanzig ganzer Jahr im Fegfeuer gelassen; mit nichten, antwortet der Lebendige, dem sey nicht also, es sey erst eine halbe Stunde, daß er Tods verblichen, und den Augenblick gleichsam nach seinem Hinscheiden habe er die heil. Meß angefangen. Wann dem also, sagt hinwieder der Todte, so muß man bekennen, daß einem im Fegfeuer eine einige halbe Stund vorkomme wie 20 ganzer Jahr.

Cito, Cito, wohlan dann barmherzige Gemüther, verweilet nicht einen Augenblick, den Verstorbenen zu helfen, schiebt es nicht eine viertel Stund auf für[385] sie zu beten, laß doch um Gottes Willen nicht hören, das Morgen, das Uebermorgen, das ein andermal, sondern gleich jetzt, jetzt, da die Seel vom Leib geschieden, werft ein Allmosen in die Händ der Armen, jetzt, da der Körper noch warm, schickt in die Kirchen, und Gottes-Häuser zu beten, jetzt, da man ihm die Augen zudrückt, erhebt eure Augen gen Himmel, und seufzet um Barmherzigkeit bei dem allmächtigen Gott.

Cito, Cito, wann des Nächsten Haus brennt, und Alles im Feuer stehet und steckt, ist doch Niemand, der nicht lauft und schnauft, und sucht zu löschen, und wir solchen können zusehen, daß etliche Tage, etliche Monat, ja viel Jahr und Zeit unsere Eltern, unsere Freund und Anverwandten sollen im Feuer und Flammen liegen? Ach nein, das soll man von eines Menschen Herzen nicht vermuthen.

Abraham Abraham, der gottesfürchtige Patriarch, macht nun viel zu Schanden. Er hat auf eine Zeit drei fremde Männer erblickt, denen er nicht allein entgegen gangen, sondern geloffen, cucurrit, selbe demüthigst ersucht, sie wollen doch die Einkehr bei ihm nehmen, er sey erbietig, ihnen die Füße zu waschen, und sie mit einem Bissen Brod zu bedienen. Das war noch nicht genug, Abraham eilte in die Hütte zu der Sara, eile, sagt er, und backe geschwind ein weißes Brod für die Leut, er aber lief zum Vieh und holte das beste Kalb, gab es dem Knaben, und dieser eilte, und kochte es, Gen. 18. Wer seynd doch diese gewesen, wessenthalben sie zu bedienen man allerseits eilte in dem Haus des Abrahams? Abraham currit, Uxor festinat, Puer accelerat etc. Fremde [386] seynd sie gewest, die der Abraham nie gesehen noch gekennt.

Pfui der Schand bei uns! Abraham springt den Fremden so eilends bei, und wir unsern nächsten Bluts-Verwandten in jener Welt so lau und langsam; er spendirt ihnen alsobald ein weißes Brod, und wir lassen oft etliche Tag und Wochen verstreichen, bis wir ihnen ein Bissel vergonnen und vorlegen von dem schneeweißen Brod der Engel. Ich will, sagt mancher, wohl etliche heilige Meß lesen lassen, aber ich muß vorhero wissen, ob es die Verlassenschaft austrägt, was für Schuldner sich nach und nach werden einfinden, damit ich mit der Welt nicht mit lauter Meß-Opfer das Meinige auch aufopfere; unterdessen heißt es so viel, als laß ihn brennen und braten. O eiskalte Herzen? habt ihr doch ein Mitleiden, wann ein Hund mit einem Stein geworfen wird, und durchs Geschrei und Wimseln seine Zuflucht zu euch nimmt; wie könnt ihr dann zusehen, zulassen, zuhören, daß eure eigne Befreundte, oder beßte Bekannte, so lang warten müssen im Fegfeuer und Flammen euer Hülf!Cito, Cito, ach eilet, eilet doch um Gottes Willen, ihnen zu helfen, und feiert nicht einen Augenblick wegen des unbeschreiblichen Feuers, nehmet dießfalls die Schnelle des Hirschen an euch, damit ein jeder zu seiner Zeit mit dem Psalmisten David sprechen könne: »Perfecit pedes meos tanquam Cervorum. Psal. 17. Er hat meine Füß den Hirschen gleich gesetzt.«


[387] Accipit et reddit.


O Homo, ut tui misereatur Deus, fac ut proximo miserearis in purgatorio; nam tantum tibi miserebitur Deus, quantum tu misereberis proximo. Ora ergo pro Defunctis. S.p. Augustinus Serm. ad FFr. in Eremo.

»Willst du, o Mensch,« sagt der hl. Vater Augustinus, »willst du, daß Gott sich deiner erbarme, stehe zu, daß du im Gleichen deinem im Fegfeuer liegenden Nächsten Barmherzigkeit erweisest, dann in so viel wird Gott dir in seiner Erbarmung mittheilen, wie viel du dich über deinen Nächsten wirst erbarmet haben; so bitte dann für die Abgestorbenen.«


Wie Anno 1683 der ottomanische Erb-Feind durch sondere Verhängnuß Gottes, mit einer so großen Kriegsmacht den meisten Theil des Unterösterreichs überschwemmt, und auf grausame Weis' mit den Christen verfahren, da haben sich etliche zu Solenau, ein Ort gegen fünf Meilen von Wien entlegen, um weilen ihnen aller Weg zum Fliehen, abgeschnitten war, reterirt in das Todtenbeinhaus, auf dem Friedhof, worin sie, ungeacht so viel und mannigfaltiger Nachstellung, etliche Wochen sich aufgehalten, und nur zuweilen bei nächtlicher Zeit behutsam heraus gekrochen, da und dort einige Lebensmittel gesucht, und solche wieder mit sich in die Todten-Retirada genommen; nachdem endlich der ottomanische Mondschein eine Finsternuß gelitten, und dieser christliche Erb-Feind hat müssen das Fersen-Geld geben, seynd obgedachte nicht ohne sondern Trost aus ihrem Todten-Haus hervor gangen, Gott dem Allmächtigen höchstens gedankt, um weil sie, die Todten, das Leben erhalten.

Das zeitliche Leben ist endlich nicht so hoch zu[388] achten, zumalen es nur ein verdrießlicher Arrest der Seele, in dem wilden Kerker des sterblichen Leibs ist; entgegen ist mit höchstem Fleiß auf alle erdenkliche Weis' dahin zu trachten, wie wir können das ewige Leben erwerben, so aber gewisser und sicherer nicht geschehen kann, als durch die Todten, da wir nämlich uns der Todten annehmen, und den verstorbenen Christgläubigen in jener Welt einige Hülf reichen werden.

Dann zu wissen, daß, wann wir alle unsere guten Werk den armen Seelen im Fegfeuer schenken, solche auf keine Weis' in Verlust gehen, sondern noch doppelt, ja hundertfältigen Nutzen hieraus schöpfen; und geschieht es auf gleiche Weis' wie mit den Brüdern des Joseph. Diese sauberen Gäst wurden durch die harte Hungers-Noth dahin gezwungen, daß sie mußten gar in Egypten reisen, daselbst um das baare Geld Treid einzuhandeln, es geschah aber, daß gleich dazumal das völlige Gouverno des ganzen Königreichs ihr Bruder Joseph führte, den sie schon längst für todt gehalten, oder wenigst glaubten sie, daß er etwan zu End der Welt S.V. einen Sau-Hirten abgebe; Joseph erkannte diese schlimmen Gesellen alsobald, sich aber gab er nicht zu erkennen, sondern ließ sie sauber unter dem Schein als wären sie Verräther und Ausspäher in die Keuchen werfen (auf solche Köpf gehört keine andere Laug) endlich verwilliget er neben Darlegung des Geldes, daß man ihnen das Treid solle lassen folgen, befiehlt aber in der Geheime, man solle einem jeden sein Geld ohne dero Wissen in Sack hineinlegen, so auch geschehen; wie sie nun nach langer Reis' nach Haus kommen und ihr Treid bereits ausgeschütt, da haben [389] sie mit höchster Verwunderung wahrgenommen, daß ein jeder sein Geld, so er ausgeben, wieder zurückbekommen, samt einem reichen Vorrath vom Treid.

Auf gleiche Weise begegnet allen denjenigen, welche all ihre Andacht und guten Werk den armen Seelen im Fegfeuer schenken, heil. Meß schenken, heil. Ablaß schenken, heil. Allmosen schenken, heil. Fasten schenken, heil. Kommunionen schenken, heil. Wallfahrten schenken etc., alles dieses, was sie dermalen aus mitleidendem Herzen den armen Verstorbenen spendiren, bekommen sie gleich nach ihrem Tod wiederum, und noch dabei einen großen Vorrath der göttlichen Barmherzigkeit. Massen der Allerhöchste in Ansehen solcher Lieb des Nächsten nicht anderst kann, als auch sich ihrer erbarmen. Dahero spricht mehrmal unser heil. Vater Augustinus: »Igitur pro mortuis semper orandum est, et sic mala morte perire non poterimus S.P. August. in Ps. 40. Wir sollen in allweg und allezeit für die verstorbenen Christgläubigen beten, dann solchergestalten können wir einen bösen und unglückseligen Tod nicht nehmen.«

Die heil. Jungfrau Gertraud, um weilen sie aus purem Mitleiden gegen die armen Seelen alle ihre guten Werke ihnen überlassen, thäte sich nicht ein wenig bekümmern in ihrem Todtbettl, aus Furcht, sie möchte etwan selbst wegen Mangel der guten Werk Roth leiden, indem sie nun in solchen Aengsten begriffen, erscheint ihr Christus der Herr, und redet sie, tröstlich also an: Damit du sehest und sattsam erkennest, wie werth und angenehm mir deine mildherzige Lieb sey gewesen, welche du gegen die armen [390] Seelen im Fegfeuer getragen, so laß ich hiemit alle Strafen nach, die du hättest sollen in denselben ausstehen, und weil ich für die Werk der Barmherzigkeit habe hundertfältige Belohnungen versprochen, also will ich dich nicht allein ungestraft lassen, sondern noch anbei deine Glorie der Ewigkeit vermehren.

Jener Religios, von dem Baronius registrirt, hat es genugsam erfahren, daß sich Gott eines solchen erbarme, der sich auch über die armen Seelen erbarmet hat, massen dieser nach seinem zeitlichen Hintritt mit vielen andern Seelen, so gleich dazumal in derselben Stund von ihnen abgeschieden, vor dem göttlichen Richterstuhl gestellt, und von den bösen Geistern dermassen hart angeklagt worden, daß bereits über ihn sollte gefällt werden das Urtheil der ewigen Verdammnuß. Weil er aber sein Lebtag ein sonderbarer Liebhaber der armen Seelen gewest, und selbiger in seinem Gebet nie vergessen, also hat Gott in Ansehung dieser Lieb zu den verstorbenen Christgläubigen, auch vermittelst der Vorbitt der armen Seelen, ihn verschonet, und beinebens anbefohlen, er solle wiederum zum Leben kehren, und noch genugsame Buß auf der Welt wirken.

Wer in Himmel will kommen hinauf, der schicke den armen Seelen einige Hülfe hinunter; wer erhalten will das ewige Leben, der vergesse nicht der Todten; wer gelangen will zur Seligkeit, der helf den armen Seelen aus der Mühseligkeit; wer kommen will zu dem ewigen Abendmahl, der faste für die armen Seelen im Fegfeuer; wer will, daß er ewig soll brennen in der Liebe Gottes, der lösche den armen [391] Seelen das Fegfeuer aus; wer will, daß ihm Gott solle die Sünden nachlassen, der schenke den armen Seelen einen Ablaß; wer gelangen will zu dem himmlischen Vaterland, der spendire oft den armen Seelen einige Vater unser; wer will kommen zu dem ewigen Licht, der führe die armen Seelen aus der Finsternuß; wer will, daß sich Gott seiner dazumal soll erbarmen, der erbarme sich dermalen der armen Seelen im Fegfeuer.

Unmöglich scheint es, daß jemand, so ein Mildherziger, Hülfereicher der armen Seelen ist, könne ewig verloren werden, zumalen solche Seelen unaufhörlich ihre Gutthäter zu Gott dem Allmächtigen schreien und seufzen; es gibt der Exempel genug, daß solche Seelen ihre Liebhaber bei nächtlicher Weil aus dem Schlaf auferweckt, und sie ihres herbeinahenden Sterbstündleins erinnern; es gibt der Exempel viel, daß solche Seelen ihre Patronen aus augenscheinlicher Todesgefahr errettet, damit sie nicht im Stand einer Todsünd möchten sterben; es gibt der Exempel nicht wenig, daß solche Seelen-Gutthäterinnen in ihrem Sterbstündlein beigestanden, und ihnen in solchem letzten Streit haben helfen victorisiren. Binetus schreibet selbst von einem, der sonst eines untadelhaften Wandels war, daß er in seiner tödtlichen Krankheit nicht allein von den Leibschmerzen, sondern forderist von dem Gewissensskrupel also geplagt worden, daß er bereits in der Gefahr der Verzweiflung gestanden, aber bald sah er einige Heilige vom Himmel steigen, welche ihm in dessen harten Kampf beigestanden, mit Verlauten, sie sey diejenige, die er mit seinem Gebet und guten Werken [392] aus dem Fegfeuer zum Himmel befördert habe, anjetzo wolle sie auch solche Gutthat erwiedern, und ihn den geraden Weg zum ewigen Leben führen.

Gleichwie nun dasjenige Treid, so in den obern Mühlkasten geschütt wird, nicht in Verlust gehet, sondern es kommt wieder unterhalb hervor, und zwar weit besser, schöner und nützlicher, gestalten es in das beste Mehl verwandelt worden; deßgleichen seynd alle unsere guten Werke, so wir den armen Seelen im Fegfeuer schenken und schicken, nicht umsonst hinweggeworfen, sondern wir finden sie wieder in jener Welt, und weit besser, wegen der Lieb zu unserm Nächsten, Kraft solcher Gott auch unser sich erbarmet, und uns dasjenige gütigst ertheilt, zu dem wir ihnen verhilflich gewesen seynd.


Major conceditur, negatur minor.


Illo transitorio igne, de quo paulo ante Apostolus, ipse autem salvus erit, tamen quasi per ignem; non capitalia, sed mlnuta peccata purgantur. S.P. Augustinus Serm. 41 de Sanctis.

»Durch dieses zeitliche Feuer, von dem kurz vorhero der hl. Apostel Meldung gethan, der wird selig werden, gleichwohl dergestalt durch das Feuer, I. ad Corinth. 13, werden nicht die größten Haupt- oder Todsünden, sondern die kleinen und läßlichen Sünden gereiniget,« also spricht unser heil. Vater Augustinus.


In der schwedischen Unruh, benanntlich um das Jahr Christi 1631, zog von Ingolstadt hinweg der sehr gelehrte Mann und berühmte Professor daselbst, Pater Adamus Tanner, ein Priester der Societät Jesu, [393] kam nach Passau, von dannen setzte er seine Reise weiter in Tyrol, als in sein Vaterland, es zog ihm aber auch nach der Tod, und traf ihn an in einem Dorf, mit Namen Unken, da starb er gottselig und war eine sehr große Rede von ihm, daß er bei Lebzeiten ein sehr gelehrter Mann sey gewesen. Indem aber seine Kleider ausgesucht worden, fand man bei ihm ein Mikroskopium, der künstliches, sauber gefaßtes Muckengläs'l, welches die kleinsten Dinge, so darin verschlossen werden, groß macht, und aus einer Mucke einen Elephanten, wie man pflegt zu reden, dazumal war gleich ein Floh darin eingesperrt. Die guten einfältigen Zuseher wußten nicht, was dieses Büchslein und Glas möchte seyn, gaffen doch darein, und sehen ein haariges abscheuliches Thier mit einem ungeheuren Schnabel, erschrecken hierüber nicht wenig, und werden letztlich eins, das müßte der lebendige Teufel seyn, den dieser Jesuiter mit sich herumgeführt habe, darum gar kein Wunder, daß er so ein gelehrter Mann gewesen, als der einen schwarzen Engel für einen Lehrmeister gehabt, wollten also des guten Paters, als eines vermeinten Zauberers Leichnam, nicht in das geweihte Erdreich bestatten. Dieser Ruf kam alsobald weiter, und gar nach Passau zu den Ohren eines vornehmen Manns, der ein sonderer Freund war des Pater Tanners, welcher dann ohne einige Verweilung sich aufgemacht, die guten Bauren besser zu berichten, kommt auf Unken, fangt ihnen an zu sagen, wie daß dieses kein Teufel, sondern ein armer gefangener Floh, der doch zehnmal größer scheine, als er von Natur sey, und dieses aus mathematischer Kunst; schütt hieraus, [394] nicht ohne Schrecken der umstehenden Bauren, den eingebildeten Teufel heraus, welcher doch nichts anders war, als ein bloßer Floh, laßt sich hernach einen andern Floh, herbei bringen, den die einfältigen Leute selbsten gefangen schließet solchen in das Glas, Mikroskopium genannt, hinein, und befiehlt ihnen darauf alles wohl zu besichtigen; da lachte aber ein jeder dieses unruhigen herum hupfenden Teufels, als der mehrmal zehnfach größer schien als zuvor, worüber das Spiel ein End, und wurde der fromme und wackere Mann mit sonderm Gepräng, und Zulaufen begraben.

Ich muß bekennen, daß dergleichen lächerliche Possen nicht sollen zu ernstlichen Sachen gesellet werden, allein ist solches hieher gesetzt worden, zu sehen, die wunderliche Kunst, und seltsame Griff der Mathematik, als welche meisterlich weiß kleine Sachen groß zu machen. Wir unbehutsame Adamskinder machen unsere täglichen, ja stündlichen Mängel und Unvollkommenheiten allezeit klein, die läßlichen Sünden haben bei uns den Ordinari-Titul, und werden kleine Possen und Narredei benennet, aber bei Gott dem Allmächtigen werden sie für groß gehalten, und solche Mucken für Elephanten angesehen, auch derentwegen in jener Welt durch das Fegfeuer unermeßlich gestraft.

Mahomed der andere hat einen aus seinen Edelknaben lassen lebendig aufschneiden, um weil er einen verbotenen Apfel aus seinem Hofgarten entfremdt. Ein Herzog von Mailand, schreibt Corius, hat einen Priester lassen Hunger sterben in dem Gefängnuß, weil solcher ihm vorgesagt, daß er nur 9 Jahr werde regieren. [395] Wenceslaus, König in Böhmen, hat seinen Koch lassen lebendig am Spieß braten wie ein indianisch Stuck, weil solcher ihm die Speise nicht nach seinem Gusto hat zugericht, aber der gerechte Gott züchtiget die kleine Verbrechen weit schärfer in jener Welt.

Antonius de Monte, einer von den ersten Kapuzinern zu Rom, eines sehr frommen Wandels, stunde auf eine Zeit bei der Nacht auf, und ging in die Kuchel, daselbst ein Licht anzuzünden, merkt aber von Fern in derselben ein großes Feuer, wessenthalben er sich nicht genug konnte verwundern, um weilen zu solcher Zeit nicht gewöhnlich, ein Feuer zu brennen. Als er nun in die Kuchel getreten, da erblickt er alsobald ein erbärmliches Spektackel, benanntlich zwei kohlschwarze Mohren, welche zwei Kapuziner-Brüder, so unlängst zuvor mit Tod abgangen, an ganz glühenden Spießen gebraten; der fromme Pater, nachdem er sich wegen großen Schreckens in etwas erholt, befragt diese zwei, als vorhin seine gute Bekannte, was doch dieses bedeute? ob sie dann in das ewige Feuer oder aber in das Zeitliche verurtheilt worden? worauf sie geantwort, daß sie zwar durch die grundlose Barmherzigkeit Gottes dem Ewigen entgangen, leiden aber diese erschreckliche und unermeßliche Pein derenthalben, was glaubt man hier, was ihr Verbrechen gewesen sey? Etwan haben sie ihre strengen Regel-Fasten nicht nach Pflicht und Schuldigkeit gehalten? das nicht: vielleicht seynd sie ihrem Pater Quardian rebellisch gewesen, und ihn als eine rechte und vorgesetzte Obrigkeit veracht, oder andern Spott angethan? das noch [396] weniger: etwan haben sie ihr von dem Orden vorgeschriebenes Gebet Jahr und Tag nicht verricht, oder wenigst selbst halbirt? das gar nicht; vielleicht seynd sie wegen Strenge des Ordens abtrünnig worden, etliche Jahr in der Apostasia verharret, und endlich wegen nagenden Gewissenswurms wieder zurückkehrt, aber für solches schwere Verbrechen nicht genugsame Buß gewirkt? dieses auf keine Weis', sondern Gott macht aus einer Mucke einen Elephanten: darum seynd sie auf etliche Jahr in diese grausame Pein verurtheilet worden, weil sie zu Zeiten bei dem Heerd unnütze Wort geredet, und manche Stund mit leerem Geschwätz zugebracht.

Joseph in Egypten mußte zwei Jahr liegen in der Keuche, unter der Erde, der doch mehr englisch gelebt als irdisch; Joseph mußte liegen in Eisen und Band, welcher doch gewest ist Gemüth halber ganz gulden; Joseph mußte verhaft seyn in der Finsternuß, der doch jedermann mit einem guten Exempel vorgeleucht; Joseph mußte gefangen liegen, der sich von einem leichtfortigen Weib nicht hat fangen lassen; Joseph mußte dergestalten leiden am Leib, der nicht hat leiden wollen an der Unschuld; warum aber zwei Jahr diese so harte Straf? der heilige Vater Augustinus spricht: daß Gott den Joseph über ein oder zwei Tag nicht hätte in dem Gefängnuß gelassen, weil er aber einen Fehler begangen, hat ihn der Allerhöchste derentwegen so scharf gezüchtiget.

Was hat dann Joseph gestift? vielleicht hat er einem den Hals gebrochen? nichts dergleichen; vielleicht hat er geflucht und gewunschen, der Teufel soll[397] seine Frau holen, derenthalben er in das Unglück gerathen? nichts dergleichen, sondern er hat eine läßliche Sünde begangen, als er ein gar zu großes Vertrauen gesetzt hat auf den Mundschenk, mit solchem Momento hat er sich versündiget. Eine so schlechte Sach wird so hart gestraft, das heißt ja aus einer Mucke einen Elephanten machen.

P. Jakobus Rem, ein Jesuiter, eines gottseligen Wandels, ist nach dem Tod einem andern ganz lebhaft erschienen, jedoch in wilder Kleidung und sehr verstelltem Angesicht, als er aber derenthalben befragt worden, gab er diese Antwort: Er leide harte Pein in dem Fegfeuer, um weil er ohne Wissen seiner Obrigkeit habe Disziplin gemacht und sich gegeißlet.

Vor 28 Jahren in unserm Kloster Maria Brun, unweit Wien, war ein alter Laienbruder, den wir wegen der kleinen Statur nur den frommen Thomerl genennt, sein Leben war gar einfältig, jedoch fromm und andächtig, und konnte man ihm wenig ausstellen, ausser daß er zuweilen in der Kuchel unter dem Abspielen gemurrt. Nachdem dieser mit Tod abgangen, hat der ganze Konvent etliche Nacht nach einander hören abwaschen, und kaum daß man mit Verwunderung halber die Kuchel eröffnet, und nachmals wieder gesperrt, hat das Abwaschen und Schüsselsetzen mehrmals seinen Anfang genommen; nachdem aber etliche Andachten, forderist hl. Meßopfer, für ihn verrichtet worden, ist von ihm wenigstens nichts mehr zu hören gewest.

Noch recht hat der alexandrinische Makarius gethan. Als dieser hl. Mann einst im Gebet begriffen,[398] und ihn unversehens eine Wespe gestochen, hat er sich wie menschlich gäh erzürnt und die Wespe umgebracht, nachmals aber in sich selbst gangen und gedacht, Gott möchte ihn dieser Ungeduld halber in jener Welt strafen und aus einer Wespe einen Elephanten machen, daher sich diese Buße selbst auferlegt und blutnackend durch 6 ganze Monat gestanden auf den seitischen Feldern und von den Wespen, deren allda eine unzählbare Anzahl, sich also zurichten lassen, daß man ihn nicht mehr für einen Menschen hat angesehen.

O gerechter Gott! wie wird es dann denjenigen ergehen, die nicht Eine läßliche Sünde sondern mehr, als sie Haar auf dem Kopf zählen, begangen? Wehe denjenigen, die so große und häufige Todsünden gethan, für welche sie oft in der Beicht zu einer Buß etliche Vater Unser zu beten geweigert. Wann Religiosen und Ordensleute samt ihrem strengen Leben noch so hart leiden müssen in dem Fegfeuer, was haben dann dieselbigen zu gewarten, die immerfort in Freuden und Ergötzlichkeiten ihr Leben zubringen?


Pauci Electi.


Nihil sit probat amicum, quemadmodum oneris amici supportatio. lib. 12. S.P. Augustinus.

»Nichts probirt und prüfet also einen guten Freund,« spricht der hl. Vater Augustinus, »als wann er seines Freundes Last hilft tragen.«


Freunde gibts genug, aber die da seynd wie der Aalfisch, welcher meistens ausschlüpfet und den Reißaus nimmt, wann man vermeint ihn zum besten zu halten.

[399] Freunde gibts genug, aber die da seynd wie das Quecksilber, sobald dieses zum Feuer gestellt wird und solche Feuersnoth erblickt, so nimmt es geschwind wie der Wind das Valete und wird aus einem Quecksilber ein Gehwecksilber.

Freunde gibts genug, aber die seynd wie die Schwalben, so lang die lustige und annehmliche Sommerszeit dauert, so lang bleiben sie bei uns, gleich aber da es anfängt kalt zu werden und kühl herzugehen, da nehmen sie mehrentheils hinter der Thüre Urlaub.

Freunde gibts genug, aber die da seynd wie die Sonnenuhr, welche sich so lang dienstlich zeigt, wie lang die goldene Sonne pflegt zu scheinen, sobald aber diese den Untergang nimmt, alsdann ist bei ihr der Dienst auch aus.

Freunde gibts genug, aber die seynd wie die Egel, welche so lang einem anhangen und nicht von der Haut kommen, bis sie ihre Wampe gefüllt, nachgehends schämen sie sich nicht, obschon voller Blut, den Kehraus zu nehmen.

Freunde gibts genug, aber die da seynd wie die Mäuse, welche so lang im Haus verbleiben, so lang es in einem guten Stand ist, sobald sie aber vermerken, daß selbes allgemach zu Grunde will gehen, und zu Boden fallen, sodann verlassen sie es und reteriren sich anderwärts hin.

Freunde gibts genug, aber die da seynd wie die Vögel des Nabuchodonosors Baum, auf dem sie mit stetem Singen und Pfeifen ihre Wohnung hatten, sobald aber dieser aus dem Befehl des Allerhöchsten [400] ist umgehaut worden, da haben sich die saubern Vögel auch verloren.

Freunde gibts genug, aber die da seynd wie die Melaunen, aus denen fast die mehrsten auswendig gut scheinen, wann man sie nachmals aber ein wenig beschaut, so ist kaum aus zehn einer etwas nutz.

Freunde gibts genug, aber die da seynd wie ein Bach, bei dem immerzu ein guter Rausch anzutreffen, indem von allen Bergen die Wasser zulaufen, und mit ihm in gutem Rausch leben, wann aber die größte Hitze ist, da findet man nicht einmal einen Tropfen Wasser. O wie viel gibts dergleichen Freundschaften! Wie oft hört man, dieser und dieser ist gestorben, er ist mein guter Freund gewest, wir haben oft einen guten Rausch mit einander gehabt, tröst ihn Gott. Mit diesem ist die ganze Freundschaft bezahlt, jetzt da er in der größten Hitze, in größen Qualen des Fegfeuers, da aller Rausch ein Ende hat, ist nicht Ein Freund, der ihm einen Tropfen spendirt bei dieser Hitz.

Solche Freunde seynd keine guten und rechten Freunde, die nur bei freundlichen Zeiten wollen Freunde seyn und nur bei guten Zeiten wollen gute Freunde seyn.

Wie aus der Stadt Naim eine Tochter zum Grabe getragen worden und zwar ein einziger Sohn einer reichen Wittib, da war eine große Menge der Leute bei dieser Leiche, überaus viel Herrn, überaus viel Frauen, überaus viel wackere junge Gesellen etc. Aber der Evangelist sagt, daß sie nicht den Todten haben begleitet, sondern die recht wohlhabende Wittib, welche bei stattlichen Mitteln etc. »Turba Civitatis multa cum illa, viel Volks aus der Stadt war [401] mit ihr.« Es hatte ja der Verstorbene auch gute Freunde gehabt? Ja, ja, nur gar viel, mit denen er Tag und Nacht lustig und guter Dinge gewest und eben derenthalben sich das Leben abgekürzt, jetzt aber, da er mit Tod abgangen, heißt es nicht mehr mit ihm, sondern mit ihr. Die Freundschaft hat ein Ende, weil er todt ist; aber eine solche Freundschaft ist schlecht und nicht recht, thut nichts gelten, sondern ist zu schelchten, verdient kein Lob, weil sie so geringe Prob.

Ein guter Bruder soll seyn wie ein Ruder, dieses braucht man meistens, wann ein übler Wind ist. Ein guter Gespann soll seyn wie ein Spann, dieser ist zum Leuchten nöthig, wann es finstere Zeit ist. Ein guter Kamerad soll seyn wie ein Rad, welches forderist bei dem üblen Weg eine Beständigkeit erweist; dann ein guter Freund forderist in der Noth probirt wird.

Luk. am 11. Kapitel erzählt unser gebenedeiter Heiland selbst, ein guter Freund, sagt er, kommt bei nächtlicher Weile vor die Thüre, klopft an, macht einen Tumult (da jedermann in dem ersten Schlaf) schreit, sagt, klagt und bitt den andern Freund, der in der Ruhe ist, er wolle ihm doch die Freundschaft erweisen und ihm drei einige Laibl Brod leihen, der zwar, weil es einem schläfrigen Menschen bald begegnet, wird hierüber ungeduldig, weil aber der andere nicht aufhört zu klopfen und zugleich sein guter Freund ist, so will er so grob und unfreundlich nicht seyn, daß er nicht alsobald aufstehe und dem guten Freund ans der Noth helfe.

[402] Es geschieht gar oft und aber oft, daß mancher bei der Nacht, wo Alles still, Alles in der Ruhe, der Himmel voller Sterne, etwas hört; ein Tumult, ein Getös, ein Klopfen, sieht doch weiter nichts als einen finstern Schatten, aber die Haare stehen ihm gen Berg, es schauert ihm die Haut, es klopft ihm das Herz, es rinnet ihm der kalte Schweiß über das Angesicht herunter, er weiß nicht, wer da, wer dieser, wer klopft? Wohl auf, mein guter Mensch, du därfft, dessenthalben keinen solchen Schrecken fassen, weißt dann nicht, wer dieser ist? Amicus Tuus, es ist dein guter Freund, er ist vor kurzer Zeit mit Tod abgangen, er muß eine erschreckliche Strafe in dem Fegfeuer ausstehen, er hat nirgends wohin seine Zuflucht als zu dir, weil du je und allemal sein guter Freund warst, deßwegen klopft er bei dir an, begehrt von dir eine Hülfe und glaubt, daß du sein Freund auch nach dem Tode in dieser größten Noth werdest seyn.

Mir hat einer glaubwürdig erzählt, aus einem sehr berühmten Orden, auch mit einem Schwur bestätiget, so annoch im Leben und eines guten Wandels. Als er bei der Nacht dem Studieren obgelegen, um weil ihm die Verhindernusse beim Tag zu häufig, habe ihm zwei Nächte nach einander eine unsichtbare Hand immerzu die Bibel oder heilige Schrift vor seiner umgeblättert, welches er anfangs für natürlich gehalten der Meinung, als würden die Blätter von einem kleinem Wind berührt. Nachdem er aber einst den beinenen Streicher als ein Signakulam in die Bibel gesteckt, da hat er wahrgenommen, daß jemand denselben unsichtbar heraus gezogen und in Gegenwart [403] seiner in ein anders Ort in besagtem Buche gelegen, welches ihm wie billig ein Grausen verursacht, weil er sich aber an dieses auch nicht viel kehren wollte, da hat endlich eine unsichtbare Hand wiederum den beinenen Streicher heraus genommen und mit solcher Gewalt auf den Tisch geschlagen, daß er vor Schrecken fast in Ohnmacht gefallen, des andern Tages wollte er, weil ihm je mehr und mehr Gedanken eingefallen, die Bibel wohl beschauen, findet aber den Streicher wiederum darin und dazu mit dem Reißblei auf der Seite des Blatts ein gemachtes Kreuzel, so ihm nicht wenig befremdet meistens darum, weil auch ein NB. dabei gesetzt war, welches ihn dann veranlaßt hat, weiter zu sehen und zu lesen, was dann jene Zeile in sich halte, so mit dem Kreuzel bezeichnet, findet endlich den kurzen Text des hl. Evangeliums. »Dixit ad Philippum, unde ememus panes? Er sprach zu dem Philipp, wo werden wir dann Brod nehmen.« Joan. am 6. Kapitel. Dieses hat ihm alsobald das Gedächtnuß bewegt, daß er nichts anders gedacht, als daß sein bester Freund mit Namen Philipp, der vor 14 Tagen mit Tod abgangen, noch fernere Hülfe von ihm verlange und forderist eine und andere heilige Meß, in welcher das Brod der Engeln aufgesetzt wird, welches auch nachmals geschehen, worauf er nichts mehr gespürt.

So soll man dann niemals seines guten Freunds vergessen, absonderlich, wann solcher in jener Welt in harten zeitlichen Peinen noch leiden, und sich selbst nicht helfen kann, da soll uns das NB. stets vor Augen seyn: NB. wie oft seynd wir lustig bei einander [404] gewest, NB. wie oft hat er mir etwas zu Gefallen gethan, NB. er hat nicht einen halben Tag können ohne meiner seyn. NB. Er hat mehrmal nicht einen Bissen Brod gehabt, den er mit mir nicht getheilt, NB. er wäre für mich in ein Feuer gangen etc. So ist dann billig, daß ich ihn auch in dem erschrecklichen Feuer nicht lasse, so sey es. Alle heil. Messen, die ich höre, alle heil. Kommunionen, die ich verrichte, die heil. Ablässe so ich gewinne, das Allmosen, so ich gebe, alle guten Werk, die ich übe, sollen ihm geschenkt seyn, bis er erlöst wird.


Luemus, si non abluemus.


Prius in hoc saeculo per Dei Justitiam vel misericordiam amarissimus tribulatio nibus sunt excoquendi, etc. aut certi longo igne Purgatorii cruciandi sunt, ut ad vitam aeternam sine macula perveniant. S.P. August. in Epist. ad Aurel.

»Diejenigen, so läßliche Sünden begangen, oder für die gebeichten Todsünden noch nicht genugsame Buß haben gewirket,« spricht der heil. Vater Augustinus, »die müssen entweder auf dieser Welt durch die allerbitterste Trübsal ausgekocht werden, oder aber in jener Welt seynd sie durch langes Feuer zu kreuzigen, damit sie also ohne Makul, zum ewigen Leben eingehen.«


Niemal, ich sage allzeit, niemal, ich schreibs allzeit, niemal, ich bekenns allezeit, niemal ist in der Welt ein solches Gebäu gestanden, wie da war der Tempel Salomonis, massen zu demselben allein achtzig tausend Steinhauer gebraucht worden. Unkosten auf dieses so herrliche Gebäu seynd aufgangen in Gold tausend sechs hundert und drei Million, samt achtmal [405] 100000 Dukaten in Silber, aber über tausend zwei hundert und neun Million: Villa pand. in Ezech. das war ein Gebäu! Das wunderbarlichste aber bei diesem weltberühmtesten Fabrikat war dieses, daß in währender Aufrichtung des ganzen Tempels niemal ein Streich von einem Hammer oder Beil, Stemmeisen oder eines andern Instruments gehört worden. Die Ursach war, weil alles Holz zuvor auf dem Berg Libano auf das allergenaueste zugericht, und alle Stein dergestalten pallirt, und präparirt worden, daß fast nicht ein Haar abgangen.

Eine gleiche Beschaffenheit hat es mit dem Himmel, mit dem obern Jerusalem, so wir wollen zu denselben als Lebendige, und durch das Blut Christi so theuer erkaufte Stein gelangen, ist vonnöthen, daß wir auch vorhero auf das beste pallirt werden, es muß die allergeringste Makul an uns nicht gefunden werden, dann der allergeringste Mängel, winzigste Fleck kann nicht eingehen in das Reich Gottes.

Wie die Apostel sich einmal in einen kleinen Zank eingelassen, da sie nämlich von der Präzedenz im Himmel disputirten, da hat unser lieber Herr, gleich in Mitte derselben einen kleinen Knaben gestellt, und sich anbei verlauten lassen, daß, wann sie nicht werden seyn wie die kleinen Kinder, so werden sie in das Himmelreich nicht eingehen. Dazumal hätten sich die Apostel wie die meisten heiligen Lehrer ausgeben, läßlich versündiget, um weilen sie in einen geringen Zank gerathen, als wollt ihnen der Herr Jesus andeuten, daß sie mit diesen kleinen Verbrechen das Reich Gottes nicht können besitzen, sondern sey nothwendig, daß sie [406] davon gereiniget, entweder auf der Welt, oder nachmals im Fegfeuer, ja, wer in die ewige Seligkeit will eintreten, muß seyn so rein und unschuldig, wie ein kleines Kind, sicut pueri, id est puri.

Hannon, der Ammoniter König, hat des Davids, der es so treuherzig vermeint, gesandte Botschafter seht spöttlich traktiret, nachdem daß er ihnen die langen Röck bis auf die Lenden abschneiden lassen, und folgsam spöttlich entblößt, weil dazumal die Weltlichen nicht pflegten Hosen zu tragen, neben dieser Schmach hat er ihnen lassen den Bart halb abschneiden, welches zur selben Zeit eine große Schand war. Nachdem solches dem David kundbar geworden, hat er alsobald ihnen entgegen geschickt, und sagen lassen, sie sollen zu Hof so lange verbleiben, bis ihnen der Bart wieder wächst, theils darum, damit sie nicht vor jedermann zu Schanden wurden, theils auch, damit sie nicht mit einer solchen Ungestalt vor dem Angesicht des Königs erscheinen.

Hat nun David als ein irdischer Monarch nicht wollen zulassen, daß jemand solle vor ihm mit einer Ungestalt sich sehen lasse, wie viel weniger lasset solches der Allerhöchste zu. Dahero nothwendig, daß alle Mail und Makul, ohne die auch die großen Heiligen nicht leben, entweder auf Erde durch strenges Bußleben, oder aber in dem Fegfeuer müßen gereiniget werden.

In der Kapuziner-Chronik wird registrirt, daß Anno 1602 eines sehr heil. Lebens ein Laienbruder mit Tod abgangen, acht Tage aber nach seinem zeitlichen Hintritt dem Pater Prediger erschienen und mit sehr lamentirlicher Stimme ihn also angeredet: [407] O Theologe, Theologe, warum befleißest du dich nicht auf die Liebe des Nächsten, der Prediger gab zur Antwort, wie daß er zwar keine Meß für ihn habe gelesen, aber er sey der Meinung gewest, als wäre er wegen eines so frommen Wandels vom Munde auf gegen Himmel gefahren, worauf der Verstorbene sagte: Anderst seynd die Urtheile des Menschen, anderst die Urtheile Gottes, der auch die allermindeste Sünde nicht ungestraft läßt und vor der allergeringsten Makul die Himmelsthüre versperrt.

Die schöne Susanna zu Babylon wollte sich bei heißer Sonnenzeit in etwas erfrischen in ihrem eignen Garten, nimmt derenthalben zwei Kammermenscher mit sich, schaffte ihnen, sie sollen Oel und Seife mit sich nehmen, damit sie sich bei dem Brunnen könnte waschen und reinigen: »Afferte mihi oleum et smigmata etc.« Die Seife, womit sich Susanna und all anders Frauenzimmer wascht, die geht hin und macht keine Schmerzen, aber jene Seife, mit der Gott die verstorbenen Christgläubigen im Fegfeuer wascht und reinigt, und die geringste Makul ausbringt, ist erschrecklich und ist dessen Schärfe nicht zu beschreiben.

Udalrikus, Bischof zu Augsburg, lebte ganz heilig, wirkte große Mirakul und Wunderwerk, hat Fleisch in Fisch verwandelt, hat gemacht, daß er durch den Fluß Lech unweit Augsburg passirt, und nicht von einem Tropfen benetzt, da doch sein Gespann über und über auf den halben Leib naß worden; er hat gemacht, daß keine Ratzen in dem ganzen Kloster Ottobeuern auf ewige Zeit sich sehen lassen, ja so einer dahin getragen wird, muß er alsobald verrecken, [408] viele andere dergleichen hat der Allmächtige gewirkt durch diesen heil. Bischof wegen seiner Verdienste, aber weil eine einige kleine Makul an ihm, benanntlich, weil er seinen Vetter Adalbero zu seinem Nachfolger benennt, da hat's geheißen Seife her und mußte derenthalben im Fegfeuer gereiniget werden.

Die Schwester des heiligen Domiani starb im großen Konzept der Heiligkeit, und weil sie einen so unsträflichen Wandel führte, auch glaubte man, daß ehender am Schnee eine Schwärze als an ihr Makul zu finden wäre, weil sie aber einmal aus Vorwitz einer lustigen Musik zugehört, hat's geheißen, Seife her, und mußte fünfzehn Tage im Fegfeuer von dieser Makul gereiniget werden.

Ein Knabe mit 9 Jahren hatte einem andern neun Heller entfremdet, und weil er mit dieser Makul als ungebüßt gestorben, so hat's geheißen, Seife her, massen er seiner Mutter ganz feurig erschienen, und Hülfe verlangt, dann sagte er, daß gänzlich nichts Unreins in Himmel gehe, und komme ihm solches Reinigen härter an, als wenn alle Kohlbrenner der ganzen Welt ihre Kohlen auf ihm brennen thäten.

Die heil. Jungfrau Gertraud hat auf eine Zeit eine Seele im Fegfeuer gesehen, wie solche mehrmal, das Angesicht Christi geflohen, da doch dieser himmlische Bräutigam selbe freundlichst zu sich geladen, fragte auch derenthalben die Ursach, worauf sie Antwort von der Seel erhalten, wie daß sie noch einige kleine Makul an sich habe, dessentwegen sie sich scheue, vor Gott zu stehen, ja wann ihr schon der Allerhöchste die Seligkeit wollte vergönnen, so möchte sie [409] doch solche weigern, so lang bis sie gänzlich gereiniget werde, dann es sich nicht gezieme, daß etwas Unreines und Bemackeltes von dem göttlichen Bräutigam umfangt werde.


Manet alta mente repostum.


Cadit Asinus, et omnes eum sublevare festinant: sed clamat in tormentis fidelis, clamat Pater, clamat filius, clamat uxor, maritus amicus, et non est, qui respondeat: S. Pater Augustinus Serm. 44. ad Hil.

»Es fallt ein Esel, und alle eilen ihm aufzuhelfen, entgegen schreit in den Peinen des Fegfeuers der Christgläubigen; es schreit der Vater, es schreit der Sohn, es schreit das Weib, es schreit der Mann, und ist fast niemand, der sie erhört.« Also spricht der heil. Vater August.


Wie David durch sondere Schickung Gottes zu der Krone gelangt, da hat er gleich einen Knopf an ein Tüchel gemacht, da war sein ernstlicher Befehl: geht, schaut, fragt, suchet, ob nicht etwan noch jemand von der Freundschaft und Hause des Sauls vorhanden, demselben will ich nach Möglichkeit Gutes thun wegen meines besten Freundes Jonatha, dessen mir erwiesene Gnade ich nimmermehr vergessen will, und als endlich heraus kommen, daß des Jonathas noch leiblicher Sohn mit Namen Miphiboseth im Leben, ein armer Tropf, der an Händen und Füßen krumm, da mußte solcher alsobald vor den König geführt werden, und neben andern war ihm die Gnade ertheilet, daß er allezeit bei der königlichen Tafel durfte speisen.

Zu wünschen wäre, daß die ganze Welt also beschaffen [410] wie der David, so würde manche Seele aus dem Fegfeuer nicht also aufschreien: »Oblivioni datus sum tanquam mortuos a corde. Ich bin gleich einem Todten aus dem Herzen vergessen worden. Ps. 30.« Dann ja nichts ehender wurmstichig wird, als die Gedächtnuß der Menschen, und vergessen wir sobald derjenigen, die von uns in jene Welt den Abschied genommen, da wir doch so große und manche Gutthaten von ihnen empfangen. Hätte jener Mundschenk bei dem Hofe des Königs Pharaonis einen Knopf an das Tüchel gemacht, welches gar wohl hätte sollen geschehen, so wäre Joseph nicht zwei Jahre in so harter Gefängnuß verblieben. Wann mancher sich thät öfter in Gedächtnuß führen, wer ihm Gutes gethan? Wer Ursach seines Glücks? Wer ihm nach Gott zu einem Stückl Brod geholfen? so würde er, so leicht nicht der verstorbenen Gutthäter vergessen, und würden diese weit ehender ihres feurigen Arrestes entlassen werden.

Von Pius, dem Fünften, seligen und heiligen Pabst, wird geschrieben, daß solcher lang vorher, ehe er zur päbstlichen Würde erhoben worden, habe einstmals bei eitler Nacht von Pergam aus die Flucht genommen, um weil einige ihm nach dem Leben gestrebt, und den Weg nach Mailand genommen, endlich Roth halber, da er von der finstern Nacht überfallen, die Einkehr genommen bei einem Bauern, von welchem er gar wohl, obschon unbekannt, gehalten und traktirt worden, so verursacht hat, daß Pius einen Knopf an das Tüchel gemacht, zu zeigen, daß er seiner auch nicht wolle vergessen. Wie nun mittler Zeit [411] Pius zum höchsten Amt der Kirche erkiesen, und von Laterano aus öffentlich getragen worden, da hat der fromme Herr aus so viel tausend Personen, so dieser Solennität halber zugeloffen, den gedachten Bauern erkennt, ungeacht er denselben nur bei der Nacht gesehen, sich des gemachten Knopfes erinnert, denselben zu sich lassen rufen, und zum Dank und Vergeltung seinen zwei Töchtern 2000, ihm aber für seine Nothdurft 500 Dukaten angeschafft.

Diesen war eine löbliche Dankbarkeit, und wollte Gott, es wären mehr dergleichen Pii zu finden, so würde auch nicht die so große Vergessenheit einschleichen in die menschlichen Herzen. Oft mancher gedenkt doch, wer er vorher gewest, vorher so viel gehabt, als Petrus in seinem Netz, da er die ganze Nacht gefischt, Nihil; jetzt aber voller Gold, wie das Kalb in der Wüste, so die Hebräer angebetet; vorher so schlecht, daß er mußte mit dem Stroh Vorlieb nehmen, wie die Götzenbilder des Labans, jetzt aber so wohl eingerichtet, daß er auch mit einem egyptischen Joseph nicht wollte tauschen; vorher so gering, daß er fast die verlorne Eslin mit dem Saul hat müssen suchen, jetzt aber so vornehm, daß er wie ein Mardochäus beim Brett sitzt; vorher so arm, daß er mit der Samaritanin mußte das Brunnwasser schöpfen, jetzt aber so vermöglich, daß ihm die Keller mit Wein angefüllt, wie die Krüg zu Cana usque ad summum etc. Er gedenkt aber, wer ihm zu allen diesem nach dem allmächtigen Gott verhülflich gewest? Wer? dieser und dieser, wann er nicht gewest wäre, so wäre ich so weit nicht kommen; wann dem also, [412] so schau doch, was der Knopf beweist an deinem Tüchel, nemlich, du sollst der empfangenen Gutthaten nicht vergessen; diese deine Gutthäter seynd schon todt, seynd in einem Stand, da sie sich selbst nicht helfen können, sitzen, und brennen und braten im Feuer und Flammen, und warten alle Augenblicke auf deine Dankbarkeit.

Wie Gottes Sohn auf die Welt kommen und aus der unbefleckten Jungfrau Maria geboren zu Bethlehem, da waren gegenwärtig ein Ochs und Esel, welche, wie Thomas de Villa nova bezeugt, beide ihre Knie gebogen und den Herrn angebetet, und sollen sich derenthalben etlich nicht wenig schämen, daß Ochsen- und Eselsköpf höflicher seyn, als sie; der Esel stellte sich absonderlich freundlich gegen den neugebornen Messias als den er mit dem steten Keuchen erwärmet, und von dermaligen Kälte defendirt, der kleine Jesus machte (also zu reden) dazumal einen Knopf an die Windlein, als woll er des Esels nicht vergessen, sondern zu seiner Zeit vergelten, und so am Palmtag, da er wollte triumphirend in die Stadt Jerusalem einreiten, hat er hierzu ein solches Thier erwählt, ja sogar bedeckten die Juden den Weg mit ihren Kleidern, wo der Heiland geritten, solche Ehr ist dem Esel niemal widerfahren.

Ist nun der gebenedeyte Heiland dankbar gewest gegen einen Esel, so lösche ich den ersten Buchstaben in diesem Wort aus, so bleibt Seel, und hoffe, da werdest nicht in Vergessenheit stellen die so mannigfaltige Gutthaten, die du von dieser und dieser Seel, als selbige noch in dem Leib auf der Welt wanderte,[413] empfangen. Dem Tobias hat der Raphael viel Guts erwiesen, das aber hat er nicht vergessen; der Ruben hat dem Joseph viel Guts gethan, das hat er wohl nicht vergessen; Jethor hat vom Mose in Egypten viel Guts empfangen, das konnte er gar nicht vergessen; Josue hat eine ziemliche Gutthat erhalten von der Rahab, das wollt er nie vergessen; Naam Syrus hat von Elysäo viel Guts empfangen, das wollt er auf keine Weis' vergessen; die Ruth hat von der Booz sehr viel Gutthaten erfahren, das wollt sie nimmermehr vergessen; Elias hat von der Wittiben, die ihn erhalten, viel Guts empfangen, das konnte er kurzum nicht vergessen. Ich, du und er, wir, und die, haben sehr viel Guts empfangen von diesem und jenem, der schon längst mit Tod abgangen, so laßt uns dann seiner nicht vergessen, es sollt kein Tag vorbeigehen, daß ich nicht ein Ave Maria hinunter schickte, es sollt die Sonne nicht untergehen, daß ich ihm nicht das ewige Licht wünsche, es sollen nicht vierundzwanzig Stund verfliehen, daß ich seiner soll nicht gedenken, so lang ich lebe, so will ich das Bissel Brod mit ihm theilen, und das öftere Allmosen, welches ich dem Armen gebe, ihm überlassen, tröst ihn Gott, das will ich allezeit geben, Gott geb ihm die ewige Ruhe, das will ich allezeit reden, Gott sey ihm gnädig, das will ich allzeit sprechen.

Ein Knopf an das Tüchel machen, forderist die, Religiosen, welche nach der evangelischen Armuth leben, und von Allmosen ihre Unterhaltung haben, diese vergessen niemal der verstorbenen Gutthäter, sondern fast in allen ihren Zusammenkünften und Gottesdiensten [414] ist man eingedenk derselben. In unserer reformirten Religion betet man nicht allein bei allen Konventual-Kapitel, Provincial-Kapitel, General-Kapitel, für die verstorbenen Gutthäter, wie auch jedesmal, nach dem Chor, sondern sogar endet sich kein Tisch noch Tafel, wo man nicht dergleichen Bescheidessen schickt denen verstorbenen Christglaubigen, so zuvor einige Gutthaten den armen Geistlichen erwiesen: und ist ja recht und billig, massen sogar die Juden nicht so ungeschlacht gewesen. Nachdem der Herr Jesus mit fünf Brod und zwei Fisch, fünftausend Personen gespeist, so haben sie ihn zu einem König wollen aufwerfen, und ihm die Kron aufsetzen; also ist unser Verpflicht und Schuldigkeit, daß wir an alle empfangenen Gutthaten gedenken, und forderist denjenigen verstorbenen Gutthätern helfen zu der ewigen Kron, von welchen wir einige Lebensmittel bekommen.


Solvendo salvabimur omnes.


Scio misericorditer operatam (Matrem meam) et ex corde dimisisse desita debitoribus sui, demitte illi et tu debita sua, sic qua etiam contraxit per tot annos post aquam salutis. S.P. August. lib. 10. Confess. c. 13.

»Ich weiß wohl, daß sie (meine Mutter) sich sehr barmherzig gegen Jedermann verhalten, und ihren Schuldnern die Schuld nachgelassen habe, derohalben, Gott, vergib derselben gleichfalls ihre Schulden, die sie nach der heiligen Tauf von so vielen Jahren her etwan gemacht habe.«


Fort mit dir in die Keuchen, sagt das Evangelium, es sey dir gesagt, Amen, es sey dir geschworen, du wirst von dannen nicht heraus kommen, bis du den letzten Heller bezahlest. Dieses alles gehet die [415] armen Seelen im Fegfeuer an, welche ihre gemachte Schulden in jenem feurigen Kerker bei Heller und Pfenning bezahlen müssen, aber wo nehmen? Qui non habet in aere luat in pelle: Da heißt es, der nicht bei Mittel ist, der bezahle es mit der Haut, oder ein anderer aus Mitleiden und Barmherzigkeit bezahle für ihn, massen der gerechte Richter nicht einen Heller nachlasset.

Seltsam ist, was von einem schwedischen Hauptmann Mancinus vorbringet, weil diesem Soldaten so viel Monatsold ausständig, zumal von Sold der Soldat den Namen geschöpft, hat er endlich die Sach vor den König Karolum selbst gebracht, und verlangte unterthänigst die ihme ausständigen 600 Reichsthl., was, sagte der dazumal ungeduldige König, dir 600 Reichsthl.? an Statt dieser will ich dir 600 Teufel auf den Kopf wünschen: das schmerzte nicht ein wenig den guten Offizier, konnte aber dermalen wider den Strom nicht schwimmen, und mußte dermal die liebe Geduld anziehen, unterdessen wachsen seine Schulden nicht ein wenig im Wirthshaus, also zwar, daß solche bereits auf 300 Reichsthl. sich beloffen, welches Geld die Frau Wirthin in baarer Bezahlung forderte, worüber aber der besagte Hauptmann ein sehr sauers Gesicht gemacht, was, sprach er, 300 Thaler? anstatt derer sollt ihr 300 Teufel auf den Kopf haben, solche freche Antwort veranlaßt die Wirthin, daß sie gar die Sach nach Hof brachte, und kam die ernstliche Bescheidung, der Offizier soll erscheinen, dem dann unter großer Leibsstraf auferlegt worden, er soll bezahlen, worauf der Soldat geantwortet: wie daß er sie bereits [416] mit königlicher Münze baar kontentirt, dann ihm unlängst der König auf Erforderung 600 Thaler, 600 Teufel habe geben, und weil er ihr, der Wirthin, nicht mehr als 300 Thaler, vermög der gemachten Rechnung, schuldig sey, also habe er sie mit 300 Teufeln abgefertiget, man werde hoffentlich hierinfalls des Königs Münze nicht verachten etc. Auf solche Weis' läßt sich der göttliche gerechte Richter nicht bezahlen, sondern es müssen die armen verstorbenen Christglaubigen, die noch mit einem Schuldenrest, von der Welt geschieden, ihn kontentiren, bis auf den letzten Heller, aber wo nehmen? um Gottes Willen wo nehmen? sie haben nichts, daher werden sie arme Seelen genennt, und eben weil sie nichts haben, womit sie den Allmächtigen befriedigen können, müssen sie dafür lange, große, schwere, harte, strenge und unbeschreibliche Peinen und Tormenten ausstehen, oder, oder, oder, welches ihr einiges Bitten, Bitten, und Seufzen und Schreien ist, oder jemand anderer aus uns muß aus Mitleiden für sie bezahlen, damit doch einmal der allmächtige Gott ein Kreuz mache durch das Schuldbuch; aber wo nehmen? das sage nur kein Mensch.

Petrus ließ sich wohl einmal verlauten, da er von einem Bettler bei der Kirchthür um ein Allmosen angesprochen worden, daß er weder Pfenning noch Heller, weniger etwas von Gold habe etc. Aber diese Entschuldigung können wir auf keine Wege vorschützen, Geld genug, Geld ohne Abgang, Geld so viel man verlangt, und zwar die besten Mariagroschen, ist ein Geld, so der Zeit im Schwung geht, durch diese [417] Mariagroschen kann man verstehen das heilige Ave Maria, und folgsam gar den heil. Rosenkranz, womit die großen Schulden im Fegfeuer können bezahlt werden.

Der selige Alanus de Rupe erzählt, daß ihm sehr viele Brüder und Schwestern aus der Erzbruderschaft des heil. Rosenkranz gesagt haben, auch mit einem Eid betheuert, daß ihnen gar oft, da sie den heil. Rosenkranz andächtig gebetet, seyn Seelen aus dem Fegfeuer erschienen, dero Stirn mit einem rothen Kreuzlein bezeichnet gewesen, welche sehr großen Dank ablegten um dieses heil. Gebet, auch anbei ermahnten, sie sollen ferners in dieser Andacht fortfahren, massen nach dem heil. Meßopfer kein kräftigers Mittel sey, ihre Pein zu mindern, und die Schulden für sie zu bezahlen, als der heil. Rosenkranz, deßgleichen in Surio zu lesen, daß des Königs Philipp in Frankreich leibliche Tochter und Herzogin in Brabant der heil. Ludgarden erschienen, und ihr angedeutet, daß sie nicht lange im Fegfeuer verblieben vermittels des heil. Rosenkranz, den sie täglich bei Lebzeiten andächtig gebetet. Wann die Rosen kühlen, wie aller Medici Aussag ist, so wundert mich nicht, daß die mit großer Hitze geplagten Seelen in jenem zeitlichen Kerker also trachten nach dem heil. Rosenkranz.

Von der seligen Elisabeth aus Aragonia wird geschrieben, daß sie einstmals durch göttliche Eingebung ein Kirchengebäu, dessen Abriß der Himmel selbst gemacht, habe angefangen, wie nun zur Abendszeit die Arbeiter, nach Haus gangen, gab sie jedem eine Rose, in dem bestunde der Taglohn; weil die guten Leute nur wohl erkennt die größte Heiligkeit dieser Elisabeth, [418] also haben sie derowegen kein widriges Gesicht gezeigt, sondern die Rose mit Dank angenommen, solche wegen ihres guten Geruchs an die Nase gehalten, und gleichsam darum gedankt; aber sieh Wunder! da sie die Rosen in Händen hielten, seynd solche augenblicklich in große guldene Pfenning verändert worden.

Was dazumal geschehen, geschieht noch öfter, daß nämlich die Rosen zu Geld werden, solches um Bericht die armen Seelen im Fegfeuer, die es mit großem Dank gestehen, daß ein Rosenkranz, so man für diese armen Tropfen Gott aufopfert, das angenehmste Geld sey in den Augen Gottes, und nicht ein wenig von ihren Schulden abzahle.

Zu Kapharnaum wurde der Peter angeredt, er solle den Zinsgroschen zahlen, wo nehmen? Unser Herr befiehlt ihm, er solle den Angel ins Meer werfen, dem nächsten Fisch, den er werde herausziehen, soll er ins Maul greifen, da werde er schon Geld finden, wie es dann auch geschehen.

Wir wollten gern für die armen Seelen im Fegfeuer die Schuld bezahlen, aber wo Geld nehmen?

Geld genug, zu Kapharnaum hat ein Fisch Geld gespendirt, jetzt aber gibt uns der Fischer Geld. Beschaue Jemand alle Ablaßbriefe, so nun von dem päpstl. Stuhl kommen, ob selbe nicht von Fischer?

Ein jeder wird von Fischerring bestätiget, sub annulo piscatoris; ein solcher Ablaß ist anstatt des beßten Gelds, womit die Schulden der armen Seelen bezahlt werden.

Anno 1308 ist ein Edelmann, samt seinen Beamten nach dem Kirchel Portiuncula gereist, allda [419] den vollkommenen Ablaß zu gewinnen, in der Zuruckreis wurde dieser Beamte erkranket, und schriebe solchen seinen Zustand keiner andern Sach zu, als der großen und langen Reis, murrte derentwegen nicht ein wenig, worauf der Edelmann ihn getröst, er soll eines guten Muths seyn, die Reisunkosten wolle er bezahlen, ja sogar auch ihn auf seinem eigenen Pferd, bis nach Haus liefern, wann er den heiligen Ablaß, den er vermuthlich gewonnen, seinem schon längst verstorbenen Bruder wolle überlassen, gar gern, sagt hinwiederum der andere, gar gern, wann ich nur reiten kann: des andern Tags erscheint diesem Edelmann sein längst verstorbener Bruder in ganz glorreicher Gestalt, mit Meldung, daß er, Gott sey Lob, vermittels des ihme überlassenen heiligen Ablaß, aller Pein sey los worden, und anjetzo in die ewige Seligkeit eingehe.

Dieser Seel ist Portiunkula weit besser zu Nutzen kommen, als jenem verlornen Sohn seine Erbportion.Da mihi Portionem etc. Ablaßpfenninge seynd bei den armen Seelen weit besseres Geld, als alle Dukaten etc. O! wer ist doch dießfalls reicher und mit Geld versehen, als die Brüder und Schwestern in der Erzbrüderschaft der Todten allhier zu Wien bei uns PP. Augustinern, lassen ein ganzes Jahr hindurch sie mit so häufigem Ablaß versehen, womit sie als mit dem besten Geld und himmlischer Münz die armen verstorbenen Christglaubigen, forderist die in Gott entschlafenen Bruder- und Schwesterschulden können bezahlen, und also durch das Schuldbuch ein Kreuz machen, zumal der mittlere Kreuzaltar von dem päbstlichen Stuhl mit dergleichen Gnaden bereichert ist.


[420] Ostium pandit Hostia.


Ponite hoc Corpus ubicumque nil vos ejus cura conturbet: Tantum illud vos rogo, ut ad Altare Domini memineritis mei ubicumque fueritis. S.P. August. lib. Confess. 9. c. 11.

»Legt diesen meinen Leib,« sagt die heil. Monika, als eine Mutter Augustini, »legt ihn hin, wo ihr immer wollt, dürft euch denselben wenig lassen angelegen seyn, noch derenthalben viel Kummer machen, aber meine einige Bitte ist nur, daß ihr meiner in dem heiligen Meßopfer wollet eingedenk seyn.« Also schreibt selbst der heil. Vater von ihr.


Dazumal ist dem Peter das Concept nicht angangen, wie er auf dem Berg Tabor, allwo der gebenedeite Herr und Heiland sein Glori in etwas entworfen, dem Mosi, dem Eliä, und forderist dem Herrn, wollte drei Tabernakuln bauen, facimus hic tria Tabernacula, etc. Aber bei uns kann nichts Heilsameres geschehen, als wann wir den armen Seelen in jener Welt Tabernakul schenken; verstehe aber die Tabernakuln in den Kirchen und Gotteshäusern, in welchen das höchste Gut aufbehalten wird, welches aus allen Mitteln das wertheste und beßte ist, die in jenem zeitlichen Kerker verhafte Seelen zu erlösen.

Die Gärtner suchen und forschen, und säen, säen wohl, sorgen viel, suchen stets, was für ein Zeichen im Mond sey, ob er im Aufnehmen, oder im Abnehmen, ob er im ersten oder letzten Viertel, ob Neumond oder Vollmond, etc. Dann die meiste Influenz des Monds ist in die Erdgewächs. Die armen Seelen im Fegfeuer, die schauen auf nichts so sehr als auf den Mond, sie seufzen nach nichts so stark als [421] nach dem Mond, sie denken auf nichts so stark als auf den Mond, und zwar auf halben Mondschein, welcher in der guldenen Monstranz das höchste Gut haltet, dieses Brod der Engel, dieses göttliche Manna, dann von diesem ist aller Gnaden und Barmherzigkeit einige Influenz.

In unserm werthen Deutschland ist fast ein gemeiner Brauch, daß bei Marktzeiten ein guter Freund dem andern ein Jahrmarkt kauft, ja mancher spendirt nicht wenig, der zieht den Beutel ziemlich, es fliegen viel Denari aus, damit er nur seiner Liebsten einen angenehmen Jahrmarkt einkaufe. Das Bitten der armen Seelen zu uns, das Schreien der armen Verstorbenen zu uns, das Seufzen der Bekannten und Anverwandten aus dem Fegfeuer zu uns, ist mehrentheils nur um ein Jahrmarkt, aber man muß es also verstehen, in großen vornehmen Handelsstädten wird ein Jahrmarkt eine Meß genennt, benanntlich Frankfurter Meß, Leipziger Meß, etc. Aber die verstorbenen Christglaubigen verlangen keine solche, sondern eine heilige Meß, in welcher nicht zeitliche Waaren, sondern die göttliche Waar, welche der vermessene Judas, um einen so geringen Preis, benanntlich nur um dreißig Silberling verhandelt, das wahre Fleisch und Blut Jesu Christi in dem heiligen Altaropfer.

Anno 1667 in der Stadt Straubing in dem Herzogthum Bayern, hat ein frommes Paar Ehevolk bei finsterer Nacht an einem Samstag ein andächtiges Gespräch gehalten, wie daß sie nämlich den morgigen Tag auch wollen erscheinen in der Generalkommunion bei den P.P. Jesuitern, da sie nun eine kleine Weil [422] von diesem so heiligen Vorben geredet, da hören sie etwas klopfen in der Kammer, endlich seufzen, und diese Wort aussprechen: date et mihi micam, laßt doch, ach, laßt doch mir auch einen Prosen zukommen. Als wollt gleichsam dieser Geist sagen, ihr habt so oft ein stattliches Panquet, um welches, wann es möglich wär, auch die Engel euch sollten benedeien, ihr habt mehrmal ein Traktament, daß auch Gott selbst mit aller Allmacht nichts kostbarers kann aufsitzen, und wir leiden alhier einen so unaussprechlichen Hunger, schickt uns doch um Gottes willen auch ein wenig ein Bescheidessen, vergönnt uns nur als eurem Blutsfreund, als dem allerverlassensten Tropfen nur ein Prosen von dieser göttlichen Tafel, ihr könnt ja nicht ein so steinhartes Herz haben, wie jener reicher Prasser, der dem armen Lazaro vor der Thür nicht den wenigsten Bissen hat lassen zukommen, dann dieß allein ist das allerkräftigste, uns zu helfen, dieses zertrennt unsere Eisen und Bande, an die wir gefesselt seynd, dieses eröffnet den Kerker, in dem wir gefangen liegen, dieses versüßet unsere Bitterkeiten, mit denen wir allerseits umgehen.

Lippomanus schreibt den 22. April von dem heil. Priester Gregorio, wie diesen Theodorus in der Gefängnuß wollte versehen mit dem heiligsten Fronleichnam, zuvor aber die Wächter und Soldaten gebeten, daß sie ihn aus den Eisen und Banden nur so lang wollten schlagen, bis er das heilige Werk vollzogen. Als er aber von diesem unbarmherzigen Gesellen nichts erbitten konnte, so hat er gleichwohl die heilige Kommunion ihm dargereicht, siehe aber Wunder! kaum hat Theodorus dem heiligen Mann die heiligsten [423] Hostien auf die Zunge gelegt, da seynd alsbald von Gregorii Händ und Füßen die Bande und Ketten abgesprungen, und folgsam der heilige Mann aller Banden befreiet worden.

Wann nun dieses höchste Panquet solche Band aufgelöst, so ist es nicht weniger kräftig, auch jene feurigen Ketten, an denen die armen Seelen im Fegfeuer gefangen liegen, zu zerbrechen. Wann jene Speis, welche der Prophet Habakuk dem Daniel in die Löwengrube getragen, ihm so ersättlich gewest ist, wie wird erst den armen Seelen seyn das hochwürdigste Sakrament des Altars? wann den Propheten-Kindern, denen Elisäus mit wenig weißem Mehl hat können den bittern Krauttopf versüßen, was wird dann erst für Kraft haben, der unter der Gestalt des weissen Brods verhüllte Heiland selbst? wann ein Engel hat können den im Gefängnuß verhaften Peter auf freien Fuß stellen, was wird nun thun können Gott selbst, so den armen Seelen in dem allerheiligsten Sakrament wird zugeschickt?

Aus dem Cistercienser-Orden zu Claraval war ein Lai-Bruder, welcher kein anderes Amt hatte, als die Schaafe zu hüten, dann vor diesem in dergleichen Klöstern keine weltlichen Leute gebraucht worden, sondern alle Handarbeit, sogar ackern, säen, schneiden und dreschen, die Geistlichen mußten verrichten; als besagter Laibruder einst bei seiner Heerd Schaaf sich befunden, da erscheint unversehens vor seiner ein Mensch, den er alsobald und ohne Schrecken befragt, wer er sey? woher er komme, ich, sagte dieser, bin dein Better, bin vor wenig Zeiten mit Tod abgangen, bin von [424] dem gerechten Gott in das Fegfeuer verurtheilet worden, worinnen ich unermeßliche Pein und Schmerzen leide, also, bitte ich dich um Gottes willen, halte bei deiner Obrigkeit an, daß sie mir dreihl. Messen schenken, vermög dieser wird Gott meine zeitliche Strafe enden. Nachdem nun solches heil. Opfer für diese arme Seele verrichtet worden, ist sie mehrmals in Gegenwart anderer erschienen, und sich ganz glorreich gezeigt, auch öffentlichen Dank abgelegt um diese ihr so große geleistete Hülfe.

Warum aber, möcht einer sagen, soll man mehr Messen lesen für einen Verstorbenen, indem doch eine einige heil. Messe genug ist, das ganze Fegfeuer auszuleeren? Hierauf wird geantwortet: wann man ansieht dasjenige, was in dem heil. Meßopfer aufgewandelt wird, so ist selbiges von einem unendlichen Werth, massen es der wahre Heiland Jesus selbst, und dieser ist freilich genug, nicht allein auszulöschen ein Fegfeuer, sondern unzählbare; so man aber betracht den Effekt und Frucht der heil. Meß, so ist dieser nicht unendlich, sondern der Höchste hat durch seine göttliche Weisheit beschlossen, es soll ein heil. Meßopfer so und so viel gelten, so und so viel läßliche Sünden auslöschen, so und so viel Schulden bezahlen, und nicht mehr; was aber eigentlich für einen Preis oder Werth der Allmächtige gesetzt hat auf ein solches heil. Opfer, ist dermal uns Menschen nicht bekannt, wird auch in göttlicher heil. Schrift eigentlich hievon keine Meldung gethan, noch haben wir dessen durch einige Offenbarung eine Wissenschaft.

Es läßt sich mehrmal jemand hören, wann ein [425] vornehmer Herr mit Tod abgeht, wann eine reiche adeliche Dame stirbt, für welche etliche tausend heil. Messen gelesen werden, so kommt ja eine solche Seele bald aus ihren Schulden in jener Welt, da unterdessen ein armer Tropf, der keine Mittel hinterlassen, muß seine Schulden so langsam und so theuer bezahlen; allhier ist die Antwort, daß solcher Gestalt wenig Edelleut im Fegfeuer wären; es ist aber zu wissen, daß solche heil. Messen und andere guten Werke nicht allezeit denjenigen zukommen, für welche sie verrichtet werden, dann wann solche bei Lebzeiten nie, oder gar selten, der armen Seelen im Fegfeur seynd eingedenk gewest, so nimmt ihnen Gott gleichsam solche heilige Werk vor dem Maul weg, und theilt sie unter andere bedürftige Seelen aus, die sonsten aller Hülf entblößt seynd; wohl aber laßt der gütigste Gott denjenigen, die sie verrichten, suffragia zukommen, so vorhin auch mitleidend gewest bei Lebzeiten gegen den armen verstorbenen Christglaubigen. Non omnibus defunctis prosunt. Suffragia infallibiliter, sed aliquibus qui meruerunt in hac vita, et ii censentur esse animae eorum, qui in hac vita habuerunt specialem devotionem circa animas purgatorii.


Gaudent proximinora magis.


Inspira domine deus meus, inspira servis tuis, frateribus meis, filiis tuis, dominis meis, quibus et voce et corde et literis servio, ut quotquot haec legerint, meminerit ad altare tuum Monicae famulae tuae cum Patricio quondam ejus conjuge, per quorum carnem introduxisti me in hanc vitam. S. P August. lib. 9. confess. c. 13.

[426] »Verschaffe mein Herr und mein Gott,« seufzte der heilige Vater Augustinus, »verschaffe in meinen Dienern, meinen Brüdern, deinen Kindern, meinen Herrn, welchen ich mit Wort und Schriften, mit Herz und Mund zu Diensten bin, auf daß alle, die dieß lesen werden, deiner Dienerin Monika, samt ihrem Ehegatten Patritius, durch welche ich dieses zeitliche Leben empfangen hab, bei dem Altar gedenken wollen.«


Ein vornehmer Edelmann aus Frankreich wurde von dem Vorwitz angetrieben, daß er eine Lust bekommen, die neue Welt, von der ein so großer Ruhm und Ruf, zu sehen, zu welchem End er eine stattliche Schifffahrt dahin angestellt, dem auf alle Weis auch nach allem Widerrathen, seine erwachsene Schwester die Gesellschaft geleist, ein Fräule von wunderschöner Gestalt und Leibsbeschaffenheit. Nach andern befand sich auch auf gedachtem großen Schiff ein anderer sehr adelicher Kavalier, welcher nach und nach ein Aug geworfen in des Schiffsherrn seine adeliche Schwester (im Würfelspielen seyn viel Augen gut und bringt Glück, aber in diesem Falle seyn die Augen meistens schädlich) seine Liebe wuchs so weit, daß er auch eine Gegenlieb erworben, ja sogar haben sich beide in eine eheliche Verlöbnuß eingelassen, doch ungeacht haben des Schiffsherrn, deme hiervon das wenigste vertraut worden, aus Forcht, er möchte als ein hochtrabender Herr der Sach einen Riegel, schießen: der kleine Schleckerbub Kupido hat nicht gefeiert, bis endlich auch bei glücklicher Schifffahrt die Ehe zwischen diesen beiden gescheitert, welches der hernachwachsende Leib verrathen, worüber sich der Schiffherr nicht ein wenig entrüstet, auch gänzlich bei sich beschlossen, diese vermessene That zu rächen, und zu Vermäntlung seines Vorhabens zeigte er sich, als [427] wäre er ihrer Verehlichung nicht zuwider, bis er endlich bei einer unbekannten Insel die Anker gesenkt, des Verlauts, als wolle er einen Rasttag nehmen, und zugleich mit frischem Wasser sich versehen, da dann neben andern dieses Paar liebste auch ausgestiegen, nachdeme er etliche Sachen, als Pulver, Blei, Feuerzeug und einige Speisen auf das Land laden lassen, befiehlt er bei finsterer Nacht in aller Still abzusegeln, und das neue Paar Ehevolk in der Insul zu lassen, so auch werkstellig gemacht worden. Bei aufgehender Morgenröth sahen sich diese zwei ganz allein, und von männiglich verlassen: Das Schreien, das Bitten, das Weinen war umsonst, und alles fruchtlos: Nachdem sie nun aller menschlicher Hülf beraubt waren, mußten sie sich endlich in die Roth schicken; aber auszusprechen ists nicht, was Angst und Trübsal, sie dieser Ort, allwo mehr Wildnuß und wilde Thier zu sehen, ausgestanden. Mit etlichen Gesträuß und Stauden bauten sie endlich dieses edle und so zart auferzogene Paar Ehevolk, eine schlechte Hütte; er ginge täglich auf die Jagd, und versahe nach Möglichkeit die arme Kuchel; sie sparte nicht weniger ihren Fleiß, und grabte mit ihren zarten Händen, die sich vorhero fast vor der Seide scheueten, die Wurzel aus der Erde; aus sonderm Segen des Himmels hat sie gleichwohl ein frisches Brunnquell, welches ihnen besser als der reicheste Hofkeller gedient. Nach etlichen Monaten wie dann ein Elend dem andern auf dem Fuß folgen, erkranket der Herr und stirbt; massen ein Abgang war aller Mittel; mußte also die Frau allein tragen, was zuvor beiden schwer [428] genug ankommen; und dieses Elend dauerte über ein ganzes Jahr nach dem Tod ihres Herrn. Kein Augenblick, wie sie es nachmalens gestanden, ist verflossen, daß sie nicht, als von Jedermann verlassen, ihre Augen gewendet auf das weite und breite Meer, und geschaut, ob nicht etwan ein Schiff daher segle, und sie aus dieser Noth erlöse, stunde also ihr ganzes Leben nur in der Hoffnung. Endlich doch ist ein französisches Schiff, so vom Ungewitter an besagte Insel geworfen worden, ihr zu Hülfe kommen, und sie mit elenden, zerrissenen und verfaulten Kleidern in fast wilder und abscheulicher Gestalt mit sich genommen und erlediget.

In großem Elend war diese ein Elend, wo mehr Noth als Brod ist; ein Elend war diese, wo mehr Leid als Freud ist: ein Elend, wo mehr Frost als Trost ist. Da war Kammer und Jammer ein Ding, da war Ach und Dach ein Ding; da war Hausen und Grausen ein Ding; ist das nicht ein Elend?

Alles dieses Elend, und menschlicher Weis, große Drangsal, ist gar nicht zu vergleichen denselben, was da in jener Welt leiden die im Fegfeuer verhafte arme Christgläubige; allein in dem findet sich eine Schattirung, daß sie gleich dieser betrübten Wittib stets und immerzu ihre Augen werfen in diesem bittern Meer hin und her, wann doch einmal einmal ein Schiff sich blicken ließe, so ihnen Hülf leiste, und sie erlösete; aber zu wem haben diese trostlosen und verlassenen Geister ihre meiste Hoffnung? Zweifelsohne zu ihrem nächst Anverwandten und Befreundten, dann sie gar wohl [429] wissen, daß ein Brunn im Feld, ein Brunn im Garten zwar alles befeuchte, aber doch zu allererst diejenigen Pflanzen, dasjenige Gras, welches ihnen nahe ist; also wann wir mitleidige Christen gegen Männiglich eine Barmherzigkeit tragen, so ist ja recht und rathsam, daß wir ehender eine Hülfe leisten denjenigen, die uns nächst anverwandt sind und an Blut befreundt.

Als man einen Gichtbrüchigen zu unserm Herrn getragen und demüthigst ersuchet, er wolle sich doch seiner erbarmen, und ihm die gewünschte Gesundheit ertheilt, da hat der gebenedeite Heiland solche Gnad auf keine Weis wollen abschlagen, sondern ihn alsobald gesund gemacht, ihm aber anbei befohlen, er solle sein Bett nehmen und in sein Haus gehen. Surge, tolle lectum tuum et vade in domum tuam. Warum aber der Herr Jesus ihm geboten, daß er sich solle nach Haus den geraden Weg begeben, war die Ursach, spricht der heil. Johannes Chrysostomus in Cap. 6. Hom. 30., damit er den Leuten daselbst die großen Wunderwerke Christi, und damit sie ihren Irrthum verlassen und an den wahren Messias glauben. Wann dem doch also, warum den geraden Weg nach Haus und seiner Wohnung? Und warum nicht anderwärts hin? Die Ursach ist diese, weil er doch hat sollen und wollen den Leuten etwas Guts thun, und zu der Nachfolg des Herrn Christi anfrischen, so hat es sich gebührt, daß er geschwind und den geraden Weg nach Haus genommen, dann allda waren seine Befreundte, seine Anverwandten, seine Geschwisterte, seine Bekannten; dann wann sich jemand der Armen erbarmet, und ihnen begehrt Hülfe zu leisten, [430] so ziemt es sich, daß er vor Andern den Blutsfreundenhelfe.

Heilig ist, heilsam ist, liebwürdig ist, lobwürdig ist, wann sich ein christlicher Mensch der armen Seelen im Fegfeuer annimmt, aber er soll vor allen andern denjenigen Hülfe reichen, die da in seiner Freundschaft; zu allererst den lieben verstorbenen Eltern, weil die forderist ihre Hoffnung setzen auf die Hülfe der hinterlassenen Kinder. Nach dem Exempel meines heiligen Vaters Augustin, welcher jedermann ersuchet, und inständig gebeten, sie wollen doch in ihrem Gebet, und absonderlich die Priester in ihrem heiligen Meßopfer seiner verstorbenen Mutter Monika und seines Vaters Patritius eingedenk seyn.

Es hoffen die lieben Eltern auf ihre Kinder, daß sie werden nachfolgen dem Samson, welcher denjenigen Honig-Fladen, so er in dem Rachen des erwürgten Löwen gefunden, nicht allein für sich behalten, sondern davon eine gute Portion seinen Eltern zugebracht; also werden sie auch ihnen lassen zukommen das göttliche Manna und süßeste Himmelsbrod des Altars.

Es hoffen die Kinder auf ihre annoch lebenden Eltern, daß solche werden nachfolgen der Agar, welche auf keine Weis konnte ertragen, daß Ismael ihr Sohn sollte vor Durst sterben, sondern sie hat denn so lange bei dem Himmel supplizirt, bis Gott einen Engel gesandt, der ihr ein klares Brunnquell gewiesen hat in der Wüste. Also werden sie auch ihnen verhülflich seyn, damit sie doch einmal gelangen zu demjenigen, welcher der Samaritanin gesagt hat, daß er sey der Brunn des ewigen Lebens.

[431] Es hoffen die Geschwisterte auf ihre hinterlassenen Brüder und Schwestern, daß sie werden nachfolgen der sorgfältigen Martha, welche alle Hausgeschäfte beiseits gelegt, und in aller Eil (hat sogar der Magdalena nichts davon angedeutet), dem Herrn Jesu entge gen geloffen, und ihren verstorbenen Bruder rekommandirt, wie dann bald der Bescheid ergangen: »resurget frater tuus, dein Bruder wird auferstehen!« Also werden sie ebenfalls ihrer öfters gedenken und bei dem göttlichen Heiland das ewige Leben ihnen zuwegen bringen.

Es hoffen die verstorbenen Eheweiber auf ihre hinterlassenen Weiber, und hinwieder die Ehemänner auf ihre annoch ins Leben verbliebenen Männer, daß sie werden nachfolgen der beschiedenen und bescheidenen Abigail, welche alle Mittel angewandt, keinen einigen Unkosten gespart, damit sie nur das Uebel von ihrem, obschon groben Mann, möchte abwenden, so ihm von David gedroht wäre. Also werben sie gleicher Gestalt in allweg suchen, wie doch das große Elend, worin sie allbereits stecken, einmal von ihnen könne wenden.


Cedunt candida nigris.


Consilio inito emerunt ex illis agrum siguli in Sepulturam peregrinorum etc. Invenit tandem Mens cocea remedium. S.P. August. Serm. 121. de Temp.

»Sie fanden aber keinen Rath (verstehe die Juden wegen des Gelds, mit dem der Heiland verkauft worden), und kauften darum eines Hafners Acker zur Begräbnüß der Fremden etc.« Matth. 28. »Dießfalls haben die verblendeten Gesellen gleichwohl noch etwas gefunden,« spricht der hl. Vater Augustinus, [432] »womit sie sich aus allem Uebel, dafern sie nur gewollt hätten, hätten können heraushelfen.«


Der erste Willkomm, welchen der Engel den drei andächtigen Frauen hat geben, als sie mit kostbaren Salben das Grab des Herrn besuchten, war dieser: »Nolite timere. Fürchtet euch nicht etc.« Allen denjenigen, so die Gräber aller verstorbenen Christgläubigen verehren, und der Todten sich annehmen, sey es für einmal und allemal auch gesagt: »Nolite timere, Fürchtet euch nicht,« massen euch nicht Uebels kann widerfahren, dann gleich wie in dem Würfeln viele schwarz werfen, ein sonderes Glück ist, also hat nicht weniger Glück auf der Welt (massen von der ewigen Belohnung vorhin schon Meldung geschehen), zu hoffen und zu gewarten derselbige, dem die schwarze Farbe beifällt, verstehe hiedurch die Todten. Dann durch die Todten schon mehrmal den Lebendigen große Hülfe geleistet worden.

Die Hohenpriester der Juden seynd sowohl, ja mehr, als der Iskarioth Ursach gewest an dem bittern Tod des Herrn Jesu, dann kein Tag war, da sie nicht den Untergang dieser göttlichen Sonne suchten; keine Nacht war, da sie nicht sich bemühten, dieses göttliche Licht auszulöschen. Wie die Wölfe verfolgten sie dieses Lamm Gottes, wie die Geier und Raubvögel die unschuldigen Tauben, wie tobender Sturmwind dieses Schiffel des Heils, bis sie endlich diese blutgierigen Egel und unmenschlichen Tigergemüther den Heiland an das Kreuz gebracht, und folgsam mehr verschuldet als der Judas Iskarioth. Dannoch aber auf der Wett nicht also gestraft worden wie er, nicht eines so [433] unglückseligen Todes gestorben wie er; nicht der ganzen Welt zu Schand und Spott werden, wie er; warum? die Ursach war diese, ihre Würfel haben viel Schwarz geworfen, sie haben sich der Todten angenommen, dann sie um jenes Blutgeld, womit das höchste Gut verkauft worden, einen Acker eingehandelt, der da zu allen Zeiten soll seyn ein Freihof und Begräbnuß der Fremdling, in Sepulturam Peregrinorum. Wie dann vom besagten Acker sehr viele Erde nach Rom überbracht worden, und wird das Ort genannt Capo Santo, allwo noch auf heutigem Tag diese Erde nur die Leiber der Fremden behaltet, den Innwohner aber gleich wieder auswirft.

Gar gewiß hätte sie selbst der Teufel lebendig hingeführt, oder der Donner in die Asche gelegt, oder die Erde lebendig verschluckt, oder den wilden Thieren zum Raub worden, weil sie sich aber der Todten haben angenommen, so konnte sie kein zeitliches Unglück berühren. Nolite timere so fürchtet euch dann nicht, alle Liebhaber der armen Seelen im Fegfeuer, es kann euch so bald kein Unglück über den Hals kommen, die Todten helfen den Lebendigen.

Es wird geschrieben von einer armen Wittib zu Genua, wie daß selbe ihren gar ungerathenen Sohn von der Galee erledigen wollte, hierzu aber eine Summa von dreihundert Thaler erfordert wurde, so viel aber in ihrem ganzen Vermögen nicht zu finden, ist demnach von der Noth gezwungen worden, das Geld zu betteln, und bei wohlhabenden Leuten nach und nach zu suchen. Einsmals trifft sie einen Priester an mit einem sehr saubern Aufzug, von dem [434] sie gar demüthig eine Beisteuer gebeten, der aber gar mitleidend geantwortet, daß er selber Noth leide, und wisse nicht, wo er etwa heut das Mittagmahl werde einnehmen, dann er schon lange in der Kirche gewart, der Hoffnung, es möchte Jemand eine heil. Messe bestellen, sey aber all seine Hoffnung leer abgeloffen, und folgsam ihm nicht so viel rare Mittel, womit er sich könne erhalten. Die arme Haut erbarmt sich seiner, und gibt ihm ein Geld, dessen sie weit mehr bedürftig, er soll dafür eine heil. Messe lesen für die abgestorbenen Christgläubigen. (O Frau, viel Schwarz werfen im Würfeln bringt Glück.) »Nolite timere, Fürchtet euch nicht,« die Todten werden euch nicht verlassen, wie es auch geschehen. Nach vollendetem hl. Meßopfer sucht die fromme Matron einen andern Wohlthäter, und findet einen alten jedoch unbekannten Herrn, dem sie ihre ganze Noth geklagt, der sie dann alsobald getröst, und ihr einen Zettel geben, welchen sie zu diesem N. Kaufmann soll tragen, dem sie auch also nachkommen. Der Kaufmann aber konnte den Zettel nicht genug anschauen, konnte sich nicht genug verwundern, fragte die Frau, von wem sie diese Schrift habe? Ob sie ihn möchte kennen, wann er ihr denselben gemalt thäte zeigen? Warum nicht, sagte sie, ich habe seine Gestalt gar wohl gemerkt. Darauf führt er sie in einen großen Saal, worin beiderseits eine lange Reihe unterschiedlicher Bilder und Kontrafeten hiengen, sie schaut, sie sieht, sie zeigt mit den Fingern auf ein Bild und sagt, dieser sey es gewest, er sehe ihm ganz gleich und ähnlich, worauf der Kaufmann geseufzt, ach! sprach er, der ist mein Vater [435] gewest, und schon vor 10 Jahren mit Tod abgangen, und seine Handschrift erkenn ich gar wohl in diesem Zettel, ich will euch also gern das verlangte Geld eures Sohnes darschießen, dann also verlangt es mein seliger Vater. Die Frau und alle diejenigen, denen solches kundbar worden, erkannten gar leicht, daß dieses ein Dank der armen Seelen wegen der hl. Meß, die sie hat lesen lassen.

Die armen Seelen in dem Fegfeuer lassen niemals unvergolten die Gutthaten, so ihnen erwiesen werden, die Dankbarkeit ist bei ihnen weit besser und beständiger, als bei uns wankelmüthigen Adamskindern. Die lieben Schutzengel kommen mehrmals zu ihnen hinunter, und berichten ihnen ümständig, was und wer ihnen etwas Gutes thue. Ja sie nehmen solches auch meistens wahr bei Linderung und Minderung ihrer Pein daß jemand für sie bete und einige Hülfe leiste, worüber sie die Hände mit tausend Dank zusammen schlagen und versprechen, solche Wohlthat nimmermehr zu vergessen. Wann dann die Schutzengel ihnen offenbaren, es sey dieser, es sey diese, von denen solches heil. Meßopfer und andere guten Werke übermacht worden, sodann lassen sie nicht, immer und immer zu Gott zu rufen, und schreien um Wohlfahrt ihrer Gutthäter, ja durch Zulassung Gottes und sonderer Mitwirkung des Allerhöchsten seynd sie mehrmal sichtbarlich erschienen, und ihren Patron aus unterschiedlichen Gefahren errettet. O wie viel haben erfahren und erfahren es noch, daß sie sich nicht ehender aus einer Gefahr oder Unglück können wickeln, als wann sie den armen Seelen etwas schenken, oder wenigst versprechen zu schenken.

[436] Die allerdurchlauchtige und tugendsamste Kaiserin Maria, Ferdinands des Dritten wertheste Gemahlin, hat die armen Seelen im Fegfeuer meistens auf ihrer Seiten gehabt, und in allen Nöthen ihre Zuflucht zu denselben genommen, massen diese sowohl, als die Heiligen in dem Himmel in der göttlichen Gnade bestätiget, und folgsam auch fähig seynd für andere, nicht aber für sich selbst zu beten. Besagte allerdurchlauchtigste Frau war auf eine Zeit mit ihrem Herrn Gemahl, dem Kaiser, zu Regensburg, und befanden sich beide Majestäten dazumal mit Feinden umgeben, ja die große Kälte war zu ihrem gewünschten Vortheil, massen die Donau also überfroren, daß sie dem Feind zu einer Brücke gedient, wie dann solcher allbereits in dem Anmarsch begriffen, da solches die andächtigste Kaiserin wahrgenommen, hat sie alsobald ihre Zuflucht geschöpft zu den armen Seelen im Fegfeuer, ihnen tausend Seelenmessen verlobt etc. Siehe Wunder! in derselbigen Nacht (Zweifels ohne durch Hülfe und Fürbitt der armen Seelen) hat die Donau stark anfangen zu schmelzen, daß also der im ersten Anzug begriffene Feind hat müssen mit Schaden erfahren, daß all sein Vorhaben zu Wasser worden, massen deren über tausend ertrunken. Fürstenspiegel fol. 161. So bringt dann schwarze Farbe Glück, und helfen die Todten den Lebendigen.

Ein brüllender Löwe hat den Propheten von Juda auf dem Weg zerrissen durch sondere Verhängnuß Gottes, massen er in etwas ungehorsam war. Als solches einem andern Propheten, der sonst nicht gar zu heilig, kundbar worden, machte er sich alsobald [437] auf, reiste vom Bettel hinweg und findet den todten Leichnam des Propheten auf der Straße, neben ihm aber auch den Löwen stehen mit noch feurigen Augen und blutgierigem Rachen, uneracht alles dieses gehet er hin, nimmt den todten Leib mit sich und begräbt ihn ehrlich. Aber wie hat sich doch dieser getraut, sich in eine so große und augenscheinliche Gefahr zu begeben? Tostakus antwortet, der gute Mann habe sich gänzlich eingebildet, daß, wann er dem Todten eine Lieb werde erweisen, er kein Unglück zu fürchten habe, in libr. Reg. 13. So bringt dann schwarze Farbe Glück, und helfen die Todten den Lebendigen.

Anno 1650 hat ein vornehmer Buchdrucker zu Köln in seinem Haus bettlägerig und zwar in augenscheinlicher Todesgefahr seine liebe Ehefrau wie auch sein kleinster Sohn, wußte also nicht, wohin er sich in solcher Drangsal sollte hinwenden, begibt sich demnach in die Kirche, und fallen ihm die armen Seelen im Fegfeuer ein, verspricht derohalben, daß er den armen Seelen zum Nutzen und Trost ein Büchlein von dem Fegfeuer auf ein Neues wiederum wolle unter die Presse nehmen, und dessen hundert Exemplare für den kleinen kranken Sohn, zweihundert aber für seine kranke Frau umsonst unter die armen Geistlichen austheilen. Die Sache ist ihm also wohl angangen, daß gleich beide von freien Stucken seynd besser worden und in wenigen Tagen frisch und gesund.

Dergleichen Geschichten seynd nicht allein in vielen andern Büchern zu finden, sondern es gibt's die tägliche Erfahrenheit, was Hülfe einer zu hoffen habe von den armen Seelen im Fegfeuer, wann man ihnen[438] hilft. Probire es nur jemand, und lasse sich die abgestorbenen Christglaubigen befohlen seyn, so wird er handgreiflich spüren, daß mehr Segen im Haus, daß besser Glück in der Wirtschaft, daß sicherer Fortgang seines Gewerbes, daß kräftiger Widerstand seiner Feinde, daß weniger Unheil in dem Zeitlichen, daß weniger Anstoß in dem Amt, daß minder Drangsal in dem Leben, daß geringere Unruhe in dem Gewissen, daß schlechtere Furcht in dem Herzen. In Summa, er wird es merken, er wird es sehen, er wird es greifen, er wird es erfahren, daß, wer ein Patron ist der armen Seelen, daß für ihn auch Himmel und Erde patrozinire.


Requiescant ergo in Pace So gebe ihnen dann Gott die ewige Ruhe. AMEN.

Judas, der verfluchte Gesell
Judas, der verfluchte Gesell, wird von einigen gottlosen Leuten gar unter die Heiligen gezählt.

Michael Balbus ein Kaiser und abgesagter Feind der Christen suchte in Allweg den Namen Jesu zu vertilgen, und allerseits gänzlich auszurotten, wie er die Bekenner Christi, absonderlich aber die Geistlichen[439] und Ordenspersonen durch grausame Kerker und Marter theils aus dem Wege geräumt, theis auch ins Elend verschickt, entgegen aber den Juden war er bestermassen zugethan. Unter andern gottlosen Punkten, die er in seinem verstockten Irrthum gehalten, waren auch diese, daß er erstlich die Teufel für eine Fabel und Gedicht glaubt, der doch den größten Teufel im Herzen gehabt. Anderten hielt er alle Leichtfertigkeit und fleischlichen Muthwillen für rechtmässige Sakramente, die Gott selbst eingestellt, forderist aber ist der Aussag und des unverwendlichen Glaubens gewest, daß Judas Iskarioth bereits unter der Gesellschaft der Heiligen sey. Deßgleichen ist auch eine andere Ketzerbrut entstanden, so sie Kajaner genennt worden, diese haben die Lasterthat Judas des Iskarioths nicht allein entschuldiget, sondern sogar dessen verrätherisches Schelmstuck gut geheißen,. als habe er aus purem Eifer den Herrn Jesum verrathen, damit nur das menschliche Geschlecht durch seinen Tod möchte er löst werden. So weit kommt es schon, daß man auch die Bosheit selbst mit dem Mantel der Heiligkeit bedeckt.

Der David hat dem König Saul nur ein Trumm vom Mantel geschnitten, indem er ihm doch gar leicht den ganzen Mantel hätte können hinwegnehmen, gleichwie es der lieben Tugend widerfahren. Diese begab sich einstmals nach Hof, in Willens, daselbst eine Zeit lang zu verharren, damit sie auch allda in bessere Bekanntschaft möchte kommen, und bei den Hofleuten in gutes Ansehen; aber die Sache hat wider alles Hoffen weit anders ausgeschlagen, indem sie nicht allein bei den wenigsten ein gutes Auge erhalten, sondern [440] noch in solchen Unwerth und großen Haß gefallen, daß man sie allerseits die Stiege hinabgeworfen, und ihr noch die Vorsteher den letzten Bescheid mit dem Fuß geben an das Ort, wo die Azorier von Gott seynd gestraft worden. Nach solchem unhöflichen Verfahren zu Hof hat die liebe Tugend, ihre Melancholei und große Gemüths-Entrüstung in etwas zu lindern, sich in das grüne Feld hinaus begeben, und daselbst unter einem schattenreichen Baum eingeschlafen, unterdessen ist die Bosheit, so gleich dazumal mit allerlei schlimmen Burschen alldort spazieren gangen, ganz mäusestill, ja gar wie ein Mauskopf hinzu geschlichen und der lieben Tugend unvermerkt ihren edlen schönen Mantel gestohlen, wovon darnach kommt, daß auf den heutigen Tag die meisten Laster mit dem Tugendmantel daher prangen, und die Laster der Welt wie ein gottloser Judas Iskarioth kanonisirt werden.

Gewiß ist es und unläugbar, daß die muthwilligen Hebräer, dieses unverschämte Lottergesind, auf allerlei erdenkliche Weis mit Christus dem Herrn verfahren in seinem Leiden, dahero auch wohl zu glauben, weil viele unter den Sergeanten ziemlich berauscht gewest, daß sie die gröbsten Zotten auf die Bahn gebracht, und allerlei Schandworte hören lassen, deren aber keiner aus allen vier Evangelisten gedenkt, uns zu einer sondern Lehr und Nachfolg, daß eines Christen Zunge in solchen Wust sich niemals soll einlassen, welches aber leider wenig beobachtet wird nach Aussag des heil. Vaters Augustini? Tanto se putant laetiores, quanto fuerint turpiores etc.

Es ist selten eine Mahlzeit, wobei sich nicht [441] ein unverschämter Possen- oder Zottenreißer einfindet, wenig Traktament werden gefunden, wozu der Esau nicht auch ein Wildprät, verstehe wilde Zotten, spendiren thut. In Samaria, wie solches der syrische König Benadad belagert, so eine solche Hungersnoth entstanden, daß ein Eselskopf um 80 Silberling verkauft worden, ist noch keine Milchsuppe dabei gewest, ja die Noth hat dergestalten überhand genommen, daß man auch das Taubenkoth um theures Geld mußte bezahlen, quarta pars labstercortis columbarum quinque argentis etc. »Das war ein Elend, da man sogar das Taubenkoth für eine Speise genossen.« Dermals, Gott sey höchster Dank, ist die Bedrängnuß und Theurung nicht so groß, aber gleichwohl seynd viel anzutreffen, die immerzu Koth im Maul haben, welches noch einen abscheulichern Gestank hat, als der Tauben etc. Pfui Teufel! vor dem Lazarus, spricht der Evangelist, habe seine eigene Schwester Martha die Nase zugehalten und sich beklagt, daß er allbereits stinke etc. Jam faetat etc. Wann man sollt allemal zu dem Gestank, so einem Zottenkrämer aus dem Maule geht, die Nase zuhalten, wäre es rathsamer, daß man gar ein hölzernes Futteral ließe darüber machen.

Gott hat ganz weislich dem gerechten Altvater Noe die Arche angeben, zugleich auch befohlen, er soll forderist drei Gaden ausser der untersten Senkgrube, machen, damit also das Vieh und die Bestien abgesondert seynd von dem Menschen. Dann es will sich gar nicht schicken, gedachte Gott, daß ein wildes Thier, eine Sau, soll bei den Menschen wohnen, so nach [442] dem Ebenbild Gottes erschaffen. Wann dem also, so schickt es sich noch weniger, so der Mensch gar eine Sauart an sich zieht, und mit dem Maul in stetem Koth und Unflath stecket.

Surius erzählt eine wunderbarliche Geschichte, wie daß der heil. Carilephus habe öffentlich ausgesagt, daß kein Weibsbild auf ewig seine Wohnung und Kloster inwendig sehen werde. Solches hat bei einem frechen Weib, mit Namen Garda, einen so großen Vorwitz verursacht, daß sie sich freventlich unterstanden, Mannskleider anzuziehen, und vor dem Vorsteher des Orts um die Erlaubnuß gebeten, damit sie doch möchte die heilige Wohnung küssen und veneriren; kaum aber daß sie die Pforte erreicht, da ist alsobald der böse und leidige Satan in sie gefahren, und selbe auf eine unaussprechliche Weise geplagt und gepeiniget, unter andern zu einer sondern Straf und göttlichen Rach hat ihr der böse Feind den Kopf gar durch ihre Füße durchgeschwungen, daß sie also hat müssen küssen das Ort alles Unflaths und menschlichen Elends, um, weil sie falscher Weis die heilige Wohnung Carilephi hat das Haupt küssen wollen.Enim ille adegit inter foemora, sicque factum est, ut quae Sacratis liminibus falsa oscula imprimere tentaverat, immundas sui Corporis partes osculari, cogeretur etc. Pfui tausend! da kommt einem jeden das Grausen an; aber hört ein wenig, vielmehr soll dir grausen, ein größerer Eckel soll dir anstoßen, wann du auf der Zunge nichts als Gestank und Unflath trägst, nichts als garstige Zotten und muffende Worte auf die Bahn bringst, und mit dem [443] im Alten Testamente verachteten und verworfenen Wiedhopf den Schnabel stets in Wust und wilden Koth haltest.

Wie Petrus mit dem Angel einen Fisch aus dem Meer gezogen, in dessen Maul er eine silberne Münz gefunden, ist es glaublich, daß er etwan ein Würmlein, eine Mucke, eine Grille, eine Schnacke habe angeködert: Es läßt sich also wohl zuweilen in einem Gespräch etwan eine Schnacke oder andere lustige Grillen zu Ergötzung der Gemüther vorbringen, wann nur solche nicht schmecken nach des verlornen evangelischen Sohns seinen Kostgehern oder Mit-Convictores.

Aber sag her Welt, wie heißest du einen solchen unverschämten Zotten-Zetter? wie taufst du ihn? Er ist ja ein Unflath, ein Saumagen, eine Bestia, ein Wildfang, ein Unmensch etc.? Ja wohl nicht, sagt die Welt, sondern sie canonicirt ihn wie den Judas, sie lobt ihn noch, er sey ein wackerer Kerl, er wisse eine ganze Kompagnie aufzumuntern, es mochte einer alleweil um ihn seyn, Gott hat ihm die Gnad geben, daß ihm alles so wohl anstehet, ein überaus lieber Mensch, ein galanter Mensch; et sic laudatur peccator, et iniquus benedicitur, so weit kommt es schon, daß man auch der öffentlichen Bosheit einen Tugendmantel anmesset.

Wie der Bruder der heiligen Lidwiga mit Tod abgangen, und sehr viel Schulden hinterlassen, auch solche zu bezahlen den Söhnen unmöglich scheinte, also hat die heilige Lidwig ihre von der Frau Mutter verschafften kostbaren Kleinodien alle zu Geld gemacht, womit sie einen großen Beutel angefüllt, alle Schuldner [444] beßtermassen befriediget, gleichwohl hat das Geld nicht um einen Pfenning abgenommen, welches sie veranlasset, daß sie den gedachten Beutel den Jesus-Beutel genennt hat, und zwar ja wunderlich, indem sie so häufig Almosen unter die Armen ausgetheilet, so ist doch das Geld nie gemindert worden, je mehrmalen unter dem Zählen gewachsen. Nicht gar zu viel Jesus-Beutel findet man bei jetziger Welt, wohl aber ziemlich viel Teufels-Beutel, woriun das Geld wächset, aber nicht durch göttliche Mirakul, sondern vielmehr durch den verdammten Geiz.

Jener Gesell hat sich trefflich wohl auf die Partiten verstanden bei dem Hof des großen Königs Nabuchodonosor: Zwar das Stehlen bei Hof heißt jetzund prosperiren. Der König hat ernstlich befohlen, man solle den Daniel, den Antonia, den Missal, den Azar mit Speis und Trank von der königlichen Tafel versehen, weil aber vermög des hebräischen Gesetzes dergleichen Speis und Trank verboten waren, also haben sie ihren Tafeldecker oder Aufwärter ersucht, er möchte ihnen nur Erbes und Linsen geben, samt einem frischen Trunk Wasser, so wollten sie sich darmit schon befriedigen; gar gern, sagt dieser Bediente, es ist zwar unter Lebensstraf verboten, aber euch zu Gefallen gar gern (ei Dieb lüg, nicht ihnen, sondern deinem eigenen Nutzen zu Gefallen), hat demnach der arge Gesell Speis und Trank von der königlichen Tafel allezeit genommen, aber für sich behalten, oder gar gewiß durch alte Weiber zu Geld gemacht, seinen Beutel dadurch wohl gespickt, diesen edlen Kindern aber gleichwohl Erbes und Linsen vorgesetzt. Das geschieht [445] noch wohl öfters bei großen Höfen, wo man alles mit Genügen anschaffe für die unteren Bedienten, aber etliche, die recht beim Brett sitzen, behalten das beste für sich, und setzen das schlechtere auf, ja sie laden noch den Herrn Brunner und die Frau Burgermeisterin von Wasserburg in die Kellerey, verkaufen die Hälfte des Weins, und diese zwey müssen nachmals Lückenbüßer seyn; auf solche Weis kann man prosperiren, und den Beutel schmieren, aber diese seynd keine Jesus-Beutel, sondern Teufels-Beutel, der Geiz das Geld vermehrt hat.

Ihr Gnaden NN., gar ein reicher Herr zugleich, seynd einmal in der Predigt unsers lieben Herrn gewest, da solcher mit seiner gebendeiten Zunge die Herrlichkeit des Reiches Gottes ausgelegt, und weil solche Predigt die meisten Gemüther bemächtiget, also ist nicht weniger hierdurch besagter Herr ebenfalls bewegt worden, darum sich gleich zu Christum gewendt, und mit demüthigen und fast eifrigen Worten denselben angeredet: Magister bone etc. Mein lieber und frommer, was ist dann vonnöthen zu thun, damit ich das ewige Leben erhalte? Erstlich muß man, sagt der Heiland, die Gebot Gottes halten, nachgehends, wann du verlangst mein Jünger und Nachfolger zu werden, so mußt du alles das Deinige verkaufen, und das Geld unter die Armen austheilen etc. Kaum daß solches unser Herr ausgeredet, da ist der Kerl wie ein Wachs erbleicht, hat eine Stirn gemacht, wie ein Hackbrettl, hat die Nase gerumpft, als hätte er dieselbe im Holz-Apfel-Most gebeitzt, contristatus est etc. [446] Das Liedl hat ihm gar nicht gefallen, dann seine Natur war nur zum Nehmen, und nicht zum Geben. Ja, er hoffe in die Gesellschaft des Herrn zu kommen, damit er durch dessen Mirakul konnte sein Geld vermehren, oder wenigst Vice-Procurator des apostolischen Kollegii werden Da wären zwei saubere Schelmen zusammen gekommen, einer hätte die Kassa geschoben, der andere gerupft etc. O wie viel seynd doch dergleichen verblendte Phantasten anzutreffen.

Das Weiblein im Evangelio hat den verlornen Groschen gesucht mit großem Fleiß, mit sonderer Mühe, sie hat ein Licht angezündet, noch mehr: sie hat den Besen in die Händ genommen, noch mehr: sie hat Stühl und Sessel auf die Seite geräumt, noch mehr: sie hat das ganze Haus oben und unten ausgekehrt, noch mehr: sie hat das Kehrkoth gar aus gesucht, bis sie den Groschen gefunden. Diese ist auf einen Groschen gangen, aber mancher Narcissenkopf gehet gar auf einen Pfenning.

Ich kenne einen, der lebt noch, aber wo? Der König Nabuchodonosor ist in solches Elend gerathen, daß er gar wie eine Bestia mußte das Gras fressen, dieser nicht weniger, dann er sucht die verworfenen Salat-Blätter, so die Dienst-Menscher in der Kehr-Butten austragen, fleißig zusammen, und siedet sich diese, O che gusto. Der Jakob im Alten Testament ist auf der Erde gelegen, seynd ihm also die Haar in diesem Bett wenig fedrig worden, wie er die Leiter gegen Himmel gesehen, dieser aber liegt auch nur auf dem Stroh. Aber wer weiß etwan, wann er zeitig wird! O che gustoi. Sein Kleid könnt fast [447] icht schlechter seyn, gar eine schöne Antiquität: er ist zwar zähe, aber sein Kleid ziemlich mirb, und bin sicher, wann er bey dem prächtigen Eintritt des Herrn nach Jerusalem hätte mit dem Volk auch seinen Mantel auf die Straße gelegt, daß der Esel etliche Löcher hätte darein getreten. In Summa: er ißt schlecht, er trinkt schlecht, er kleidt sich schlecht, er liegt schlecht, er beträgt sich schlecht, ist dannoch kein schlechter Narr, dann er ein Mann von etlich tausend Gulden.

Sag her du Welt, was gibst du diesem Gesell für einen Titel? Er ist ja ein Geizhals, ein Geldnarr, ein Judasbruder, ein Batzenjäger, ein Beutelvogt, bei Leibe nicht, sagt die Welt, sie kanonisirt ihn wie den Iskarioth, er ist gar ein guter Wirth, ein gesparsamer Mann, er gibt fleißig auf das Seinige Acht, er verhaust wohl nichts, o was gibt er seinen Kindern für einen guten Vater ab etc. Et sic laudatur Peccator et Iniquus benedicitur etc.

Just ist die Justitz bei der Welt wie ein Spinnengewebe, welches an ein Haus an dem vorgeschossenen Dachstuhl angehängt ist, wann zuweilen eine unbehutsame Mücke oder Fliege darein gerathen, so bleibts schon hängen, so aber ein großer Vogel etwan ein Spatz oder Schwalbe sich darein verschießt, so reißt er das ganze subtile Netz von einander, und gelangt wieder auf frischen Fuß, also pflegt meistens die Weltjustitz nur die armen und gemeinen Leute wegen begangener Verbrechen dem Gesetze nach abzustrafen, die reichen aber und vornehmen Leute seynd fast allemal diszensirt. Der Galgen gehört nur für die kleinen Diebe, die vornehmen aber thut man verehren.

[448] Die Pharisäer samt andern nasenwitzigen Schriftgelehrten führen einmal ein Weib in Mitte des Tempels, allwo unser Herr dem Volk eine eifrige Predigt vorgetragen, und klagen dieselbe an mit allem Ernst, wie daß sie im wirklichen Ehebruch ertappt sey worden,Modo deprehensa etc. Fragen also Christum den Herrn, ob dann solche vermög des mosaischen Gesetz soll versteiniget werden? Hört ein wenig ihr saubern Gesellen, wann ihr besagten Schleppsack in wirklicher Schandthat ertappt habt, wo ist dann er geblieben? Warum führt ihr denselben Ehebrecher nicht ebenfalls zu Christum, zumal das Gesetz Moses beide zu gleicher Abstrafung verdammt? Ho, ho, ich kenne euch Vögel aus dem Gesang. Der Thäter und Ehebrecher war reich, eines vornehmen Stands (dieser Meinung ist auch Liranus), er hat in der Stadt ein vornehmes Amt zu verwalten gehabt, und darum hat man müssen durch die Finger sehen, man hat müssen etwas Uebriges thun, aber das Weib war eine arme Haut, etwan eine Wäscherin, oder eine Näherin oder sonst dergleichen schlechten Stands etc. Daher nur sie zur Straf gezogen worden, dann die Gebot und Gesetz müssen nur die gemeinen Leute halten, mit den reichen und vornehmen hat es im letzten Kapitel eine andere Auslegung. O elende Justitz! du bist wurmstichiger als das aufbehaltene Manna der Israeliter, du hinkest ärger als der Miphiboset bei dem David, du bist mehr verwundt als der Reisende von Jerusalem nach Jericho, du bist mehr gestürzt als die davidischen Gesandten von dem Hanon.

Du Fluß Nil in Egypten bist zu Zeiten [449] Pharaonis, des egyptischen Königs, natürlich so beschaffen gewest, wie dermal die Justitz, der mörderische Monarch, ist ein öffentliches Gebot durch ganz Egypten ausgebreitet worden, daß man unter Lebensstrafe alle neugebornen hebräischen Knäblein soll in den Fluß Nil werfen. O wie viel unschuldige dergleichen Tröpflein hat der unersättliche Nil ertränkt. Wie viel unmündige Kinder haben in diesem Bad das unlängst empfangene Leben müssen lassen, ausser eines nicht, benanntlich der kleine Moses, mit diesem hat der Fluß Nil eine Diskretion gebraucht, aber warum? Es war ja der allgemeine Befehl, der Nil soll alle hebräischen Knäblein ertränken? Freilich, warum nicht auch den Moses? Gemach mit der Sache, da hat es ein anders Aussehen, daß die andern Kinder vermög des königlichen Mandats seynd ertränkt worden, war kein Wunder, da es nur gemeine Kinder gewest, deren Eltern als Ziegler in dem Leim gearbeitet, aber der Fluß Nil gedacht, der Moses wird einmal ein vornehmer Herr werden, ein halber Gott auf Erden, er wird mit den Wassern zu gebieten haben, und sogar das Meer mit der bloßen Ruthe von einander theilen, holla, so muß ich da wohl ein Auge zudrücken, muß lassen Gesetz Gesetz seyn, und eine Manier brauchen. Vexat censura Columbas etc.

Jene saubere Madam des ägyptischen Putiphars ist voller Leichtfertigkeit gewest, der gute Herr glaubte, seine Frau sey eine lautere Susanna, aber das Anna ausgelassen, so bleibt Sus. Er hätte Leib und Seele verpfändt, daß sie ihm treu sey, aber er hat Putiphar geheißen und sie Putana, er glaubte, er sey [450] allein Hahn im Korb, aber! einmal ist das lang verborgene Feuer in eine öffentliche Brunst ausgebrochen, und hat diese von dem keuschen Joseph mit zehn Buchstaben begehrt, Dormi mecum, was wider die Zehn Gebot, sogar ist sie diesem irdischen Engel in den Mantel gefallen, und ihr gottloses Beginnen mit Gewalt gesucht. Der lilienreine Jüngling wußte wohl, daß in solchem Kampf und Streit das Fersengeld die beste Münz sey, läßt demnach den Mantel in den Händen dieser unverschämten Krotte, damit er das Gift von ihr nicht an sich ziehe, und gibt sich in die Flucht. Aus dem besten Wein wird gemeiniglich der schärfeste Essig. Die Lieb hat sich bald bei der Fettel in einen Haß und Rachgierigkeit verwandelt, massen sie mit zerrissenen Haaren, mit verstelltem Angesicht, mit gähnendem Maul zu ihrem Herrn geloffen, der ehrvergessene Joseph, dieser Sklav, auf den er bisher so viel gehalten, habe mit unerhörter Vermessenheit ihr wollen eine Gewalt anthun, und da sey noch sein Mantel etc. Der Herr, als ein verständiger Edelmann und der bei Hof in großem Ansehen, konnte unschwer abnehmen, daß, wann der Jüngling ihr hätte wollen eine Gewalt anthun, so hätte er den Mantel nicht hinten gelassen. Sie war ein zartes Frauenzimmer, die kaum eine Gluffe oder Spinnadel konnte rümpfen, will geschweigen einen so starken Jüngling zu über wältigen, und den Mantel per Force nehmen. Der Signor Putiphar konnte es handgreiflich abnehmen, daß der Joseph recht, sie aber seine Frau unrecht, aber der Narr hatte einen guten Magen, Bon huomo, und weil sie eine [451] vornehme Frau, wanns auch sollt Unrecht haben, so muß man dannoch ihr dießfalls beilegen, einen Respekt brauchen, den Joseph aber als einen gemeinen hergeloffenen Kerl in die Keuche werfen, der Kanaglia weiter kein Gehör geben etc. Ei du saubere Justitz, du verfolgst die Tauben und verehrest die Raben, so da rauben.

Aber meine Welt, ich möchte so gerne wissen, wie du dergleichen Jutitiarios thust nennen, die nur mit den gemeinen Leuten dem Recht gemäß so scharf verfahren, die großen aber und vornehmen exempt machen? Es seynd ja Schänder der lieben Justitz, es seynd ja Blutegel der Armen, es seynd Uebertreter der göttlichen Gebot, es seynd Widersacher des göttlichen Richters, es seynd Räuber des gemeinen Wesens etc. Still, still, sagt die Welt, mit dergleichen Stichreden, das Pferd muß man anderst sattlen, das Kind muß man anderst taufen. Solche Herren seynd wackere Politici, sie wissen eine Diskretion zu gebrauchen, sie wissen weislich durch die Finger zu schauen, sie wissen einen Unterschied zu machen unter einem Zobel und unter einem Schaffell, sie geben dem Adel seinen gebührenden Respekt, seyn wackere Leute, die sich in alle Dinge so stattlich wissen zu richten. »Et sic laudatur Peccator, et iniquus benedicitur: auf solche Weis wird ein Iskarioth kanonisirt, und ein Judas heilig gesprochen.«

Die Melancholei ist des Teufels seine Schwiegermutter, ist ein Gift des menschlichen Lebens, ist eine Portnerin der Krankheiten, ist eine Kupplerin der Verzweiflung, ist des Henkers seine Strickversilberin, [452] ist ein Abriß der Hölle, ist ein Voressen der Verdammnuß, ist ein Supernumerari-Stell der Armen etc. Darum soll der Mensch lustig und allegro seyn. Der heil. Abt Antonius wäre nicht hundert Jahr alt worden, wann er nicht allezeit wäre lustig gewest. Der heil. Paulus, erste Einsiedler, hätte nicht hundert und dreizehn Jahre gelebt, wann er nicht fröhlich und aufgemuntert wäre gewest. Der heilige Romualdus Kamaltulenser hätte wohl nicht hundert und zwanzig Jahr erreicht, wann er nicht lustig und eines fröhlichen Gemüths wäre gewest. Der heil. Philippus Nereus wäre kein so alter Tättl worden, wann er nicht immer wäre allegro gewest etc. »Exultatio Viri est longaevitas, die Freudigkeit eines Mannes bringt ein langes Leben.« Darum, sagt Kosmophilus, seynd wir verwichen trefflich lustig gewest, es hat ein ziemliches feuchtes Wetter abgesetzt bei der guldenen Sonne, sieht doch unser lieber Herr selbst gern trinken, dann zu Kana, nachdem die sechs Krüge Wein schon völlig ausgeleert worden, hat er dieselben mit Wasser ganz eben voll lassen angießen, und solches nachmals in den besten und edelsten rothen Wein verwandelt, da ist erst das Saufen angangen, da ist erst die Gesundheit des Herrn Spenditors steif herumgeloffen etc. Kosmophile, du redest zu viel, und mußt aus Christi Mirakul kein Makul machen; es ist zwar nicht ohne, daß der gütigste Herr durch Interzession seiner gebenedeiten Mutter das Wasser in Wein verkehrt, aber kein Evangelist thut Meldung, daß die Herren Gäste den Wein haben ganz ausgetrunken, vermuthlich ist es wohl, daß ein jeder etwan ein Gläslein [453] von diesem Wunderwein habe genossen, das Uebrige haben sie proportionsweis ausgetheilt, und ein jeder etwas davon mit sich nach Haus getragen zu einer ewigen Gedächtnuß dieses großen Mirakuls, auch einem und dem andern guten Freund zu sondern Gnaden ein oder zwei Tropfen davon kosten lassen.

Gesoffen haben wir, spricht Kosmophilus, daß die Seel in uns herumgeschwommen, und das hat die ganze Nacht gewährt. Mein Kosmophile, bei den Malern seynd sonst die Nachstück in großem Werth, aber dieß gefällt mir gar nicht. Der Psalmist David singt: »daß bei der Nacht die Bestien ihren Rath haben, Posuisti tenebras et facta est nox, in ipsa pertransibunt Bestiae Sxlvae.«

Wohl recht, sagt Kosmophilus, hat auf dem hölzernen Reichstag der Weinstock Kron und Scepter geweigert, und auf keine Weis' wollen Holzkönig werden, dann er gedachte, daß er ohnedas ein großer Herr sey, und fast über jedermann herrsche. Verwichen ist in aller Wahrheit der Wein unser Herr worden, wir haben immerzu die Gläser trippelweis ausgesoffen, und seynd gar wenig Pausen untergeloffen. Der große Limmel Goliath hat von dem kleinen David eins an Kopf bekommen, daß er hievon zu Boden gesunken. Aus uns ist wohl keiner gewest, der nicht ebenfalls im obern Stock hat Schaden glitten. Der Wallfisch konnte den Jonas als einen harten Brocken gar nicht verdauen. Aus uns hat ebenfalls das Maul gestaubt, daß er hätte mögen die Stadtmauern zu Speier einwerfen, es mußte das nächste beste Schaf ein Porzelaingeschirr abgeben. Daß die [454] Apostel unsern Herrn einmal bei der Nacht für ein Gespenst gehalten, Putabant esse Phantasma, ist eine ziemliche Irrung gewest; aber der Johann Plut hat eine Katz für einen Kehrbesen angesehen. Der Ferdinand hat mit der Zunge gar nicht mehr können fortkommen, und nicht anders gestammlet, als hätte er einen ganzen Garnhaspel geschlückt, er hat eine Sprach geredet, welche auch die Faßzieher zu Kalikut nicht verstanden hätten. Der Philipp hat an der Wand und Mauer herum getappt, wie die saubern Gesellen zu Sodoma, so bei dem Loth die Hausthür nicht konnten finden. Der Zacharias ist ein Kassist worden, und hat eine Architektur die Stiege hinab gemacht, in Summa, das Echo von demselben Fest steckt mir noch ein wenig im Kopf.

Sag an Welt, was hältst du von diesem Kosmophilo und seinen Kameraden? Sie seynd ja Schlemmer, Saumagen, Weinschläuch, Trotzbuben, Luder, Lottersgesind, Bestien und keine Menschen, Vollsäufer, Zechjodel, Kandeldrescher, Faßbürsten etc. Ei wohl nicht, sagt die Welt, lustig, gut vertraulich, die besten Brüder, recht wohl auf, eine redliche Kompagnie, ein ehrlicher Gespaß, eine liebe Zeitvertreibung, eine perfekte Rekreation etc. »Et sic laudatur Peccator, et Iniquus benedicitur, auf solche Weis verguldt die Welt das Laster, und setzt dem Iskarioth einen Schein auf.«

Der heil. seraphische Franziskus war auf eine Zeit ein Gast bei einem Mittagmahl, allwo noch mehr gute Freunde zugegen. Unter andern Reden sagte und klagte er, daß er etliche Faß Wein im Keller [455] habe, welche, durch was Unglück sey ungewiß, ganz sauer und fast zu lauter Essig worden, ließ auch zu einer Prob einen Pokal von solchem Sauerampfer herauf bringen, und da solchen der nächste beste gekost, hat er darüber die Nase also gerümpft, daß man geglaubt, es seyen ihm alle Lebensgeister in Essig gefallen. Der heil. Franziskus nimmt ihm den Becher Wein, macht darüber das heil. Kreuzzeichen, und gibt solchen dem Herrn Joannes, als damaligen Kapellan bei St. Kassian und der Nächste, so auf seiner Seite gesessen, dieser kostete nicht allein obenhin den sauren Wein, sondern trinkt ihn rund aus, und bekennt, daß er sein Lebtag keinen bessern und stattlichern Wein habe genossen, ja aller Wein im Keller hat die Säure verlassen, und ganz annehmlich und gustos worden, woraus man leicht konnte wahrnehmen die großen Verdienste und Willigkeit des seraphischen Franziskus.

Bei uns armen Mendikanten stünde solches Mirakul öftermal gar wohl, als die wir den Surium nicht allein in der Bibliothek, sondern auch im Keller haben, aber dannoch wünschte ich mir von dem allmächtigen Gott die Gnade, nicht sauren Wein in süßen zu verwandeln, sondern nur saure Gesichter in süße und freundliche zu verkehren, das wäre ein absonderliches großes Wunderwerk. Es ist einer gewest, mit Namen Aloisius, aber ich glaub, er habe solchen Namen von dem Aloe erpreßt, und weil ein anderer von ihm etwas unbehutsam geredet, und ihm die Ehre und guten Namen nicht zwar gänzlich verschwärzt, sondern nur bloß hart anhaucht, worüber er dergestalten erbittert worden, daß er ihn nimmermehr süß [456] angeschaut, ja der Groll und Widerwille hat dermassen zugenommen in seinem Herzen, daß er sich endlich entschlossen, die angethanen Injuri und Schmach mit dem Degen zu rächen. Ich bemühte mich in allweg, das erbitterte Gemüth zu besänftigen, konnte aber das nicht ausrichten, was der große Mann Elisäus, welcher mit wenig Mehl das bittere Koloquintenkraut versüßt hat. Es werden unterschiedliche Mittel wider die ungestümen Wetter, wider den Donner und Hagel angetroffen, als wie zu diesem in dem Herzogthum Bayern die Haare der heil. Mechtildis, sobald man selbige in die Luft hängt, so fängt der Himmel an ein freundliches Gesicht zu machen. Engelhardus in vita Kap. 31. Die Glocken, so der heil. Benno geweiht hat. Rokko Kap. 21. Die zwei kleinen Glöcklein, welche die Engel samt dem heil. Haus nach Loreto getragen. Petra Sanct. Kap. 4. Das Kreuz zu Karabak in Spanien, ibid. Die Kreuze des hl. Turii Asturia.Pagat. 166. Die Anrufung der hl. Eurosiä einer königlichen Tochter aus Böhmen, so in Spanien von den Mohren um Christi willen gemartert worden. Alle diese seynd immerwährende Mittel wider die Wetter, aber der erzürnte Aloysius hat also gedonnert und gehagelt, daß ich gar kein Mittel angetroffen, solches ungestüme Meer zu stillen. Ich trage ihm ernstlich vor, daß Petrus nicht einen geringen Verweis und Kapitel von dem Herrn empfangen, um, weil er aus guter Meinung zu seinem eigenen Schutz den Säbel gezuckt; wie hoch wird er erst beleidiget werden, wann du Aloysi sollest den Degen umkehren in dem Blut deines Nächsten, für den der Herr [457] Jesus selbst das Blut vergossen. Moses hat sogar das Wasser in Egypten nicht wollen in Blut verkehren, sondern hat solches seinem Bruder Aaron überlassen, dann er gedachte, daß es sich gar nicht wohl schicke, wann er sollte das Wasser in Blut verwandeln, von welchem er doch in dem Fluß Nilo das Leben erhalten. Und das heilige Taufwasser, worin du das Leben deiner Seele bekommen, wolltest du Aloysi mit – fremdem und mit Rach vergossenem Blut besprengen? Sollst du dann ein so großer Ignorant seyn, und an das Ignosce nicht gedenken, welches der Herr Jesus am bitteren Stamm des heil. Kreuzes hat hören lassen, allwo er seine gebenedeite Mutter Maria, dero jungfräuliche Milch Er gesogen in seiner Kindheit, nur Einem Menschen, benanntlich dem Joannes, rekommandirt und anbefohlen, seine Feinde aber, die ihn also bis in Tod verfolgt, gar seinem himmlischen Vater selbsten. O weit mein Aloysi bist du entfremdt von dem großen Gemüth des Kaisers Theodosius, bei dem die Schmeichler und Ohrenblaser vorgebracht, daß einige vermessene Leute sich freventlich unterstanden, seine aufgerichte Statuta oder Ehrenbildnuß mit Steinen zu werfen, worauf der mildeste Monarch mit der Hand über das Gesicht gefahren, und zugleich gesagt, er kenne weder Wunden noch Tippel, sogar keine blaue Weil in dem Angesicht abnehmen oder empfinden etc., wisse also nicht, warum er sich soll rächen.

Es hat sich der Heiland selbst von dem henkerischen Lottersgesind einen wilden und garstigen Fetzen lassen über die Augen binden, damit er zeige, daß er nicht verlange zu wissen diejenigen, so ihm dergleichen [458] harte Backenstreich versetzen. Und du willst noch die wenigen Unbild, so dir dein Nächster angethan, gar mit dem Blut bezahlet haben? Aber mit aller meiner Abmahnung habe ich so viel gerichtet als derjenige, so einen Mohren wäscht. Ein Löw ist wild, ein Bär, ist wild, ein Wolf ist wild, ein Drach ist wild, und doch den ersten hat zahm gemacht die heil. Thekla, den andern der heil. Gallus, den dritten der heil. Norbertus, den vierten der heil. Apostel Matthäus, aber ich habe nichts können richten. Das tobende und wüthende Meer hat Christus der Herr wunderbarlich gestillt, aber ich habe den Zorn des Aloysius nicht können stillen: dieser Egel wollt Blut haben; dieser Igel wollt stechen und verwunden; dieser Strauß suchte Eisen, wie es dann bald der Ausgang gezeigt, dann wie er etliche Tag hernach seinen Gegentheil außer der Stadt angetroffen, hat er denselben mit unbändiger Furi angegriffen, zu einem unvermutheten Blutkampf herausgerufen, und endlich ihm mehr, als Tigerartig den Rest geben.

Was haltest du Welt von einem solchen? Er ist zweifelsohne zu nennen ein Mörder, ein Todtschläger, ein Kains-Bruder, ein Unmensch, ein Blutschwamm, ein Tyrann, ein Nero, ein Höllthier etc. Weit davon, sagt die Welt, zu dem Kopf gehört eine saubere Lauge, zu dem Wetter muß man andere Glocken läuten; Aloysius ist ein Kerl von einer Kourag, Fama, Echo, Ama, das ist, eine adeliche Revange, ein braves Gemüth, ein Stück eines Kavaliers, die Ehr muß durch keinen andern Pemsel reparirt werden, als durch den Degen, solchen Gesellen muß man die Spitze zeigen, Aloysius [459] hat recht gethan, hat ein Lob verdient, sonst hätte er müssen Lettfeigen anstatt des Konfekt essen, er hat die Reputation seines ganzen Hauses erhalten, Vivat etc. Et sic laudatur Peccator, et Iniquus benedicitur etc. Also legt die Welt dem abscheulichen Laster einen schönen Mantel an, also thut sie die wildesten Laster in englisches Tuch kleiden, und folgsam einen Iskarioth kanoniziren und heilig sprechen.

Anno 1639 ist zu Wien in Oesterreich auf dem Wochenmarkt eine ausgestrichen worden mit einem rothsammeten Pelz bis auf die Erde, auf dem Kopf aber war ein zwei Spann langer Fantasch oder Schopf, der sich dann zu einem jeden Streich des Scharfrichters wacker getummelt, und fast gehupft wie der Schweif einer Bachstelze. O mein Gott, wie hab ich mich hierüber erfreut, ich hab derohalben dem Allerhöchsten gedankt, ich hab des Stadtgerichts unversehrte Justitz hervorgestrichen, ich hab in meinem Herzen ganz trostvoll gefrohlockt, dann ich glaubte, diese Madam sey die Kleidermode, und sie also mit Schand und Spott durch einen ganzen Schilling komplimentirt, ja gar zu der Stadt hinaus und völlig aus dem Land geschafft worden, meine Meinung war, sie werde zu Konstanz, auf lateinisch Constantiae, einen ewigen Arrest haben, aber leider! ich bin dermalen in einer großen Irrung gewest, dann es war nur eine, die da anderer Verbrechen halber das Birkenkraut verkost, ja ich hab noch hierüber die Modi ganz frei und frech auf allen Gassen gesehen herumgehen, welches mich nicht ein wenig geschmerzt.

Galliläa hat uns Salvatorem Mundi [460] gebracht, und Gallia Inventorem Modi, o verruchte Modi und verdammte Kleiderpracht, die du noch immerzu im Wachsen und Aufnehmen bist. Das wollene Kleid, welches Maria, die übergebenedeite Mutter, dem fünfjährigen Christus mit eigenen Händen, gemacht, ist mit ihm aufgewachsen, und nach Aussag Masseli 1. 5. in der Farb sich immerzu geändert nach Beschaffenheit der Festtag im Tempel, wann daselbst der Ornat ist roth gewest, so hat ebenmäßig der Rock des Herrn die Purpurfarb angezogen, ist der Aufputz im Tempel blau gewest, sodann ist in gleicher Himmelsfarb das Kleid Christi etc. Ist demnach das Kleid des Herrn Jesu Gott dem Allerhöchsten zu Ehren nie gewest beständig in der Farb, aber dermal hat die muthwillige Kleiderpracht also überhand genommen, daß sie dem Teufel zu Ehren nie beständig ist in der Modi. Ich bin bereits nunmehr ein schlechter Grammatikus, aber ich glaub gleichwohl, dieser sey des LuzifersModus Imperativus. Eine manche, die auch nicht Mittel hat, will sich gleichwohl in die Modi kleiden; aber wer zahlt die Modi? gar oft heißt es: Modo deprehensa est in adulterio etc. Wie unser lieber Herr ganz prächtig zu Jerusalem eingeritten, indem ihm gegen dreißig tausend Menschen entgegen gangen, so zwar nicht lauter Innwohner der Stadt gewest, sondern die meisten aus dem ganzen Land, welche dazumal der österlichen Solennität halber dahin kommen. Zur selben Zeit haben sich die lieben Apostel ganz eifrig und ehrerbietig gegen den Herrn Jesum gezeigt, und sogar ihre eigenen Kleider, verstehe die Mäntel und äußern Röcke, an Statt der Schabrachen [461] und Decken über den Esel, worauf der Heiland nachmals eingeritten, gestreut, auf diesen Kleidern ist unser lieber Herr gesessen; aber auf den jetzigen Modikleidern sitzt der Teufel, wann schon längst ein frommer Geistlicher zu Mainz in der Kirche gesehen, daß auf dem langen Schweif einer Edelfrau viele Teufel in Gestalt der Ratzen und Mohren getanzt und gefrohlockt, auch durch sein eifriges Gebet so viel ausgewirkt, daß solches das gesamte Volk gleichmäßig wahrgenommen, wie viel tausend höllische Larven werden dann dermal, wo die Pracht weit größer, als zur selben Zeit, tanzen, hupfen, springen, spielen auf den jetzigen Modikleidern, wann es Gott der Allmächtige zuließe, daß wir solche verdammten Geister könnten mit leiblichen Augen sehen, so würden wir ohne Zweifel wahrnehmen, daß solche höllischen Mucken gleich einem Bienenschwarm auf den dermal verfluchten Weiberhauben hängen, ich getraue mir gar leicht ein Spital mit drei tausend armen Leuten ein Jahr hindurch reichlich auszuhalten, wann ich nur jenes Geld hätte, was in Einem Jahr zu Wien für dergleichen Teufelsgipfel verschwendet wird.

So lang Adam und Eva in der Unschuld gelebt, und vor den Augen Gottes gebenedeit gewest, da seynd keine Dörner auf dem ganzen Erdboden gewachsen, sobald er aber samt ihrer so spöttlich gestolpert und das göttliche Gebot übertreten, da hat die vermaledeite Erde die spitzigen Dörner hervorgebracht. Die Welt ist lang und so viel gebenedeit gewest, so lange sie nichts um die Spitze gewußt, sobald aber solche verruchte theure Tracht ist aufkommen, [462] sodann ist sie vermaledeit. Wie viel tausend und tausend Gulden werden nur um dergleichen unnöthigen Dinge verschwendet! Aber gedenkt an mich, ihr elenden Weibsbilder, wie hart diese Spitzen nach dem Tod euch verwunden werden, und versichert euch, daß sie das Haupt unsers Heilands Jesu nicht weniger beleidigen, als gethan hat die von spitzigen Dörnern geflochtene Kron! So stark hat die leidige Kleiderpracht eingerissen, daß aus tausend Personen kaum Eine derenthalben vor dem geheimen Richterstuhl der Beicht sich anklagt, sondern es wird dieser Muthwille in den Kleidern bereits für keine Sünde oder Verbrechen gehalten. O Gott! o Gewissen! weiß man doch bis Dato noch keine andere Ursach, wessenthalben der reiche Mann in dem Evangelium zum Teufel gefahren, als weil er öftere Mahlzeiten gehalten, und sich mehr als standmäßig gekleidet hat. Der heil. Franziskus de Paula, mit ihm der heil. Hyazinthus Prediger-Ordens, mit ihm der heil. Bernardus Senensis Franziskaner-Ordens, mit ihm der selige Hieronymus Rekanatensis Augustiner-Ordens, mit ihm der heiligmäßige Mann Matthäus von Baskio, Kapuziner-Ordens etc., alle diese haben ihre Kappen oder Mäntel auf große Wasser und tiefe Flüsse gebreitet, und auf denselben, als in den sichersten Schiffen, gefahren. Denen haben ihre Kleider Glück und Heil gebracht, aber wehe allen denjenigen, so der übermäßigen Kleiderpracht ergeben! ihnen drohen dergleichen Kleider nichts als das zeitliche und ewige Unheil. Jonas hat sich sehr beklagt, ja so heftig erzürnt über den Wurm, der ihm die schattenmächtigen Kürbisblätter abgebissen, [463] aber der höchste Gott hat sich noch billiger zu erzürnen über den Seidenwurm, welcher manchem sogar das ewige Heil und der Seele Seligkeit hinwegfrißt. Es ist nicht allein jene stolze Frau zu Saona in Liguria Anno 1560 in Gegenwart des gelehrten Kapuziners P. Angeli, der zuvor in der berühmten Schul zu Sarbona Doktor gewesen, vom Teufel lebendig hingeführt worden, um, weil sie eine neue Kleidermodi in die Stadt gebracht, sondern es steigen noch auf heutigen Tag viel tausend Seelen in den Abgrund dieser einigen Sünde halber, da doch leider solcher Mißbrauch schon den Namen einer Sünde verloren.

Anno 1530 seynd zu Nürnberg, Regensburg, Landshut, Eger, Bamberg und mehrern Orten in Deutschland ganz häufige Kreuz erschienen auf den Kleidern der Männer und Weiber, viel häufiger aber auf den Kleidern der Weiber, meistens wegen der unmäßigen Hoffart, so sie doch dazumal nur zu Fuß gangen, jetzt aber sitzt sie gar zu Pferd. Obschon der Zeiten dergleichen Wunderkreuz auf die stolzen verruchten Modikleider nicht fallen, so soll man doch glauben, daß die häufigen Kreuz, mit denen dermal die Welt bedrängt, benanntlich Krieg, Pest, Hunger etc., nichts anders von Oben herunterzieht als die ungeschämte Kleiderpracht. Hat der erzürnte Gott vor diesem schon gedroht durch den Propheten Sophonias seine göttliche Straf, um weil sich die Fürsten und großen Herrn in fremde Kleider vergafft. »Visitabo super Principes etc. Ich will eine Heimsuchung thun über die Kleider des Königs und über alle, die [464] sich mit fremden Kleidern etc.« Um wie viel mehr hat der gerechte Gott anjetz Ursach zu strafen, indem sogar der geringste Grindschippel und schlechteste Kuchelschlapp in französischer Modi daherprangt, es wird bald dazu kommen, daß man auch Schneider-Schulen und Akademien wird müssen aufrichten, damit der Witz und Schneider-Verstand noch bessere Kleider-Inventiones auf die Bahn könne bringen. Dieser Leute ist eine solche Menge zu Wien, daß, wann man alle dero Scheeren sollte zu Harnisch schmieden, man gar leicht ein ganzes Kürassier-Regiment könnte ausstaffiren.

Ecce, da geht eine daher, o wie stattlich und ansehentlich zieht sie auf! der Mando ist Indianisch – Hoch – Zorn – Leib – Farb, die Elle verkauft man zu Venedig, gleich vom Arsenal über, wo der Teufel die Hackbrettel schleift, um 20 Thaler, das Gebräm oder Gallonen, so auf dem Rock stehen, seynd von einer nagelneuen Gattung, und seynd von Syrakus unlängst durch Stafette durch Narrapolis bis nach alt Aquileia geliefert worden, von dannen durch die Handelsleut hieher gebracht. Dergleichen Hauben, wie sie trägt, hat man allhier keine gesehen, und will man sagen, daß die Modi sey kommen von der Prinzipaljungfrau des großtürkischen Seraglio, die Band, so dem Fontasch unterspielen, sollen, glaub ich, gar aus Lugitania seyn geschickt worden, wo die Seidenwürm mit lauter Goldpulver gefüttert werden. Die Schuhe kennt man gleich, daß kein deutsches Leder dabei, dann alle Fußpfade, so sie in die Erde und Sand eindrücken, werden von den Hunden komplimentirt. Das Kleid, alles zusammen, ich will die Kleinodien dermalen umgehen, [465] soll um dreihundert Thaler kaum seyn kauft worden. O mein Gott! o bethörte Welt! o sorgloses Gewissen! o hoher Himmel! was haltest du davon, Christus Jesus in seinen Armen muß nackend und bloß aufziehen, und dieser Mistfink soll also mit Gold überzogen seyn? Glaubt, glaubt sicher, daß einmal die Zeit kommen wird, wo Seide und Sammet sich vor dem Angesicht Gottes zu erscheinen schämen, entgegen ein schlechter bettlerischer Aufzug den Vorzug haben wird.

Aber sag her, du runde Welt! und sag's rund heraus, was haltest du von dieser aufgeputzten Madam? Sie ist ja des Teufels wohlgeziertes Sattelpferd, sie ist eine gewissenlose Verschwenderin, sie ist eine Kopei der natürlichen Hoffart, sie ist die Herberg selbst der Ueppigkeit, sie ist eine Widersacherin der christlichen Demuth etc. Still, still, sagt die Welt, das Kind hat einen andern Namen, auf dem Hut muß man andere Federn aufstecken, der Wein verdient einen andern und bessern Zeiger. Sie trägt sich nach der Modi, das Kleid steht ihr inniglich schön an, sie ist recht galant in dem Aufzug, sie gehet recht sauber, alles ist bizzar an ihr, die Tracht gibt ihrer hübschen Gestalt erst recht ein Garbo. Ist es halt schön, wann man ehrlich aufzieht, und nicht so schlampend wie eine Tändlerbutte. »Et sic laudatur Peccato, et Iniquus benedicitur,« solcher Gestalt wird ein jedes Laster mit glänzendem Fürneis angestrichen, und setzt die verruchte Welt den verdammten Iskarioth noch in Litanei.

Mir ist was Wunderbarliches verwichener Tage [466] begegnet: als ich Geschäfte halber bin ausgangen, und den Weg bei der Mauth vorbei genommen, da hab ich gesehen, daß ein ganzer Wagen voll Waaren Kontrabant worden, und mit den Ballen und Kisten in die Mauth mit hinein gerathen, der Vorwitz hat mich in etwas gekitzelt, forderist, weil mir die Herren Mauthbeamten nicht unbekannt, daß ich also hineinzugehen mich unterfangen, und war meine erste Frag, was es für Waaren seyn. Die Antwort ist gewest, daß der Handelsmann für lauter Gewissen ausgab; Gewissen? Gewissen sagte ich, ihr Herren, wanns lauter Gewissen ist, so muß mans franko und frei passiren lassen, massen der Allerhöchste selbst das Gewissen frei gelassen. Sie eröffneten den ersten Ballen, da fanden sie nichts anders als lauter Prätext; die Waar, sage ich gleich, kenne ich gar wohl, da ist wohl kein Gewissen dabei, versichere euch.

Absalon bemühet sich auf alle erdenkliche Weis, die gesamten Vasallen des Reichs auf seine Seite zu ziehen, wider seinen lieben Herrn Vater einen allgemeinen Aufruhr und Aufstand zu erwecken, den Vater selbst aus dem Sattel zu heben, und seinem Strobelkopf, auf den er viel zu viel gehalten, die Kron selbsten aufzusetzen. Der Prätext war, das gemeine Wesen in bessern Fortgang zu bringen, die Unterthanen glimpflicher zu halten, die Justitz besser zu befriedigen, aber wo ist euer Gewissen?

Der Doeurs war ein Kriegsfürst bei dem König Saul, war das Haupt der ganzen Armee, anbei der vornehmsten Minister zu Hof, die rechte Hand des Königs etc. Wie dieser Does den elenden Zustand des Königs [467] wahrgenommen, daß er mehrmalen ganz unsinnig und rasend worden, da hat er den Rath geben, man soll den David als einen gemeinen Schafhirten vom Feld nach Hof berufen, derselbe sey über alle Massen erfahren im Harfenschlagen, wann er also für Ihre Majestät werde musiciren, sei ohne Zweifel der Teufel, so wohl die gestimmten Saiten nicht leiden kann, werde eine Ruhe geben. Ein schöner, ein heiliger Rath, David du bleibst dem Doens ewig obligirt, weil er dich aus einem Schaafhirten zu einem Hahn-Musikus promovirt. Ja wohl nicht, die Sach verhält sich weit anders, der Doeus war dem David spinnenfeind, daß er ihn also nach Hof rekommandirt, war nur ein schöner scheinender Prätext, dann der Doeus glaubte, der König werde in seinem rasenden und unsinnigen Zustand dem David den Rest geben, so auch geschehen wäre, wann der fromme David durch Gottes sonderen Beistand nicht wäre auf die Seite gewichen, daß also die Lanze des Sauls in der Wand stecken geblieben. Aber mein Doeus, wo ist das Gewissen?

Der Löw, als König aller Thiere auf Erden, fällt einmal in eine tödtliche Krankheit, die andern Thiere mußten Schuldigkeit halber ihn heimsuchen, es kommt auch der Fuchs, gibt sich für einen Arznei-Erfahrnen aus, greift dem Löwen die Puls: Potz tausend Sack Geld! Ihre Majestät haben ein gefährliches Fieber, aber ich weiß ein stattliches Remedium und Mittel, durch welches Eure Majestät bald wieder zu allgemeinem Trost in die gewünschte Gesundheit setzen wird, was da? Euer Majestät lassen dem Wolf die Haut lebendig abziehen, und machen ihnen Brustfleck [468] daraus, da werden Sie Wunder sehen, wie der Magen, worin das Fieber haftet, sich so geschwind wird einrichten. Ein schöner Rath, der dem König zur Gesundheit beförderlich; aber es ist ein lauterer Prätext, unter diesem wollte der Fuchs machen, daß ihm der Wolf, als sein abgesagter Feind und Widersacher, aus den Augen möchte kommen. O wie oft zu Hof, wie oft bei einem Magistrat, wie oft sogar in einem Kloster, geschieht etwas unter einem guten Prätext; aber wo ist das Gewissen?

Der Herr Mauthner machte einen andern Ballen auf, da waren lauter Fuchs-Bälge darin, er greift hin und her, etwan ein Paketl oder wenigst ein Scarnitzel anzutreffen, wo ein Gewissen darin, aber ich sagte alsobald, er sollte sich nicht umsonst bemühen, dann wo die Arglistigkeiten gefunden werden, da sey selten ein Gewissen anzutreffen. Wann man will in der Welt fortkommen, und sein Intent erreichen, da muß sich einer darein zu schicken wissen. Er muß seyn wie die Rachel, die sich zwar auswendig ihrem Mann zu lieb, als eine Hebräerin gezeigt, unterdessen aber gleichwohl die Götzenbilder unter dem Stroh verborgen.

Ein solcher, der mit dem Lügner schneidt, und mit dem Zornigen reit.

Ein solcher, der mit den Gänsen schnattert, und mit den Katzen hadert.

Ein solcher, der mit den Säufern trinkt, und mit den Geilen stinkt.

Ein solcher, der mit den Hennen gacket, und mit den Fröschen quacket.

[469] Ein solcher, der mit den Lustigen lacht, und mit dem Stolzen veracht.

Ein solcher, der mit den Schafen blärrt, und mit dem Ochsen rährt.

Ein solcher, der mit den Prahlern prahlt, und mit dem Schmahlen schmahlt.

Ein solcher Machiavellus, der wie ein Vellus Gedeonis ist, so bald naß, bald trocken. Ein solcher Mann, der wie ein Manna ist, so bald süß, bald sauer war, wie man es hat wollen haben. Ein solcher, der sich in Allem, in Allem weiß zu akkomodiren, der kommt fort.

Herodes erzeigt den drei weisen Königen aus Orient alle Ehr. Kourtes, ganz kourtes gegen den Kaspar, höflich, ganz höflich gegen den Melchior, freundlich, ganz freundlich gegen den Balthasar, aber gegen alle drei war er nicht treu. Damit er nun sein blutiges Vorhaben möchte werkstellig machen, und den neugebornen Messias aus dem Weg räumen, was thut er? Er nimmt den Fuchsbalg, so meistentheils daß Gallakleid des Wolfes ist, er stellt sich ebenfalls ganz eifrig mit ihnen, ja er thut sie alle drei noch freundlich und höflich ersuchen, sie wollen ihm doch in ihrer Wiederkehr die gewisse Aviso bringen, damit er seine höchste Schuldigkeit ebenmäßig ablege, und den neugebornen Messias anbete, ut et ergo etc.

Es war ein Götzenbild, worin wie gewöhnlich, der böse Feind seine Wohnung hatte, nun hat sich einer befunden, der diesem Götzen wenig Glauben geben, wollte demnach unter die sichere Wahrheit kommen, ob diesem hölzernen Gott zu trauen sey, zu solchem[470] End legte er einen langen Mantel um, darunter er in der Hand einen lebendigen Spatzen gehalten, mit diesem Aufzug erscheint er in dem heidnischen Tempel vor dem Abgott, und fragt ganz keck mit diesen Worten: bist du ein rechter Gott, so sag, ob dasjenige, was ich verborgen in der Hand halte, lebendig oder todt sey? Der arge Gesell gedachte, wann der Götz wird sagen, er sey todt, so zeige er geschwind den lebendigen Spatzen; spricht er aber, daß er lebendig sey, so drückt er dem Spatzen geschwind den Kopf ein, und zeigt nachgehends den todten. Auf solche Art und Weis' wolle er das Götzenbild leicht zu Schanden machen, aber solcher, der mit dem Teufel gefüttert war, wußte den Knopf leicht aufzulösen, gab also keine andere Antwort, als diese, wie du willst, dann in der Wahrheit in seinem Willen gestanden das Leben und der Tod des armen Vogels.

Der in dieser schlauen Welt begehrt fortzukommen, und sein gewünschtes Ziel zu erreichen, der muß nicht offenherzig seyn, der muß das Herz nicht in den Händen tragen, wie man pflegt meinen heiligen Vater Augustinus abzumalen, sondern muß die ganze Sach wissen unter dem Mantel zu halten, sonst wird ihm einer leicht die Spatzen ausnehmen, der muß den Fuchsbalg für ein Spallier halten, dahinter er seinen Schild hängt, damit ein anderer nicht so leicht erfahren kann, was er im Schild führe. Er muß seyn wie das Wirthshaus beim weißen Lämmel, wo der Wirth Herr Wolfgang heißt. Er muß seyn wie die Apothekerpillulen, so von Außen ganz verguldt, inwendig aber eine gallsüchtige Materie haben. Er muß [471] sich wissen in Alles zu schicken, wie ein Schambataschi-Hut. Er muß sich wissen hin und her zu lenken und zu wenden, wie ein Gockelhahn auf dem Thurm. Er muß sich äußerlich stellen wie ein Abel, wann er schon inwendig ist ein Nabal. Er muß die Psalm mitsingen, ob's ihm schon nicht vom Herzen gehet, wann er nur das Gloria recht ertappt. Er muß das Pater noster mitbeten, obschon wider seinen Willen, wann er nur dadurch zum Kredo oder Kredit kommt. Er muß mit der Prozession gehen, obschon nicht gern, wann er nur dadurch den Prozeß gewinnt. Er muß in der Kirche die Knie beugen, ob es ihm schon hart ankommt, wann ihm nur hiedurch wieder auf die Füß geholfen wird. Er muß äußerlich Gott dienen, ob er schon den Teufel im Herzen trägt, wann er nur den Himmel erreicht, wo Glück und Stern haften.

In England befand sich ein Kavallier bei Hof zur Zeit der frommen und gottseligen Königinn Maria, welcher in sehr großem Ansehen war, massen er gleichfalls einen katholischen Eifer und gar auferbaulichen Wandel gezeigt, sobald aber an Statt dieser tugendsamsten Königin die ketzerische Elisabeth zur Kron gelangt, so hat besagter Kavallier auch alsobald die Maschera abgelegt, und einen öffentlichen Ketzer angezogen, welches ihm dann ein stattlicher Vortheil war zur Erhaltung seines Glücks; aber wo ist das Gewissen? wie steht's mit dem Gewissen?

Der Mauthner hat mehrmal einen großen Ballen aufgepackt, aber nichts als allerlei Farben, nicht ein Quintlein von einem Gewissen. O! sagte ich, diese Waar kann man häufig versilbern, dann bei der [472] Welt gar wenig Uebel geschehen, denen man nicht ein Färbl anstreicht.

Herodes hat eine stattliche Mahlzeit gehalten, aber die allerletzte Speis' kann er auf ewig nicht verdauen, Herodes sitzt bei dem herrlichen Panquet, aber bei diesem ist sein Seelenheil pankerott worden; Herodes speist trefflich wohl bei der Tafel, aber was er in der letzten Schüssel hat lassen auftragen, das muß er bei Gott noch ewig auf der Schüssel haben; Herodes war lustig, aber nicht guter Ding, weil er eine verruchte Uebelthat begangen; Herodes bekommt einen Rausch im Kopf, wovon dem Joannes das Haupt wehe gethan; Herodes läßt seines Kebsweibs üppige Tochter vor seiner tanzen, und dem geilen Bock haben die Kapriol so wohl gefallen, daß er ihr mit einem Eidschwur versprochen zu geben, was sie immer verlange, weil sie aber durch Einrathen ihrer gottlosen Mutter das Haupt Joannis in einer Schüssel begehrt, als wollt er ihr solches auf keine Weise abschlagen, ob er schon ungern und mit großer Entrüstung solches zugelassen; da hat es aber bald geheissen, die Farben her, dieser gewissenlosen Tyrannei und unverantwortlichen Mordthat muß man ein Färbl anstreichen? wie da? was da? propter jusjurandum, der gute Herr war skrupulos, und weil er einen Eid geschworen, so wollt er solchen nicht gern brechen, massen es großen Herren, forderist den Königen, sehr übel anständig. Ei ein wohl schönes Färbl.

Die Hebräische Priesterschaft und ganze jüdische Klerus wollt Christus aus dem Wege räumen, der doch der wahre Weg des Lebens war, wollten dieses[473] Licht auslöschen, welches doch einen jeden erleuchtet in göttlichen und himmlischen Sachen, wollte dieses Lämmlein tödten, so doch kommen ist, hinweg zu nehmen die Sünde der Welt, aus einigen Ursachen, weil durch seine neue Lehr ihre Reputation die Schwindsucht bekommen, ihr Interesse das Hinfallen bekommen, ihre Glorie und Lob bei dem Volk die Dörrsucht bekommen, so mußte dann bei diesem die Unschuld selbst für schuldig erkennt, werden, o Vermessenheit! so mußte bei diesem die Heiligkeit selbst für laster- und tadelhaft gehalten werden, o Thorheit! so mußte dann bei diesem der Geber des Lebens das Leben selbst lassen, o Unthat! aber Farben her, schreien die Hohenpriester, schreien die Schriftgelehrten, schreien die Pharisäer, Farben her, schreien alle diese, aber was für eine? gar eine schöne. Expedit, sie waren gar eifrige Seelsorger (scilicet) ihnen war nichts über den Tempel Gottes, also zu vermeiden, daß der Glaube dieses Nazareners nicht weiter einreiße, und gar unter die Römer gerathe, welche ihnen thäten nachmals ins Land fallen, den Tempel zerstören, die Opfer und Gottesdienst verhindern etc. Expetit, so ist es besser, daß er sterbe etc. O wohl eine schöne Farb.

Der Wolf möchte gern ein Lämmlein essen, ob es schon in seinem Kalender nicht Ostertag, aber wie ist die Sache anzugreifen, denkt der Wolf, die Mordthat wird mich allenthalben beschreit machen, ich werde bei allen in einen üblen Ruf gerathen, niemand wird hinfüro mir immer wollen trauen, aber laß sehen, sagt er, nie wäre es, wann ich die Malerkunst thät lernen?Conclusum est, bei dem solls verbleiben, er [474] trifft ein Lämmlein an, welches weit unterhalb des abrinnenden Bachs mit zwei Füßen im Wasser gestanden, da ist der grimmige Gesell alsobald da, lauft mit höchstem Zorn hinzu, reißt, verzehrt das arme Thierlein völlig. Aber was für ein Färblein hat er dieser Uebelthat angestrichen? Dieß allein, daß es, das Lämmlein nämlich, den Bach trübe mache, und also sowohl den Menschen als Vieh den Trank verderbe. Was mehr, etliche alte Weiber, so dazumal die Kirchenwäsch gewaschen, wären in ihrer heiligen Arbeit verhindert worden etc. Ei wohl eine schöne Farb?

Jezabel wußte mit dieser Farb auch umzugehen, Architophel auch, Oza auch, Joab auch, Pharao auch etc.; aber diese alle im alten Testament, im neuen kann man noch besser mit der Farb umgehen, jetzt ist ein guter Firniß erfunden worden, und macht die Farbe schön glänzend, jetzt kann man ganze Krieg führen mit der schönen Farb, daß man die Religion will fortpflanzen, und das Ketzerthum ausrotten: Jetzt kann man ganze Bisthümer an sich reißen, mit der Farb daß es pro – – – – seye; die Simonia ist schon längst leimtränkt gewest, es ist ihr leicht eine Farb anzustreichen etc. Jetzt kann man in Klöstern leicht diesen und jenen aus dem Sattel heben, mit der Farb, er seye bereits einer schwachen Complexion, und also müßte man ihm die Last fernerer Aemter abnehmen, damit er desto längere Lebensfrist genieße, und der Religion mit reifem und weisem Rath besser beistehe, ei wohl eine schöne Farb: auf die scheinbare Ehrfurcht wird ein Färblein gestrichen; auf die öffentliche [475] Verfolgung wird ein Färblein gestrichen; auf die handgreifliche Unterdrückung wird ein Färblein gestrichen, aber wo ist das Gewissen? wie geht es mit dem Gewissen? Nun mein Welt, vor einmal und allemal frag ich dich, was haltest du von dergleichen Leuten, welche mit allerlei Prätext mit allerlei Bemäntelung, mit allerlei Färbelanstreichungen ihr Glück und Vorhaben befördern? Sie seynd falsche Leut, machiavellische Gemüther, vermäntelte Erzschälk, vermascherte Teufel, englische Bestien, verzuckertes Gift, angestrichene Mumien, gefirnißte Betrüger, verguldete Böswicht, untergrabene Gestötten; sodomitische Aepfel, trojanische Roß, verführende Nachtlichter, des Teufels verköderte Fischangel, höllische Prothi etc, bei Leibe nicht, sagt die Welt, zu dem Wetter muß man andere Glocken läuten, zu dem Tanz muß man ein anders Liedl aufmachen, zu der Orgel gehören andere Blasbälg: Alle dergleichen Leut seynd Politici, politicus kommt vom Wort pollio oder polliren her, so nur mit dem äußern Glanz zufrieden ist: politicus kommt vom Wort polus her, welches ein Himmel heißt, der ebenfalls nicht beständig in der Farb. Politicus kommt vom Wort policeor her, so sich allein mit Versprechen aushält: politicus kommt vom Wortpoles her, so bei den Malern eine Farb ist. Der Abgott Dagon hat zwar bei unserm allmächtigen nicht viel golten, weil er ein halb Mensch halb Fisch war; den Trunk auf der bittern Kreuzbahn hat der Herr Jesus geweigert zu nehmen, weil er halb Wein halb Galt gewesen; den Hebräern seynd die Kleider verboten gewest, die halb leinen halb wollen gewest. Aber [476] einpoliticus muß auf der Welt halb so und halb so seyn, wann er will fortkommen, und solche Leut seynd bescheiden und klug, die können den Segel richten nach dem Wind. die wissen die Feder zu schneiden nach der Schrift; die wissen die Seide zu spinnen nach der Modi: Einfältig gehet nicht bei der Welt; hat doch der Elisäus einen doppelten Geist verlangt; mit den Compositis richten die Herrn Medici mehrer aus, als mit denen Simplicibus: Zu Wien ist die Einfaltstraße hinter der Herrengaße etc. Das ist die schönste Modi, die Welt zu regieren.

O Welt! o Welt! du bist zwar schwer mit Sünden, aber voller Leichtfertigkeit; du bist schwer mit Lastern, aber voller Leichtsinnigkeit; du bist zwar schwer mit Unthaten, aber voller Leichtglauben; du glaubst, was dir der Satan vorschwätzt, und merkest nicht, was Satan zurück heißt, id est natas: Du schwimmst und bist zu allernächst dem Untergang, weil du bereits in deiner Bosheit schon so weit kommen, daß du auch den Lastern einen schönen Tugendmantel anlegest, und den Judam Iscarioth unter die Heiligen zählest: Et sic laudatur peccator et iniquus benedicitur.

Siebenter Band

Judas wegen der Leut ihrer Reden thut das Gute unterlassen
[3] Judas Iskarioth wegen der Leut ihrer Reden thut das Gute unterlassen.

Gewiß ist es, daß, wie dieser geldgierige Gesell am Mitwoch mit den Hohenpriestern wegen der Verrätherei schon paktiret hat, daß ihm der gebenedeite Heiland noch allerlei gute Gedanken eingeben, wodurch der gottlose Böswicht hätte sollen von seinem verdammten Vorhaben abstehen, daß er aber hierin so halsstarrig verblieben, hat solches der leidige Satan, mit welchem er, wie etliche davor halten, wirklich besessen war, auf mögliche Weise verhindert, unter andern ihm vorgemalt, daß, wofern er seinem Versprechen nicht sollte oder wollte nachkommen, so würde er bei den Leuten, forderist bei der gesamten jüdischen Klerisei in ein schlechtes Konzept gerathen, als die ihn für einen einfältigen Skrupulanten werden gehalten: ja etliche gar für einen schlechten Kerl, als der sein Wort nicht halte etc. In Erwägung dessen hat er die Bekehrung unterlassen, und ist der ärgste Böswicht worden.

Was leidet nicht wegen der Leut die Kirche? Was leidet nicht wegen der Leut die Tugend? Was leidet nicht wegen der Leut die Seel? Was leidet nicht wegen der Leut der Himmel? was leidet nicht [3] wegen der Leut Gott gleichsam selbsten? Job leidet vom Teufel, Pharao leidet von Fröschen, Schauer, Käfer etc. Herodes leidet von Würmern, die Knaben zur Zeit Elisäi leiden von Bären; Paulus leidet von Schlangen, aber unter den Leuten leidet fast ein jeder wegen der Leut. Es ist ganz gemein, daß man sagt, ich wollte gern so und so leben, aber mir ist nur wegen der Leut, was würden diese sagen? Ei so Leut!

Es ist wohl wahr, daß die Kleiderpracht den göttlichen Augen sehr mißfalle, wessenthalben Christus der Herr Joannem in der Wüste nicht ein wenig herfür gestrichen, um, weil er einen so schlechten Aufzug von Kameelhaaren gehabt, entgegen ist jene große et caetera in apocalipsi, verdammt worden, meistens wegen der Kleiderhoffart. Es ist wohl wahr, daß unsere ersten Eltern von dem allmächtigen Gott selbsten seynd gekleidet worden, nicht aber im Sammet und Seiden, welche doch dem Höchsten nicht gemangelt, sondern in schlechten Schaffellen. Es ist wohl wahr, daß auch gekrönte Häupter und große Monarchen die äußerliche Kleiderpracht gehaßt haben: Kaiser Aurelianus hat gar nichts von Seide getragen, wenig von Silber und Gole, auch solche zu tragen der Kaiserinn selbst verboten. Karolus Quintus, dieser unüberwindliche Herkules der Welt, ist in gemeinen wollenen Kleidern aufgezogen, dergleichen sich der Zeit etwan ein Bürger schämte. Ludovikus IX., dieser sieghafte König in Frankreich, hat sich so gemein in den Kleidern gehalten, daß man ihn fast nicht von dem Pöbel konnte unterscheiden. Es ist wohl wahr, daß eine vom Gold gestickte Schabracke oder Decke [4] das Pferd nicht besser mache. Es ist wahr, daß S.V. ein Misthaufen im Winter nicht darum mehr ist, weil er mit dem schönen weißen Schnee verhüllt ist. Es ist wahr, daß ein Buch nicht dessentwegen höher zu schätzen, weil es in Sammet eingebunden, und einen guldenen Schnitt hat, also folgsam dem Menschen nicht mehr Ehr zuwachse, um weil er in kostbaren Kleidern daherprangt.

Ich muß bekennen, der stattliche und theure Prokat thut dermal einem manchen armen Bettler einen guten Brocken abstehlen, wegen der überflüssigen langen Röcke kommt jetzt mancher Bettler zu kurz, die silbernen und guldenen Spitz stechen die armen Leut nicht ein wenig, der Ueberfluß der Kleider ist eine Ursach des großen Abgangs bei den Armen etc. Wie wird sich einmal die Seide schämen, wann am jüngsten Tag die armen Bettlerjoppen sie bei dem gerechten göttlichen Richter wird anklagen.

Ueber alles dieses muß ich auch gestehen, daß die zwölf Apostel, obschon zwölf Fürsten der Kirche, in ganz gemeinen Kleidern aufgezogen, ja sogar der hl. Bartholomäus, so von königlichem Geschlecht herstammt, ganze fünf und zwanzig Jahr ein Kleid getragen. Der hl. Eremit Paulus hatte keinen andern Mantel als von Palmenblättern geflochten, nach dessen Tod besagten Mantel der hl. Antonius in so großem Werth gehalten, daß er denselben nur an vornehmen Festtagen an Statt des Gallakleides gebraucht hat.

Ich weiß auch gar wohl, daß, wie der gottselige und sieghafte Kaiser Heraklius das hl. Kreuz, so lange Zeit in Persien gewest, wieder nach Jerusalem [5] gebracht, und selbes auf seinen Achseln wollen auf den Berg Kalvariä tragen in einer stattlichen großen und volkreichen Prozession, da hat der gute Monarch bei der ersten Porte müssen still halten, und konnte durch sonderliche göttliche Macht nicht einen Tritt weiter thun, bis er den prächtigen kaiserlichen Habit und Aufzug, so in Sammet, Seide, Gold und Kleinodien etc. bestanden, hinweg gelegt, und in einen rauhen härenen Sack geschloffen, mit welchem Kleid er nachmals ohne fernere Hindernuß das heilige Kreuz hinauf gebracht. Officium St. Cruc. Aus welchem Allem sonnenklar erhellet, daß die Kleiderpracht den göttlichen Augen höchstens mißfalle. Alles dieses ist wahr, alles dieses weiß ich, und wollt ich von Herzen gern in gemeinen Kleidern aufziehen, damit ich nur Gottes Gnade nicht verscherze oder verliere, aber wann ich nur sollte in einem gemeinen kräuerischen Zeug oder schlechten Kronrasch daher gehen, was würden die Leut sagen?

O läppische Furcht! laß die Hund bellen, laß die Gais gemecketzen, laß die Schaaf blärren, laß die Säu kürren, laß die Gäns schnattern, laß die Hennen gacketzen, laß die Tauben gurucketzen, laß die Katzen gemaucketzen, laß die Hühnl pipitzen und laß die Leut reden. Ihr Reden sticht dir die Augen nicht aus, wie der heil. Luzia. Ihr Neben schneidt dir die Nasen und Ohren nicht ab, wie dem heil. Martiali zu Korduba. Ihr Reden bricht dir die Zähne nicht aus, wie der heil. Apollonia. Ihr Reden reißt dir die Zunge nicht aus, wie der heil. Basilisse zu Rom. Ihr Reden schlägt dir den Kopf nicht ab, wie dem [6] heil. Paulus. Laßt die Leut reden, die Leut werden am jüngsten Tag für dich Antwort geben; die Leut werden für dich nicht in die Höll steigen; die Leut werden für dich nicht ewig leiden, und warum, willst du wegen der Leut das Gute unterlassen, und das Böse wirken? Wie der heil. Franziskus alle üppige Kleiderpracht hinweg geworfen, und einen rauhen spissigen Sack angelegt, auch zu allen Zeiten baarfuß gangen, da haben die Leut auch geredt, etliche sogar haben seinen Wandel ausgehöhnt und verlacht, aber dieser Leut halber hat sich Franziskus nicht lassen abwendig machen; sein rauhes Bußkleid hat er wegen der Leut Reden nicht ausgezogen, obschon solches dazumal von etlichen veracht worden, so ist es doch der Zeit in so hohem Preis, daß auch gekrönte Monarchen sich glückselig schätzen, wann sie nur etliche Faden von dem Kleid des seraphischen Vaters in ihren Händen haben. Laß die Leut Leut seyn.

Schändlich und sehr übel stehet es, wann man in den Kirchen und Gotteshäusern sich ungebärdig haltet, und unnützes Geschwätz verführet. Unser lieber Herr ist einmal, als es Kirchweih war in dem Vorhof oder Vorgang des salamonischen Tempels, hin und her spazieren gangen. Ambulabat in templo in porticu etc., könnt wohl jemand fragen und sagen: warum ist Christus nicht in den Tempel hinein gangen, und daselbst seine Andacht verrichtet? Aber höre diese Ursach, der gebenedeite Heiland hat schon, vermög seiner göttlichen Allwissenheit, vorgesehen, daß die Hebräer ihn werden anreden, und allerlei Geschwätz unter einander machen, darum hat er ihrer vor dem Tempel heraus gewartet, [7] dadurch zu zeigen, daß man in den Kirchen- und Gotteshäusern nicht soll unnützlich schwätzen und plaudern. Freilich stehet es nicht wohl, wann man in dem Haus Gottes von seiner eigenen Hauswirthschaft reden thut. Uebel stehet es, wann man in dem Tempel vom sauren Plempel einen Diskurs führet. Ungereimt stehet es, wann man unter dem Gottesdienst von Dienstboten schwätzen thut. Schändlich stehet es, wann man an dem Ort, wo das schneeweiße Lamm Gottes aufgeopfert wird, gar einen Bocksdiskurs führet, und buhlerische Reden vorbringt. Sündlich ist es, wann man von der Taberna redet, wo Gott seinen Tabernakul hat. Verdammlich ist es, wann man in der Kirche an Statt der Schlußgebetel die Augen hin und her schießen läßt, um zu sehen, wo ein und anderer Gallus und Galan stehet, mit dem man die Zeit vertreiben kann. Schändlich und mehr als schändlich ist es, wann einer nur ein Knie in der Kirche beugt, und gleichsam eine Postur macht, als wollt er einen Hasen schießen. Fürwahr bei dem Evangelisten Lukas lieset man, daß unser lieber Herr auf dem Oelberg, als er das Gebet zu seinem himmlischen Vater verricht, nicht habe nur ein Knie sondern alle beide auf die Erd fallen lassen, Positis genibus etc. Der heil. Paulus spricht sogar, daß zu dem Namen Jesu die verdammten und bösen Geister ihre Knie beugen in der Höll: Omne Genu flectatur, etc. Infernorum etc., ja nach Aussag des heil. Vinzentii Ferrerii hat zu Rom ein Teufel in sichtbarer Gestalt einem jungen Kerl in der Kirche einen harten Backenstreich versetzt, um weil er bei der Aufwandlung [8] des höchsten Guts nicht mit beiden Knien niedergekniet, auch anbei sich dieser verdammte Geist vernehmen lassen, wann Christus aus tausend und tausend Gutthaten, die er euch Menschen gibt und geben hat, uns nur eine einige mittheilet, so wollten wir ihm Tag und Nacht unaufhörlich auf den Knien aufwarten. Solcher Gestalt konnte der Teufel schon eine Kinderlehre halten.

Spöttlich und mehr als spöttlich ist es, wann einer sich schämt, einen Rosenkranz in der Kirche zu tragen; ein solcher hält wohl nicht so viel auf seinen Rosenkranz als der fromme und heiligmäßige Antonius de Robes, aus dem Orden des hl. Franzisci, als dieser auf eine Zeit nach der Stadt Vincenza gangen, unterwegs aber von einem Platzregen überfallen worden, und weder Haus noch Baum vorhanden, wo er konnte sicher unterstehen, da hat er seinen Rosenkranz auf den Kopf gelegt, und also in den größten Regen bis nach Vincenza kommen, gleichwohl von keinem einigen Tropfen berührt worden.

Wild und mehr als wild ist es, wann einer eine ganze Zeit in der Kirche herum gafft, und folgsam den ausschweifigen Gedanken mit allem Fleiß ein Ladschreiben schickt. Cäsarius schreibt, daß einem solchen ein Kruzifixbild, so vom Kreuz herunter gestiegen, einen so harten Backenstreich versetzt, daß er hievon den dritten Tag gestorben. O mein Gott! wann ein jeder, der sich ungebärdig in der Kirche haltet, sollt eine Goschen bekommen, wie viel würden mit blauen Augen gesehen werden. Der heil. Arsenius hat alle Samstag vom Abend an bis zur Sonne Aufgang auf [9] gebogenen Knien seine Augen stets gegen Orient gewendet. O lieber Gott! jetzt gibt es viel, die in der Kirche nicht ein Vater Unser lang den Altar anschauen.

Freilich soll ein rechter Christ in den Kirchen die Händ zu Gott aufheben, wie Moses auf dem Berg, er soll an das Herz klopfen; wie ein offener Sünder in dem Tempel; er soll zu dem Allerhöchsten seufzen wie die Anna, Samuelis Mutter; er soll sich auf sein Angesicht niederwerfen, wie Jesus der Heiland selbst, procidit in faciem suam; er soll mit ausgespannten Armen beten, wie Christus am Kreuz für seine Feind, dann wann das Gebet ein Pfeil ist, so gegen Himmel abgedrückt wird, so reimt es sich gar wohl, daß an Statt des gespannten Bogen die Arme ausgespannt werden.

Freilich ist alles dieses gut, ist recht, ist löblich, ist nutzlich, ist heilig etc., aber ich bin ein junger Edelmann, wann ich dergestalten mich in der Kirche sollt verhalten, was würden die Leut sagen? Sie würden sagen, ich seye ein lauterer Pfaff, ein lauterer Mönch etc., laß sagen. Wann der Mond voll ist, so pflegen gemeiniglich die Hund bei nächtlicher Weil denselben anzubellen, aber derenthalben lasset dieses Himmelslicht weder den Schein noch seinen Lauf: Wann du voller Andacht bist, und etliche derentwegen über dich schmählich reden, laß bellen, ein anders ist bellen, ein anders ist beissen; wann sie sagen, du seyest ein Pfaff, so sagt der Echo: Aff, ein anderer soll ein Aff seyn, und dir derenthalben nachfolgen; gesetzt, es sagt einer oder der andere, du seyest ein lauterer Betbruder; soll [10] dann dieß eine Schand seyn? Dem heiligen Franzisko von Assis, Franzisko Xaverio, Franzisko Borgia, Franzisko Sales, Franzisko Olimpio, Franzisko a puero Jesu, Franzisko Senensi, Franzisko Ticino, Franzisko Cicho, Franzisko Brixiensi, Franzisko Ovaris, Franzisko Fabriano, Franzisko Scoto, Franzisko Peräsio, Franzisko Alvaretio, Franzisko a Duratio, Franzisko a Canobio, Franzisko a Cruce, Franzisko de Stanno, Franzisko Mediolanensi: die da alle lauter heilige und heiligmäßige Männer gewest etc., es ist nicht allein keine Schand gewest, daß sie in den Kirchen und Gottshäusern inbrünstig ihr Gebet verrichtet, ja in denselben gar oft von der Erde verzuckt worden, sondern sie werden derenthalben in allen Büchern, in allen Chroniken, auf allen Kanzeln gelobt und hervorgestrichen, ist also dir Signor Franzesko mehr ein Lob, als eine Unehr, wann etliche aus den Leuten dich einen Betbruder oder Mönch tituliren.

Das höchste Gut, als eine göttliche Wegzehrung, helfen begleiten zu den Kranken, ist fürwahr ein schönes auferbauliches Werk; Matthäus hat 28 Kapitel geschrieben. Markus hat 16 Kapitel geschrieben. Lukas hat 24 geschrieben. Joannes hat 21 Kapitel geschrieben, alle diese in den meisten Kapiteln ihrer evangelischen Verfassung geben schriftliche Zeugnisse, wie der Herr Jesus auf Erden von einem Ort zum andern gangen, und das göttliche Wort allenthalben ausgebreitet, da seye jederzeit ihm eine große Menge Volkturba copiosa zuweilen etlich tausend nachgefolgt, und ihm das Gleit geben.

Nun mein Gott! derjenige, den der Priester unter der Gestalt des Brods zu den Kranken trägt [11] ist eben derselbe, der im alten Testament den Israelitern in feuriger Säule bei nächtlicher Weil, den drei weisen Königen aber aus Orient im neuen Testament ein Stern für einen Wegweiser geben hat: Ist ebenderselbe, der im alten Testament das Wasser in Blut: Im neuen Testament das Wasser zu Kana in Wein verkehret hat: Ist ebenderselbe, der die Israeliter wunderbarlich mit dem Manna im alten Testament, und im neuen Testament mit fünf Brod und zwei Fischen fünftausend Menschen gesättigt hat, ist ebenderselbe, der im alten Testament den Sohn der Sunamitin, und im neuen Testament den Sohn der Wittib zu Naim von Todten erweckt hat. Ist ebenderselbe, der den syrischen Naam im alten Testament, und zehn andere im neuen Testament, deren neun das Deo gratias vergessen, vom Aussatz gereinigt hat: Ist ebenderselbe, der im alten Testament den Daniel aus der Löwengrube, und im neuen Testament den Peter aus der Gefängnuß erlediget hat; ist ebenderselbe, der im alten Testament dem Wallfisch befohlen, daß er den Jonam soll geben, und im neuen Testament dem Fisch geboten, daß er dem ersten Papste Petro das Geld soll spendiren: In Summa, derjenige, den der Priester unter der Gestalt eines weissen runden Zirkels zum Kranken trägt, ist ebenderselbe, der die runde Welt aus nichts erschaffen, ist unser Gott, unser Schöpfer, unser Erlöser, unser Richter etc. Ach wie kommt es dann, daß nach Aussage der Evangelisten dazumal im Judenland eine so große Menge Volk turba copiosa, allezeit mit ihm gangen, und dermal zuweilen kaum acht oder zehn Personen ihm das [12] Gleit geben, worunter meistens etliche alte Mütterl, die so keine Prozession zieren.

Die Astrologi unter die Gestirne des Himmels setzen allerlei Thier, benanntlich: Löwen, Krebsen, Fische, Stiere, Widder, Steinböcke etc., ich glaub wohl, wann sie das gewußt hätten, wie Orlandinus schreibt,in hist. S. Je. 1. 2. n. 27. was sich zu Salzan, einem Dorf, unweit Tarvisi in Welschland zugetragen, sie hätten dem Esel auch einen Ort in dem Himmelskreise vergönnt: Es hat im obbenannten Dorf einmal der Priester oder Seelsorger das allerhöchste Altargeheimniß zum Kranken getragen, dem aber kein einiger Mensch das Gleit geben, als allein ist ihm ein kleiner Knab vorgetreten mit einem Glöckl und brennender Kerze in der Latern, wie solcher Pfarrer, mit Namen Laurentius, seinen Weg genommen über ein Feld, worauf eine ganze Heerd Esel ihre Weide suchten, hat sich dieses Wunder ereignet, daß sich diese langohrige Thier alsobald in zwei Schaaren ausgetheilet, und beiderseits auf die Knie niedergefallen, bis der Priester nicht ohne höchste Verwunderung in Mitte deren hindurch gangen, nachmals haben sie sich alsobald aufgericht, und das allerhöchste Gut begleitet bis zu des Kranken Behausung, allwo sie vor der Thür heraus stehen geblieben, so lang bis der Seelsorger den Kranken mit dieser Himmelsspeis versehen, auch sogar das Haus nicht wollen verlassen, bis der fromme Geistliche ihnen die Benediktion und Segen ertheilet, nachdem sie gleichsam voll mit Freuden zu ihrer vorigen Weide gelaufen. Ich muß bekennen, diese Esel konnten uns wohl eine Lektion vorschreiben, und dürfte [13] sich keiner schämen, wann er sie für Präzeptores und Lehrmeister thäte aufnehmen, da heißt es wohl, was Job am 12. Kap. V. 7. spricht: Interroga jumenta et docebunt te? Frag die unvernünftigen Thiere, die werden dich lehren. Andere pflegen sonst aus den Händen, aber ich wollt einem gar gewiß aus den Füßen wahrsagen; wann ich sehe, daß Jemand gar eifrig gehet mit dem höchsten Gut, so man es zum Kranken trägt, so will ich ihm gar gewiß sagen und wahrsagen, daß er künftig zeitliches und ewiges Glück habe zu hoffen, ich will dermalen nicht wiederholen, was gestalten das habsburgische Haus sein Aufnehmen, und der österreichische Stamm sein glorreiches Wachsthum von dieser Andacht genommen habe.

Es ist Alles wahr, sagt eine, daß es sehr unlöblich stehe, ja fast ärgerlich scheine, wann der Priester mit unserm wahren Gott in Begleitung nur drei oder vier alten Mütterl zu dem Kranken gehet, worüber unsere Glaubenswidersacher selbst gar schmählich reden, ich bekenne, ich hab gar oft Zeit und Weil genug, und hindert mich nichts, daß ich nicht konnte diesem meinem Heiland, den ich mir auch einmal barmherzig wünsche in meinem Sterbstündlein, auf etliche Schritt, das Gleit geben, aber es ist mir nur wegen der Leut, wie werden die Leut schauen, was würden die Leut sagen?

Sie werden etwan sagen, ich seye eine Gleißnerin, ich könnte unter der Zeit wohl auf die Wirthschaft schauen, und sehen, daß unter die Knecht und Mägd kein Ritscher komme etc, werden sie das sagen? [14] so laß sagen, dieß Sagen wirft dir Haus und Hof nicht zu Boden, wie dem Job geschehen, laß sagen: dieß Sagen verderbt dir nicht die Getreidfelder, wie denen Philistäern geschehen; laß sagen, dieß Sagen nimmt dir nicht Silber und Gold weg, wie denen Egyptiern geschehen: laß sagen, dieß Sagen stürzet dir nicht deine Schwein ins Meer, wie den Gerasenern geschehen: Was werden die Leut sagen? Die Frommen werden dich derenthalben loben, ja Gott wird dich dessentwegen lieben, die Engel werden dir darum besser beistehen, die Heiligen werden der Ursach halber dir mehr gewogen seyn, der Himmel wird dich dessenthalben besser segnen, deine Verdienste werden um desto mehr wachsen etc., so werden dann nur etliche, bei denen das Licht, wie den Nachteulen, zuwider ist, wider dich etwas sagen, so laß sagen, was achtest du etliche, seynd doch weit mehr, die dich derenthalben loben, ja viel, die etwan ungereimt von dir reden, denken weit anders im Herzen, und müssen über Willen bekennen, daß du einen rechten christlichen Wandel führest.

Was hat man geredt von dem jetzt regierenden König in Spanien, Karolo sekundo, wie er anno 1685 am Feste des heiligen Martyrers Sebastiani, wegen des dazumal annehmlichen Wetters, nach Mittag sich samt der meisten Hofstatt aus Madrid begeben, eine frische Luft zu schöpfen, als er wahrgenommen, daß ein Priester, samt einem Kleriko, das höchste Gut zu einem kranken Gärtner getragen, da ist er alsobald aus seinem Leibwagen herausgesprungen, dem Priester in allweg knieend seinen Wagen [15] anerboten. Nachdem solcher nach vielem Weigern hineingesessen, da hat Ihro Majestät der König selbst das Thürl zugemacht, neben demselben Wagen zu Fuß gangen, mit bloßem Haupt bis zu des Gärtners armer Hütte, allwo er mehrmals eigenhändig das Thürl aufgemacht, dem Priester herausgeholfen, mit ihm zu dem Bett des armen Gärtners getreten, allda so lang auf der Erde mit den Knieen verharret, bis der Priester sein Amt vollkommentlich vollzogen, alsdann hat er dem Gärtner ein reichliches Allmosen mitgetheilt, und ihm versprochen, nach dem Tod seine einzige hinterlassene Tochter mit einem ergeblichen Heirathsgut zu versehen, über solches den Priester wieder in seinen eignen Leibwagen begleit. Was haben dazumal die Leut gesagt? Sie haben nichts können sagen vor lauter Weinen, männiglich seynd die Augen im Wasser gestanden, einer hat mit aufgehobenen Händen sich theils verwundert, theils Gott gepriesen, daß sie einen so frommen und auferbaulichen König haben; viel tausend Personen haben diesem Eifer nachgefolgt, und auch dem unter der Gestalt des Brods verhüllten Gott das Gleit geben.

Was würden die Leut reden? Wie wurden die Leut schauen? Laß in Gottes Namen schauen, ihre Augen seynd keine Basiliskenaugen, die dich möchten vergiften; ihre Augen seynd keine Brenngläser, welche dir thäten eine Blattern aufziehen. Laß schauen; schaut doch eine Kuh auch ein neues Stadelthor an, laß schauen, dieß Schauen ist kein Schauer, welcher dir alle Erdfrüchte verdirbt; laß schauen, dieß Schauen ist keine Schaufel, die dich unter die Erde gräbt! laß [16] schauen, und lebe du also fromm, daß du nach deinem Tod magst Gott ewig anschauen.

Sich an seinem Feind, von dem man einen großen Affront bekommen, nicht rächen, ist freilich wohl ein großes und Gott wohlgefälliges Werk; wie der alte Isaak bereits wahrgenommen, daß sein Leben zu Ende gehe, da hat er noch seinen Sohn Esau ersucht, er wolle ihm doch die kindliche Lieb erweisen, und um ein Wildprät umschauen, er sey ohnedem ein guter Schütz, also kein Zweifel, daß er nicht bald einen Hirschen oder Rehbock erhaschen werde. Sey ihm wie ihm wolle, für alte und forderist kranke Leut ist das Wildprät gar nicht gesund, ein Pannätel, ein Gärstl, eine Suppe etc. taugten besser für dich, mein lieber alter Tättel, als ein Wildprät, aber Isaak verlangte halt ein Wildprät und nichts anders, dann er sich verlassen hat auf seinen guten Magen, und getrauete sich gar wohl ein Wildprät, was es nur für eines möchte seyn, zu verdauen.

Gut ist es, nützlich ist es, ja heilig ist es, mann einer einen so guten Magen hat, daß er kann nicht ein Wildprät sondern eine wilde Red verdauen, verkochen, und thut sich nicht rächen an demselben, der übel von ihm geredet hat, nach dem Exempel unsers gebenedeiten Heilands selbst, welcher noch den verrätherischen Judas nach empfangenem falschen Kuß einen Freund benamset hat, der hundertmal hätte sollen ein Schelm geheißen werden: Amice ad quid venisti?

Wie Moses, der große Mann Gottes, die Israeliter durch die Wüste geführt, da haben sie einmal [17] drei Tag keinen Tropfen Wasser angetroffen, welches dem Volk fast unerträglich, vorkommen, sie seynd zwar zu einem Wasser kommen, aber dasselbe war so bitter, daß es kein Mensch konnte genießen, wessenthalben ein so großes Murren und Schmähen erstanden wider den Moses, bis endlich dieser ein gemisses Holz bekommen, welches ihm Gott der Herr gezeigt, sobald er solches in das Wasser hinein gelegt, da ist solches gleich in das beste und süßeste Brunnquell-Wasser verändert worden, also, daß männiglich nach bestem Vergnügen konnte damit den Durst löschen.

Es geschieht nicht selten, daß einer von diesem und jenem schimpflich angegriffen wird, und eine große Unbild empfand, worüber er, wie es dann menschlich ist, sich erzürnt, und ganz erbittert wird, auch sich vornimmt, sich gänzlich zu rächen, wann aber ein solches erbittertes Gemüth gedenkt an das Holz, worauf der Herr Jesus selbst für seine Feinde gebeten: »Pater ignosce etc., Vater, verzeihe ihnen, dann sie wissen nicht, was sie thun.« Dieses Kreuzholz sollte billig ein verbittertes Gemüth dergestalt versüßen, daß alle Rachgierigkeit verschwinde.

Es sollte einen freilich schrecken jenes, was Cäsarens registrirt, daß einer habe wollen aus Andacht die Wunden eines Kruzifixbildes küssen, weil er aber eine große Feindschaft gegen einen getragen, und in allweg dahin gebracht, sich zu rächen, so habe das hölzerne Bild die Arm vom Kreuz herabgelöst, und diesem einen solchen Widerstand gemacht, daß er die heil. Wunden nicht küssen konnte.

Unter allen guten Werken ist keines in so großem[18] Werth, als seinem Feind verzeihen, dieses gilt absonderlich viel bei unserm Herrn. Sonst pflegen wir zu sagen, daß Christus der Heiland im Himmel sitze zu der rechten Hand seines himmlischen Vaters, aber wie der heil. Erzmartyrer Stephanus gelitten hat, da ist Christus im Himmel aufgestanden: Video Jesum stantem; und zwar darum, wann eine Komödie ist, pflegen die Leute gemeiniglich zu sitzen, so aber in derselben eine absonderliche schöne Aktion hervorkommt, welche den Zusehern besser gefällt, da stehen sie meistentheils auf. Wie dann Stephanus gelitten, und gleich dazumal er für seine Feinde, die ihn versteinigt, gebeten, dies hat Christus dem glorreichen Heiland also Wohlgefallen, daß er derenthalben im Himmel aufgestanden, der sonst auf der rechten Hand seines himmlischen Vaters gesessen ist. So weiß ich auch, daß im alten Testament der große Mann Elias durch sondere göttliche Vorsichtigkeit ist durch die Raben gespeist worden in der Wüste, es ist doch viel, daß ein Galgenvogel so freigebig ist. Als aber ein andermal der heil. Mann sich mußte in die Wüste reteriren, wegen Verfolgung der stolzen Jezabel, welche eine rechte Konvoi von einem Teufel gewest, er aber ihr, dieser höllischen Furie, vom Herzen verziehen, da wollt mehrmal ein Rabe den Elias mit Speis' versehen, aber diesem hat gleich ein Engel vom Himmel auf den Schnabel geschlagen, und an Statt seiner bei dem Elias einen Kontralor abgeben, in Erwägung, daß der Mann Gottes seiner ärgsten Feindin verziehen, und sich nicht gerächt, dem sonst gar gern alle Elemente wären an die Hand gangen, die Bestia zu züchtigen.

[19] Es ist sonst bei den Leuten eine Gewohnheit zu reden: »Verzeih mir's Gott!« Ich hab erbärmlich gescholten, wie mich der Kutscher umgeworfen, und ich wie ein Haas im Pfeffer gelegen, verzeih mir's Gott! Verwichen, als unser etliche beisammen gewest, da hab ich wohl zu viel gesoffen, verzeih mir's Gott! Vor diesem, weil ich bin jünger gewest, da hab ich wohl allerlei Ränd angefangen, und bin bald auf Magdeburg, bald auf Frauenhosen verreist, verzeih mir's Gott! Wie ich noch gestudirt habe, da hab ich zu Grätz in der Räubergasse eine Kondition gehabt, daß meinem Herrn oft der Beutel ist aus dem Leim gangen, verzeih mir's Gott! Die alte Rueppin hat mir vor diesem etwas gelernt, daß ich mich hauptsächlich gewußt gefroren und fest zu machen, verzeih mir's Gott! Wir wollten halt, daß uns Gott alle Laster und begangenen Missethaten soll verzeihen, und wann wir die geringste Unbild von unserm Nächsten leiden, da müssen alsobald Bastoni und Spadi beihanden seyn, da heißt es, ich kann es ihm nicht verzeihen, alle, alle, (es wäre immer schon genug) alle, alle führen mich hin, wann ich ihm das verzeih, wo ich ihn ertapp, da stoß ich ihm den Degen durch den Leib etc. Es ist wohl wahr, daß Gott hat befohlen, man soll seinem Feind nicht allein verzeihen, sondern demselben noch Gutes thun. Es ist wohl nicht weniger, daß die hl. Martyrer noch für diejenigen gebeten, die ihnen die größte und unendliche Pein und Qual angethan, ich läugne es nicht, daß nicht die Nachgier ein großes Laster sey in den Augen Gottes, und weiß auch, daß jener Edelmann von Korduba mit Leib und Seel zum[20] Teufel gefahren, um weil er im Todbettl seinem Widersacher nicht vom Herzen verziehen, aber wann ich sollt dies thun, und mich an dem Kerl nicht revangiren, was würden die Leut sagen; mir ist es das Meiste wegen der Leut. So höre ich wohl, der Leut Reden gilt mehr, als Gottes Reden? die Leut möchten mich für eine Lettfeige halten, so merke ich wohl, daß Adam durch einen Apfel das Paradies verscherzt, und du durch eine Feige den Himmel? Die Leut mögen sagen, ich hätte kein Herz, so vernimm ich dann, daß du durch die Herzkarten willst deine ewige Seligkeit verspielen? O höchste Thorheit!

Weislich über weislich hat jener arme Tropf gethan, bedacht und dreißig Jahr bei dem Schwemmteich zu Jerusalem krumm und lahm gelegen, endlich von Christo dem Heiland wunderbarlich die Gesundheit erhalten, der ihm aber auch anbei befohlen, er soll sein Bett mit sich tragen, welches er auch gethan. Sobald die Juden, absonderlich die Hohenpriester, wahrgenommen, daß dieser Mensch, so zuvor ein elender Krippel war, frisch und gesund daher gehe, und zugleich seine Matraze auf dem Rücken trage, da haben sie skrupulos scilicet gleich angefangen zu schmählen, und ihm einen ziemlichen Verweis geben, daß er am Sabbath arbeite, denen aber hat er keine andere Antwort widersetzt, als diese: »Qui me salvum fecit etc., der mich gesund hat gemacht, der hat es mir befohlen etc.« Er hat nicht ein Haar um die Leut gefragt, er hat sie lassen reden.

Wohlan dann, o Christ! folge nach dem Gebot deines Heilandes Jesu, verzeihe nicht allein deinem[21] Feind vom Herzen, sondern erweise ihm noch alle möglichen Gutthaten, wann etliche Leut derenthalben murren, und etwan ungereimt reden, daß du ein Hasenherz habest, und kein adeliches Blut in dir sey, so antwort du ihnen wie jener Mensch: »Qui me salvum fecit, ille mihi dixit, der mich erschaffen, der für mich Mensch worden, der für mich gelitten, der für mich gestorben, der mir so große Gnad und Gutthaten er zeigt: Ille mihi dixis, der hat mir dies befohlen: Ego autem dico diligite inimicos vestros etc.« Laß Leut, Leut seyn, Gott ist mehr, und gilt mehr, und gibt mehr als die Leut, laß reden, das Reden ist kein Rädern nicht, das Reden ist kein Recken nicht, laß reden, einmal am jüngsten Tag werden sie mit höchster Bestürzung weit anderst reden: Nos Insentiati etc. Diese seynd dieselbigen, die mich vormals verlacht, und mit schimpflichen Reden verhöhnt haben, wir unwitzigen Leut hielten ihr Leben für eine Thorheit und ihr Ende ohne Ehr, siehe aber, wie seynd sie unter die Kinder Gottes gerechnet, und hoben ihren Theil unter den Heiligen. Auf solche Weis' und nicht anderst werden sie im Thal Josaphat reden, da werden wir uns unendlich glückselig schätzen, wann wir dero Reden auf der Welt nicht geacht haben.

O wie gefällt es halt dem Allerhöchsten so wohl, wann man sich der armen Leut annimmt! Ein Reicher soll von Rechtswegen seyn wie der Himmel, Gott der Herr hat Himmel und Erd erschaffen, aber den Himmel weit mehr bereicht als die Erd, in dem Himmel hat er gestellt die guldene Sonne, den silbernen [22] Mond, die schimmernden Sterne, allerlei reiche Gestirn etc. Die Erd aber ist sehr schlecht, veracht, man tritt sie mit Füßen, man schütt ihr allerlei Unflath über den Kopf ab, sie muß die größten Gebäu auf dem Rücken tragen, daß ihr möchten die Rippen krachen, und hat anbei nichts, als was ihr der Himmel spendirt, dieser aber versieht sie reichlich mit heilsamem Regen, mit guten Influenzen, mit häufigem Himmelthau, und verläßt die arme bedürftige Erde niemals, ausser Gott verhängt solches zu einer sondern Straf, wie zu Elias Zeiten geschehen. Der Reiche ist gleich dem Himmel mit Silber und Gold wohl versehen, es schimmert Alles an ihm, Kisten und Kästen seynd voll; entgegen ist der arme Mensch wie die niederträchtige Erde, hat nichts, als wie er geht und steht, und wartet immer auf eine gnädige Influenz von dem reichen Himmel; freilich ein Himmel und kein Limmel soll der Reiche und Wohlhabende seyn, und seine Influenz und Hülf keinem armen Menschen weigern.

Jener reiche Prasser; von dem die Evangelisten Meldung thun, ist ein rechter Saumagen gewest, aber ein Reicher soll von rechtswegen wie ein Magen beschaffen seyn, dann obschon dieser alle Speis' und Trank zu sich nimmt, und die andern Glieder des Leibs niemals essen oder trinken, so ist er doch so gut, daß er fast den beßten Saft und Kraft ausklaubt, und allen andern Gliedern möglichster Weis' mittheilt. Desgleichen sollen die reichen Leut, so große Mittel von Gott empfangen, nicht alles für sich behalten, sondern allezeit auch mit dem Nothdürftigen theilen. [23] Wann bei dem Reichen das do ist, das do bleibt, das do gefunden wird, alsdann können sie für gewiß hoffen, daß am jüngsten Tag der göttliche Richter sie zu sich rufen wird, venite do her, wo die Auserwählten seynd, do her, auf die rechte Hand, do her, wo die Schafe stehen; ja der Psalmist David hat den Allmosengeber schon auf der Welt, wider den Brauch der katholischen Kirche beatifizirt und selig gesprochen:beatus qui intelligit super egenumet pauperem, etc.

In dem vornehmsten Stift Kloster Neuburg in Oesterreich, so denen Herren Kanonicis regularibus zugehörig, erhält man schon von des heiligen Leopoldi Zeiten hero etliche Hund zur ewigen Gedächtnuß, weil dieselben in der Jagd den Schleier seiner Frau Gemahlin noch unversehrt gefunden, der doch so viele Jahr im Schnee und Ungewitter gelegen, an welchem Ort nachmals der heilige Markgraf eine Kirche erbaut, samt erstgenanntem Kloster, in welchem es eine stete und je eine seltsame Gewohnheit ist, daß man nämlich das Brod, sobald es aus dem Backofen genommen wird, alsobald mit kleinen Stäblein prügelt, und zwar so lang, bis die Rinde allerseits herabfällt, wovon dann besagte Jagdhund erhalten werden: Es ist sich doch zu verwundern, daß verwichenes 1983ste Jahr, da die kaiserliche Residenzstadt durch die türkischen Waffen und große Macht mit einer schweren Belagerung ist beängstiget worden, und folgsam der Erbfeind alle umliegenden Oerter gänzlich verwüst und in Aschen gelegt, worunter auch gewest ist das Klosterspital obbenannten hohen Stifts; wunderlich ist es, [24] daß dieses Gebäu völlig in Rauch aufgangen, ausser des schlechten Stalls, darin die mehrgedachten Stifthund gewesen, dieses obschon von Holz ist unversehrt verblieben, nachmals seynd diese Hund, nachdem sie sieben Tag ohne Speis' waren, an ein anderes und sicheres Ort geführt worden. Es ist also ein uralterund auch löblicher Gebrauch in diesem vornehmen Stift, daß man die Hund mit Brod versieht.

Die nichtsnutzige Welt, so fast zu allen hellen Tugenden ein finsteres Gesicht macht, und nur die Bosheit anlacht, pflegt unter andern ungereimten Afterreden auch die armen Leut Bettelhund zu nennen, die doch sowohl als die Reichen und Wohlhabenden nach dem göttlichen Ebenbild erschaffen seynd, aber hört ihr, und glaubt, daß diese Bettelhund die beßten Jagdhund seynd, wie es pflegte der heilige Amadäus, Herzog aus Savoya, zu nennen, Jagdhund seynd sie, wann man dieselbe, wie die Herrn Kloster Neuburger zu thun pflegen, fleißig mit Brod versieht, so kann man zwar leicht Gott und den Himmel damit fangen: der einem armen krummen Bettler ein Allmosen gibt, der ist schon auf dem geraden Weg gegen den Himmel: der einem armen blinden Bettler eine Hülfe leistet, der hat schon die Hoffnung, daß er vor den Augen Gottes gut stehe: der einem armen stummen Beutel zu Hülf kommt, den wird Gott am jüngsten Tage mit dem venite anreden: der einen armen Aussätzigen nicht verachtet, der macht sich selbst einen großen Zusatz zu seinen Verdiensten: Der die armen Hungerigen speist, der hat schon ein Ladschreiben in Händen zu dem himmlischen Nachtmahl: Der die [25] armen Nackten bekleidt, der hat sein hochzeitliches Kleid stattlich verbrämt: Der die armen Fremden beherbergt, dem ist sein Quartier im Himmel angeschrieben: Der die armen Gefangenen erlöset, der ist von der ewigen Gefängnuß befreit.

Jener Weinschlauch und Wampenvogt, nachdem er vom Schlag getroffen worden, und von der Tafel den geraden Weg zum Teufel kommen, er hob seine Augen in die Höhe, und erblickt den Bettler Lazarum in größter Glori auf dem Schooß Abrahams, und weil ihn nichts mehrers quälte als seine feurige Zung, die zuvor stets in der Kandel geschwommen, also hat er wehemüthig aufgeschrieen, und nur um dieß bittlich angehalten, daß der Lazarus nur das Aeußerste seines Fingers in das Wasser tunke, und seine Zung in etwas kühle. O ewig unglückseliger Mensch! Etliche wenige Tropfen werden dir dein Uebel nicht wenden, aber zuvor hättest du mit einem Tropfen gar leicht können die Höll auslöschen; dieser Tropf ist gewest der Lazarus, ein armer Tropf, ein elender Tropf, ein verlassner Tropf, wann du dich seiner hättest erbarmet, so hätte sich auch gewiß Gott deiner erbarmet.

Alles dieses ist nur zu wahr, sagt einer, ich weiß, daß nach Numero 7 das achte folgt, daß auf die sieben Werk der Barmherzigkeit unfehlbar folgen die acht Seligkeiten, ich weiß, daß zu Wien der heilige Severinus sich der Armen stark angenommen: Merkts Wiener: Ich weiß, daß zu Prag der heilige Wenzeslaus den Armen viel Guts gethan: Merkts Prager: Ich weiß, daß zu Salzburg die heilige Erntrudis auf dem Nonnberg fast immerzu sich bei den [26] Armen aufgehalten, sie sogar gewaschen und gesäubert, merkts Salzburger: Ich weiß, daß zu Regensburg der selige Friderikus allezeit den Armen geholfen, auch nicht ohne Mirakul: Merkts Regensburger etc. Ich weiß, daß die armen Leut unsers Herrn seine Kommissarii seynd: Ich weiß, daß derselbe, so die Bettler auf seiner Seite hat, auch bei den Bethlehemitern in Gnaden stehen: Ich weiß, daß denjenigen, der den Bettlern ihre Säck füllt, der Teufel nimmermehr werde in Sack schieben: Ich weiß, daß der armen Leut vergelts Gott ein rechter Dietrichschlüssel im Himmel ist: Aber, wann sollt ich den Bettlern die Füß waschen wie mein heiliger Vater Augustinus, die Bettler zu meiner Tafel setzen wie der heilige Ambrosius, die Bettler auf dem Rücken tragen, wie der heilige Eduardus, was würden die Leut sagen? Wann ich sollt alle meine kostbare Spallier verkaufen, die umsonst die Wände bedecken, und dafür Zeug, Tücher, Leinwand einhandeln, womit ich die halb nackten Bettler thäte bekleiden: Wann ich sollte die übrigen Pferd im Stall, die umsonst das Futter verzehren, auf die samt denen Bedienten jährliche große Unkosten aufgehen, abschaffen, verkaufen, verhandeln, und anstatt derselben alle Monat einmal das Spital und arme Haus speisen: Wann ich sollte das Spielen meiden, auf welches ich alle Jahr eine ziemliche Summe Gelds spendire, und an dessen Statt den Hausarmen, Wittiben thät eine Hülf reichen, so wäre es freilich wohl ein Gott angenehmes Werk, und würde ich einmal in meinem letzten Stündlein mit sonderm Trost und beßter Hoffnung von dieser Welt[27] scheiden. Aber was würden die Leut sagen? Die Kavallier würden mich vielleicht für einen Phantasten halten; die Damasen würden mich einen Strumpflauser nennen; die Lakeien würden mich auslachen, und einen lautern Spitalmeister tituliren; die Pagi würden mich für einen Bettelrichter ausschreien; da thät ich mich freilich schämen etc. Schämen? Ach sollst du dich schämen, wegen des Schämen, thust du dich schämen des Heilandes Jesu Christi? der sich doch als höchster Gott wegen deiner nicht geschämt hat, alle erdenklichen Unbilden, Hohn und Spott und Verachtung auszustehen: Sollst du dich schämen, daß du auf dem rechten Weg gegen Himmel bist? bei Leib nicht.

Cäsareus Arelatensis neben andern Ursachen, warum man nicht könne in das irdische Paradeis kom men, setzt auch diese, daß nämlich vier Hauptflüsse aus dem Paradeis fließen und entspringen, Phison, Nilius, Tigris und Euphrates, obschon solche zuweilen anders genennt werden; wann nun die Flüß, gleich andern ihren Lauf thäten nehmen, so könnte man leicht so lang gehen, bis man dero Ursprung erreichen thät, gleich als wann Jemand von Wien aus neben der Donau sollt immerzu aufwärts gehen, so würde er mit der Zeit nach Donäsching kommen, allwo dieser Fluß entspringt, aber mit obbemeldten vier Hauptströmen hat es weit eine andere Beschaffenheit; dann sobald sie aus dem irdischen Paradeis hinaus quellen, so verschliefen sie sich gleich unter die Erde, und kommen erst in den asiatischen Landschaften wieder hervor, und dieß ist neben andern auch eine wichtige Ursach, warum Niemand in das irdische Paradeis [28] kommen kann. Paradisus enim inveniri non potest, quia nullum illorum fluminum manifeste fluit deorsum, sed a paradiso usque ad asiaticas regiones subterranneis absorbentur hiatibus, etc.

Wessenthalben aber verschliefen sich obbesagte Flüß gleich unter die Erd, wann sie aus dem Paradeis kommen? Ach lieber Christ, wie gern wollte ich, daß du gleich ihm beschaffen wärest! sie schämen sich, merk's wohl! sie schämen sich, und verschliefen sich sogar aus Schamhaftigkeit unter die Erd, weil sie nämlich vom Paradeis hinweggehen; also soll sich der Mensch nur dazumal schämen, wann er sündigen thut, und folgsam den Weg vom Paradeis vom Himmel wegnimmt, nicht aber hat er Ursach sich zu schämen, wann er gute und Gott wohlgefällige Werk thut, als wie da ist auch, den Armen möglichst beizuspringen, dann da geht er den geraden Weg gegen dem Paradeis.

Was werden die Leut sagen? Mein, was haben dazumalen die Leut gesagt, wie Margaritha Philippi des dritten Königs in Spanien, wertheste Frau Gemahlin auf eine Zeit einen halbnackenden Bettler auf der Gasse erblickt, da hat sie alsobald das beßte Tuch lassen herbei bringen, durch den Schneider für den armen Tropfen ein Kleid lassen zuschneiden, welches sie nachmals mit eigenen Händen hat ausgemacht. Was haben die Leut zu diesem gesagt? Alles Guts, männiglich hat sich darüber verwundert, und diese große Frau höchstens gepriesen.

Mein, was sagen die Leut? daß Ihro Majestät die jetzige römische Kaiserin Eleonora, Magdalena [29] Theresia mehrmal schon die armen Leut traktirt, ihnen eigenhändig die Speisen aufgetragen; auch solches schon öfters ist gesehen worden an Ihro Majestät dem römischen König, mit was Demuth er den Armen bei der Tafel gedient? Was sagen die Leut? Nicht viel, dann sie können aus Wehemüthigkeit des Herzens keine Red zusammen bringen, aber nasse Augen hab ich derentwegen schon bei den mehresten wahrgenommen.

Mein was haben die Leut gesagt, wie seliger Gedächtnuß der verstorbene obriste Burggraf im Königreich Böhmen, Graf Martinitz, wöchentlich ein- und mehrmal einen armen Mann, ein armes Weib samt einem armen Kind bei der Tafel wohl traktirt, ihnen die Speisen selbst vorgelegt, die übrigen in ganz neue Geschirre eingeschüttet, und ihnen samt einem Allmosen vom Geld eingehändiget? was haben die Leut gesagt? Ich, meines. Theils, hab nichts als alles Gute gehört, und hab mich glückselig geschätzt, daß ich zuweilen habe dürfen gegenwärtig seyn.

Sie lachen mich aber aus, laßt lachen, rechtschaffene Leut lachen dich nicht aus, und die andern muß man nicht achten. Gleichwie Christus der Herr, unser Heiland, gethan, wie er in des Obristen Haus kommen, da hat er dem Volk daselbst geschafft, sie sollen abweichen, dann die Tochter schlafe nur, und sey nicht todt, die aber alle lachten Christum den Herrn nur aus, und trieben ein römisch Gespött daraus, der Heiland hat aber derenthalben kein einiges Wort verloren, warum? darum, es war ein lauteres schlechtes Gesind, gemeine nichtsnutzige Kerl, Schallmeier, [30] und Spielleut und dergleichen Lumpengesellen, die hat er lassen lachen, er aber die Tochter des Obristen von Todten auferweckt. Sie lachen mich aus, laßt lachen, dies währet eine kleine, eine kurze Zeit, nachmals werd ich sie ewig auslachen, ja zu ihrem Untergang wird Gott selbst lachen: Ego quoque in Interitu vestro ridebo.

Sonntag und Feiertag in allen Kalendern werden roth geschrieben, und seynd dessen unterschiedliche erhebliche Ursachen, ich glaub aber, es sey meine wenige Meinung nicht zu verwerfen, indem ich dafür halte, daß derentwegen die Sonn- und Feiertag in den Kalendern roth gezeichnet seyn, weil sie sich schämen, daß man sie so schlecht hält, ja an denselben mehr Laster- und Sündthaten begangen werden, als an gemeinen Werktagen.

Moses, der große Mann, hat sich billig können erzürnen, wie er von dem Berg, worauf er die steinernen Tafeln der zehn Gebot bekommen, herabgestiegen, und zugleich wider alles Vermuthen gesehen, daß sein israelitisches Volk, an Statt, da es hätt sollen dem wahren Gott opfern, ein guldenes Kalb aufgericht, und muthwillig um dasselbe getanzt. Ei so tanz! da muß wohl der Teufel Spielmann gewest seyn. Bei jetziger verkehrten Welt hat der Menschen Bosheit also zugenommen, und ist der christliche Eifer also erloschen, daß man sollt die Sonn- und Feiertag im Kalender nicht mit rothen, sondern mit braunen Buchstaben drucken, dann allbereits die Leut es an denselben gar zu braun machen, und sich nicht um ein Haar besser halten, als die gewissenlosen Israeliter, dann[31] gleichwie diese an Statt der gebührenden Andacht haben einen lichtfertigen Tanz gehalten beim guldenen Kalb, also wird man der Zeit an den heiligen Festtagen, an Statt des Gebets und Kirchgang, mehrmals einen üppigen Tanz finden beim guldenen Ochsen, beim guldenen Rössel, beim guldenen Hirschen, beim guldenen Bären, beim guldenen Lämmel.

Die Wirth müßten nicht weit her seyn vermög des heiligen Evangeliums, worin umständig beschrieben wird das erste sichtbare Mirakul und Wunderwerk, so Christus der Herr auf Erden gewirket hat zu Kana in Galliläa auf der Hochzeit, allwo er nämlich das Wasser in den besten Wein verkehrt hat, worüber der Speismeister den Bräutigam zu sich gerufen, und folgsam also angeredt: Jedermann setzt zum Ersten den guten Wein vor, und wann die trunken worden seyn, alsdann setzt man einen geringern Wein vor etc. Der Bräutigam wußte eigenthümlich der Wirth ihre saubern Stückel, als die zu Anfang den Gästen den besten Wein auftragen, wann sie aber sehen, daß solche allbereits einen Tummel und Trummel im Kopf, und der Spiritus Vitrioli das obere Zimmer völlig eingenommen, da setzen, sie einen schlechten Darmbeißer auf, ja gar wohl einen abgestandenen Trunk für diese Trunkos etc. Aber mit der Zech und Bezahlung müßten beide Weinbrüder seyn, und wann der erste sechszehn Kreuzer gilt, so muß der letzte um 4 Batzen bezahlt werden, der Wirth hat hierin keinen Skrupel, obschon wider das Gewissen gehandelt worden, solche Leut seynd bisweilen die Wirth. Aber eins muß ich doch [32] von ihnen bekennen, daß nämlich niemand öfters auf Gott und seine Heiligen denke, als die Wirth. Wie da? Sie laufen immerzu über den Kalender, und schauen und schauen, wie lang es noch auf Ostern, auf Pfingsten, auf Maria Himmelfahrt, auf Martini etc. Sie schauen und schauen, ob Martini, Georgi, Jakobi, Michaeli auf einen Fleischtag fallen oder an einem Fasttag, damit sie hiezu die nöthigen Anstalten machen in Kuchel und Keller; dann sie wissen wohl, daß bei ihnen der Feiertag nicht feiern lasse. Sie wissen wohl, daß sie an dergleichen Tagen zu des Bachus Gottesdienst ministriren müssen, sie wissen wohl, daß bei ihnen die Festtag feiste Tage machen, sie wissen wohl, wann man in die Kirche mit allen Glocken läutet, daß bei ihnen auch die Kandeln werden steif kleschen, und das heißt die Feiertage heiligen.

So gottlos, so heillos, so gewissenlos, so ehrlos, so treulos seynd die verschalkten Hebräer gewest, daß sie sogar auch an einem vornehmen Festtag gesucht haben, den Herrn Jesum aus dem Weg zu räumen, und ihre Hände in sein unschuldiges Blut zu waschen, also zwar, daß er hat müssen, weil seine Zeit noch nicht vorhanden, sich an solchem Festtag in der Geheim halten: Quacerbat eum in die Festo. Der Zeit leider! geschieht solches auch, und zeigt es die öftere Erfarhrnuß, daß Gott an einem Festtag mehr beleidigt wird, als zu einer andern Zeit. In Kalendern wird man öfters finden, wegen der Influenz der Himmelsgestirn, die Andeutung der Zeit, da ist oft zu lesen, heut ist gut schrepfen, heut ist gut Nägel abschneiden, heut ist gut Pflanzen zu setzen. [33] Man thut fürwahr zu einem jeden Sonntag und Feiertag, wegen der bereits gar zu stark eingewurzelten bösen Gewohnheit auch hinzu setzen: heut ist gut fressen und saufen, heut ist gut tanzen und springen, heut ist gut spielen und galanisiren etc.; dann alles dieses hält man fest an den Festtagen.

O Pater! hat man doch auch bei der Hochzeit zu Kana in Galiläa wohl gessen und trunken, und gleichwohl hat man ihnen die Zech nicht so hart aufgeschrieben, als wie uns, wann ihr die ganze Woche thät den Hobel in den Händen führen, so würdet ihr gewiß am Sonntag auch dort einkehren, wo die Hobelschatten am Zeiger hangen. Wann ihr die ganze Woche sollt zum Gießen, so würdet ihr am Feiertag auch nicht weit von der Kandel seyn. Wann ihr eine ganze Woche sollt Nägel spitzen, so würdet ihr euch auch meistens auf den Sonntag spitzen etc. Bruder Kallixt, du redest nicht übel, wahr ist es, daß mancher bei der Hochzeit zu Kana auf das Essen und Trinken keinen Spott hat gelegt, aber du mußt anbei wissen, daß auch der Herr Jesus bei derselben Tafel gesessen. Aber gehe du mir am Sonntag und Feiertag in ein Wirthshaus, und schaue unter den ganzen Burschen, so bei dem Tisch sitzen, ob auch allda der Herr Jesus zu finden? das selten, das fast nie, wohl aber an Statt seiner der böse Feind, dann wenig wird man hören, wo nicht der böse Feind citirt wird: der Teufel hol mich, der Teufel hol dich, der Teufel dank dir's, der Teufel traue dir, der Teufel glaub dir's, der Teufel spiel mit dir, der Teufel wart auf dich, der Teufel zahl so viel, der Teufel sauf [34] den Wein, der Teufel freß so theuer, der Teufel hol den Kellner etc. Da, da findet sich ja Gott nicht ein, wo sein abgesagter Widersacher so viel gilt.

Es hat sich einstmals zugetragen als die Kinder Israel in der Wüste waren, daß einer am Sabbath, welcher bei ihnen so viel war als bei uns der Sonntag, eine kleine Bürde Holz zusammen gesammelt, etliche schlechte Prügel für seine Hausnothdurft, worüber Moses sich dergestalt erzürnt, daß er denselben alsobald zu Verhaft genommen, und nachmals Gott den Herrn demüthigst befragt, wie man mit diesem Gesellen, der den Feiertag nicht gebührender Weis' geheiligt, solle verfahren, worauf Gott dem Moses ernstlich auferlegt, er soll den vermessenen Bös'wicht aus dem Lager hinaus führen, und daselbst ihn von dem gesamten Volk lassen steinigen, welches auch geschehen, nur weil er am Feiertag etliche wenige Prügel zusammen klaubet.

O mein Gott und Herr, hast du also scharf gezüchtiget der am Feiertag nur ein wenig Holz gesucht, wie werden erst deinen göttlichen Augen mißfallen diejenigen, so am Sonntag und Feiertag von Frühe an bis auf die Nacht mit Holz umgehen, und den ganzen Tag, auch mehrmals mit Verabsäumung des Gottesdienst, mit Kegelspielen umgehen, wie man es leider! an vielen Orten, forderist in großen Vorstädten, wahrnimmt.

Freilich, sagt mancher, ist das nicht recht, ich hab mich auch nicht nur einmal, sondern öfters bei dergleichen Muthwillen eingefunden, aber fast ohne meinen Willen, ich wär oft viel lieber in die Kirche [35] gangen, hätte dem heiligen Gottesdienst beigewohnt, ich wäre oft gern Nachmittag bei dem heil. Rosenkranz geblieben, aber mir ist nur wegen der andern gewest, was würden die Bursch gesagt haben? Sie hätten gesagt: ich sey ein lauterer Betbruder; sie hätten gesagt: ich sey ein fidimirter Karthäuser; sie hätten gesagt: ich hatte mir zu Berchtolsgaden einen Schein angefrümt; sie hätten gesagt: ich hielt um eine Supernumerari- Stell an in der Litanei aller Heiligen etc. Hätten sie das gesagt? Was wollt dann dies Sagen für einen Schaden bringen? und wegen solcher Reden hast du das Gute unterlassen, und das Böse geübt? O Thorheit! du willst lieber Gott, deinen Schöpfer, Gott, deinen Erlöser, Gott, deinen Seligmacher, beleidigen, auf die Seite setzen, als die Menschen? so willst du mehr die Leut fürchten, diese verwerflichen Erdwürml, als Gott, der da richten wird die Lebendigen und die Todten? so willst du blos wegen der Leut den Himmel verscherzen? und wegen der Leut zum Teufel fahren? und wegen der Leut ewig brennen? O – – auf ewig und ewig thut seine Thorheit verdammen und verfluchen jener unglückselige Soldat, von dem Valerius Venetus lib. 1 Kap. 90 erzählet. Dieser hat sich in unterschiedlichen Schlachten mit dem Feind allzeit ruhmwürdig gehalten, und seinen Heldenmuth überall bekannt gemacht also, daß er auch dessenthalben nicht einen kleinen aufgeblasenen Geist bekommen, und hat es ihm mehr als wohlgefallen, wann man mit Fingern auf ihn gedeut hat und gesagt: der Kerl trägt Blumaschi und Kouraschi beisammen etc. Auf eine Zeit ist dieser in [36] eine gefährliche Krankheit gefallen, auch bereits ihm von den Medicis die Wiedergenesung und ferrnere Aufkommen versagt worden, worauf die Geistlichen ihn zur gehörigen Beicht und Buß möglichst ermahnt haben, so aber keine andere Antwort erhalten, als Nolo (solches Nolo verdienet einNolam) nolo, beichten thue ich nicht, beichten will ich nicht, beichten kann ich nicht etc. Er soll aber erwägen, sagten die Umstehenden, er soll betrachten die unendliche Ewigkeit, zu der bereits die Schnallen in Händen etc. Er soll sich vor Augen stellen die immerwährende Pein, womit der göttliche Richter die Gottlosen zu strafen pflegt etc. Ich beichten? das thue ich nicht; ich beichten? das will ich nicht; ich beichten? das kann ich nicht. Warum? darum, was würden die Leut sagen, denen meine Tapferkeit und Kouraschi sattsam bekannt; was würden meine Kameraden sagen, die um meine Beherzthaftigkeit genugsam wissen; sie würden sagen, ich hätte kein Herz mehr, ich hätte die Schwindsucht bekommen an meiner Kouraschi, ich brauch einen Hasenbalg für einen Brustfleck; sie würden sagen, ich fürchte mich vor dem Tod, den ich mein Lebtag niemals gescheut, deßwegen beicht ich nicht. Worüber die bösen Feind und höllischen Larven ihm mit großem Getös den Hals umgerieben, und die unglückselige Seel in den höllischen Abgrund gestürzt.

Weiser und heiliger hat der gerechte Patriarch Noe gethan. Nachdem solcher den Befehl von Gott bekommen, daß er die Arche verfertigen soll, und alle gehörige Anstalt machen, zu salviren die acht Menschen und alle andern Thier, da hat man sollen hören, [37] wie die Leut und was die Leut geredt haben, wie er angefangen hat zu hauen, zu schneiden, zu zimmern, zu stempen, zu nageln etc. Einer sagte: der alte Geck mache sich selbst eine hölzerne Keuche. Ein anderer sagte: der alte Kürbiskopf woll ein Kaufmann werden, und mit Hobelscheitern handeln. Da war einer, der hielt den alten Tättel für ein Kind, so mit dilli dalli Häuselbauen umgehet. Dort stand einer, und hieß den Noe einen alten Grillenvogt, als mache er ein hölzernes Nest, worin Phantasien können zügelt werden. Etliche muthwillige junge Leut lachen ihn aus, daß er ohne Ursach einen so großen Wanzenkobel mache. Einige waren zu finden, die ihn gar für thöricht und verstandlos gehalten und glaubten, der Alte sey verrückt, und etwan rechte Holzwürmer im Hirn bekommen. Es werden wohl etliche freche Schleppsäck seyn gewesen, die um seine Bäume und Bretter getanzt, und allerlei muthwillige Lieder gesungen, auch anbei ihn ausgefoppt, daß er, als ein falscher Prophet, einen so großen Platzregen vorsage, indem noch nicht eine finstere Wolke am Himmel zu sehen etc. Tausend dergleichen Ding haben die Leut geredt, und das hat gewährt hundert Jahr an einander etc. Wie er, der Noe, endlich allerlei Thier in die Arche eingeführt, und sich zuletzt selbst mit den Seinigen eingesperrt, da hat das Reden und Lachen bei den Leuten noch mehr überhand genommen, da hat's geheißen: Schaut mir den alten Haberlimmel an, der sich freiwillig in diese hölzerne Pastete hat eingeschlagen; sehet mir den läppischen Glatzkopf an, der bei Ochsen und Esel sein Quartier gemacht. Viel [38] tausend dergleichen Schimpfwort und Ausspötteln mußte der gerechte alte Vater ausstehen, aber er ist wegen der Leut Reden, wegen der Leut Schauen, wegen der Leut Lachen von seinem Vorhaben und heiligen Werk abgestanden? Ja wohl nicht, ganz und gar nicht, bei Leib nicht. Laßt reden, was sie wollen, wie sie wollen, wann sie wollen, wo sie wollen, gedachte er, ich unterdessen unterlaß dasjenige nicht, was mir mein Gott und Herr hat anbefohlen und auferlegt; laßt lachen, es wird schon die Zeit kommen, da ich werde lachen, und sie werden weinen. Auf solchen Schlag sollen es wir Menschen machen.

Wahr ist es, und bleibt wahr, daß die Gelegenheit viel Uebels verursache, wir Menschen seynd gar nicht wie die drei Knaben in dem babylonischen Ofen, so da, gleich einer Salamandra, in den feurigen Flammen unverletzt geblieben. In dem Ofen zu Babylon seyn, und bei einer Bäberl seyn, und beiderseits vom Feuer nicht leiden, ist unter den großen Wunderwerken nicht das geringste. Wir Menschen seynd gar nicht wie das Purpurtuch im alten Testament, dazumalen haben die Israeliter in der Wüste das Feur, welches sie zum göttlichen Opfer gebrauchet, allezeit eingewickelt getragen, in Purpurtuch, welches doch von dem Feuer den wenigsten Schaden nicht gelitten.

Wir Menschen seynd gar nicht wie Pfann oder Kessel voller Wasser auf dem Feuer, solches Geschirr wird allemal kühl und kalt seyn unter sich, da es doch nächst beim Feuer ist: Wir Menschen seynd nicht stärker als die große Statua oder Bildnuß des Königs[39] Nabuchodonosor, welche ein kleines Steinel zu Boden geworfen, und gänzlich zu Pulver gemacht: Wir Menschen seynd nicht besser als das Manna oder Himmelbrod der Israeliter, so über Nacht wurmstichig worden. Wir Menschen seynd nicht beständiger, als die Kürbisblätter des Propheten Jonä, welche durch den Biß eines winzigen Würmels verdorret. Wir Menschen seynd nicht besser als jener Feigenbaum am Weg, dem der Herr und Heiland mit wenig Worten die grüne Livree ausgezogen. Wir Menschen seynd in statu naturae lapsae, und haben allezeit rebellische Bauern im Quartier, des Adams Erbportion, so wir von diesem Vater bekommen, bleibt immer frisch und ganz, dahero die mindeste Gelegenheit uns gleich einen merklichen Schaden zufügt.

Alexander ab Alexandro schreibt was wunderliches, daß auf eine Zeit zwei Kriegsheer an einander gerathen, wodurch eine so große Schlacht vorbei gangen, daß man nicht Platz genug gefunden, die so häufigen Körper zu begraben; dahero dieselbigen gleich den Scheitern aufeinander gelegt, und viele Holzscheiten und Stauden gesucht, zu verbrennen, es wollte aber das Feuer die blutigen Körper gar nicht angreifen, weniger verzehren, bis endlich ein erfahrner Offizier sich angemeldt, mit Versprechen, er wolle solches Alles nach Wunsch, und zwar ohne Verzug, vollziehen und werkstellig machen, wie es dann auch also geschehen, sobald er zu zehn Mannskörpern allezeit einen Weibskörper gelegt, weil dazumal sehr viel Weibsbilder auch niedergehaut worden, und etliche wenige Scheiten dazu angezündt, da ist gleich alles [40] in Feuer und Flammen gestanden, und bald zu Aschen worden.

Todte Mannsleiber voller Blut, voller Eiter, voller Feuchtigkeit, empfangen Hitz und Feuer, wann sie nahe seyn bei todten Weibskörpern, wie solle sich dann getrauen ein junger, ein frischer, ein gesunder Mensch immerzu in der Gesellschaft der Weiber zu seyn ohne Schaden? wo man noch mit den Augen spielt, mit den Worten scherzt, mit dem Maul lacht etc. Wer ist derjenige, so sich dessen berühmen kann? occasio est conscientae occasus; occasio. O wie viel seynd cassus, die durch dich, saubere Mutter, seynd an Tag kommen! den David, einen Heiligen, hat ein einziger Blick eines Weibes, und noch etwas weiters dazu gestürzt, und du willst dich noch für einen kalten Dezember ausgeben, wann du dich schon alle Tage fast bei der Gesellschaft einfindest?

Judas, nicht der Iskarioth, sondern ein Sohn des großen Patriarchen Jakobs, ging auf eine Zeit aus, seine Schaafheerd zu besuchen, unterwegs aber traf er ein Weibsbild an, auf der Straße sitzend, welche ihr Angesicht mit einem Schleier völlig bedeckt hatte, er, unwissend, daß es die Thamar, seines Sohns Weib seye, verliebt sich, vergafft sich, vergreift sich dergestalt an dieser Madam, concepit etc., daß sie nach neun Monaten Kindsmutter worden etc. Hat diesen eine Sonne, so doch mit Wolken überzogen gewest, können hitzen, hat diesen ein Weib, so doch das Angesicht bedeckt und verhüllt, können schaden, so solltest du ein Kaltenhauser bleiben, bei einer öftern Gesellschaft der Weiber, so nicht allein ihre polirten, possirten Gesichter [41] nicht bedecken, sondern noch den Hals und die halbe Nachbarschaft bloß tragen? Wann dem also wäre, so taugest du für großer Herren Tafel zum Weinkühlen, aber ich glaubs nicht.

Du wirst kaum heiliger seyn, als jener Einsiedler, der viele Jahre in der Wüste und Einöde einen vollkommenen Wandel geführt, endlich von dem Fürsten der Finsterniß hinter das Licht geführt worden, als er ihm wie ein alter betagter Eremit erschienen, und befragt, wie es ihm gehe? Der gute Waldbruder klagte seine Roth, daß er, aus Mangel einer Uhr, nicht wisse, wie viel es an der Zeit seye, und folgsam gar unbequem seine Betstunden thue austheilen. Dem ist leicht zu helfen, sagte der vermascherte Eremit, schaue dir um einen Gockel-Hahn, dieser ist der allersicherste Stunden-Ausrufer; solchem Rath ist der einfältige Klausner nachkommen. Ueber eine Zeit kommt der alte Schalk mehrmal, und fragt, wie es dann jetzt mit ihm stehe? Fast schlechter, gab er zur Antwort, als vorher; dann der Gockelhahn bleibt nie zu Haus, ist also zu fürchten, der Fuchs möchte mir einmal die Uhr aufziehen. Diesem ist gar leicht zu helfen, sagt der verhüllte Satan: dem Hahn ist halt die Weil lang, du mußt ihm eine Henne zugesellen, alsdann wird er das Ausschlenken schon unterwegen lassen; das ist auch geschehen, der Hahn aber hat mit der Henne so viel junge Hühnlein erzeugt, daß der gute Bruder wegen des immerwährenden Pi, pi, pi, fast nie Ruhe gehabt, und endlich bei dem Altvater, so ihn mehrmalen besucht hatte, sich dessen nit ein wenig beklagt, worauf der Alte eingerathen, damit [42] er dem heil. Gebet könne besser und eifriger obliegen, so solle er ihm eine Magd bestellen, die solchem jungen Geflügelwerk abwarte, welches auch geschehen, aber es ist nicht lang angestanden, da ist dem Bruder nicht so viel das Pi, pi, pi im Sinn gelegen, als das Pu, Pu, Pu, Puella. Er hat mehr gedenkt auf das Diendel als auf die Hühnl, zu der Uhr ist ihm der Buchstabe H gewachsen, dessen aber ist kein Wunder, dann die Gelegenheit macht einen Dieb. Dieser so heilige Mann ist gestolpert, ist gefallen wegen der Gesellschaft, und du sollst stets der Grammatica seyn, so da Gen. fem. und nicht an das Genitivum gedenken? und du sollst in Gesellschaft der Weiber allzeit jovialisch seyn, und dir soll nicht der Dies Veneris einfallen? und du sollst schon auf dieser Welt die vier Dotes oder Gaben eines glorreichen Leibs im Himmel haben? das glaubt dir niemand.

Unser lieber Herr vernimmt die Zeitung, daß Lazarus seye mit Tod abgangen; Lazarus, ein Bruder Magdalenä und Marthä, über solche Zeitung hat er sich im wenigsten alterirt, wie er aber zum Grab des Lazarus kommen, da hat er bitterlich geweint. Warum dieß? Darum, merk dieß Konzept, eine Sach, die vor Augen ist, bewegt heftiger, als die weit von einem. Jetzt laß ich dir selbst eine Lektion schmieden, was eine Gegenwart und Gesellschaft der Weiber thue. Der Teufel, dem fast nichts verdrießlicher fällt als das Fasten, hat Christum versuche in der Wüste; in der Wüste, und dieß soll er nicht versuchen in der Gesellschaft? wenn dem also, so bist du so gut als die Sonnen-Strahlen, so durch eine Kothlache gehen, und sich doch nicht netzen und besudeln.

[43] Ein heiliger Abt hat einen Jüngling von Kindheit auf in der Wüste und Einöde erzogen, in aller Heiligkeit und Unschuld, also daß solcher sein Lebtag keinen andern Menschen hatte gesehen, als seinen Abt. Dieser führte einsmals den unschuldigen Engel in eine Stadt, allwo ihm etliche Weibsilder unter die Augen kommen. Lieber Vater, fragt er, was seynd diese für Thier? Mein Sohn, antwortete der Alte, es seynd Gäns. Seynd das Gäns? Wie sie wieder in ihre Wüste angelangt, da ist der junge Bruder ganz melancholisch worden, ja sogar angefangen bitterlich zu weinen. Mein lieber Sohn, sagt der Abt, was ist dir? Was mangelt dir? Sags mein Kind. O mein lieber Vater, ich möchte halt gern eine Gans haben, eine Gans gehet mir ab etc. Dieser hat nur einmal ein Weib gesehen, und gleichwohl in seinem ausgemergelten Adams-Gebein schon Feuer im Dach verspürt, und du sollst in der steten Gesellschaft der Weiber seyn, und unversehrt bleiben, wie Daniel in der Löwengrube? Wann dem also, so halt ich es für ein größeres Mirakul, als mit der heiligen Katharina Senensis geschehen, welche einmal in einer Verzuckung auf einem Säckel voller frischer Eier gelegen da doch keines zerbrochen, da doch ein messinger Fngerhut, so ebenfalls in dem Säckel, wegen der Schwere ihres Leibs zu drei Theil zertrümmert worden.

Es ist wohl wahr, sagt einer daß man die Gelegenheit solle meiden, dann niemand gern sich in ein Gras legt, aus Furcht, es möcht eine Schlang darunter verborgen seyn. Niemand gehet gern auf einer untergrabenen Gestetten, aus Furcht, er möchte fallen. [44] Niemand scherzet gern mit Tigern und Löwen, aus Furcht, er möchte gebissen werden. Wie vielmehr soll man die Gelegenheit meiden, worin das Gewissen in großer Gefahr stehet. Jesus zog einsmals in Galiläam, spricht der Evangelist Joannis Kap. 7., dann er wollt in das jüdische Land nicht ziehen, weil ihn die Juden suchten zu tödten etc. Also sollen wir ebenfalls die Gelegenheit fliehen und der Gefahr nicht entgegen gehen, wo so viel schon einen schädlichen Schiffbruch gelitten. Ich muß bekennen, sagt jemand, so oft ich von dergleichen Gesellschaft komme, so finde ich allezeit, daß mehr Unkraut in meinen Waizen geschossen ist. Ich finde allezeit, daß mein Gewissen, wie des Jakobs Lämmel beym Brunnen, schwarze Fleck bekommen. Ich finde allezeit, daß zu meinen Sünden mehr Ziffer gesetzt seyn. Daher wollt ich gern die Gesellschaft meiden, und es wäre für mich und meine Gebrechlichkeit ein sehr heiliges Werk, aber mir ist nur wegen der Leut; was würden die Leut sagen? Sie würden sagen, ich seye ganz leutscheu; sie würden sagen, ich seye wie ein Kruzifix in der Charwoche, so ganz verhüllt und zugedeckt, sie würden sagen, ich seye wie ein Palm-Esel, so sich im Jahr nur einmal sehen läßt; sie würden sagen, ich seye wie eine Schwalm, so ihr Nest in der Stube macht; sie würden sagen, ich seye ein Duckendl, so sich immer stets verbergen thut; sie würden sagen, ich seye wie eine Schneck, die sich gar in sein rotziges Losament einmauret.

Ein frecher Spieler, nachdem er das Seinige verloren, hat aus unbändigem Zorn und Grimmen mit bloßem Degen ein lauretanisches Maria-Bildnuß angetast, [45] und dem Jesukindel die untern Lefzen völlig abgehaut, nicht lang hernach ist dieses Bös'wichts Weib niederkommen, und ein Knäblein geboren ohne die untern Lefzen, welches ihm nicht allein übel anständig war, sondern er hat noch bei jedermann keinen andern Namen gehabt als der Bub mit dem bösen Maul.

Freilich wohl gibt es nur gar viel dergleichen Leut mit bösen Mäulern, die würden sagen, wann ich nicht ordinari in die Gesellschaft thäte gehen, es wachse bei mir Stolz auf dem Holz, ich schätze mich besser als sie. Die würden sagen, ich führe meine Gedanken durch die Wüste, wie der Moses das Volk Israel. Die würden sagen, ich schmarotze die ganze Zeit bei der Freitafel Joannis des Täufers in der Wüste, wo man nur Heuschrecken aufsetzt. Die würden sagen, ich seye eine lautere Nachteul, so sich den ganzen Tag nicht sehen läßt, die würden sagen, daß ich vom Kaiser ein Prädikat bekommen, und heiße anjetzo Herr von Haffendeck, die würden sagen, so lateinisch kennen, ich sey ein purer Petrus Cellensis und also wegen der Leut ihrer Mäuler muß man öftermal etwas Gutes unterlassen.

Audi, exaudi, höre mich an oder schaue Magdalena an, diese war keine gemeine Köstenbraterin, keine schlechte Strumpfstrickerin, sondern eine hochadelige Dame von einem guten Haus und dannoch hat sie der Leut Reden, die bösen Mäuler wenig geacht, auch dessenthalben das Gute nicht unterlassen, sie ist nicht in einem Winkel, wo sie niemand gesehen, nicht hinter einer dicken Hecke oder Gesträuß, wo fast keiner konnte zuschauen, nicht bei finsterer Nacht, wo die Menschen [46] meistens schlafen, sondern bei hellem lichtem Tag, in dem Haus Simons, bei öffentlicher Mahlzeit, wo die Menge der Leut gesessen und gestanden, zu Christo dem Herrn getreten, die theure Alabaster-Büchse zerbrochen und die kostbare Salbe über sein heiliges Haupt ausgegossen, ungeachtet die Umstehenden mit Fingern auf sie gedeutet, die mehresten, ja fast alle wider sie gemurret und ihr derenthalben allerlei Spottwörter angehängt; dieß ist gar nichts Neues, wann jemand will fromm seyn und Gott dienen, und ein gutes Werk üben, daß derenthalben einige Leut über ihn werden übel reden; aber laß reden, seynd wir doch schon von dem heil. Paulo derenthalben gemahnt worden: Omnes qui pie volunt vivere in Christo Jesu, persecutionem patientur.

Der Leut Reden hat nicht geacht der fromme Job, welchen doch die Leut und mehresten seine Nachbarn und Anverwandten mit tausenderlei Schmachwort angetast, sogar haben sie ihm vorgeworfen, weil er voller Geschwär und Unflath, er handle mit leonischen Waaren und komme nicht anderstwoher, als weil er in seiner frechen Jugend stark depoussirt und luxuriose, id est, mit Luxen-Hetzen die Zeit vertrieben: Ossa ejus implebuntur vitiis adolescentiae suae. Aller dieser Spottreden halber hat der Job sein Gemüth nicht verändert, sein gut und heiligen Spruch: »der Name des Herrn sey gebenedeit,« nicht unterlassen, sondern in seinem frommen und unsträflichen Wandel allezeit verharret.

Wie der jüngere Tobias zu dem Fluß Tigris gangen, des Willens, daselbst seine Füß zu waschen, [47] da ist alsobald ein großer Fisch gegen ihn geschossen, und die Goschen erschrecklich aufgerissen, also, daß der gute Tobias heftigst hierüber erschrocken und zu dem anwesenden Engel Raphael überlaut aufgeschrieen, dann er glaubte, daß er ihn werde fressen etc., der Engel aber hat ihm ein Herz gemacht, er soll sich nicht fürchten, es geschehe ihm nichts.

Du mein frommer Christ! freilich, wann du den Fußstapfen der Heiligen folgest, wann du Wandels halber mit Engeln umgehest, wird mancher Stockfisch hierüber das Maul aufreißen, und über dich einige Spottwort ausgießen, aber fürcht dir nicht vor diesen und dergleichen Mäulern, laß reden, laß lachen, es gilt kein Kopfabbeißen; mach es lieber wie jener Blinde am Weg, als dieser gehört, daß Jesus vorüber gehe, da ruft er überlaut: »Jesu, du Sohn David, erbarm dich meiner«, das Volk aber schalt ihn derenthalben aus, und ist ihm nicht ein wenig über das Maul gefahren, aber was thut dieser? Er hat die Leut reden lassen und derentwegen von seiner Andacht und Zuversicht nicht gewichen, sondern noch viel mehr geschrieen:Magis clamavi.

Laß lachen, Gott wird sie dessenthalben schon finden, es ist bereits schon der boshaftigen Welt ihr Brauch, daß sie die Tugend aushöhnet und der Frömmigkeit einen Nasen-Schneller gibt. Laß lachen, dieß wird ihnen theuer genug werden.

Vor etlichen Tagen ist zu Metz in Lothringen ein Kalvinist in eine katholische Kirche gangen, und wie er daselbst wahrgenommen, daß ein armer Mensch nach vollbrachtem eifrigem Gebet etliche Eier auf den [48] Altar geopfert, hat er nicht allein über solches höhnisch gelacht, sondern noch besagte Eier mit sich nach Haus genommen, ihm selbst und seinen Mitkameraden ein Jausen zugericht, als er aber den ersten Bissen ins Maul genommen, da ist urplötzlich die Rach Gottes über ihn kommen, und ihn mit dem gähen Tod gestraft.

Laß lachen, dieses wird ihnen nicht Rosen tragen. Wie von Gregorio Magno, diesem so heiligen Pabste, Augustinus ist nach England geschickt worden, daselbst die evangelische Wahrheit zu predigen, und den Glauben Christi auszubreiten, da ist er in Dorotestria nicht allein schimpflich von dem Volk ausgelacht worden, sondern einige seynd gewest, die ihm, dem apostolischen Mann, an seinen Kleidern zu mehrerem Spott etliche Fuchsschweif haben angehest; aber Gott hat sie derenthalben schon gefunden, massen alle diejenigen, so aus ihrem Geschlecht herkommen, mit einem langen Schweif zu End des Ruckgrads geboren worden.

Laß lachen, dieß Lachen wird derjenige, so ober uns ist, schon revangiren. Als auf eine Zeit der heil. Bischof Remigius mit eignen Händen das Treid auf dem Feld zusammen gesammelt, damit er bei der herzunahenden Hungerszeit konnte den Armen beispringen, ist er dessenthalben von den berauschten Bauern nur ausgelacht worden; aber die Zech mußten diese Gesellen theuer bezahlen, forderist weil sie ihm das Treib in die Aschen gelegt; dann alle diese Bösewicht und alle ihre Nachkömmling, was männlichen Geschlechts gewest, haben Leibschäden bekommen, ihre Weiber aber alle, samt dero Töchter im ganzen Dorf, haben müssen [49] große, dicke, wilde Kröpf (wohl ungeformte Halsuhren) tragen.

Laß nur lachen, dieß Lachen wird ihnen Gott so wohl merken, als der stolzen Michal, wie sie ihren Herrn und König ausgelacht, als dieser aus Andacht vor der Arche Gottes getanzt hat. Ein Katholischer und ein Unkatholischer seynd auf eine Zeit mit einan der gereist, und als ein unverhofftes großes Donnerwetter entstanden mit erschrecklich- und entsetzlichen Blitzen, hat der Katholische das Zeichen des heil. Kreuzes auf die Stirn gemacht, worauf ihn der Unkatholische nicht wenig ausgelacht, und anbei hinzugesetzt, ob ihn dann die Mucken plagen, weil er also mit der Hand um das Gesicht haspelte? er hat aber kaum diese frechen Wort ausgesprochen, da hat ihn alsobald ein erschrecklicher Donnerkeil zu todt geschlagen.

Laß lachen, das Kapital eines frommen und gottseligen Christen hat auf der Welt kein anders Interesse zu hoffen, als das Lachen und Ausspöttlen der gottlosen Leut; wegen dieser soll ich das Gute unterlassen? das nicht; wegen dieser soll ich die Gnad Gottes verscherzen? das nicht; wegen dieser soll ich den Himmel verlieren? das nicht; wegen dieser soll ich zum Teufel fahren? das gar nicht. Laß lachen, daß ihnen auch das Maul möcht aus dem Angel gehen, laß lachen, daß sie auch die Augen in die Schwemm reiten, so unterlaß du, als ein eifriger Christ, derenthalben das Gute nicht, sondern schäm dich vielmehr des Bösen. In dem Fall soll man nicht nachfolgen dem Nicodemo, welcher nur bei nächtlicher Weil ein Discipel und Nachfolger Christi abgeben hat; hingegen[50] beim Tag hat er sich von der Gesellschaft des Herrn abgeschrauft, dann es ihm wegen der Leut und forderist wegen seiner Freundschaft gewest ist; wohl aber soll man treten in die Fußstapfen des Königs David, welcher sich ganz nicht gescheut, vor allem Volk seine Andacht zu verrichten. Vota mea reddam coram omni populo ejus. Psalm 15. In medio Ecclesiae laudabo te. Ps. 21. In medio multorum laudabo eum. Ps. 108.

Judas hat den wahren Gott und Heiland verrathen
Judas hat den wahren Gott und Heiland an keinem andern Ort verrathen, als in einem Garten.

Unweit von Jerusalem, gleich über dem Bach Cedron, waren vor diesem die allerschönsten und herrlichsten Gärten, worinnen die Vornehmen in der Stadt ihre Ergötzlichkeiten suchten; dieser Gärten stattliches Vorgebäu waren einander ganz ähnlich und gleich, also zwar, daß sie von einander nicht konnten unterschieden werden, als durch die Numero oder Zahl: dahero auf einem Numero I. gestanden, auf dem andern Numero II., auf dem dritten Numero III., und also fortan bis auf Numero VIII. In diesem hat der Herr Jesus öfters bei nächtlicher Weil sein Gebet verricht, besagter Garten liegt gleich unter dem Oelberg, allwo nachmals [51] der glorreiche Heiland gegen Himmel gefahren, und solchen, nach Aussag etlicher Lehrer, die ersten Eltern, Adam und Eva, nachdem sie aus dem irdischen Paradeis verstoßen, durch die Cherubin an diesen Ort seyn getragen worden, und zwar den ersten Fuß an denselben Ort gesetzt, wo so lang hernach der gebenedeite Heiland das so häufige Blut geschwitzt hat. Wie nun Christus der Herr mit denen eilf Aposteln bei der Nacht zu diesem Garten kommen, da ließ er achte derselben alldorten sitzen, und, sagt Moses Barcepha, daß es eben dieser Ort gewesen, wo der Abraham seine Bedienten hat warten lassen, wie er auf den Berg hinauf gestiegen, seinen Sohn aufzuopfern; von diesem Ort hat sich der Herr in den Garten begeben, und mit sich genommen den Petrum, den Jakobum und Joannem, und weil die Porten des Gartens versperrt und verschlossen waren, also haben sich selbige durch göttliche Gewalt selbst eröffnet; nachdem folgends der mit Todsängsten überhäufte Heiland so viel Blut geschwitzt, daß der ganze Erdboden daselbst benetzt worden, und, sagt der englische Lehrer Thomas, daß Christus allda durch ein Wunderwerk das Blut habe wieder zu sich genommen, damit er solches mehrmalen in der Geißlung und Krönung möchte vergießen. In dem vornehmen Benediktiner-Kloster, insgemein der heilige Berg genannt, in dem Herzogthum Bayern, ist ein halbes Tüchel oder Facilet, womit der Herr Jesus in dem Garten sein heiligstes Angesicht hat abgewischt; in diesem Garten hat der gewissenlose Judas, dieser verruchte Böswicht, die größte Unthat begangen, indem er den Weltheiland [52] verrathen, und ihn den blutgierigen Feinden übergeben. O was Uebel geschieht oft im Garten!

Der Evangelist Markus schreibt in seinem sechsten Kapitel, wie daß einmal fünftausend Personen der eiferigen Predigt zugehört, welche der Herr und Heiland in einer Wüste gehalten; nachdem aber solches große Volk etwas von Hunger geplagt worden, hat sich unser Herr ihrer erbarmt, ihnen allen mit einander befohlen, sie sollen sich in das grüne Gras niedersetzen; nachdem solches geschehen, hat der Herr alle diese mit fünf Brod und zweien Fischen dergestalt gespeist und gesättiget, daß noch mit dem überbliebenen Brod und Brocken zwölf große Körb seyn angefüllt worden; nach solchem so wunderbarlichen Traktament hat der Herr seine Jünger genöthiget, daß sie haben müssen in ein Schiff steigen, und gegen Bethania hinüberfahren: »Coëgit ascendere in navim, etc.« O mein Herr! warum lassest die guten Leut, die ohnedas matt und müde, nicht ein wenig ruhen? Es ist gar annehmlich nach dem Essen im grünen Gras sitzen, vergönne ihnen doch diesen kleinen Gespaß und kurze Ergötzlichkeit, coëgit fort mit euch, hats geheißen, nur sein bald, presto, presto, man hält sich umsonst auf, da ist euer Bleibens nicht. Aber warum Herr schaffest du sie hinweg? sie wollen wohl lieber bleiben; warum hat es müssen seyn, es waren auch sehr viel Weiber unter dem Volk, obschon Andächtige, die daselbst im Gras gesessen; daher der Herr sogar den Aposteln nicht zugelassen, daß sie sollten bei Weibern im Gras sitzen, also spricht der gelehrte Cajetanus. Wann man unter frommen Weibern [53] und Männern eine Uniform fürchtet in der Grüne, was soll man erst gedenken von frechen Leuten? O wie oft in der Grüne, im Garten muß das Gewissen ins Gras beißen. Malche! was hast du verloren in dem Garten? ich rede mit demjenigen Malcho, welcher in Gegenwart des Hohenpriesters Annä samt andern vornehmen Fürsten der Synagog dem gebenedeiten Heilland einen solchen harten Backenstreich versetzt, daß hievon die Zeichen der Finger in dem heiligen Angesicht geblieben, wie noch in dem Schweißtuch der heil. Veronicä zu Rom zu sehen ist; besagter Streich war so grausam und hart, daß der beschmerzte Heiland ganz zu Boden gesunken, und das Blut aus dem Mund, Nase und Ohren häufig heraus geschossen, ja sogar kein Bein im Leib, deren doch in einem jeden Menschen 270 gezählet werden, ist ohne Qual dazumal gewest, unangesehen dieser verruchten Vermessenheit soll, nach Aussag des heil. Methodii, besagter Malchus neben andern 8000 Juden, so bei der Kreuzigung Christi gegenwärtig gewest, sich noch bekehrt haben, und sey von dem heil. Petro getauft worden. Dich, Malche! frag ich, was hast du im Garten verloren? Malchus antwortet: er sey einer aus den ersten gewest, welcher dem Herrn Jesu gewaltthätige Händ hab angelegt im Garten, und da hat sich einer, mit Namen Petrus, der Sach angenommen, vom Leder gezogen, und ihm ein Ohr abgehaut, etc. So hat Malchus im Garten ein Ohr verloren? ja ein Ohr, und zwar das rechte Ohr; aber wie viel verlieren im Garten nicht das rechte Ohr, sondern die rechte Ehr! wie viel?

[54] Cypreßbäume gibts im Garten, aber die cyprische Göttin Venus ist auch nicht weit; Nuß gibts im Garten, aber die Aergernisse bleiben auch nicht aus; Rosen gibts im Garten, aber die Rosae mundae stehen auch daselbst; Castaneae wachsen im Garten, aber Castae nicht allzeit; Schatten gibts im Garten, aber der Schaden ist oft dabei; Salve gibts im Garten, aber gar oft Salva venia, auch etwas anders; Hornaus gibts im Garten, aber gar oft etwas, das fast gleich lautet; Nester gibts im Garten, und darum mangeln die schlimmen Vögel nicht, im Garten gehet es gar, gar seltsam her oft.

Eine ist gewest nicht gar eines niedern Stands, aber gar eines minderen Verstands, um weil sie nicht hat gewußt, oder etwan nicht hat wollen wissen, wann die Gelegenheit dem Menschen die Schnallen in die Händ gibt, daß er gar leicht die Thür aufmache zu allem Uebel. Erstgedachte Person war eine aus den wohlgestalten und von der Natur hübsch erschaffenen Weibsbildern, aber die schöne Gestalt macht mehrmal ein Schauspiel, bis zuletzt daraus wird ein Sauspiel; die schwarzen Augen auf den weißen Würflen haben schon öfter ein Unheil verursacht, an diesem Keder hat sich auch ein edler Fisch vergafft, und sie nach etlichen vorgehenden freundlichen Ansprachen in seinen Garten eingeladen, mit Versprechen, daß sie ein sonderes Begnügen werde haben an dem fremden Blumengewächs, an den mit allerlei Früchten prangenden Bäumen, an den buschenden und sehr schattenreichen Spalieren etc., ja er hat sich auch gar urbietig anerboten, den Wagen zu schicken, damit sie ihre Füß [55] möchte sparen zum Spaziergang des Gartens, weil der Weiber Vorwitz des Zügels und Zaums nicht wohl gewöhnt, also bedient sich diese der so guten Gelegenheit, den schönen Garten zu sehen. Wie sie nun der Kutscher wieder bei spatem Abend nach Haus geführt, und sie ihm ein Trinkgeld dargereicht, da wollt er solches auf keine Weis' annehmen, sondern er sagte öfters, er heiße Steffel. Er solls nehmen, Steffel heiß ich. Er soll nicht närrisch seyn, Steffel ist mein Nam'. Was seyd ihr für ein Phantast? wie ich sag, Steffel heiß ich etc. Diese wurde öfter mit dem Wagen in den Garten abgeholt; der Kutscher, anstatt des Trinkgelds, wiederholte öfter, daß er Steffel heiße. Endlich fragte diese den ihres Gedanken nach so seltsamen Gispel, warum er allemal diese Antwort gebe, daß er Steffel heiße? Darum, meine schöne Dama, darum, es wird einmal die Zeit kommen, und etwan gar bald, da werdet ihr sagen, in Erwägung der verscherzten Ehr: mich hat wohl der Teufel in den Garten geführt, ich wollte, ich hätte den Ort meine Lebetag nie gesehen, es hat mich wohl der Teufel in den Garten geführt. Ich aber, sagt der Kutscher, heiß Steffel, und nicht Teufel, denn ich hab sie geführt, und mein Herr hat sie verführt. – Es ist alles wahr gewest, was der Kutscher geredt hat, und wann er hätte lateinisch verstanden, so hätte er geschrieen: »Hortus, Echo, Ortus.«

Susanna, ein Spiegel aller Tugenden, ist allenthalben sicher gewesen, außer im Garten. Diese Rosen haben nirgends die Kothkäfer angetast, außer im Garten. Diesen Tauben haben nirgends die Geier [56] nachgestellt, als im Garten. Diesem Lämmel haben nirgends die Wölf gedrohet, als im Garten. Dieser Schnee hat nirgends sollen zergehen, als im Garten. Dieses Kleinod hat nirgends sollen ins Koth fallen, als im Garten. Diese Blume hat nirgends sollen verwelken, als im Garten. Susanna hat sich wollen abkühlen im Garten, aber wäre bald erhitzt worden. Susanna hat sich wollen waschen im Garten, aber wäre bald mehr bekothigt worden. Susanna hat wollen eine Luft schöpfen im Garten, aber sie hätte bald ihre Ehr in Wind geschlagen, wann sie nicht die sondere Gnad Gottes hätte behüt, kraft welcher sie die Schuldigkeit ihres Stands, die obliegenden Gebot des Allerhöchsten, den Verlust des Himmels, die Beleidigung des Erschöpfers, die Unbild ihres Ehebetts hätte betrachtet und erkennet. O ihr alten Schelme zu Babylon, ihr müßt öfter im Garten nichts Guts gestiftet haben, weil ihr auch dasmal an diesem Ort euer gottloses Beginnen suchet.

Im Garten thut man gar, gar oft einbüßen. Adam, der erste Mensch, ist aus einem reichen Herrn Dominamini ein armer und elender Schlucker worden. Adam ist aus einem so gesunden und wohlgenaturten Mann ein so müheseliger Krippel worden. Adam ist aus einem allerweisesten Menschen, aus einem Doktor, gar ein unverständiger Phantast worden, indem er sich hat eingebildet, er könne den allsehenden Augen Gottes entgehen, wie er sich in dem Paradies verborgen hat. Adam ist so arm worden, daß er und sein Weib nicht einen Fetzen haben, womit sie sich hätten können bedecken, bis sich endlich Gott ihrer erbarmt,[57] und sie grab schlechthin, wie sie es nicht besser verdient, bekleidet hat. Adam ist um alles kommen, ist verdorben wie die Kürbisblätter Jonä etc. Aber wo? aber wie? Frag nicht lang, das Comedit hat die Comoedi gemacht, weil Adam im Garten gessen, darum ist er so hart niedergesessen.

Viel seynd, bei denen es hergeht, wie es dem König Pharao getraumt, der hat im Schlaf gesehen bei einem Fluß sieben schöne ganz fette Rindstuck, die hätte kein übels Aug sollen anschauen, alle Metzger und Fleischhacker hätten sich darum sollen reißen; aber bald darauf hat er gesehen sieben andere, die waren zaundürr, an denen nichts als Haut und Bein zu sehen. Etliche Leut, meistens in vornehmen Städten, seynd Anfangs so wohl und gut gestanden, bei so trefflichen Mitteln gewest, und nachmals seynd sie in Armuth gerathen, vorhero eine faiste Wirthschaft, nachgehends eine zaundürre Unterhaltung gehabt.

Wie Herzog Friedrich IV., Herr in Tyrol, die Städt in Helvetien verloren, als die in ihrer eignen Freiheit gar zu fest erwarmet, sich niemand andern mehr wollten untergeben, also hat er bei dem übelgesinnten Volk den Namen bekommen: Friedrich mit der leeren Tasche. Da ihm einst dieß zu Ohren kommen, hat er, zu Trotz der Mißgönner, das Dächel zu Inspruck lassen vergolden, wobei zweihundert tausend Dukaten seynd aufgangen, ja nach seinem Tod hat man eine Million baarer Münz gefunden. Diesem Fürsten hat man unrecht solchen Schimpfnamen gegeben. Aber in mancher Stadt gibt es viel Ferdinand mit der leeren Tasche, viel Peter mit der leeren [58] Tasche, viel Paul mit der leeren Tasche, viel Andereä mit der leeren Tasche, viel Jakob mit der leeren Tasche etc. Viel gibts, bei denen die Wirthschaft wurmstichig worden, wie das Manna bei den Hebräern, bei denen das Geld verschmolzen, wie das Gold des israelitischen Kalbs, bei denen die Mittel verschwunden, wie die Glorie auf dem Berg Tabor. Mit einem Wort, sie seynd halt Leut mit der leeren Tasche, haben nicht mehr so viel, womit sie Weib und Kinder mögen unterhalten. Woher kommt es? woher? das Essen im Garten hat den Adam um das Seinige gebracht, die viefaltigen Mahlzeiten, das stete Tractiren, die so häufigen Fressereien in den Gärten haben schon manchen an Bettelstab gebracht, ein Burger, ein Handwerksmann, ein Handelsmann, der nicht Sonn- und Feiertag, sondern auch öfter in der Woche zur Sommerszeit die Gärten heimsucht, und in denselben mit der nassen Gesellschaft steif läßt aufgehen, wie kann es anders seyn, als daß nicht der Vogel Hab- ich hinweg fliege, und folgsam aus einem Fortunat ein Fort du Narr wird, welches dann mehrmal einen Anlaß gibt, daß oft Weib und Kinder in Verzweiflung gerathen.

In Aquitania hat ein Weib das unmäßige Leben und tägliche Schwärmen ihres Manns in eine so starke Melancholei gestürzt. Als ihr allerlei verzweifelte Gedanken eingefallen, forderst, weil sie gesehen und wahrgenommen, daß keine Lebensmittel mehr vorhanden, ja sogar der Hausrath um den Weinwechsel verschleudert werde; das muß ein Hals seyn, wo auch Stuhl und Sessel durchrinnen. In solchem trüben[59] Wasser wollte der böse Feind fischen, wie er dann besagter armer Haut in Gestalt eines reichen und sehr vermöglichen Herrn erschienen, mit dem Vortrag, daß er ihr wolle bestermassen an die Hand gehen, dafern sie ihm nur wolle folgen. Sie, die arme Tröpfin, begehrt hierüber einige Zeit, sich recht zu bedenken. Der verdammte Schalk kam das andermal wieder, führet sie aus der Stadt hinaus: und gibt ihr den Rath und Einschlag, sie solle mit ihm davon reiten, er wolle sie nach Begnügen unterhalten. Das stattlich gesattelte Pferd war allbereits vorhanden; das Weib thut solches abschlagen, und hat es darum geweigert, es möchte das so starke Reiten der Frucht, womit sie dazumal schwanger gangen, sehr schädlich fallen. Der Teufel, so bei den Melancholischen meistens seinen Gewinn suchet, hat ihr ferners anerboten, weil ihr doch das Reiten nicht wohlgefällig noch anständig, ob sie dann nicht zu Schiff mit ihm wollte fahren? welches sie dann alsobald zugesagt, auch den geraden Weg genommen zu dem Wasser, allwo schon das Schiff mit allen zugehörigen Sachen vor Augen gestanden, wie sie in solches bereits wollte einsteigen, da war augenblicklich alles verschwunden, massen es nur eine teuflische Verblendung gewesen, und ist sie bis an den Hals im Wasser gestanden, wäre auch unfehlbar zu Grund gangen, wofern nicht eine unweit davon gestandene Dienstmagd ihr zu Hülfe kommen wäre.

Dergleichen Begebenheiten weiß ich auch einige zu Wien, allwo das verthunliche Leben, das übermäßige Schlemmen des Manns in allen Winkeln, und [60] forderist in den Gärten ein und anders Weib in solche Verzweiflung gestürzt hat, daß sie ihr selbst den Tod angethan, mit Nehmung eines Gifts und auch auf andere Weis' etc. Dem Aman ist der Garten höchst schädlich gewesen, worin Aßverus spazieren gangen. Dem David ist der Garten sehr unglückhaftig gewesen, indem er die Bethsaba ergafft. Dem Jeroboam ist der Garten sehr nachtheilig gewesen, in welchem er die Götzenbilder aufgericht. O was Unkraut wachset oft im Garten!

Im Garten, ist Gar Gar oft nichts anders als Fluchen, Greinen, Raufen, Schlagen etc. Bruder, willst mitgehen? sagt einst der Kain; meinethalben, antwortet der Abel, ich bin wohl zufrieden. Der Abel geht mit dem Kain, der Kain mit dem Abel, beede leibliche Brüder, und zwar die ersten Brüder auf der Erde, beede leibliche Söhne des Adams und der Eva, und zwar die ersten Söhne auf Erden. Wer sollt sich haben eingebildet, daß bei diesen Zweien nicht sollte das Eins seyn. Kaum daß sie an den verlangten Ort kommen, da ergriff der boshafte Kain seinen Vorthel, und schlägt den unschuldigen Bruder Abel zu todt, welches Blut dann, wie billig, von der Erde hat Rach geschrien über die grausame Mordthat. Wo ist aber alles dieß geschehen? wo? im Garten, sagt der alexandrinische Lehrer Cyrillus, lib. 1. Glaph. Der Kain habe auf dem Feld einen gar schönen Garten gehabt, in demselben allerlei schöne Blumen, dazu er den Abel eingeladen, und kann wohl seyn, wie sich der Abel um eine Blume gebuckt, daß ihm hinterwärts der Kain mit einem Tremmel [61] zum Kopf geschlagen. Im Garten ist dieses Uebel geschehen.

Die größten Naufhändel und schädlichsten Zwietrachten entstehen oft in Gärten, und kommen daselbst oft die besten Brüder einander in die Haar, und zwar meistens wegen des Spielens. Lucä am 17. Kapitel wird registrirt, was gestalten einmal unser lieber Herr und Heiland zu einem Flecken hinein gangen, da seynd ihm zehn aussätzige Männer begegnet, die von fern stunden, und ihre Stimm erhoben: Jesu, lieber Meister, erbarme dich unser; als der Herr sie sah, sprach er: gehet hin, und zeiget euch dem Priester, und es begab sich, da sie hingingen, wurden sie alle rein. Einer aber aus ihnen, da er sah, daß er gereiniget war, kehrte wieder zurück, und lobte Gott mit lauter Stimm, und er fiel bei den Füßen des Herrn nieder, und danket ihm, dieser war ein Samariter. Jesus aber antwortete und sprach: Seynd dann ihrer nicht zehn gereiniget worden? wo seynd dann die Neune? Keiner ist gefunden, der wiederkehrte, und Gott die Ehr gab, dann dieser Fremdling. Das seynd nun grobe Gesellen gewest, neun unmanierliche Schliffel, neun ungehobelte Gispel, neun schlechte Limmel, neun unsittliche Knöpf, neun vergessene Maulaffen, neun ungebärdige Schlampen, neun unerzogene Knollfinke, neun ungeschaffene Schlenkel, welche Gott die Ehr nicht haben geben.

Hin und her in dem Garten trifft man ebenfalls Neun an, bei denen Gott gar keine Ehr hat, neun Gesellen und nicht ein Lob Gottes; neun Kerl und nicht ein gutes Werk. Diese Neun sind die nenn [62] Kegel (hätte sie bald anderst genannt), mit denen manche Spielluder den ganzen Tag in dem Garten verzehren. Bei diesen Neun findet man so gar selten eine Ehr Gottes, wohl öfter aber eine Unehr, massen dabei das Fluchen und Schwören, und folgends darauf das Raufen und Schlagen meistentheils sich finden läßt. Ich bin vor vielen Jahren einmal außer der Stadt Wien spazieren gangen, hierdurch ein wenig eine frische Luft zu schöpfen, und als ich bei einem großen Garten vorbei meinen Weg genommen, da hab ich ein erschreckliches Schelten und Gottslästern wahrgenommen. Ich glaubte Anfangs, es wäre eine Disputation de Sacramentis in communi in diesem Garten, wie ich aber durch die Blanke den Augenschein genommen, da hat sich die Sach weit anders gezeigt, indem beede ganz grimmig einander angefallen, ein jeder anstatt des Gewehrs einen Kegel gebraucht, womit sie dergestalten einander gegrüßt, daß die Tippel am Kopf wie fast junge Scherhaufen aufgefahren; ein zeitiges Obst hab ich dermalen im ganzen Garten nicht gesehen, außer diese hölzerne Ohrfeigen und etliche blaue Zwespen um die Nachbarschaft ihrer Nasen. Dieß war meinerseits noch wohl zu verschmerzen, allermassen mir von diesem Schlagbalsam nichts zu Theil worden. Aber das allzu freche Schwören und Fluchen hat mir das Herz durchdrungen, in Bedenkung, wie hoch dadurch die göttliche Majestät beleidiget werde, und was großer Schaden es der Welt zufüge.

Jener rechte Schächer, so mit dem Weltheiland, zwar begangener eignen Missethaten halber, auf dem[63] Berg Kalvariä an das Kreuz geheftet worden, wie er vernommen und in seine Ohren gehört, daß sein Mitkamerad etliche gotteslästerische Wort ausgesprengt, gedachte bei sich selbst, daß er nicht könne solches verantworten bei Gott, und solgsam kein Kind der Seligkeit werden, wann er nicht seinen Mitgespan von solcher Unthat sollte abmahnen, und ihm seine verübte Frechheit verweisen. Die Wort des Evangelisten lauten also: Einer aber von den Uebelthätern, die aufgehenkt waren, lästerte ihn etc. Der andere aber strafet ihn, und sprach: Du fürchtest auch Gott nicht, der du doch in gleicher Verdammnuß bist! Und wir zwar seynd billig darinnen, dann wir empfangen, was unsere Thaten verdient haben. Mit was Gewissen kann dann ein solcher Wirth und Hausherr, der mit Gärten und Spielplätzen seinem Gewinn suchet, zulassen und zuhören, wann einer und anderer in so entsetzliche Gotteslästerung ausbricht? er schuldig, bei Vermeidung der göttlichen Ungnaden solche vermessene Gesellen möglichst abzumahnen, oder gar aus dem Haus oder Garten zu schaffen.

Mich wundert, daß dergleichen gewinnsüchtige Leut so wegen eines zeitlichen Interesse's alles Uebel zulassen und gestatten, daß Gottes Ehr und Glorie und seiner heiligsten Sakramente Werth und Kraft so sehr verschimpft werde. Mich wundert abermal, daß sie nicht betrachten, daß hierdurch ihre Wirth- und Habschaft mehr geschmälert werde, als daß sie in ein Wachsthum und Aufnehmen komme; dann ein einiger böser und lasterhafter Mensch kann oft einem ganzen Haus den Segen nehmen.

[64] Gott der Herr hat seinem auserwählten Kriegsfürsten Josue versprochen, daß er ihm wolle seine Waffen bestens siegreich machen, wie dann erstgedachter Kriegsfürst solches hauptsächlich erfahren bei der Stadt Jericho, allwo durch sonderliche göttliche Beihülf die starke, dicke, feste Mauer von freien Stucken selbst zu Boden gefallen, und er, ohne Verlust eines einigen Manns, die Stadt und Inwohner überwunden. Wie er aber nachgehends mit seiner Macht vor das kleine Städtel Hay geruckt, welches kaum mit einer ziegeldicken Mauer umgeben war, und fast mit Schneeballen oder Schlüsselbüchsen hätte können bemächtiget werden, da hat der Josue nicht allein diesen so schlechten Lumpenort nicht bekommen, sondern ist mit samt den Seinigen noch spöttlich in die Flucht gejagt worden. Es konnte sich dessen aus allen niemand genug verwundern, warum sie dasmal das Glück verlassen? warum sie dasmal auf hochdeutsch eine Sau aufgehebt? Josue fallt auf seine Knie nieder, ersucht Gott mit weinenden Augen um die Ursach dieses Unsterns; vernimmt endlich von dem Höchsten, daß ein einiger schlimmer Schelm die ganze Ursach sey dieses Uebels, einer aus der ganzen Armee, benanntlich der Achan, welcher wider das göttliche Verbot zu Jericho einige Leut habe niedergemacht. Gedenke jemand, ein gottloser Mensch hat so viel tausend ins Unglück gestürzt. Betrachte jemand, ein lasterhafter Judas hat gemacht, daß schier bei einem Haar das ganze Schiffel samt den Aposteln wäre zu Grund gangen. Siehe jemand, ein Jonas hat verursacht, daß ein Wetter und Ungestüm [65] schier alle im Schiff hätte zu Grund gericht. Einer! Einer.

Und also ist es gar nichts neues, wann ein Wirth oder Hausherr nur einen in seinem Haus, Garten oder Wohnung leidet, der da gottlos und forderist ein Gotteslästerer ist; nichts neues ist es, daß der Segen vom Haus weiche, das Unglück einziehe, die Wirthschaft den Krebsgang nehme, der Beutel wurmstichig werde, und auch das zeitliche Wohlergehen allerseits die Schwindsucht bekomme.

Wann das schwarze und trübe Gewölk den Himmel überzieht bei nächtlicher Weil, wann Sturmwind und Ungewitter die Wolken unter einander treiben, wann Blitze und Donner sich häufig sehen und hören lassen, da wird man wenig Stern am Himmel abnehmen. Also, wann in einem Haus nichts als Fluchen, Schwören, Gotteslästern, ja stetes Donnern und Hageln zu allen Worten gesetzt wird, so wird man wenig Glück und Stern erfahren. Robertus, König in Frankreich, hat einst mit gebogenen Knien, mit aufgehebten Händen ganz eiferig bei Gott dem Herrn angehalten um einen lieben und gewünschten Frieden in seinem Land; dem aber Christus der Herr sichtbarlich erschienen, und ihm, dem König Roberto, angedeut, daß in seinem Reich kein Friede zu hoffen sey, bis er neben anderen Sünden forderist das Gotteslästern ausrotte. Weder Fried, weder Glück, noch Segen, weder Nutzen noch Fortgang, weder Heil noch Wohlfahrt, weder etwas anders Gutes, was Namen es immer haben kann, wird bei demjenigen seyn, der das Fluchen und Gotteslästern zuläßt; dessentwegen [66] seyen gewarnet alle diejenigen, welche allerlei unnütze Bursch, absonderlich die Spieler in ihren Gärten aufhalten, bei denen das Gotteslästern fast niemalen ausbleibt.

Ungeacht daß in dem Garten viel Uebels mit dem Iscarioth gestiftet wird, unangesehen, daß in dem Paradeisgarten die böse Schlange allda ihr erstes Gift hat ausgossen, so soll man diese nicht gänzlich verwerfen, als die da dem Menschen zu einer nutzlichen und zuläßigen Ergötzlichkeit dienen, zumalen auch bekannt ist, daß Gott der Allmächtige selbst im Garten spazieren gangen, laut göttlicher heil. Schrift, dann wie Adam gesündiget, und wider den Willen des Allerhöchsten gehandlet, da ist Gott im Paradeis in kühler Luft spazieren gangen. Greg. Nazianzenus, ein großer heiliger Lehrer, hatte gar einen schönen Lustgarten, und darin einen annehmlichen Quellbrunnen, samt einem schattenreichen Wäldel, worinnen er zuweilen pflegte zu spazieren, und eine frische Luft zu schöpfen; als ihm solches etliche nasenwitzige Gesellen vorgeworfen, und fast ein Aergernuß hierüber genommen, in Erachtung, daß er in so großem Ruhm und Ruf der Heiligkeit sey, so gab er ihnen folgende kurze Antwort: »Quid? an ne respirare quidem, Christianis licet? Was meint ihr? soll dann ein Christ nicht auch ein wenig verschnaufen dürfen?« Es ist kein Tempel, der nicht einmal Kirchweih hat; es ist keine Woche, die nicht einmal Feierabend hat; es ist keine Musik, die nicht einige Pausen hat; es ist kein Acker, der nicht einmal ein Brach feiert; es ist kein Feldstuck, das man nicht [67] abkühlen läßt; es ist keine Zitter noch Laute, wo man nicht die Saiten nachlasset; hat doch unser lieber Herr selbsten, weil er matt und müd gewesen, sich bei dem Brunnen niedergesetzt, daselbst einige Rast und Ruhe genommen, sogar von der Samaritanin einen frischen Trunk begehret, sich damit ein wenig zu ergötzen.

Sehr viel Wundersachen haben sich ereignet bei dem herrlichen Eintritt Christi nach Jerusalem, welcher geschehen ist den 20. Martii, an einem Sonntag; erstlich ist ihm eine unglaubliche Menge der Leut, gegen eine halbe Stund lang, entgegen gangen, so alle mit unglaublichen Freuden ihn empfangen, worunter sehr viel kleine Knaben, welche den Weg mit Palm-und Oelzweigen bestreuet, und soll, nach Aussag Menochii, ein Baum, wovon sie dergleichen Zweige abgebrochen, auch nach der Zerstörung Jerusalems über hundert Jahr unversehrt geblieben, sogar läßt sich Gott von den Bäumen nichts umsonst thun. Mehr hat die Eselin, worauf der Heiland gesessen und geritten, ihre Fußstapfen sogar in die harten Felsen, Marmor und Kieselsteine eingedruckt. Madavil. cap. 8. Item, wie der Herr abgestiegen und in den Tempel eingetreten, da hat sich die Porte des Tempels, die von lauter Cypreßholz gemacht war, von freien Stücken selbst eröffnet. Villamont. Sect. 2. Item, so haben sogar die unmündigen Kinder, so etwan erst etliche Wochen alt, durch ein Wunderwerk angefangen zu reden, und überlaut aufgeschrien: »Benedictus qui venit, Gebenedeit ist, der da kommt in dem Namen des Herrn etc.,« worauf der Prophet schon längst gezielet hat: Ex ore infantium [68] et lactantium perfecisti laudem tuam. Neben vielen anderen schreibt der Evangelist, daß unser Herr ihm durch die Apostel habe zuführen lassen eine Eselin samt dem Füllen, und ist der meisten Lehrer Aussag, daß er auf beiden sey geritten, das ist, auf einem, und nachmals auf dem andern, aber warum dieß? indem der Weg von Bethania gar nicht weit von Jerusalem, also hätt ihn die Eselin gar leicht alleinig können tragen; freilich wohl, aber der Herr hatte ein Mitleiden mit dem armen Thier, und darum hat er es wollen verschnaufen lassen, und nicht zu stark übertreiben.

Wann nun unser menschliche Leib nach Aussag des heil. Pachomii und des seraphischen Francisci nichts anders ist, als ein Esel, der sich zu dem Dienst Gottes brauchen läßt, so ist auch billig, daß wir denselben zuweilen lassen verschnaufen, ist recht, ja nothwendig, daß wir ihm auch einige Rast und zuläßige Ergötzlichkeit vergönnen, legt sich doch zuweilen ein Hund nieder, und strecket alle Viere von sich, nachdem er eine Weil mit und vor seinem Herrn gelaufen, damit er nachgehends den übrigen Weg noch vollbringen möge; pflegt man doch einen Wagen, so bergauf gezogen wird, von hinterhalb mit einem großen Stein oder Prügel zu arrestiren und aufzuhalten, bis unterdessen die Pferd oder Ochsen verschnaufen. Warum soll sich der Mensch, dessen Leib von keinem Marmor oder Eisen, nicht auch einige Rast vergönnen, zumalen Gott selbsten, nachdem er die Welt und alles in der Welt aus nichts erschaffen, sich einen Rasttag gemacht hat, vermög der heil. Schrift, die da sagt, [69] und er ruhete am siebenten Tag von allem Werk, das Gott erschaffen hat.

Weil eine größe Theuerung eingefallen, also mußte nothwendiger Weis' der Isaak in ein anders Land gehen, wie er sich nach Gerara zu dem Abimelech begeben, weil aber seine Frau, die Rebekka, ein inniglich schönes Weibsbild war, also hat er solche für seine Schwester ausgeben, aus Furcht, wann er selbe sollt für sein Weib halten, daß nicht etwan ein oder der andere saubere Gesell daselbst ihm möchte den Rest geben, damit sie hernachmals er bekommen könnte; was ist doch für ein Elend mit einem Weib, ist sie schändlich, wüst und ungestalt, so möcht einem selbst davor grausen ob einem solchen Schmierkübel; ist sie schön und wohlgestalt, so ist er vor denen Accessisten nicht sicher. Indem sich nun Isaak eine Zeit lang zu Gerara hat aufgehalten, da hat der Abimelech zum Fenster hinaus geschaut, und wahrgenommen, daß der Isaak mit seiner Rebekka ganz freundlich gescherzet.

Lyranus schöpfet aus dieser Geschicht eine sittliche Lehr, und spricht: daß durch den Isaak der Geist oder die Seel, durch die Rebekka aber caro, das Fleisch, oder der Leib könne verstanden werden, weil diese beede zusammen gehören, benanntlich Leib und Seel, weil sie, wie Isaak und Rebekka mit einander hausen müssen, so gehet es schon hin, ja es geschieht recht und wohl, wann zuweilen der Geist dem Leib, gleichwie Isaak der Rebekka, auch schön thut, und ihn in etwas liebkoset, welches da geschieht durch eine zuläßige Ergötzlichkeit.

Wie die Apostel auf eine Zeit zu unserm Herrn [70] von ihren Verrichtungen wieder seynd zuruck kommen, und alles umständlich erzählet, was sie Gutes geschafft haben, da hat sie unser lieber Herr an einen einsamen Ort, wo alles schön grün und annehmlich war, geführet, und ihnen anbei befohlen, sie sollen eine Weil ruhen, pausiren, verschnaufen und sich erquicken: »Venite seorsum et requiescite pusillum.« Allzubekannt ist jene Geschicht mit dem heil. Evangelisten Joanne, welcher sich eine ziemliche Zeit in der Wüste und Einöde aufgehalten, und daselbst allerlei wunderbarliche Offenbarungen von Gott gehabt; zu diesem ist auf eine Zeit ein Edelmann kommen, welcher sich in dem dicken Gehölz wegen des Wildpräts vergangen, und als dieser bei seiner Ankunft wahrgenommen, daß gleich dazumalen dieser Eremit mit einem Rebhündel gescherzt, dasselbe etlichemal über den Rucken gestrichen, und allerlei Gespäß mit dem Thierl gehabt, also konnte er sich dessen nicht genugsam verwundern, fragt endlich den einsamen Waldbruder, wer er sey? und als er vernommen, daß er der Joannes, so kam ihm solches noch seltsamer vor; ich, sagte er, habe allezeit vermeint, Joannes sey ein eingefleischter Engel, sey eine pur lautere Heiligkeit, sey ein Abriß vom Himmel selbst, aber jetzt finde ich, daß er ein Mensch sey, gleich mir und andern, jetzt sehe ich, daß er nicht allezeit bete, betrachte, lese und verzuckt sey, sondern auch mit einem Gespäß die Zeit vertreibe; worauf Joannes, die gute Domination, den nasenwitzigen Junker befragt, was er auf dem Rucken trage? er antwortet einen Bogen; was er damit mache? er sagt, daß er ihn brauche zum Wildprät schießen; [71] warum er solchen nicht allezeit gespannet habe? bei Leib nicht, sprach er, er würde mir gar zu schwach, und folgsam untauglich, also muß ich ihn zuweilen nachlassen; gut, sagt der heilige Mann, gar recht, wiederholte der heilige Joannes, auf solche Art ist auch der Mensch genaturt und beschaffen, wann er allzeit und ohne Unterlaß sollt arbeiten, beten, betrachten, lesen, schreiben etc., so würde der aus Leim zusammen gepappte Leib so schwach, daß er inskünftige untüchtig, würde zu allen Sachen, also ist vonnöthen, daß man demselben auch einige Ergötzlichkeit vergönne, ihm zuweilen einen zuläßigen Gespäß nicht versage, und zu seiner Zeit in etwas verschnaufen lasse.

Unter andern aber ehrlichen Ergötzlichkeiten ist fast die beste und bequemste der Spaziergang in einem Garten, allwo man mitten unter den Grillen kann die Grillen vertreiben; mein heiliger Vater Augustinus nennet solche Unterhaltung in der Grüne Innocentes delectationes, in dem 40. Psalm, unschuldige und schuldige Belustigungen; so lang unschuldig, wie lang bei den Rosen keine groben Knöpf sich einfinden; so lang unschuldig, wie lang hinter den Spalieren keine Spolierer anzutreffen seyn; so lang unschuldig, wie lang die Blumenbettel zu keinem Mittel werden; so lang unschuldig, wie lang bei den Nußstauden kein Aergernuß geschieht; so lang unschuldig, wie lang der Calabri ohne Rabenvieh ist; so lang unschuldig, wie lang die Grotten ohne freche Krotten bleiben; so lang unschuldig, wie lang die Lusthäuser keine Lasterhäuser werden; so lang unschuldig, so lang die Stauden ohne Stucken sind; so lang unschuldig, wie lang der Garten [72] kein Irrgarten wird. Innocentes delectationes, solche unschuldige Erlustigungen können geschehen in dem schönen Garten zu Salzburg, in dem schönen Gatten zu Feldsburg, in dem schönen Garten zu Olmütz, in dem schönen Garten zu Berlin, in dem schönen Garten zu Dresden, in dem schönen Garten zu Darmstadt, in dem schönen Garten zu Pozau, in dem schönen Garten zu Durlach, in dem schönen Garten zu Weimar, in dem schönen Garten zu Schlackenwerth, in dem schönen Garten zu Eichstädt, zu Baireuth etc., absonderlich in so vielen schönen Gärten um die herrliche Wien Stadt; in allen diesen ist eine ehrliche Ergötzlichkeit, eine manierliche Zeitvertreibung, eine wohlgebärdige Unterhaltung zuläßig und erlaubt, wann man nur nicht darin Gott beleidiget, wie Judas in dem Garten.

Judas hat bei der Tafel des Herrn einen groben Bengelium abgeben
Judas Iscarioth hat bei der Tafel des Herrn, wo die andern Apostel als so liebe und werthe Gäst gessen, einen groben und ungeschickten Bengelium abgeben.

Abigail, eine aus den wackersten Weibern im alten Testament, als sie den begangenen Fehler ihres Manns des Nabals verbessert, und die von ihm gemachten Scharten wiederum ausgeschliffen, den David wieder mit ihrer guten Manier besänftiget, den vorher [73] ihr Mann, als ein grober Knopf ziemlich in Harnisch gebracht, die Abigail hat im Angesicht und Gegenwart des Davids ihren Mann einen Narren genennet: »secundum nomen stultus est.« Wann sie ihn zugleich hätt einen groben Bengel geheißen, so hätt sie ihm gar nicht Unrecht gethan; David war so höflich gegen ihn, und der Gesell war so flegelantisch gegen den David. Die ganze heilige Schrift beschreibet keinen so groben Limmel, als diesen Nabal etc. Aber ich finde, daß Judas Iscarioth um etliche Pfund gröber gewest, absonderlich wie unser lieber Herr bei der Tafel gesessen, wo er bald hernach das höchste Altargeheimnuß hat eingesetzt; dazumalen waren die anderen Apostel so modest und höflich, daß sie aus den Schüsseln gessen, so vor ihnen gestanden; unser lieber Herr aber hatte eine besondere Schüssel und Speis vor seiner, in welche Ehrbarkeit halber keiner aus den anwesenden Aposteln hat griffen, außer der Judas. Dieser ehrvergessene und gewissenlose Gesell war anbei so grob und unverschämt, daß er das Brod in die Schüssel des Herrn eingedunkt: »Qui mittit manum in paropside.« Deßgleichen ist er so grob und ungeschliffen gewest, daß er auch nach dem Essen das gewöhnliche Gebet nicht verricht, sondern nur das Maul gewischt und davon gangen. Der Evangelist schreibt, daß die Juden im Garten mit Schwertern und Stangen haben den Herrn angetast cum gladiis et fustibus; es ist aber ein Bengel auch dabei gewest, ja der Bengel ist vor den Stangen daher gangen, benanntlich der Iscarioth. Judas hat viel grobe Brüder bei der Tafel.

[74] Hans Peter, mit dem Zunamen Borg, sonst ein Kaufmann, der mit Holzwaar handelt, vulgo Schlegel, hat diese sträfliche Unmanier und häßliche Gewohnheit an sich, daß er allemal pflegt zum Essen zu gehen, ohne vorhergehendes Tischgebet, welches fürwahr einem Christen sehr übel anständig, zumalen Türken und Heiden, bevor sie zur Tafel sitzen, ihr gewisses Gebet verrichten. Diesen Gesellen kenn ich, du auch, und er auch, lies nur den Zunamen Borg zurück, so heißt es Grob. Es ist gewiß die erste Grobheit, so man bei der Tafel begehet, wann das Gebet ausgelassen wird.

Jacquerius Kap. 8. erzählt von der Zusammenkunft der Hexen, wie dann in seiner Gegenwart sehr viel haben ausgesagt, wann sie der böse Feind tractirt, und ihnen eine Freitafel hält, bei der er gemeiniglich verblendete Speisen aufsetzt, und mehrmalen von einer Rabengefletten und Schinderplatz seine Trachten hernimmt, so müssen sie doch allemal vor und nach der Tafel ihr Gebet verrichten, welches zwar nicht bestehet in einem Lob Gottes, sondern vielmehr in Preisung und Verehrung ihres Liebsten des leidigen Satans. Wann nun solches der verdammte Lucifer von seinen Gästen erfordert, die er doch überaus schlimm traktirt, wie viel mehr gebühret es sich, daß wir unsere Händ aufheben zu Gott, und ihn eifrigst bitten um die tägliche Nahrung, ihn bitten, daß er uns dasjenige, was auf die Tafel getragen wird, wolle dergestalten segnen und benedeien, damit es uns zur Gesundheit und Leibsnahrung gedeihen möge.

Der heilige Chrysostomus, dieser große Lehrer,[75] nachdem er viel heilsames gehandlet hat von dem Tischgebet,. Hom. 2. de ann., setzt endlich diese Wort hinzu: »Ubi Precatio et gratiarum actio, eo Sancti Spiritus advenit gratia, et abiguntur daemones etc.« Wo man vor und nach dem Essen pflegt fleißig zu beten, dort findet sich die Gnad des heil. Geistes ein, und werden die bösen Feind vertrieben. Gewiß ist es, daß mehrmal die bösen Feind oft ganz unsichtbar, mehrmal aber in Gestalt der kleinen Mucken und Fliegen auf die Speisen und Schüsseln sitzen, und in allweg suchen, dem Menschen zu schaden, wie dann dergleichen Geschichten in der Menge beizubringen wären, da etliche in einer Speis, andere in einem Trunk den lebhaften bösen Feind haben in sich genommen.

Der heiligmäßige Mann Thomas Kempensis erzählet selbst, daß zu Kampen ein Weib mit einem großen Krug sey auf den Markt gangen, und daselbst für sich und die ihrigen eine Milch einkauft; wie sie nun unterwegs nach Haus ein Durst ankommen, so hat sie sich niedergesetzt, des Willens, einen guten Trunk zu thun; als sie aber zuvor das heilige Kreuzzeichen darüber gemacht, da ist augenblicklich dem Krug mit großem Krachen der Boden ausgebrochen, dergestalten, daß alle Milch auf die Erde gefallen, woraus man augenscheinlich konnte muthmaßen und wahrnehmen, daß sie gar gewiß, dafern das Kreuzzeichen wäre ausgelassen worden, hätte den bösen Feind hinein getrunken. Gesetzt aber, daß nicht allemal der verdammte Böswicht, zumalen es öfter die göttliche Gütigkeit verbietet, durch die Speis und Trank in den Menschen [76] einfährt, so pflegt er doch meistens die Speisen also zu verungesunden, daß sie gar oft den Menschen zu Leib und Seel schädlich fallen. Thom. 3. part. Serm. ad. nov. Serm. Allem solchen Uebel vorzukehren, ist nichts rathsamers, als das heilige Gebet vor dem Tisch, abiguntur daemones, kraft dessen solche Feind vertrieben, und all dero Macht vernichtet wird.

In Malleo Malefic. P. 2. C. 3. ist zu lesen, daß eines sehr reichen und wohlhabenden Mannes sein Weib eine Hex gewest, welche öfters bei nächtlicher Weil auf der Teufelspost zu ihrem Tummelplatz und Zusammenkunft gefahren; nachdem solches der Mann merklich wahrgenommen, und ihr ernsthaft gedrohet, daß er sie wolle bei gehörigem Gericht andeuten, wofern sie ihn nicht wolle mit sich führen; dem sie es auch, jedoch mit Erlaubniß ihres schwarzen Gespons, willfährig zugesagt, auch gleich den andern Tag das schöne Fuhrwerk angestellt; als nun der Mann an gedachten Ort angelangt, und gleich zu der stattlichen Tafel als ein fremder Gast gesetzt worden, da hat ihm zwar die Menge der Trachten nicht übel gefallen, allein es dunkten ihm die Speisen meistentheils gar abgeschmackt zu seyn, begehrte demnach öfter ein Salz, und ob es zwar dießfalls ziemlich langsam hergangen, so ist doch endlich eines aufgesetzt worden, worin er alsobald mit dem Messer gegriffen, und zugleich gesagt, Gott sey Lob, weil nur einmal ein Salz vorhanden; kaum daß er diese kurzen Wort ausgeredt, da ist alsobald alles verschwunden, und er nackend und bloß auf einem ausgedorrten Hügel gesessen; als er nachmals einige Hirten daselbst gefragt, an [77] was für einem Ort er sey? bekam er die Antwort, daß unweit davon die Stadt Benevent in dem Königreich Neapel entlegen, und folgsam hundert welsche Meilen von seinem Vaterland etc.; diese schlimme Her hat nachgehends den verdienten Lohn empfangen.

Wann dann der böse und höllische Feind sogar die drei kurzen Wörtel: »Gott sey Lob!« nicht hat können gedulden, sondern sich derenthalben in die Flucht begeben, wie viel weniger hat er Statt und Platz bei der Tafel, wo man eines und anderes schöne Tischgebet verricht, wo Vater und Mutter, wo Söhn und Töchter, wo Diener und Ehehalten mit aufgehebten Händen um den Tisch stehen, und um den göttlichen Segen mit lauter und heller Stimm bitten, da muß freilich des bösen Feindes Gewalt alle zu Wasser werden, da spendirt der Himmel von oben herab eben denjenigen Segen, den er geben hat über den Tisch des Abrahams, wie er die drei Fremdlinge gastiret. Eben denjenigen Segen, den er geben hat über das Koch, mit dem der Habakuk den Daniel in der Löwengrube gespeist hat; eben denjenigen Segen, den er mitgetheilet hat dem Elisäo, wie er seine Freund auf dem Acker mit Schlachtung zweier Mastochsen traktirt hat; eben denjenigen Segen, den er geschickt hat über die fünf Gerstenbrod und zween Fische, womit der Herr Jesus fünf tausend Männer gesättiget, da heißt es eigentlich: Geseng Gott, Deus benedicat conducat.

Majolus erzählet eine gar artliche Geschicht: einer mit Namen Joannes Nollens, seines Stands ein vermöglicher Bauer, aber dem steten Schlemmen [78] und Luderleben also ergeben, daß bereits seine Hauswirthschaft einen merklichen Schaden gelitten, nachdem solcher auf eine Zeit etliche Tag mit den nassen Burschen im Wirthshause zugebracht, und ziemlich berauscht nach Haus kommen, da wollt er, unangesehen es schon spät in der Nacht, noch kurzum zu essen haben, welches dann ihm das ungeduldige Weib, mehrers Uebel zu vermeiden, nicht abgeschlagen; als nun das Essen auf dem Tisch gestanden, da wollt er in allweg, es soll Weib und Kinder zu ihm sitzen, welches sie aber ihm gänzlich geweigert mit Beisetzung etlicher Schmälwort, daß er mit seinem unmäßigen Leben alles das Seinige anwehre und verzehre; wollt ihr nicht, sagt er weiter, mit mir zu Nacht essen, so kommen dann so viel Teufel, als euer allhier in der Stube seyn, und nehmen mit mir das Nachtmahl ein; kaum war das ausgeredt, so seynd alsobalb sieben höllische Larven und abscheuliche böse Feind bei dem Tich gestarden, welche mit feurigen Augen den berauschten Weinschlauch angeschaut, über welches er dann fast halb todt und ganz redlos worden; nachdem er sich wieder in etwas erholt, so fragt er ganz beherzhaft, was sie hier zu thun haben? er bekommt die Antwort, daß sie von ihm zu dem Nachtmahl geladen seyen; wohlan sagt er weiter, wann ihr doch Lust habt zu essen, so wascht aufs wenigst ihr groben Flegel die Händ, als die voller Wust und Unflath seynd; diese kommen dem alsobald nach, und setzten sich folgsam zum Tisch, und wollten allbereits in die Schüssel greifen; holla, schreit der Bauer, ihr ungeschliffenen Tölpel, wißt ihr dann nicht, daß man zuvor soll das Vater unser beten, [79] welches unser Herr Jesus Christus hat eingestellt.; unterdessen hat das Weib, so dem ganzen Spektakul gegenwärtig, inniglich zu Gott gerufen, daß er ihr Haus doch möcht von diesen Gästen frei machen; der Bauer begehrte mehrmal und öfter, sie sollen, wann sie ja wollen Vorlieb nehmen, das Vater unser beten, welches der Herr Jesus vorgeschrieben, oder sie sollen sich zum Haus hinaus keien, worüber dann diese verdammten Geister, um weilen der Name Jesus und das Tischgebet ihnen so oft zu Ohren kommen, gänzlich verschwunden, außer einem, der sich hinter den Ofen retirirt, den aber der Bauer ohne einige Furcht ganz trotzig angeredet, wie daß er ihn nicht geladen habe, daß er soll hinter den Ofen hocken, sondern er soll sich zum Tisch setzen, aber vorher, wie es in seinem Haus gebräuchlich, auch das Tischgebet verrichten; weil er aber hierüber keine Antwort konnt erhalten, also stund der Bauer auf, ergreift die Kunkel seines Weibs, und schlägt auf den Teufel zu, über welches er dann auch verschwunden, aber einen unleidentlichen Gestank hinterlassen, daß Mann und Weib eine Zeit lang derentwegen eine große Krankheit mußten ausstehen.

Aus allem diesem ist unschwer abzunehmen, wie abhold der böse Feind dem Gebet sey, welches die sterblichen und menschlichen Adamskinder vor dem Essen pflegen zu verrichten. Neben diesem schreibt ferners obangezogener heil. Chrysostomus: Convivium quod a praecatione cepta in praecationem desinit, nunquam deficit, sed quovis fonte uberius nobis omnia afferet bona, wann man [80] das Essen mit dem Gebet anfangt, und mit dem Gebet endet, so wird man sehen, daß uns Gott seinen Gegen augenscheinlich werde mittheilen; man wird spüren, daß das Treid auf dem Kasten, der Wein im Keller, das Schmalz in der Tesse, das Salz im Küffel, das Brod in der Schublade, und benanntlich alle anderen Lebensmittel werden länger dauern und bleiben. So muß dann derjenige wohl ein grober Knopf seyn, der unsern lieben Herrn nicht vor dem Essen bittet, der uns so freigebig mit Speis uns Trank versieht.

Hans Morgensau mit dem Zunamen, ein Leinweber zu Büffelshausen, hat einen ziemlichen Vorrath von allerhand Leinwand, aber lauter grobe, dieser hat eine spöttliche Manier an sich, daß er beim Tisch allzeit der erste in der Schüssel, und nicht kann ersättiget werden. Diesen Schlenken kennen wir alle, und ihr alle, und sie alle, er heißt Hans Gras Sus, und dieß die andere Grobheit, Grassities, die man bei der Tafel begehen kann. Wunder über Wunder hat Gott der Allmächtige gewirket mit dem Volk Israel, wie er dasselbe von der harten Dienstbarkeit des egyptischen Königs Pharaonis gezogen; Wunder über Wunder! wie dann beim Tag allezeit als eine schattenreiche Wolke ober ihnen thäte schweben, damit sie nicht zu viel von der übermäßigen Sonnenhitz möchten leiden, bei der Nacht aber wie eine feurige Wolke voran gangen, und nicht anderst, als ein Diener, als ein Lakei mit einer Torschen oder Fackel voran geleuchtet.

Wunder über Wunder! indem durch sondere göttliche [81] Hülf ganze vierzig Jahr dem gesamten Volk nicht ein Faden an den Kleidern zerrissen; sie brauchten vierzig ganze Jahr keinen Schneider, vierzig ganze Jahr keinen Schuster, vierzig ganze Jahr keinen Weber, vierzig ganze Jahr keinen Kürschner, vierzig ganze Jahr keine Näherin, vierzig ganze Jahr keine Wäscherin, denn alles blieb schön, sauber, ganz, also daß der Haderlumper bei ihnen keine Waaren zu kaufen hätte, ja sogar die Kleider sind mit den Kindern gewachsen.

Wunder über Wunder! wie Moses mit seiner so viel wirkenden Ruthe aus dem harten Felsen einen so frischen Geseng Gott heraus gelockt, consequente eos Petra, und ist solcher Felsen stets mit ihnen gemarschiret, daß, wo sie seynd an einen Ort kommen, sie allezeit mit einem frischen Trunk versehen gewest.

Wunder über Wunder! wie ihnen Gott auf ihr muthwilliges Begehren eine solche Menge der Wachkeln geschickt, daß unangesehen deren drei Million, das ist dreißigmal hundert tausend Menschen gewest, und so ein jeder alle Tag vier und vierzig Wachteln hätte verzehrt, gleichwohl einen ganzen Monat hätte kleckt.

Wunder über Wunder! wie sie nachgehends verschuldtermaßen der gerechte Gott mit so vielen Schlangen geplagt, und sie von dero Bissen dergestalten erhitzt worden, daß sie vor Durst mußten sterben; sobald aber Moses von Metall oder Erz eine Schlang gießen lassen, und selbige erhöht, so dazumal schon war eine Figur und Vorbildung des gekreuzigten Jesus, so seynd alle Menschen durch das bloße Anschauen besagter Schlange wieder gesund worden.

[82] Unter anderem Wunder dazumal in der Wüste war nicht das geringste das so häufige und wohlgeschmacke Manna oder Himmelbrod, mit dem sie Gott von oben herab gespeist, und sie solches alle Tag, den Samstag ausgenommen, in der Frühe mußten sammeln, und gar wunderlich ist dieß, daß etliche gefräßige Gesellen so viel gesammlet, daß sie glaubten, es sey mehr als ein Strich oder Landmetzen, etliche aber so wenig, daß sie vermeinten, es sey kaum ein halbes Pfund; wann es aber zum Messen kommen, so haben sie nicht ohne Verwunderung gefunden, daß einer so viel habe, als der andere, ein jeder das Maß, benanntlich Gomor, bei diesem Maß mußten sie bleiben; Gott hat ihnen gern vergönnt das Essen, hat es ihnen von Herzen gesegnet, aber das Manna mußte genossen werden mit einer Manier, mit einem Maß, nicht mit einer Unmäßigkeit.

Essen gehet hin, aber nicht also schlicken wie der Wallfisch, so den Jonas auf einen Brocken zu sich genommen; trinken gehet hin, aber man muß nicht werden, wie dazumal der Himmel gewest, als Gott denselben dem Abraham gezeigt: »Numera Stellas etc.; siehe hinauf gen Himmel, und zähle die Stern, wo du kannst,« Gen. c. 15., dazumal war der Himmel sternvoll. Essen gehet hin, aber nicht wie jene dürren Rinder in dem Traum Pharaonis, so sieben fette Ochsen auf einmal verzehrt haben. Trinken gehet hin, nicht aber wie jene Bedienten bei der Hochzeit zu Cana in Galliläa, welche die Krüg also angefüllt, usque ad Summum, daß nicht ein Tropfen mehr hinein gangen. Essen gehet hin, aber nicht wie [83] die Israeliter, welche ihre Wanderbündel in Egypten also angefüllt und angeschoppt, daß sie solche kaum konnten zubinden. Trinken gehet hin, aber nicht wie jene Soldat des Kriegsfürsten Gedeonis, so sich gar auf die Wampen niedergelegt, und aus dem Fluß getrunken. Essen gehet hin, aber nicht wie jene Schiffmacher zu Salzburg, so von frühe an bis auf die Nacht allezeit schoppen, und darum die Schopper genennet werden. Trinken gehet hin, aber nicht wie ein Mühlrad, so den ganzen Tag will naß haben. Essen gehet hin, aber nicht wie jenes wilde Thier, von dem Jonstonus schreibet, welches sich zwischen zweien engen Bäumen durchzwängt, und also den Unflath von sich treibt, damit es wieder einen leeren Bauch zum Fressen gewinne. Essen und Trinken gehet hin, aber alles mit Manier, mit Maß, mit Maß, mit Manier.

Wie unser lieber Herr die Apostel ausgesandt hat, das hl. Evangelium zu predigen, du hat er ihnen unterschiedliche Regeln und Weis' vorgeschrieben, wie sie sich sollen halten; unter andern gab er auch diese Lehr: wann ihr in ein Haus hinein gehet, und thut wahrnehmen, daß ihr angenehm und willkommen seyd, so esset, was man euch aufsetzt: »manducate, quae opponuntur vobis etc.« Er hat ihnen nicht vorgeschrieben, daß sie lauter Kraut, Erbes oder Linsen sollen essen, sondern was man euch aufsetzt, wie es meinen Jüngern, Aposteln und Nachfolgern wohl anstehet, wanns auch gute Schnappbissen sollen seyn; esset wie es meinen lieben Dienern wohl anstehet, ich vergönne euchs, aber mit Manier, mit einem Maß,[84] was die Nothdurft erfordert, was euch gesund und gedeihlich ist.

Eine Grobheit ist es, wann einer so viel Speis in Bauch nimmt, als das trojanische Pferd Speis Bauch gehabt; eine Grobheit ist es, wann einem das Maul so schmutzig, wie das Wammes eines Flecksieders; eine Grobheit ist es, wann einer Magen halber kann ein Magister genennt werden; eine Grobheit ist es, wann einem das Maul beschaffen, wie eine Marketenderkuchel; eine Grobheit ist es, wann einer beede Backen zuricht, daß sie zween Schmeerlaib gleich sehen; eine Grobheit ist gewest, wie jener einen ganzen kälbernen Schlegel auf seinen Teller heraus genommen; und wie ihm nachmals solcher durch seine ungeschickte Weis' unter den Tisch gefallen, so hat einer aus den Gästen aufgeschrien, man soll Acht haben, damit die Hund nicht darüber kommen, worauf dieser Vengelius alsobald geantwortet, es. sey derentwegen seine Gefahr, dann er trete schon mit dem Fuß darauf. Eine Grobheit ist gewest, als man eine Butter auf die Tafel getragen, und der Meister gar manierlich etwas davon geschnitten, welchem der Gesell gleich nachgefolget, und auf der andern Seite, weil er ihm entgegen gesessen, auch eine Portion hinweggenommen; der Meister aber ermahnte ihn, er soll auf der Seite abschneiden, wo er abgeschnitten; es ist nicht vonnöthen, sagte der Gesell, wir wollen ohnedas schon zusammen kommen etc., er wollt halt die Butter gar verzehren. Eine Grobheit ist es, wann man in die Schüsseln und Speisen fällt, wie die lasterhaften Hebräer Christum den Herrn haben im Garten [85] angefallen, wo ohne alle Ehr und Manier einer da der andere dort mit Gewalt angegriffen.

Michael, mit dem Zunamen der Dauerhafte, seiner Profession nach ein Gaukler, hat die Art an sich, daß er mehrentheils seine Kunst beim Essen und Trinken probirt, forderist aber zieht er allerlei Sachen aus dem Maul heraus, bald speit der wilde Dieb eine Scheer, bald etliche Ellen Bändel, bald etliche hundert Spennadeln und Glufen, bald einen Brocken Pech, pfui etc. Ich weiß, wer dieser ist, Dauerhaft will so viel sagen, als grob. Durch die Scheer verstehe ich ehrabschneiderische Wörter; durch die Bändel allerlei Verknüpfung; durch die Spennadeln oder Glufen allerlei Stichwörter; durch das Pech allerlei Zotten und wüste Reden. Dergleichen Sachen aus dem Maul geben ist die dritte Grobheit bei der Tafel.

Bei der Tafel und einer ehrlichen Mahlzeit das Fleisch transchiren, gehet noch hin, aber zugleich auch die Leut, wie es nur gar oft geschieht, das ist Gott höchst mißfällig. Samson hat unweit der Stadt Tamatha nächst an einem Weingarten einen Löwen angetroffen, welchen er ganz beherzhaft, obschon aller Wehr und Waffen entblößt, alsobald angefallen, und ihm gleich einem jungen Kitzel oder Gaisböckel den Hals umgerieben; wie er nachmals denselben Weg wieder zurück genommen, da fand er einen Bienenschwarm in dem Mund des Löwen, und zugleich ziemlich viel Honig, wovon er etwas gekost, einen Theil seinen Eltern mitgebracht, seiner Liebsten wird er nicht vergessen haben, denn die Weiber schlecken ohnedas gern was süßes. Als hernach Samson bei einer Mahlzeit, [86] die ihm sein Vater zurichten lassen, sich eingefunden, wobei auch dreißig Philistäer gesessen, so hat er diesen ein Räthsel aufgegeben, mit dem Geding, daß, wenn sie ihm solches innerhalb etlichen Tagen werden auflösen, so wolle er ihnen dreißig Kleider spendiren, wo nicht, so hoffe er solche von ihnen zu bekommen. Gut, man ist zufrieden: das Räthsel war dieses: »De comedente exivit cibus etc., von dem Essenden ist eine Speis ausgangen, und eine Süßigkeit ist ausgangen von dem Starken.« Sie konnten das gar nicht fassen, nicht merken, nicht verstehen, daß von einem Essenden könne eine Speis ausgehen. Samson aber verstund hierdurch dasjenige, wie er nemlich in den Mund des todten Löwens ein Honig gefunden.

Das ist gar nichts Neues, das erfährt man alle Tag, wenig Mahlzeiten seynd anzutreffen, wo nicht von den Essenden und Trinkenden eine Speis aus dem Mund gehet, de comedentibus exit cibus. Aber was für eine Speis? Bratwürst? nein; Bafessen? nein; Kraut? nein; ein Brätel? nein; Speckknödel? nein; Küchel oder Krapfen? nein; Fisch oder Fleisch? nein; Nudel oder Sterz? das gar nicht. Was dann? Es wirds hart einer errathen: de comedentibus exit cibus etc. Ich sage es endlich, und sage die Wahrheit: exit cibus. Wo man ißt und trinkt, da gehen gemeiniglich Fleck aus dem Mund; Fleck, ja Fleck. O wie manchem thut man bei der Tafel die Ehr abschneiden, und hängt ihm einen Schandflecken an. Keine Kuttelfleck, sondern Schandfleck kommen aus solchen Mäulern.

Bei dem Evangelisten Marko am 7. Kapitel [87] seynd diese Wort zu lesen: Als er abermal aus den Gränzen Tyri ging, kam er durch Sidon an das galliläische Meer, mitten in die Gränzen der zehn Städt; und sie führten einen zu ihm, der taub und stumm war, und baten ihn, daß er die Hand auf ihn legte, und er nahm ihn von dem Volk besonders, und legt ihm seine Finger in seine Ohren, und er speiet aus, und berührte seine Zunge, und er sah hinauf gegen Himmel, seufzte, und sprach zu ihm: Ephphata, das ist: thue dich auf; und alsobald wurden seine Ohren aufgethan, und das Band seiner Zunge wurde los.

Das war ein großes Mirakul, ein herrliches Wunderwerk, eine stattliche That von unserm lieben Herrn. Und ob er ihnen schon verboten, sie sollten dieses niemand sagen, aber je mehr er es ihnen verboten, je mehr haben sie es ausgebreit, und allenthalben kundbar gemacht. Der Teufel will meistens ein Aff seyn des Allerhöchsten, und ihm alles nachthun, absonderlich erstgedachtes Mirakul. Wenig Tafeln und Mahlzeiten werden anzutreffen seyn, wo nicht der böse Feind öfter das Wort Ephphata wiederholet, das ist so viel, als thue dich auf. Wenig Tische seynd zu finden, wo er nicht auch die Banden der Zungen losmacht, aber gott-los, ehr-los, gewissen-los. Wenig Gastereien wird man zählen, wo man nicht allein das Fleisch, sondern auch die Leut thut transchiren; Gambletes, ein König der Lydier, hat sein Weib umgebracht, und dieselbe in einer Nacht völlig gessen und aufgezehrt. Obschon dermalem solche Zeiten seyn, wo ein Mensch den andern nicht pflegt für eine Speis zu genießen; aber bei Traktamenten und [88] Mahlzeiten wird es selten ablaufen, daß nicht einer dem andern unter die Zähn kommet. Es ist ein Kraut, das heißt man Ochsenzungen, das ist gut und heilsam; es ist ein anders Kraut, das man heißt Hirschzungen, das ist gut und heilt die Wunden; aber Menschenzungen machen Wunden, und absonderlich beim Essen. In einer jeden Waag findet sich in der Mitte eine Zung, diese aber wird niemalen dorthin wenden, wo das wenigere und leichtere Gewicht ist. Menschenzungen seynd viel änderst genaturt und beschaffen, gemeiniglich werden sie einen angreifen, bei dem etwan ein Abgang und kleiner Mangel ist, diese müssen schon bei der Tafel leiden und herhalten; und glaubt man schon, das Essen sey nicht geschmack, wo man nicht abgeschmackt von andern reden thut.

Nicht weniger ist es auch eine Grobheit, wann man bei der Tafel mit groben und ärgerlichen Worten und Zotten hervorbricht. Wild war die Mahlzeit des verlornen Sohns, und ich hätte von ihm gewiß kein Bescheidessen verlangt, wie er mit den Schweinen ist in die Kost gangen. Aber eine Tafel oder ein Gastmahl ist nicht weniger sauisch, wo man so unflätige und aller Ehrbarkeit zuwidergesetzte Reden auf die Bahn bringt. In dem Haus Simeonis Leprosi war eine Mahlzeit, wobei auch unser lieber Herr erschienen; zu dieser Mahlzeit hat Maria Magdalena eine so kostbare und wohlriechende Salbe gebracht, daß hievon das ganze Haus einen wunderschönen Geruch bekommen. Aber bei manchem Essen bringt man so beschmierte Sachen vor, daß das ganze Zimmer [89] davon stinkt, und nicht selten der zarten Jugend einen Anlaß gibt zu allem Uebel und bösen Anmuthungen.

Es seynd auch alle Stich- und Schmachreden bei einer ehrlichen Tafel auf das möglichste zu meiden, aus dem mehrentheils viel Zank und Zwietracht zu entstehen pfleget. Marci am 4. Kapitel stehet geschrieben, daß ein guter Hauswirth sey auf seine Felder hinaus gangen, zu säen, und indem er säet, fiel ein Theil auf den Weg, da kamen die Vögel des Himmels und fraßen denselben. Wann die Vögel des Himmels so großen Schaden thun, was werden wohl die Galgenvögel und Erzvögel thun? Ein anderer Theil fiel auf einen steinigten und felsigten Grund, da es wenig Erde hatte, und darum ist es bald verdorret, kaum daß es aufgangen. Der dritte Theil des guten Saamens fiel unter die Dörner, diese erstickten denselben. Die Stichwörter, so etliche beim Essen und Trinken im Brauch haben, seynd natürlich wie die stechenden Dörner, so auch viel Unheil verursachen, und manchen, der ehrsam ist, nicht ein wenig beleidigen. An den stechenden Dörnern haben viele keine Rosen getragen. Man sagt sonst, der Stich blutet nicht; aber man weiß doch, daß mehrmalen dergleichen Stichwörter die Schwerter entblößt haben, und viel Blut vergossen.

Ich weiß mich selbsten zu entsinnen, daß bei einer Tafel, allwo mehr ehrliche Gäst waren, einer seinem Nächsten eines zugebracht, und ihn zugleich bei der Hand genommen; weil aber dieselbe ihn etwas hart und grob gedunket, also sagte er: Bruder, du hast so grobe Händ wie ein Drescher; worauf der [90] andere geschwind zur Antwort gab: ja freilich, bin ich jetzt ein Drescher, denn ich halte den Flegel nun wirklich bei der Hand; und weil er den Gesellen zugleich bei der Hand gehalten, also vermerkte derselbe wohl, daß solches Bauernprädikat ihn angangen, dahero bald in solche Wortwechslung und Zwietracht gerathen, daß beide nicht ohne blutige Köpf nach Haus gangen. Solchen aber, die ihre Zunge zu einem Schwert machen, und einen und den andern damit verwunden, soll man sagen, was da gesagt unser Herr und Heiland dem Petro, wie er den Malchum zwischen die Ohren gehaut: »Converte gladium tuum in locum suum. Steck das Schwert an seinen Ort!«

Christoph Wacker, Veit Limmel und Barthlme Ziegel sitzen an einer Tafel beim Essen, aber es ist einer so grob und benglisch wie der andere. Christoph Wacker, ist wohl nicht wie ein Acker, dann dieser ist gleichwohl dankbar, wann ihm der Bauersmann ein Körnel Treid spendirt, so bezahlt er solches mehr als dreißigfältig wieder. Veit Limmel ist wohl nicht wie der Himmel, dann solcher rechtschaffen dankbar ist, so er etwan einige Dämpf und Feuchtigkeiten von der Erde bekommt, so erwiedert er es mit einem fruchtbaren Regen. Barthlmä Ziegel ist wohl nicht wie ein Spiegel, dann dieser gar manierlich dankbar, so man ihm etwas präsentirt, so gibt er's wieder zurück. Diese drei ungebärdigen Schliffel werden wohl öfter zur Tafel gehen, und sich nach Genügen ersättigen, aber sie stehen allemal auf ohne einige Danksagung oder Gebet, nicht ungleich den Schweinen, denen [91] jemand die Eicheln von dem Baum schüttelt, sie aber immerfort fressen und naschen, und doch nicht einmal in die Höhe schauen, woher ihnen dieses so werthe Confekt komme. O wie schändlich und ungeformt stehet es, wann man gleich nach dem Tisch nur das Maul wischt, und nicht einmal dankbar ist um die liebe Gottesgab. Bei gar vielen Edelleuten hab ich wahrgenommen, daß zu End der Tafel nichts anders im Brauch, als diese Wort: »Hebts auf, die Karten her etc.« Der saubere Pamphilius gelangt weit ehender zur Audienz, als das gebührende Deo Gratias.

Der tarsensische Prediger Paulus schreibt in der neunten Epistel zu den Hebräern, wie daß alles gesamte Volk Israel stets einen guldenen Bundskasten oder Arche mit sich geführt, worinnen die Tafeln der zehen Gebot, die Wunderruthe Aaronis, und das Manna oder Himmelbrod in einem guldenen Geschirr aufbehalten worden. Das Manna aber derenthalben, um weilen selbiges sie vierzig Jahr in der Wüste genossen, damit sie allzeit sollen der göttlichen Majestät danken, so ihnen dieses Himmelbrod so freigebig gespendiret hat; zumalen seinen göttlichen Augen höchstens mißfällt, wann man um das tägliche Brod und Nahrung nicht schuldigen Dank sagt. Hat uns doch dießfalls der Heiland selbst mit seinem Exempel eine Lehr geben, als welcher nach dem Essen und letzten Abendmahl mit Singen und Beten seinem himmlischen Vater gedankt, dahingegen der grobe und unverschämte Iscarioth nur das Maul gewischt, und ohne Gebet von der Tafel gangen. Hymno dico etc.

[92] Nachdem Jakob die wunderbarliche Leiter gen Himmel gesehen, und zugleich unterschiedliche göttliche Geheimnisse, da hat er sich derenthalben gegen den Höchsten demüthigst bedankt; und weil er sah, daß er noch einen weiten Weg nach Haus habe, also hat er sich in den Schutz des allerhöchsten Gottes bestermassen befohlen, und anbei sich also verlauten lassen: so Gott wird mit mir seyn, und mich behüten auf dem Weg, darauf ich wandle, und mir geben Brod zu essen, und Kleider anzuziehen, alsdann, o mein Gott, will ich dir von allem, was du mir geben wirst, den Zehenten opfern.

Jakob wollte nicht undankbar seyn Gott dem Herrn um das Brod und tägliche Nahrung. Ist doch eine Henne dankbar, und schaut nach einem Tropfen Wasser, den sie trinkt, gegen Himmel hinauf. Ist doch eine Lerche dankbar, und wird allemal vor und nach dem Essen sich empor schwingen, und mit ihrem annehmlichen Feldflettel Gott den Herrn benedeien und loben; und soll dann der Mensch, welcher alle Tag so häufige Gutthaten von oben herab erhält, den der vorsichtigste Gott täglich mit Speis und Trank versieht, so undankbar können seyn, und das Deo Gratias und höchstschuldige Vergelts Gott vergessen?

Jener heiligmäßige Kapuziner Bernhardinus Astensis hat es sattsam erwiesen, wie man nach dem Tisch beten solle; als er einsmal auf der Reis' bei einem Wirth die Einkehr genommen, und um ein Nachtmal gebeten, da hat ihn der Wirth sehr wohl und gut traktirt, aber nachmals die Zech ziemlich hoch gespannt, und kurzum die Bezahlung verlangt. Bernardinus[93] schützt immerzu seine Armuth vor, wie daß weder er noch sein Gespan einiges Geld habe. Weil aber der Wirth sich mit der Ausrede nicht begnügen lassen wollte, also sagte der fromme Mann: der Wirth solle und wolle nicht so seltsam seyn, indem er allbereits sey bezahlt worden, schreibt alsdann auf ein kleines Zettelein das kurze Gebetlein, so bei allen Geistlichen nach der Tafel pflegt gesprochen zu werden: »Retribuere dignate Domine omnibus nobis bona facientibus propter Nomen Sanctum tuum, vitam aeternam, Amen, o Herr! gib allen denen, so uns etwas Guts thun, wegen deines heil. Namens das ewige Leben, Amen.« Befiehlt hierauf, dieses Zettelein auf die Waagschale zu legen, auf die andere aber so viel Geld, als er für die Mahlzeit fordert; der Wirth folgt endlich diesem nach, vermerkt aber, daß das kleine Papierlein das Geld weit überwiege, legt demnach auf weiteres Schaffen des gottseligen Manns mehr Geld, siehet aber, daß solches kurze Tischgebetlein allemal im Gewicht schwerer sey; er erkennt anbei die Allmacht Gottes und Kraft des Gebets, fällt dem Diener Gottes zu Füßen, und verspricht zugleich, daß er hin füran keinem Gast mehr wolle die Zech machen, noch weniger etwas von ihm verlangen, welcher nach dem Tisch abangeregtes Gebetlein verrichten werde.

Daniel in der Löwengrube hat durch den Propheten Habakuk ein Koch bekommen. Ich kann mir's leicht einbilden, daß es kein Eierkoch sey gewesen, kein Milchkoch sey gewesen, kein Weinkoch sey gewesen, kein Mandelkoch sey gewesen, kein Koch von einem[94] weißen Weizenmehl; wohl aber ein gemeines Koch, etwan ein harter sperer Haberbrei, wie die gemeinen Bauersleut in Schwaben pflegen zu essen, oder etwan gar wie ein Pumpernickel aus Westphalen; gewiß ist es, daß es eine gemeine Speis für die Schnitter war, und gleichwohl wie dem Daniel von Gott diese Speis, unangesehen er ein edler Jüngling und vom königlichen Geblüt herstammend gewest; gleichwohl um dieses schlechte Bauerntraktament hat Daniel die Augen gen Himmel gewendet, und dem allmächtigen Gott Dank gesagt: »Recordatus est enim mei Deus.«

Wann wir oft alle Schleckerbissen der Welt postweis in den Magen werfen, und ganze Schüßlen von calecutischem Confekt ausleeren, denn die deutschen Speisen gehören nur für eine Bauernhochzeit. Jetzt müssen die Kapuziner mit Pistätzen und Piscoten gefüttert werden. Die Sardellen müssen im spanischen Wein gebeizt werden, die Materien zu Torten müssen aus den canarischen Inseln genommen werden, wo der Zuckerkandel anstatt der Eiszapfen von Dächern hängt. Wann wir die Luft, die Erd und das Wasser wegen ihrer Inwohner zur Freßkontribution gezwungen haben, und den Magen nicht anderst angefüllt, als wie ein Materialistengewölb, so stehen etliche gleichwohl von der Tafel auf ohne Danksagung, ja anstatt derselben ranzen sich etliche wie die Weber, wenn sie die Leinwand ausmessen. Bei etlichen gibt der Magen gar ein Bauern-Echo, den man durch zwei Zimmer hört, und ist kaum einer, bei dem der Vergelts Gott auf der Zunge Platz hat.

O was großer Unterschied ist nun zwischen den [95] jetzigen und vergangenen Zeiten; vor diesem, schreibt der heil. Chrysostomus, haben die Eremiten und Mönche in der Einöde, nachdem sie ihr Essen vollbracht, ein langes Gebet und Danksagen verricht, indem doch ihr ganzes Traktament in nichts anders bestanden, als in einem trocknen schwarzen Brod und Krügel Wasser; dermalen schoppen sich etliche an, daß auch fast eisene Reif vonnöthen wären, die Wampe zu halten, und gleichwohl ist nichts dürrer und ungeschmalzner, als das Deo Gratias. Mich wundert nicht, wann Gott seine so freigebige Hand thäte zurück ziehen, und solchen undankbaren Leuten das Brod schmälern.

Judas der Lastermensch ist selbst schuldig an seiner Verdammnuß
Judas der Lastermensch ist selbst schuldig an seiner ewigen Verdammnuß.

Schwere Sachen leicht machen, das kann ich nicht. Der heil. Apostel Thomas hat in Indien, etliche Meil von der Hauptstadt Meliapor, nächst an dem Meerport, einen großmächtigen Baum mit seiner Gürtel gezogen, als wie ein geringes Nestel, den sonst viel Leut, sogar auch etliche Elephanten, nicht konnten bewegen.

Schwere Sachen leicht machen, das kann ich nicht. Der große eisene Sarg, worin der heil. Leib [96] des heil. Apostels Matthäi gelegen, ist von Fulviano in Gegenwart des gesamten Volks in das Meer versenkt worden, aber alsobald wie ein geringes Holz wieder in die Höhe geschwommen.

Schwere Sachen leicht machen, das kann ich nicht. Etliche gefangene Christen in einem verbrennten türkischen Schiff wollten sich gern mit Schwimmen salviren, weil aber ihre Ketten und Eisen etliche Zentner schwer, so haben sie sich nicht getraut; nachdem sie sich aber dem heil. Kajetano befohlen, und also voller Zuversicht in das Wasser gesprungen, da ist alles Eisen federgering worden, und ober dem Wasser geschwommen.

Schwere Sachen leicht machen, das kann ich nicht. Was ist aber schwerer, als da schreiben und reden von der Prädestination oder ewigen Vorwahl der Auserwählten, von der Präscienz oder ewigen Vorwahl der Verdammten, von der Gnad, die Gott nach seinem Wohlgefallen unter die Menschen austheilet; schwer seynd alle diese Ding zu reden, schwer zu schreiben, schwer zu fassen, und hat sie noch keine Hochschule für leicht erkennet, und ist es ein so hartes Brod, daß es der Tausendste nicht beißen kann; will demnach ganz rathsam alle subtile und tiefsinnige Materie umgehen, dem Calvino die rostigen Brillen von der Nase ziehen, und zeigen, daß der verruchte Judas sein ewiges Unglück keinem anderen, als sich und seinem freien Willen habe zuzuschreiben.

Ich weiß eine Dama so schön, so schön, dergleichen ihr und ich, ich und ihr unser Lebenlang nicht gesehen haben, noch sehen werden. Die göttliche heil. [97] Schrift bezeugt wahr, daß dem Job, nachdem ihm Gott wiederum aufgeholfen, seynd drei Töchter geboren, dergleichen schöne Weiber im ganzen Land nicht gefunden worden. Das muß ich glauben, und will's auch glauben, aber erstgedachte Dama ist unbeschreiblich schöner. Helena hat so schöne Haar gehabt, daß sich vor ihnen die geflochtenen Goldfäden geschämt haben; aber diese seynd nur gegen der meinigen wie ein zerrütteter Schüppel-Hanf, woraus der Seiler einen groben Glockenstrick macht. Kleopatra hat ein so schönes Hirn oder Gestirn gehabt, daß sich der weiße Alabaster vor einen rauhen Duftstein hätt sollen verkaufen lassen; aber dieses Gestirn gegen der meinigen ist wie ein alter Ueberzug über eine zwei hundert jährige Regimentstrommel. Lucretia hat so schöne Augen gehabt, daß sie auch mit dem Diamant gestritten, aber gegen der meinigen seynd sie wie gläserne Knöpf in dem Wammes eines Pfannenflickers. Penelope hat eine so schöne wohlgeformte Nase gehabt, daß sie auch der beste Künstler Praxiteles nicht konnte besser gestalten; aber gegen der meinigen ist sie ein von grobem Fließpapier gedrehtes Starnitzel, welches ein jeder Pfefferkrämer ohne Zirkel machen kann. Zenobia hat so schöne Wangen gehabt, daß auch der Schnee nicht so weiß, wenn er auch siebenmal sollt ins Bad gehen, auch der Purpur in das zarte Fell also eingemenget, als thät die Aurora durch einen weißen Schleier heraus schauen; aber gegen der meinigen nicht viel besser, als ein Fürtuch eines schmutzigen Flecksieders. Thargelia hat so schöne Lefzen gehabt, als wären sie des kostbaren Rubins nächste[98] Blutsverwandte; aber gegen der meinigen seynd sie wie ein Flosch eines vor drei Tagen abgestandenen Karpfen. Panthea hat so schöne Zähn gehabt, als hätten die feinsten orientalischen Perlen dazu kontribuirt; aber gegen der meinigen seynd sie solche Wölferl, womit ein alter Postklepper schon siebenzig Malter Haber zerkiefelt. In Summa, aller Weiber Schönheit der ganzen Welt ist nur eine grobe Schattirung gegen der Schönheit meiner edlen schönen Dama.

Und was das mehrste und höchstens zu verwundern, so ist diese hoch- und wohlgeborne Dama nicht allein nicht stolz, sondern so demüthig und freundlich, daß sie einen jeden grüßt, einem jeden die Hand bietet, auch dem geringsten Bettler, auch einem muffenden Stallknecht, auch einem rußigen Kohlenbrenner, auch einem krätzigen Spitaler, allen thut sie schön, alle ladet sie zu sich, und muß wohl ein grober und büffelsichtiger Mensch seyn, der ihr nicht auch die Hand gibt. Diese wunderschöne Dama heißt Gratia Divina, Ihr Gnaden, das ist, die Gnad Gottes, welche allen Menschen und Adamskindern schön thut, ihnen die Hand bietet, und begehret, in die Seligkeit zu ziehen; alle, alle insgemein verlangt sie selig zu machen, und der in Verlust gehet, der muß seinem eigenen freien Willen solches zuschreiben, sich selbst solches zuschreiben, nicht aber dieser edlen schönen Dama, als die ihm, gleich anderen, die schneeweißen Brätzel geboten, des Willens, ihn zur Glorie zu ziehen, nach der Lehr des heil. Pauli: »vult omnes homines salvos fieri.«

Gott ist wie die schöne goldene Sonn am Himmel,[99] welches königliche Gestirn und Oberhaupt aller Himmelslichter nicht allein ihre Strahlen wirft auf die prächtigen fürstlichen Palläst, sondern auch auf die verächtlichsten Bauernhütten; nicht allein beglänzt sie ein wunderschönes und wohlriechendes Blumenbettel, sondern auch s.v. einen schlechten Misthaufen; nicht allein spendirt sie ihr Licht denen hoch empor erhebten Bergen, sondern auch denen tief unterdrückten Thälern; nicht allein bescheint sie die so herrlich zugerichteten Lustgärten, sondern auch die wüst entlegene und rauhe Einöde; nicht allein schaut sie an mit ihrem strahlenden Angesicht die klar crystallenen Brunnquellen, sondern auch die sumpfigen Moräst und stinkenden Pfitzen. Also auch Ihr Gnaden, Gratia Divina, Gottes Gnad schauet alle Menschen und Adamskinder freundlich an, alle Sünder sowohl, als die Gerechten; alle Menschen, die Juden sowohl, als die Christen; alle Leut, die Heiden sowohl, als die Rechtgläubigen; sie bietet dem Edelmann die Hand in dem Saal, dem Soldaten im Feld, dem Kaufmann im Gewölb, dem Bauern auf dem Acker, dem Bettler vor der Thür etc., und begehrt alle zu sich zu ziehen, alle.

Gott nennet sich eine Feldblum, Ego flos campi. Cant. 2. Aber warum dieß? warum nicht vielmehr eine Gartenblum? beede zwar sind ehrliche Kinder der Erde, und genießen auf gleicher Portion die Gnaden der guldenen Sonne; aber es findet sich dennoch ein merklicher Unterschied zwischen ihnen, denn eine Gartenblum ist gleichwohl Wohnung halber eine Bürgerin, da unterdessen eine Feldblum ein gemeines[100] Geigewächs; eine Gartenblum wird mit sonderm Fleiß gezüglet, und endlich von einer zarten Hand eines edlen Frauenzimmers abgebrockt; eine Feldblum wird gar oft mit Füßen getreten, und muß endlich unter anderem Unkraut verfaulen; eine Gartenblum kommt so hoch, daß selbige auch eine schöne Dama in ihre aufgeputzten Haar steckt, und scheint, als wachsen Blumen aus diesem Grund, der zwar ziemlich faul und geil; eine Feldblum wird meistens von der Sichel einer kühsüchtigen Bauernmagd abgeschnitten, und kommt endlich unter das gemeine Viehfutter. Gleichwohl vergleicht sich Gott einer Feldblume, und nicht einer Gartenblume, ego flos campi etc., und zwar darum, Er, der allgütigste Gott, will nicht seyn wie eine Gartenblum, die allerseits eingeschränkt, und mit Zaun und Mauern umgeben, und derenthalben mehr dem Kauspatron oder wenigen andern zu Diensten, sondern Flos campi, er will seyn eine Feldblum, die insgemein allen Leuten zugehörig, die ein jeder, ein Edelmann und ein Bauer, ein jeder, ein Vornehmer und Gemeiner, ein jeder, ein Freund oder Feind, kann anschauen, kann abbrocken, und sich damit ergötzen.Flos horti clausus est, flos campi communis est, ita Christus communis est omnibus.

Ihr Gnaden, die schöne Dama, Gratia Divina, die Gnad Gottes, gehört nicht einem zu, sondern sie liebkoset jedermann, kein Verdammter in der Höll kann aussagen, daß er von dieser sey veracht worden; dem allerbarbarischsten Seyten, so am End des Erdbodens, oder aber in einer von allen andern Menschen unbewohnten Insul sich aufhält, dem wilden [101] Vieh nicht viel ungleich, diesem thut sie sich nicht weigern; sogar der größte Weltwust und unsers Erlösers abgesagter Feind, der Antechrist, wird von dieser Dama mit leiblichem Angesicht und freundlichen Blicken angeschaut werden: »Vult omnes homines salvos fieri, sie will halt, daß alle Menschen möchten selig werden.«

Zur rauhen Winterszeit, da die Sonn uns kaum mit einem Aug hat angeschaut, da der Himmel mit einem groben dicken Schleier das Angesicht verhüllt hat, da die Berg ihre Köpf mit weißen Fetzen hatten eingebunden, da die Bäume ganz nackend in größtem Frost gestanden, und vor Kälte gezittert, da die Felder völlig glatzköpfig mit dem häufigen Schnee bedeckt waren, da die Flüß und Wasser im harten Arrest gestanden, und noch nicht in Eisen, weniger in Eis geschlagen worden, da die meisten Vögel ohne Fede oder Passaport in andere Länder gewandert, da die armen Schäfel, obschon mit guten Pelzen versehen, die meiste Zeit müssen zu Haus hocken; zu einer solchen rauhen harten Winterszeit ist Gottes Sohn und der Weltheiland zu Bethlehem in einem Stall geboren, und kaum daß er geboren, da hat ihn Maria die Mutter als noch eine unversehrte Jungfrau in arme Windeln eingewicklet, und in die Krippe gelegt: »Et pannis eum involvit, et reclinavit eum in praesepio.« Das kommt mir in der Wahrheit schier ein wenig fremd vor, denn ich hätte glaubt, diese göttliche Kindelbetterin, indem sie forderist ohne einige Schmerzen geboren, hätte das guldene Kind in ihren Armen behalten, und ihm die Nacht hindurch tausend [102] und tausend Busserl versetzt, dasselbe mit ihren englischen Wangen und jungfräulichem Athem gewärmet oder wenigstens auf ihrem Schoos behalten, als daß sie selbiges auf das rauhe spießige Heu gelegt, wo es von keiner anderen Wärme, als von dem groben Kauchen des Ochsen und Esels in etwas erquicket worden. »Reclinavit eum in praesepio. «

Darum, darum, merkt es wohl insgesamte Adamskinder, darum ist's geschehen, damit Gott zeige, daß er allen zugehöre, daß er wegen aller Menschen Heil sey kommen; also hat der Himmel der übergebenedeiten Mutter befohlen, sie soll ihn nicht in ihren Schoos, sondern in die Krippe legen, welches war so viel gesagt, als, da habts ihn, dieser gehört euch allen zu, da könnt ihr Engel ihn anbeten, da kannst ihn Joseph verehren, da könnt ihr Könige aus Orient ihm die Pflicht ablegen, da könnt ihr Hirten ihn finden, ja sogar wollt er sich den zweien vernunftlosen Thieren, dem Ochs und Esel nicht weigern: Non solum hominum ditas et beatificas mensas, sed et foenum factus, jumentorum reples Praesepia, ut tam homines quam jumenta, tam spirituales quam animales suo quemque gradu et ordine salves.«

Ihr Gnaden die schöne Dama, Gratia Divina, ist dießfalls nicht partial, sie begehrt alle selig zu machen, sie grüßt alle, sie ruft alle, sie biet allen die Hand; Niemand ist zu Aufgang der Sonne, Niemand ist zu Untergang der Sonne, Niemand ist gegen Mittag, Niemand ist gegen Mitternacht, Niemand ist in der Welt, den sie nicht in Himmel [103] einladet, dem sie nicht die freundlichsten Augen zeigt, und es ganz treuherzig mit einem jeden Menschen vermeint; sie schaut keinen Stand an, keine Person an, kein Alter an, sie hilft einem jeden in Himmel, wenn er nur will.

Mein heil. Vater Augustinus thut sehr reif erwägen und sehr heilig betrachten jene Wort des heil. Pauli: »extra portam passus est,« warum unser Herr und Heiland hab wollen sterben außer der Stadt Jerusalem? weil doch alle Schlachtopfer im Tempel eine Figur und Vorbedeutung seynd gewest seines Leidens; warum hat er nicht wollen sterben im Tempel? weil man ihm doch hat schimpflich vorgeworfen, daß er ein Verführer des Volks sey; warum hat er nicht wollen sterben in Mitte der Stadt? weil er doch deren Hohepriester, ja der ganzen jüdischen Synagog und der gesamten hebräischen Klerisei ein Spieß in Augen gewest; warum hat er nicht wollen sterben auf dem vornehmsten Platz zu Jerusalem, allwo die meisten Wohnungen gewest der Priesterschaft? extra portam, er, der gebenedeite Seligmacher, wollt deßwegen nicht in der Stadt sterben, damit etwan die Welt sich nicht möchte einbilden, er sey für die Stadt und dero Inwohner allein gestorben, damit man nicht möcht gedenken, sein Blut sey nur für Jerusalem vergossen worden, darum hat er wollen sterben außer der Stadt, darum auf einem hohen Berg, damit männiglich sehe und wahrnehme, daß er für alle sterbe, alle erlöse, und folgsam alle verlange, selig zu machen. »Propterea enim extra Civitatem et [104] extra Muros, ut intelligas, quoniam communis est hostia pro genere humano oblata.«

Einige vornehme Contemplanten wollen behaupten, vermög der Wort des psalmischen Davids: »Operatus est salutem in medio terrae,« Ps. 73., als wäre das Kreuz, worauf der Heiland Jesus gestorben, sey gesteckt und aufgericht worden just an dem Ort, wo der Mittelpunkt des ganzen Erdbodens; als sollen die fünf heiligsten Wunden nichts anders seyn, als fünf reichfließende Fontanen, so den ganzen Erdenkreis übergießen, und alle Mackeln abwaschen; als sollen diese göttlichen Lampen oder Leuchter hangen in Mitte des großen Weltzimmers, damit alle Winkel davon erleucht werden. Ja sterben wollt er nicht durch die Hinabstürzung, wie ihn die Hebräer auf einen Berg geführt; sterben wollt er nicht durch die Steine, so die Nazarener haufenweis, einem groben Schauer nicht ungleich, über ihn wollten werfen, sondern sterben wollt er an dem Kreuz mit ausgespannten Armen, damit man sehe, daß er nicht einen oder den andern, sondern die ganze Welt wolle umfangen, und alle seines heiligsten Leidens theilhaftig machen; sterben wollte er mit dem Titel und Überschrift: »Jesus Nazarenus Rex Judaeorum, Jesus von Nazareth, König der Juden;« aber dieses in dreierlei Sprachen, benanntlich hebräisch, griechisch und lateinisch, unter welchen als Hauptsprachen alle andern der ganzen Welt begriffen seynd, hierdurch zu zeigen, daß sein Blut sey vergossen nicht für ein Volk allein, sondern für alle gesamte Menschen der Welt; alle, alle begehrt er, was an seiner Seite ist, alle, alle [105] selig zu machen. Gratia Divina, die göttliche Gnad thut nicht einem das Gesicht zeigen, dem andern den Rücken; Gratia Divina, die göttliche Gnad thut nicht einem die Speis reichen und läßt den andern Hunger sterben; Gratia Divina, die göttliche Gnad thut nicht einem den rechten Weg zeigen, und läßt den andern irrgehen, sondern gegen alle willfährig ist diese holdseligste Dama.

Um dreißig Silberling, o Schelm! um dreißig Silberling, o Dieb! um ein so Spottgeld verkaufest du das höchste Gut, o verruchter Judas! Was dieß für ein Geld gewest, seynd unterschiedliche Meinungen, wie ich schon anderwärtig davon Meldung gethan. Baronius glaubt, es seynd drei tausend Thaler gewesen, aber diesen hat Baradius genugsam überwiesen; Dionysius Karthusianus vermeint, es seynd sechzig Gulden gewest, der aber kann mit keiner rechten Prob aufkommen; Rupertus, St. Thomas von Aquin, Ribera samt andern seynd der Aussag, es sey in allem nicht mehr gewest, als drei romanische Scuta, welches so viel als sechs Gulden; und vermuthlich muß es gar wenig Geld seyn gewest, weil der lasterhafte Gesell nichts ausdrücklich begehrt, noch ihn, den Herrn Jesum, um so und so viel feil geboten; nicht hat er gesagt, hochwürdigste und gnädige Herren, wenn ihr mir in baarem Geld hundert Thaler oder hundert Kronen versprecht zu bezahlen, so will ich euch diesen Nazarener, diesen Zimmermannssohn, einhändigen, sondern er hat es ihrer Willkühr überlassen; »quid vultis mihi dare? was wollt ihr mir geben?« welches so viel lautet, als sage er, gebt mir, was euer [106] guter Wille ist, es ist um ein Trinkgeld zu thun; gewiß ist es doch, daß es keine große Summa gewest, denn ob man schon in der wienerischen Bibliothek des Kaisers, wie auch in der Gellarie des Kardinal Chisii zu Rom einen dergleichen Silberling zeigt, welche eines ziemlichen Werths, so folgt nicht, daß alle dergleichen gewest seyn; denn in einem Opferstock einer Kirche findet man nicht lauter Guldiner, oder Fünfzehner, sondern wohl auch Kreuzer, Zweier und Pfenning; hat doch das alte Mütterl in den Stock des Tempels zu Jerusalem nur zwei Heller hinein geworfen. Weil nun das Geld, womit der Judas regalirt worden, aus dem Opferstock des Tempels kommen, so ist vermuthlich, daß allerlei Geld, groß und klein, unter einander gewest, welches in allem dreißig Silberling ausgetragen, so da nach Aussag Alciatil. de Ponderib. nicht mehr macht, als sechs Gulden. Sey ihm wie ihm wolle, so hat doch der Weltheiland, dem Himmel und Erde zugehörig, dessen Würde und Werk unendlich und unermeßlich, wollen um ein geringes und schlechtes Geld verkauft werden; nicht theuer, damit man nicht meine, er gehöre für die Reichen allein, sondern wohlfeil, damit ihn ein jeder könne bekommen: »Vili vult aestimari, ut ab omnibus ematur.« Mit Einem Wort, Gott ist für alle, keinen ausgenommen, Gott spendiret allen seine Gnad, verachtet niemand, Gott händiget einem jeden Menschen (ich rede dermalen von den Erwachsenen) so viel Gnad ein, daß er damit, wenn er nur will, kann ein Kind der Seligkeit werden; am jüngsten Tag wird sich niemand können entschuldigen, als ob er [107] derenthalben sey verloren worden, weil ihm ihr Gnaden, die schöne Dama Gratia Divina, die Gnad Gottes, nicht sey favorabel und günstig gewest, massen diese einem jeden genugsame Mittel spendiret, kraft deren er unter die Seligen kann kommen.

Immensum et Infinitum Divini Luminis pelagus semper paratum est, et patet omnibus ad partcipandum. Areopagit. de Coelest. Hierarch. c. 9.

Amator hominum est noster Deus, et vultomnes homines Salvos fieri, propter quod et solem suum oriri facit super bonos et malos, et pluit super justos et injustos. St. Ignat. Epist. 6. ad Philadelph.

Hi qui non operantur bonum, judicium justum recipient Dei, quia non sunt operati bonum cum possunt. Irenae l. 4. c. 21.

Quantum attinet ad Deum salvae fuissent omnes tribus Israel; imo et omnes mortales. Chrysostom. serm. 16. ad Rom.

Vult omnes Salvos fieri, si et ipsi velint, nullum excipit a Salute. St. Ambr. ad Cap. 1. ad Tim. 2.

In medio Templi misericordia est, in communi posita est, offertur omnibus et nemo illius expres, nisi qui renuit. St. Bernard serm. 1. de Purif.

Wann nur der allmächtige Gott einem jeden Menschen eine genugsame Gnad und sattsame Hülf reichet womit er kann ein Kind der Seligkeit werden, warum gehen denn so viel unzählbare Seelen [108] in den ewigen Verlust? Acht Personen, und mehr nicht, seynd in der Arche Noe errettet worden, die übrigen alle, alle zu Grund gangen; also wird die Unzahl der Seligen weit geringer seyn, als die der Verdammten. O mein Gott! vier Personen, und mehr nicht, seynd aus dem schwefelvermischten Feuerregen zu Sodoma und Gomorrha salviret worden, die anderen alle alle seynd in den Flammen zu Grund gangen; also werden weit mehr in den höllischen Feuergrund steigen, als zur ewigen Glorie kommen. O mein Gott! zwei Personen, und mehr nicht, seynd in dem gelobten Land angelangt, die anderen Israeliter alle alle, benanntlich sechsmal hundert tausend streitbare Männer, Weiber und Kinder gar nicht gerechnet, seynd ausgeschlossen worden; also werden wenig, wenig in das obere Vaterland kommen, die meisten alle alle auf ewig verbannisirt. O mein Gott! in der Stadt Jericho ist nur ein Haus, und mehr nicht, benanntlich das Haus der Rahab, vor Feuer befreiet, die andern alle alle in Asche gelegt worden; also werden gar wenig dem höllischen Feuer entgehen, sondern die mehrsten alle alle ewig brennen. O mein Gott! ein Theil, und mehr nicht, des guten Saamens bei dem evangelischen Ackersmann hat Frucht gebracht die anderen drei Theil seynd alle verdorben, und ist nicht ein Körnl davon kommen; also werden gar wenig in das Reich Gottes eingehen, die mehrsten alle verloren werden. Dem heil. Einsiedler Simeon ist offenbart worden, daß aus 10,000 Seelen kaum eine zum Angesicht Gottes gelanget. O mein Gott! wenn du dann für alle bist Mensch worden, für alle; wenn [109] du für alle gelitten, für alle; wenn du für alle gestorben, für alle; wenn du alle gewaschen hast in deinem kostbaren Blut, alle; wenn du begehrest alle selig zu machen, alle; und wenn du allen genugsame Gnad hiezu gibst, allen; warum daß so wenige das ewige Heil erreichen, warum o Gott? wird der Teufel reicher an Seelen seyn, als du Erlöser? warum wird die Höll mehr Inwohner und Burger haben, als der Himmel? Hoc quaeris et quereris?

Vernimm mich ein wenig hierüber, und wisse, daß Ihr Gnaden die edelschöne Dama Gratia Divina,einem jedweden die perlweißen Händ darreicht, und will ihn zur Seligkeit führen, aber zwingen thut sie niemand; wenn jemand ein so grober Knopf ist, und weigert solche erzeugte Höflichkeit, so ist's seine Schuld, perditio tua ex Te Israel. Ihre Hand allein thut nichts, wenn du nicht auch die deinige darreichest.

Gott hat zwar dich erschaffen ohne dich, er hat deine Mithülf und Mitwirkung gar nicht vonnöthen gehabt, aber er will dich nicht selig machen ohne dich, seine Gnad kommt zwar von oben herab, wie das Licht über den Saul: »Circumfulsit illum lux de coelo.« Seine Gnad ist nicht anderst, als wie der Stern, welcher die orientalischen Könige zu dem vermenschten Gott nach Bethlehem geführet hat; seine Gnad ist wie die Sonne, vor dessen Aufgang die drei frommen Matronen zu dem Grab des Herrn nicht seynd kommen; seine Gnad erleuchtet, erweckt, ruft, führet, weiset, locket, stärkt, ziehet, mahnet, [110] aber zwingt nicht, sondern der Mensch muß durch seinen freien Willen mitwirken.

Mit zwei Rädern fährt man in Himmel, eines ist die Gnad Gottes, das andere ist die eigene Mitwirkung des Menschen; mit zwei Flügeln stiegt man in Himmel, eine heißt Gratia Divina, die andere Cooperatio humana; mit zwei Schlüsseln macht man den Himmel auf, einen hat Gott, den andern hat der Mensch. Zwei haben die große Weintraube durch die Wüste getragen, einer voran, der andere nach seiner; die Seel kann nicht in den Schoos Abrahams getragen werden, es sey denn, Gott trage voran, der Mensch auch nach seiner. Des Jakobs Himmelsleiter hat zwei Theil gehabt, den obern Theil hat Gott gehalten, der untere ist auf der Erde gestanden; wer in Himmel will steigen, hat zweier Hülf vonnöthen, erstlich die Gnad Gottes, nachmals seine eigene Mitwirkung.

Der Menschen Witz ist gleichwohl schon so weit kommen, daß er den hellen, schnellen und wunderlichen Sonnenlauf kann entwerfen auf einem Platz, so kaum etliche Spannen groß. Eine Uhr an einer weißen Wand mit etlichen schwarzen Strichen und Tüpfeln thut alle Schritt und Tritt zählen des großen Himmelsriesen der Sonne; ein kleiner Fleck einer weißen Mauer ist anstatt eines Papiers, worauf der Zeiger als eine eisene Feder, den ganzen Sonnenlauf abzeichnet, und nach diesem richtet sich der Bauer, wenn er soll gen Acker fahren; nach diesem schickt sich der Handwerksmann, wenn er soll die Arbeit anfangen, oder aber Feierabend machen; nach diesem richtet sich [111] der Schüler, wenn er soll seinen Studentenzeug unter den Arm nehmen, und zu seiner lateinischen Arbeit gehen; nach diesem bequemt sich die Hausfrau, wenn sie soll die Speisen fertig machen, damit um eilf Uhr nicht zwölf Klagen über sie kommen; nach diesem schickt sich gar der Hirt, wenn er soll das krumme Horn an den Mund halten, und mit einem kurzen Küheruf das Vieh auf die Waid laden etc. Fürwahr, es ist eine gar gute und nützliche Sache um eine Sonnenuhr, aber damit solche recht und vollkommen sey, werden nothwendige zwei Ding erfordert: erstlich der Sonnenschein, nachmals der Schatten, so von der eisenen Stange geworfen wird. Das Heil der Menschen, die Seligmachung der Adamskinder, hält sich fast natürlich wie eine Sonnenuhr, allwo Schein und Schatten müssen bei einander seyn, eins ohne das andere ist nichts; das Licht oder Schein ist Gott, »Deus Lux est,« Joan. 1., der Mensch ist ein Schatten, »Fugit, velut umbra,« Job. c. 14. Es ist nicht genug das göttliche Gnadenlicht von oben herab, sondern es muß auch dabei seyn der Schatten der menschlichen Mitwirkung; dahero spricht der heil. Paulus zu den Korinthern: »Non ego, sed Gratia Dei mecum,« durch die Gnad Gottes, sagt er, bin ich wer ich bin, und seine Gnad ist in mir nicht vergeblich gewest, sondern ich hab mehr gearbeitet, als sie alle, nicht aber ich, sondern die Gnad Gottes in mir.

Wie zu Kana auf der Hochzeit der Wein abgangen, und derentwegen die Gäst ziemlich melancholisch da gesessen, um weilen der Feierabend unter die Gläser und Kandeln kommen, und das trockene Wetter [112] so gäh eingefallen, daß ihnen fast die Mäuler gestaubt, da hat die mildherzige Mutter Maria dazumalen schon sehen lassen, daß sie die Menschen in keiner Noth wolle stecken lassen, darum gleich eine starke Intercession und Vorbitt bei ihrem gebenedeiten Sohn eingelegt, worauf dieser alsobald den Leuten befohlen: » implete hydrias aqua etc.,« sie sollen die großen steinernen Krüg mit Wasser anfüllen, und wie solches werkstellig gemacht worden, da hat er dieß Wasser in den allerbesten Wein verkehret. Leicht hätte er vermög seiner Allmacht können ohne das Wasser den Wein erschaffen, zumalen er alles aus nichts erschaffen; leicht hätte er können durch die Engel von anderwärts her bringen lassen den besten Rebensaft und Muscateller, aber er wollt alles dieses nicht allein thun, sondern zugleich auch der Menschen Arbeit und Mitwirkung dabei haben, er wollt das Wasser in Wein verwandeln, aber sie sollen das Wasser schöpfen, das Wasser tragen, das Wasser eingießen:»In nuptiis ex fontibus Vina, Ministris operantibus, colerantur, utraque enim alteri necessaria est, et industria Gratiae, et gratia Industriae.«

Die Israeliter seynd auf eine Zeit kaum in die Stadt Masphat kommen, und daselbst wollen Pönitenz und Buß thun ihres verübten Muthwillens halber und großer Lasterthaten, da seynd ihnen die Philistäer, als abgesagte Feind, gleich wieder auf den Rücken kommen, und die Stadt mit großer Kriegsmacht umgeben, und wirklich belagert. Dieser unverhoffte feindliche Ueberfall hat unter ihnen den größten Schrecken verursacht, und wenn alle hätten mit [113] Karten gespielt, so hätt doch keiner mit Herz etwas gewonnen; wenig Spielleut waren unter ihnen, aber fast alle haben auf der Zitter geschlagen, auf die Orgel haben sie sich wenig verstanden, aber auf den Tremelanten die meisten alle; unverzagt ist sonst ein Edelhaus in Oesterreich, aber diesem war keiner aus ihnen verwandt; wenn man einem jeden einen Schreckstein hätte sollen anhängen, wie bei uns den Kindern, so hätt man für diese Kinder Israel fast einen ganzen Felsen müssen zerspalten; nicht zu beschreiben war die Furcht, so sie wegen des Feindes hatten, daher ihre einige Zuversicht gesucht bei dem Samuel, so bei ihnen war, denselben mit aufgereckten Händen ersucht, er wolle sich doch ihrer annehmen, und bei Gott wider diese so große feindliche Kriegsmacht genugsame Hülf zuwegen bringen. Kaum daß sich Samuel samt allem Volk in das eifrige Gebet begeben, und die Philistäer in vollem Anmarsch gegen die schlecht befestigte Stadt gewesen, da hat Gott der Herr ein erschreckliches Donnerwetter über die Philistäer erweckt, daß sie hierdurch in größten Schrecken gerathen, und alle ganz zaghaft worden, den Reißaus genommen, der Stadt den Rücken gezeigt, um weil ihnen Gott ein so zorniges Gesicht gewiesen, denen alsobald die Israeliter beherzhaft angehaut, und eine überaus große Anzahl des Feindes erlegt, und herrlich victorisirt.

Ein Glaubensartikel ist es, daß solcher Donner und Blitz nicht ungefähr im Himmel entstanden, sondern Gott hat zu allem Fleiß dieses so erschreckliche Kanoniren wider die Philistäer verursacht; wenn aber doch der allmächtige Gott hat wollen den Feind [114] überwinden, die Stadt erledigen, warum hat er nicht lassen, welches ihm gar leicht wäre gewesen, diese feindliche Armee durch die feurigen Donnerkeil zu Boden schlagen? sodann wäre ihm die Victorie allein zugeschrieben worden; aus was Ursach hat er wollen, daß auch die Israeliter sollen vom Leder ziehen, drein jagen, drein schlagen, und den Feind verfolgen? Höre dessen Ursach von dem großen heiligen Pabst Gregorio: Gott ist unser Herr, und nicht unser Diener; er will nicht, daß er soll alles thun, und wir die Händ in Sack schieben, sondern er will, daß zu seiner göttlichen Gnad auch der Mensch soll seinen Fleiß zugesellen. Ohne Hülf dieser so himmlischen Dama kann der Mensch die Seligkeit nicht erreichen, aber sie will zugleich, daß ihr Beistand nicht in Himmel helfe ohne des Menschen Mitwirkung.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu dem Abraham, und versprich dir deinen Saamen zu vermehren wie die Stern am Himmel und den Sand am Ufer des Meers; aber thue auch du das deinige, verlasse dein Vaterland und opfere mir deinen Sohn auf.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu dem Jakob, und will machen, daß dein Bruder Esau das kürzere ziehe, und du das Majorat sollst antreten; aber thue du auch das deinige, und schau, wie du durch Hülf deiner Mutter kannst den Segen vom Vater erhalten.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu dem Kriegsfürsten Josue, und verheiße dir gewiß, daß du die Stadt Jericho sollest in deine Hand bekommen; aber thue auch das deinige, und gehe mir siebenmal mit [115] der Procession und klingendem Posaunenschall um die Stadt herum.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu der Rahab, und will machen, daß dein Haus sicher bleibe vor aller Zerstörung; aber thue auch du das deinige, und hänge das rothe Strickel vom Fenster herab, damit solche Salvegarde die meinigen Soldaten können wahrnehmen.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu allen presthaften Leuten bei dem Schwemmteich zu Jerusalem; aber thut auch ihr das eurige, und schaue ein jeder, daß er, auf die Bewegung des Engels der erste im Wasser sey.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu dem Noe, und will dich von dem allgemeinen Sündfluß salviren und erretten, dich und deine nächste Verwandtschaft; aber thue auch du das deinige, und verfertige mit deinen Händen ein großes Schiff oder Arche.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu dem Naam, und will dich durch meinen Propheten Elisäum vom Aussatz gänzlich reinigen; aber thue auch du das deinige, und bade dich siebenmal in dem Fluß Jordan.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu dem König Ezechia, und ich will dir noch dein Leben fristen auf fünfzehn Jahr; aber thue auch du das deinige, und nimm das Pflaster von Feigen, und leg es über den Schaden.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu den zwei Schwestern Magdalena und Martha, ich will euern verstorbenen Bruder wieder zum Leben erwecken; aber [116] thut ihr auch das eurige, und schaut, daß der große Stein vom Grab gewälzet werde.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu dem Petro, und will dich zum Trost der Kirche aus den eisenen Banden und Ketten durch einen Engel erlösen; aber thue du auch das deinige, bekleide dich, leg die Schuh an, und gehe mit mir aus dem Kerker.

Ich thue das meinige, sagt Gott zu einem jeden Menschen, ich spendire deiner Seele meine göttliche Gnad, ich erleuchte dieselbige durch viel innerliche Eingebungen. Ich ermahne dich durch so viel Bücher und Prediger. Ich zeige dir die Fußstapfen so vieler heiligen Leut. Ich schicke dir so viel Plagen und Geißeln, die dich vom Uebel sollten erhalten. Ich hab dir zugesellt einen besondern heiligen Schutz-Engel, der dich immer zum Guten anzufrischen pflegt. Ich erweise dir so viel Mirakul und Wunderwerk, kraft deren du sollest augenscheinlich erkennen, daß ein Gott sey, daß ein Himmel sey, daß eine Straf sey, daß eine Belohnung sey. Ich thue also in allem das meinige, thue aber du auch das deinige, folge meiner Lehr, halte mein Gesetz, erwäge meine unendliche Liebe, fürchte meine Gerechtigkeit, meide die Sünden und Laster. Wenn aber dieß nicht ist, so gib die Schuld nicht meiner Gnad, die dir nicht abgangen, sondern deinem eigenen bösen Willen, der nicht hat wollen mitwirken.

Daß also eine größere Anzahl der Verlornen als der Auserwählten, ein größerer Haufen der Böcke als der Schaf; ein größeres Buch, wo die Verdammten geschrieben seynd, als wo die Seligen. Ist nicht [117] Ursach der allmächtige Gott, dessen Güte und Barmherzigkeit über alle sein Werk, dessen Milde und väterliche Obsorg einen jeden Menschen versieht mit genugsamer Gnad und Hülf, kraft der er kann ein Himmelsbürger werden; sondern Ursach bist du Mensch, weil du nemlich nicht willst mitwirken: »Cum omnibus aditus pateat et a nemine prohibeatur, propria duntaxat malitia, ingredi recusant.«

Zu einem frommen und heiligen Eremiten ist auf eine Zeit ein Herr kommen, und sich in sein heiliges und eiferiges Gebet sehr stark befohlen, um weilen er auf allen Seiten von Drangsalen und Widerwärtigkeiten überhäuft werde. Der fromme Waldbruder verspricht, daß er in allweg sein Gebet für ihn wollte verrichten, bittet aber anbei um eine Gnad. Was da? Herr! sagt er zu diesem, ich hab schon eine lange Zeit meinen Strohsack nicht gelüftet, ich kann ihn ganz allein nicht zu der engen Zell hinaus bringen, und in die Sonne legen, thut mir so viel zu Gefallen, und helft mir selben hinaus schleppen. Gar gern, sagt der Herr, warum das nicht, und nimmt zugleich den Strohsack mit beiden Händen, des Willens, denselben hinaus zu ziehen, konnte aber mit aller angewandten Mühe wenig ausrichten. Merkt aber endlich, daß der Eremit und Waldbruder mit beiden Füßen auf dem Sack gestanden, und denselben also zurück gehalten. Holla! sagt er zum Klausner, ihr seyd ein seltsamer Mann, wenn ihr wollt, daß ich den Sack hinaus bringe, so helfet mir tragen. Gar recht, setzt hinwieder der Eremit, wenn ihr [118] wollt, daß ich mit dem Gebet euch aus aller Mühseligkeit helfe, so müßt ihr auch mitbeten; ich will fasten, aber ihr auch; ich will mich derenthalben kasteien, aber ihr auch etc. Deßgleichen sagt einem jeden, meine holdselige Dama, Gratia Divina, die göttliche Gnad, sie wolle einem jeden helfen, aber mit dem Geding, daß er auch nicht feiere, Cum Minerva manum admove, sondern auch die Hand anlege, Gott der Herr hat es also weislich angestellt, daß unsere Seligmachung nicht völlig durch uns geschehe, damit wir uns derentwegen nicht übernehmen, auch nicht völlig durch ihn, damit wir nicht träg und faul werden, sondern durch seine göttliche Gnad und unsere Mitwirkung.

Genug von der Sach, sagt einer, laß mich auch der Pater reden; ihr streicht mir dieses gnädige Frauenzimmer sehr stattlich hervor, und probirts mit mehreren, daß sie ihrer angebornen Freundlichkeit halber einem jeden die Hand reiche, keinen ausgenommen, einen jeden zu sich ziehe und liebkose. Dieß will ich weiter nicht in Abred stellen, aber wahr ist es gleichwohl, daß sie einem schöner thut, als dem andern; läugnen kann es niemand, daß Gott nicht einem mehr Gnad gebe, als dem andern, und eben dieß scheinet eine Ursach zu seyn, warum so viel in ewigen Verlust gehen. Es findet sich gleichwohl in solcher Gestatt bei Gott eine große Partialität. In Mitte der zwei Thiere ist er in der Krippe gelegen, das ist wahr; in Mitte der zwei Schächer ist er gestorben, das ist wahr; in Mitte der Apostel ist er nach seiner Urständ erschienen, und ihnen den Frieden gebracht, [119] das ist wahr; aber in Austheilung seiner göttlichen Gnad gehet er nicht mitten durch, sondern spendiret diesem mehr als jenem, darum der letzte freilich wohl schlecht beschaffen ist. Ei du elender Tropf, was redest du, wer bist du, du verworfener Erdwurm, daß du dich unterfangest, wider den höchsten Gott zu schnarchen; wenn Gott einem jeden dasjenige gibt, was er ihm schuldig ist, was gehet es ein elendes Geschöpf an, so er einem andern mehr spendiret als diesem. Was hat der Topf oder das Häfen zu schmählen wider den Hafner, um weil er dasselbige nicht zu einem Trinkgeschirr gemacht hat auf eine königliche Tafel? »Nulla iniquitate agitur, si in ipsis quoque fidelium populis non omnibus eadem, neque paria conferantur.« Es ist ja genug, daß Gott einem jeden Menschen so viel Hülf ertheilt, womit er kann in die Anzahl der Seligen kommen. Und woher hast du die Nachricht, daß einer mehr Gnad hat, als der andere? Vielleicht hat Petrus mehr Gnad, weil er frömmer und tugendsamer ist, und Paulus weniger Gnad, weil er schlimmer und gottloser lebt. Aber höre, wie ungereimt diese deine Aussag, denn es seyn kann, daß ihrer zwei eine ganz gleiche Gnad besitzen, und doch einer frömmer lebt, als der andere; die Ungleichheit aber des Wandels rühret nicht von der Gnad her, als welche ganz gleich ist, sondern von der Mitwirkung, weil nemlich einer die Gnad wohl braucht und anwendet, der andere aber selbe mißbraucht, und ihrer nicht viel achtet.

Mein heiliger Vater Augustinus stellet dessen ein hellklares Exempel, es können zwei eines ganz gleichen [120] Temperaments, einer ganz gleichen Natur und Komplexion, und auch einer ganz gleichen Gnad seyn, welche beide ein wohlgestaltes Weibsbild anschauen, einer aus ihnen verwilliget in eine ungebührliche Begierd, der andere widerstrebt, und erhält das Gewissen unversehrt, keiner andern Ursach halber, als weil einer den freien Willen übel, und der andere wohl angewendet. Ja es geschieht nicht selten, daß einer mit weniger Gnad heiliger lebt, als der andere mit mehr, nach Unterschied des freien Willens. So klag dann niemand die göttliche Gnad an, als welche alle verlangt in die Seligkeit zu bringen, sondern die eigene Bosheit seines freien Willens, daher ein jeder Verdammter in der Höll sagen kann und bekennen muß: »Ego sum, qui peccavi, ego, qui in juste ego, qui inique gessi.«

Der die Schuld auf die Gnad Gottes legt, als wäre solche nur Sufficiens, und nicht Efficax gewest, und sey derenthalben verloren gangen, der kommt mir vor wie jener boshafte Orangist, welcher eine geraume Zeit einen Haß getragen gegen einen Schneidermeister, und damit er sich an demselben rächen möchte, also hat er auf eine Zeit öffentlich das Liedel, zwar ohne Gesang auf der Orgel aufgespielt: »Es kiefelt ein Schneider einen Gaisfuß ab etc.« Dieß war nicht allein in dem Haus Gottes eine große Aergernuß, sondern zugleich dem ehrlichen Meister eine große Unbild; solche gebührend abzustrafen, nimmt er einige Kameraden mit sich, des Willens, solchen Muthwillen mit einem dicken hölzernen Koncept abzutrocknen. Als aber der arge Orgelschmied solches [121] wahrgenommen, ist er alsobald mit einer Entschuldigung auf die Bahn kommen, mit Vermeldung, daß solches seiner Schuld gar nicht zuzumessen sey, sondern dem Kalkanten und Blasbalgzieher, und muß er nur auf der Orgel schlagen, was er ziehen thue; der einfältige Meister nimmt diese grundlose Entschuldigung an, und bezahlt den armen Kalkanten mit der Münze, die sonsten für den Orangisten gehörig gewest.

Lächerliche Sachen schicken sich wohl nicht daher, wo man von so hochwichtiger Materie, als da ist die Gnad Gottes, handeln thut; aber wahr ist es gleichwohl, daß sehr viele unbedachtsame Adamskinder die Schuld ihres Lasterwandels der so kleinen und schwachen Gnad Gottes zumessen, so doch mit dem größten Unfug geschieht. Pharao kann das nicht sagen, Esau kann das nicht sagen, Judas kann das nicht sagen, Herodes kann das nicht sagen, Pilatus kann das nicht sagen; denn daß alle diese samt unzählbaren Anderen verloren gangen, ist nicht daran Ursach Gottes Gnad, welche da genugsam war, daß sie damit hätten können die ewige Kron erwerben, sondern Ursach war ihr eigener freier Wille.

Ihr fünf thörichten Menscher, daß euch die Himmelsthür vor der Nase ist zugeschlagen worden, seyd selbst daran schuldig, warum habt ihr bei rechter Zeit euch nicht mit Oel versehen. Ihr saumseligen Diener, daß man euch das Talentum und anvertraute Geld mit Schand und Spott wieder hinweg genommen, seyd selbst daran schuldig, denn indem ihr mit demselben hättet sollen wirtschaften, habt ihr es unter die Erde vergraben. Ihr unglückseligen [122] Weingartsknechte, seyd selbst daran schuldig, daß man euch hat davon gejagt; denn als ihr hättet sollen den Weingarten gut und fleißig bauen, habt ihr denselben völlig verwachsen lassen.

So bleibt denn Ihr Gnaden, die hoch- und wohlgeborne Dama Gratia Divina, die göttliche Gnad, in ihrer Reputation; niemand kann ihr was Uebels nachreden, indem sie gegen alle Menschen freundlich und freigebig, und ihre Gedanken niemals, daß ein einiger solle verloren gehen. Daß Judas Iscarioth zum Teufel gefahren ist, ist sie gar nicht daran schuldig. »Non perdidi ex eis quamquam etc.«

Judas spart weder Mühe noch Arbeit
Judas spart weder Mühe noch Arbeit, damit er nur den Herrn Jesum in die Händ der Feinde liefern möge.

Nachdem der verfluchte Böswicht sich schon fest und kräftig vorgenommen, dieses unschuldige Lämmlein den ruchlosen Hebräern, als reißenden Wölfen, zu überantworten, als hat er allen erdenklichen Fleiß und Mühe angewendet, solches werkstellig zu machen. Am Erichtag zuvor, noch wie er spat Abends mit dem Herrn Jesu samt andern Aposteln in dem Garten gewest, und der Herr sowohl ihn als andere zum eifrigen Gebet angefrischt, da hat sich der schlimme Gesell eine ziemliche Zeit absendirt, hin und her in dem [123] Garten gangen, als thut er das ihm vorgesetzte Gebet verrichten. Unterdessen aber hat er alle Gelegenheit des Orts ausgespähet, und ganz genau alles beobachtet, ob nicht etwan ein Winkel wäre, oder sonst ein Ausgang, wodurch sich der Herr konnte salviren.

Des andern Tags, unter dem Vorwand, als hätte er etliche Sachen zur Unterhaltung des apostolischen Collegii einzukaufen, ist er von einem zum andern gelaufen aus den Hohenpriestern, und ihnen allerlei Rathschläge an die Hand geben, wie sie doch könnten diesen Verführer des Volks in Verhaft nehmen, damit ihre hochlöbliche Synagog nicht gar zu Grund gehe; er hat den ganzen Tag kaum einen Bissen in sein Maul genommen, stets hin und her gangen und gelaufen, und wie er durch gewisse Nachricht die Kundschaft erhalten, daß die Hohenpriester und Schriftgelehrten bereits alle im Rath versammelt seyn, das war am Mittwoch auf den Abend, da ist er also, bald dahin mehrer gelaufen und mit denselben den gottlosen Kontrakt eingangen, wie daß er denselben den nächstfolgenden Tag bei nächtlicher Weil, damit kein Aufstand unter dem Volk geschehe, unfehlbar wolle einhändigen, hoffe aber, sie werden ihre Parola halten, und das versprochene Geld und Recompens erlegen. Die ganze Nacht am Mittwoch hat der leichtfertige Gesell nicht ein Aug zugeschlossen, und sich hin und her mit allerlei Gedanken abgemartet, wie er doch möge sein verfluchtes Beginnen ins Werk setzen, denn er stund in größten Aengsten, der Herr möchte ihm entrinnen, und aus dem Garn gehen, weil er schon vorhin mehrmal erfahren, daß er vor den Augen der [124] Hebräer verschwunden. Den Donnerstag darauf ist er wieder in aller Frühe an gehörigen Ort gangen, und alle mögliche Anstalt gemacht, seine Verrätherei zu vollziehen, wie es dann endlich durch sonderen göttlichen Willen angangen; gewiß ist es, daß Judas drei Tag und Nacht keine Rast noch Ruhe gehabt, und sich über alle Massen geplagt, bis er sein gottloses Ziel erreichet. Auf solche Weis' ist nicht wahr, was der Poet plaudert: »Fascilis descensus averni etc., ein leichter Plunder, in die Höll hinunter.« Ich zeige das Widerspiel, daß eine größere Strapaze sey, zum Teufel fahren, als in Himmel kommen.

Christus der Herr gleicht das Himmelreich einem Sauerteig, Matth. am 13. Kapitel zu zeigen, daß einen sauer genug ankomme, wenn er dasselbige will erwerben. Christus der Herr legt die acht Seligkeiten aus auf einem hohen Berg, zu weisen, daß man ohne Mühe und vieles Schnaufen nicht hinauf gelange. Christus der Herr hat auf dem Berg Tabor alle Glorie auf einen Augenblick lassen verschwinden, um weil Petrus so unbedachtsam, daselbst hat wollen bleiben, und also, den Himmel und dessen Glorie ohne Kreuz und Leiden besitzen. Ich will nicht sagen, was Jason hat müssen ausstehen, ehe er in Thracia den goldenen Fluß bekommen; ich will nicht sagen, was der Paris hat müssen leiden wegen der schönen Helena; massen dieses nur Fabeln und grundlose Phantasien der Poeten. Jakob weiß wohl, daß er der schönen Rachel halber, vierzehn Jahr wenig Ruhe gehabt, gedienet; Joseph weiß wohl, bevor er zum Bret kommen in Aegyptenland, was für hartes Holz er hat [125] müssen aushobeln; David weiß wohl, bis er den Scepter in Israel bekommen, was ihm für Prügel seynd unter die Füß geworfen worden; so weiß man auch, daß Elias in Turbine in einem Sturmwind ins Paradeis verzuckt worden; woraus nun klar erhellet, daß jemand, so die Seligkeit verlangt, müßte vorher einen ziemlichen Sturm ausstehen.

Ich hab oft bei mir betracht, daß fast kein Ding in der Welt sey, welches so gar viel müßte ausstehen, als die Leinwand. Erstlich wird das arme Flachs- oder Haarkörnlein gar in die Erde begraben, und zwar in das freie Feld hinaus, als wäre es etwan in einer Exkommunikation gestorben; kaum, daß es nachmals den Kopf wieder hervor hebt, und in dem besten Stand zu seyn glaubt, da erfahrt es die tyrannischen Händ, die es mit Leib und Seel aus seinem Vaterland vertrieben; bald hernach macht man ihm ein solches Schwitzbad, als hätte der arme Tropf die neapolitanische Galanterie am Hals. Wenn es nun die Dürrsucht über und über bekommen hat, so muß es in die Brechel, worinnen es die ganze Haut muß lassen, und bleibt allein der Haar übrig; schindt doch ein Pfleger die Bauern nicht so hart. Nach solcher unerhörten Strapaze zeigen ihm sogar die alten zahnluckenden Weiber ganz eisene Zähne, und ziehen es durch eine Hechel, daß ein Elend ist. Gleich darauf bindt man den Haar an eine Kunkel mit Strick und Band, als hätte er das größte Schelmstück begangen. Es halten ihn oft die alten Weiber an das Maul, aber nicht daß sie ihm ein Busserl oder Kuß wollen versetzen, sondern die wilden Husten speien ihm gar [126] ins Gesicht. Endlich muß er gar auf das Rad kommen, als wenn etwan der unschuldige Tropf hatte Vater und Mutter umbracht; kaum daß er solches hat ausgestanden, so thut man ihm mit einer scharfen Lauge den Kopf waschen. Bei dem bleibt es noch nicht, sondern der Weber bindet und hänget ihn zwischen die Bäume, als hätte der arme Narr den Galgen verdient. Nachdem er von dem Weber ein manches Kreuz hat ausgestanden, zumalen alles kreuzweis gewirkt wird, so geräth diese Leinwand erst nach ausgestandener Bleich, ich glaub, aus lauter Furcht thut sie also erbleichen, weil sie wieder in die Händ der Weiber kommt, unter die Wäscherinnen, welche also unbarmherzig mit ihr umgehen, daß dagegen alles Stockschlägen leicht zu ertragen; nachdem sie den Hals der armen Leinwand oft und viel umgerieben, so muß sie wieder aufgehängt werden, und ist kein Wunder, daß ihr ein Tropfen um den andern die Wange herunter fällt, zumalen sie ihr Elend nicht genug kann beweinen. Endlich kommt der Schneider oder die Näherin über sie, und schneidts, und stichts, und klopfts, und ziehts, und streckts, daß wohl ein rechtes Mitleiden mit ihr zu haben. Aber warum leidet die Leinwand so viel? warum? ich glaub darum, weil sie in Himmel gehört, denn der Chronist Gottes Joannes hat gesehen:»vestiti lino mundi et candido,« daß die Engel im Himmel seynd angethan gewest mit sauberer und weißer Leinwand. Wann nun die Leinwand muß leiden, so sie will in Himmel kommen, wie vielmehr der Mensch: »Regnum coelorum [127] vim patiatur, et violenti (non violenti) rapiunt illud.«

Ich glaube endlich schon, und weiche von dieser Aussag ganz und gar nicht, daß es Kreuz und Leiden, daß es Mühe und Arbeit koste, wenn man will das obere Jerusalem erwerben; aber glaub du mir, es kostet so viel, wo nicht mehr, wenn jemand will zum Teufel fahren.

Um Gottes willen! gestern hab ich den Herrn Ildephons von Silbersdorf gesehen, wie gehet er so miserabel daher, hat er doch ein Kleid, daß sich auch kein Dorfschulmeister darinnen schämen sollte; er hat zweierlei Schuh, so viel hab ich können abnehmen an seinen Füßen, welcher ihn aber druckt, das weiß ich nicht; der Stecken, so er trägt, ist wohl kein spanisches Rohr, aber er ist mir gleichwohl spanisch vorkommen, indem ich seinen Herrn Vater sel. gekennt, welcher ihm, diesem Ildephons, so viel tausend Gulden hinterlassen. Wie kommts denn, daß er jetzt so elend worden? hat er etwan ein langes Recht geführt, und bei dem Gericht das Seinige verloren? O nein, der Richter ist nicht daran schuldig, aber eine richtigeMerae tricae haben ihm die Armuth nicht ins Haus gebracht, aber Meretrices wohl. Die Donau hat ihm nicht Aecker und Wiesen hinweg gerissen, wohl aber die Donnä; Kriegszeiten oder Bellona haben ihm nicht sein Hab und Gut verschwendt, sondern diese und diese Bella etc., also bezeugt es der weise Salomon: »Qui nutrit Scorta perdit substantiam, qui pascit Meretrices, disperdit [128] divitas.« Seine Substanz hat er verloren wegen des Adjectum, jetzt merk ich es schon.

Christus der Herr ist in seinem herrlichen Einzug nach Jerusalem geritten auf einer Eselin; auf diesen haben nicht allein die Apostel ihre Kleider gelegt, sondern die anderen Leut haben auch ihre Oberkleider ausgezogen, und selbige auf den Weg ausgebreit; so ist dann die Eselin unten und oben mit Kleidern bedient worden. Wer weiß, wanns ein Esel wäre gewest, ob ihm diese Ehr wäre geschehen, aber was Generis femini, das will viel Kleider haben; mich um Bericht, sagt der Ildephons von Silbersdorf, meine Madam hat mich ein Ehrliches gekost, alle Quartal ist ein Kleid auf sie gangen; das rothe Ei, der neue Jahrstag, der Jahrmarkt, der Namenstag, der Nicolaitag, haben mir ziemlich in Beutel gerissen, es seynd noch einige Auszügel von den Kaufleuten vorhanden, so nicht bezahlt seynd; ich hätte es mein Lebtag nicht geglaubt, daß die Venus Mars-upium soll also verfolgen, jetzt bin ich wohl ein armer Schlucker, der Dies Veneris ist vorbei, jetzt liegt meine Wirthschaft gänzlich im Sabbath.

Vor 10 Jahren ungefähr bin ich bei dem N. N., verheiratheten Herrn, mehrmalen im Zimmer gewest, da war alles im Ueberfluß, von Schnürperl, was schöne Ring, was Armbänder und Ohrengehäng von seiner Frau. Jetzt ist nichts mehr vorhanden; wo ist denn alles hinkommen? wohin? ich darf es nicht recht sagen, aber durch ein Gleichniß wohl. Exod. am 32. Kapitel stehet geschrieben, daß die muthwilligen Israeliter einen Verdruß haben gehabt an dem alten[129] Gott, merk mich wohl, und daher von dem Hohenpriester Aaron kurzum einen neuen Gott verlangt. Der alte Gott war freilich wohl ein guter Gott, der sie mit dem Manna gespeist, aber alleweil einen Gott – – einmal einen andern, sagten sie, und haben hiezu goldene Ketten, Armbänder, Ohrengehäng und dergleichen Geschmuck und Weiberzierd gespendirt, und nachmals ein goldenes Kalb bekommen. Jetzt weiß ich schon, wo der Geschmuck des N. N. ist hinkommen, dieser hat eine Diversion seines Affekts, er betet einen neuen Götzen an; der alte ist ihm schon zu schlecht, und da kommt dieß – und dieß – und dieß hin, daß nichts mehr vorhanden; was will das arme Weib dazu sagen?

Dergleichen Gesellen werden oft so arm wegen ihres liederlichen Wandels, daß sie endlich im Spital müssen sterben, die Armuth kommt sie hart an, und verdienen dadurch die Höll. Den heiligen Franciscum von Assis ist seine freiwillige Armuth leicht ankommen, also zwar, daß er solche seine liebe Mutter genennet hat, und hat mit dieser den Himmel verdient, so ist dennoch schwerer zum Teufel fahren, als zu Gott kommen.

Ammon, der königliche Prinz des Davids, ist so dürr und mager worden, daß er wie ein Ladstecken hat ausgesehen, er hätte können mit dem Ellbogen gar leicht ein Loch durch ein eichenes Bret bohren, die Augen seynd ihm also tief im Kopf gesteckt, daß man geglaubt, in diesen Gewölbern seynd keine Aepfel, sondern dürre Birnen oder Kletzen; beede Wangen waren dergestalten eingefallen, daß es geschienen, [130] als hätte ein Buchbinder die Kinnbacken mit Pergament überzogen; die Farb im Angesicht war dem zeitigen Stroh nicht ungleich, und hätte solches das nächste beste Brennglas gar leicht können anzünden; aber es ist alles dieses kein so großes Wunder, denn er hat manche Nacht nicht ein Aug zugedrückt, es hat ihm weder Essen noch Trinken geschmeckt, er hat oft so große Seufzer von Herzen abgedrückt, wenn solche hätten Schellen angehabt, hätte man sie über eine Viertelstund weit gehört; die Melancholie hat ihn dergestalten eingenommen, daß er oft nicht gewußt, ob es Sommer oder Winter ist, in seinem Kalender war es immerzu trübes Wetter, in seiner Kuchel hat es allezeit geraucht, in seinem Garten ist nichts gewachsen, als Sauerampfer, in seiner Sonne war allezeit Finsternuß, in seiner Uhr war nichts als Unruhe; wenn er geredet hat, so war alles hinter sich für sich; wenn er geschaut hat, so war alles hin und her; wenn er geessen hat, so war alles in Gedanken; wenn er getrunken hat, so war alles in Seufzen; in Summa, wenig ist abgangen, daß ihm nicht gar die Seel ausgangen. Ja wenn die Seel hätte Federn gehabt, und ein jeder Seufzer wäre eine Feder gewest, so wäre die Seel so bloß worden, wie eine gerupfte Martinsgans. Was muß dem guten Herrn gewest seyn? Jonadab hat selbst den Prinzen gefragt: »Quare sic attenuaris maci? 2. Reg. c. 13., warum er also am Leib abnehme?« Denn er hat so übel ausgesehen, wie ein Eremit, der am ganzen Leib stets ein härenes Kleid trägt; wenn er solches wegen Gott hätte gelitten, so wäre er einer [131] unter die großen Heiligen zu zählen gewest, aber er hat solches gelitten wegen des Teufels; wie da? er hat sich verliebt in die Thamar, diese geile Lieb hat den Menschen also elend zugericht, daß er ein steter Märtyrer gewest, und mehr ausgestanden, als ein strenger Religiös im Kloster.

Es wären ganze Bücher zu beschreiben, was mancher in edler und schnöder Lieb vertiefte Phantast muß ausstehen; mir fällt dermalen in die Feder, was auf eine Zeit einem Gerichtsschreiber begegnet, welcher in verbotener Lieb mit einer Müllerin gelebt hat; dieser Schleppsack erinnerte allemal dem Schreiber die Abwesenheit ihres Manns. Einmal hat sich zugetragen, daß, wie der Müller ausgereist, sie dem Schreiber eine stattliche Jausen zugericht, welche da bestund in etlichen jungen Hühnern, Schüssel Krebs, Krapfen, Spargelsalat, und anbei ein stattlicher Wein. Ein Student, so dazumal in die Vakanz gereist, suchte da eine Herberg, welche ihm aber von der Müllerin rund ist abgeschlagen worden; der arge Latinist war nicht so dumm, daß er nicht etwas verargwohnet hat, daher er durch ein Fenster ganz wohl gesehen und abgenommen, wie man dem Schreiber so stattlich hat aufgetragen; aber da kaum alles auf den Tisch ist gesetzt worden, schlägt der Müller unverhofft an die Hausthür, denn er was nothwendiges zu Haus vergessen. Auf die erste Stimm war alles in größtem Schrecken, die Müllerin wischt geschwind mit einer Speis unter den Ofen, mit der andern unter das Bett, mit der dritten unter die Bank in einen Winkel, ihm aber, dem Schreiber rathe sie, er solle sich [132] geschwind verbergen unter den Bachzuber; nachdem solches geschehen, so ist dem Müller die Thür eröffnet worden. Der Student nicht langsam, und bitt den ehrlichen Mann um eine Nachtherberg, welche er ihm zusagt, jedoch meldet, er werde ein schmales Nachtmahl haben, dieweil sein Weib ihn heut gar nicht verhofft hatte. Indem sie eine Weil bei dem Tisch gesessen, von einem und dem andern geredt, so hat sich der Student verlauten lassen, daß er bereits so viel gelernet, daß er auch ohne Sünd und Beleidigung Gottes könne natürlich zaubern. Der Müller konnte sich nicht genugsam dessen verwundern, und zeigt einen begierigen Vorwitz, etwas von solcher raren Kunst zu sehen; der Student thut sich hierüber anerbieten, er wolle in aller Kürze ein gutes Nachtmahl herzu zaubern; das war dem Müller eben nicht ungefällig, fängt demnach an, etliche arabische Sprüche zu reden: »Arenigs, Ihrevrest, Izort Ammelez, Ostedet, Occasleurs, etc.« allo, eine Schüssel gebratene Hündel vom Ofen hervor; der Müller gehet, sucht, bringt wahrhaftig eine Schüssel Hündel, worüber er sich nicht genug verwundern konnte. Nach diesem fängt der Studiosus mehrmalen an: »Odnaqua, angillam Saggelmi Ottillanzaris, Elibantaz,« allo, eine Schüssel Krapfen unter dem Bett hervor; der Müller sucht, findts, und bringt mit höchster Verwunderung. Der Scholar fährt ferner fort: »Lemachdus Crebiambes formatlach, gnebsamich etc.« allo, einen guten Spargelsalat unter der Bank zu finden etc. Der Müller schaut, findt, trägt und thut sich fast dessentwegen verkreuzigen. [133] Der Student weiter mit seiner lächerlichen Zauberkunst; aber wie es der Frau, forderist dem guten Gerichtsschreiber unter dem Bachzuber um das Herz gewest, ist nicht zu beschreiben, der konnte kaum schnaufen, er durfte sich nicht rühren, das Husten war ihm gar verboten, der kalte Schweiß benetzte sein ganzes Angesicht, alle Lebensgeister waren bei ihm in einem halben Arrest, Angst und Sorg bedrängten sein Herz dergestalten, daß ihm fast der Bachzuber zu einer Todtenbahr worden, denn er sich leicht konnte einbilden, der lateinische Zauberer werde ihn ebenfalls errathen. »Prognus Gnaballos, Winglanson Tranzarieth etc.,« sagte der Student, und schreit zugleich, eine gute Kandel Wein aus demselben Kästel, wo die alten Handtücher seynd; der Müller gehet, machet auf, zieht heraus eine Kandel voll mit dem edelsten Wein. Wie sie nun beide solches wunderliche Nachtmahl verzehrt, so fragt der Studiosus, ob er, der Müller, wolle auch den Teufel in Menschengestalt sehen; ja, warum das nicht, antwortet der Müller, wann er nur, der Satan, nicht gar abscheulich ist; bene, sagt der Student, allo »Lebztanti, Schnebitti Marcasmos autezion etc.,« hui Teufel unter dem Bachzuber hervor, und packe dich eilends zum Haus hinaus, sonst wirst du tausend Prügel zu gewarten haben; der Bachzuber fängt sich an zu rühren, denn der Arrestirte daselbst wußte schon, daß dieser Befehl ihn angehe, der Müller fängt gleich das heilige Kreuz an zu machen; der Kerl aber saumt sich nicht, kriecht hervor, und nimmt mit höchster Furcht die Flucht; der Müller schreit alsobald auf: [134] allmächtiger Gott: wie sieht der Teufel unserm Gerichtsschreiber so gleich. Was Furcht, was Angst, was Sorgen, was Drangsal dieser Gesell unter dem Bachzuber gelitten, ist gar nicht zu beschreiben, also zwar, daß er selbst bekennt, daß er lieber wollte ein Karthäuser seyn, und das strengste Leben führen, als mehrmalen sich um das verbotene Buhlen annehmen; gewiß ist es, wenn er solches hätte um Gottes Willen gelitten, daß er derenthalben sich eine große Kron im Himmel hätte geschmiedet.

Herr Doktor, was, schreibt ihr ein Recept? warum so viel Dekokt? warum so viel seltsame Kräuter? warum Sassafras und Sassaberil? was seynd das für indianische Tannenzapfen? Pater, es gehört für einen, dem man das inficirte Blut muß wieder reinigen, das Mark in Beinen wieder stärken, und die neapolitanischen Dragoner aus dem Quartier jagen, so dermalen in Frankreich übergangen; es ist halt Venus und Venenum aus einem Ort gebürtig, die Person darf ich nicht nennen, oder aber er muß bei sich behalten, es ist der und der, aber sub Sigillo.

Herr Barbierer, was ist das für ein seltsames hölzernes Gebäu? es scheint, als wäre es ein moskowitischer Krämerladen; das ist ein hölzernes Futteral über einen Menschen; der Kopf schaut oben heraus, es sieht schier her, als wäre es ein kleines Modell, von der Arche, allwo das Fenster auch obenher gewest? Pater, das ist ein Vorschlag, worin man schwitzen muß, das ist ein zeitliches Purgatorium, das ist ein rechtes Angststübel, da muß man des Adams Fluch erfahren: »in Sudore vultus tui etc.,« es [135] gehört für einen, der keinen Namen hat, doch der Pater trägts nicht weiter, es ist der und der etc., suo Rosa.

Mein Herr Eberhard, wie sieht der Herr so schlecht aus, war doch vorhero nichts an dem Herrn als Milch und Blut, wie seynd dem Herrn die schönen Haar also ausgangen, thut er doch ärger mausen, als eine Bruthenne, wie wacklen dem Herrn die Knie, zu einem Weber taugt der Herr nicht mehr, der Herr schaut aus, als hätte er Schwefelhölzel gessen, ist er doch so bleich ums Maul wie eine Amsel, so noch im Nest sitzt, hat der Herr etwan also streng gefast? oder Disciplin gemacht? oder ein härenes und undiscretes Cilicium getragen? Ist der Herr ein Mönch oder ein Einsiedler gewest in Palästina oder Thebaide oder in Egypten? Ach nein, sagt dieser, ich hab Curam animalium gehabt, der Barbier und Bader haben mir die Planeten gelesen, worüber meistens die Venus gewest, weiter will ich nichts sagen, man kennt mirs an der Nase an, als die einen so schlechten Falset speist; die Zähn selbst verrathen mich, seynd ganz schwarz, und gehen in der Klag wegen meiner verstorbenen Unschuld, Patentia! Der heil. Chrysostomus hat gar wohl geredet: »Non soli animae sed et corpori sunt nocivae, eo, quod ex forti fit debile, ex sano aegrotum, ex formoso deforme, ex juvene veterosum etc.« Ach Gott! der Teufel ist mit seiner Waar viel theurer als Gott, es ist härter und schwerer in die Höh zu kommen, als in Himmel, es kost mehr Müh und Drangsal, verdammt, als selig zu werden: wann ein solcher dieß [136] wegen Gott thäte leiden, was er wegen des Teufels, er wäre der nächste bei der Kanonikation.

Der heilige Paulus gibt ihm samt andern Aposteln ein seltsames Prädikat in der 2. Epistel zu den Korinthern: »Nos stulti propter Christum: Wir seynd Narren um Christi willen.« Aber die Welt zählet weit mehr Narren um Christina willen, als um Christi willen.

Nachdem der tyrannische Abimelech hin und her und forderist an seinen Brüdern große Grausamkeit geübt, so ist er endlich mit seiner Armee zu dem Thurm Sichem geruckt, weil er wohl gewußt, daß die meisten Leut sich dahin salvirt hatten, indem er aber bereits den festen Ort wollte besteigen, da wirft ein Weib ein großes Stück von einem Mühlstein ihm auf den Kopf, und hat ihm das Hirn zerbrochen. O wie oft geschieht, daß ein Weib einem das Hirn verruckt, und gar zu einem Narren macht.

Samson hat verdient, daß alle Zungen sollen von ihm reden, Samson hat verdient, daß alle Federn sollen von ihm schreiben, Samson hat verdient, daß alle Wohlredner sollen ihn hervor streichen: Nimrod stark, Milo Kortoniata stark, Polidamas stark, Starchaterus stark, Kleomenes stark, Archidamus stark, Krates Thebanus stark, Artaxerxes stark, Demokrates stark, aber Samson weit stärker, weit: Löwen zerrissen, wie ein kleines Kitzel, das ist viel; mit einem Esels-Kinnbacken tausend Philister erschlagen, das ist viel; eine ganze Stadt-Pforte wie ein Latern-Trumm auf den Achseln tragen, das ist viel; ein großes Gebäu auf einmal niederwerfen, das ist viel; [137] dreihundert Füchse fangen, und ihnen brennende Fackeln an die Schweife hängen, das ist viel, das alles hat gethan der starke und heldenmüthige Samson. Ein Eichbaum ist ihm gewest wie ein Ladstecken, nicht anderst; ein Mühlstein ist ihm gewest wie ein Ballen, nicht anderst; ein dicker Strick ist ihm gewest wie ein Zwirnsfaden, nicht anderst; eine eiserne Kette ist ihm gewest wie ein Schuster-Draht, nicht anderst: ihm hat man in aller Wahrheit den Titel können geben: Invictissimo, dem Unüberwindlichen, und gleichwohl, o großer Fall! ist dieser Samson so weit kommen, daß er auf die Letzt hat müssen einen Narren abgeben: Pfui! Und in dem großen Tempel Dagon im Beiseyn dreier tausend Menschen wie ein Narr müssen spielen. Sag und frag Jemand, wer ihn doch in ein so großes Elend gestürzt hat? so antworte ich: ein et caetera, ein Dalila, ein Schleppsack, ein gemeiner Grindschüppel, eine Schottenauerin etc. Es ist aber gar nichts neues, daß man wegen der Weiber närrisch wird.

Es ist einer gewest, der sich also in eine deutsche Helena verliebt hat, daß er alle Tag etliche Stund vor ihrem Kontrefei ist niederkniet, ja dero Namen hat er mit einem scharfen Federmesserlein ziemlich tief auf seine Brust geschnitten, und meistens alle Tag mit Salz gerieben, damit sein verwundtes Herz allzeit ein frisches Gedächtniß mache seiner Liebsten: Schellen her, wenn auch eine 100 Gulden solle kosten.

Es ist ein anderer gewest, und zwar in der Stadt Wien, war aber kein geborner Oesterreicher, der hat sich also in ein Weiber-Gesicht vergafft, daß [138] er schier derenthalben unsinnig worden, den Speichel, so dieses gefirneste Pfui-Täubl ausgeworfen, hat er mit solcher Begierd aufgeleckt, daß ihm solcher weit lieber und süßer gewest, als ein Zucker aus Kandia. Schellen her, und wenns auch ein ganzes Schlitten-Geläut soll seyn.

Mehr ist einer gewest, welcher also thöricht verliebt war in ein solches Weiber-Gespenst, daß er des Wäscherin viel Geld gespendirt, wenn sie ihm das Wasser überbracht, worin der Leinwand-Zeug dieser seiner Madam gedächtlet worden; ob er solches für einen Syrup getrunken, oder aber sein Gesicht damit gewaschen, ist mir eigentlich nicht bewußt; aber gleichwohl Schellen her, und solle man auch drei Meilen hinter Kalekut suchen.

In einem gewissen Herzogthum Deutschlands ist bei den gemeinen Bauern-Gesellen das Buhlen, welches sie das Fenstern taufen, also gemein, daß sie mehrmalen bei nächtlicher Weil, auch im rauhesten Winter, über etliche Stunden gehen, eine halbe Nacht den Kopf zum Fenster hinein halten, und oft ganze Eiszapfen unter der Nase zieglen, eine teuflische Peristhrasius, wo Hitz und Kälte in einem Losament. Schellen her, und sollens auch so groß seyn, wie der Ober-Steyrer ihre Pferd am Hals tragen.

Mir hat selbst einer bekannt, daß er in seiner unbehutsamen Jugend so närrisch gewest seye, daß er gar gern mit seiner Liebsten wäre in die Höll gangen, ja er habe etliche Zeit dero Pantoffel für einen Trink-Becher gebraucht, auch die abgeschnittenen Nägel von ihren Fingern und Zehen in einem Agnus Dei oder[139] Brevier am Hals herum getragen, und selbes Tag und Nacht verehrt. Schellen her, und nur fein bald, damit man dem Kerl seine Kappe zieren kann.

Nicht so viel Unkosten gehen darauf, es braucht nicht so viel Mühe, man hat weit weniger Sorgen, man erspart viel Kümmernuß, es gibt weniger Arbeit, man darf nicht so harte Brocken schlicken, wenn man den Tugendweg gehet, wenn man Gott dienet, wenn man will selig werden, als wenn man will zum Teufel fahren. O wie recht, spricht Salvianus: »Quanto studio infelicissimi hominum efficitis, ut miserrimi in aeternum sitis, quanto minori cura, minori ambitu, id vobis praestare potuistis, ut semper beati esse possetis!«

Ich versichere, daß keiner in meiner reformirten Religion, nie doch über alle massen streng wegen so vieler Disciplin und Geißlung, massen alle Wochen dreimal ein jeder seiner Haut einen solchen Fliegenwedel spendiren muß, streng wegen der steten Chör, streng wegen so vieler Fasttäge, streng wegen Hitz und Kälte, gleichwohl niemand in diesem Orden wegen Gott und seiner ewigen Belohnung also leidet, wie da leidet eine Hex oder Zauberin, so dem Teufel und seinem Anhang dienet, um eines schlechten und einbilderischen Wollusts halber, denen dieser höllische Wust ihnen vorlegt, müssen sie, wie ihre eigene Aussag öfters dargethan, dergestalten leiden, daß nicht zu beschreiben, er schlägts, er kratzts, er zwickts, er wirfts, er würgts, er raufts, er traktirt sie wie Sklaven und Leibeigene, er erscheint ihnen gar oft wie wilder schwarzer Bock, und da müssen sie ihm an dasjenige Ort einen Kuß geben, wo er zum meisten böcklen thut, pfui Teufel!

[140] Ja sogar muß eine jede von dem stinkenden Wind dieses Bocks eine Kerze anzünden, und folgsam der teuflischen Solennität beiwohnen, von Essen und Trinken will ich dermalen nichts sagen, zumalen der Satan ohnedas kein anders Speis-Gewölb, als die Schind-Grube. Das heißt ja recht, was der weise Mann anstatt solcher elenden Leut geredt: »Lassati sumus in via perditionis, ambulavimus vias difficiles: Wir seynd müd worden auf dem Weg der Ungerechtigkeit und des Verderbens und haben schwere Weg gewandelt.«

Die Unmäßigkeit im Essen und Trinken kommt härter an, als die Mäßigkeit. Was haben die ersten Eltern ins Elend gebracht? Was hat dieses paar Ehe-Volk in solches Unglück gestürzt, daß sie sich nackend und bloß erkennt, und nicht einen Fetzen gehabt, womit sie sich konnten bedecken? Die Schlang, sagst du, ich aber sage, diese nicht allein, sondern ein gewisser Buchstabe aus dem A B C; derselbe sieht aus wie eine Schlang, benanntlich der Buchstabe S. Dieses S. hat den Adam und sein Weib in die äußerste Armuth gestoßen, das verbotene Essen war eine Ursach ihres Verderbens; eben das S. das unmäßige Essen und Trinken bringt manchesmal einen an Bettelstab. O meine Frau! wie gehet es euch so schlecht, eure Wirtschaft ist wurmstichig worden, wie das Manna der Israeliter, eure Hab und Gut ist verschwunden, wie die Glorie auf dem Berg Thabor; euer Geld und große Mittel seynd verwelkt wie die Kürbes-Blätter des Propheten Jonä: euer Glück ist zurück gangen wie der Fluß Jordan; Eure Küsten und Kästen seynd leer wie die Ampeln der fünf thörichten Jungfrauen, [141] allem Ansehen nach steckt ihr in großem Kreuz, und warum? Mein Pater, darum, ihr wißt wohl, daß im A B C nach dem Buchstaben S der Buchstabe T gehet, so wie ein Kreuz aussieht, das S das S, das stete Essen und Trinken hat mich in dieses Kreuz und Elend gebracht, mein Mann war Tag und Nacht im Wirthshaus, seine stete Diversion in Diversorio hat mir mein voriges Glück divertirt. Ich habe oft den Predigern nicht glaubt, wenn sie den Natur-Kündiger Plinio citirt haben, habe manchesmal vermeint, sie machen mit dem Plinio ein Blindes für die Augen, aber dermalen muß ich es mit der Wahrheit gestehen, was sie mehrmalen gesagt haben, daß nämlich ein Strauß, dieser Feder-Krämer, einen so starken Magen habe, daß er auch Hufeisen könne verdauen, jetzt spüre ich es, und nimm leider wahr zu meinem größten Schaden, daß auch ein Strauß könne Haus und Hof verzehren, denn mein Mann war fast täglich im Wirthshaus beim güldenen Strauß und daselbst hat er das Seinige anworden. Ach Gott!

Vor diesem war zu Ingolstadt in Bayern eine gewisse versoffene Studenten-Rott, bei der einer dem andern den Namen geben Brenner, da hat es täglich geheißen, Bruder! heut wollen wir einander brennen da und da; sie haben einander also gebrennt, daß auch das Geld im Beutel zerschmolzen, welches die armen Eltern im Schweiße ihres Angesichts mußten gewinnen: Dem Urheber dieses Namens Brenner ist es durch göttliche Straf sehr übel gangen, massen er auf eine Zeit sehr wohl bezecht bei nächtlicher Weil bei dem Licht eingeschlafen, welches, weiß [142] nicht durch was Bewegung, umgefallen, ihm das Hemmt ergriffen, und folgsam lebendig verbrennt, da hatte sein schlemmerisch Brennen einen traurigen Ausgang. Solches Brennen thut bei manchen Weinzapfen wohl gar sein Haus und Hof verzehren, daß nichts mehr überbleibt, alles, sogar Silber und Gold; Alles, sogar Blei und Zinn; Alles, sogar Stachel und Eisen, wird in die Asche gelegt, außer ein Holz bleibt über, benanntlich der Buchstab.

Der Evangelist Lucas schreibt am 10. Kapitel:»daß einer von Jerusalem nach Jericho seye gereist, es mag seyn, daß er ein reicher Handelsmann gewest, und in besagter Stadt auf dem Markt ein schönes Geld gelöst, wie er nun unter Wegs in einen Wald und dickes Gehölz kommen, da haben ihm einige schlimme Dieb und Strässenrauber aufgepaßt, ihn bis auf das Hemmt ausgezogen, und alles bei Pfenning und Heller, was er bei sich gehabt, hinweggenommen.« Wer müssen diese vermessenen Böswicht gewest seyn? Einige glauben, sie seynd dort herum in der Nachbarschaft zu Haus gewest, dafern es nicht eine pure Parabel ist.

Ich kenne selbst einige, die um das Ihrige kommen seynd, sie haben nicht mehr ein gutes Hemmt am Leib, der Lazarus schaut allenthalben zum Fenster heraus, ihre Schuh seynd auf eine ungarische Modi mit eisernen Nägeln beschlagen: Wer seynd aber dieselbigen gewest, qui despolaverunt eum? die ihn also beraubt, und um das Seinige gebracht? Antwort: Es seynd Oesterreicher gewest, es seynd Tyroler [143] gewest, es seynd Franken gewest, es seynd Steyrer gewest, es seynd Tridentiner gewest, ich verstehe aber lauter Wein, so in diesen Ländern gewachsen, diese, diese haben ihm das Seinige genommen, das hat schon längst vor meiner der weise Salomon gesagt: »Qui diligit epulas, in egestate erit, qui amat vinum et pingula, non dabitur.«

Wie Titus Vespasianus die Stadt Jerusalem belagert, worin so viel hundert tausend Juden verschlossen waren, da haben sehr viel aus der Stadt die Flucht genommen, aber alle von dem Feind ertappt, und von ihnen sehr grausam traktirt worden, und andern haben die Syrier und Araber in einer Nacht zweien tausend Juden die Bäuch lebendig aufgeschnitten, und Geld darinnen gesucht, weilen sie gar gewisse Nachricht erhalten, daß viel aus ihnen das Geld verschluckt hätten. Philo in flavum de Legat. ad Cajum.

Wenn man bei vielen soll fragen, wohin ihr Hab und Gut, ihr Geld und Gelds-Werth seye hinkommen, so wüßte man ihnen keinen andern Rath zu geben, als daß sie sollen diesen Schlemmeren den Bauch aufschneiden, denn alles ist durch die Gurgel gangen, alles ist dem Bauch geopfert worden; Charta bibula hat zu viel gekost, jetzt seynd sie wegen der Unmäßigkeit arme Tropfen, jetzt müssen sie Wasser trinken, weil sie zu viel Wein gesoffen. Ach Gott! wenn sie nur die Hälfte oder den halben Theil hätten Gott geschenkt, was für einen hohen Sitz und Thron hätten sie im Himmel zu hoffen, indem sie aber alles dem Teufel geben, so gibt er ihnen dafür die Höll, die Mäßigkeit [144] vermehrt die Mittel, und promovirt noch in Himmel. Die Unmäßigkeit schmälert die Wirtschaft, verhilft zu der Armuth, und führt in die Höll.

Meister, wie seht ihr aus? wer hat euch ein Blaues für die Augen gemacht? Habt ihr doch mehr Farben im Gesicht als ein Regenbogen, was ist euch für ein Schneider über die Nase kommen? Ich glaub, ihr habt mit der Katze duellirt. Warum habt ihr den Kopf verbunden? Seyd ihr erst gefirmt worden, oder aber hat man euch sonst abgeschmiert? Warum tragt ihr den linken Arm in der Schlinge, habt ihr etwa beym Doctor Faust eingekehrt? Ihr habt weniger Haar auf dem Kopf als zuvor, er hat ja dem Kürschner mit dem Stäblein die Schaben nicht heraus geklopft? Der Hals ist auch stark geschwollen, wer hat euch das Pintzger Kreß gespendirt? Bei was für einem Marktschreier habt ihr diesen so groben Schlag-Balsam eingehandelt? Mich, sagt der Meister, hat gestern der Wein übermeistert, bin dessenthalben in einen Greinhandel gerathen, habe erfahren, daß der Wein einen starken Einschlag gehabt; ich hab des Gestößes so viel genossen, daß ich auch einem anderen hätte können ein Bescheid-Essen mittheilen, die Narren, ich glaube, haben mich für einen Ambos oder Feuer-Glocke angesehen, daß sie also unchristlich darein geschlagen, endlich haben sie mich gar die Stiegen eingeworfen daß gar knoppert und uneben Berg ab, ich kann bei meiner Treu heut kaum ein Glied rühren. Der Noe hat wegen seines Rausches vom Cham gelitten, ich aber vom Kämpel, denn sie haben mich dermassen abkämpelt, daß mir noch der Kopf saust, als hätten [145] mir die Zauberer des Königs Pharao ein ganzes Muckennest hinein practicirt.

Was leide ich! O elender Tropf, ein Geistlicher im Kloster leidet nicht so viel, ein Einsiedler in der Wüste leidet nicht so viel, ein Diener Gottes leidet nicht so viel, als ihr, und dennoch werden diese wegen ihres wenigen Leidens von Gott belohnt, und ihr, wegen eurem vielen Leiden, fahrt zum Teufel. Der heil. Benno hat nur einen ewigen Backenstreich empfangen wegen Gott, der heil. Joannes Dei nur einen, der heil. Philemon nur einen, der heil. Petrus Jeremias nur einen, die heil. Antonina nur einen etc., und seynd doch derentwegen von dem Höchsten wohl gezahlt worden: euch hat man die Haut voll angeschlagen, und dessenthalben könnt ihr den Recompenz beim Teixel suchen.

Wenn ich wäre bei dem Schwemmteich zu Jerusalem gewest, wo eine große Menge und Anzahl der kranken und presthaften Leute gelegen, und hätte einen und andern seines Zustands halber gefragt, da würde ich unterschiedliche Antworten vernommen haben; einer hätte, etwan gesagt, er habe die Gliedersucht, und glaube, es rühre daher, weil er sich so stark erfrieret; ein anderer hätte gesagt, es habe sich die Gall bei ihm ausgossen, und sey er der Meinung, daß er solche Krankheit erblich habe von seinen Eltern; der dritte hätte vielleicht vorgeben, er sey sonst seines Handwerks ein Maurer, und sey einst von einem hohen Gerüst herunter gefallen, wessenthalben er gar auf keinen grünen Zweig könne kommen. Aber hört ein wenig, dort liegt einer, der hat die Wassersucht, [146] er hat einen Bauch wie ein böhmischer Hopfensack; neben seiner liegt ein anderer, der hust immerzu, und wirft aus, als hätte er ganze Laubfrösch im Magen; nicht weit von ihm erblicke ich auch einen, der krümpft sich zusammen wie ein Taschenmesser; ihr drei leidet, allem Ansehen nach, erschreckliche Schmerzen, wie seyd ihr zu diesem elenden Zustand gerathen? Weil ihr nichts sagt, so will ich reden, das saubere Luderleben, das unmäßige Schlemmen, die wiederholten Fressereien, das stete Saufen und Panquetiren hat euch diese Krankheiten übern Hals geladen, so müßt ihr ja selbst bekennen, daß es leichter ist, Gott zu dienen, als dem Teufel. Leichter ist der Weg der Tugenden, als der Weg der Laster, leichter ist in den Himmel zu kommen, als in die Höll: »Propter rapulam multi obierunt.«

Frau, wie gehet es heut ihrem Herrn? schlecht, gar schlecht, er hat die ganze Nacht kein Aug zugedrückt, er hat geheult wie die Wölf um Weihnachten, er hat sich zusammengebogen wie eine Passauerkling, er hat geschrien wie ein Nachtwächter, er hat geschwitzt wie ein Postklepper, er hat gestampft wie ein Leinweber; das macht alles die Kolika, oder auf deutsch das Grimmen, dieses ist ein elender Zustand. Zu der Zeit, da Saul über Israel regierte, war kein einiger Eisenschmied oder Messerschmied im ganzen Lande, und folgsam kein Degen noch Spieß zu finden; aber bei einem solchen, der an der Kolika leidet, ist fast nichts als Degen und Spieß zu finden, denn es schneidt und sticht im Leib, als wäre ihm das Ingeweid auf den Marterplatz geführt worden.

[147] Im dem Bauch des großen hölzernen Pferds zu Troja seynd lauter Soldaten mit Wehr und Waffen verborgen gewesen; bei diesem ist er so elend beschaffen, als hätte er eine ganze Kompagnie Pickeniere im Quartier.

Der ammonitische König Hanon hat schimpfweis den Abgesandten des Davids die Kleider bis auf die Lenden lassen abschneiden; aber dem armen Tropfen ist nicht anders, als schneide ihm einer alles Gedärm voneinander. Dem König Saul, spricht Flavius Josephus, hat eine Zauberin weisgesagt durch eine Stimm, so von ihrem Leib gangen: »Erat enim ventriloqua;« aber bei diesem armen Schelm murret es eine ganze Zeit im Bauch, und verstehet doch keiner die Sprach. Der Raphael hat dem jungen Tobiä befohlen, er solle den Fisch aufmachen, und die Gall heraus nehmen, denn solches sehr gut sey vor das Augenweh; der elende Mensch hat so viel Gall im Leib, daß er gar leicht ein ganzes Spital könnte versehen, wenn auch alle einen Zustand an Augen hätten. Das Grimmen plagt ihn dergestalten, als hätte der grimmige Tod schon einen Fourier voran geschickt, der seine Pfeil an ihm probire. Schmerzen hat er, die seynd nicht auszusprechen; Schmerzen hat er, die sind nicht zu beschreiben; Schmerzen hat er, die sich kein Mensch kann einbilden; aber woher kommt solches? hat er etwan zu viel gefast wegen Gott? oder zu viel im Gebet gewacht wegen Gott? oder zu keusch gewest wegen Gott? Um Gott leidt er solches nicht, sondern wegen des Teufels, denn er hat sich also erzürnet, daß ihm die übermäßige Cholera solche unermeßliche Kolika verursacht.

[148] Das Jahr, sagt einer, hab ich in meiner Wirthschaft erschrecklich eingebüßt, ich bin über drei Monat im Arrest gesessen, mehr Solitium und Einsamkeit ausgestanden, als ein Mönch unter dem Pachomio oder Paphnutio, und solcher Zeit ist mein Gewerb ins Defizit kommen, daß also in meiner Grammatika lauterCaret zu finden. Unterdessen hat mein Weib den Frei-Herrn-Stand angetreten, und hat sich der Luft bedient, die doch zuvor auf Schneckenart mußte zu Haus bleiben; dem Stadtrichter hab ich müssen hundert Thaler geben, das Rezepisse bestund in einem Kapitel, dergleichen auch der heilige Paulus nie zu den Kretensern geschrieben hat; dem Barbierer hab ich müssen kontentiren, daß ich wohl erfahren, daß er mehr Zugpflaster als Kühlpflaster gebraucht, ja wenn ich einen solchen Wundarzt hätte gehabt, wie der Malchus, dem unser lieber Herr das abgehaute Ohr hat umsonst angeheilt, so wäre ich freilich besser bestanden; in Summa, etliche hundert Gulden seynd dasmal darauf gangen, und hab keinen guten Bissen dafür genossen; aber wie da? ich, sagt er, hab mich erzürnt, und in solchem unbändigen Zorn meinem Diener eine Hand abgehaut; und sonst also mit ihm verfahren, daß er kümmerlich mit dem Leben davon kommen. O mein Kerl! mit aller dieser Ausgab hast du die Höll verdienet, wenn du aber die Hälfte dessen hättest freiwillig den Armen gespendiret, so wäre dir der Himmel gewiß gewest; so ist denn wahrhaftig die Höll theurer als der Himmel, und der Weg zu den Lastern härter als zu den Tugenden.

Ich hab vor sechs Jahren in meiner [149] Romanerreis auf dem Florentinergebirg unweit Radikophani einen wackern Herrn, so sonst aus Mailand gebürtig, angetroffen, der da im Wirthshaus einen gemeinen Hausknecht mußte abgeben, und bereits schon fünf Jahr dieses schlechte Amt verrichten, so doch von einem guten Haus und adelichen Geblüt herstammte; ich fragte die Ursach seines Unglücks, welcher mir dann alles umständlich erzählet, was gestalten er vorhin in stattlichen Mitteln sich befunden, deßgleichen auch nicht im geringen Ansehen gewest, und fernere große Promotiones hätte zu hoffen gehabt; weil er aber mit seinem leiblichen Bruder in einen Zank und Zwiespalt gerathen, auch selbigen im Zorn entleibt und umgebracht, also habe er sich derentwegen müssen in die Flucht begeben, und weil man ihm mächtig nachgestellt, so hat er sich in einen weit entfernten Wald bestermassen verborgen, keine andere Lebensnahrung genossen, als die unverdaulichen Eicheln, so sonst ein gemein Konfekt der Schweine pflegt zu seyn, bis er endlich nach tausend Gefahren und ausgestandenen Mühseligkeiten an diesen Ort gelanget, und sich noch also armselig müsse durchbringen. Was der Zorn nicht thut! am jüngsten Tag werden wir sehen, daß solchergestalten viel in der Höll unter den Verdammten werden stehen, die da mehr ausgestanden, als viel Heilige im Himmel; viel und aber viel werden gezählt werden, die sich mehr bemühet haben um die Höll als um den Himmel; und gewiß ist es, daß mehr Ketzerei und Ungelegenheit ist in Uebung der Laster, als in Uebung der Tugenden.

Kein Element thut größeren Schaden zufügen in[150] der Welt, als das Feuer, und gedünkt es einer jeden Feder unmöglich zu beschreiben das Unheil, so von diesem allerseits herrühret. Die katholische Kirche pflegt uns den ersten Tag in der Fasten zu dem Aschen das Memento hinzuzusetzen, »Memento homo, gedenk Mensch, daß du Staub und Asche etc.« Wegen des Aschens, in dem die Kron Frankreich so viel edle und uralte Städt diese Jahr hindurch gelegt hat, haben wir ein ewigesMemento und Gedenken. Sonsten ist der Aerzte Aussag, daß nemlich das Lilienöl gut und heilsam sey, wenn sich einer gebrennt hat. Bei diesen unsern Zeiten erfahren wir das Widerspiel, indem uns die französische Lilie mehr gebrennt, als abgekühlt; Speier, Worms, und andere vornehme Oerter um Bericht etc. Samson hat durch drei hundert Füchs die schönen philistäischen Felder in die Asche gelegt. Die arglistigen Mordbrenner haben sogar das Königreich Böhmen nicht verschonet, wie denn neben andern stattlichen Oertern Anno 1689 den 21. Juni die schöne Hauptstadt Prag durch solche gewissenlose Leut einen unermeßlichen Schaden gelitten, und neben vielen hundert Häusern, so viel herrliche Kirchen und Gotteshäuser in Flammen aufgangen. Was Anno 1683 in Unterösterreich durch den christlichen Erbfeind mit Feuer verzehrt worden, können es die wässerigen Augen nicht sattsam bethränen.

Aber ungeacht des großen Schadens, welchen die Menschenkinder von solchem feurigen Element leiden, ist weit größer das Unheil, so aus dem feurigen Zorn entstehet. Wenn mancher so kurz angebunden, und gleich Feuer im Dach ist. Dergleichen Exempel[151] hat man durch tägliche Erfahrnuß. Ich weiß mich zu entsinnen, daß vor 20 Jahren von mir zu Wien an Simeonis und Iudätag eine Predigt gehalten worden, worinnen etwas wider die bösen Weiber, wie an dergleichen Tag meistens pflegt zu geschehen, ist eingeführt worden. Unter der ziemlichen Anzahl der Zuhörer war auch ein ehrlicher und mir wohlbekannter Mann, welcher eine kleine Lektion aus der Predigt zu Haus seinem bösen Weib bei dem Tisch erzählet hat, diese aber, gleich einer Hausorgel, fängt an zu pfeifen, und wird dergestalt zornig, daß sie alsobald nach des Manns Gesicht avanciret, nicht allein auf Tigerart ihm blaue Augen eingesetzt, sondern noch die untere Lefze des Munds zwischen die Zähne gebracht, dieselbe ganz unsinnig abgebissen, und hinunter geschluckt, wodurch der Mann veranlaßt worden, indem sie mehrmalen dergleichen Unsinnigkeit im Zorn begangen, daß er sie aus dem Haus vertrieben, und viel Jahr im Elend herum wandern lassen, bis sie endlich gestorben ist.

In was häufiges Unglück, ja gänzlichen Untergang, seynd nicht mehrmalen die Spieler durch den Zorn gerathen? Zu Parnormi in Sizilien ist ein Spieler in einen solchen unsinnigen Zorn ausgebrochen, nachdem er das Seinige verloren, daß er mit einem Dolch gegen die Bildnuß Mariä der Mutter Gottes gelaufen, und selbige bis auf das Blut verwundet. Solcher Böswicht ist alsobald durch das Gericht zum Strang verurtheilt worden, und zwar sollte er hängen vor der Kirche, gleich hinüber, wo er diese Missethat begangen; weilen aber dort weder Baum noch ein anderes Gericht gleich vorhanden, also ist [152] augenblicklich durch ein Wunderwerk in Gegenwart vieler tausend Personen ein großer Stein von der Mauer ohne einige Handanlegung heraus gangen, an welchem dieser gotteslästerliche Spieler hat können gehängt werden.

Zu Bononien in Italien ist ein Spieler, um weilen er im Spielen ein ungünstiges Glück gehabt, in einen solchen grimmigen Zorn gerathen, daß er einen Stein an die Brust der Mutter Gottes geworfen, so da war an die Mauer gemalt, und selbe gleichergestalt bis auf das Blut verwundet; aber die Rach Gottes ist nicht außen geblieben, denn kaum hat dieser gottlose Mensch den Fuß aus der Kirche gesetzt, da ihn alsobald ein Donnerstreich dergestalten zur Erde niedergeschlagen, daß ihm alles Ingeweid zum Leib heraus gefallen.

Zu Luka, ebenfalls in Welschland, hat gleichermaßen ein Spieler, weil er nemlich um das Seinige kommen, in dem unmäßigen Zorn die Bildnuß der Mutter Gottes mit einem Stein geworfen, und gleich darauf von der Erde lebendig verschluckt worden.

Zu Amerung im cölnischen Gebiet hat auch ein Spieler, nachdem er um das Seinige kommen, aus verdammtem Zorn ein steinernes Bild mit einer Musquete geschossen, und ebenfalls zum häufigen Blut gebracht, worüber er unsinnig worden, und bald in solchem elenden Stand die unglückselige Seele aufgeben.

Zu Mainz in der churfürstlichen Hauptstadt weiß fast ein jedes Kind, was daselbst der vermessene Spieler, mit Namen Schellkrops, aus Zorn gestift hat. Dergleichen Begebenheiten seynd fast ohne Zahl und[153] ohne Ziel in der ganzen Welt. Durch den Zorn wie viel kommen um Hab und Gut, durch den Zorn wie viel kommen um Ehr und guten Namen, durch den Zorn wie viel kommen um ihre gewünschte Gesundheit, durch den Zorn wie viel kommen um Leib und Leben, woraus dann sonnenklar erhellet, daß einen die Laster härter ankommen, als die Tugenden, daß man mehr leidet wegen des Teufels, als wegen Gott, und daß einer müder und matter werde auf der Straße zur Höll, als auf dem Weg gen Himmel.

Wenn man den Namen einer Person nicht weiß noch offenbaren will, so schreibt man gemeiniglich den Buchstaben N. N. Wie heißt der größte Schelm zu Hof? jedoch mit Erlaubniß, daß ich so grob geredt; Antwort N. N. Wie heißt der schlimme Kerl, so aller Viktorie im Feld Prügel unter die Füß wirft? N. N. Wie heißt der leichtfertige Gesell, so die Mönche und andere Ordenspersonen unter die anderen verhetzt? N. N. Wie heißt das Herrlein, so allen Kanzleien die Dinte so bleich macht? N. N. Wie heißt das Bürschel, so unter allen Künstlern die Freundschaft zertrennt? N. N. Wie heißt der verwegene Gesell, so unter allen Handwerkern die Brüderschaft aufhebt? N. N. Wie heißt der gottlose Gast, so auch bei den Bauern in den Dörfern die größte Ungelegenheit macht? N. N. Wie heißt der nichtsnutzige Schlenkel, so auch in den Spitälern die Suppen versalzet? N. N. Wie heißt der ungeschaffene Limmel, so auch in die geflickten Bettelsäck große Löcher macht? N. N. Was ist aber das N. N.? Ich will es nicht mehr weiter verbergen, es ist der Neid, [154] Neid; der erste Willkomm zu Hof heißt Neid, die erste Parola im Feld heißt Neid, die erste Salve im Kloster heißt Neid, der erste Gruß in der Kanzlei heißt Neid, der erste Tritt herein bei den Künstlern heißt Neid, die erste Bekanntschaft bei den Handwerkern heißt Neid, die erste Bauernsuppe heißt Neid, der erste Bona dies im Spital heißt Neid, das erste Bettlerprivilegium heißt Neid; und es macht der Neid, daß fast jedermann leidt.

Diokletianus ist ein Tyrann gewesen, ich bin auch einer, sagt der Neid; Trajanus ist ein Tyrann gewest, ich bin auch einer, sagt der Neid; Domitianus ist ein Tyrann gewest, ich bin auch einer, sagt der Neid; Quintianus ist ein Tyrann gewest, ich bin auch einer, sagt der Neid; Julianus ist ein Tyrann gewest, ich bin auch einer, sagt der Neid; Numerianus ist ein Tyrann gewest, ich bin auch einer, sagt der Neid; Maximianus ist ein Tyrann gewest, ich bin auch einer, sagt der Neid; und plage, und quäle, und peinige, und martere die Leut mehr als andere Tyrannen. Der heilige Märtyrer Probus hat am Kopf gelitten, die heilige Lucia hat an Augen gelitten, die heilige Aquilina hat an Ohren gelitten, der heilige Tharaccus hat an der Nase gelitten, die heilige Apollonia hat an Zähnen gelitten, die heilige Agatha hat an der Brust gelitten, der heilige Adrianus hat an der Achsel gelitten, der heilige antiochenische Macarius hat an Armen gelitten, der heilige Thyrsus hat am Rucken gelitten, der heilige Andronicus hat am Bauch gelitten, der heilige Gregorius hat an Füßen gelitten; [155] aber ein Neidiger leidet am Herzen, dieß ist weit eine größere Marter.

Aaron und Maria haben einmal wider ihren Bruder Moses übel geredt, und ihn durch die Hechel gezogen; Gott könnt hierüber nicht anders, als diese beide derenthalben zu strafen, aber wie? vielleicht wie jener Priester, von dem Kantipratanus schreibt, der wegen solchen Lastern vor dem Tod sich selbst unsinniger Weis' die Zung abgebissen? vielleicht wie jener vermessene Gesell, dem das Maul samt dem Hals erkrummt, weil er übel geredt hat wider den heiligen König Ludwig in Frankreich? nichts dergleichen, sondern Gott hat den Aaron und Mariam zu sich gerufen, und in dero Gegenwart den Moses über alles gelobt und hervorgestrichen, sprechend? »Höret meine Wort: ist jemand ein Prophet des Herrn, dem will ich im Gesicht erscheinen, oder ich will im Traum mit ihm reden, aber nicht also, mein Knecht Moses, der in meinem ganzen Haus der Allergetreueste ist, denn mit ihm rede ich von Mund zu Mund etc.« Solches Lob hat die zwei neidigen Leut also gebrennt, als hätten sie eine Hand voll glühender Kohlen geschlückt; es hat sie also gestochen, als hätten sie sechs Dutzend Nadeln eingenommen; es hat ihnen also wehe gethan, als wären ihre Herzen auf die Folterbank gelegt worden etc. »Olea isti ibi;« es ist fast keine Marter über dieselbige, was da ein Neider leidet, wenn er sieht, daß es seinem Gegentheil wohl gehet, darum wegen der innerlichen Schmerzen hat er eine Farb wie ein Schwefel, hat Augen wie ein alter [156] Falk, hat eine Stirn wie ein Stiefelbalg, hat Lefzen wie ein Blei, und seufzet immerzu wie ein Pfau etc.

Auf ein Wort zu mir, du Teufel, mein Kerl, sage du mir, was hat dir der fromme Job gethan, daß du so tyrannisch mit ihm verfahren? warum also mit ihm? warum nicht mit Noe? mit Enoch? mit Elias? mit Moses? mit Abraham? mit Isaak? mit Jakob? mit David? welche gleichfalls große Diener Gottes, und in allen Tugenden berühmte Männer gewesen? Sag mir die Ursach, du verdammter Schelm! willst mit der Sprach nicht heraus, wart, ich will dir solches selbst in deinen Bocksbart reiben. Weißt du dich noch zu entsinnen, woran kein Zweifel, wie dich der allmächtige Gott befragt hat, nachdem du den ganzen Erdenkreis durchwandert, ob du nicht habest in Acht genommen seinen Knecht, den Job: »Quod non sit ei similis in terra? daß seines Gleichen nicht sey auf dem ganzen Erdboden?« Ja, ja, freilich; was denn? gar recht, sagt der Teufel, ich gestehe es; wie ich hab gehört, daß der Job also gelobt worden, daß seines Gleichen nicht sey, das hat mich also verdrossen, das hat mir also wehe gethan, daß ich nicht habe gewußt, was ich soll anfangen, und darum habe ich alle möglichen Mittel und Weis' gesucht, wie ich ihn könne stürzen.

Was den Teufel damalen geschmerzet und gequälet hat, dasselbe leidet noch auf den heutigen Tag ein jeder Neidhardt; sag einer nur in Gegenwart etlicher Damasen, welche sich auch hübsch zu seyn gedunken, daß Isabella Ioanneta von Weißenegg die Schönste sey, und ihres Gleichen nicht, das wird eine und [157] andere verdrießen, als hätte ihr der allergröbste Schmiedgesell mit dem großen Hammer Jackelio eines auf das Herz geben; sie wünschet der Isabella, daß sie so viel Warzen im Gesicht möge bekommen, wie viel Scheerhaufen auf einer Wiese; sie wünschet, daß ihr Gesicht mög eine Farb bekommen wie der rothe Marmorstein von Salzburg etc. Sag einer nur im Beiseyn etlicher Kriegsobristen und hoher Offiziere, daß Ludwig von Bravenheim ein stattlicher Soldat sey, von einer unerhörten großen Kriegserfahrenheit und ansehnlicher Kourage. Ja seines Gleichen nicht! daß wir einem und dem andern das Herz also treffen, daß er zappelt und zittert wie der Fisch, welchen der jüngere Tobias aus dem Wasser gezogen; man wird tausend Kalender machen, wie über die Sonn eine Finsternuß zu bringen sey; man wird alle Schaufeln probiren, bis man diesem eine Grube gräbt; man wird alle Wälder durchsuchen, bis man einen Prügel findet, den man ihm unter die Füß werfe. O Neid! sag einer nur, daß Heinrich Artenberger in der Gegenwart aller Maler der beste Künstler sey, und zwar der Zeit sey seines Gleichen nicht; da wird es einem und dem andern nicht anders seyn, als hätte ihm ein Hechelmacher alle seine Waar in Busen geworfen, es wird ihm eine solche Röthe im Gesichts aufstehen, daß er sein Lebtag keine solche Florentinerlack gebraucht, er setzt ein ganzes Dutzend Brillen auf die Nase, damit er demselben einen Fehler könne finden, das Herz ist ihm wie ein harter Reibstein, worauf der Teufel schwarze Farb zuricht, den anderen nach Möglichkeit zu verschwärzen. Sag einer nur im [158] Beiseyn etlicher Handelsleut, daß Georg Zuckerhofer die beste Waar habe, absonderlich nach dieser Modi und dermalen sey in der Stadt seines Gleichen nicht; das wird einem und dem andern das Herz dergestalt hupfet machen, als hätte der Teufel einen Tanz aufgemacht, er wünschet ihm anstatt der Modibänder lauter Strick, er wünscht ihm anstatt des englischen Tuchs lauter Teufel, er wünscht ihm anstatt des seidenen Zeugs lauter Bussi, er wünscht ihm anstatt der Ellen lauter Prügel etc. O Neid, sag einer unter etlichen Herren Doktores, der Doktor Curatius sey bei diesen Zeiten der beste, und findt man dermalen unter allen seines Gleichen nicht. Holla, da wird einer und der andere mehr haben von der Gall, als von Galleno, einer wird sagen, er wisse so viel als jene Medici, denen das Weib, so am Blutgang gelitten, als das Ihrige angehängt, und doch nicht kurirt worden; Matth. K. 9. Ein anderer wird sagen, er habe von ihm ein Recept gelesen, das hat gelautet: »et sui eum non receperunt etc.« Vom Dritten wird man hören, er sey ein paduanischer Doktor, aber mache weit weniger Wunderwerk, als Antonius von Padua etc. O Neid!

Sie essen nicht, sie trinken nicht, sie ruhen nicht, wer? Die sauberen Synagog-Brüder, die hebräische Priesterschaft, sie laufen, sie schnaufen, sie fragen, sie klagen, sie schreiben, sie treiben, sie hören, sie thören, sie hetzen, sie wetzen, sie brennen, sie rennen, sie dichten, sie schlichten, sie leiden erschrecklich, weder Ost-Wind, weder West-Wind, weder Nord-Wind, weder Süd-Wind, können auf dem Wasser so viel Wellen [159] erwecken, als trübe Gedanken in ihrem Herzen, ein Löw beißt grob, ein Leopard beißt grob, ein Pantherthier beißt grob, ein Tigerthier beißt grob; aber das, was sie leiden, beißt ihnen gar das Herz ab, und dieses ist der Neid, denn wie sie gesehen, daß Christus der Herr so viel Mirakul wirket, daß bei seiner Predigt so viel Zuhörer, daß seine Lehr bei jedermann in so großem Ruhm, daß seines Gleichen nicht zu finden, das hat sie fast unsinnig gemacht, das hat sie dergestalten geschmerzt, daß sie oft weder schlafen, noch essen, noch trinken konnten. O ihr elende Narren, wegen des Teufels leide ich so viel, es bleibt halt noch wahr und klar, daß es nicht so viel Mühe koste, in Himmel zu kommen, als in die Höll.

Herr Reichard, ihr habt ein schönes Neiglein Geld beieinander, Gott vergönns euch, ich hab den Herrn noch wohl gekennt, wie sein ganzer Kram in etlichen Ellen Bändeln bestanden, weiß auch wohl, wie er sein ganzes Handel-Gewölb im Korb herum getragen, und ein edles Mitglied gewest der Savoyarden. Wahr ist es, mein Pater! aber mit Faullenzen hab ich solches nicht erworben, es wäre kein End, wenn ich sollt alles erzählen, was ich hab ausgestanden. Ich bin viel Jahr von einem Markt zum andern gereist, und tausend Ungelegenheiten ausgestanden, ich bin gar auf Leipzig gereist, aber dem Leib gar wenig Guts gethan, oft in dreien Tagen keinen warmen Bissen zu mir genommen, und also den Blasbalg leicht ersparen können; ich hab unter den Unkatholischen wohl doppelt katholisch gefast, und ist bei mir wohl doppelte Vigil gewest. Bei meiner Tafel hat sich selten eine [160] Fliege sehen lassen, außer sie hat einen Appetit gehabt nach Käs und Brod. Der Wein ist mir zu theuer gewest, dahero meine meiste Hoffnung in Brunn gefallen. Bei Winterszeit bin ich oft dergestalten erfroren, daß ich dem Teufel selbst nicht hätte können eine Feige zeigen etc. Einmal auf der Reise nach Frankfurt hat mich der Fuhrmann umgeworfen in Mitte einer Kothlacke, da hab ich mein Lebtag nicht so viel Pfeffer im Maul gehabt, hab mir zugleich die Achsel ausgefallen, und weil ein unerfahrner Wurmschneider über mich kommen, und nicht recht kurirt, also leide ich noch unermeßliche Schmerzen, und weiß ich es besser als alle Kalendermacher, wann ein übles Wetter wird einfallen. Auf dem Weg nach Grätz bin ich unter die Werber gerathen, und weil ich zu dem Mars keine Lust hatte, so ist der Saturnus über mich kommen, und mir der Buckel also fidimirt worden, daß auch ein Fisch aus Holland mit mir ein Mitleiden gehabt hätte. Auf der Botzner Reis' da hab ich gar viel ausgestanden, denn hinein ist das Pferd mit mir gefallen, daß ich also drei Wochen habe müssen bei dem Barbierer patientiren, der Phantast hat gleichsam nichts gethan als geschnitten, ich glaub, er hat mich für einen Rabwisch angesehen. In der Zurückreise hab ich Unglück auf dem Wasser gehabt und zu Mühldorf unter der Brücke gescheitert, daß also nur ich und ein altes Weib davon kommen, so sich an mich gehalten, und bin also kümmerlich mit dieser Antiquität aus Gestalt kommen. Zu Linz den ganzen Markt hindurch habe ich das Fieber gehabt, und gleichwohl stets in der Hütte verblieben, es ist [161] bald Winter bald Sommer bei mir gewest, und oft nicht gewußt, ob die Hitz oder Kälte werde das Längere ziehen. Zu Wien allhier hause ich schon etlich und dreißig Jahr, und versichere, daß ich allezeit der Erste auf bin und der Letzte zum Schlafen, im Uebrigen ist mir der Strick am Bräter noch nie zerbrochen, und gehen ein ganzes Jahr in meiner Kuchel über zwei Kochlöffel nicht auf, solchergestalten hab ich mir ein Stück Geld gemacht, und getraue mirs noch zu vermehren.

O mein Herr Jesu! was stehet man nicht aus wegen eines zeitlichen Gewinns, was leidet man nicht wegen des Gelds, wie theuer kauft man die Höll. Wie emsig dienet man dem Teufel. Nicht halben Theil so viel Mühe und Marterkost der Himmel, wenn ein Geiziger und Geld-Egel sollt so viel wegen Gott leiden als wegen des Mammons, so würde er unfehlbar eine große Kron im Himmel haben.

Der böse Feind bekommt von Gott dem Allmächtigen die Gewalt, daß er nach Belieben hat können mit dem Job umgehen; aber wie greift er ihn an, damit er denselben zu einer Ungeduld möge bringen? Er nimmt ihm anfangs Hab und Gut, Haus und Hof, alle Habschaft und Wirthschaft, und läßt ihm nichts übrig als ein böses Weib (ein lieber Schatz!) nachdem er gesehen, daß er auf solche Weis' diese starke Säul der Geduld nicht kann umwerfen, so erhält er von Gott eine neue Gewalt, daß er den Job hat dürfen an der Gesundheit angreifen, wie er dann folgsam alle erdenkliche Krankheit ihm übern Hals geschickt, percussit Job ulcere etc. Job cap. 2.

[162] Mir kommt der böse Feind vor, wie gar ein plumper Teufel, warum nimmt er nicht Anfangs gleich dem Job die Gesundheit? Es ist ja diese weit mehr werth als der Reichthum, sagt doch der Poet Horatius:


»Si ventri bene est, capit, pedibusque tuis, nil
Divitiae potuerunt regalis addere majus.«

Geld und Gut liebt man sehr,

Aber die Gesundheit noch vielmehr.


Wenn dem also, warum thut denn der Satan den Job nicht gleich an der Gesundheit antasten? Warum geschwind an dem Reichthum? Höre die Ursach, der böse Feind hat glaubt, der Job seye wie andere geizige Geldnarren, welche da lieber leiden am Leib, als an ihrem Reichthume, wenn eist Geiziger krank wird, und ihm der Doktor etwas von kostbaren Medizinen, als von Bezoar, von Auro Potabili, von Alexipharmaco und dergleichen vorschreibet, so wird er lieber einige Hausmittel wollen brauchen, etwan eine Messerspitz voll eines verdorbenen Midritats, als dergleichen stattliche Mittel, will also lieber leiden am Leib, als am Beutel, ja sogar lieber Hunger leiden, Durst leiden, Mangel leiden, Schmerzen leiden, als am Geld leiden, ei so leide!

Wegen Gott leidet man bei Weitem nicht so viel, als wegen Gold, wie viel geben sich dessenthalben in die größte und augenscheinlichste Todesgefahr. Zu Wien habe ich selbst gesehen, wie einer mit Leitern, so von lauter Stricken gemacht war, zuhöchst des Stephanus-Thurms von außen her hinaufgestiegen, [163] wenn er also den geringsten Fehltritt hätte gethan, oder wäre ein einiger Stein von dem so alten Gebäu gewichen, so wäre nicht ein Glied an dem andern geblieben. Wie viel lassen sich von Zauberern und Teufelskünstlern überreden, daß sie mit augenscheinlicher Leibesgefahr sich unterstehen, in den abscheulichsten Oertern und Spelunken Schätze zu graben. Bekannt wird seyn, was Cedrenus schreibt, was nemlich Anno 1520 zu Basel ein einfältiger Schneider gethan, dieser ist daselbst in eine große Höhle hinein gangen, wovon der gemeine Ruf war, daß ein großer Schatz darin verborgen liege, wie er nun mit geweihten angezündeten Kerzen durch eine und andere eiserne Pforte, so sich selbst geöffnet, hinein kommen, und allerseits er schreckliche Gespenster angetroffen, endlich gelangte er in einen großen, wunderschönen Garten, in dessen Mitte ein herrlicher Pallast und Sommersaal, worin eine über alle Massen holdselige Jungfrau mit einer goldenen Kron auf dem Haupte ihm begegnet, deren unterer Theil aber wie eiserne Schlangen beschaffen, welche ihn alsobald zu einer großen eisernen Truhe geführt, die von zweien kohlschwarzen Hunden gehütet worden, und nachdem sie solche besänftiget, hat sie erstgemeldte Truhe mit den Schlüsseln, die sie am Hals getragen, eröffnet, und nichts als Silber und Gold darin gezeiget, mit Verlauten, daß sie an diesen Ort verflucht seye, und könne nicht erlöst werden, außer sie empfange von einem gerechten jungen Gesellen drei Küß, worauf er zur Dankbarkeit diesen Schatz zu erheben habe. Der fromme Einfalt hat ihr aus Begierd des Gelds allbereit zwei Küß gegeben, sich [164] aber nicht gekraut wegen des Dritten, weil es gescheint, daß sie ihn aus lauter Freude zerrissen hätte welches auch ohne Zweifel wäre geschehen, wenn nicht der allmächtige Gott die Einfalt dieses Menschen hätte angesehen, zumalen dieses alles eine pure Teufelsverblendung gewest, welches aus diesem abzunehmen, weil etliche Jahr hernach ein anderer Bürger zu Basel aus Geldbegier sich in die Höhle hinein getraut, aber durch die Gespenster und todte Menschenkörper also erschrocken, daß er alsobald den Rückweg genommen, aber gleich von Sinnen kommen, und den dritten Tag das Leben gelassen.

Freilich, freilich ein Geiziger scheut sich vor keiner Gefahr, weigert keine einige Arbeit, er plagt sich Tag und Nacht, wenn er nur kann den Gewinn erhaschen, nachdem ihm die Zähne wässern, aber lege ihm ein Beichtvater eine Buß auf, er soll einen einigen Tag im Wasser und Brod fasten, er solle zwei, drei Stunden weit Kirchfahrten gehen, er soll drei heilige Messen nacheinander hören, da werden tausend Reden und Entschuldigungen zu vernehmen seyn, da wird man bald in allen eine Unmöglichkeit schmieden, da wird man sehen, daß wegen des Interesse ein Peter die ganze Nacht hat können arbeiten und fischen, und nicht eine Stunde mit unserm lieben Herrn im Garten wachen und beten: Eine ganze Butten voll Travalien trägt der Geizige gern wegen eines öden und schnöden Gewinns, aber etliche Quintlein wegen Gott fallen ihm gar zu schwer, durch großes Kreuz und Leiden geht der Geldlimmel in die Höll, da er doch mit leichter Manier konnte in Himmel kommen, zu Wasser [165] und Land stehet er viel aus wegen Gold, und wegen Gott ist ihm ein jeder Fliegenbiß, ein Lanzenstich.

Die Hoffart ist ebenfalls ohne Leid nicht. Gott der Herr hat im alten Testament ganz genau angeben, wie das Kleid des Priesters Aaron solle gemacht werden, erstlich ein langer Rock von himmelblauer Seide, aber unterhalb bei den Füßen mußten ringsherum Granatäpfel seyn von himmelblauer Seide, von Purpurseide, und von zweimal gefärbter, rother Seide, und zwischen diesen Granatäpfeln mußte allezeit eine goldene Schelle hangen, damit also der Klang gehört werde, wenn der Priester zum Heiligthume eingehet. Ueber diesen wunderseltsamen Aufzug seynd allerlei gar schöne und hochweise Auslegungen, deren ich dermalen allhier geschweige, aber in der Wahrheit bei der jetzigen muthwilligen Welt ist ein so wunderlicher Aufzug in den Kleidern, daß man füglich unten und oben könne Schellen anhängen, denn er konnte ja närrischer nicht seyn, und dieses macht alles die Hoffart.

Wie unser lieber Herr zu Nazareth in der Synagog mit männiglicher Verwunderung, die heilige Schrift ausgelegt, da haben sich einige gefunden, welche von Ihm begehrten, Er wolle und solle auch dergleichen Wunderwerk in ihrer Gegenwart und an ihrem Orte sehen lassen, wie Er zu Karpharnaum gewirket hat, auf solches Ersuchen aber hat der Herr geantwortet:

»Nemo Propheta acceptus est in Patria sua, etc. Wahrlich Ich sage euch, kein Prophet ist angenehm in seinem Vaterlande.«

Bei jetzigen Zeiten kann man fast von allen Dingen sagen, so in unserm Vaterlande gefunden [166] werden:»non est acceptum in Patria etc.« Es ist nicht angenehm Sammet und Seide, Silber- und Goldstück, Tuch und Leder, Spitz und Porten, ja alles was zur menschlichen Hoffart dienlich ist, wenn es noch gut wäre, so ist es doch nicht angenehm, weil es in unserm Vaterlande, in unserem werthesten Teutschlande gemacht, wohl aber, wenn es mit großen Unkosten von anderwärts anhero gebracht wird, forderist aus Frankreich, etc. Die Weiber haben sonst den gemeinen Ruf, daß sie fromm und andächtig seyn, pro devoto mineo Sexu, etc. aber ich gebe ihnen sogar das Lob, daß sie geistreich seyn, jedoch nach meiner Auslegung, denn die meisten Weiber haben einen Geist, es mag aber wohl Spiritus tartari seyn, ein Geist der Hoffart, so sie durch die Kleiderpracht sattsam offenbaren: nicht allein seynd sie geistreich, sondern befleißen sich auch auf die guten Werke, absonderlich thun sie gern die Fremden beherbergen, aber nur, verstehe mich wohl, fremde Kleider-Modi, wenn etwas Fremdes in die Stadt Wien kommt, da will eine jede die erste seyn, die fremde Modi, den fremden Zeug in ihre Herberg aufnehmen; aber es kost viel, was schadet es, sagt manche, ich will es lieber am Maul ersparen, wenn ich nur kann sauber daher gehen, ich will lieber schlechte Brocken genießen, wenn ich nur einen schönen Prokath kann tragen; ich will lieber mit einer Wassersuppe Vorlieb nehmen, wenn ich nur einen gewässerten Taffet am Leib habe. Ich will lieber rockene Knödel oder Knöpfle essen, wenn ich nur einen säubern Rock kann haben. Gewiß ist es, daß viele Weiber einen Fasttag am Maul haben, damit sie nur einen [167] Festtag in Kleidern haben, und folgsam den Leib mit Abbruch und Mäßigkeit kasteien wegen des Teufels; wenn sie es wegen Gott thäten, würden sie derentwegen von dem Allerhöchsten eine sondere Kron davon tragen.

Vor etlichen Jahren war zu Wien, in unserer großen Hofkirche, eine besondere Solennität, bei welcher eine Menge des Volkes erschienen, und folgsam ein starkes Gedräng unter den Leuten, unter welchen sich auch neben andern ein Weibsbild hat eingefunden, die da in einem sehr prächtigen Aufzug daher gangen, weil nun bei solchem Gedräng die Dieb gemeiniglich den beßten Markt haben, also hat es an dergleichen Böswicht dazumal auch nicht gemangelt, unter denen einer so freventlich gewesen, daß er in Mitte des Gedränges besagtem Weibsbild mit einer Scheer den ganzen Theil des schönen Oberrocks von hinten her völlig abgeschnitten, und solches sie im Geringsten nicht wahrgenommen, bis sie nach einem kleinen Verlauf des Volkes zur Kirchenthür hinaus gangen, und durch das ungestüme Gelächter des Volkes unter den Handel kommen, alle konnten nicht genugsam das Maul aufreißen über diese elende Hoffart, dann es ihr weit übler angestanden, als den Davidischen Gesandten, so fast dergleichen Schmach von dem Ammonischen König erlitten, massen sie, wie die Anwesenden bekennet, ein so elendes Unterröckel getragen, daß man mehr Fleck an demselben gezählt, als der Jakob an den Schafen des Labans. Die allerschlechtigste Tändler-Bude war mit besserer Waar versehen, als dieses Unterkleid. Die alten Lumpen, womit der Prophet Jeremias aus der tiefen [168] Grube gezogen worden, waren bei weitem nicht so schlecht, wie dieser Küttel, zweifelsohne, wenn sie bei der evangelischen Hochzeit in diesem Aufzug wäre erschienen, sie wäre gleich dem andern zerissenen Lumpenhunde in die äußerste Finsterniß geworfen worden etc. Aus allem diesem ist leicht abzunehmen, daß sie sich zu Haus mit einer schlechten Tafel betragen, daß sie des sauern Krauts nicht genug gehabt, mit der schlechten Wasserschnalzen den Magen halb und halb befriediget, und mit einem Wort an dem Maul erspart, damit sie nur in Kleidern könne prangen, auf solche Weis' muß man wegen der Höll bald mehr fasten, als wegen des Himmels.

Adam und Eva die ersten Eltern, nachdem sie so spöttlich das göttliche Gebot übertreten, und sich nachgehends nackend ekennt, haben sich das erstemal mit Feigenblättern bedeckt, bestunde also der Schurz oder das Kleid in Blättern. Solcher Aufzug hat der Zeit noch nicht abgenommen, denn vieler hoffärtigen Leut Kleider bestehen in lauter Blättern, gehe Jemand nur hin zu einem Kaufmann, und durchlese seine Schuldbücher, da wird er dieser und dieser Person schöne, seidene Kleider in allen Blättern finden, darum kein Wunder, daß der Kaufmann sie alle Tag überlauft, alle Stunden beunruhiget, ihnen ein Auszügel über das andere in das Haus schickt, welches ihnen nicht leichter vorkommt, als wenn der Teufel ihnen eine Staffette thäte schicken. Das Buch Exodi oder des Auszugs hat Moses beschrieben, und vierzig Kapitel darin gemacht, aber der Kaufleut ihre Auszüg verursachen nicht wediger Kapitel und Verweisungen, [169] denn sie, wie billig und recht, bei allen Gerichten und Stellen die Schuldner anklagen, und das Ihrige suchen, wodurch dann solche Schuldner in Schand und Schaden gerathen, die Ursach aber dessen ist ihre Kleiderpracht und solcher Aufzug, derentwegen sie nachmals also leiden müssen, und ihnen solches Leiden zu keinem Verdienst, sondern werden vielmehr hiedurch elende Märtyrer des Teufels. Meine Kammerjungfrau sie vergeb mirs, was liegt allhier auf der Tafel? Es ist das Mieder, sagt sie, für meine gnädige Frau, ein Mieder? allmächtiger Gott! ist doch so eng, daß ein Mader nicht konnt durchschliefen, es heißt wohl recht Mieder, denn nicht eine geringe Mühe in dieser Kleidung, ach! wenn der Leib könnte reden, wie würd er sich beklagen, daß er allezeit in solchen Aengsten muß leben, und mehr leiden als ein Karthäuser – Mönch, so stets ein rauhes Cilicium anträgt, dieser fleischliches Zuckerhut ist also zusammengepreßt, daß der natürliche Athem mit harter Mühe wegen des engen Mieders durchpassiren kann. Sag mir meine Jungfrau, warum ist dieß Mieder oberhalb so sehr ausgeschnitten? bedeckts doch kaum den halben Buckel; mich wundert, daß sich die zarte Haut nicht beklagt, um, weil sie bei harter Winterszeit so große Kälte muß ausstehen, deckt doch der Gärtner ein Mistbettel fleißig zu, damit es von der Kälte nicht Schaden leide, und der arme Hals muß unter dem freien Himmel ohne Dach stehen, und so großen Frost leiden, daß auch das norwegische Leder gegen ihm glimpflicher traktirt wird. Und für wen, sag sie mir, gehören diese kleine, spitzige Schüchel? Ebenfalls ist die Antwort, für meine gnädige Frau, [170] potz tausend Holler-Stauden! So seynd die Zehen nicht anders beschaffen, als wie die Verdammten in der Höll, so gleich den Härtigen auf einander liegen, so wollen ja die Weiber schon an den Füßen spitzfindig seyn, enge Schuh und weite Gewissen tragen, ei so leidt, ei so leidet! und leidet nur wegen des Teufels, es ist wohl der Mühe werth, wegen Gott kann man so wenig leiden, und wird ein jedes Quintel für einen Zentner ausgewogen, aber wegen der Höll leidet der Hoffärtige gern.

Keine Feder kann es beschreiben, was ein Federhans leiden thut, verstehe einen ehrsüchtigen Menschen, der gerne fliegen möcht. Zu Jerusalem war ein berühmter Schwemmteich, worin die Schaf und Lämmer wurden gewaschen, ehe und bevor sie in dem Tempel geschlacht und geopfert worden, denn unser lieber Herr mag nichts Unsaubers, darum wundert mich sehr, daß etliche Eltern, wenn sie eine krumme, eine buckelte, eine einäugige Tochter haben, nur deßwegen gleich damit ins Kloster eilen, als seyen sie schon gut für unsern Herrn, weil selbige die Welt nicht acht. Bei besagtem Schwemmteich war eine große Menge der kranken und presthaften Leute und Krüppel, aus Ursachen, weil zu Zeiten, jedoch ungewiß der Tag und die Stund, ein Engel von dem Himmel gestiegen, selbiges Wasser bewegt, wovon geschehen, daß der erste so sich in benannten Teich hinein gelassen, von seiner Krankheit völlig los und frei worden. Da sollt einer gesehen haben, wie die armen Tropfen sich beflissen haben. Sie haben oft eine ganze Zeit nicht ein Aug zugeschlossen, nicht eine Viertelstund lang geschlafen, [171] nicht mit Ruhe einen Löffel Suppe gessen, nicht mit einer Aussprach die Zeit vertrieben, sondern ein jeder hat geschaut, hat sich beflissen, hat Achtung geben, wie er doch möchte Prior, der erste seyn.

Die Welt ist natürlich ein solcher Schwemmteich, allwo eine große Menge der Leute seyn, so unterschiedliche Krankheiten und Seuchen haben, absonderlich seynd ihrer viel, welche an der Ehrsucht leiden, viel seynd derer, ein jeder will der erste seyn, und will den Vorgang haben: Qui prior descendebat, etc. und hierin sparen sie weder Mühe noch Arbeit.

In der Ante-Camera eines sehr großen Landesfürsten, und zwar eines gekrönten Haupts, hab ich einmal zwei Budelhund angetroffen, denen ein jeder, so dahin kommen, dermassen schön gethan, daß ich mich höchst darüber verwundert. Der Tobias hat sein Hündlein sehr geliebt, aber besagte zwei Hund waren in weit größeren Gnaden. Ja ich sahe einen Kavalier, der ein gebratenes Kapauner-Bigel aus dem Sack gezogen und diese beide damit regalirt. Ein anderer hat sich mit sanfter Hand über den Rücken gestrichen, und ist wenig abgangen, daß er ihnen nicht gar die Flöh abgesucht; ich fragte aus Vorwitz den Thürhüter, was diese für Hund wären, und wie dero Namen? Hab ich endlich die Antwort erhalten, daß einer Avanzo, der andere Apoggio heiße, woraus ich leicht konnte abnehmen das Ziel und End dieser Hofherren, als das Ante-Camera nichts anders suchten, als dasAnte, benanntlich das Antecedere und des TeufelsGloria in Excelsis, worüber ein vornehmer Kavalier mich mit einer langen Ansprach [172] begnadet, und dabei ganz ümständig beschrieben, was einer müsse ausstehen, bis einer zu Hof zu einer Apoggio gelangt. Er muß, sagt er, laufen, wie Postklepper, er muß steigen wie ein Baumhäckel, er muß sich ducken wie ein Duck – Entel, er muß wachen wie eine Schnegans, er muß schlucken wie ein Strauß, er muß tragen wie ein Esel, er muß aufwarten wie ein Hund, er muß sitzen wie eine Brut – Henne, er muß schmeicheln wie eine Katz, er muß simuliren wie ein Fuchs, er muß unaussprechlich viel ausstehen.

Luk. am 11. Kap. wird einer beschrieben, der einen stummen Teufel. Diesen Zustand hat auch ein Hof – Herr, und muß mehrmalen das Maul halten, und darf nicht reden, was er gerne wollt.

Marci am 10. Kap. wird registrirt, daß einer mit Namen Bartimus, ein blinder Bettler, unweit Jericho am Weg gesessen, wie der Herr Jesus vorbei gangen. Diesen Zustand hat auch ein Hof – Herr, und muß gar oft thun, als wenn einer ein Ding nicht sehe.

Marci am 7. Kap. wird umständig verfaßt, daß nächst dem galiläischen Meer seye ein Tauber und gehörloser Mensch zu unserem Herrn geführt worden. Diesen Zustand hat auch ein Hof – Herr; er muß sich gar oft stellen, als thue ers nicht hören, was man auch übel von ihm redet.

Luk. am 13. Kap. wird mit mehreren Worten verzeichnet, daß an einem Sabaoth der Heiland in der Synagog ein Weib angetroffen, welche achtzehn Jahr vom bösen Feind also gekrümmt war gegen die Erde, daß sie nicht konnte übersich sehen; diesen Zustand hat auch ein Hof-Herr, er muß vor lauter [173] verenzmachen sich also krümmen und bücken, daß er oft mit der Nase bei den Knieen anklopft.

Act. am 10. Kap. wird man finden, wie einmal ein großes leinenes Tuch vom Himmel herabgelassen worden, voll mit Schlangen, Attern und andern wilden Thieren, und anbei ein Befehl, Petrus soll alle Ding essen; dieß muß auch ein Hof – Herr thun, ja zuweilen wohl gröbere Brocken schlicken.

Am 1. Buch der Könige am 5. Kap. wird gar deutlich vorgetragen, wie daß der Abgott Dagon vom Altar heruntergefallen, und folgsam den Hals gebrochen, ja gar den Kopf verloren, aber gleichwohl dieser Trunkus und ohne Kopf hat müssen von den Philistern verehrt werden. Ein Hof-Herr muß nicht weniger dieß thun und mehrmal einen verehren, ja gleichsam anbeten, von dem er doch weiß, daß er keinen Kopf, oder wenigst gar einen schlechten hat.

Joan. am 20. Kap. wird gemeldet: nachdem Petrus und Joannes die trostreiche Zeitung von Magdalena vernommen, daß der Herr seye vom Todten auferstanden, da seynd sie beede nach dem Grab gelaufen, aber Joannes präkurrirt, der ist vorkommen. Ein Hof – Herr muß nicht nur einmal mit größtem Verdruß sehen, daß ihm ein Anderer, oft ein Jüngerer, vorgezogen werde und vorkomme.

Im 1. Buch der Könige am 17. Kap. wird erzählet, daß David, obschon klein von Person, seye wider den ungeheuren Riesen Goliath ausgangen, aber denselben zu überwinden, hat er nothwendiger Weis müssen in die Taschen greifen; das muß ebnermassen ein Hof – Herr thun, will er fortkommen und weiter [174] steigen, so muß er wahrhaftig in die Taschen greifen, und muß da und dort wohl spendiren, damit er diesen und jenen auf seine Seite bringe und also manierlich bezwinge.

Indik. am 5. Kap. ist zu vernehmen, was Gestalten der Samson sich an den Philistäern gerächet und ihnen mit dreihundert Fuchsschweisen großen Schaden in den Traidfeldern verursacht. Ein Hof-Herr muß sehen, wie er dergleichen Wünschruthen von besagten Hennendieben bekommt, womit er leicht andern einen Schaden ihm aber Glück und Promotion seines Vorhabens verursacht.

In Summa, ein Hofherr, ein solcher, der nach Ehren, Aemtern und Dignitäten trachtet, muß Zentnerweis Mühe und Arbeit anwenden, muß Klaster-weis Verdruß und Disgust ausstehen, muß Butten – weis schmieren und spendiren, muß Duzent-weis sich bucken und neigen, muß weit mehr schwitzen, als ein Baumsteiger in Oesterreich, an einem Kirchtag etc. O Gott! wenn er wegen deiner nur das Drittel thäte aus stehen, so würdest du ihm solches hundert und tausendfältig in dem Himmel vergelten, aber alles dieses leidet er wegen seiner Ehrsucht; so ist ja noch wahr, und bleibt wahr, daß der Teufel theurer mit der Höll, als Gott mit dem Himmel, daß leichter sey in die Glorie zu kommen, als in die Verdammniß, daß besser und ebener seye der Weg zu den Tugenden, als zu den Lastern, vermög der Sünder Aussag: »Lassati sumus in via iniquitatis.«

Judas wegen seiner größten Laster sitzet in der Höll
[175] Judas wegen seiner größten Laster sitzet zum allertiefesten in der Höll.

Kornelius a Lapide führt nicht umsonst den Zunamen von Stein, zumalen er wegen seiner so herrlichen Bücher und Schriften ein besonderer Eckstein gewest der römisch – katholischen Kirche, ja anbei ein Edelgestein der herrlichen und berühmten Sozietät Jesu etc. Dieser hocherleuchtete Skribent schreibt unter andern in Auslegung des heil. Evangelii, so von Matthäo verfasset worden, daß zweifelsohne der verrätherische und gottesmörderische Judas Iscarioth zum allertiefesten in der Höll sitze, nächst dem abtrünnigen Erzteufel Luzifer. Anno 1605 hat der böse Feind zu Levenberg in Schlesien ein Mägdlein mit zwölf Jahren besessen, und mit derselben ganz tyrannisch verfahren; bald hat er sie auf den Kopf gestellt, daß sie wie ein lebloser Stock gestanden; bald stürzt er sie auf die Erde, daß die Händ und Füß so starr empor gestreckt, daß sie von keinem auch dem allerstärksten Menschen konnte bewegt werden; bald trieb er ihr die Augen aus dem Kopf, daß selbe wie zwei große Hühnereier hervorgestanden; gar oft hat er sie in die Höhe hin und her geworfen wie einen Ballen; bisweilen ergrimmte sich dergestalten, daß sie mit den Zähnen große Stück Steine aus der Mauer gerissen; zu Zeiten streckte die erkohlschwarze Zunge eine Spanne lang zu dem Mund hervor, und hupfte auf derselben bald in der Gestalt eines kleinen Mäusleins, bald eines Frosches. Dieser verdammte höllische Geist hat sich unter anderm verlauten lassen, daß Jüdas, Pilatus [176] und Herodes seine besten Freund seyen, und zu forderist sitzen in der Verdammnuß. Gewiß ist es, daß dieser elende Mensch verdammt ist, und stehet in dem die Frag: ob es möglich sey, in etwas zu entwerfen die grausame Pein, sowohl des Judä als anderer Verdammten? Ich getraue mir solches nicht zu thun, bin nicht so künstlich, ich lasse aber anstatt meiner die sieben freien Künste reden, weil ich weiß, daß die sieben Todsünden meistens die Leut in die Verdammnuß stürzen.

Grammatika, was sagst du von der Hölle? ich, sagte die erste freie Kunst, ich trage vor alle schönen Regeln, kraft deren meine Diszipul die Latinität ergreifen, und keine Böck machen; aber in der Höll würde ich gar wenig geachtet, weil die Hölle voller Böck, nach der Aussag des Heilands Jesu selbst, der da bei dem Evangelisten Matthäo gesagt hat: »Daß des Menschen Sohn am jüngsten Tag werde kommen, zu richten die Lebendigen und die Todten, und folgsam die Schaaf, als seine Auserwählten, stellen zu der rechten Hand, die Böck aber, als Verlorne, zu der linken.« So ist dann die Höll voll mit stinkenden Böcken, wie kann es anders seyn, sagt Grammatika, daß nicht grobe schändliche Böcke heraus kommen, wenn man nicht lernt dekliniren, »Declina a malo et fac bonum.«

O was für ein abscheulicher Gestank ist unter diesen Böcken! In göttlicher Schrift und forderist im Evangelio findet man, daß die Weibernasen sehr heiklich seyn. Nachdem Lazarus, ein Bruder Magdalenä[177] und Marthä, mit Tod abgangen, und der Schuld der Natur bezahlt; denselben aber der Herr und Heiland wiederum wollte zum Leben erwecken, da hat sich alsobald die Martha mit dem Pfui verlauten lassen, »jam foetet etc., pfui, er stinkt schon,« denn es bereits schon vier Tag, daß er im Grab liegt. Pfui, ein armer Bauer, der anstatt der Marschellen ein wenig Knoblauch zu sich stenommen, und in der Kirche seine Andacht verricht, wenn er etliche inbrünstige Seufzer gegen Himmel schickt, kann leicht seyn, daß zuweilen der Knoblauch ihnen bis halben Weg das Geleit gibt. Aber was sagt die Dama, die in dem nächsten Stuhl in dem Eifer halb verruckt ist? pfui, pfui, sagt sie, und greift alsobald um nach dem Balsambüchsel, um einl'Eaudela Reyne oder Königinwasser, schmiert die Nase, ja sie eilt gar aus der Kirche, denn sie sonst in Ohnmacht thäte fallen. O meine heikliche Nase! wie wirst du den Gestank können erdulden so vieler Millionen Böck in der Höll? zumalen der heilige Bonaventura sagt, wenn eines einzigen verdammten Menschen Körper aus der Hölle in die Welt getragen würde, so gäbe er einen solchen Gestank von sich, daß hievon die ganze Welt infizirt würde. Der heilige Isidorus schreibt, daß ein gewisser Teich oder Weiher sey, woraus ein solcher stinkender Dampf empor steigt, daß davon die Vögel in der Lust verrecken.

Der römische Tyrann Ezelinus hat zu Padua eine solche Gefängnuß aufgericht, dergleichen die Welt noch nie gesehen, denn diese ohne einziges Licht, ohne einige Luft war. In solchem erschrecklichen Kerker [178] seynd gewest Menge der Leut, so viel Weibs, als Mannspersonen, unter denen alle Tag etliche gestorben, aber nicht, wie gewöhnlich ist, begraben worden, sondern daselbst unbegraben also verfault. So mußte auch aller Unflath daselbst liegen bleiben, den da die menschliche Mühseligkeit von sich gibt, wovon geschehen, daß diese elenden Gefangenen in solchem Wust und abscheulichen Morast bis über die Knie gestanden, und die allergeringste Bewegung daselbst einen solchen Gestank verursacht, daß viel hierdurch kraftlos niedergefallen und gesunken. Nichts desto weniger ist diese Gefängnuß gegen die höllische noch eine wohlriechende Spezereikammer, ein lieblicher Blumengarten zu nennen, denn ein einiger Bock in der Höll einen weit ärgern Gestank von sich gibt, als alle Todtenaas in der ganzen Welt, als alle Schenkgruben in der ganzen Welt, als alle Ställ und Mistpfitzen in der ganzen Welt, als aller Wust und Unflath in der ganzen Welt.

Der Evangelist Matthäus registrirt, wie einst der Herr Jesus die Teufel ausgetrieben aus zwei besessenen Personen; diese höllischen Larven aber rechten ein Memorial über, und verlangten, es möchte der Herr doch so gütig seyn, und sie nicht in die Höll hinunter schaffen, sondern die gnädigste Erlaubniß ertheilen, daß sie dürften in die nächste Heerd Schwein fahren; so fahrt fort, fiat, ihr Saunarren; kaum aber, daß solche höllische Larven in diese berüßelte Herberg kommen, so hat sich die ganze Heerd mit größter Ungestüm in das Meer gestürzt. Der heil. Petrus Chrysologus gibt dessen Ursach, und sagt, daß die Schwein, [179] ob sie schon die unflätigsten Thier seyn, und sich nur mit Koth und Gestank erlustigen, gleichwohl aber den größten Gestank dieser verdammten Inwohner nicht leiden können, sondern sich derentwegen in die Tiefe des Meers versenkt.

Severus Sulpitius schreibt, daß ein böser Feind dem heil. Bischof Martino erschienen, und zwar in Gestalt eines majestätischen Königs mit herrlichem Purpur, goldenen Kron und Scepter, anbei sich verlauten lassen, daß er Christus der Herr sey; Martinus erkannte bald die Arglist des Teufels, machte weiter nicht viel Reverenz, ja zeigte ihm noch den Rucken, und sagte, er habe noch nie einen so hoffärtigen Christum gesehen, sondern derselbe sey ihm mehrmalen erschienen mit dem Kreuz, mit einer dörnern Kron etc.; solches hat den Satan also verschmacht, daß er augenblicklich verschwunden, aber einen solchen Gestank hinterlassen, daß hierdurch der heil. Martinus hätte das Leben verloren, wofern ihn Gott nicht hätte wunderbarlicher Weis' errettet. Jetzt Mensch erachte, was für ein Gestank müsse seyn unter so vielen höllischen Böcken, dero Zahl gleichsam unzählbar scheinet. O unglückseligster Iscarioth, wie schmeckt dir dieß, dem vorher die kostbaren Salben der Magdalena mißfallend?

Rhetorika, was sagst du von der Höll? Ich, sagt diese, in Beschreibung der höllischen Pein kann meine Tropos und Figuras gebrauchen Metaphora, Synecdoche, Metonimia, Antonomasia, Onomatopaeia Catechresis, Metalepsis, Allegoria, Ironia, Periphrasis, Hyperbato, alle dienen mir gar wohl zum Entwurf der ewigen Verdammnuß, [180] allein das Hyperbole kann ich nicht brauchen. Wie Moses die Ausspäher in das kananäische Land geschickt, so seynd sie gar mit einer großen Weintraube zurück kommen, aber auch mit einer großen Lug, denn einige aus ihnen thäten vorgeben, daß sie Leut haben gesehen einer so ungeheuern Größe von den Kindern Enac, »daß sie gegen sie anzusehen wie die Heuschrecken, quasi locustae videbamur, etc.« Num. c. 13. »Est Hyperbole nimia et mendax,« sagt Kornelius a Lapide, das ist zu viel geredt, und gar über die Schnur gehaut, aber von der Qual der Verdammten kann ich nicht zu viel reden, da ist kein Hiperbole.

Der heilige Chrysostomus nennt alle Peinen und Tormenten der ganzen Welt nur ein Kinderspiel und Dockenwerk gegen den Höllischen. »Haec omnia ludicra sunt et risus ad illa supliccia.« Gott! soll es denn nicht möglich seyn, daß ich auf dem Theater und Schauspiel dieser Welt nicht etwas soll finden, welches der allermindesten Pein alldorten möge gleichen? Der römische Kaiser Diogenes ist von seinen eigenen Bedienten gefangen worden, welche ihm nachmals die Augen ausgestochen, am ganzen Leib verwundt, daß ihm endlich aus dem offenen und halb verfaulten Leib die häufigen lebendigen Würmer herausgewachsen, und folgsam auf öffentlicher Straße gestorben und verdorben. Das ist zwar viel, aber gegen die höllischen Peinen ist es nur ein lächerliches Kinderspiel und Dockenwork. »Haec omnia ludicra sunt etc.« Nicht vor vielen Jahren ist in Lombardia ein Edelmann von seinem Feind und Widersacher [181] gefangen und lebendig eingemauert worden, mit einem kleinen Fensterlein, dadurch ihm neunzehn ganze Jahr täglich nicht mehr gereichet worden, als ein Stücklein Brod und wenig Wasser. Nach neunzehn Jahren ist dieser gesunden worden mit ganz verfaulten Kleidern, mit einem Bart bis auf die Knie, die Füß und der untere Theil des Leibs in einen lebendigen Wurmhaufen verwandelt, und weil der peinliche Ort gar zu nieder, dessentwegen ist er wie ein fleischener Ballen zusammengewachsen, daß er keinem Menschen mehr gleichte. Das ist zwar erschrecklich, aber gegen die Peinen der Verdammten nur Schellen und Kinderrollen.»Haec omnia ludicra sunt.«

In England ist folgende Tyrannei erdenkt worden. Man hat den Menschen ganz entblößt, ihm Händ und Füß gebunden, nachmals auf den bloßen Leib unter einem Barbierbeck einen Ratzen oder Maus gelegt, das Geschirr von obenher mit lebendiger Gluk erhitzt worden, wovon besagtes Thierlein ganz ergrimmt, und folgsam mit ihren gespitzten Zähnen in den lebendigen Leib hineingedrungen, alles Ingeweid erbärmlich durchnaget. Dieses ist zwar entsetzlich, aber gegen die Tormente der Hölle lauter Schatten und Kinderspiel. »Haec omnia ludicra sunt.«

Eine erschreckliche Sentenz ist gefällt worden über denjenigen Menschen, welcher Henricum den IV., König in Frankreich, umgebracht. Erstlich wurde er ganz ausgestreckt, und mit glühenden Zangen am ganzen Leib große Stück Fleisch abgezwicket, nachmals in die Wunden zerlassenes Blei, Pech, Saliter eingegossen. Das Messer, womit er den König ermordet, mußte [182] er über ein Feuer halten, so von lauter Schwefel, also lang, bis nach und nach die Hand völlig zerschmolzen, und die bloßen Beine verblieben. Endlich wurde er mit vier Pferden zerrissen, und nachgehends alles zu Asche verbrennt. Dieß ist zweifelsohne grausam und erschrecklich, aber gegen die Hölle und gegen die Pein der Verdammten nur lauter Scherz und Tändlerei. »Haec omnia ludicra sunt.«

Kaiser Andronicus hat unglaublich viel gelitten, ihm seynd die Augen ausgestochen worden, nachmals setzte man ihn hinterwärts auf einen Esel, dessen Schweif er anstatt des Scepters mußte in der Hand halten; solchergestalten wurde er von dem muthwilligen Pöbel und allermindesten Lottersgesind mit Stein und Koth geworfen, endlich ist er bei den Füßen aufgehenkt, zu Stücken zerhaut, und den Hunden wie ein Luder vorgeworfen worden. Aber alles dieses ist gegen die Höll nur wie ein Schatten, nur Kinderpossen. »Haec omnia ludicra sunt.«

Jonä, einem Martyrer und Blutszeugen Christi, seynd erstlich, nach Beschreibung Baronii, die Finger alle abgeschnitten worden, nachmals hat man ihm die Haut völlig abgeschunden, die Zunge aus dem Mund gerissen, und in heißem Pech gesotten, endlich seine Gebein in einem Mörser zerstossen und zermalmet worden. Dem Marko Arethusio hat man alle erdenklichen Peinen angethan; denn erstlich hat man ihn mit kleinen Lanzeten am ganzen Leib über und über verwundet, sodann mit häufigem Honig überstrichen, und solchergestalt an die Sonne gehenkt, daß er also nach [183] und nach von den Mucken und Fliegen zu todt geheckt worden. »Haec omnia ludicra sunt.«

Aber gleichwohl ist alles dieses gegen die allergeringste Pein in der Höll nur ein Scherz zu nennen.

Die Tyrannei und Grausamkeit Maximi in Afrika, Diokletiani in Palästina, Maxentii in Achaia, Herodis in Judäa, Neronis zu Rom, Kaligulä in Welschland, Ziska in Böhmen, Attilä in Deutschland, Dionysii in Sizilien, Phalaris in Aegypten, seynd nichts, nichts seynd sie gegen die Hand Gottes, so da züchtiget in der Höll.

Die Pestilenz des Königs David, die Verspottung und Dienstbarkeit Samsons, die Angst Danielis in der Löwengrube, die Gefängnuß Josephi in Aegypten, die Bedrängnuß Jonä im Wallfisch, die Zerstörung der Stadt Jerusalem, die Einäscherung Sodomä und Gomorrhä, der Feuerofen zu Babylon, die Schlickung des Dathan und Abiron, die Schlacht des Sennacherib, der Untergang Pharaonis in dem Meer, der Sündfluß der ganzen Welt, seynd noch eine Barmherzigkeit gegen dasjenige, was da leiden die Verdammten in der Höll.

Cäsareus schreibt, daß ein Doctor Juris durch Zulassung Gottes nach seinem Tode sey dem Bischof, als seinem vorhin guten Freund, erschienen, mit Feuer allerseits umgeben, und in diese erschrecklichen Wort ausgebrochen: »Ach mir Armseligen, wisse, daß ich ewig verdammt bin;« der Bischof fragt dessen die Ursach, bekommt aber die Antwort: »Docui Leges Imperiales, et violavi divinas, ich hab die Reichssatzungen dociret und die göttlichen violiret.« So fragte [184] ferner der Verdammte, wie die Leut anjetzo leben? ob sie noch einen solchen Wandel führen, wie zur selben Zeit, als er bei Leben gewest? der Bischof verwundert sich der Frag; und wessenthalben, sagt er, willst du solches wissen? ist doch erst vier Stund, daß du gestorben bist? was, vier Stund.! setzt hinwieder der Unglückselige, tausend Jahr seynd schon, daß ich verdammt bin; der Bischof sagt weiter, daß sein Leib noch unbegraben sey; worauf der Verdammte: wehe mir Armseligen! aus dem kannst du abnehmen, was ich leide, indem mir vier Stund wie tausend Jahr vorkommen; so hab ich auch dich befragt, wie dermalen die Menschen leben, denn mit mir so viel Seelen seynd in die Höll gestiegen, daß ich geglaubt, die ganze Welt habe bereits ein Ende. In Summa, alle Peinen der Welt seynd nur ein Schatten gegen die Höll, und dieß ist nicht allein ein Hyperbole.

Was sagst du Logica von der Höll? ich, sagt sie, finde bei den Verdammten das unendlich wiederholte Ergo, »Ergo erravimus a via veritatis, Ergo seynd wir irr gangen vom Weg der Wahrheit,« Sap. c. 5.; haben so liederlich verschwendt das Ewige um das Zeitliche, und die falschen Wollüste der ewigen Glückseligkeit vorgezogen; haben mit dem Esau die Primogenitur um ein schlechtes Linsenkoch, so durch den Bauch aufblähet, so spöttlich verscherzt; absonderlich aber finde ich in der Höll keine andere Syllogismos, als in Barbara und in Ferio. O wie barbarisch und wild sehen die höllischen Gespenster aus! Der heilige Antonius schreibt, daß einer aus seinen Religiosen hab den bösen Feind gesehen, und an dessen[185] Abscheulichkeit dergestalten erschrocken, daß er für todt dahin gelegen; nachdem er aber die Lebensgeister in etwas wieder erholt, so hat er freimüthig gestanden, daß er lieber wolle sich in einen feurigen Ofen stürzen, als die höllischen Larven nur einmal noch anschauen.

Der heil. seraphische Franziskus, nachdem er durch göttliche Zulassung eines verdammten Geists ansichtig worden, hat der Fr. Aegidio bekennt, daß ein Mensch natürlicherweis müßte sterben, wenn er nur ein Ave Maria lang sollt einen bösen Geist anschauen. Die heilige Katharina Senensis hat es gestanden, nachdem ihr eine solche Larve unter die Augen kommen, daß sie lieber wollt bis auf den jüngsten Tag in einem angezündeten Scheiterhaufen brennen, als noch einmal solches höllische Gespenst anschauen.

Ludovikus Severus, einer aus dem hochfürstlichen Stammhaus Bayern, indem er einmal einen Brief seiner Frau Gemahlin Mariä, welchen sie Nuchoni, einem vornehmen Herrn, geschrieben, aber durch Irrthum des Botens aufgefangen, und den Inhalt des Briefs nicht allerdings verstanden, so ist er alsobald in einen bösen Argwohn gerathen, und setzte ihre ehrliche Treue in einen Zweifel, als hätte sie dasjenige, an welches ihre Unschuld nie gedacht, begangen. Wie nun dieses Fürsten gefaßter Zorn je länger und je mehr überhand genommen, so ist erstlich der arme Bot als ein vermeinter Mitwisser enthaupt worden, nachmals hat er zu Donauwörth, allwo seine fürstliche Residenz war, den Burggrafen lassen umbringen, weil er bei ihm verdächtig, als hätte er seiner Gemahlin [186] Untreu vermäntlet, überdas läßt er die Burggräfin, so ebenfalls eine ehrliche Matron, wegen solchen Verdachts von einem hohen Thurm herunterstürzen; endlich hat seine Grausamkeit alles Maas überschritten, indem auch Maria, seine durchlauchtigste und unschuldigste Frau Gemahlin, mußte ihr Haupt dem Scharfrichter darreichen. Als nun solches der ganze fürstliche Hof beweinte und bedauerte, hat Rucho, obgedachter Herr, mit augenscheinlichen Beweisungen dargethan die Unschuld Mariä, worüber Ludovikus seinen so groben begangenen Fehler erkennet, ganz bußfertig nach Rom zu dem Pabst Alexander dem Vierten gereist, und von ihm Nachlaß solcher Schuld erhalten; auch hierüber das stattliche Kloster Fürstenfeld mit herrlichen Renten und Einkommen gestiftet. Was aber das Denkwürdigste an diesem Ludoviko Severo gewesen? In der ersten Nacht nach dem vollbrachten Todtschlag hat ihn der Geist Mariä dergestalten geängstiget, daß er ganz weiß und eisgrau worden, und einem Herrn von siebenzig Jahren gleich gesehen, der doch von jungen Jahren und Haaren gewesen.

Jetzt erwäge Jemand, wenn ein einziger, und zwar ein menschlicher, und was noch mehr, der Geist seiner eigenen Frau Gemahlin Ludovikus, also geängstiget, daß er in einer Nacht eisgrau worden, wie werden dann erst ängstigen und bedrängen eine verdammte Seel die höllischen Geister, welche Geister und Gespenster in der Gestalt seynd erschrecklich, in der Grausamkeit unbarmherzig, in der Gewalt vollmächtig, in dem Willen tyrannisch, in dem Zorn grimmig, in dem Wüthen unverdrossen; welche Gespenster [187] aus den Augen werfen Feuer, aus der Nase riechen Schwefel, aus dem Maul speien Flammen, in den Haaren tragen Schlangen, in dem Athem haben Gift; und solche Geister seynd noch in der Zahl unzählbar, und werden von den verdammten Menschen nicht allein von außen gesehen, sondern noch dergestalten von ihnen besessen, wie das glühende Eisen vom Feuer, in Summa nichts als Barbarische.

In der Höll ist ein steter Syllogismus in Ferio, denn die Verdammten seynd allerseits geschlagen, forderist aber in dem, daß sie sehen die unermeßliche Glorie der Auserwählten, und doch ewig zu derselben nicht gelangen werden. Sie sehen den Pomp und Pracht der Patriarchen. Sie sehen die Glückseligkeit der Propheten. Sie sehen die Belohnung der Apostel. Sie sehen die schönsten Kronen der Martyrer. Sie sehen die Freud und Ergötzlichkeit der Beichtiger. Sie sehen die große Würde der Jungfrauen. Ein mancher siehet droben im Himmel einen Bettler wie einen König gekrönet, den er allhier auf der Gasse nicht hat angeschaut. Er siehet einen und andern droben glänzen mehr als die Sonne, die er auf der Welt nur lausige Bettelpfaffen genennet hat. Ein anderer siehet droben in unbegreiflicher Glorie denjenigen, so er auf der Welt verfolgt und für einen Fußhadern gehalten. Eine geweste Dama siehet droben in aller Herrlichkeit ein Weib, die sie vorher für eine alte Hex und Wettermacherin gehalten. Ein mancher Prälat siehet droben in einem überstattlichen Thron seinen Untergebenen, den er meistens als einen Simpel verlacht hat. Und solches Sehen und Ansehen [188] erwecket einen so unaussprechlichen Neid, daß dieser die Verdammten mehr quälet und peiniget, als alle andern Tormenten im ganzen höllischen Abgrund.

Wie die Brüder des Joseph wahrgenommen, daß er mehr bei den Eltern gelte, als sie, so seynd sie dergestalten vom Neid eingenommen worden, daß sie unter einander beschlossen, denselben aus dem Weg zu räumen. In wem hat aber Joseph mehr gegolten? Einen saubern Rock hat ihm sein Vater machen lassen, und zuweilen ein freundliches Gesicht gezeigt, sonst nichts. O wie wird es dann den Verdammten um das Herz seyn, wenn sie sehen, nicht ihren Bruder in großer Glorie bei Gott, sondern wohl einen geringen Menschen, den sie vorher nicht für gut gehalten. Wie wird ein Edelmann ergrimmen, wenn er siehet, daß sein Unterthan und Bauer, den er zuvor ohne Maas und Gewissen geschulden, nunmehr mit aller unsterblicher Herrlichkeit umgeben ist. Wie wird es einem Hochwitzigen und Gelehrten so peinlich sallen, wenn er siehet, daß ein einfältiger Schaafhirt, ein arbeitsamer Tagwerker in aller Herrlichkeit sitzet. Wie unleidentlich wird es fallen einer Frau in der Höll, wenn sie sehen muß, daß ihre Dienstmagd, so ihr die Stube austrieben, jetzt in dem Himmelssaal der ewigen Freuden schwebe. Dergleichen Ding erwecken einen solchen Neid, der die Herzen der Verdammten wie eine bissige und giftige Schlange stets durchnaget und plaget.

Sobald der reiche Prasser eines gähen Tods gestorben, und den geraden Weg zum Teufel gefahren, da war seine größte Pein unter andern, daß er mußte [189] ansehen den Lazarus in der Schoos Abrahams, den Lazarus, diesen so elenden Bettler, der vor seiner Thür gelegen, den Lazarus, diesen so müheseligen Krippel, dem die Hunde Melampus, Diana, Coridon, Soldan und Mopsel die Geschwär geleckt, den Lazarus in der unsterblichen Glorie sehen, und er, als ein Kavalier, als ein Edelmann, ein gnädiger Herr in diesem ewigen Schwebel-Teich sitzen, das hat ihn also geschmerzt, und solcher Neid hat ihn mehr gequält als alle andern undenklichen Peinen in dem Abgrund. Est grave illis malum, et incendium non ferendum, quos hic habuere non contemptui, videre felices. Ideon non se ad Lazarum, se ad se Lazarum vult deduci. O ihr verdammten und ewig unglückseligen Geschöpf, der Neid frißt euch umsonst das Herz ab. Sehet ihr denn nicht, daß Gott und Heilige euch nur auslachen und ausspotten? »Dominus irridebit illos.«

Was sagt Arithmetica von der Höll? Ich, sagte diese, gehe meistens mit der Zahl um, mit Ziffern und Rechnen verzehre ich die Zeit; aber ein einiges Nulla in der Höll, das kann ich nicht ergründen. Ex inferno Nulla redemptio! O ein erschreckliches Nulla! Sonst acht man ein Nulla nicht viel, sonderbar in den neuen Zeitungen, eins mehr oder weniger liegt nicht viel daran; aber in der Höll ist ein Nulla, ob dem ich an Händ und Füß zittere: »Nulla redemptio, keine Erlösung, sondern Ewig, Ewig, Ewig, o Jesu Christe!«

Obgedachter reicher Prasser hat ein Memorial abgefertiget zu dem Vater Abraham, dessen meister [190] Inhalt war, daß er doch wollte so gut seyn, und den Lazarus zu seinen fünf Brüdern – schicken, damit er denselben sein Elend andeute, und zugleich als ein eiferiger Prediger sie ernsthaft ermahne, damit sie doch einen besseren und frömmeren Wandel führen, auf daß sie nicht auch in diesen Abgrund und Untergang gerathen. »Ne et ipsi veniant in hunc locum tormentorum, etc.« Aber was ist dieses für ein thörichtes Begehren? Es fängt ja die Lieb von dem Ego an, es ist ja das Hemmt näher als der Rock. Warum hält er nicht um eine Gnad an, für seine eigene Person? Warum bitt er nicht den Abraham, wie der Joseph in Egypten den Mundschenk, daß er bei Gott so viel möchte auswirken: »Ut educat me de isto carcere, etc. damit er doch konnt aus dem höllischen Kerker erledigt werden?« Nichts dergleichen, gar nichts dergleichen, hat der elende Gesell begehret, denn er wußte schon dasNulla, Nulla redemptio, etc. daß auf ewig keine Erlösung. O Ewigkeit! o Ewigkeit! Die Hand zittert, wenn sie nur dieses einzige Wort schreibt.

Wenn Gott einer Ameise oder Mücke sollte befehlen, daß sie alle tausend Jahr ein Tröpflein Wasser trinken sollte, bis sie endlich alle Brunnen der Welt, alle Bäch, alle Flüß, alle Teich, alle See, ja das große Meer selbst ausleeret, wie viel Million, Million, Million tausend Jahr würden vergehen, bis sie nur die Donau thäten austrinken. Es würden aber die Verdammten alle gern so lange leiden, bis alles Wasser ausgeleert würde, denn es doch einmal ein End nehme, aber dieses ist ihnen rund abgeschlagen, sondern ewig, ewig, ewig.

[191] Wenn ich sollte hinunter geschickt werden in das Ort der Verdammten, mit dieser neuen Zeitung. Ihr Verdammten höret mich allesammt an, jetzt in diesem Augenblicke wird eine Schnecke, die doch aus allen Thieren das langsamste ist, anfangen zu kriechen, und wird die ganze Welt durchmarschiren, ganz Europa, ganz Afrika, ganz Asien, ganz Amerika, alle Königreiche, ganz Spanien, ganz Frankreich, ganz Deutschland, ganz Welschland, ganz England, ganz Polen, über alle Berg und Büchel, nachmals gar bis in den Himmel hinauf, wohin es so weit, daß nach Aussag des gelehrten Astrologen Alpharabi, ein Mensch hätte achttausend Jahr zu reisen, nur allein bis ins Firmament. Nachdem nun die Schnecke den ganzen Erdboden und alle Himmelskreis wird durchkrochen haben, alsdann wird Gott sich euerer erbarmen. Ach! das wäre den Verdammten eine gewünschte Zeitung, da thäten sie alle aus den Flammen die Hände aufheben, und Gott danken. Aber umsonst, auch dieses wird ihnen nicht gestattet, sondern ewig, ewig, ewig. O allmächtiger Gott!

Wenn sollte die ganze, große Welt von lauter Stachel seyn, alle tausend Jahr aber ein Engel mit einem Messer thäte einen Kratzer darüber machen, so würde doch mit der Welt etwas abgekratzt werden, nachdem nun die ganze stachelne Weltkugel wird gänzlich hinkratzt seyn, alsdann werdet ihr Verdammte erlöst werden. O wie lang, allmächtiger Gott! würde es hergehen, und gleichwohl würde diese Zeitung in den Ohren der Verdammten eine liebliche Musik seyn und thäten sie vor Freuden und Jubelschall aufhupfen, aber [192] umsonst, auch dieß nicht, sondern ewig, nie kein Ende, sondern ewig, ewig.

Judas ist schon über die sechszehn hundert Jahr in diesem Feuer, Holofernes, etliche tausend Jahr in diesem Schwefelteich. Pharao etliche tausend Jahr in diesem Brennofen. Dathon und Abiron etliche tausend Jahr in diesem höllischen Rachen. Jezabel etliche tausend Jahr in diesem Abgrunde. Wenn Gott sollte zu ihnen sagen: höret ihr Verdammten, wenn ihr werdet weinen, und so viel Zäher vergießen, bis damit der ganze Erdboden bis auf das Firmament hinauf angefüllet wird, alsdann will ich euch euer Feuer auslöschen. O was Trost thät sich nicht erheben in diesen Gemüthern, aber auch das wird nicht seyn, sondern ewig, ewig, ewig.

Wenn ich dürfte hinuntersteigen, in dieses Marterhaus, und ihnen sollte ankünden, daß sie so viel Jahr werden brennen und braten, wie viel da ein Schreiber Tipfel machen kann bis auf den jüngsten Tag, oder wie viel Sonnenstäubel, auf der ganzen Welt, oder wie viel Geschöpf auf dem weiten und breiten Erdboden, dieß wäre ihnen ein Trost über alle Trost, aber umsonst, umsonst, sondern ewig, ewig, ewig, nie ein Ende. Das Gute sagt ihnen: ich fliehe ewig von euch. Das Böse sagt ihnen: ich bleibe ewig bei euch. O Ewigkeit! du bist ein Gesang ohne Klaus. O Ewigkeit! du bist ein Graben ohne Grund. O Ewigkeit! du bist ein Meer ohne Gestatt. O Ewigkeit! du bist eine Nacht ohne Morgenröth. O Ewigkeit! du bist ein Leben ohne Sterben. O Ewigkeit! du bist ein Irr – Garten ohne Ausgang. O [193] Ewigkeit! du bist ein Maß ohne Ziel. O Ewigkeit! du bist ein Exordium ohneEpilogo. O Ewigkeit! du bist ein versperrter Kerker, dessen Schlüssel abgeworfen ist in den grundlosen Abgrund.

Hieronymus wohnet in einer rauhen Wüste zwischen und unter den wilden Thieren, ernährt sich mit einem kleinen Stückel Brod, zerfleischt seinen Leib mit blutigen Geißeln, zerschlägt seine Brust mit hartem Kieselstein, mergelt sich dergestalten aus, daß er eine Kopei des Todes selbsten. Hieronymus warum dieß? Ob Gehennae metum, etc. sagt er, wegen der Ewigkeit, die ich fürchte in der Höll, o Ewigkeit!

Guilelmus, ein Herzog in Aquitanien, hat sich nach seiner Bekehrung neun ganze Jahr in einer Grube aufgehalten, der vorhero in einem prächtigen Pallast gesessen, hat sich in einen eisenen Panzer am bloßen Leib lassen einschmieden, der vorhero mit Sammet sich nicht begnügen lassen, erhält sich allein mit Wasser und Brod, und dieses so mäßig, daß kaum ein Spatz damit gesättiget würde, der doch vorhero auf einmal so viel Speis zu sich genommen, als acht starke Männer. Guilemus warum dieß? Ob Gehennae metum, wegen der Ewigkeit, sagt er, so ich fürchte in der Höll.

Karolus Quintus ein glorwürdigster Kaiser aus dem Haus Oesterreich, dem die Welt unterthänig, dem die Fortuna botmäßig unterworfen, ein deutscher Herkules, ein österreichischer Alexander, legt etliche Jahr vor seinem Tode Kron und Scepter freiwillig ab, verschließt sich selbst in ein Kloster, nimmt vor Lieb mit einer engen Zelle, dem vorhero ganze Königreich [194] zu eng. Karolus warum dieß? Ob Gehennae metum, sagt er, wegen der Ewigkeit, so ich fürchte in der Höll. O Ewigkeit! o Ewigkeit!

Noch eins, ihr unglückseligen Verdammten, dasjenige Würmel, welches aus göttlichem Befehl dem Propheten Jonä seinen Kürbis abgebissen, dasselbe wird alle Bäume, alle Wälder, alle Hecken, alle Stauden, alle Gewächs der ganzen Welt abbeißen, wie lang wird es zu thun haben mit einem Eichbaum? wenn es nun wird völlig mit seiner Arbeit fertig seyn, und alles Gehölz zermahlen haben, alsdann wird auch die Post kommen, daß ihr erlediget werdet, seyd ihr zufrieden mit dieser Gnad? O freilich, o freilich, sagen sie, unendlich wollten wir um dieses danken, aber wir wissen es, daß es nicht seyn kann, wenn auch die Mutter Gottes selbst, wenn auch alle Heilige im Himmel, alle Engel im Himmel sich zu den Füßen Jesu thäten niederwerfen, und solche Gnad für uns begehren, so würde es doch Gott nicht thun; c redemptio, es ist keine Erlösung auf ewig, o erschrecklichesNulla. O Jesu erbarm dich unser.

Was sagst du Musika von der Höll? Ich, sagt Musika, sind einen tiefen Paß in der Höll, find einen erschrecklichen Gesang, benanntlich das Heulen und Zähnklappern, sind unendliche Suspir, sind einen grausamen Takt, indem ein jeder Verdammter spricht: »Manus Domini retigit me;« aber welches das Allerschmerzlichste ist, ich finde in der höllischen Musik keine einige Pause. Es ist zwar die ganze Woche dem Menschen von Gott zur Arbeit gegeben worden, aber gleichwohl ist keine Woche ohne Pause und Feierabend. [195] Es plagt sich der Scholar mit seiner lateinischen Arbeit nicht ein wenig, und muß oft den Schlaf brechen, wenn er etwas machen will, muß oft die Bücher lesen, wenn er sich vom Uebel erlösen will, aber gleichwohl hat er seine Pause, und seine gewisse Vakanz. Ein Zimmermann hat eine harte Arbeit, und muß manchem Baum die Haut abziehen, da er doch sein Lebtag kein Pfleger wird, muß manches Haus aufbauen, wenn er doch wohl hausen will, muß wider seinen Willen oft hoch steigen, da doch andere viel Geld spendiren, damit sie solches erhalten, aber gleichwohl hat er seine Pause, seine gewissen Stunden des Tags, an denen er sich mit einem Stück Brod erquicket, oder aber auf den harten Scheiten einen linden Schlaf versucht. Ein Schnitter auf dem Feld hat eine harte Arbeit, muß es machen wie der Tod, wenn er doch will zu leben haben, er bucket sich ein ganzes Jahr nie so stark gegen die Erde, es ist aber eine interessirte Reverenz, denn dazumal spendirt sie die liebe Mutter zum Meisten, der Schweiß rinnt ihm über das Angesicht herab, diesen Firniß hat uns der Adam gemacht, aber dennoch hat der arbeitsame Schnitter seine Pause, hat gewisse Zeiten des Tags, bei denen er sich unter einen Schatten setzt, das gewünschte Mittag – Mahl einnimmt, und ist anbei versichert, daß er übern Stuhl nicht hinunter fällt.

Der Soldat auf der Wach hat eine harte Arbeit, und wenn andere bei nächtlicher Ruhe die Augen zuschließen, muß er die seinigen zum Beßten offen haben, muß in der größten Kälte Schildwach stehen. Ob das Wort Schildwach von Schild oder Schelten [196] herkommt, das weiß ich nicht Muß immerzu auf der hohen Pastei seyn, da ihm doch, dem hungerigen Tropfen, lieber wäre die Pastete, etc. Aber gleichwohl hat er seine Pause, wenn die Stund und gewisse Zeit verflossen, so schreit er alsobald: Abgelöst! lehnt die Muskete an die Wand, begibt sich in die Rauchstube oder Wachstube, legt sich nieder und schläft, und schneidet Bretter auf der Bank. Nichts ist in der Welt, so nicht eine Pause, seine untersetzte Ruhe hat, aber in der Höll ist keine einige Pause, in alle Ewigkeit nicht eine halbe Viertel – Stund eine Ruhe. O allmächtiger Gott! Ewig brennen, und nicht einmal eine Viertel-Stund eine Abkühlung. Ewig verwundet, und nicht einmal ein Pflaster. Ewig Hunger leiden, und nicht einmal einen einigen Bissen. Ewig Durst leiden, und nicht einmal einen Tropfen Wasser. Die erbitterten höllischen Geister thun auf ewig die Verdammten peinigen, schlagen, stechen, hauen, zwicken, brennen, drosseln, werfen, pressen, drucken, räderen, folteren, binden, raufen, schinden, stoßen, treten, sieden, braten, bachen, stürzen, spießen, schneiden, etc. Und werden doch weder müd noch matt.

Johannes, der apokalyptische Engel, hat auf eine Zeit gesehen, wie der göttliche Richter am jüngsten Tag wird erscheinen; ich sah ihn, sagt er, daß sein Haupt gewesen wie ein weißer Schnee, seine Augen waren wie Feuerflammen, seine Füß gleichwie ein glänzendes Erz, als wenn es wäre in einem feurigen Ofen, und seine Stimm wie das Rauschen vieler Wasser, und er hatte sieben Stern in seiner rechten Hand, und aus seinem Mund ging ein scharfes zweischneidiges [197] Schwert heraus, und sein Angesicht war, als wenn die Sonn scheinet in ihrer Kraft etc. »Praecinctum ad mamillas zona aurea;« unter andern hab ich Johannes auch gesehen, daß seine Brust mit einer goldenen Gürtel verschlossen, durch welches wurde angedeutet, daß am jüngsten Tag der göttliche Richter sein vorhin so gütiges Herz völlig und auf ewig den Verlornen werde zuschließen, und nicht einmal auf einen Augenblick eröffnen, und nicht einmal ein Haar von seiner Sentenz auf ewig nachlassen, nicht einmal mit der vorgenommenen Straf nur einen Augenblick dispensiren in alle Ewigkeit. O Jesu Maria! gar keine Pause, gar keine einige Pause.

Es ist nicht gar lang, daß sich in Welschland folgende erschreckliche Geschicht begeben. Eine adeliche und reiche Frau führte einen sehr frommen und auferbaulichen Wandel, war freigebig gegen die Armen, und dem Gebet und Andacht sonderbar ergeben. Nachdem sie mit Tod abgangen, hat sie keinen andern Erben hinterlassen, als eine einige Tochter, und zwar ein Kind, so nicht allein Gestalt halber, sondern forderist Tugend halber wohl beschaffen war, welche neben andern gottseligen Werken auch sehr gern für die Todten und Abgestorbenen gebetet, insonderheit aber für ihre liebste Mutter. Als diese Tochter etliche Wochen nach dem Tod der Frau Mutter einmal ganz allein in der Stube war, da erblickt sie ein erschreckliches Abentheuer bei der Thür, so fast gleich einer wilden und geschundenen Sau, voller Gestank und Unflath; die Tochter thät sich billig hierüber höchst entrüsten, und wollte die Flucht sogar vom Fenster hinunter [198] nehmen; aber das Gespenst redet sie mit folgenden Worten an: »Stehe still, und weiche nicht, o Tochter, ich bin deine unglückselige Mutter, ob ich schon einen frommen und untadelhaften Wandel geführet auf Erden, so bin ich gleichwohl ewig verdammt, weil ich mit deinem Vater etliche abscheuliche Sünden begangen, die aus Schamhaftigkeit in der Beicht niemalen entdecket;« nachdem die Tochter sich in etwas erholet, so fragt sie ihre unglückselige Mutter nicht ohne häufige Zähren, was denn für Peinen in der Höll seyen? worauf die Mutter: die Beraubung des göttlichen Angesichts ist die größte Pein, und darum ist bei den Verdammten ein immerwährendes Vermaledeien und Fluchen der göttlichen Justiz; nachmals ist eine unerläßliche Pein, indem alle Verlornen gedenken und betrachten, daß sie ewig, ewig, ewig nicht mehr erlöst werden, ewig, nicht auf einen Augenblick nur ihr Feuer auslöschen, ewig nicht eine Unze der göttlichen Barmherzigkeit zu hoffen haben, ewig nicht die mindeste Pause genießen in ihren Tormenten und Qualen etc.; worüber sie etliche Sprüng über Stühl, Tisch und Bänk gethan, und allenthalben wie ein feuriges Eisen tiefe Fußpfade eingedrückt, mit einem unleidentlichen Gestank, und folgsam von den bösen Feinden in den Abgrund gestürzt worden. Die Tochter hat sich alsobald in die Kirche begeben, sich mit dem dazumal berühmten Fastenprediger unterredt, welcher dann nach eingenommenem Augenschein mit dero Erlaubnuß alles in der Predigt geoffenbaret, auch mit dieser erschrecklichen Geschicht sehr viel Sünder zur Buß und Besserung gezogen.

[199] Was sagst du Geometria von der Höll? Ich, sagtGeometria, bin immerzu beschäftiget mit dem Ausmessen des Erdbodens, aber es ist mir nie heißer worden, als wie ich die Höll, so in dem Mittelpunkt der Erde liegt, habe abgemessen. Wie Judas von einer großen Anzahl Teufel in die ewige Verdammnuß hinunter geführt worden, da ist er zum allerersten kommen in einen großen Kerker des Erdbodens, allwo nichts anders gewest, als eine dicke Finsternuß, von Feuer und Pein sah er nichts, und hörte auch nichts, und empfand auch nichts; da fragte er alsobald, ob dieß die Höll sey? ja wohl, die Höll, antworten die verdammten Larven, dieß ist ein Paradeis gegen die Höll, dieses ist der Ort, so der Schoos Abrahams genennt wird, in diesem seynd arrestirt gewest die heiligen Altväter, bis der Heiland Jesus nach seinem bittern Tod hinunter gestiegen, und sie erlöst. Judas wird weiter hinunter geführt, und kommt in eine andere Keiche, so von uns tausend zwei hundert und zwei und fünfzig welsche Meilen Wegs in dem Erdboden entlegen; fragt daher gleich wiederum, ob dieses die Höll? nichts von der Höll, sagen die Teufel, dieß ist derjenige Ort, wo die unschuldigen Kinder loschiren, welche das Angesicht Gottes zwar nicht sehen, aber im übrigen wenig leiden. Der Iscarioth wird ohne Verzug tiefer hinunter gerissen, und kommt an den dritten Ort, so zwei tausend fünf hundert und fünf welsche Meilen in dem Erdboden; da sah er ganz feurige Oesen, und in den Oesen die armen Seelen, er sah ganz feurige Röst, und auf den Rösten die armen Seelen, er sah ganz feurige Flüß, und in den [200] Flüssen die armen Seelen, er hörte weinen und wehklagen, er hörte schreien und bitten, er hörte seufzen und trauern; ach, sagte er, da, da, da ist die Höll; ja wohl Höll, war die Antwort, in der Höll thut man Gott vermaledeien, aber allhier thut man Gott benedeien, in der Höll ist ein Eingang ohne Ausgang, aber allhier ist ein Eingang und auch ein Ausgang, in der Höll thut man fluchen, aber da thut man beten, dieser Ort ist eine Vorstadt des Himmels, und wird genennt das Fegfeuer. Weiter fort mit dem Juda, bis er endlich kommen ist drei tausend sieben hundert und acht und fünfzig welsche Meilen in der Erde; hier ist die Höll, hat es geheißen, und stoßen ihn alsobald mit größter Macht in den Abgrund. Diesen erschrecklichen ewigen Kerker hab ich, sagt Geometria, ganz genau gemessen, und gefunden, daß er ganz rund wie eine Kugel, und folgsam die Höhe wie die Weite, und die Weite wie die Höhe, benanntlich zwei tausend fünf hundert und fünf welsche Meilen, der ganze Umkreis aber des höllischen Kerkers sieben tausend acht hundert fünf und siebenzig welsche Meilen; in diesem Ort haben gleichwohl Platz viel tausend Millionen der verdammten Seelen samt ihren Leibern, denn sie auf einander werden liegen wie die Ziegel in dem Brennofen, wie die Häring in der Tonne, wie die Glut auf dem Heerd. Etlicher heiliger Väter Aussag ist, daß am jüngsten Tag die Höll werde größer werden, denn der Ort der Altväter, oder Sinus Abrahae, der Ort der unschuldigen Kinder, das Fegfeuer deßgleichen, werden alle zusammen [201] brechen, und eine Höll seyn. O was ist das für ein tiefer Kerker!

In dem Königreich Neapel ist eine Landschaft, so vor diesem Peligri genennet worden, dessen Hauptstadt Sulmona; in besagter Landschaft war ein Edelmann, der sehr tyrannisch und unbarmherzig mit seinen Unterthanen umgangen. Einsmals hat es sich zugetragen, daß einer aus denselben einen Jagdhund seiner Herrschaft todt geworfen, und zwar wider seinen Willen; worüber der Edelmann dergestalten ergrimmet, daß er denselben alsobald an eisene Ketten hat fesseln lassen, und in den tiefesten Kerker werfen; nachdem der bedrängte Unterthan etliche Tag in dieser abscheulichen Gefängnuß gesessen, und die ihm bevorstehende Straf so stark zu Herzen genommen, ist er in eine solche Melancholie und Verzweiflung gerathen, daß er den bösen Feind angerufen um Hülf und Beistand. Was geschieht? der Kerkermeister wollt nach Gewohnheit dem Gefangenen die Speis, ob zwar wenig und schlecht genug, bringen, findet aber keinen einigen Menschen, ungeacht die eisenen Bande und die wohlversperrte Keichenthür unverletzt waren; jedermann, forderist die Herrschaft, verwunderten sich hoch über dieses, glaubten auch fest, der Teufel müsse den Bauern geholt haben; nach drei Tagen hörte man ein ungeheures Geschrei unter der Erde, und zwar in demselben Gefängnuß, und wie man hinunter kommen, findet man den Gefangenen wie zuvor in eisene Banden geschlagen, aber mit einer erbärmlichen und entsetzlichen Gestalt; als man ihn befragte, wo er gewesen sey, gab er keine Antwort, sondern stund wie [202] eine seellose Statue oder Bildnuß; endlich begehrt er mit der Herrschat zu reden, welches ihm auch verwilliget worden, daselbst hat er bekennt, daß ihn der böse Feind in den Abgrund der Hölle habe geführt, welche so tief, daß er glaubt, er sey über tausend Meilen hinunter gestiegen; daselbst habe er gesehen die unermeßliche Pein der Verdammten, unter andern habe er viel erblickt, die in Sammet und Seide, in Silber und Gold aufgezogen, als er aber eines dergleichen Kleider nur ein wenig angerührt, sey ihm hievon die Hand halb abgebrannt; so habe er auch gesehen den Ort, wohin sein Edelmann werde gestoßen werden, wofern er nicht von seinem bösen Wandel werde abstehen, und dieß hab ihm einer gezeigt, so vorhin des Edelmanns bester Freund gewesen; zum Zeugnuß dessen hab er ihm jenen geheimen Kontrakt vertraut, den sie beide einmal im Feld mit einander gemacht haben. Der Edelmann konnte hieraus die Wahrheit schließen, zumalen um diese Sach kein Mensch auf Erde gewußt, außer die zwei; über dieß ist der Unterthan frei und los worden, aber wegen des erschrecklichen verstellten Angesichts kaum von seinem Weib und Kindern erkennet worden; und so diese mit weinenden Augen befragt worden, wo er gewest, so gab er fast keine andere Antwort, als nur lauter tiefeste Seufzer, wie er dann etliche Tag hernach, nachdem er sein Testament verfertiget, gestorben ist.

Was sagst du Astronomia von der Höll? Ich, sagtAstronomia, mag mich nicht viel fretten mit irdischen Dingen, ich halt mich meistentheils in der Höhe auf, besichtige den Mond, welcher so hoch über [203] dem Firmament, daß er von demselben acht und dreißig tausendmal tausend, achtmal hundert sieben tausend, drei hundert und siebenzehn deutsche Meilen entlegen. Ober dem Mond beschaue ich den Planeten Venus, ober der Venus den Merkurium, ober dem Merkurium die Sonn, welche nach Aussag Cassonäi einen so schnellen Lauf hat, daß sie in einer Stund zweimal hundert und sechzig tausend deutsche Meilen postirt; das heißt gelaufen. Ober der Sonne betrachte ich den Planeten Mars, und schau, ob er noch gut französisch. Ober dem Mars besuche ich den Jupiter; ober diesem den Saturn, und verwundere mich über dessen Langsamkeit; ich will zwar Gott nicht einreden, aber meines Gedünkens hätte er besser getaugt für einen Zimmermann, als für einen Planeten. Ober dem Firmament stehet man ein blaues Gewölb, so aber nur in lauter Wasser besteht; nach allen diesen finde ich den Himmel, allwo Gott in seiner Majestät mit allen Auserwählten residiret, welcher so groß seyn soll, wie Nierenbergius davor hält, daß er vier und zwanzig tausend Millionen deutsche Meilen in der Länge, und drei tausend sechs hundert Millionen in der Breite begreife; ja wenn ein Vögelein so schnell könnte fliegen, daß es in einem Ave Maria lang den ganzen Erdboden zwanzigmal könnte umfliegen, so hätte es doch 24 Stund zuzubringen, wenn es den Himmel, wo die Heiligen wohnen, wollt durchfliegen. Weil denn die ganze runde Weltkugel nichts anders ist gegen den Himmel, allwo die Wohnung der Auserwählten, als ein Tüpfel, so schämen sich die Verdammten in alle Ewigkeit, verfluchen ihre [204] Thorheit, daß sie um ein so winziges Tüpfel halber den so edlen Himmel auf ewig verschwendt, verscherzt, vertändlet. Ach wehe! ach wehe! ach wehe! und unendlich wehe! die ewige Glorie, die ewige Freud, das ewige Licht, den ewigen Frieden, das ewige Leben, die ewige Wollust, die ewige Ersättlichkeit, die ewige Musik, die ewige Ruhe, den ewigen Glanz, die ewige Würde, die ewige Lieblichkeit, die ewige Herrlichkeit, die ewige Vergnügung, die ewige Gnad, die ewige Ergötzung, den ewigen Wohlstand, die ewige Wohnung im Himmel, die ewige Gesellschaft der Engel, die ewige Freundschaft der Heiligen, das ewige Angesicht Gottes, haben wir elende Geschöpf verschwendt um eine zergängliche Wollust. O vermaledeit die Stund, an dero wir geboren, vermaledeit die Mutter, so uns getragen, vermaledeit die Tauf, die wir empfangen, vermaledeit die Zeit, an dero wir zum Verstand kommen, vermaledeit der Sand, den wir angetreten, vermaledeit Gott, der uns berufen, vermaledeit die Sakramenta, die wir mißbraucht, vermaledeit der Himmel, den wir verloren, vermaledeit die Erd, die wir verlassen, vermaledeit der Teufel, der uns versucht, vermaledeit die Sünden, die uns anhero gestürzt; ach wehe! ewig wehe! wehe ewig! ewig wehe!

Leich - Predigt des verdammten Erzschelm Judä Iscarioth
[205] Leich – Predigt des verdammten Erzschelm Judä Iscarioth.

Thema: Maledictus, vermaledeit. Gen. c. 3. Num. 22. Deut. 22. Josu. 6. Judic. 21. 1. Reg. 14 Eccles. 28. Jerem. 11. Malach. 1. ad Gallath. 3. etc.


Ihr Hebräer! wer ist Judas Iscarioth?

דאמ צדמ דםומה הדוהי


Jehuda hammoser meragh meodg.


Ihr Griechen! wer ist der Judas Iscarioth?

Ἴθδας ἔστι μοχϑηρότατος προδότης.


Ihr Lateiner! wer ist Judas Iscarioth?

Judas est pessimus Nebulo.


Ihr Araber! wer ist Judas Iscarioth?

Scherirelazli.


Ihr Persianer! wer ist Judas Iscarioth?

Hharamzade.


Ihr Türken! wer ist Judas Iscarioth?

Khara giii zlü.


Ihr Böhmen! wer ist Judas Iscarioth?

Gidass gest ten neg horrssy Sradce.


Ihr Polaken! wer ist Judas Iscarioth?

Jud iest nai Vlietki Sdraizu.


Ihr Ungarn! wer ist Judas Iscarioth?

Judas Dekilletlen em vver.


Ihr Kroaten! wer ist Judas Iscarioth?

Prokleti Judas mallo fridni Schlovik.


[206] Ihr Italiener! wer ist Judas Iscarioth?

Giuda e gran Traditore.


Ihr Spanier! wer ist Judas Iscarioth?

Judas el Major Traidor.


Ihr Franzosen! wer ist Judas Iscarioth?

Judas est un archifripon.


Ihr Crainer! wer ist Judas Iscarioth?

Judash Scharioth, ie ta Vsrele Schellem.


Ihr Deutsche! wer ist Judas Iscarioth?

Judas ist ein vermaledeiter Erzschelm.


Vermaledeit sein Kopf; die Statue oder Bildnuß des Königes Nabuchodonosor hat ein guldenes Haupt, aber Judas hat einen Teufelskopf gehabt. Das Haupt des Menschen ist ein Sitz und Wohnung der vornehmsten Sinne, und wenn dieses wohl beschaffen, so stehen die andern Glieder auch Allegro, ist aber dieses mangelhaft und nichts nutz, so muß es der ganze Leib entgelten; in dem Kopf oder Haupt residiret das Hirn, welches so häufig bei dem Menschen, daß es doppelt so viel ist als bei einem Ochsen, es liegt in dreien Behältnissen oder Kammern, und ist in zwei Häutel eingewickelt, wodurch es beschützt und vertheidiget wird, deren eins heißt die harte, das andere die gute Mutter: bei dem Iscarioth aber finde, ich gar wenig Hirn und in demselben gar keinen Verstand, massen er wie der größte Narr das höchste und unschätzliche Gut um ein so Spottgeld verkauft, indem doch des Aßverus um zehn tausend Talent die Juden nicht wollt geben, der Stock – Narr hat die Salben Magdalenä um dreihundert Gulden geschätzt, und Jesum, [207] den Weltheiland, dessen so häufige Wunderwerk er gesehen, verkauft er um dreißing Silberling; dem Judä seynd alle diejenigen gleich, welche Gott und Gottes Gnad um eine zergängliche, schlechte, nichtige, verwerfliche, wilde, stinkende und falsche Wollust vertändeln, verschwenden, verscherzen.

Vermaledeit die Haar auf dem Kopf Judä. Die Haar werden von den Lateinern genannt Capilli, das ist so viel als Capitis Pili, diese seynd nichts anders als eine grobe natürliche Feuchtigkeit, welche aus dem Haupt heraus gehet, und auswendig in Haar verkehrt und ausgetrocknet wird; wenn aber die Feuchtigkeiten nachlassen, alsdann muß das Haupt nothwendig kahl werden, weil Judas einen ziemlichen Strobelkopf gehabt und gar oft des Kämpels vonnöthen, also steckte folgsam in diesem Unflath sehr viel Feuchtigkeit, wenigst finde ich in ihm die allergeringste Hitz nicht einer göttlichen Liebe. Ursula Benicasa, diese heiligmäßige Theatinerin, war also erhitzt in der göttlichen Lieb, daß ihr das Herz im Leib verbronnen und man nach ihrem seligen Hintritt kein Herz gefunden, sondern anstatt dessen ein leeres angebrenntes Häutel. In act. Aber Judas der Erzschelm hat weniger Hitz als der Monat Februarius. Der selige Joannes aus meinem Orden hatte unter dem heiligen Meßopfer eine solche Hitz der göttlichen Lieb empfunden, daß ihm mehrmalen ein großer Dampf und Rauch vom Kopf aufgestiegen. Auct. Fest. Aber Judas der Galgenvogel hatte weniger Hitz gehabt, als Moskau im Winter, allwo eine solche Kälte, daß mehrmalen der Speichel so aus dem Mund geworfen wird, ehender gefrieren thut, als er auf [208] die Erde kommt. Nicolaus Fator Ord. Minorum hatte eine solche Hitz der göttlichen Liebe, daß er oft deßwegen sich kühlen mußte, in ein kaltes Wasser springen, wovon aber das Wasser nicht anders worden als wäre es eine lange Zeit bei dem Feuer gestanden. In vit. Aber Judas der Stricks-Dieb hat noch weniger Hitz gehabt als die Insul Meta, allwo das Eis auf dem Meer gar oft zwanzig Klafter dick gefunden worden. Olaus lib. 7. O verruchte Kreatur, die so viel Gnaden und Gutthaten von dem Heiland Jesu empfangen, der dir gewest das, was ein Vater seinem Kind gewest ist, das, was ein Arzt dem Kranken gewest ist, das, was ein Hirt dem Schäfel, der dich gemacht hat zu einem Jünger, noch mehr zu einem Apostel, noch mehr zu einem Prokurator und vornehmen Beamten seines heiligen Kollegiums, der dich geliebt hat über alles, und du verstockter Tropf lässest gleichwohl nicht merken gegen ihm einen kleinen Funken der Gegenlieb. Es ist kein Wunder, daß dein Kopf voller Haar, zumalen in dir keine Hitz, sondern nur eine stinkende Feuchtigkeit, wie dann auf einem faulen Grund das Gras ohne das gern wachset.

Vermaledeit die Augen und das Gesicht Judä. Die Augen seynd die allerzartesten, edelsten und nützlichsten Glieder und seynd der Seele am allernächsten, zumalen man gar oft aus den Augen die Passiones des Menschen erkennen kann; mich wundert in der Wahrheit, wie der Herr und Heiland bei dem letzten Abendmahl sich verlauten lassen, daß ein Verräther unter seinen Aposteln sey; mich wundert, daß sie gefragt haben, wer derselbige sey, indem sie leicht dem[209] Judä an den Augen hätten können ansehen, daß er ein Schelm in der Haut sey. Vermaledeit aber seynd meistens seine Augen nur derentwegen, weil sie nicht einen einigen Buß-Zäher vergossen.

Magdalena wußte wohl, daß man zu Wasser gar leicht nach England komme, deßwegen hat sie so häufige Zäher vergossen, daß sie damit Christo dem Herrn ein Fußbad zugericht; sie zeigte sich fast wie ein Schnee, diese schneeweiße Dama, denn gleichwie der Schnee bei starker Sonnen-Hitz zu Wasser wird, also thäte sie auch vor großer Hitz der göttlichen Liebe fast ganz zerfließen; sie war nicht anders als ein Distillir Kolm, dem ein Tropfen um den andern herunter fällt wegen des untergelegten Feuers. Magdalena hat den Planeten Venus völlig verlassen und sich unter die Protektion des Wassermannes begeben; Magdalena hat dreißig ganzer Jahr keine trockenen Augen gehabt; Judas aber hat mehr gesündiget als Magdalena, und dennoch nicht einen einigen Zäher vergossen, o Schelm!

Petrus war ein kühler Tropf wie er beim Feuer gestanden, Petrus hat zu Hof einen schlechten Hof-Mann abgeben, wie er unsern Herrn verläugnet. Petrus hat nicht gehalten das Sprich-Wort: ein Mann, ein Mann, ein Wort, ein Wort, wie er mit dem Weib geredet, nachdem aber der gebenedeite Heiland ihn mit beweglichen Augen hat angeschaut, da ist PetrusPetra worden, auf welchen Moses geschlagen, und das häufige Wasser herausgeronnen, Petrus hat seine begangene Sünd dergestalten beweint, daß er die Zeit seines Lebens allzeit nasse Augen gehabt, ja die steten Thränen thäten ihm auf den Wangen zwei tiefe[210] Furchen herab machen, und waren seine Augen immerzu roth, wie das rothe Fleisch. Zu Rom bei St. Sebastian zeigt man noch einen Stein, der von den steten Zähern Petri völlig durchlöchert worden, er mußte allzeit ein Tüchel an seinem Arm tragen, damit er konnte die Thränen abwischen, wovon die Gewohnheit herrührt, daß der Priester in der hl. Messe das Manipel am Arm trägt. Judas hat weit größer gefehlt und gesündiget, als Petrus, und dannoch nicht einen einigen Zäher vergossen. O Schelm! Die Niniviter haben zwar einen liederlichen Wandel geführt, bei ihnen hat das Fleisch den Vorgang gehabt, der Geist mußte einen Leibeignen abgeben, das Fleisch war beim Tisch gesessen, der Geist, als ein ungeladener Gast, hinter der Thür; das Fleisch ist auf den Federn gelegen, der Geist auf dem Stroh. Diese saubern Leut haben in Summa einen unsaubern Wandel geführt, aber die Predigt Jonä hat dergestalten sie bewegt, dieser Prophet hat mit seiner Stimme dergestalten gedonnert, daß bald hierauf ein großes Regenwetter erfolgt, zumalen sie dermassen ihre Sünden bereuet, über dieselben so häufige Zäher vergossen, daß bereits auf der Gasse ein großes Koth worden vor lauter Weinen, nicht anderst, als wäre ein Regen vom Himmel gefallen. Judas hat weit ärger gesündiget, und gleichwohl nicht einen einigen Tropfen vergossen. O Schelm! du bist eine lange Zeit ein Erzvogel gewest, wenigst wärest du eine Ente gewest, und dich unter das Wasser der Buß – Thränen verborgen, so hätt dich der Teufel nicht ertappt. Pharao ist in dem Wasser ertrunken und zu Grund gangen, deine Sünden und großen Laster[211] wären ebenfalls zu Grund gangen in dem Wasser der Buß – Zäher, wenn du nur hättest wollen, aber deine Augen seynd trockener gewest als der Berg Gelboe.

Vermaledeit die Ohren und das Gehör Judä. Klein, aber sehr künstlich ist das Gebäu eines Ohres, und hat selbes einen engen, und zugleich einen krummen Eingang ins Haupt, nicht viel ungleich einer Meermuschel oder Schnecke; in dem Ohr seynd vier kleine Kämmerl, und in der andern Kammer oder Behältniß seynd gewisse Beiner, deren eins einem Amboß, das andere einem Hammer gleich ist, auch wird man in besagtem Ort zwei Fensterl antreffen, durch welche die Stimm oder Getös hinein gehet, und zugleich auch des Hirns Unflath heraus getrieben wird, zu welcher Arbeit meistens der kleine Finger herhalten muß. Vermaledeiet die Ohren Judä forderist darum, weil sie oft die Predigt des Heilands Jesu angehöret ohne Frucht und Nutzen, denn es hat geheißen bei einem Ohr hinein, beim andern wieder heraus.

Der Herr hat geprediget von dem Himmel und ewigen Belohnung, von dem gewissen vergelts Gott! und obschon Paulus sich verlauten lassen, in der vierten Epistel zu den Korinthern, daß er und andere Diener Gottes auf dieser Welt für Narren gehalten werden: »Nos stulti propter Christum,« so gestehet es doch dieser heilige Apostel, daß keiner Narr umsonst sey, sondern kein Aug hab es gesehen, kein Ohr hab es gehöret, in keines Menschen Herz ist es gekommen, was Gott denjenigen bereitet hat, die ihn lieben. Freuet euch und frohlocket sagt der Herr Jesus, denn eure Belohnung ist sehr groß in den Himmeln. Dieß [212] alles hat Judas gehört, aber bei einem Ohr hinein, beim andern wieder heraus.

Der Herr hat geprediget von der Höll und ewigen Verdammniß, hat ümständig erzählt den elenden Untergang des reichen Prassers, der so gäh von der Tafel zum Teufel kommen, so geschwind von den Pflaumen zu den Flammen kommen, so unverhofft von der Gasterei zur ewigen Kasteiung kommen, so bald vom Rausch auf den Rost kommen, so schnell von der Wurst zum Durst kommen, daß er auch dessenthalben den Abraham für einen Leutgeber oder Kellner begrüßt, prediget hat er, die Kinder des Reichs sollen hinausgeworfen werden in die äußerste Finsterniß, da wird Weinen seyn und Zähnklappern. Dieses alles hat Judas angehört, aber bei einem Ohr hinein, beim andern wieder heraus.

Der Herr hat gepredigt vom Geiz und Wucher, und daß leichter ein Kameel durch ein Nadel – Loch durch gehe, denn daß ein Reicher zum Himmel – Reich eingehe. Das Allmosen ist eine Leiter in Himmel, an die ser Leiter verlangt sich der Geizige nicht einen Sprössel, massen der Dativus bei ihm so fremd, wie in Norwegen die Schwalben. Das Allmosen ist ein Schlüssel in Himmel, der Geizige hält nicht viel auf diesen Schlüssel, ihm ist ein Dietrich lieber, den alle Dieb brauchen, denn das Fest St. Bonati in seinem Kalender nicht anzutreffen ist. Das Allmosen ist ein Wasser, welches die Sünden abwascht und reiniget, aber der Geizige acht dieß Wasser gar nicht, sondern er fischt nur gern auf der Bank, denn in seiner Karte wird man nie den Donari Do finden. Das Allmosen ist eine Brücke, worüber der Mensch kann passiren [213] in das Land der Seligkeit, aber der Geizige ist verblendet von Geld und Gold, darum hat er den Schwindel, getraut sich nicht über diese Brücke, denn das Geben bei ihm ist vergebens. Dieß alles hat Judas angehört, aber bei einem Ohr hinein, beim andern wieder heraus.

Der Herr hat geprediget vom Uebermuth und Hoffarth, sprechend, wer sich selbst erhöhet, der soll erniedriget werden, und wer sich selbst erniedriget, der soll erhöhet werden. Die Waag – Schaal, so in die Höhe steigt, ist schlechter, als die in der Niedere bleibet; das Ei, so in der Höhe schwimmt, wird minder geacht, als das, so in der Tiefe liegt; der Fisch, so in der Höhe schwimmt, wird ebender abstehen, als der, so in der Tiefe ist; die Höhe thut kein gut, sagt mit Icaro Simon Manus: »die Höhe thut kein gut,« sagt mit Icaro und Simon ein Rageth, »denn unser Steigen hat den Fall vor der Thür.« Bei Gott dem Herrn ist das Flectamus genua vor dem Levate; bei Christo oem Heiland ist das Hinuntersteigen in die Vorhöll ehender als die Himmelfahrt; bei dem Zachäo vom Baum ist das Heruntersteigen vom Baum ehender gewest, als die Einkehr des Herrn; gut ist für mich die Tiefe, sagt der Keller, und das ist wahr; gut ist für mich die Tiefe, sagt die Wurzel des Baums, und das ist wahr; gut ist für mich die Tiefe, sagt das Fundament eines Gebäuds, und das ist wahr. Ecce! was dasEcce ancilla Domini nicht gericht bei Maria der Jungfrau! dieß und dergleichen hat Judas gehört, aber bei einem Ohr hinein, bei dem andern wieder heraus;[214] dann er gleichwohl bei dem Fußwaschen der erste wollte seyn.

Vermaledeit die Nase und der Geruch Judä. Nares oder die Nase wird also genennt quasi Gnare, allweil sie von Natur abgericht ist, den Geruch zu unterscheiden, also daß die Nase eben das Glied ist, durch welches wir den Geruch unterscheiden, und den Geist und Athem an uns ziehen, und die Ueberflüssigkeiten des Hirns ausleeren, denn die Nase hat einwendig zwei Löcher, das eine reichet zu der Konkavität des Palati, daraus wird der Ueberfluß des Munds gereiniget; das andere reichet hinauf bis zum Hirn, auf daß von dannen die Luft geschöpft werde, und der Spiritus animalis zu Vollendung des Sinns und des Riechens vom Hirn herab gezogen werde.

Die Hebräer in dem 34. Kapitel Exodi schreiben, daß Gott eine lange breite Nase habe, welches sie durch das Wörtel Aph andeuten, so eben so viel thut lauten, als latis naribus; hierdurch wollen sie zu verstehen geben, daß Gott ganz gütig sey, und sich nicht bald zürne, massen diejenigen, so lange und breite Nasen haben, nicht leicht in eine Cholera gerathen; weil nemlich der Dampf von der Gall, so in das Haupt steigt, leichter durch eine große Nase ausraucht, als durch eine kleine, deßwegen diejenigen Leut, welche kleine gespitzte Nasen haben, meistentheils herb und gähzornig seyn. Niceph. Callixt. in Hist. S.l. 2. c. 23., schreibt von der Gestalt der Mutter Gottes, und folgsam von Christo, weil beide einander zum Beßten gleichten, daß sie keine kleinen Nasen, sondern mittelmäßige und länglichte haben gehabt, [215] »Nasus longior, digiti longiores etc.;« aber Judas Iscarioth hat eine kleine und gedruckte Nase gehabt, und eben darum vermaledeit, weil er ein giftiger und zorniger Gesell gewest, massen er damalen, als Magdalena mit ganz kostbaren Salben den Herrn Jesum verehrt, er dergestalten ergrimmt, und ihm die Salbe also in die Nase gerochen, daß, wenn es hätte seyn können, er ihr die leere Alabasterbüchse hätte an Kopf geworfen; von derselben Zeit an hat er den gefaßten Groll über Christum nimmermehr fallen lassen, sondern den gebenedeiten Heiland bei den Hohenpriestern und anderwärts sehr verkleinert, als wäre er ein Mann, der seine Haut Wohl versorge, und dem Leib keinen Stiefvater abgebe. Rubertus in Matth. lib. 11. schreibt, daß Judas in allweg gesucht habe, auch die anderen Apostel in die Gefängnuß und Händ der Henker zu bringen, und weil ihm solche Anstalt mißlungen, habe er sich dermassen hierüber erzürnt, daß er sich selbst das Leben genommen. Gewiß ist es, daß er ein zorniger Gesell gewest ist, unangesehen der Herr gesagt hat: selig seynd die Sanftmüthigen; ein giftiger Kerl ist er gewest, obschon der Herr gesagt: »Discite a me,« lernet von mir, weil ich sanftmüthig bin und eines demüthigen Herzen; ein grimmiger Böswicht ist er gewest, wenn schon der Herr gesagt hat: vergib uns unsere Schulden, gleich wie wir vergeben unsern Schuldigern; ein rachgieriger Mensch ist er gewest, da doch der Herr gesagt: »Diligite,« liebet euere Feind; ein Tiger ist er gewest, indem er doch an dem Herrn nichts als eine Lämmel-Natur wahrgenommen.

[216] Vermaledeit die Zung Judä, Lingua oder die Zung wird also genennt a lingendo, denn sie ist ein Instrument des Kostens und des Redens. Wenig Gutes hat Judas geredet, zumalen kein einiger Evangelist schreibet, daß er einmal etwas Gutes hätte gesagt; wohl aber war er der ärgste Gotteslästerer, denn also notiret Jansenius in Concord. c. 128., daß er so spöttliche Reden wider den Heiland Jesum ausgegossen, daß sogar die Evangelisten sich geschämt haben, solche aufzuzeichnen; absonderlich hat der verruchte Mensch übel geredt und Schandwort vorgebracht, um weil der Herr seine bloßen Füß hat lassen anrühren von Magdalena, welche dazumal bei jedermann in einem üblen Geschrei war.

O du vermaledeite Zung! du bist nicht ungleich einem Basilisk, welcher immerzu das häufige Gift gegen den Himmel ausspeiet; du bist nicht ungleich einem Berg Vesuvio, aus dem da stets die prasselnden Feuerflammen in die Höhe steigen; du bist nicht ungleich einem schmutzigen Hafen beim Feuer, der alleweil den garstigen Faim auswirft; die Scheer Dalilä, womit sie dem Samson die Haar abgeschnitten, ist besser als du; der Säbel Petri, womit er dem Malcho das Ohr abgehaut, ist besser als du; der Nagel Jahel, den sie dem Sisarä in den Schlaf geschlagen, ist besser als du; du bist ärger, ärger bist du, als die Schlangen, so dem Paulo an der Hand gehangen; du bist schlimmer, schlimmer bist du, als die Bären, welche bei Bethel die zwei und vierzig Kinder haben zerrissen; du bist grausamer, grausamer bist du, als der Löw, so den Propheten erwürgt hat auf dem [217] Weg. Vermaledeite Zung, wie trauest du dir, wider Gott zu reden? wider Gott, der dein Erschöpfer ist? wider Gott, der dein Erlöser ist? wider Gott, der dein Erhalter ist? wider Gott, der dein Richter ist? Er ist das Licht, du der Schatten, und du wider ihn? er ist das Leben, du der Tod, und du wider ihn? er ist der Reichthum, du die Armuth, und du wider ihn? er ist die Weisheit, du die Thorheit, und du wider ihn? er ist die Wahrheit, du die Lüge, und du wider ihn? er ist die Herrlichkeit, du ein Erdwürmel, und du wider ihn? er ist Gott, du nichts, merks wohl, du nichts, und du wider ihn?

O Feuer, warum rächest du nicht die Schmach deines Erschöpfers, weiß ich doch wohl, daß zur Zeit des h. Philippi Benicii auf dem freien Feld zwischen Bononia und Mutina das Feuer vom Himmel gefallen, und etliche Gotteslästerer samt dem Baum, unter dem sie gesessen, gänzlich verzehrt und in Asche gelegt.

O Wasser, warum rächest du nicht die Schmach deines Erschöpfers? weiß ich doch wohl, wie eine spanische Dama, mit Namen Beatrix de Lunea, etliche gotteslästerliche Wort ausgossen; nachdem sie vernommen, daß ihr Liebster im Feld umkommen, daß bald hierauf die Straf von oben herab kommen, und urplötzlich ein solcher Wolkenbruch und Wasserguß entstanden, daß die ganze Stadt, so ihr zugehörig, samt dem Haus, allwo sie residirte, jämmerlich zu Grund gangen.

O Luft, warum rächest du nicht die Schmach deines Erschöpfers? weiß ich doch wohl, daß Anno 1623 ein Ketzer mit Namen Michael Thomas Housslaii [218] wegen begangener Lasterthaten an das Hochgericht aufgehängt worden; weil er aber kurz vor seinem Tod etliche gotteslästerliche Wort hören lassen, also ist ihm auch die zeitliche Straf nicht ausgeblieben, denn kaum daß er von dem Scharfrichter von der Leiter herab geworfen worden, ist alsobald der Kopf von dem Leib gefallen, als wäre er durch ein Scheermesser abgeschnitten, die gotteslästerische Zung aber, so halb Ellen lang, herab gehängt, unversehrt geblieben.

O Erd, warum rächest nicht die Schmach deines Erschöpfers? weiß ich doch wohl, daß Anno 1239 etliche muthwillige und gewissenlose Bediente Friderici II. ganz gotteslästerlich wider Gott haben geredt; aber bald die Rach des Allerhöchsten erfahren, indem unverhofft die Erde sich bewegt, einen großen Thurm zu Boden geworfen, wovon alle besagte Gotteslästerer zerquetscht und begraben worden.

Vermaledeit das Maul und die Lefzen Judä. Es hat der allerheiligste Leib des Heilandes Jesu eine solche Kraft gehabt, daß er durch das bloße Anrühren die Krankheiten des Leibs sowohl als der Seele gewendet hat; darum, wie er nach Bethsaida kommen ist, da seynd etliche Leut mit einem blinden Menschen zu ihm getreten, und ihn gebeten, er solle ihn nur anrühren, denn sie wüßten schon durch die vorhergehenden Wunderwerk, wie kräftig bei ihm sey das Anrühren; sogar die bedrängte Matron, so etliche Jahr den schweren Blutgang gelitten, hat sich nur gewünscht, daß sie möcht den Saum seiner Kleider anrühren, wie sie dann hierdurch ihre gewünschte Gesundheit erhalten. Sein Anrühren der Todtenbahr zu [219] Naim hat so viel gewirkt, daß der betrübten Wittib einiger Sohn wieder zum Leben erweckt worden. Ja etliche seynd der Meinung, daß der rechte Schächer am Kreuz darum sey bekehrt worden, weil ihn der Schatten des gekreuzigten Jesu nur getroffen und angerührt. So muß denn kein redlicher Tropfen Blut, keine rechte menschliche Ader in dem Iscarioth gewest seyn, indem er den Heiland so vielfältig angerührt, ja viel hundertmal seine Lefzen in dessen heiligstes Angesicht gedrückt und geküßt, zumalen bei den Aposteln der heilige Gebrauch war, so oft einer zu dem Herrn kommen, oder aber von ihm gangen, daß er allzeit demselben einen Kuß geben, gleichwie die Religiosen und Ordenspersonen die Benediktion nehmen von ihrer Obrigkeit. O ihr vermaledeiten Lefzen, ihr seyd härter als die Stein, zumalen alle Stein in dem Bach Cedron, worauf der Herr Jesus getreten, sich erweichen lassen, daß man alle Fußstapfen darin wie in einem Wachs eingedruckt gesehen; ihr seyd härter als ein Marmor, zumalen der Berg Thabor vorher bestanden von ganz schwarzem Marmor, sobald aber der Herr selbigen mit seinen heiligsten Füßen betreten alsdann ist der schwarze Stein in einen schneeweißen verändert worden, wie er noch heutigen Tags zu sehen. Ihr verfluchten Lefzen Judä müßt von Eisen und Eisen zusammen geschmiedet seyn, weil ihr von der Liebsbrunst Christi nicht einen einigen Funken gefangen. O barmherzigster Jesu, was große Geduld hast du mit dem Sünder! Martha hat sich beklagt über ihren einigen Bruder, wie daß er schon schmecke und vier Tag im Grab liege; und du lässest dir noch die verruchten [220] Lefzen Judä in dein allerheiligstes Angesicht drücken, da doch von diesem verdammten Maul ein unleidentlicher Gestank gangen, indem wirklich sein Athem geschmeckt und gestunken nach dem höllischen Geist, als der nach Nießung des allerheiligsten Sakraments persönlich in ihn gefahren.

Vermaledeit die Zähn Judä. Dreierlei Zähn hat der Mensch im Mund, die ersten werden genennt Incisores, diese seynd breit und schneiden durch, und transchiren die Speisen; die anderen werden genenntCanini, und diese seynd schärfer als die ersten, aber deren ist auf einer jeden Seite nur einer; die dritte heißt man Molares oder Stockzähn, diese pflegen alles, was hart, zu beißen. Die ersten Zähn haben nur eine Wurzel, die anderen zwei, die dritten aber drei. Ob nun der Iscarioth zur Zeit seines Apostelamtes alle Zähn noch gehabt, ist mir unbewußt, aber das weiß man wohl, daß diesem Gesellen die Zähn allzeit gewässert haben nach guten Bissen, zumalen er mit der Mäßigkeit der apostolischen Tafel gar nicht zufrieden, sondern da und dort in bekannten Schliefwinkeln entweder geschmarotzet, oder aber als ein Propietatis die gemeine Kassa angegriffen und verbotene Jansen gehalten; denn zur selben Zeit waren die meisten Hebräer über diesen Leist geschlagen. Wie der Herr und Heiland das hebräische Volk durch ein absonderliches Mirakul und Wunderwerk mit Fisch und Brod gesättiget nach Contento, so war es ihnen gar recht, ja sie beschlossen unter einander, diesen Herrn für einen König aufzuwerfen, denn sie gedachten, es würde allezeit so wohl hergehen, und daß es [221] endlich eine leichte Sach sey, eine Predigt anzuhören, wenn man hernach so wohl mit Essen und Trinken traktire. Sie glaubten auch, daß inskünftig noch bessere Bissen werde absetzen; nachdem sie aber wahrgenommen, daß dergleichen Gastereien ausbleiben, alsdann hat sich ebenfalls das Blättel bei ihnen gewendt, und hat geheißen: »non habemus Regem, nisi Caesarem.« Ein solcher Freßnarr war der Iscarioth, und seynd wohl einige der Meinung, daß er darum zu dem Dienst des Herrn sey kommen, damit er sein gutes zeitliches Auskommen habe, und um seine tägliche Nahrung nicht viel Sorg dürfte tragen, wie zuweilen zu solchem Ziel und End etliche in ein Kloster gehen. Weil nun dieser verruchte Gesell seine Wampe wohl in Obacht genommen, also ist es mehr eine Wahrheit, als ein Argwohn, daß er keinen gar keuschen Wandel habe geführt, obschon die züchtige Feder der Evangelisten hierinfalls keine Meldung thun, denn gemeiniglich bei dem übermäßigen Traktament zuletzt das Kitzelfleisch wird ausgetragen.

Daß des Putiphars seine Frau dem wohlgestalten Joseph immerzu heftig nachgestellt, ihm öfters ganz zuckerige Wort geben, die freundlichsten Augen mehrmalen auf ihn geworfen, und gesucht, daß dieser Schnee möcht zerfließen, diese Lilie möcht verwelken, dieser Spiegel möcht anlaufen, ist es kein so großes Wunder, weil nemlich ihr Herr Obrist Kuchelmeister gewest zu Hof bei dem König Pharao, und folgsam die meiste Zeit die besten Bissen nach Haus geschickt, dort eine Pastete, da eine Torte, jetzt ein Fasan, bald etliche Rebhündel, daher der Tisch zu Haus allezeit [222] früh und spat wohl gespickt war, und die saubere Dama dem Naschen ohne das ergeben, auch ein Gläsel Wein nicht ausgeschlagen, ob sie auf die Letzt ein Rossolis, wie der Zeit bei vielen Herrentafeln gebräuchlich, auch getrunken, ist mir eigentlich nicht bewußt; weil sie dann das Traktament in Ueberfluß gehabt, und zugleich keine andere Arbeit, als etwan das Spielen, so ist es sogar kein groß Wunder, daß sie auch der unzuläßige Muthwillen angefochten, denn der Löffel beim Tisch ist dem andern Löffeln etwas anverwandt.

Vermaledeit der Bart Judä. Der Bart ist sonst eine Zierd des Angesichts eines Manns und ein Zeichen einer Stärke, dahero die Natur nur den Männern einen Bart vergönnt, gleichwie bei den Thieren dem Löwen, dem Hahn etc., wodurch ihre Mannheit und Stärk zu erkennen gegeben; den Weibern aber hat sie solche Zierde abgeschlagen, theils weil sie schwach und wankelmüthig, theils auch weil sie hart zu barbieren wären, denn sie sogar das Maul nicht können halten; obschon etliche unter diesem Geschlecht etwas bärtig seyn, so ist dieses ihnen mehr eine Unehr. Wenn nun der Bart von der Natur selbst für ein Zeichen der Mannheit und Stärke gehalten wird, so ist darum des Iscarioths Bart vermaledeit, weil er hierinfalls so grob betrogen, massen er die wenigste Stärke niemalen erwiesen; ob er schon Anfangs einen frommen und gottesfürchtigen Wandel geführt, so hat er sich doch bald von teuflischen Anfechtungen überwinden lassen, er war nicht viel anderst beschaffen, als wie die Bildnuß Nabuchodonosor, dero Haupt [223] zwar von schönem seinen Gold, aber die Füß von Erde und Hafnerarbeit. Judä Leben scheinet anfangs sein, weil er aber wie eine andere Lethfeigen von dem Satan überwunden, so ist zuletzt er gar ein Schelm worden. Judas ist eine Weil mit des Loths seinem. Weib von dem sündigen Sodoma ausgangen, ihr einen ziemlichen Weg das Geleit geben, aber nachmals spöttlich mit ihr zurück gafft. Judas ist eine Zeitlang gestanden mit dem Fluß Jordan, bis die Arche durchpassirt, aber bald hernach den vorigen Lauf genommen, und wieder hören lassen die alte Leier.

Die Türken halten sehr viel auf einen schönen und langen Bart, absonderlich die eines vornehmen Stands oder Amts seynd, daher wenn sie eine Sach wollen hochbetheuern und bekräftigen, so schwören sie bei dem Bart ihres Vaters oder gar des Großtürken. Auch zur Zeit des israelitischen Königs David seynd die großen Bärt in hohem Werth gehalten worden, denn wie Hanon denen Gesandten des Davids so spöttlich die Bärt halb abgeschnitten, da hat er ihnen einen eigenen Kourier entgegengeschickt, sie sollen derweil zu Jericho verbleiben, bis ihnen wieder der Bart wachse. Wenn dergleichen Schimpf jetziger Zeit einem geschah, da konnten die Barbierer gleichwohl noch ein Bärtel zusammen bringen, denn sie machens oft so klein, als wenn einem die Zwirnsfaden von der Nase thäten heraus wachsen, oder oft siehet man nur ein Tüpfel von einem Bart, als wann in diesem solle das Punctum honoris bestehen. Bei den Alten aber hat man sehr hoch geschätzt die großen Bärt, womit die Philosophi und Weltweisen nicht ein wenig [224] geprangt. Aber der Bart Judä ist nicht ein Haar zu schätzen gewest, denn nicht ein redliches Härl an demselben gefunden worden.

In Frankreich zu Gesede wird aufbehalten der Bart des heil. Apostels Petri, allwo sehr große Wunderwerk geschehen, ja wenn man mit demselben nur die besessenen Personen anrühret, so müssen alsbald die höllischen Larven weichen. Der Bart des heiligen Apostels Andreä wird in hohen Ehren gehalten zu Marsilien in der Kirche der PP. Dominikaner. Aber wo des abtrünnigen Apostels Judä Iscarioth Bart sey, weiß ich dermalen nicht; ich glaub, der Teufel Asmodäus hab einen Bartwisch daraus gemacht, womit er in der Höll die Bänk abkehret, wo die alten Hexen sitzen; oder aber der Teufel Leviathan hab einen Pinsel daraus gemacht, mit dem er der stolzen Weiber Angesichter überstreicht, die vorher auf der Welt den Anstrich gebraucht etc.; denn er ja ein vermaledeiter Bart, weil er an einem vermaledeiten Ort gestanden. Ihm hätte sollen das geschehen, was einmal einem andern Juden widerfahren.

Ein Christ und ein Jud ließen sich auf eine Zeit in eine lange Disputation ein, und gelangten endlich auf diese Frag, wer mehr Heilige könne zählen, das alte oder neue Testament? der Christ wollte das Neue behaupten, der Jud stund hartnäckig bei dem Alten; endlich gehen beide den Kontrakt ein, so oft einer einen Heiligen aus seinem Testament nennt, so soll er dem andern ein Haar aus dem Bart raufen. Der Jud macht den Anfang, und sagt Abraham ein Heiliger, reißt zugleich dem Christen ein Haar aus dem [225] Bart; dieser sagt Petrus, und thut deßgleichen dem Juden; der sagt wiederum Isaak, nimmt mehrmalen ein Haar dem Christen; dieser sagt Paulus, und thut nicht weniger; jener sagt Jakob, dieser sagt Andreas, und also weiter; der Jud war ein Schalk, und sagt die sieben Machabäer, reißt damit dem Christen ein ziemliches Schüppel Haar aus; der Christ war nicht weniger arglistig, und schreit St. Ursula mit den eilf tausend Jungfrauen, und reißt zugleich dem Schelm den ganzen Bart aus; das und noch mehr hätte der vermaledeite Bart des Iscarioths verdient.

Vermaledeit der Hals Judä. O wie oft hat dieser verschalkte Böswicht in seinen Hals hinein gelogen. Der Teufel hat Anfangs die liebe Wahrheit verfolgt, als er den ersten Menschen vorgeschwätzt: »nequaquam.« Ihr werdet nicht sterben, dieser ist ohne das ein Vater der Lügen. Die Hebammen in Egypten haben die liebe Wahrheit vertuscht wegen den hebräischen Knäbeln. Zwar die Weiber tragen die Lügen im Sack. Der Aman hat die liebe Wahrheit bei der Nase gezogen, als er bei dem König Assuero so spöttlich wider den Mardochäum geredet, das ist kein großes Wunder, denn bei Hof die Lügen Salvum conductum haben. Die alten zwei Mausköpf haben die liebe Wahrheit grob traktirt, indem sie so falsche Zeugniß geben wider die keusche Susanna, das ist aber nichts Neues, denn sie seynd Babylonier gewest, wo ohne das die Zungen verderbt worden. Die Juden und Pharisäer haben die liebe Wahrheit gar mit Füßen getreten, als sie bei dem Volk und allen andern Orten ausgesprengt, daß Jesus von Nazareth [226] ein Vollsauffer sey und ein Verführer des Volks, zwar der Neid handelt ohne das mit Lügen. Ananias und sein Weib haben die Wahrheit mit dem Mantel zugedeckt, daß sie schier erstickt, als sie dem Peter als ihrem Oberhaupt vorgeschwätzt, daß sie nicht mehr Geld um den verkauften Acker gelöst haben; das haben die Geizigen, daß sie die Lügen für den beßten Geld-Kuppler brauchen. Die Brüder Joseph haben die liebe Wahrheit durch große Schäfer – Hund lassen hinweg beißen, wie sie bei der Schaaf – Heerde die Lug erdicht, daß man ihrem Vater Jakob soll vortragen, ein böses Thier hat den Joseph zerrissen. Des Putiphars saubere Madama hat die Wahrheit gar die Stiegen abgeworfen, wie sie ihrem Herrn angedeut, daß der freche Sklav Joseph ihr habe wollen Gewalt anthun. Jene Ausspäher des israelitischen Volks haben der lieben Wahrheit ziemliche Nasen – Schneller versetzt, indem sie sich verlauten lassen, daß sie Leut haben gesehen so groß, daß sie gegen ihnen wie Heuschrecken gewest, da wärs Pfeiffen vonnöthen gewest. Die Hüter und Wächter des Grabs Christi, haben die Wahrheit gar ins Stock-Haus geschafft, wie sie bei dem Gericht haben ausgesagt, daß die Jünger den Leichnam des Herrn haben gestohlen. Aber Niemand, ich sag Niemand, hat der lieben und werthen Wahrheit einen solchen Spott angethan, als Judas Iscarioth, indem er mehrmalen dem Heiland Jesu selbst ganz unverschämt vorgelogen, denn dieser vermessene Böswicht gar oft zu dem Herrn getreten, ihm vorgetragen, wie daß er unterschiedliche Geschäfte habe zu verrichten; der Samuel seye sehr übel auf, und verlange [227] seine Person ganz inständig, der Zacharias auf dem Platz wolle ihm ein Allmosen für das Kollegium mittheilen, der Salomon in der Vorstadt habe ein wenig einen Zweifel an des Herrn seiner Lehr, und also mußte er ihm die Knöpf auflösen, etc. Dergleichen Sachen vielmehr hat er der göttlichen, eingefleischten Wahrheit vorgeschwätzt, so doch alles in Hals hinein nicht wahr war, sondern dieser verwegene Gesell ist in andere Schlief-Winkel hin und her gangen, allerlei Partiten gespielt, und das heilige Allmosen liederlich verschwendet.

Dem Pfleger Joszelino, weil er dem Abte Reinero vorgelogen, ist auf einmal sein großer Bart ausgefallen, und ihm die Zeit seines Lebens kein Härl mehr gewachsen. O wie recht! wenn dem Iscarioth nur allezeit ein einiges Härl wäre gewichen, so oft er eine Lug gethan, so hätt er bei Zeiten ein glattes Pergament um das Maul bekommen.

Vermaledeit die Händ Judä. Die Händ seynd sonst das Beßte und Fleißigste bei dem Menschen, die Händ des Adams haben geackert, die Händ der Eva haben gesponnen, die Händ des Gedeon haben gedroschen, die Händ des Samson haben gemahlen, die Händ der Sara haben gebacken, die Händ des Noe haben Wein gepflanzt, die Händ des Tubalkain haben geschmiedt, die Händ des Joseph haben gezimmert, die Händ des Nembrot haben gemauert, die Händ der Israeliten haben Ziegel gemacht, die Händ der Rebekka haben Wasser geschöpft, die Händ des Davids haben gestritten, die Händ Petri haben gefischt, die Händ Pauli haben Zelt gemacht, die Händ Lucä haben gemahlen, [228] und die Händ Judä haben gestohlen, wohl ein schönes Handwerk. Der erste Finger an der Hand heißt der Daum, der andere der Zeig – Finger, der dritte der Mittel – Finger, der vierte der Gold-Finger, der fünfte der Ohren-Finger, aber bei dem Iscarioth ist ein jeder Finger ein Gold und Geld- Finger gewest; denn am Sonntag hat er gestohlen, Montag hat er geraubt, am Erchtag hat er Beschores gemacht, am Mittwoch hat er ein Bein drehet, am Donnerstag hat er genommen, am Freitag hat er entfremdet, am Samstag hat er plündert, und folgsam die ganze Woche ein Dieb gewest.

Was hat Judas im Schild geführt? Noe hat geführt eine Taube emisit columbam. Genes. cap. 8. Elias hat geführt einen Raben. 3. Reg. c. 17. David hat geführt einen Löwen. 1 Reg. c. 17. Tobias, der jüngere, hat geführt einen Fisch, c. 6 v. 5. Abraham hat geführt einen Widder. Gen. 22. Herodes hat geführt einen Fuchsen. Luc. 13. Judas aber hat geführt einen Greiffen; ei so greif, absonderlich in einen fremden Beutel. So gehet es, wenn einer ein wenig ein Amt bekommt. Adam ist in das Paradies von Gott dem Allmächtigen gesetzt worden, jedoch nicht ohne Dignität, denn ihm der Titel ist geben worden: Kustos ein Verwalter, allein es ist kein Dienstel so klein (sogar dazumal hat diese Ceremonie schon angefangen), so nicht des Schenken werth ist. Adam, als der erste Beamte, hat einen Greiffen im Wappen geführt, denn er sich grob vergriffen, auf hochdeutsch gestohlen, das verbotene Obst, und folgsam aller Dieb Fundator gewest. [229] Judas ist doch über alle Dieb, über alle Diebs-Dieb, über alle Diebs-Diebs-Dieb ja ein Haupt der Dieb, ein Original der Dieb, ein Führer aller Dieb, ein Vater aller Dieb, ein Quint – Essenz aller Dieb, und ein Zunftmeister aller Dieb gewest.

Wo sich der verlorne Sohn, von dem das heil. Evangelium umstündig meldet, habe meistens aufgehalten, das weiß ich zwar nicht, ich glaube aber wohl zu Magdeburg, und zu Schweinfurt, ein Schlemmer, ein Dremmer ist er gewest, das ist wahr, ein Sauffer, ein Rauffer ist er gewest, das ist wahr, ein Vagant, Bachant ist er gewest, das ist wahr, ein Bruder voller Luder ist er gewest, das ist er gewest. Aber ist doch ehrlicher gewest, als Judas, denn wie er mußte aus höchstdringender Noth die Schwein hüten, dieselben aus- und eintreiben, und gehöriger Massen füttern, so ist er oft so hungrig gewest, daß er sich gewunschen, wenn er nur genug Trebern und Sau-Konfekt zu essen hätte, »et nemo illi dabat,« aber Niemand gab ihm solche, aber warum hat er diese nicht selbst genommen, er hätte ja können allzeit den Schweinen an ihrer Ordinäri-Portion abbrechen, und selbiges für sich nehmen, es hätte ihn dessenthalben kein Esau geklagt? Wahr ist es, aber er gedachte doch, ob er zwar dermalen ein elender zerrissener Lumpen – Hund, daß er von ehrlichen Eltern sey geboren, und ihm zwar einen liederlichen Wandel wohl können vorrupfen, aber kein Schelmen- oder Diebs-Stück, und also wolle er lieber sterben, als seinem Herrn das Geringste entwenden oder abstehlen. Dieser Meinung ist der heil. Hieronymus selbst cap. 2 ad Titum.

[230] Das hätte Judas wohl nicht gethan, dieser Haupt-Dieb, ich glaub sogar, daß er eins und das andere Schwein durch Partiten hätt verkauft, und zu Geld gemacht, und nachmals mit wohl gestudirten Lügen sei nem Herrn vortragen, daß ihm die Wölf solche hätten hinweggetragen. Da doch er, als der Fuchs, daran schuldig. Diesem Haupt – Dieb hat jener Zimmermann nachgefolgt, der wegen großem Diebstahl sollte gehängt werden, und wie in währender Gefangenschaft seine Freund zu ihm kommen, und einer gesagt: Mein lieber Hans Peter, wie kommst du doch dazu, und kannst ein so gutes Handwerk? Dem aber der Dieb geantwortet: freilich hab ich bisher ein gutes Handwerk getrieben, aber da ichs am Beßten zu treiben verhofft, will man mirs vertreiben.

Vermaledeit das Herz Judä. Cor, oder das Herz wird also genannt, a Cura, von Sorgen, weil nämlich alle Sorgfältigkeit in ihm verbleibt, auch liegt es nahe bei der Lunge, damit, wenn es im Zorn entzündet wird, durch die Feuchtigkeit der Lunge gemäßiget werde. So ist auch wie eine Herrschaft mitten im Leib, damit von dannen als von einem Cento die Lebens – Geister mögen allen Gliedern gespendiret werden. Das Herz ist von der Natur darum obenher dick und breit, untenher aber gespitzt formirt worden, damit selbes auf das Obere und ewige mehr gedenke, als auf das Untere, Zergängliche; aber das vermaledeite Herz Judä war gänzlich umgekehrt, zumalen in demselben nichts anders residirte, als der verdammte Geld – Geiz.

Judas hatte zwar das Vater unser gelernt, von [231] Christo dem Herrn, diesem seinem göttlichen Meister, ob er aber dasselbe öfters gebet', zweifle ich stark, gewiß ist es wohl, daß er in seinem Herzen nicht anderst gebet' hat, als folgender Gestalten: »Vater unser, der du bist im Himmel, geheiliget werde dein Nam, zukomme uns dein Reich, dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden, gib uns heut nicht unser tägliches Brod, nicht unser Brod, sondern das Brod meines Nächsten;« denn der verruchte Geiz hat sein Herz so eingenommen, daß er nur getracht hat, wie er einem andern sein Stückel Brod möge nehmen, das haben zwar alle Geizigen, als seine emsigen Nachfolger.

Der unmäßige Geld – Geiz in seinem Herzen hat so viel gewirkt, daß er auch ein Simoniacus worden, welches Laster bereits in der christlichen Kirche schon ziemlich gemein ist, also verliert es allgemach den Namen einer Sünd. Christus der Herr, so lange er auf Erden gewandelt, hat sich nur einmal erzürnt erzeigt, benanntlich dazumalen, wie er diejenigen zum Tempel hinaus gepeitscht, so darin Tauben ums Geld gekauft und verkauft haben. Der heil. Geist wird allezeit vorgestellt, die dritte Person, in Gestalt einer schneeweißen Taube, wie er denn bei der Tauf Christi im Fluß Jordan also erschienen. Aber glaubst du nicht, daß diese himmlische Taube gar oft auch ums Geld verhandelt werde? Ich sage nicht allzeit, aber oft, und biete in dieser Materie meiner Feder den Arrest an: aber anstatt meiner lese Jemand den heil. Ambrosius, und nachmals Petrum Damianum: »Videas in Ecclesia passim, quos non merita, [232] sed pecuniae ad Episcopatus Ordinem provexerunt.«

Was aber dieß für ein Laster seye, und wie dergleichen Simoniaci in den Augen Gottes stehen, höre derenthalben reden Petrum Damianum Epistol. 16 cap. 7. »Immanitate cruenti ac sceleratissimi criminis vestri vincitis homicidas, exceditis raptores Sacrilegos, Incestos, Paricidas, atque omnium pene reorum flagitia superatis, et adhuc parum est, nam si res digna, ut est, existimate perpenditur, omnis prorsus haenetica pravitas ipsaque Judaica perfidia vestris excessibus non aequatur.«

Ein solcher Simoniacus ist auch gewest Judas, als der Gottes Sohn ums Geld verkauft, seines verruchten Geizes halber, als der völlig über sein Herz das Governo geführt, wollte wünschen, daß hierinfalls Niemand thäte treten, in die Fußstapfen Judä, Mu, Sed, aber.

Vermaledeit der Magen Judä. Der Magen ist ein Mund und ein Thor des Bauchs, denn er nimmt die Speisen zu sich, den unreinen Theil aber verkehrt er in Humores, durch welche der Leib ernährt wird, denn er führet und leitet sie durch etliche Adern zu den Gliedern. O vermaledeiter Saumagen Judä, wie hast du dich also freventlich unterfangen, für eine Speis zu nehmen den Heiland Jesum, unter der Gestalt des Brods, bei dem letzten Abendmahl, indem doch dieser göttlichen Reinigkeit und reinsten Gottheit das allersauberste Ruhebettel gebühret? Wie die übergebenedeiteste Jungfrau Maria nach Bethlehem gereist, ob [233] sie schon die größte Liebhaberin der freiwilligen Armuth gewest, da hat sie sich gleichwohl mit den zartesten und schneeweißen Windeln versehen, worein sie nachmals den guldenen Jesulum eingewickelt; sie hat den neugebornen Heiland nicht gelegt auf wilde und garstige Lumpen, nicht auf schändliche zerrissene Zigeunersetzen, sondern auf schneeweiße Windeln; und du verruchter Judas, und du hast denselben in deinen stinkenden Saumagen einloschiret: wehe dir und allen denjenigen, so unwürdig kommuniziren.

Pfui, pfui, was für ein wilder und grauslicher Zustand ist der Aussatz, welchen wir in unserem Teutschland das Siechthum nennen! so schändlich und so entsetzlich ist er, daß wir dergleichen Spitäler und Siechhäuser so gar nicht in Städten und Märkten gedulden, sondern selbige von ihnen absondern, und gleichwohl, nach Aussag des heil. Evangeliums Matthäus, hat unser lieber Herr einen Aussätzigen angerührt, und denselbigen gereiniget, »extendent Jesus manum tetigit eum.« c. 8. Der gelehrte Origenes aber schreibt hierüber, und spricht, daß dieser aussätzige Tropf dazumal schon seye gereiniget worden, wie der Herr nur die Hand hat ausgestreckt und folgsam ist das Siechthum entwichen, ehe und bevor der Herr ihn angerührt, denn dieser abscheuliche Zustand gedachte, es gebühre gar nicht, daß der Herr Jesus etwas Unreines solle anrühren. Und du verdammter Judas, und du hast denselben gar in deinen wilden und entsetzlichen Sau-Magen hineingezogen, wehe dir und allen denjenigen, die da unwürdig kommuniciren.

Es ist die Frage, wo unser lieber Herr und [234] Heiland sich habe aufgehalten, nachdem er schon glorreich von den Todten auserstanden und noch 40 Tag auf der Erde geblieben, bis an die Zeit seiner Himmelfahrt, denn nach der Lehr der Evangelisten ist er öfters den Aposteln erschienen und zu ihnen kommen. Aus dem Meer oder aus den Wäldern? oder vom Berg? oder woher? Der heil. Vincentius sagt, daß der glorreicheste Herr Jesus sich hab mit den Altvätern in dem irdischen Paradeis unter dieser Zeit aufgehalten, denn es wäre auf Erden kein schönerer Ort und sauberere Bleibstadt als dieser Lustgarten, Vinc. Ferrer. Ser. 2. Dom. in albis, und du vermaledeiter Judas, und du hast denselben gar in deinen wilden Saumagen eingesteckt als in einen stinkenden Kerker, wehe dir und allen denjenigen, so da unwürdig kommuniciren.

Der heiligmäßigen Joanne de Cruce hat ein Engel eine konsekrirte Hostie gebracht, als sie in dem Gebet begriffen, damit sie selbige des andern Tags genießen solle, zu Trost und Nutz der armen Seelen im Fegfeuer; besagter Engel hat sich verlauten lassen, daß er diese Hostien gezogen aus dem Rachen eines Sünders, denn Gott nicht hat wollen wohnen in der Senkgrube des Satans. In vita hujus; und du lasterhafter Judas und du hast denselben gleichwohl in deinen verdammten Saumagen hinein genommen; wehe dir und allen denjenigen, welche da unwürdig kommuniciren.

Zu Wien, in dieser berühmten und volkreichen Residenzstadt, ist ein Ort, das heißt bei St. Salvator und wiederum ein anderes Ort, das heißt ein [235] Sauwinkel, aber diese zwei Ort seynd weit von einander entlegen; aber, du gottloser Judas, du hast St. Salvator und den Sauwinkel zusammen gesetzt, wie du in deinem verdammten und vermaledeiten Saumagen den Heiland Jesum, unter der Gestalt des Brods, am letzten Abendmahl genossen. Wehe dir und allen denjenigen, so da unwürdig kommuniciren!

Vermaledeit die Leber Judä. Die Leber ist ein hitziges, blutiges, hohles und schlüpferiges Glied, liegt an der rechten Seite des Magens und ist desselben Koadjutor und Mithelfer, ernährt die Glieder, verursacht die Hitz, macht eine vollkommene Dauung und erzeugt das völlige Blut. Vermaledeit die Leber Judä, dann ich sind nicht, daß ein guter und ehrlicher Blutstropfen in ihm gewesen, ja gar kein Blut, massen dieser gewissenlose Böswicht auch wegen seiner größten Lasterthaten und Bubenstücke niemalen schamroth worden. In demselbigen Augenblick, da der Heiland Jesus am bittern Kreuzstamm seinen Geist aufgeben, da ist der große rothe Vorhang in dem Tempel von einander gerissen, das ist, von oben bis hinunter, ohne einige Handanhebung eines Menschen, und glaubt Ephrem Syrus, daß solches der heilige Erzengel Michael gethan habe. Sobald dieser rothe Vorhang zerrissen, da hat man alsobald eine englische Stimm vernommen: »Eamus hinc, laßt uns von dannen weichen;« zugleich hat man auch wahrgenommen, daß der heil. Geist in Gestalt einer schneeweißen Taube von dannen geflogen. Sobald der rothe Vorhang zu Trümmern gangen, sobald hat der heil. Geist den Abschied genommen. O wie wahr ist, [236] wenn bei einem Menschen der rechte Vorhang der Schamhaftigkeit zerreist, daß Gottes Gnad von ihm weiche, und nichts guts Guts mehr zu zu hoffen seye, so lange aber das Angesicht sich noch verpurpuret, und schamroth wird, so lang ist noch die Krankheit zu kuriren.

Im Alten Testament hat Gott der Allmächtige befohlen, ihm allerlei Thier aufzuopfern, in dem Tempel zu Jerusalem, ausser der Fisch nicht, Tauben wohl, aber keine Fisch, Spatzen wohl, aber keine Fisch, sogar ein Gais – Haar, aber nur keine Fisch, neben andern Ursachen ist auch diese eine, weil nemlich die Fisch mußten weit hergebracht werden und also schwer möchten leben bleiben; aber wie kennt man, ob ein Fisch seye abgestanden? Koch wie? Köchin wie? beide sagen, man soll den Fisch bei den Floßen anschauen, wenn selbige schön roth seyn, so ist es gut, seynd sie aber bleich, und nicht mehr roth, so ist der Fisch abgestanden, pfui, auf den Mist mit ihm. So lang ein Mensch noch roth wird, so lang ihm die Aurora aus dem Gesicht scheint, so lang er unter dem Zeichen des Krebses ist, so lang er den Kalender – Feiertag über die Stirn hat, so lang er sich von Rothweil schreibet, so lang er die Rubrika citirt, da ist es noch ein Anzeichen seiner Unschuld oder aber wenigst eine unfehlbare Hoffnung seiner Besserung. Wie solches in Magdalena zu sehen war, als diese in dem Haus des Pharisäers zu Christo dem Herrn getreten und ihm mit ihren Thränen die Füß gewaschen, da hat sie sich aus Schamhaftigkeit nicht getrauet, unter dem Angesicht des Herrn zu erscheinen, sondern, nachAussag [237] des Evangelisten, Luk. Kap. 7. »Accessit retiro, stund sie von hinten an seinen Füßen;« entgegen der verwegene und treulose Apostel ist ganz unverschämt zu Christum getreten, ihn angeredt, ja sogar ihn geküßt, und nicht einmal roth worden. O Schelm nun bleibst du ewig schwarz geschrieben!

Vermaledeit die Lunge Judä. Die Lunge ist ein Windwächel und eine Abkühlung des Herzens, eine Werkstadt der Luft und ein Instrument des Athems, die Lunge muß derenthalben auch eine Mutter genennt werden der Seufzer; aber von dem Vermaledeiten ist nicht ein einiger rechter bußfertiger Seufzer vernommen worden. Wie unser Heiland aus den Gränzen Tyri nach Sidon an dem galiläischen Meer kommen, da hat man einen tauben und stummen Menschen zu ihm geführt, und gebeten, er wolle doch die Händ an ihn legen, worauf der Herr den armen Tropfen auf die Seite geführt, ihm die Finger in die Ohren gelegt und mit dem Speichel die Zung berührt, nachmals gegen Himmel geschaut und geseufzet: »Ingemuit,« Marc. cap. 7. Der gottselige Beda spricht, daß unser lieber Herr nicht dessenthalben habe geseufzet, als hätte er das Seufzen vonnöthen, wenn er etwas von seinem himmlischen Vater begehre, sondern uns zu einem Exempel und Nachfolg, wenn wir im Stand der Sünden uns befinden, daß wir unsere Augen sollen gegen den Himmel erheben und seufzen, sodann werde uns Gott auch die allerlasterhaftesten Adams – Kinder erhören. Gewiß ist es, wenn Judas hätte geseufzet nie Magdalena, hätte geseufzet wie der Schächer am Kreuz, daß er wäre zu Gnaden kommen, aber aus [238] dem verstockten Menschen kam nicht eine Unze eines Seufzers, der doch Centnerschwer Sünden auf sich gehabt.

Vermaledeit der Bauch Judä. Weil dieser ein Ueberzug alles Unflaths, und in den Gedärmen, welche siebenmal so lang als der menschliche Leib, nichts als Wust und Gestank, auch solches Ingeweid dem gehängten Judas aus dem Bauch gehangen, also mag ich mich in dieser Schinder – Grube nicht aufhalten, sondern ich schenk den Bauch mit Allem, was darin ist, als da ist Epigastrum, Hypogastrium, Peritonaeum, Epiploon, Ileon, Calon, Sphineter, Mezareon, Pancreas und mehrere dergleichen Lumpen-Wort und Ort, alles dieses schenke ich demjenigen wegen der Mühewaltung, der den Judam in die Höll geführt.

Vermaledeit die Füß Judä. Unangesehen der Heiland Jesus selbst mit seinen heiligsten Händen, mit denen er Himmel und Erde verfertiget, die Füß Judä gewaschen, und durch diese unermessene Demuth noch gesucht, den gottlosen Bösewicht zu bessern Gedanken zu bringen; unangesehen dieses ist der verstockte Mensch noch zu den Feinden des Herrn mehr gelaufen als gangen, ja eben dieselbigen Füß noch abgemattet, damit er Jesum in die Händ des Henkergesinds möchte liefern. O Bestia! der Hund des Tobiä ist besser gewest als du, die Eselin des Balaams ist besser gewest als du, der Rab Eliä ist besser gewest als du, der Ochs Elisäi ist besser gewest als du, die Füchs des Samsons seynd besser gewest als du, der Löw des Davids ist besser gewest als du, die Schwalben des [239] Tobiä seynd besser gewest als du. Bleibe dann Maledictus, und sey dann vermaledeit Judas in Ewigkeit!

Vermaledeit an Leib und Seele, vermaledeit vor Gott und der Welt, vermaledeit von Himmel und der Erde, vermaledeit von dem Element der Luft, in dem er sich erhängt; vermaledeit von der Erd, auf der er gewandlet; vermaledeit von Feuer, indem er nicht gehabt den wenigsten Funken einer Lieb zu Gott; vermaledeit vom Wasser, weil dieser hartnäckige Böswicht durch nichts sich lassen erweichen; vermaledeit von den Vögeln der Luft, weil er ein Erzvogel gewest; vermaledeit von den Thieren der Erde, weil er eine Bestie gewest ist; vermaledeit von den kriechenden Thieren, weil er sogar das Gift gegen Gott gebraucht; vermaledeit von den Fischen, weil er mit faulen Fischen umgangen; vermaledeit von allen Zungen, vermaledeit von allen Federn, vermaledeit von allen Sprachen. Maledictus!

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Notizen
Erstdruck: Salzburg (Haan) 1686, mit kaiserlichem Privileg datiert auf den 25. September 1685, Band 1: 1686; Band 2: 1689; Band 3: 1692; Band 4: 1695.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2011). Abraham a Sancta Clara. Judas der Erzschelm. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-CCA4-A