Ganymed

Zeus sandte seinen Adler,
Dass er den schönen Knaben Ganymed
In seinen Fängen fange
Und zu ihm trage.
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Der schoss aus dem Zenith
Des Mittags
Herab auf die Narzissenwiese,
Wo Ganymed schlief,
Der Gelockte,
Und von dem Adler träumte,
Der nach ihm stiess.
Er schrie im Traum.
Der Adler mit dem gebogenen Horn des Schnabels
Den Knaben am Gürtel griff,
Am schön von der Mutter gestickten.
Über Wolken und Winde und wehende Sterne
Er flog mit ihm
Und legte ihn
Dem Gott zu Füssen.
Aber der Gott,
Entzündet von der Anmut,
Die er geschaffen,
Er neigte sich und nahm den Knaben in seine Arme
Und küsste seine Wangen
Und küsste seine Wimpern
Und küsste seine Brust
Und küsste seine Kniee
Und küsste seine Lippen
Und küsste seinen Schoss.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Klabund. Ganymed. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-AD6A-C