[298] Trauerrede Vber das Leiden Christi
Höret zu alle Völcker/ mercket auf alle/ die jhr in dieser Zeit lebet/ beide gemeine Mann und Herren/beide Reich und Arm miteinander. Es wolte der liebhabende und liebgebende Menschenfreund seinen Lieben gute Nacht geben/ und diese Welt gesegnen.
Richtete hiermit ein liebes Abschiedsmahl 4 seinen Lieben zu/ selbsten Wirth und selbsten Speise.
Der Jünger/ den Jesus lieb hatte/ sich/ nebenst andern eingeladenen Anwesenden/ dessen erinnernde/wessen sich der Liebste im Salomonischen Brautliede verlauten lässet/ bereiteten sich folgends zu dieser heilsamen Himmelstafel:
Das Mahl/ das liebreich angefangen/ wird liebreicher fortgesetzet. Der Glantz/ das Ebenbild Gottes seines himmlischen Vaters/ ligt im Finstern und Vnflat/ wäschet Vnflatsvolle Fischerfüsse 5; Magdalena/ von dir wird zwar rühmlich gesaget/ wo das Evangelium geprediget wird/ was du gethan. Du kommest deinem Herrn/ Schuldigkeit nach/ dißfals zuvor/als Dienerin: Er leget dergleichen ab bey Dienern. Du reinigest den Allerreinesten/ er Vnreine; du wäschest den/ der dich gewaschen/ salbest den/ der dich gesalbet; übergehest die Nidrigen/ gesellest dich zum Höchsten: Er/ der Höchste/ zu denen Nidrigsten; du wäschest jhn alleine/ Er alleine sie alle.
Drauf setzen sie sich wider/ unn haltẽ das hohe Wundermahl/ in welchem der Wirth/ vermittelst Brod und Wein/ aufgesetzet wird. Die Trachten sind nicht nur Brod und Wein/ sondern Leib und Blut/ dessen/der als ein Gott gelebet/ und als ein Mensch gestorben; Brod unn Wein ist es/ das sie sehen/ Leib und Blut/ das sie geniessen: einen Leib/ der da stillet einen H. Hunger/ unn Blut/ das da leschet einẽ H. Durst. Vnter denen Tellern ligt der Demantene Schlüssel zur Eröffnung deß Weinberges deß Liebsten/ in welchen Weintrauben befindlichen/ von deren einer eine reiche Weinlese gekeltert wird. Worauf der Lobbecher herümgehet/ 6 und das grosse Alleluja gesprochen wird:
Der Held mahnet die Seinen auf zur Tugendeiverigen Mannheit; David stillet mit der süßklingenden Harfen den unruhigen Saulsgeist; der Schwan singet sich selbsten zu Grabe; der Hirte pfeiffet seinen Schäflein; der Vater singet mit seinen Söhnen. Jhr aber/ jhr Himmelssänger/ wo bleibt eure Music? vor 34. Jahren weinete euer König/ und jhr sunget: jetzt singet er/ und jhr schweiget; die gantze Lufft ist stille! es dürffte noch bluttrieffende Platzregen geben. Der Mond war in seinem vollen Schein/ das blancke Heer der Sternen zwitscherte/ und hielt es jhm vor eine sonderbare Ehre/ jhren Schöpfer zu beleuchten. Der gehet/ seine Feinde/ die Mühwaltung zu suchen/ zu überheben/ in einen Garten 7 wo/ Statt der Frülingslust/ Zittern und Zagen/ vor Westwinde/ tiefheraußgeholete Seuftzer; vor rinnende Bächlein/ gerunnenes Blut anzutreffen. Hier schläget er das Gesichte unter sich/ windet die Hände kräncklich ineinander/ so/ daß die Lebensgeister scheinen/ die Behausung aufzukündigen; Er locket den saumseligen Tod mit liebkosenden Worten zu sich; Zittern und Zagen ist nichts anders/ als elend werden wollen vor dem Elend/ und den zaudernden Menschenwürger einladen/ sein Leben anfeinden/ der Furcht sich/ an Statt deß Degens/ deß Willens/ Statt deß Scharfrichters/ gebrauchen. Er ringt mit Wollen und nicht Wollen/ dort treibet jhn an das unümgängliche Göttliche Verhängniß/ hier hält jhn ab das nichterhörte unmenschliche Verfahren der Gottsvergessenen Jüden; In sothaner drangseligen Arbeitseligkeit begibt sich das Geblüt von seinem Ort/durchwütet den gantzen Leib/ eilet dem Hertzen zu/selbigem zu helffen; Aber es wird zurück geschlagen/flüchtig gemacht/ durchlöchert die Haut/ und benetzt die Blume zu Saron mit jhrem Purpurfarbenen Lebenssafft die wolriechenden Gartenblümlein.
[305] Die Weintraube gibt sonder Kelter Most; die Oliven sonder Presse feistes Oele; der Schwamm sonder Anrühren Feuchtigkeit; das unbepflügte Land eine reiche Ernde; der Brustgantze Pelican röhret Blut; das ungeschlachte Lämlein lässet den Safft der Adern.
O du glückseliger Oelgarten mit deines Herrn Röte/als mit roten Rosen/ außgemahlet! du bist gewürdiget worden/ deß Himmels Heimlichkeiten anzuhören/ den von Ewigkeit her gemachten Gottes Schluß zu vernemen. O du glückseliger Grund/ der du deines Gründers Blut eingetruncken! Niemals hat dich kein teurer Regen angefeuchtet/ kein Gärtner hat dich mit heilsamern Sprengwasser besprützet.
Die Schar kömt mit Fackeln/ Lampen und mit Stangen; Die Grundböse Rotte suchet mit Windliechtern das Liecht der Welt/ und indem sie es findet/wird in jhrem Hertzen stockfinstere Nacht. Jhr Capitain thut bey Nacht ein Werck der Nacht; verübt an seinem Meister die Falschheit/ die er jhm zu unterschiedenen Malen untersaget. Zwey Häubter kommen zusammen/ das Leben und der Tod; der Tag und die Nacht; die Nacht sagt zu dem Tage: Gott grüsse dich Tag. Der Verrähter verkaufft das Gold der Welt üm wenig Silber. 8 O Herodianische Gottesfurcht! heiliger Satan/ du grüssest und küssest deinen Herrn/ dein Boßheit zu vertuschen; Ach Juda/ Juda/ wie ist dir zu Muhte? Vsa wolte der fallenden Bundslade helffen/und wird geschlagen: und du stössest die stehende übern Hauffen.
Hierauff legt man Hand an Jesus/ wiewol die/ die jhn gefangen/ sehrer erschrecken/ als der Gefangene; die Freyheit gegehet in Ketten/ und befreyet die Dienstbarkeit/ auch deß Todes ewiggefangene/ werden auff freyen Fuß gestellet; der jehzornige Petrus zeucht sein Schwert auß/ schlägt dem Pfaffenknecht das Ohr ab: Besser hätte er deß Meisters/ seiner und deß Knechts [306] geschonet/ er/ als Thäter/ läufft darvon/der Wundartzt wird gefangen.
Die gefangene Bundeslade wird in den Abgöttischen Tempel Dagons bracht/ und stehet vor Hannas 9. Von dar wird der Hohepriester Menschliches Geschlechts vor den Hohenpriester Caiphas gestellet; der höret jhn ab nicht als Richter/ sondern Feind; fället eh ein Vrtheil/ als die Klagen angebracht werden; doch/ damit nicht alle Gerichtsverfahrungen/ auß den Augen gesetzt zu werden/ scheinen/ werden Zeugen abgeordnet. Caipha/ was thust du? diese Leute sind mißgültig; du hast in deinem Vorhofe einen unfehlbaren und/ weil er dem Herrn bekand/ üm so viel desto beglaubtern Mann Petrum. Aber auch dieser verläugnet jhn mit dem Munde/ damit er jhn kurtz zuvor/ als ein Pfand seines Heils/ empfangen. So wird Lucifer auß dem Himmel/ Adam auß dem Paradis/ Judas auß der Zahl der Mundboten/ Petrus auß der Ambtsgenoßschafft der Jünger/ gestossen. Der Hahn krehet 10/ wir lassen jhn hinaußgehen und bitterlich weinen. Hier ist keine Jahel noch Hammer/ keine Judith noch entblöstes Schwert/ sondern eine arme Thürhüterin/ noch dennoch kan der Fels der Apostel für derselben nicht stehen; die Sonne der Apostel wird verfinstert; der Mond der Kirchen vertunckelt. Indeß verantwortet Jesus seine Göttliche Lehre Göttlich. Worüber jhn eine Kriegsgurgel in sein heiliges Angesicht schlägt/ der dann mit einem Backenstreiche aller Teuffel Backenstreiche verdienet. Wer wird sagen können/ ob mehr Schmach oder Grausamkeit vorgelauffen? Einen Vnschuldigen/ in der Königlichen Hofstad/ öffentlicher Verhör/ sitzendem Rahte/ von einem nichtswürdigen Menschen schlagen lassen.
Vnd weil nun die Warheit die Warheit nicht verläugnet/ so stimmen zwey und siebenzig Stimmen überein/ vnd wird Warheit von der Lügen in gefängliche Hafft genommen. Diß ist die Macht der Finsterniß. Es ist nicht ersinnlich/ viel minder [307] außsprechlich/was für Vbelhandlungen vorgehen/ gleich als befahrete sich der unsinnige Pöbel/ es were eine Sünde/ keine Sünde zu unterlassen. Die Augen/ die heller als die Sonne/ werden verblendet; das Gesichte/ das auf Thabor gefunckelt/ verspien 11/ die Wangen/ die denen wachsenden Apothecker-Würtzgärtlein ähnlicher/ mit Pantoffeln geschlagen/ daß schwerlich zu unterscheiden/ ob der Landsknecht mehr ein spöttischer Hencker/ oder henckermässiger Spötter zu nennen. Die Silberhelle Nachtkönigin hatte dem Thierischen Beginnen gnugsam zugesehen/ welches sie auch im Mittage betrauren wird/ derowegen stellet sie jhrem goldhellen Bruder sein Recht wieder ein/ üm noch ärgers Verfahren anzuschauen. Weltliche Obrigkeit 12 soll den/ von dem alle Obrigkeit/ verdammen/ da doch die Menge der Richter seine Vnschuld bezeuget/ ja auch Weibern im Traum vorkömmt. In deß Römers Pontit Thore sitzt Ehrgeitz/ mit einem rutenümwundenen Beile! die Sage gehet wunderlich; die Menge/ die kommen/ das Osterlamm zu essen/ ärgert sich an dem waaren Osterlamm. Es wird deß Messias Ansehen/davon jhm männiglich hohe Gedancken geschöpfft/mercklichen geschwächt! Er wird beschuldiget als ein Aufrührer 13/ der verbiete dem Kaiser den Zins zu geben/ da doch die Fische auß dem Meer für jhm zollen müssen: Er wird angegeben als ein Regiersüchtiger/ da er doch/ als man jhn zum Könige machen wollen/ sich unsichtbar gemacht. Pilalate/ du sagst/ er sey unschuldig 14/ warüm lässest du jhn nicht loß! Warüm sendest du jhn zu Herodes? dieser ist/Ambtshalber/ viel mal zu Jerusalem gewesen/ aber nach dem Herrn/ der zu Jerussalem wohnet/ weniger als nichts gefraget; dieser begehret Wunderzeichen 15/sind das nicht Wunder gnug/ daß das Wort verstummet/ und die Weißheit sich von jhren Kindern rechtfertigen läst! Sind diese noch nicht gnug/ so wird er deren bald mehr an den Leidtragenden Elementen sehen. Vnd ob jhn woln die Römer bey Herodes schwartz gemacht/ so kleidet [308] er jhn doch weiß! Wolan Pilate/ Herodes schickt dir deinen Gefangenen wieder/und/ daß er jhn auch unschuldig befunden/ wirfft er ein weisses Gewand über jhn. Was entkleidest du den/ der alles kleidet? Warüm schnürest du den an die Staupseule 16/ der sein Volck deß Tages mit einer Wolcken- und deß Nachts mit einer Feuerseule begleitet? Vielleicht das Volck zu begütigen; Wolan jhr Henckersbuben/ fasset eure Ruten/ ergreiffet Drat-und mit Schafsknöcheln eingeflochtene Peitschen/haut den gerechten Knecht Gottes/ daß es heist: die Pflüger haben auf meinem Rücken geackert 17/ und jhre Furchen lang gezogen/ von der Fußsolen an bis aufs Haubt ist nichts Gesundes an jhm.
Genug Hencker/ laß etwas in denen Adern/ daß er am Creutze auch Blut vergiessen kan. Hier hat der Schilo sein Kleid im Wein und seinen Mantel im Weinbeerblut gewaschen. Seinen Verkäuffer hatte nun zu spat der Kauff gereuet; darüm stellet er sich nochmaln selber unter einem Dornencrantze feil 18/welchen jhm seine Stiefmutter aufgesetzet.
Eine Rose unter so viel Dörnern. Meerbesen sind hier Jaspis/ Brombeersträucher Onychel/ Stechdorn Smaragden; Hier sind alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit Dörner. Sein Haubt ist voll Taues/ und seine Locken voll Nachtstropfen/ die diese Krone außgepresset. Pilatus ümgibt seinen rohen zerfleischten Leib mit einem gleichfarbigen Purpur/ den jhm Tyro und Sidon/ weil er sie Bethsaiden vorgezogen/zugesendet.
Man führet das Jammerbild herauß/ sein abgematteter Leib keuchet/ die unvermögenden Füsse straucheln/ deß Haubtes Kleid/ die Haare/ sind von Blute zusammengebacken/ das Engelreine Angesichte bespien/ die gebrechlichen Hände tragen ein gebrechliches Schilff/ daß jhn kein Mensch vor einen Menschen ansehe/ wann nicht Pilatus sagte: Sehet/ welch ein Mensch; Sehet/ welch ein Mensch/ rufft Gott der Vatter [309] vom Himmel/ waarer Mensch und waarer GOTT/ Gott von mir von Ewigkeit; Mensch von der Mutter in der Zeit. Sehet/ welch ein Mensch/ rufft die Mutter! Wegen der Menschen Mensch worden/ wegen der Sterblichen gestorben! Sehet/ welch ein Mensch/rufft der Oberengel Gabriel/ ein Sohn deß Höchsten/der über das Haus Jacob herrschen wird ewiglich; Sehet/ welch ein Mensch/ rufft der Feind Menschliches Geschlechts/ der auß allen Steinen nicht einẽ Bissen Brod machen kan; Sehet/ welch ein Mensch/rufft der Heyd: der so viel Krancken geholffen/ kan jhm selbst nicht helffen; Sehet/ welch ein Mensch/rufft das Volck/ ein Aufrührer und Verführer deß Volcks. Die Engel im Himmel fragen GOTT den Vater/ sihe/ ob diß deines Sohns Rock oder nicht? die Menschen ruffen auf Erden: Creutzige/ Creutzige jhn/dann er hat sich zu Gottes Sohn gemacht.
Kein Mensch hat sein Lebtag eine bessere Sache gehabt als dieser Mensch/ und ist seine Lebtage keinmal eine Sache ärger verabschiedet worden. Der übertöberte Römer fordert Wasser/ wäschet die Hände 19/weil er das Hertz nicht waschen kan; ein waarer Zeuge wird ein unbillicher Richter; dem Fürsten deß Lebens wird das Leben abgesprochen/ weil er gelebet/daß wir leben möchten; der Neid ist Kläger/ Vnschuld das Verbrechen/ Vnmenschlichkeit der Scharfrichter/Grausamkeit das Vrtheil/ welches wider deß Käisers Satzung 20 vor dem zehenden Tage soll und muß vollnzogen werden. Indessen/ daß man zur Creutzigung zuschicket/ sitzet der Stein/ den die Bauleute verworffen/ abgekräfftet im Richthaus auf einem Steine; der Haubtmann ordnet die Außführung/ die Mörder stehen gebunden/ und der/ der unter die Vbelthäter gerechnet/ in der Mitten. Der Römische Palast wild eröffnet 21/ der Hertzfromme Isaac trägt sein Creutz/das jhn bald tragen wird. Diß Opffer muß den Hals eh dem Joche als dem Schlachtbeile unterwerffen. Ein wolaußgesonnene Zugabe der Grausamkeit eines grausamen [310] Todes. O jhr Jüden mit dieser einigen Mordthat verwircket jhr mehr/ als wann jhr alle Welt ermordet! Ein grosses Geheimniß in den Augẽ der Gottesfurcht/ eine grosse Schmach in den Augen der Gottlosigkeit. Abel wird von seinem ergrimten Bruder Cain aufs Feld geführet: Noa trägt das Holtz zum Kastenbau/ Jacob seine Himmelsleiter/ alle/ die jhn sehen/ spotten sein/ sperren das Maul auf/ und schütteln den Kopf/ ausser etzlicher weniger Weiberlein/derer Sagen und Klagen;
Das Creutz anzurühren halten sie vor ein unreines Wesen; Christum zu creutzigen für ein wolgethanenes Werck: diesen [312] auch/ einer grössern Marter vorzubehalten/ entlasten sie deß Blochs und legen es auf dem Felde einem Feldmann auf. Simon fasse getrost auf den Stecken/ daran die grosse Weintraube hangen wird; trag die Rute Aarons/ die zu seiner Zeit Mandeln tragen wird. Vnterwegens wird Christus von Christus abconterfeyet 22. Er wird mit Stacheln gecreutziget vor der Creutzigung 23.
So wandere nun hin mein Herr Jesu; du wirst gewiß den verbotenen Baum außreuten/ diesen dargegen auf den dürren Hügel Golgatha einsetzen/ mit deinem Blut düngen und befeuchten/ unter sich zu wurtzeln bis an die Pforten der Höllen; auß selbiges Holtze wollen wir Leitern machen/ deren Spitze bis an den Himmel reichet; denn/ weiln du uns Flügel versaget/so wollen wir der Staffel gebrauchen/ und du wirst uns/ weil du erhöhet/ nach dir ziehen. Die Richtstatt ist über und über mit Knochen/ Hirnschalen und Gerippen der Abgethanenen übersäet; hier ist auch deß Vaters deß Menschlichen Geschlechts/ Adams/ Gebeine befindlichen. Was der erste Adam eingebrocket/muß der ander hier außessen; keine Malzeit/ ausser dieser Apffelmalzeit/ ist theurer bezahlet worden/ und sind nichts desto minder die Gäste und alle dero Nachkommen mit hungerigem Magen auffgestanden. Der Vater bezechet sich im süssen Moste; der Sohn muß sich mit Essig abspeisen lassen; massen seine Zunge/ welche noch unverletzet/ jetzund mit vermyrrhetem Wein gecreutziget 24 wird. Die Eltern brechen Rosen/ und die Kinder stechen Dörner; doch ist das ein glückseliges Verbrechen/ das mit Gottes Blut gut gemacht wird!
Hier/ hier auf Golgatha ist die grüne Bühne/ auf welcher das Schauspiel der Welt/ der Engel und der Menschen fürgestellet wird. Hier wird der Herr auß allen Kräfften nidergeworfen/ und doch erhöhet; Wie er auf diese Welt kommen: Also wolte er auch wieder auß dieser Welt gehen; seine Kleider werden auß seinen Wunden gerissen/ und die vormal den [313] Blutgang gestillet/ verursachen jetzo selbigen; den gantzen Tag ist seine Schmach vor jhm/ und sein Antlitz voller Schande; der entbössete Sohn Davids wird von der Jüdischen Michol verlachet; der aufgedeckte Noa von seinen Söhnen verspottet; Simson in den Schoß der Delila geteuschet; doch werden jhn bald zwey Tücher bedecken; ein rotes/ welches er im Richthause Pilati entlehnet/ und ein schwartzes/ welches die verfinsterte Sonne über jhn hengen wird. Er wird mit härnen Stricken auf das durchbohrete Querholtz gebunden/außgezerret/ mit stumpfen Nägeln durch Händ und Füsse geschlagen 25/ und aufgezogen. Er schwebet in der Lufft/ daß er selbe von den Geistern und Fürsten der Lufft reinige und heilige; wie er zuvor das Wasser durch die Tauffe/ den Erdboden durch Herümgehen/geheiliget/ und bald das Feuer/ durch Sendung deß heiligen Geistes/ weihen wird. Die Mundboten Gottes sagen nur/ was geschehen/ aber nicht/ wie es geschehen: Sie creutzigten Jesum! Gedancken können hier mehr/ wiewol auch nicht zur Gnüge/ richten.
Sie creutzigen alle Glieder deß Leibs!
Das Haubt/ durch welches die hohen Häubter herrschen/ mit Dornen;
Die Augen/ durch welchen der Blinden Augen eröffnet/ mit Speichel;
Die Ohren dessen/ der das Ohr gepflantzet/ mit Lästerungen;
Die Zunge dessen/ dem der Stummen Zunge Lob saget/ mit Bitterkeit;
Die Füsse dessen/ durch welchen die Lamen lecken wie ein Hirsch/ mit scharfen Nägeln.
Sie creutzigen alle Sinne deß Leibes!
Das Fühlen mit unaußdencklichem Schmertzen;
Das Schmecken mit abgeschmacker Erdgalle;
Das Riechen mit übelm Geruch auff dem Galgenberge;
Das Hören mit übellautendem Hohngespötte;
[314] Das Sehen mit unverantwortlichem Beginnen;
Sie creutzigen jhm an dem aller Welt-erfreulichen Ostertage 26;
Sie creutzigen seine Güter deß Leibes!
Seinen guten Namen/ indem er am Creutz der Stadt müssen den Rücken zukehren 27;
Seine Güter/ sie theilen seine Kleider unter sich/und werffen das Loß üm sein Gewand.
Das Gemüte/ das voller Schmertzen und Kranckheit;
Den Leib/ der über und über wund/ ja nur eine Wunde.
Es creutziget jhn alle Welt/ indem der König zu Zion/ in der Königin der Städte/ durch die Hand aller Heyden erwürget wird.
Der Regenbogen ist eine Mutter der Verwunderung/ eine Zierde deß Himmels; Sihe den Regenbogen an/ dann er hat sehr schöne Farben. Hier grünet die Dorngeflochtene Krone; es rötet das häuffigvergossene Blut; es bleichet die gelblichblasse Farbe deß Todes. Dieser Regenbogen fänget an zu tröpflen/ regnen/ ja zu giessen Schweiß/ Threnen/ Wasser und Blut/ diese vermengen sich in vier gnadenreiche Paradisflüsse. Der Hohepriester schwitzet von feuriger Andacht deß Gebets/ und erhitzten Kampf deß Todes; Was Adam im Paradise eingetruncken/ muß Christus am Holtze außschwitzen. Die Lust der Engel/ die Freude deß Himmels/ wird von Liebesglut in Threnen aufgelöset; der den Weibern das Weinen verboten/ weinet als ein Weib/ und wie sein verwundetes Fleisch blutet/ also threnet sein verletztes Hertze; Blut und Wasser springen auß seiner heiligen Seiten: das Wasser sind Silbertröpflein der Gnaden/ und das Blut der Most/ der Jungfrauen zeuget.
Schaue nochmaln/ liebe Seele/ was will jhr wol diese Vberschrifft? Es ist gewiß ein Buch zu verkauffen? Christus Jesus ist das Buch inwendig und außwendig beschrieben; dessen [315] Titul ist: JESVS von Nazareth der Jüden König; das Ende: Es ist vollbracht. Gott der Vater ist Vrheber/ der es von Ewigkeit her geschrieben/ in der Fülle der Zeit heraußgegeben/ auf Thabor gut gesprochen/ Judas hat es denen Hohenpriestern liederlich verkaufft/ welche es zerrissen.
Die Sonne/ je höher sie stehet/ je stärcker sie wircket: die Sonne der Gerechtigkeit zeucht nit allein an sich Nicodemum und Joseph/ sondern auch nichtswürdige Menschen/ auß welchen sie (wie das Weltliecht auß unsaubern Dünsten fruchtbare Regen) Mundboten/ Blutzeugen unn Bekenner machet. Vnd weiln der Tod Christi in aller Welt außzubreiten/ so wird Pilatus heute der erste Mundbote/ der Schächer Blutzeuge und der Haubtmann ein Bekenner.
Der seinen Creutzigern seine Kleider nicht entzogen 28/ die sie getheilt/ theilt jhnen noch darzu mit das Kleid der Vnschuld und den Rock der Gerechtigkeit; In dem gantzen Leiden ist Gott dem mmhilischen Vater nichts annemlichers gewesen/ als daß der Gecreutzigte für seine Creutziger bittet; diß fals hat sich unser Heiland selbsten übertroffen; Sie wissen wol/daß sie creutzigen/ aber nicht/ wen sie creutzigen; Sie wissen nicht/ was sie thun/ so thut der Herr/ was sie nicht wissen/ vergibt jhnen als blinden Leuten/ und lehret/ daß/ wie er von jhren Händen/ also auch für sie/ gestorben sey.
Der Mörder lehret mehr an der Marter als Judas in Christi Schule; dort ward auß einem Apostel ein Mörder/ hier auß einem Mörder ein Märterer; den Gecreutzigten betet er an als einen König/ den Sterbenden als einem Hertzog deß Lebens/ klettert von der Erden in Himmel; diese im Tod schwimmende Augen sehen das Leben im Tode/ die Hoheit im Abnemen/die Ehre in Schmach/ den Sieg im Verderben/ das Königreich in Dienstbarkeit; Dieser Mörder ersetzet/ die Stelle dessen/ der ein Mörder von Anfang gewesen. Der reissende Bärwolff wird ein sanfftmütiges Schosschäflein/ säet [316] und erndet zugleich/ daß man mit Warheit sagen kan: die Diebe stehlen das Himmelreich/und die Mörder reissen es mit Gewalt zu sich. Nichts war am Creutze ungebunden als die Augen und die Zunge/ beide wendet er auff die Mutter und den Jünger; der Sterbende bekümmert sich üm die Lebenden/bescheidet seiner lieben Mutter/ Statt seiner/ seinen liebsten Jüngern; Statt Jesus bekömmt sie Johannes/deß Herrn den Knecht/ deß Meisters den Jünger/ für Gottes Sohn den Sohn Zebedæi/ für den waaren GOTT einen blossen Menschen. Der Vater stirbt und ist/ als wer er nicht gestorben/ dann er hat seines gleichen hinterlassen; die Mutter lebt dieselbe/ und nicht dieselbe/ der Sohn lebt in jhr; der Sohn stirbt und sie mit dem Sohne/ und steht doch bey dem ümstehenden Volcke/ die lieber tod hängen wolte bey jhrem Sohne/als lebendig stehen bey den Lebenden; Johannes/ das ist deine Mutter; Es stehet zwar hier deine leibliche Mutter/ aber/ was ist dieselbe gegen der Mutter; von jener hast du das Leben/ von dieser Wolleden; du vermissest an jhm einen Vater/ überkömmest an jhr eine Mutter.
Die Geschöpffe empfinden die Creutznägel deß Schöpffers. Die Gestirne bedecken den Morgenstern/und bezeugen/ mit Entziehung deß Tages/ daß sie an diesem Gottesmord ein Mißfallen tragen. O jhr stockblinden Jüden! Himmel und Erden fällen ein Vrtheil über euch/ die Elementen versagen euch jhre Dienstleistungen/ indem sie jhres Amtes müssig gehen/ und euch zu Schanden machen/ jhr habt von jhm Zeichen vom Himmel begehret; Ist es nicht gnug/ daß die Sonne im hohen Mittage untergehet; Jhr habt seinen Rücken der Stadt zugekehret/ wartet nur ein vierzig Jährlein/ er wird euch wieder den Rücken und nicht das Antlitz zeigen/ wann jhr verderbet. Jhr habt den Geber der Sonnen abgethan/ so müsset jhr billich der Sonnen entrahten/ blind an Hertzen und Augen seyn. Die Gestirne weren gern mit den Sterbenden gestorben/ aber weiln [317] es jhnen nicht zugelassen/ so müssen sie dessen Absterben betrauren/ und der Sonnen/ als einem Leidbitter/ im Leide folgen. Gestern hat man dem Herrn die Augen verdecket/ heute verdecket er sie denen/ die sie jhm verdecket. Diese Finsterniß ist das Trauertuch/ darmit das gantze Weltgebäu üm und üm bekleidet wird. Die Wunden werden durch deß Leibes Last weiter gerissen/ die Finsterniß verursachet eine ungewöhnliche Kälte/ Blut fleusset auß deß Herrn Wunden/ Wasser auß den Augen/ er betet/ jede Wunde ist ein betender Mund/ er reget so viel Zungen/ als er Blutstropfen regnet/ die Engel sehens/ und thun nicht/ als wann sie es sehen. Er sihet Gott/ es wird die Gottheit weder vom Leibe noch von der Seelen auch im Tode nicht getrennet/ nur verlassen/ so/daß das Göttliche Anschauen weder die Angst der Seelen noch die Schmertzen deß Leibes gelindert; das Leben wird deß Todes imminsten nicht befreyet; dem Gott alles Trostes wird aller Trost benommen. Er wartet/ ob es jemand jammerte/ da ist niemand/ und auf Tröster/ und er findet keinen: Gott ist verlassen von Gott/ der Engel deß Bundes von denen Engeln/deß Menschen Sohn von denen Menschen/ Christus von Christus; Gott geust alle Zornschalen aus über Gott; Gott ruffet: Creutziget/ Creutziget Gott; Gott wirfft gleichsam Creutz und Nägel vom Himmel herab auf Gott/ darüm ruffet Gott:
Von hundert tausend Schmertzen benamet das Heil der Welt die Verlassung und den Durst: Mich dürstet/rufft das Wasser deß Lebens; das Creutz plaget nicht so sehr als der Durst: Hieher solt du kommen und nicht weiter/ hier sollen sich (O du unerschöpffliches Meer der Liebe) legen deine stoltze Wellen; Essig ist die letzte Pein; der Schwamm wird sein Trinckkelch/der Isop thut Handreichung 30/ der Henckerbube wird Mundschencke/ er kostets und trinckt es denẽ Menschen auf der Menschẽ Gesundheit zu; diß ist der Danck/ daß er euch Jüden Wasser auß denen Felsen/Brod vom Himmel/ Wachteln auß der Lufft gegeben; Jhr seyd jhme zu einem bittern wilden Weinstock [322] gerahten/ der nur Heerlinge gebracht; Er gibt euch seinen Schweiß/ sein Blut/ seine Threnen/ ja das Wasser/ das er im Hertzen hat/ und jhr lasset jhn Durst sterben. Ich hab aller Dinge ein Ende gesehen/ der Arbeiter/ der deß Tages Last und Hitze getragen/ erwartet seinen Lohn; Der Weingärtner/ der die Kelter alleine getretten/ machet Feyerabend; Der Wandersmann/der vom Vater außgangen und in diese Welt kommen/verlässet wiederumb die Welt/ und gehet zum Vater; Der Redner mit der gelehrten Zunge endet seine Rede/und schleust: Es ist vollbracht. Es ist vollbracht das Gebäue/ deß Spitze biß an Himmel reichet; Es ist vollbracht das vier und dreissigjährige Leiden deß Herrn; Es ist vollbracht Judas Verrähterey/ Petrus Verläugnung/ Pilati Verdammung/ deß Volcks Abwendung/ Christi Creutzigung; die Schrifft ist erfüllet/ die Synagog gestorben/ die Kirch geboren/ der Wille deß Vaters vollbracht. Nichts ist mehr übrig als Sterben. Nachdem er nun seinen Jüngern den Frieden/den Feinden Vergebung/ dem Schächer das Paradis/der Mutter den Jünger/ dem Jünger die Mutter/ dem Grabe seinen Leib vermachet/ befihlet er dem Vater den Geist/ der Sterbende ruffet lauter als die Lebenden/ mahnet den Tod/ als welcher kein Recht an jhm/auf/ wincket jhm mit Haubtneigung/ schreyende:
Dergleichen ist unter allen Himmeln nicht geschehen; Christus stirbt; die Warheit wird unterdrückt/das Leben abgeleschet; Alle Wasser lauffen ins Meer/noch wird es nicht völler; Je völler der Mond/ jemehr wütet das auffgereitzte Saltzmeer: Im vollen Mond der Marterwochen gehen alle Wasserwogen und Wellen über Gottesgebererin/ alle Fluten rauschen daher/daß hie eine Tieffe und da eine Tieffe brausen; jhr Glaubensliecht verleschet nicht in der dichtesten Landfinsterniß; Er ist mit Nägeln von aussen/ mit Zungen von innen angenagelt; Sie stirbet lebendig/und lebet Sterbende. Hier sind zwey hellpolirte gegeneinander übergesetzte Liebsspiegel/ die einander/ mit gleichmässiger Zurücksendung/ tausenderley Schmertzen entgegen stralen; Die Wunden deß gestorbenen Sohns werden Wunden der Leidtragenden Mutter; Sie wird eine Blutzeugin/ wann sie jhres Blutbräutigams Blut zu Gesichte bekömmet; Jhr Schade ist groß wie ein Meer: Er leidet am Leibe/ sie am Hertzen. Vnd O du Jungfer-Mutter/ deine Augen sind heller als die Sonne/ weil dieselbe die jhrigen verdecket; Du Mutter thust deine Augen auf/ und dein Sohn hat sie geschlossen; Bist du mehr als der Mond/ der einen unwegsamen Weg läufft/ daß er nicht sehe/ was du läuffst/ zu sehen; Der Erdbau fängt an zu zittern/und du stehest aufrichts; Die Felsen fallen dahin/ du stehest als ein Fels/ und zehlest deines Sohnes Wunden; Du stehest/ klagest und sagest:
Bey anbrechendem Tage zerriß der Hohepriester seine Kleider/ gegen Abend der Tempel selber; weil der Allerheiligste außgerottet/ so wird auch das Allerheiligste entheiliget/ und was denen Jüden verborgen gewesen/ sehen die Heyden; Es kömmet jhnen zu Gesichte das Himmelmanna/ die Gesetztafeln und die[325] Mandelrute/ ja so gar stirbt es von denen Jüden auf die Heyden/ von der Jüdenschule auf die Kirche/ von vielen Opfern auf dieses einige. Der Creutzweg ist der geradeste Weg in das Allerheiligste;
Es war nunmehr auch der Vberwinder der Menschen überwunden/ darüm werden gar die Toden frey gelassen; Der Tod ist geschlagen/ das Leben hat den Sieg erhalten; Bey seiner Tauf thut sich der Himmel auf; Bey seinem Sterben die Gräber; Die Erde kan den Tod nicht mehr inner jhren unterjrdischen Löchern behalten/ weil sie das Leben selbst mit dem Creutzpfluge ümgerissen/ mit Blute gedinget/ und dem Tod einen Weg gemacht. So bald der Sterbende die Augen zugeschlossen: So bald werden die Gräber aufgeschlossen 32/ und die Toden/ als Zeugen seines Todes/aufgewecket.
Den Mann/ dem alle Element gehorsamet/ betauret auch die Erde/ die wegert sich gleichsam jhm ein Ruhbett zu vergünstigen/ sie reisset sich auß jhren Gründen/ die Berge zittern/ die Hügel beben/ die Klippen zerbersten und fallen in einen Abgrund. Einem Mörder wird durch die Lufft der Weg zum Himmel eröffnet; dem andern durch eine Klufft zur Höllen; Einer ist vorhergangen Petro ins Paradis; dem Andern gehet Judas vor in die Hölle/ dem Herrn aber vergünstiget sie ein neuaußgehauenes steinern Grab.
Wie nun sothane Wunder Lobzungen gewesen/ die den Herrn bey dessen Beerdigung heraußgestrichen; So sind sie auch Liebsmahle/ die selbige aller Welt/auch nach Absterbung der Liebe/ vergewissern.
Die Sonne legt jhren güldenen Flor ab/ der Himmel scheint sich zur Rache außzurüsten/ doch schlägt er nicht mit Donnerkeilen in Hauffen; Der Erdkreiß wancket/ die Berge [326] und Felsen zerspringen/ aber sie thun keinem Menschen kein Leid; Der Fürhang im Tempel zerreisset/ und entdecket/ was bißher verdecket/ aber die Mauren fallen nit ein/ und töden diese Gottestöder; Die bößlichriechenden Todengräber thun sich auf/ nicht die Bösewichter zu verschlingen/ sondern lebendig wieder heraußzugeben/ was sie vormals Tods empfangen. Die Creutziger/ die deß Lebenden nicht geschonet/ schonen deß Toden/ ausser/ daß einer seine heilige Seite durchstochen/ auß welcher Blut und Wasser geflossen/ welches nicht eine Sündflut/sondern ein heilsames Taufbad/ angedeutet.
Den Schluß dieses Trauerspieles machet ein Soldat nebenst seinen untergebenen Knechten/ Leute bey Waffen erzogen/ wo wenig oder gar keine Gottesfurcht/ geben der verborgenen Gottheit ein herrliches Zeugniß. Der Haubtmann nach der Person/ die er damaln vertratt/ hielt dem Herrn ein Lobrede/ in welcher er Anregung thut von dessen künfftigem Reiche/Himmel- und Erdbeherrschender Gewalt. Nicht ümsonst ertheilet der den Römischen Soldaten Befehlich/der den allerverachtesten und unwerthesten Menschen für Gottes Sohn bekennet: Sein Außspruch war eine Weissagung/ daß die Römer Fendel und Adler würden künftig in Creutze verwandelt werden 33/ vermittelst welcher das Römerreich mehr als jemaln gemehret und dauren würde/ biß sich zu diesem Creutzase alle Menschen als Adler finden würden.
Die den Abgelebten verwachen/ werfen eine unbilliche Vnwilligkeit auf die Werckzeuge deß Leidens/und lassen sothane Vermaledeyung hören:
Alles Volck aber/ das dabey war/ da sie sahen/ was da geschahe/ schlugen sie an jhre Brust/ wandten wieder üm und sprachen:
Fußnoten
1 Hier sind wir dem uhralten Bonaventuræ nachgegangen/ dessen Reime hiesige:
Hora prima, quando est DEUS incarnatus,
tertiam dicspacium sui incolatus,
Sextam cùm à perfidis voluit ligari,
trahi, cædi, conspui, dirè cruciari.
Nonam dic, cùm moritur, quando consummatum.
Vespera, cùm Christus est sepulturæ datus.
2 ἀπάτωρ κὶ ἀμὴτωρ
3 Es ist bekand die Geschichte/ welche Eusebius auß dem Plutarcho erwehnet/ da eine Stimme gehöret worden: Magnus Pan mortuus est, der grosse Pan ist gestorben. Das ist von etlichen aufgenommen worden/als wann durch denselben Christus ein Herr aller Herren verstanden würde/ und hätten die Teuffel dessen Tod/ als jhre Niderlage/ beheulet/ weil sie noch bey dessen Lebzeiten offt geklaget/ als wann er sie peinigte.
4 Die Gottsgelehrten haben den Verlauff dieses letzten Mals in Acht genommen. Das Erste ist ein gemeine Mahlzeit/ das Ander ist die Niessung deß Osterlams/ das Dritte die Einsetzung deß heiligen Abendmahles gewesen/ von welchem in einem absonderlichen Buche Johannes Walterius. Hier erhebt sich eine Streitfrage/ und ist wol zu wissen/ ob Christus an einem andern Tage/ und die Jüden an einem andern Tage Ostern gehalten? Christus nach dem Gesetze/die Jüden nach jhren Menschensatzungen/ welche auß dem Paulo Burgensi zu erlernen/ bey welchem die Jüdischen Rabbinen sagen: Wir feiren nicht zwey Sabbath aneinander/ wegen der Speisen und der Toden: Christus aber/ weil er unter denen Menschen herümgewandelt/ hat das Gesetz gnau in Acht genommen/dahero were der Freytag/ welcher bey denen Jüden ein Wercktag/ bey Christo ein Feiertag gewesen/ und weren bey den Jüden diß Jahr zween Sabbath zusammenkommen/ dahero sagt Johannes/ denn desselben Sabbathstag war groß/ Joh. 19/ 31. Aber verständigere Außleger gehen dahin und sagen/ daß die Verschiebung der Ostern erst lange nach dem Leiden Christi aufkommen/ und hätten die Jüden am Feiertage ein unfeierliches Gericht vorgenommen/ in Meinung/ sie thäten dem Gesetz eine Gnüge/ wann sie nur Christum nicht mit jhren Händen ümbrächten. Dann sie giengen nicht in das Richthauß/ damit sie Ostern essen möchten/ welches nicht von dem Osterlamme/das sie verschienenen Abend gessen (Luc. 22/ 7. Marc. 14/ 12. Matth. 26/ 16.) sondern von denen Osterlichen Opfern zu verstehen/ die die gantzen sieben Oesterlichen Tage musten geopfert werden. Ein Theil von diesem Opfer wurde dem Herrn auf dem Altar verbrennet: Ein Theil ward denen wiedergegeben/ die da opferten: Ein Theil blieb denen Priestern. Vnd diese Opferen essen/ hieß Osteressen/ 5. Buch Mos. 16/ 2.3. 2. Chron. 35/ 7.11. haben also die Jüden und Christus an einem Tage Ostern gehalten.
5 Es wird der Mühe werth seyn/ sich ein wenig üm die Gastgebot der Römer zu bekümmern/ welcher Sitten Christus nicht vernichtet. Die Römer speiseten auf höhern hierzu bereiteten sonderbaren Betten und Polstern/ legten andere Kleider an/ salbeten sich/ lagen in gewisser Ordnung und Zahl/ die Weibsbilder sassen oder lagen/ wie aus den Juvenal zu folgern:
Signatæ tabulæ, dictum feliciter ingens
Cœna, sed in gremio jacuit nova nupta mariti.
Nach der Leibsbeschaffenheit lagen sie auf dem Bauche mit Polstern untergepolstert/ damit beide Hände zum essen frey/ mittler Zeit haben sie sich auf den Elenbogen gesteuret/ oder wann sie nicht reden wolten/ lagen sie auf dem Rücken. Hier müssen in Acht genommen werden der Tisch/ die Diener/ Mundschencken/ Credentzer/ die Trachten der Speisen/ die Fliegenwedel/ wie Martial andeutet:
Lambere quæ turpes prohibet tua prandia muscas, alitis eximiæ cauda superba fuit.
Zwischen denen Betten und Tischen ward ein geraumer Platz/ daß denen Gelägerten von denen Dienern konte aufgewarten werden. Diese Vmbstände sind alle befindlichen bey diesem Mahle. Die Römer speiseten gemeiniglich auf dreyen Polstern: daß dieses auch hier beobachtet worden/ erhellet daher/ weil sie alle in eine Schüssel reichen konten. Matth. 26. Die Römer wuschen und salbeten sich vor der Mahlzeit/ auch die Jünger legten sich nicht mit ungewaschenen Händen zu Tische/ Joh. 13. Marc. 7. Luc. 7. sie legten saubere Kleider an/ auch allhier reisst ein Jüngling auß dem Gasthause mit seinẽ Gastkleide auß/ welcher dem Herrn im Garten bey Nacht gefolget. Summa sie vermeideten alle Aergerniß/ Mat. 17/ 27.
Sie lagen auf erhobenen Polstern wie die Römer/ massen zu ersehen Luc. 7. do ein stehend Weib dem HERRN Christo mit jhren Threnen die Füsse genetzet/ und mit jhrem Haubthaaren getrucknet. Dieses offt wiederholte Waschen kam bey den Römern von dem täglichen Ringen und Springen; bey denen Jüden von denen staubichten Füssen. Ob nun wol Johannes Baptista Casalius will/ als hätte CHRISTVS nach der Römer Art diß Abendmahl gehalten/ und zu dem/was oben angeführet/ saget/ daß die Hebreer/ seid der Zeit/ als sie vom Pompeio in der Römer Botmässigkeit gebracht worden/ sich nach deß Vberwinders Gebräuche und Sitten bequemet/ auch hätte das Stehen und Gürten von der Babylonischen Gefängniß her aufgehöret/ nach der Formel: In hac nocte omnes discumbimus; So war doch diese Fußwaschung ein besonderes Denckmahl der Jüden/ so noch von dem Außzug der Kinder Israel herrührete. 2. Buch Mos. 12/ 39. 5. Buch Mos. 16/ 3. Adde Ritual Hebr.
Irretentibilem tenens & altam in æthere æquam, abyssos frenans & maria retinens, DEI sapientia aquam in pelvim jacit, pedes servorum lavat herus, exclamat Cosmas Hierosolymitanus.
6 כוס הלל ποτήριον ὑμνήσεως. Paulus: ποτήριον τῆς ἐυλογίας. Syrus vertit: Poculum laudationis, ἐυλογεῖν enim laudare significat. Vnter dem Fußwaschen ist das Essen deß Osterlams rein aufgehoben/ der Tisch neugedeckt/ die bittern Salsen und die süssen Brod aufgesetzt worden. Der Haußvater schnitt ein Brod entzwey/ und legt das eine Theil unter das Tischtuch/ (damit die Kinder desto mehr Vrsach zu fragen hätten.) Wann nun das eine Theil in Salsen getuncket/ aufgezehret/ zog der Haußvatter das Verborgene her für/ nam es in die Hand/ und brach es in so viel Stück/ als Tischgenossen verhanden. In der Außtheilung sprach er: diß ist das Brod der Trübsal/das unsre Väter gessen haben in Egyptenland. Darnach nam er den Becher Wein/ welcher bey dem verborgenen Brod gestellet war/ sprechende: Gelobet sey der Herr/ unser Gott/ der König der Ewigkeit/ der die Frucht deß Weinstocks schaffet. Indem tranck der Haußvater zum ersten/ gab den Becher seinem Nechsten/ bis er herüm gegangen und sie alle darauß getruncken. Weiln aber diß die letzten alten Ostern/sihe/ so ändert der Herr die Wort/ sagende bey dem Brode; das ist mein Leib; Vnd bey dem Becher: das ist mein Blut/ und setzet hiermit das neue Testament ein. Wann dieses alles geschehen/ wurde das grosse Alleluja/ der III. mit etzlichen folgenden Lobliedern Davids gesungen.
7 Weil bey gutem Frieden die Thore unverschlossen/gehet der Herr an seinen gewöhnlichen Bettort/ da er über drey Stunden fast bis üm Mitternacht hin gebetet. Barrad.
8 Ich mein/ es weren eh alle Schlag-Vhren in gantz Teutschland gleichschlagend zu stellen/ als der Außleger Meinung über die 30. Siberlinge zu vereinigen. Daß der geitzige Schindhund ein ansehnliche Summa überkommen/ erzwinget das Wörtlein ἔςησαν, oder wie Zach. II. stehet ἐςάθμησαν, sie haben es jhnen/nach der Hebreer Art/ dargewogen/ zu dem kömmt noch die Erkauffung deß Ackers/ und zwarten eines solchen/ welcher/ zu Bestattung so vieler hundert Pilger/ Raum hätte.
9 Von Gethsemane/ durch die Stadt nach Caiphas zu gehen/ muste man vor Hannas fürüber/ dieser war ein alter mächtiger hochangesehener Herr/ welcher selber Hoherpriester gewesen/ auch neulich sein Sohn und jetzo sein Eidam dieses Ehrenamt bedieneten/ dahin bringen sie jhn nun zuerst/ üm/ einen Danck zu verdienen/ Joh. 18/ 13. Wiewol es sich auch ansehen läst/ als were Caiphas Hoherpriester/ aber Hannas Præsident/ so zu sagen/ gewesen/ welchem unter der Gewalt deß Hohenpriesters/ alle Händel zu schlichten/ befohlen/ dahero auch Jesus zuerst vor jhn bracht worden. Weil aber der Præsident in so hochwichtigen Sachen/ in Abwesen deß Hohenpriesters/ nichts vornemen will/ schickt er jhn zum Hohenpriester/ bey welchem in eitler Nacht die Eltesten versamlet/ folget jhm drauf in Person auf dem Fusse nach.
10 Non tam ut cantu suo tempora distingueret, quàm ut se peccâse Petrus agnosceret, scitè Optatus Milevitanus.
11 Nachdem der Herr vom geistlichen Gericht verurtheilet/ wird er alsbald/ als ein Verdammter/ den Dienern übergeben/ welche jhm in sein heiliges Angesicht spien. In faciem enim conspui, non levis contumelia existimanda est, inter extremas injurias refertur communissimè. Ab hac contum elia manavit illa vox Ebræorum, ut quem per iram & excandescentiam Rica s. Raca nuncuparent, quod κατάπτυςον conspuendum, & nulli boni coloris hominem denotat. Drusius.
12 Es muste Jesus gestorben seyn/ sie meinten/ sie hätten sattsame Vrsach jhn zu töden als einen Gotteslästerer/ darüm führen sie jhn am hellen liechten Tage in jhr Raht- und Richthauß/ weiln jhnen aber die Macht/ das Vrtheil zu volnziehen/ genommen/ so bringen sie jhn vor die Weltliche Oberherschafft/ dem Römischen Landpfleger/ vor dem Käiserlichen Richtstul/ genennt Hochpflaster/ in dem andern Theil der Stadt gelegen/ auf dem Berge/ der sonst die Tochter Zion geheissen.
13 Weiln denen Jüden wolwissend/ daß die Heyden jhr Gesetz vernichteten/ bringen sie andere Anklagen/den Römischen Käiser betreffende/ vor/ beschuldigten jhm eines Aufruhrs/ Verbieters deß Schosses/ u.d.g.Non vanè suspicantur, qui putant, crucem Barrabæ, homicidii & seditionis nomine debitam, in Christum, occultâ quadam numinis dispensatione, translatum. In Epistola Pilati ad Tiberium etiam habetur: Judæos Christo Magiam objecisse.
14 Pilatus spricht den Herrn in allen siebenmal loß.
15 Herodes hat jhm seine Königliche Krone von seinem Haubt genommen/ und dem Herrn Jesu' aufgesetzet/ mit Verheissung/ er wolle jhm loßmachen/ wann er ein Wunderwerck thäte. Anshelmus.
16 Pilalus läst den Herrn nach der Römer Manier geisseln. Die Knechte wurden sonst mit Geisseln/ die Freyen aber mit Ruten geschlagen. Aber Christus muß alle Pein aller Straffen leiden. Adstringebatur autem eodem ritu ad bipedalem columnam, quæ ad viri stantis tantùm umbilicum pertingebat, ut tam pectus, quàm tergum rei verberibus undique pateret. In brevioris hujus columnæ summo ferreus annulus immissos accipiebat funes, quibus flagellandi corpus vinciebatur.
17 Wie ein Ackermann/ wann er das Feld mit der Pflugschaar durchschneidet und Furchen machet/ angesehen/ daß er zum zweyten Mal/ als ein Verdamter/ist gegeisselt worden. Hinc siluit Dominus crucem, sed non siluit flagellationem, quam sermoni bis miscuit.
18 Der Krantz war ein Zeichen/ daß etwas feil und zu verkauffen/ wie bey uns ein Strohwisch. Consul. Gellium lib. 7. Noct. Attic. c.4.
19 Beides Jüden und die Römer haben diesen Brauch gehabt/ daß sie/ wann sie jhre Vnschuld an Tag geben wollen/ die Hände gewaschen. Der Jüden Proceß in sothanem Werck ist befindlich im 5. Buch Mos. 21/1. bis 10. Der Römer Gebrauch weist uns Æneas im 2. Buch seiner Geschicht beym Virgilio, welcher/ als er mitten auß dem Würgen kam/ wolte er die Haußgötzen nicht eh anrühren/ er hatte sich dann gewaschen. Zu dem war auch bey beiden Völckern der Gebrauch/ daß/ was sie nicht sagen wolten/ mit Geberden andeuteten/ Act. 21/ 11. Notum illud Tarquinii apud Liv. l.I.
20 Dann unter dem Käiser Tiberio war ein Rahtsverlaß ergangen/ daß die Vollziehung deß Vrtheils an denen armen Sündern biß auf den 10. Tag solten verschoben werden. Suet. in Tib. §. 75. denen beiden Schächern ist sonder zweiffel schon vor etzlichen Tagen das Leben abgesaget gewesen/ aber die Vollziehung biß auf das Fest verschoben worden; dann bey denen Jüden wurden an Festtagen Gericht und Blutgericht gehalten/ ja die Festtage sind zu dem Ende angestellet gewesen/ und wann kein ordentlicher Fast oder Festtag (ist eins so viel als das ander) einfiel/ so ward ein absonderlicher Fest- oder Fasttag außgeruffen/ wie klärlich zu ersehen Jos. 7/ 13. von Achan. 1. Reg. 21/ 9. 12. von Naboth. Vnd das darüm/ daß das vielfältige versamlete Volck solte ein Exempel nemen. Moris erat apud Judæos, sagt Drusius, ut quando aliqui damnati erant ad mortem, detinerent eos differendo supplicium usque ad festum solenne, ac occiderent eos, quo tempore Israël congregatus erat ad stabiliendum, quod dicitur, & omnes Israëlitæ audient & timebunt. Darf sich derowegen niemand wundern dessen/ was die Jüden am ersten Osterlichen Feyertage vorgenommen/ weiln sie durch das gantze Jahr an Festen Blutgerichte gehalten.
21 In diesem Palast lag der Landspflegere Leibquardi/ zwey tausend zu Fuß und zwey hundert zu Roß/die führeten den Römischen Adler/ die dann dem Landpfleger auffwarteten und die außgesprochenen Blut-Vrtheil vollzogen.
22 Das Absehen ist auf die Veronica oder Berenice in welcher Wischtüchlein/ als sie es dem Herrn zugeworfen/ sich Christus abconterfeyet.
23 Die jenigen/ so die armen Sünder hinaußführeten/hatten spitzige Pfäle/ zuweiln mit Eisen beschlagen/damit sie die Vbelthäter/ als Schlachtvieh/ zur Wahlstatt forttrieben. Lips. l.2 de Cruce c.11.
24 Was diß vor ein Wein gewesen/ haben die Außleger jederzeit die Köpfe darüber zerbrochen. Baronii sententiam de vini myrrhati dulcedine refutavit Gretserus libro de sancta Cruce. Anderer Meinung/es were der Myrrhenwein/ als der einen Schlaf oder Vnempfindlichkeit verursachete/ allen armen Sündern gegeben worden/ widerlegen die Mörder/ als welche bey guter Vernunfft blieben und am Creutze geredet. Denen armen Sündern zu trincken zu geben doch mit Bescheidenheit/ ist bey Jüden und Römern üblich gewesen/ in Sprichw. 31/ 6. 7. de Romanis P. Faber. Dieses verrichteten etzliche guthertzige Weiberlein/dergleichen sich in der Außführung viel gefunden/ die dem Herrn und denen Schächern einen Labetrunck gegeben/ welchẽ die verruchten Landsknechte für sich behalten/ und an dessen Stelle dem Herrn/ zum Spott/Essig und Galle/ wie auch nachmaln am Creutz geschehen/ dargereichet.
25 Jeden Fuß absonderlich/ nicht geschrencket/ wie es die Mahler ins gemein vorstellen. Diese Meinung behaubtet erstlich der Römer Gebrauch bey der Creutzigung/ daher sich jener beym Freudenspiel schreiberPlauto vernemen läst: Ego dabo ei talentum, qui primus in crucem excurrerit, sed eâ lege, ut affigantur bis pedes, bis brachia, vors 2. Cyprianus: Clavis sacros pedes terebrantibus. Gregorius Turonensis: Daß vier Nagel deß HERRN sind/ erzwinget diß/ weil mit zweyen seine Hände/ mit zweyen seine Füsse angehefftet gewesen. Vnd weiß man nicht/ wie es füglich geschehen können/ zwey Füsse mit einem Nagel durchschlagen. Vors dritte zeigen es die ältesten Bilder; der Griechen Creutzbilder sind alle mit ungeschrenckten Füssen/ dergleichen Silbern Crucifix ist zu Rom/ zu Löven/ zu Burgis in Spanien/ zu Nürnberg und in vielen alten Klöstern. Gregorius Turonensis fragt zu gleich/ wo diese Nägel hinkommen? Der erste/ sagt man/ ist in das Venedische Meer/ dessen Vngestümm zu stillen/ geworfen worden; zwey sind dem Käiser Constantin verehret worden; der vierdte/ welcher den rechten Fuß deß HERRN durchlöchert/ wird annoch zu Trier mit grosser Andacht gezeiget. So ist auch bey hiesigen Heiligthümern ein Nagel befindlichen. Daß aber hier und dar mehr Nägel gesehen werden/ redet Gretserus nicht uneben darvon/ und bringet sechserley Vrsachen dar: 1. ob partem aliquam inclusam, 2. ob imitationem, 3. ob claves Martyrum mysticorum membrorum, 4. ob tabellam clavis affixam, de quibus Cyprian. 5. in compage, 6. in suppedaneo, quos supposititios pia antiquitas pro veris habuit.
26 Hier ist nun wol zu unterscheiden/ warüm Johannes den Ostertag den Rüsttag (oder Vorsabbath) nennet/ nemlich darüm/ weil an allem/ auch an den hochfeyerlichen Festtagen/ zu allerley Speiß und Tranck durft zugericht werden/ vermöge deß Gesetzes/ 2. Buch Mos. 12/ 6. Weil nun diß Jahr das Osterfest auf den Freytag gefiel/ durften die Jüden sich wol zurüsten auf den Sabbath/ welcher ein grosser Sabbath heisset/ weil er ein Sabbath/ einer der Ostertage/ endlich der Tag war/ daran eine Garbe der Erstling der Ernde muste geopfert werden/ 3. Buch Mos. 23/ 11. welches bey denen Juden mit sonderbaren Freuden geschah/ worauf wir hier zielen.
27 Damascenus und Adrichomius sind in der Meinung/ als wann das Creutz/ mit der Jüden angegebenen Fleiß/ were von der Stadt abgewendet worden/ als wann sie öffentlich gesaget: Diesen Menschen erkennen wir nicht vor einen Bürger. Wie annoch bey uns etwan die Aufgehangegenen ein jeder seinem Vaterland das Gesichte zuwendet.
28 Deß armen Sünders Kleider fielen den Vollziehern deß Vrtheils anheim. Habebantur damnatorum vestes in panniculariis, h.e. in iis bonis, quæ quis, in custodiam receptus, secum attulit, inprimis verò vestes, & nummi & annuli leves, qui rem non excedunt aureorum quinque, ut est in rescripto Hadriani. Si quis verò damnatus Sardonycha gemmamve aliam precii magni digito aut Chirographum grandis pecuniæ sinu haberet, nullo jure in pannicularia ratione detinebitur. L. Divus ff. de bonis damnatorum.
29 Bey wärender dreystündiger Finsterniß haben die Lästerung und Schmähwort innegehalten. So bald sich die Sonne wiederüm blicken läst/ fähet Christus diesen Psalmen überlaut an/ welchen er hernach heimlich außgebetet.
30 Ob wir wol in unserm Leidenden Christus auß dem Grotio angedeutet/ daß der Isop so groß im Jüdischen Land gewachsen/ daß man jhn Statt einer Stangen gebrauchen können/ so sagt doch Ludov. de Dieu und Salmas ein anders/ welcher nach vielen: Es dienet zum Behuf der Warheit/ daß dem HERRN eine kräfftige Stärckung dargereichet worden/ damit er im Tod aufgehalten und die Zeit erlängert würde/ damit Elias käme/ jhm zu helffen/ welchen er jhrer Meinung nach angeruffen.
31 Es ist nicht ungläublich/ was etzliche wehnen/ daß der Herr den 31. Psalm angefangen und als er auf diese Wort kommen: Vater in deine Hände befehl ich meinen Geist/ laut geruffen.
32 In den Erdbeben werden die Gräber eröffnet/ und sind ferner also offen blieben/ daß alle Bürger und Frembdlinge zu Jerusalem diese Gräber/ die Gebeine und Asche der Heiligen/ so darinnen/ besehen/ sich jhrer Namen und Thaten daran erinnern können.
33 Dieses ist erfüllet worden unter dem Käiser Constantin/ welcher Statt der Adler Creutz auf seinen Fahnen geführet. Prudent. & autor Panegyrici.
34 Ist das/ was die Alten gesaget/ daß viel auß denen Jüden/ die zuvorn das Blut Christi vergossen/nachmaln innerhalb denen vierzig Jahren/ die jhnen zur Busse bestimmt/ im Glauben getruncken.