[127] [129]Herodes der Kindermörder

Nach Art eines Trauerspiels ausgebildet und

In Nürnberg

Einer Teutschliebenden Gemeine vorgestellet durch Johan Klaj.

[129] Denen Wol Edlen/ Ehrnbesten/ Kürsichtigen und Hochweisen Herren/

H. Lucas Friederich Behaim/ deß ältern geheimen Rahts hochbedienten Kirchenpflegern und Schulherrn;

Wie auch dessen H. Ambtsverwandten/ H. Johann Albrecht Pömern/ H. Georgen Im Hof/ H. Jobst Christoff Kressen/ von Kressenstein.

Meinen allerseits höchstgeehrten Schutzherren und vielmögenden Beförderern.

[130]

Vorwort

Es ist unschwer zu erweisen/ daß Schauspiele dichten vorzeiten nur Käiser/ Fürstẽ/ grosser Helden/ und Weltweiser/ nicht aber schlechter Leute Thun gewesen/ die/ wie sie ihren Widerwertigen mit der Hand obgesieget/ also haben sie auch durch derer Zuthun die Feinde des Gemüts (die Verwirrung desselben) aus dem Felde geschlagen. Wie aber sonst die Poeterey ins gemein eine Lehrerin der Frömmigkeit/ eine Erforscherin der Natur/ eine Mutter der Tugenden/eine Gleits männin der Weißheit/ eine Qwell der guten Künste und Sitten: Also sind Trauerspiele ein Spiegel menschlicher Zufälle/ durch deren Besichtigung wir mehrmaln in Wehmut gerahten/ ja offt die Threnen aus den Augen lokken/ darneben aus den schönen eingemengten Sprüchen lernen/ daß uns beiderley Glük/ wie es andern aufgestossen/ auch begegnen könne/ dahero selbiges mänlich erwarten und sanfftmütiger ertragen.

Wer wird nicht/ wenn er den Herodes beschauet/bejahen/ daß alle die jenigen/ die wider Christus Raht halten/ sich selbst aufs Maul schlagen/ und in ihre eigene Augen speien? Denn solche wolten gern obenan sitzen/ und werden doch von männiglich angefeindet/gerne sterben/ und können nicht sterben/ bis endlich die verdamte Seele aus dem aussätzigen/ räudigten/stinkenden/ lausigten Madensak ausfähret/ an den Ort der Qwal/ da sich eusserlich plagen des höllisches Feuer/ innerlich nagende Hertzensangst verewigen.

Wer wird nicht mit höherer Gedult als zuvor sein Creutz auf sich nemen/ wenn er verstehet/ wie die Princessin Mariamne/ als ein Amboß unüberwindlicher Stärke/ manchen Verleumdungshammer und schweren Hertzensstoß ausgestanden?


Keiner kan gefunden werden/ der nicht/ wann er liset/ wie Aristobul/ ein Jüngling/ in besten Jahren/als ein wolriechendes Blümlein/ [131] von einem starken Hagelwetter niedergeschlagen/ bekennen wird: Daß man bey gutem Zustande auf schlüpfrigem Eise wandele/ und mit dem Glükke ümgehen müsse/ wie mit einem scheinbaren Glase/ für dem sich augenbliklichen zu befahren/ daß es zerbreche/ oder seinen Glantz verliere.

Vnfruchtbare Eltern/ mein ich/ solten sich/ wenn sie den Zustand der Bethlehemitischen Mütter behertzigten/ glükselig schätzen/ daß ihr Leib verschlossen blieben/ und ihre Brüste niemaln geseuget.

Die jenigen aber/ die GOTT mit Kindern gesegnet/sollen ihm danken/ daß er sie zeitlich wieder abgefordert: bald gestorben/ bald im Himmel: je länger wir hier nach dem gestekten Ziel lauffen/ je mehr wir strauchlen und fallen.

In Erwegung nun dieser und anderer unzehlbaren Nutzbarkeiten/ die uns die ältiste und furnemste Poeterey an die Hand gibet/ hab ich mich erkühnet/ hiesiges Gedicht Trauerspielsweise aufzusetzen/ und Ihr Hoch Adel. Herrl. wie vor mündlich vorgetragen/ also jetzt gedrukt zuschreiben wollen.

Ich zwar/ wann ich Rechenschafft geben solte/würde ich eh zu fragen seyn/ warüm ich nicht/ als warüm ich/ die Vberreichungsschrifft an I. Hoch Adel. Herrl. gerichtet/ angesehen/ daß dieselben allerseits meine bishero geringfügige und auf Begehren an Tag gegebene Arbeit/ (wie ich mir leicht die Rechnung machen kan) nicht wegen Künstlichkeit des Verfassers/ als welche nichts oder gar gering ist/ sondern wegen der Wichtigkeit des heiligen Inhalts/ der alle andere Wissenschafften übersteiget/ großgünstig haben gefallen lassen.


Solte mir der gütige Himmel für mich der Bücher/ohne andere Beschäftigung abzuwartẽ/ Fug und Mittel geben/ würde ich veranlasset werdẽ/ künfftig den gecreutzigten CHRISTUS in einem Trauerspiele vorzustellen/ darinnen die Zuhörer zu barmhertzigen Mitleiden geführet würden/ wie ihnen hier ein grausames Furchterstaunen ankommen/ [132] als welches die vornemsten Bewegungen seyn/ die in Trauerspielen zu beobachten.

Im übrigen lebe ich der tröstlichen Hoffnung/ Ihr Hoch Adel. Herrlichk. werden diese meine Schrifft nicht weniger mit geneigten Augen/ als vorige/ durchschauen/ mehr das Wollen/ als das Vermögen/ gut heissen/ den in Schutz und Rettung nemen/ der so willig Ihr Hoch Adel. Herrlichk. Lob und Lieb gegen die Teutsche Sprache der Nochwelt anzudeuten/ als es billich ist.


Nürnberg/ am Fest der Darstellung Christi im Tempel/ des lauffenden 1645. Jahrs.


Ihr Hoch Adel. Herrl. unterthänigster J. Klaj.

[133] I.F.P.Q.

Videre si lubet Sophos, è dissitis
mundi plagis, ad Solymorum mœnia,
cursu citato provolantes, et micans
sidus sequentes, quod sacram monstret viam;
adeste: CLAJUS hos videndos offeret.
Ostendet hic stellam, perennis gloriæ
signum, rotæ quæ Solis obstat lumine,
et carne terrestri Deum pronunciat.
Videre vultus si lubet Regis truces
Herodis, udum sanguinem spirantis, et
mortis figuras mille ter, vel pluries,
innoxii quibus cadant puelluli,
rapti genitricum furenter ubere,
quos horridi figant, secent, sicarii,
et dividant in fœda sectos frustula:
adeste: CLAJUS hos videndos offeret.
Videre casus silubet Germaniæ;
quæ, sicuti repleta mater lacrymis,
mœrore plena, tetra, nigra, squalida,
tot filiorum um mœret ob dir as neces,
et ceu novas Herodis ir as clamitat:
adeste: CLAJUS hos videndos offeret,
metroque Vobis proferet Germanico:
adeste: cùm soluta concione cras
cœtus DEI templo domum rediverit.

P.P. 11. Jan. 1645.


Johannes Michael.

[134] I.R.I.F.

Wer jener Weisen Reis'/ aus weit entlegnem Ort/
zu sehen träget Lust/ wie sie gen Salem fort
gefolget Flügelschnell dem neuen Wunderstern/
der ihnen Weg und Steg bedeutet aus der Fern/
der komm'/ und höre zu/ wie Klajus solches weist.
Das grosse Himmelsliecht/ das ewig wird gepreist/
für dem das Sonnenrad mit seinem Glantz erbleicht/
besagt/ wie Gottes Sohn sich unserm Fleische gleicht.
Wem anzuschauen liebt das trotzig' Angesicht
Herodes/ welcher schnaufft nach Greuelhalsgericht/
der auf viel tausend Weis' unschuldig Blut vergeust/
und den/ daß er nicht all in Grund zernicht/ verdreust;
wie manchen zarten Sohn/ den noch die Mutter kust'/
hab dieses Rasers Schwert erwürget an der Brust/
zerschmissen/ angespist/ geviertelt und zerstükkt:
der komm' und hör es an/ von Klajus ausgedrükkt.
Wem zu betrachten liebt des Teutschlands Trauerfall/
das/ gleich dem Mutterhertz/ mit Threnen sonder Zahl/
betrübet/ ungestalt/ erschwartzet und verwildt/
schreit ob Herodis Grimm von neuem angebildt:
der komm und höre zu/ wie Klajus dieses sagt/
und mit Kunstteutschem Vers die Grausamkeit beklagt.
Komt dann/ wann morgen frü ist Chor und Predigt aus
und alles Christenvolk sich wieder fügt nach Haus.

Den 11. des Jenners 1645.


Dilherr.

[135] Mariamne Herodes Gemählin

Mariamne war ein Zweig aus der Makkabeer Stammen/
Wie Herodes ihr Gemahl hegte List-Lust-Lasterflammen;
So war ihrer Schönheit Gabe mit der Tugend ausgeschmükkt/
Die auch in den Todesnöhten mit Gedult hervorgeblikkt.
An der frommen Königin hat die Boßheit sich gerochen/
So gar/ daß der Lügenneid über sie den Stab gebrochen.
Sauff du Greuel-meuchelmörder/ sauff der Heldin edles Blut/
Die dir/ sonder Weiberthrenen/ weiset mehr als Männermut/

Vber Herodes Bildniß.


Herodes der Tyrann/ von düstrem Angesicht/
In Sitten wütig wild/ Barbarisch in Geberden/
Hat seine Grausamkeit gar gegen Gott gericht/
Weil ihn der Menschen Mord nicht sättigt' auf der Erdẽ,
Er trug mit Trug die Kron/ der blutgemengte Koht/
Der Bösen bester Freund/ der Frommen Tod und Noht:
Bis ihn der Frevelstoltz mit Jammer hat gestürtzet/
Vnd letzt die Madensucht das Leben abgekürtzet.

[136] Dem neugebornen Jesvlein zu Ehren

Weisen aus Morgenlande.

Wir haben den Knaben mit Freuden erblikket/
Zu lösen die Bösen/ vom Höchsten geschikket/
Es flimmert und schimmert das flammende Heer/
Es tantzen die Schantzen der Berge/ das Meer/
Wir haben gesehen der Engel Gewimmel/
Wir haben gehöret das Himmelgetümmel/
Die Geigen nicht schweigen/ versüssen den Laut/
Erklingen/ besingen die Göttliche Braut.
Das schöne Getöne den König begrüste/
Den ehrten und nährten weisrundliche Brüste.
Es hörten die Hirten in Hürden den Schall
Vnd eilten nach ihnen bedeuteten Stall/
Ergriffen und pfiffen Dankbringende Lieder/
Wir legten Gold/ Weyrauch und Myrrhen danieder.
Was Wunder/ von fern
Stralt wieder der Stern/
Der Reisegeferte
Wie lacht er uns an/
Der Freude vermehrte/
Vnd zeigte die Bahn/
Wir reisen ohn Sorgen
Nun wieder in Morgen.

So/ mein ich haben die Weisen aus Morgen das Jüdische [137] Land gesegnet/ und sich wieder rükwarts zu den Ihrigen gewendet. Herodes/ als derselbe vergewissert worden/ wie ein neuer Stern im Morgenlande erschienen/ und von denen Weisen erlernet/ wie der neugeborne König der Jüden sich eingestellet/ ist sonder Zweiffel folgends herausgebrochen:


Herodes.

Trochaeische Männlicher und Weiblicher Art.

Seid daß mich in meinem Reich Kron und Zepter ausgezieret/
Hab ich Furcht und Vngemach/ Neid und Haß genug verspüret/
Hartes Joch und Dienstbarkeiten/ und was man nur denkẽ kan/
Es wer Höfen ungebräuchlich/ hohen Häubtern unterthan.
Wieviel hab ich Blut vergossen? Dieses/ dieses kalte Eisen
Schneidet/ daß noch täglich viel zu dem grossen Hauffen reisen.
Doch scheut uns kein Mensch fast nicht/ Pfuy dich an/ ein Fürstenblut/
Dem der Idumeer 1 dient/ heget einen Weibermut/
Fürchtet Rom/ 2 der Römer Ruhm: Nun erwachsen neue Sorgen/
Träume sinds/ ein neuer Stern ist erschienen in dem Morgen/
Vnd was sonst des Fabelwerkes/ damit man sich jetzo trägt/
Daß ich nicht weis/ welcher König bey dem Pöbel hat erregt/
Sie sind dessen überdrüssig/ daß ein Fremder sol regiren/
Gaffen auf ein kleines Kind/ das sie fort für fort wird führen/
Dessen Reich und Herrschafft gehet gar bis an den Angelstern/
Ja so weit die Sonne mahlet dieses Runde weit und fern/
Gleich ist diß 3 der Götter Thun/ ihre Sorgen Müh und Wachen/ hält/
Derer Denken Juda weis und geheime Kammersachen.
Wo man dieses Volk nicht zwinget und recht scharf im Zaume
Nent es Gott/ was ihm beliebet/ was ihm in der Welt gefält/
Rom/ der Städte Königin/ mag sich für dem Neuling beigen
Vnd August/ das Haubt der Welt/ sich für diesem Kinde neigen/
Ich kan ihm durchaus nit weichẽ/ Ich bin auch ein Königskind/
Weren tausend und noch tausend neue Sternen angezündt.
[138]
Käme gleich der König 4 her/ der/ wie meine Jüden sagen/
Hat den Riesen 5 Goliath seinen Schedel abgeschlagen:
Komm er nur/ ich warte seiner/ ich fürcht ihn nicht üm ein Haar.
Solten neue Wolkenliechter Fürsten setzen in Gefahr?
Er mag herrschen/ wo er wil/ ich verwart ihn aller Wegen/
Man sol ihm das Handwerk bald und den kleinẽ Großmut legen.
Eine feige Mämme sitzet inner stoltzen Fried und Ruh/
Dem das Reich ist angelegen/ bringet wol kein Auge zu.
Hätt er gleich der Wiegenzier nechst dem neuen Stern verstekket/
Da wo sonst der Vogelfürst seine Jungen ausgehekket/
Will ich doch das Nest zerstörẽ/ Sohn und Mutter/ Jung und Alt/
Müssen auf der Stelle sterben/ augenbliklich werden kalt.

Mitlerweile nähern sich Herodes Gesandten/ die er abgefertiget/ üm/ sich zu erkundigen/ wie es mit dem Kinde und Morgenländischen Völkern bewand/ welche ihm vermutlich dieses angemeldet.


Abgesandten.

Du grosser Salemsfürst/ 6 Herr der Idumer Grentzen/
Der du den Tempelbau 7 gestattet zu ergäntzen/
Der nun verfallen war/ was wir hier angewand
Vor unverdrossnen Fleiß/ ist jederman bekand.
Wir haben ja durch sucht die Klippen in Gebürgen/
Bergauf Bergab gerent/ den Knaben hinzuwürgen.
Wie wann der Jäger lauscht in frischbegraster Flur
Vnd ohngefehr geräht auf eines Wildes Spur/
Denn eilt er mit dem Zeug die Läger zu ümstellen/
In Meinung/ einen Hirsch mit seinem Pfeil zu fällen/
Kömt dann die düstre Nacht/ die treuget seinen Sinn/
Das mit dem Sonnenschein ist Raub und Hofnung hin.
Das Volk aus Persien ist wie der heimgezogen/
Vnd haben/ wie man sagt/ den König so betrogen.

[139] Als diese Botschaffter mit der Sprache nicht recht herausgewolt/ wird Herodes über ihrer Nachlässigkeit launisch und gibt ihnen sothanen Verweiß:


Herodes.

Hiermit ist mir nichts gedient/ ist das nicht ein emsig Spehen?
Wie verhält sich dann das Werk/ haben sie das Kind gesehen
Oder nicht? wer ist sein Vater? wer die Mutter? wer der Sohn?
Wer ist der/ der ihn verleitet/ mich zu stürtzen von dem Thron?
Mein Ambt ist/ Befehl ertheiln/ euer/ eifrig zu verrichten/
Nur gehorchen/ das ist schlecht/ treue Diener müssen tichten
Tag und Nacht auf Herrennutzen.

Hierauf sagen die Abgesandten gerade zu/ und erzehlen ihm den gantzen Handel:
Abgesandten.

Es habe Babel gleich das alte hergeschikt/
Das Volk/ das deuten kan/ was heimlich eingestikt
Dem blauen Wolkenbruch: 8 Es sind gleich Perserweisen/
Die von den Sternen her zu diesem Liechte weisen/
Durch eines Sternesliecht/ es sagts die gantze Welt/
Daß nunmehr kommen sey der Herr/ der Heldenheld.
Die neugebrachte Post verwirt die grossen Herren/
Der leichte Pöbel lugt und horchet zu von ferren/
Es stutzet der Profet/ durchläufft Sibyllens Raht/ 9
List vor- und hinter sich das langstverlegne Blat/
Vnd findet/ was er sucht/ wo/ durch das Reich der Syrer/ 10
Der schöne Tigris 11 fleust/ und Frat/ der Wasserführer/
Ligt/ das stets Frühlingsland wird gleich kein Feld gepflügt/
Je dennoch alle Jahr das Jahr in Wochen ligt/
[140]
Hier bläst kein rauher Wind/ der Gärten scharffer Richter/
Der buntbegläntzte Lentz sät schammerirte Liechter/
Der sanffte Westwind ringt mit dem belaubten Zelt/
Sein immer grünes Dach kein Eiß noch Eisen fält.
Hier hat Israelsvolk der Sternenlauf ergründet
Vnd auf der Berge Höh Dankopfer angezündet/
Da hat der Balaam 12 aus Jacob erst gesehn
Der Heyden Vntergang/ den neuen Stern aufgehn/
Der Moabs Fürstenthum mit Eisen wird zerschmeissen/
Vnd alle Kinder Seth zu Boden niderreissen/
Der wird auch Josephsschaar aus Band und Ketten führn
Vnd alle Reich der Welt mit einer Hand regirn.
Sie haben fast nach ihm 13 die Augen ausgewachet/
Bis daß das schöne Feur aus Jacob hergelachet/
Bis daß die Zeitung kam: jetzt geht die Fakkel auf/
Die Fried und Freiheit bringt/ der güldne Mondenlauf.
Die Flamme fünkelt hell 14 an den gewölbten Bogen/
Der Held/ der Schiloh 15 selbst/ ist richtig eingezogen.

Herodes läufft auf der Abgesandten Anbringen die Galle über/ donnert und fluchet:
Herodes.

– – – – Hertzog auf Tarpenschloß/ 16
Gott/ von Gott Saturn erzielet 17 rasten deine Schreckgeschloß?
Schlag mit Blitz und Donner drein/ und zerstikke die Personen/ 18
Daß für unsers Zepters Macht End und Wasser muß erröhtẽ/
Oder gib mir deine Räder/ 19 daß ich rolle durch die Lufft/
Vngehindert/ leichtgeflügelt/ wo mich meine Gall hinrufft/
Ich will die verhaste Frucht aus dem Mondenhaus herreissen/
Vnd erbittert mit der Hand an die harten Felsen schmeissen/
Ich will sein Gebein ümstreuen auf den Schinderanger hin
Vnd mit seinẽ Schaden lehren/ daß ICH/ nicht ER/ König bin.

[141] Die Abgesandten wollen ihn wieder besänfftigen/lassen eine unterthänigste Vermahnung an ihn abgehen/ Inhalts:


Abgesandte.

Man sicht im minsten nicht/ das an dem Knaben prachte/
Kein Bett/ kein Hof/ kein Geld/ das ihm ein Ansehn machte/
Das Bett ist Hew und Stroh/ der Palast ist ein Stall/
Die Mutter ist blutarm/ der Hirten Pfeiffenschall
Ist seine Hefmusik/ Statt der Tapezereien
Ist dünne Spinneweb/ Wind/ Winter auf ihn schneien/
An Mangel mangelt nichts/ der Mutter Neeterey/
Des Vaters Zimmeraxt erwerben ihm den Brey.
Der saget diß/ der das/ der wil sich widersetzen/
Macht Lermen in dem Land/ man sol die Schwerter wetzen/
Der meisten Raht ist der/ man soll behutsam stehn/
Nicht allzuschläffrig seyn/ nicht allzustrenge gehn.
So fält der Löwenzucht/ 20 wann sie nach Raub ausschleichet/
Nicht schwache Lämmer an/ im Fall der Stier nicht weichet/
Dann brent ergrimmet an der ungebrochne Mut
Vnd wäschet Zähn und Mähn in des besiegten Blut.
Der schlaue Steuermann/ wann Sturm die Maste schwenket
Auf dem erbosten Saltz/ die Ruder sitsam lenket/
Bezähmt die See durch Kunst/ weil hier Gewalt erligt.
Wann ein behertztes Roß das Alter hat gekriegt/
So wil es im dem Stall nicht mehr verschlossen ligen/
Stampft/ wiehert/ schäumt und schnaubt/ es reuchet Streit/ und Siegẽ/
Im Fall ein Rittersmann bescheidentlich drauf sitzt/
So trapt und tantzet es/ es tummelt sich und schwitzt/
Den jähen wirfft es ab/ zerbeist Gebiß und Stangen/
Es hilfft kein Zuspruch nicht/ bleibt er im Bügel hangen/
So schleppet es/ erhitzt/ ihn über Stok und Stein/
Vnd steht nicht eh/ bis Mann und Pferd des Todes seyn.
[142]
Das ungeheure Thier/ 21 der grausam Elefante/
Der achter Zeit zum Krieg durch Maulbeerblut entbrante/
Der träget/ wie ein Berg/ Soldatenthürn empor/
Noch zwingt und reitet ihn ein halbverbranter Mor.
Der eine Krone trägt/ dem ist viel übergeben/
Wann jetzt des Wettersgrimm begint das Schiff zu heben/
Muß sehn/ wie er beyzeit sich der Gefahr entreist/
Damit der Hoffartswind die Segel nicht zerschmeist.

Worauf Herodes Himmel und Erden zu Zeugen anruffet/ wegen der Vnmenschlichen That/ derer er sich unterwinden muß/ raset wütend also:


Herodes.

Sonne/ die mit rohtem Glantz aller Völker Thun anblikket
Schaue diesen Zepter an/ der hier diese Rechte schmükket/
Ihr vergalten Zorrenschwestern mit verfalnem Angesicht/
Deren Töchter als ich neulich Weib und Kinder hingericht/
Ihr solt meine Zeugen seyn/ was vor Laster ich verübet/
Langsamgehen ist verhast/ 22 Zaudern hat mir nie beliebet.
Was unmenschlich nicht zu sagen/ das gebieret meine Brust/
Weid ich/ was mir wolgefället? ungern nur daran mit Lust.
Bethlehem/ das Rattennest/ will ich gantz zu Grunde schleiffen/
Ich will euch/ ihr Schäfer/ lern einen neuen König pfeiffen/
Ich/ nur einer/ will/ daß einer plötzlich werde hingericht/
Morden/ würgẽ/ metzgẽ/ tödẽ/ weil ein Degen haut und sticht.
Solte mir der Götter Schluß mein Verhängniß hinterhauen/
Wol/ es gilt mir alles gleich/ auf Gott oder Satan bauen.
Die Verfassung ist gemachet/ alle Teufel/ Höllenpein
Werden darthun/ daß der Himmel/ Sternen/ Menschen Lügner seyn.

Indem der Bluthund mit dergleichen verzweifelten Gedanken/ [143] ümgehet/ kömt Mariamnes/ seine hingerichtete Gemählin/ begleitet denen abgeleibten Geistern seiner Kinder/ aus dem Abgrunde der Höllen/ zu ihm sagende:


Mariamne.

Der Höllenschlund ist aufgethan/
Ich Mariamnes 23 komm heran/
Mein Antlitz ist mit Blut besprützet/
Stix/ der mit Stank und Schwefel hitzet.
Stix/ der mit Feuerströmen 24 raucht/
Auch Acheron/ 25 der dampfft und schmaucht/
Vermerkt mit allem Höllgewürme
Herodes Himmelmacht Gestürme.
Der in dem blauen Dache wohnt/
Wird hier im minsten nicht verschont/
Für dem der Fürst der Klufft erschrikket
Vnd sich zu seinen Füssen bükket.
Der an den Menschen aus gerast/
Dem Himmel nach dem Kopffe grast/
Das Hauß ist durstig aufgerieben/
In welchem ich und Kinder blieben. 26
Megera 27 hat dein Brautbett mir
Das Hochzeitliecht getragen für/
In welchem ich fünf Söhn erzeuget/
Vnd (wolte Gott niemal) gesäuget.
Die Fruchtbarkeit/ der Wangenliecht/
Hat mich und Kinder hingericht/
Die Freunde sind dahingegangen/ 28
Wo nimmer nicht ist herzulangen.
[144]
Fort/ fort/ ihr Schwestern/ 29 säumt euch nicht/
Werfft ihm die Funken ins Gesicht/
Last euer Haar verwirret hangen/
Auf/ foltert ihn mit Feuerzangen.

Nun wachet Herodes böses Gewissen auf/ welches ihn unbarmhertziger Weise martert/ im Schlaf kommen ihm für die unschuldig-gewürgten Freunde/ Gemählin und Kinder/ worbey die Plagegeister sich dieses vernemen lassen


Plagegeister.

Wir Geister aus der Höllen: 30
Verfolgen den Gesellen/
Er will sich unterstehen/
Ein solches zu begehen/
Was alle Welt und niemand hat erfahren/
Greifft an greifft an/ und schlept ihn bey den Haaren/
Stost ihm die Fakkeln 31 in die Augen/
Er mag der Drachenmilch aussaugen/
Gifft aufgelaufne Nattern zischen/
Kein Tröpflein Wasser sol ihn frischen.
Die er mit Blut und Mord zum Abgrund wollen schikken/
Muß er in einem Traum mit Furcht und Angst erblikken.

Herodes winselt hierauf und jammerlechtzet/ weil ihm immer ein Geist nach dem andern im Traum vorkömt/ und ihn mit scheutzlichen Geberden und blutrünstigem Gesichte erschrekken. Seine Worte/ die er aus verrüktem Verstande vorgebracht/ gleich einem/der an einem Pestilentzischen hitzigen Fieber liget/möchten vielleicht diese gewesen seyn:


[145] Herodes.

Welcher Höllenschlaf 32 hat mir Haut und Bein durchkrochen/ Haubt und Hertze pochen/
Salem stehet auf dem Kopffe/ zwiefach ist der Waal/ 33
Es sind zwo Sonnen an dem Sternensaal/
Eine stralt vom Morgen her/ die ander gehet nieder/
Ach mein Ehgemahl kömt wieder! 34
Du Wagenherr der Erden
Wo bleibstu mit den Pferden?
Ihr Plutoninnen/
Ihr Vnholdinnen/
Warüm schlagt ihr mir die Fakkeln ins Gesichte?
Leb ich oder nicht/ soll ich für Gerichte?
Was/ ich bin noch nicht abgeleibet/
Ehe dieses hier zerstäubet/
Will ich qwälen
Tausend und noch 35 tausend Seelen.
Erdenschwartzes Todenbild
Warüm knirschestu so wild/
Gelblichblasses Angesicht
Deiner hundert fürcht ich nicht.
Viel besser gestorben als Zehren geweint/
Als allen verhasset/ ihm selbesten feind/
Besser ist einmal als zweymal gestorben/
Einmal ist besser als immer verdorben.
Meine Sinnen sind durchkränket/
Keiner mehr auf Hoffen denket.
Ach! mein liebes Ehgemahl
Wilstu mich ümarmen?
Ach! ihr Geister aus der Qwal
Vbet doch erbarmen.
Lauter Vngemach/
Vberfält mich/ Ach/ Ach/ Ach/ Ach!
[146]
Wer Schelmstük wil verüben
Hier in der Sterblichkeit/
Sich nimmer nicht betrüben/
Wärt eine kleine Zeit.
Dann läufft es endlich übel aus/ die Straffen sind nicht müssig/
Ein solcher hülfft ihm selber ab/ des Lebens überdrüssig.
Ich muß meines Reiches missen/
Ach! wo werd ich hingerissen?
Ach! ich bin verjaget/
Stekke zwischen Himmel/ Hölle/
Was der Himmel mir versaget/
Wird mir ja die Feuerqwelle
Oder selbst der Teufel geben.
Ich mag nimmer leben.

Der Bluthund kann sich der Gewissensangst noch nicht entschlagen/ wann er sie mit folgenden Worten zu verstehen gibt:


Herodes.

Ich hab den hohen Tempel/
Den Frommen zum Exempel/
Von Grundauf ausgeziert/
Des waaren Gottes Dienen/
Der in der Himmelbühnen
Von neuem eingeführt.
Der GOTT läst mich nun sitzen/
Dem ich die Kirchenspitzen
Zu Ehren aufgebaut/
Es plagen mich Gespenste/
Kohlschwartzberauchte Wänste/
Es schauert mir die Haut.
[147]
Die Teufelslarven lermen/
Die Schrekkengeister schwermen/
Die gantze Höll ist loß/
Wo werd ich hingerükket/
Mit Fesseln fest verstrikket.
Die Bande sind zu groß.
Rom/ rüste dich zum Streit/ die Freiheit ist verloren!
Es haben Gott und Höll zusammen sich verschworen.
Ach das neugeborne Kind beherrscht unsern Thron!
Ach/ ach/ es ist verschertzt der Zepter und die Kron!
O der Zentnerschweren Schmach/
Auf Augustus/ setze nach!
Ich fall in Ohnmacht und vergeh.
O ewig weh und immer weh!
Wo bleibt der Helfenbeinerne Wagen?
Wo bleibt das Siegesprachten?
Wann ich die stoltzen Feinde geschlagen/
In so vielen strengen Schlachten.
Verzagt seyn/ macht verzagt: Blut/ Blutmuß mich ernehren/
Nur heulen nur Geschrey/ nur weiche Kinderzehren/
Die Faust gehört darzu/ ich will gewiß den Kleinen! 36
Ich muß selbst wie das Kind und seine Mutter/ weinen/
Ich fall in Ohnmacht und vergeh/
O ewig weh/ und immer weh!
Kein Feind hat mich gefährt/ auch nicht der Kern auf Morden/
Der Scythe/ der da lebt in Wägen/ 37 Schilf und Horden/
Dort auf dem Nimmerwirth des Taurus 38 krummen Rükken/
Auch keiner/ der da muß den Donaustrom bebrükken. 39
Fauler würge/ richte hin/ deines Erbens Feuer glimmet/
Sol das nakte Bettelkind/ so von armen Hirten kömmet/
Vbermeistern Land unn Leute/ sich der Herzschafft unterstehn?
Soll ich ihm zu Fusse fallen oder zu Genaden gehn?
[148]
Wolte Gott/ daß mich die Sternen und Winde/
Führeten über unwegsame Gründe/
Vber gantzbergichte Klippen und Auen/ nimmer zu schauen.
Was qwälet sich mein Hertz im Wust der Madenhöle?
Komt alle Teufel/ komt/ zerreisset meine Seele.
Zerzerret zerflükket/
Zerfleischet/ zerknikket/
Rauchet und schmauchet/
Rädert und ädert/
Rekket und strekket/
Henket/ ertrenket/
Schwenket/ verrenket/
Naget und plaget/
Täuffet/ ersäuffet/
Foltert und poltert/
Senget und brennet/
Zwakket/ zerhakket
Arm und Bein/
Hin und wieder/
Meine Glieder/
Groß und klein.
Ich bin ja keinem unterthan/
Will stehn bis auf den letzten Mann.
Hastu Lust/ so komm nur her/ gürte dein Schwert an die Seiten/
Laß mit dir zu Felde gehn Engel/ laß die Sterne streiten/
Ich will meinen Stul verfechten/ weil ich noch ein Mensche bin
Oder gar verspielet haben/ Kron und Zepter geben hin.
Ach/ mein liebes Ehgemahl/ deine Lippen sind verblichen/
Deine Wangen sind nicht mehr purpurrötlich angestrichen/
Ach/ laß mich doch ungeküsset/ dein Reich sol mein Zeuge seyn/
Vnd was irgend übergüldet der beliebte Sonnenschein.
[149]
Dein gantz unverdienter Tod hat mich tausendmal gekränket: 40
Aber das entschuldigt nicht/ wer zuspat auf Reue denket.
Vberhäuftes Eiferbrennen hat dich armes Weib betrübt/
Hätt ich Mariamnes Lieben niemals nicht so hoch geliebt.
Was sind das vor Vngeheuer/
Die dort blöken aus dem Feuer?
Der Angst ich weiß bricht mir aus/
Für Zagen/ Furcht und Grauß.
Der Brüder par besitzt geflamte Schwefelbänke/
Hirkan der Alte brät 41 im blauen Höllgestänke/
Dort brült Aristobul 42 mit Trauerflor behaubet/
Hört/ Alexandra schilt/ 43 sie zürnet/ schäumet/ schnaubet.
Dort bezirket einen Reien/ Ach mein eigen Fleisch und Bein/ 44
Ich ihr Vater/ ich ihr Henker/ Ach/ ihr Kinder last es seyn/
Mein Hertz ist angeklammert/ in dir Folterbank gespannet/
Vnd in alle Ewigkeit aus dem Himmelreich verbannet.

Als Herodes nun wieder von seinem Höllenschlaf erwachet/ wird er nichts desto frömmer/ sondern ertheilet Befehl/ alle zweyjährige Knäblein in den Bethlehemitischẽ Gebieten hinzurichten/ solcher Massen:


Herodes.

Nun mein aufgereitztes Wüten hat sich wiederüm gelegt/
Welches allerhand Gedanken bößlich hin und her bewegt.
So wann Eol aus der Klufft 45 läst das wilde Nordgetümmel/
Das uns aus den Augen reist 46 Erde/ Berge/ Lufft und Himmel/
In dem grosse Wasserwellen gleich den höchsten Bergen stehn/ 47
Sprützen dikke Wolkenregẽ platschern/ klatschern im Vergehn.
Des erbosten Meeres Saltz wütet/ wallet hin und wider/
Bis sich Wetter/ Sturm und Streit endlich geben/ legẽ nieder.
[150]
Nun es ist einmal geschlossen/ meine Diener gehet/ fält/
Würget/ was zwey Weitzenähren 48 hat erlebet auf der Welt/
Wo das kleine Bethlehem 49 auf den Felsen ist gebauet/
Vnd was üm die Gegend dort auf das alte Hebron schauet.
Nemt die Knaben denen Müttern von der Milch mit Tyranney/
Schmeist sie wider Stein und Wände/ brechet ihn den Hals entzwey/
Diß begehrt der Belial/ weil dz Kind hier sey zu findẽ/
Das sein Reich zerstören wil/ ihn mit schweren Bandẽ bindẽ.
Der Morast der Feuer speiet/ bläset Dampff und Nebel aus/
Wo der Schwefelstrudel hitzet in dem nimmerliechten Haus.
Dreymal hat sich aufgethan das verwachte Thor der Höllẽ/
Man hat überweit gehört dreygeköpfftes Hundebellen/ 50
Der zu Bethlehem geboren/ wird gefürchtet hier und dar/
Es wil ihn zum Herren haben aller Erden Völkerschaar.
Ich hab nirgends keine Ruh/ wie der Kinder runder Kreusel 51
Von der Peitschẽ Krafft bekömt/ sich verdrehet mit Geseusel/
Ich weis/ was vor Angst unn Schrekkẽ ich heint in dẽ Schlaf empfand/
Als die faulen Siebensternẽ 52 stunden wieder ümgewand/
Weil die Sorgenstille Nacht hatte zwey Theil überschrittẽ/
Hab ich Furcht und Hertzeleid/ rechte Höllenangst erlitten/
Gantz natürlich und gar eben kam mir in dem Bette vor/
Meine Burg wer eingefallen/ und zerschlagen Thür und Thor/
Gläntzend käm dz Sonnenliecht unn der blanke Chor der Nächte/
Der den stoltzen Hirtensohn hin zu meinẽ Throne brächte.
Nun das Träumen ist verjaget/ Hertz und Augen munter sind/
Her ihr Reuter/ Bogenschützen/ würget dieses Rabenkind.
Vnser gantzer Hof erschrikt/ 53 mit erblaster Furcht ümfangen/
Es verhindern meinẽ Sinn Fakkeln/ meine Hände Schlangẽ/
Hier erligen Helfen/ Rahten/ ich weis weder aus noch ein/
Ich muß meiner Vnterthanen und des Reichs verlustig seyn/
Des erzürnten Meeres Maul/ 54 das dort dreyzehn Meilẽ offen/
Hat die tolle Nordensee nie so grimmig eingesoffen/
[151]
Noch mit solchẽ Sturm unn Sausen widerüm herausgedrukt
Schiffe/ Fische Fässer/ Wahren und was es vor eingeschlukt:
Als ein König tollisirt, Der auf Trügerey gedenket/
Vnd von einem Bubenstük sich stets auf das andre schwenket/
Was die Stadt von Mannesbildern 55 in zwey Jahren hat gebracht/
Muß seyn Wurtzelaus vertilget/ abgekehlet/ hingeschlacht/
Vnter denen wird das Kind/ das sich Götter hoch wil heben/
Als der Menschen Oberhaubt/ seinen zarten Geist aufgeben.
Blutvergossen/ Blutvergossen/ was das Alter hat gestifft/
Muß die schwache Kindheit büssen. Wem die Straffe nicht betrifft/
Strafft die Strafgefürchte Furcht.

Herodes Trabanten betauren den Vnfall der jungen Kinder nicht sonder Mitleiden:
Trabanten.

Ich fall in Ohnmacht hin/ das Blut bestehet mir/
Das Leben lebet kaum/ und ich vergehe schier.
Die niemals nichts geübt/ 56 kein Bubenstük begangen/
Das Leben nie verwirkt/ noch an den Brüsten hangen
Schlägt ein Hertz sonder Hertz/ Gemüte sonder Mut/
Daß an den Felsen klebt 57 Gehirne/ Milch und Blut.

Herodes tadelt ihren Vngehorsam zwar kürtzlich/doch ernstlich:
Herodes:

Im Fall man abehülfft dem leichtgesinten Hauffen/
Pflegt Vngerechtigkeit mit unter hin zu lauffen.
Gehorcht ihr oder nicht? Wird unsre Macht verhön?
Ist unser Haubt ümsonst mit Purpurband 58 gekrönt?

[152] Hierauf nun kömt ein Bote und erzehlet dem König Herodes nach der Länge/ wie es mit dem Bethlehemitischen Müttern und Kindern sey hergangen/ seine Post möchte diese seyn:


Bote.

O grimmeböse That 59 zu hören und zu sagen/
Es hilfft kein Bitten nicht/ kein Händeringen/ Klagen/
Kein Wort verricht den Pfad/ mir schlottert Hand und Fuß/
Ich weis nicht/ welchen Weg noch Steg ich gehen muß?
Laß Vnmut Vnmut seyn/ hier nützet kein Verweilen/
Herodes wartet auf/ wil seinen Schmertzen heilen.
Wie scheutzlich siht er aus/ kein Zehren nichts gewint/
Wie blutig er auch her aus beiden Augen rint/
Gleich einem harten Fels/ an welchem Schaum und Wellen
Mit unerhörter Macht erbost zurükke brellen.

Herodes kan gleichsam seiner Ankunfft nicht erwarten/ ruffet ihm entgegen/ und fraget/ wie es sey abgelauffen? Worauff ihm diese in etwas weitläufftige Antwort wird:


Bote.

Die bräunlich schwartze Nacht ümfieng die müde Welt/
Weil gleich die Sonn das Recht der Schwester eingestelt.
Wie wann ein Wolkenbruch urplötzlich pflegt zu fallen/
Der Lufft und Erde mengt/ die Wetter knallend prallen.
Vnd wie wann jetzt der Teich 60 den Damm durchlöchert hat/
Bricht ungehindert durch/ kein Stopffen findet Statt.
Er rauschet glimmig fort/ wirfft alles übern Hauffen/
Vieh/ Felder/ Saat und Dorff/ und alles muß ersauffen.
Die Nacht/ der Schlaf/ das Schwert/ der Landsknecht fallẽ an/
Daß man kein Winseln/ Zorn/ noch Bitten hören kan.
[153]
Man hat mit aller Macht die Häuser aufgebrochen/
Die Knaben in dem Schlaf zersebelt und durchstochen/
Hier klebet das Gehirn/ 61 die Schale ligt allein/
Dort das verwundte Haubt/ und ein zerqwetschtes Bein/
Hier die gefärbte Hand/ in der das Leben zittert/
Der blosse Rumpff allda zuschmettert und zersplittert/
Man reist die Wiegen auf/ die Mutter läst das Kind/
Das Kind/ an welchem man nicht Ort zur Wunden findt. 62
Man hat die Knaben/ Ach! zerstükket in der Mitten
Vnd ihnen lebendig das Hertz herausgeschnitten/ 63
Gesprungen auf den Bauch/ an Füssen aufgehenkt/
Gevierthelt/ abgeknikt/ gespiesset und ertränkt. 64
Das trifft der halbe Tod (bald sterben ist hier Gnade/)
Das zaplet hin und her/ ist das nicht Schand und Schade?
Das sihet sich noch üm/ es schnaubet noch und hört/
Vnd ringet mit dem Tod/ Blut aus der Seiten röhrt/
Inzwischen wird die Stadt mit Wehmut angefüllet
Vnd auch das Mutterhertz. Theils haben sich ümhüllet
Mit einem Sterbekleid/ theils nimt den jungen Sohn
Vnd macht Herodes aus/ der doch sehr weit darvon.
Gleichwie das Tigerthier 65/ der jungen Zucht beraubet/
Jetzt dort/ jetzt dahin laufft/ schreit/ wütet/ tobet/ schnaubet/
Es heulet/ daß die See/ Gebirg und Vfer schalt/
Daß Erde Lufft und Meer mit Brüllen wiederhalt,
Die Mutter hat die Hand gen Himmel aufgehoben/
Sie steht die Sternen an und was für Götter oben/
Es kan der meiste Theil nicht von der Stelle gehn/
Ihr Haubt hängt unter sich als wie die Schilfe stehn.
Ein Theil list in dem Schoß die gantzzerfleischten Glieder
Vnd träget sie zu Hauß/ und kömt zu suchen wieder/
Im Fall ihr eines fehlt/ Theils hilfft der Marter ab
Dem Kinde/ das sich qwält/ bereitet Sarg und Garb.
[154]
Der Krieger raset fort 66 mit Würgen und mit Schlachten/
Wil auf kein Bitten nicht und keine Seuftzer achten/
Sein Hertz ist Stahl und Stein/ sticht nieder/ was er findt/
Jemehr er Blut vergeust/ jemehr er Durst gewint.
Die Mutter wird verzagt/ der Mörder angefrischet/
Erschrekken/ Tyranney/ sind beiderseits vermischet/
Die nimt den Sohn und spricht: Komm lieber her zu mir 67
Soldat/ und stoß das Schwert durch meine Seite hier.
Die hat ihn weggebracht/ in Meinung/ zu verhalten/
Man sucht die Winkel durch/ ümsonst! er muß erkalten.
Der Habicht/ wenn er frü 68 nach Raube hungrig strebet/
Schwingt seinen Fittig auf/ verdrehet sich und schwebet/
Sticht auf das Hünerhaus her aus der Morgenlufft/
Die Henne merket ihn/ und ihren Küchlein rufft/
Das aus der Schalen kaum vorgestern war gekrochen/
Hat indem Flügeldach sich der Gefahr entbrochen:
So denkt ein Theil/ ihr Kind zu retten aus Gefahr/
Mit dem sie Wöchnerin noch in dem Kindbett war.
Ein' andre theilt das Hertz die Zwillinge geboren/
Hat ihr bald diesen Sohn/ bald jenen auserkoren/
Zu schützen in der Noht/ ihr Helffen hilffet nicht/
Der Anschlag ist ümsonst/ der Henker haut und sticht
Noch thierischer als Thier/ leibhafftiglich durchteufelt/
Verfolgt die Wöchnerin/ immittelst/ daß sie zweifelt/
Reist er das junge par der Mutter aus der Hand/
Schlägt eines nach (hilff Gott!) dem andern an die Wand,
Es muß das rote Blut die Mutterwangen mahlen/
Vnd mit der zarten Haut die erste Milch bezahlen/
So gibt die Kindheit auf den kurtzen Lebensgeist/
Ob sie gleich noch nicht weis 69/ was Tod und Leben heist.
Wer Blut vergossen hat/ muß Blut und Leben lassen/
Nur Milch die milchet hier 70/ fromm seyn und niemand hassen.
[155]
Hier raufft ihr gelbes Haar 71 ein angstbetrübtes Weib/
Dort kratzt ein Trauerbild mit Nägeln ihren Leib
Vnd pfätschet ihre Brust: Die Namen sind verdorben 72
Herr/ Vater/ Mutter/ Sohn/ weil mein Kind ist gestorben.
Die siht bald auf das Kind/ bald auf das blanke Schwert/
Indessen man den Sohn das Schwert im Leib ümkehrt.
Die wil das arme Kind mit ihren Kleidern dekken/
Vnd tritt ihm mit dem Fuß der Sohn muß nur verrekken.
O herbes Hertzeleid der Kindermörderin!
Der kömt nicht wieder her/ der einmal ist dahin!
So muß die Gottesfurcht des Kindes Röcheln enden:
Nicht eine/ die vermeint den Degen abzuwenden/
Der zum Stoß fertig war/ empfäht mit aller Macht
Das blutige Rappier/ dem Kinde zugedacht.
Sie sinkt in Ohnmacht hin/ das Kind hält sie ümfalten/
Dem auf der Er den wird der Kopff entzweygespalten.
Die fället auf die Knie mit ungeflochtnen Haaren
Vnd fleht/ man sol mit ihr/ wie mit dem Sohn/ verfahren/
Ach/ sagt sie/ mein komm her/ ich will mich bald bereiten
Zum Tode/ jage mir den Degen durch die Seiten/
Schon nur das liebe Kind. Die blösset ihren Leib 73
Vnd rufft dem Schergen zu: ich bin ein schwanger Weib/
Hau her/ es werden dir von einem Streich erbleichen
Die Mutter und die Frucht/ ein Stoß gibt dir zwo Leichen/
Ich/ seine Mutter/ bleib des Vngebornen Sarg/
Er stirbet/ eh er wird in mir/ der Mutter/ stark.
Die Kinder haben auch den Henker angelachet 74/
Als wenn er Vater wer/ aus Vnlust Lust gemachet/
Es kam auch gar dahin/ daß ihn das Schwert gefiel 75/
Vnd haben gleich gemeint/ es wer ein Dokkenspiel.
Die Mutter springt vor Leid in einen tiefen Brunnen/
Die zwängt die Geister ein und brätet an der Sonnen/
[156]
Die gibt ihr selber Gifft/ die stürtzt sich Felsenab/
Das Gifft/ der Strik/ der Dolch gräbt Gräber ohne Grab.

Herodes gefället der Verlauf ausbündig wol/ frolokket über das Blutbad und grausame Mordthat also:
Herodes.

Ein anderer führe sein trauriges Leichenbegängniß
Ich trotze der himlischen Götter und Sternẽ Verhängniß.
Was macht das Kind 76/ das mir zu Schaden ist erkoren/
Den Kindern zum Verderb und Vntergang geboren?
Was soviel Blut gesteht/ das kostet warlich viel/
Denn Kindermord und Blut ist traunk ein Kinderspiel.

Darauf ihn der Bote wieder beantwortet:
Bote.

Der/ den der König treffen wil/
Ist in dem Lande wo der Nil 77
Mit sieben starken Strömen fleust/
An Regensstatt 78 das Land begeust.
Man sagt/ daß Gott hier Gott 79 in Schutz und Rettung nimt/
Gott fält durch Sebel nicht/ kein Haar wird ihm gekrümt.

Herodes/ als er vernommen/ daß ihm sein Anschlag zurükke gangen/ wil in Egypten/ dem Kinde Jesu da selbsten das Leben zu nemen/ weil aber niemand mehr vom Jüdischen Geblüte vorhanden/ lässet er seine eigene noch lebende zwey Kinder grausam hinrichten.


Herodes.

Ich/ (sagt er) brenne gantz von Zorn/ das Hertze walt und wudelt
Vor bitterbösem Grim/ es brudelt auf und strudelt.
[157]
O Zeter Mordio sol mich ein Kind verführn/
Das man in Armen trägt/ sich selbst nicht kan regirn/
Hab ich mein Tag gesehn! ich spiele doch noch Meister/
Gebt mir das Henkerschwert/ ihr abgeleibten Geister/
Ich muß nach Memfis hin 80/ es hilffet kein Verdruß/
Am besten gerne thun/ denn wer nicht wil/ der muß.
Ich will am Nilusstrom die Weltgepreisten Gänge 81
Veröden Erdengleich/ die Gräber hoher Länge 82
Begraben in das Grab 83. Ist meines Käisers Hand
Den Schilfgefülten Feld Egypten so bekand?
So waar ich König bin/ er muß sein Leben enden/
Trüg auch der Götter Gott selbselbsten auf den Händen
Das lumpen Lumpenkind.
– – – – Was noch von Davids Haus:
Will ich mit Stumpf und Stiel vertilgen Wurtzelaus!
Eh wird der müde Greiß 84 abwerffen sein Gewölbe/
Der groß und kleine Bär sich senken nach der Elbe/
Eh mich die Boßheit läst! mein eigen Fleisch und Bein
(Des fremden ist genug) muß auch zermetzget seyn.
Das Kind vom Jüdenblut 85 (dem Teufelsblut) erzielet
Vnd der in Salome/ der Schwester/ Armen spielet/
Sol gleich mein Opfer seyn/ die will ich straks entleiben/
Dann werd ICH und mein Haus und Reich mit Frieden bleiben.

Die Bethlehemitischen Weiber verfluchen den Herodes.
Du stetsverfluchtes Vngeheur 86/
Du Basilisk und Abentheur/
Kein Menschenkind hat dich erzeugt/
Ein Tigerthier hat dich gesengt.
[158]
Ein Pardel/ der die Lämmer qwält/
Hat mit dem Tiger sich vermählt/
Von ihm hast du den wilden Mut/
Von ihr das nimmersatte Blut.
Dein Hertz ist hart wie Stein und Bein/
Durchädert mit dem Marmorstein/
Von Demant/ den kein Hammer zwängt/
Von Felsen/ den kein Essig sprengt.
Dir wohnet im Gerichte bey
Vermaledeite Tyranney/
Neid/ Dräuwort/ Schmertzen/ Vntergang/
Erstaunen/ Zittern/ Angst und Bang.
Daß dir der Mund doch nicht vereist/
Daß dich der Donner nicht erschmeist/
Ach/ daß der Boden nicht zerspringt/
Dich lebendig in sich verschlingt!
Dein Trank sey gelbes Drachenblut/
Die Speise Kohlen von der Glut/
Der Geier müsse dir zernagn
Die Leber und den Wolfesmagn.
Dir wachsen Würmer aus der Lungn/
Vnd Kröten auf der Schmeichelzungn/
Dir kriechen Schlangen aus dem Mund/
Du Rabendieb/ du falscher Hund.
Du bist nicht werth/ du Kinderfeind/
Daß dich das Sonnenliecht bescheint/
Es ist kein gutes Haar an dir/
An dir/ du loses Erdgeschwür.
In Sak mit dir du Galgenhun/
Daß nichts nicht kan als Böses thun/
Du Dieb/ du hast uns ja bestoln/
Ach/ daß dich nicht die Teufel holn'!
[159]
Ich wills gewißlich noch erleben/
Der Henker wird dirs Trinkgeld geben/
Es werden dich die Läuse fressen 87/
Du Mörder/ Gott hat dein vergessen.
Du schlimmer Fuchs/ du feiger Haaß/
Dein Leib stinkt wie ein faules Aaß/
Du Schelm/ du Dieb/ du Mausekopff/
Der Teufel nem dich bey dem Schopff.
Kein ärger Schelm ist in der Welt/
Du Kirchendieb/ hastu kein Geld/
Bestil des Davids sein Gebein 88/
Es wird mehr Feuer drinnen seyn.
Du Priestermörder/ Niemands freund/
Du Landverderber/ Weiberfeind/
Ich wolte lieber seyn dein Schwein 89/
Als einer deiner Söhne seyn.
Du Dieb/ du Schelm/ des Teufelsbrut/
Du Nichts nicht nütze/ Thunichtgut/
Du hast uns unser Hauß bestoln/
Ach/ daß dich nicht die Teufel holn!

Ich zweifle nicht/ werthe Zuhörer/ daß ihr über die erschrekliche zuvorunerhörte Blutmordthat Herodes erstaunet/ den Tyrannen in euren Hertzen verfluchet und vor ihm greulet.

Aber sehet euch ein wenig mit mir üm/ hauset nicht eben ein solche wütende Kriegsgurgel in unserm Teutschen Vaterlande.

Gott sey es gesagt/
Vnd geklagt/
[160]
Es blinken die Degen entrissen der Scheiden/
Gerichtet/ gefeget/ geschärfet zu schneiden.

Daher bricht Teutschlande ihr Mütterliches Hertz/daß sie uns ihr gebrantes Hertzeleid wehmütig also entwirfft:


Teutschland.

Ich Teutschland/ nicht mehr Teutsches Land/ warüm hab ich gewetzet
Das blanke Christenwürgerschwert mir an die Brust gesetzet/
Wer wil die herben Nöhten/
Die mir durch den Cometen 90/
Den schreklichen Profeten/
Getrauet/ zehlen/
Nicht ohne qvälen?
Die heilgen Häuser sind verbrant/ die Stellen der Gebete
Sind Pferdeställe/ wüster Wust/ die Städte sonder Städte.
Die Kinder in der Wiegen 91/
Die an den Brüsten ligen/
Gestorben ohn Vergnügen/
Samt greisen Greisen/
Der Weißheit Weisen:
Mein Feld mit Knochen zugesät/ mit Blutschweis angefettet 92/
Hat mir selbst eine Schedelstätt und Grabmal aufgebettet/
Die Dörfer sind verderbet/
Das Zugvieh ist gesterbet/
Die Ströme rot gefärbet/
Noch nährlich schleichen/
Verstopfft von Leichen.
Der grossen Stükken Donnerschlag der ist mein Todenleuten/
Der Raubebald und Eilebeut zu Grabe mich begleiten/
[161]
Der Vorraht ist verheeret/
Die Speicher ausgezehret/
Die Scheuren ümgekehret/
Die Bauren trauren/
Das Leid betauren.
Ich mein/ es schalt von Rama her 93 erbämlichs Jammerklagen/
Die Weiber heulen überlaut/ und wollen gantz verzagen/
Frau Rachel muß verblassen/
Wil keinen Trost nicht fassen/
Sie klagt: Ich bin verlassen/
Es ist zergangen
Mein lang Verlangen.
O Schwert laß seyn/ es ist genug/ fahr wieder in die Scheiden/
In meinem Teutschland ist nichts mehr zu würgen und zu schneiden/
Es ist nicht mehr zu kennen/
Nicht Teutschland mehr zu nennen./
Kein Hauß mehr zu verbrennen/
Nichts zu verderben/
Nichts mehr zu sterben.
O dreymalgrosser Himmelvogt 94 Herodes mach zu nichte/
Laß stralen deinen Friedestern/ mein Teutschland werde liechte/
So wollen wir dir singen/
Gold/ Weyrauch/ Myrrhen bringen/
Dein Ruhm und Preiß erklingen/
Mit süssen Loben
Hier und dort oben.
Laß auch in dieser Edlen Stadt hier unter diesem Hauffen
Dein heilighohes Himmelswort in vollem Schwange lauffen/
[162]
Das kan uns aller Seiten
Durch Noht und Tod begleiten/
In unsre Heymaht leiten/
Wie jene Weisen
Im Rükereisen.

Wir/ wie wir alle das bluttrieffende Winseln des Teutschlandes behertzigen/ also lasset uns bitten und beten/ daß der Höchste diesen und unsern allerseits folgenden Wunsch erhören wolle:

Gott segne dich du schöne Stadt/ das Hertze Teutscher Erden/
Vnd die darinn den Göttern gleich/ die hoch geehret werden/
Die Tag für Tag nur sitzen
Im Rahte an der Spitzen
Vnd für uns alle schwitzen/
Den woll er geben
Verlängert Leben.
Gott woll ihr Sorgenvolles Haubt im neuen Jahr verjüngen/
Daß sie die Zeit nach Adlersart auf hohes Alter bringen/
Daß ihr Gemüt und Sinnen/
Ihr Denken und Beginnen/
Von aussen und von innen/
Steif müsse stehen/
Vnd wol ausgehen.

Fußnoten

Es hat der Edle und unvergleichliche Niederländer Heins von diesem Blutbade ein Trauerspiel gemacht/ welchem wir in vielen nachgangen/alldieweil solches kunstgefügte Werk je und je von der gelehrten Welt hochgehalten worden. Was der Frantzösische Redner Balsak/ unn der übertreffliche Salmas darwider geschrieben/ wollen wir drunten anführen. Hiesige Erklärungen werden denen in der Poeterey Vnbewanderten zu gut angefüget.


Herodes/ der Syrer סדורה/ Pasor meinet/ es komme vom Griechischen ἠρώϊς, von einer Heldin geborn. Dieser Herodes wird zum Vnterscheid Ascalonita genennet/ einer Stadt in Idumæa/ darinnen sein Vater ein Mesner in dem Tempel des Gottes Apollo sol gewesen seyn/ daher immer denen Römerẽ angehangen/ wie eine Klette am Kleide.


1 Wie Esau seine Erstegeburt üm ein röhtlich Linsengerichte verkauffet/ meldet die H. Schrifft und Josefus. Darüm ihm auch nachmals seine Spiesgesellen verschimpfiret und Edom/ das ist röhtlich/ zugenamet/welchen Namen hernach die gantze Landschafft desselbigen Kreises bekommen/ den die Griechen etwas zerilicher Idumæa ausgesprochen. Egesippus gibt ihnen das Lob/ daß sie ein unstät unruhig/ hochmütig und zänkisch Volk/ ein rechter Schadenfroh/ das der Gefahr nichts geachtet/ und gantz jähe zum Streit gewesen. Diese sind von David bezwungen/ von dem Judas Maccabaeus geschlagen/ und vom Hirkan zu Jüden gemacht worden.

2 Martialis, der sonst arge Mutwillige/ streicht Rom also heraus:

Terrarum dea gentiumque Roma,

Cui par est nihil, et nihil secundum.

Lipsius leitet der Stadt Namen her von Roem oder Ruhm/ wie denn Orosius meldet/ daß bey dem Morgenländischen Rumes dapfere und mannhaffte Soldaten seyn.

3 Heins. Ea cura superis restat, is labor versat, wieVirgilius im vierdten Buch vom Eneas:

Scilicet is superis labor est, ea cura quietos

Sollicitat.

4 Der kleine David/ der von den Vernunfftledigen Schaafen herkam/ den grossen und vernünfftigen Goliath mit einem Schleudersteine erlegete.

5 Bey den alten Teutschen sind Riesen genennet worden/ welchs die Ebreer םיליפב heissen Männer/ so ungewöhnlicher Grösse und Länge/ die in Wäldern und auf den Bergen die Strassen unsicher gemachet: Reken aber sind Könige gewesen/ wiewol die Riesen/wann sie sich wol verhalten/ auch Reken geheissen. Reken oder König waren Schutzherren/ die das Volk richteten/ und der Feinde Einfall/ den Strassenraub und wilden Thiere Fressen verhüteten. Das Heldenbuch Dietrich von Bern:

Do sprach der Bernere/

Ihr habent Reken genug/

Darüm sind üch unmere

Alle Reken ze Vngefug/

Darümb muß ich herbringen

Min Reken/ die ich han/

Ir redent von den Dingen/

Si türent meinen Bestan.

Tanhuser.

Der wunderküne Reke der wehrt sich ritterlich/

Er slug mit Heldesmüte viel manchen Jüngeling.

Deren Diener hiessen Thegan oder Degen. Otfried von Weissenburg:

Thegan sin in ware

In mancher Zale/

Manag Leid er dulte/

Vm thatz/ do Gott gihante/

Vberuwant er sie zarfram/

So Gottes Thegane gizam:

Der das alte Testament übersetzt:

Enoch der Gotis Deginwiß.

Von Farao und deren Ertzvater Jacob/

Gap do der Künic sinen Segen/

Er lie den edilen Gotis Degen.

Ist also ein edil Degen ein alter Teutscher Edelmann. Nach maln hat das Schwert Degen geheissen/ weil sie vermittelst des selben sich adelich gehalten.

6 Besihe unsere Höllen- und Himmelfahdt am 50. Blate.

7 Wie Herodes den Tempel zu Jerusalem aufgebauet/beschreibet nach der Länge Josefus im xv. Buch der alten Geschichte im xiv Haubtstükke. Merkwürdig ist es/ was er zu Ende desselben anhänget: Man sagt/ daß die gantze Zeit/ da man an dem Tempel gebauet/ es nie bey Tage geregnet/ sondern nur des Nachts/ damit der Bau nicht verhindert würde.

8 sol Wolkenbuch heissen/ wie auch im 82. weisen vor reisen.

9 Von diesen wird in den alten Schrifften offt Mel dung gethan/ daß sie die Menschwerdung des Sohnes Gottes vorher verkündiget/ wohin etzliche ziehen das vierdte Hirtengespräche Virgils/ darüber wir Baronium und Casaubonum streiten lassen.

10 Syrien hat vorzeiten viel Namen gehabt/ weil es in Assyrien/ Mesopotamien/ Babylon und das gelobte Land abgetheilet worden. Die Reiserfahrnen geben vor/ diese Landschafft sol mitten in der Welt ligen/daher es weder zu kalt noch zu warm/ sondern mässig wittert/ und kein Winter darinnen ist.

11 Ist ein geschwinder Fluß/ scheidet Syrien von Mesopotamien.

Frat/ der Wasserführer) Also wird er im Buch der Schöpffung benamet תרפ/ nimt seinen Vrsprung von הרפ/ welches heist fruchtbar seyn/ weil er die Felder in Syrien fruchtbar machet/ die er gegen Morgen wässert.

12 Im 4 Buch Mosis am 24. v. 17. Es wird ein Stern aus Jacob aufgehen/ und ein Zepter aus Israel aufkommen/ das war die Weissagung des damals hochberühmten Warsagers Balaams (wie ihn Josefus nennet) Der Chaldæer gibts also: Es wird der König aus Jacob aufstehen und der Messias aus Israel gesalbet werden.

13 Diß ist die gemeine Meinung/ welche auch behaubten Hieronym. Chrysost. Theophil. es weren die Weisen des Balaams Nachkömlinge gewesen. Vnd weiln diese Profecey bey der Nachwelt fleissig in Acht genommen worden/ hätten die Weisen aus dem neuen Wunderstern geschlossen/ es müsse der H. Messias sich eingestellet haben. Svetonius in Vespasiano: Per crebuerat Oriente toto vetus et constans opinio: esse in fatis, ut eo tempore Judæâ profecti rerum potirentur.

14 Prudent. in Apod.

Dirigit trepidans Chaldæo in vertice pernox

Astrologus, cessisse anguem, fugisse leonem,

Contraxisse pedes lateris manco ordine cancrum, etc.

Chalcidius commentar. in Platon. Timæum: Est quoque alia sanctior Historia, quæ perhibet ortu stellæ cujusdam non morbos mortesque denunciatos, sed descensum DEI venerabilis, in gratiam humanæ conservationis, rerumque mortalium, quam stellam cum Chaldæorum Sapientes suspexissent, Viri consideratione rerum cœlestium satis exercitati, quæsivisse dicuntur recentem ortum DEI, repert âque illa majestate puerili veneratos esse, et vota DEO tanto convenientia nuncupasse. Barth. advers. f.2724.

15 Aus dem Esa am 9. und 1. Buch Mos. am 49. רוביג לא und הליש, diese Weissagung sind heller als die Sonne/ daß sie auch viel der Juden erleuchtet. In der grossen Rabbinischen Auslegung über das erste Buch Mos. heist es חישמה ךלמ הז, das ist/ der König Messias. Rabbi David Kimchi Onkelos: Der Messias/ dessen das Reich ist. הליש aber ist ein Nennwort/ wie רוטיק und שומיק von הלש friedfertig/ glüklich und stille/ daher es so viel heisset/ als ein Heiland/ dem es nach Hertzenswunsch gelinget/ Glassius in Philolog. Sacra.

16 Ist ein Berg zu Rom/ auf welchem die Festung oder das Capitolium erbauet war, Virgil. im 8. Buch vom Eneas:

Hinc ad Tarpæiam Sedem et Capitolia ducit.

17 Ist Jupiter. Daß Herodes ein purlauterer Heyde gewesen/ beweiset Herns. weitläufftig/ alldieweil er diesen Gott geehret/ der in dem Tempel gestanden/ daher ihn der Profet Daniel םיצקש und unser Heiland βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως, den Greuel der Verwüstung genennet.

18 Soll heissen Propheten.

19 Medea beym Seneca:

Da, da per auras curribus patris vehi,

Committe habenas genitor, etc.

20 Folgende Gleichnisse haben wir aus dem Heins. übersetzet:

Sic ille magni terror armenti Leo etc.

– – – – Sic gubernator ratis

Temone modico vim procellosi maris

Fluctusque vastos arte, non vi temperat, etc.

Sic cornipes superbus, ac stare inscius

Sessore modico gaudet, ac altè gradum

Glomerat superbum.

21 Davon ist offt zu lesen im Buch der Makkabeer.Silius saget von ihnen also:

Turritas moles ac propugnacula dorso

Belluanigranti gestans ceu mobilis agger

nutat.

Heinsius nennet es bovem Lucam, weil aus dem Plinio bekand/ daß die Römer niemals keinẽ Elefantẽ gesehẽ/ bis sie Pyrrhus in Welschland gebracht/ da sie sie boves Lucas geheissen/ quia, sagt er in Lucanis, primũ visi. Just. l.18. Sed Romanos vincentes jam, inusitata ante Elephantorum forma, stupere primo mox cedere prælio coëgit. Thue hinzu Florum, Solinum und andere. Barrus wird er genennet von רב, das ist/ ausländisch/ daher die Griechen alles/ was ihnen unbekand βαρβαρ geheissen haben.

22 Fast wie die Medea beym Seneca:

Timemur, hac aggredere, qua nemo potest

Quicquam timere: perge nunc, aude, incipe,

Quicquid potes Medea, quicquid non potes.

Lucanus:

Nocuit differre paratis.

23 Hirkanus des Hohenpriesters Enkelin/ die schönste Prinzessin von der Welt/ die wegen der himmlischen Schönheit eine irdische Göttin/ der ungläublichen Gedult ein Ausbund der Weiber/ des überhäufften Tugenden ein Muster der Jungfrauen/ und wegen des Sieghafften Makkabeer Geblüts/ daraus sie entsprossen/ ein streitbare Heldin zu nennen. Sie war in dem Gesetze Gottes überaus geübet/ vorsichtig/ sinnreich/weise/ eine keusche Susanna/ diese Goldgestralte Morgenröte muste bey früher Tagszeit untergehen/besage des 188. Verses.

24 Heinsius:

– – – Styx, quæ septemplici

Oberrat unda noctis inferne chaos.

Vber welche Wort

Das Wunder/ der Begriff der gantzen weiten Welt/

Salmas/ in dessen Stirn die Kunst der Welt sich hält/

schreibet: Stygem et Tartarum et Orcum pro inferis licet, quales credit Christianus, usurpare. Agnoscunt enim Christiani inferos ut Pagani, sed aliter hi suos inferos describunt quàm illi Errorem igitur commisit Heinsius, cùm inferos Iudæorum, à quibus Mariamne in theatrum Hierosolymitanum educitur, septemplice Styge circumiri dixit. Dahero wir Feuerströmme für Siebenströme gesetzet. Sonsten ist Styx ein höllischer Fluß der Traurigkeit von στυγνάζω.

25 Heinsius in der Verantwortung wider den Balsak leitet es von dem Ebraeischen ןורחא, welches der Eusserste heist. Worauf Salmas antwortet: Quis nescit omnia nomina infernalium amnium apud Græcos Græcas habere origines? Certè ἀπὸ τῶν ἀχέων, ab ἄχος ἀχέρων, ein Schmertzensfluß.

26 Hiervon ist Josefus ihr Blutsfreund in des 15 Buchs 11. Hautbstükke zu lesen. Es ist aber Mariamnes beym Herode verunglimpffet worden/ als wenn sie ihm Gifft beybringen wollen. Wiewol Mariamne ein bescheiden/ keusch und züchtig Weib/ ist sie doch murrisch und zankhafft gewesen: Mit Schönheit aber/zierlicher und lieblicher Rede/ besonderer Herrlichkeit/ daß nicht wol zusagen/ wie sie der Zeit alle Weiber übertroffen. Bengorion sagt: Sola modestia caruit. Nam perpetue cùm intueratur eam maritus, malè ei dicebat: eò quòd in suos sævîisset. Heinsius mutzet hier die Wurtzel ללק auf/ welche heist einen ausmachen/ lästern und schmähen. Egesippus: Mariamne war ein schamhafft züchtig Weib/ aber gar unverträglich/ die weil sie wuste/ daß sie schön war. Sie war hochtrabend/ großmütig/ unfleissig/ unfreundlich/ hat mit ihrem Manne niemals geschertzet/ daher/ daß sie von dẽ/ der sie über die Massen liebete/ sich nichts tödlichs zu befahren. Josefus sagt: Daß sie unverzagt/und aus Furcht des Todes gar nicht entfärbt zum Tode gangen/ auch ihr adelich tapffer Gemüt am letzten Ende sehen lassen.

27 Von μεγαίρω, eine Neidgöttin. Heinsius:

Iugata tædis, quas cruento, prætulit

Thoro Megæra.

Der Poet sihet auf den Gebrauch/ da den neuen Eheleuten brennende Fakkeln für getragen worden/ von Fichten/ Dornen/ Ahorn/ Haselstauden und dergleichen/ derowegen sagt Mariamne hier: diese Hochzeitliechter weren von denẽ Plagegeistern angezündet/und zu allem Vnglük ihr vorgetragen worden. So tollisirt auch Medea beym Seneca:

Adeste, thalamis horridæ quondam meis

Quales stetistis:

Ovidius:

Non pronuba Juno,

Non Hymenæus adest; illi non gratia lecto,

Eumemides tenuere faces de funere raptas.

28 Es haben alle Völker einen Abscheu vor dem Tod gehabt/ also/ daß sie selbiges Namen auch nicht gerne angehöret. Wenn einer gestorben ist/ haben die Griechen gesaget: ὄιχεϑαι; die Römer: Vixit; oder jene:πλέιονας ἀντὶ τῶν τεθνικότων; diese: ivit ad plures: er ist zum grossen Hauffen gezogen/ ein Grab τὸ πολυάνδριον, welches auch wir hier in Acht genommen.

29 Heinsius:

– – – cur adhuc cessant faces

Sævæ sorores? – – –

Medea beym Seneca:

Adeste, adeste sceleris ultrices deæ,

Crinem sotutis squalidæ serpentibus,

Atram cruentis manibus amplexæ facem.

Hier nun gerahten die beiden Männer (über deren Geschiklichkeit/ jeder/ so weiß/ was gelehrt seyn ist/ mit höchstem Recht sich verwundert/ einander in die Haar Salmasius schreibet also: Peccare ineo (Heinsius) videtur, quod imperio privato Mariamnes, Tisiphone cum sororibus suis parere festinans, comitatur eam in Theatrum venientem. Ac illa non nisi Deorũ majorum jussu eunt, aut hominum precibus adducta, velut per imprecationes inducta. Heinsius aber sagt: Sie sey ein rechter Plagegeist/ und nicht ירירמ, sondern ירירמ, welches einen solchen Geist bedeutet/ zu nennen. Denn/ sagt er/ was ist ein Plagegeist/ als der Feindschafft anrichtet/ Freunde und Verwandten aneinander hetzet/ Häuser und Geschlechter/ wie Mariamne/ verwirret?

30 Heinsius:

Sequimur ultrices Deæ

Sequimur Tyrannum.

Salmas vermeint/ Herodes hätte sollen gantz erstaunet und aberwitzig auf den Schauplatz geführet werden/ruffend/ er sehe die Plagegeister mit Fakkeln ihme ins Gesichte fahren/ und ihm zischende Schlangen in die Augen schlagen/ weiln Herodes/ nicht aber Mariamne/ dem Römischen Aberglauben zugethan war. Hölle ist hier der Ort/ den die Ebreer לואש, die Griechenἅδην, die Lateiner Infernum, die Teutschen ein Grab nennen.

31 Dergleichen Oerter sind beym Virgil. im 6 vom Eneas/ beym Claudianus im 1. Buche de raptu Proserpinæ, und Seneca im Agamemnone saget von diesen Schwestern:

Instant sorores squalidæ,

Sangvinea jactant verbera,

Fert læva semustas faces, etc.

32 Ist eine Versart/ so die Griechen und Lateiner Dithyrambum geheissen/ welche von tollen und sinnlosen Leuten dem Baccho zu Ehren gesungen worden.

33 Virgil.

Eumenidum veluti demens videt agmine Pentheus

Et solem geminum et duplices se ostendere Thebas:

Euripides in Bacchis:

Videre videor jam duos soles mihi

Duplicesque Thebas.

Warüm aber denen Vnsinnigen alles doppelt däuchtet/ weiset Arist. in Probl. Sect. 3. und Lucr. l.4.

34 Hier wird Herodes eingeführet als ein Jüde/ Grieche und Römer/ der in seinem Gottesdienst ein rechter Wetterhan war/ wie denn Josefus schreibet im xv. Buche: Herodes fiel je länger je mehr von Väterlichen Sitten/ alter Gewonheit und Ordnung ab/ welche billich unverletzt und ungeändert solten blieben seyn/das Volk ward mit viel fremdẽ Dingen geärgert/ daher denn alle gute Sitten zum argen boßhafftigen Leben sich geneiget/ weil alle Zucht und Erbarkeit/ damit man das Volk im Zaum gehalten/ vergangen. Herodes, ut Idumæus, ita Judaicæ religionis contemtor, Romanæ autem, sicubi opus foret, et Patronus, et ineptè in nonnullis fuit sectator, sagt der Geschichtschreiber.

35 Wieviel Herodes unschuldiger Kindlein ümbracht ist ungewiß/ etliche wollen aus der Offenbarung Johannis schliessen/ daß ihrer in die hundert und vier und vierzig tausend gewesen.

36 Wie Virgil. Quos ego. im 1 Buche vom Eneas.

37 Justinus l. 2. Uxores liberosque secum in plaustris vehunt: quibus coriis (alii corticibus) imbrium hyemisque causa tectis pro domibus ut untur. Dahero werdẽ sie bey den Griechẽ genennet ἁμαξοβίται und ἁμαξόβιοι, auch ἁμάξοικοι, Horden sind ihre Hütten von Rieth und Schilf gemacht.

38 ἄξενος, inhospitalis, weil ein Räuberisch Volk darauf wohnet/ ist der gröste Berg in der gantzẽ Welt/strekket sich von Ciliciẽ durch gantz Asien bis in Indien/ dahero hat er unterschiedene Namen. Flemming in der Persischen Reise:

Von daraus stiegen wir auf Taurus hohen Rükken/

Wiewol begleitet nicht von unsern schönen Stükken/

Hier ist kein Weg für sie. – – –

Mit diesen kräntzten wir Imaus weite Hörner/

Der Taurus Bruder ist.

39 Ist der gröste Fluß in Europa/ saufft in sich 60. Ströme/ mehrentheils Schiffreich/ eh er sich ins Meer geust. Ammianus l. 22. Amnis Danubius oriens prope Rauracos montes, limitibus Rhæticis per latiorem orbem protensus, ac sexaginta navigabiles penè recipiens fluvios, septem ostiis per hoc Scythicum latus in mare erumpit.

40 Josefus im xv. Buche am xx. Haubtstükke meldet: Herodes habe Mariamnen nach ihrem Ableiben offt mit Namen geruffen/ ihrenthalben offt sehr geheulet/seinen Dienern/ Mariamnen/ gleich als wann sie noch im Leben were herzuholen befohlen. Zu welchem stimmet Bengorion, der sagt: Daß er von Tag zu Tag je mehr und mehr sey gegen ihr entzündet worden/ sie und ihren Namen stets im Munde geführet/ (.תימת המש תא רכזיו) auch verordnet/ daß man ihrenthalben die Tafel gedekket/ und ihren Stul neben den König/ als wenn sie noch vorhanden/ gesetzet.

41 Dieser Hirkan war Hoherprister/ wegen seiner frommen Einfalt wenig gefürchtet. Diesem/ als er von denen Parthern gefangen worden/ hat Antigonus die Ohren abschneiden lassen/ damit er zum Hohenpriesterthum untüchtig. Als Hirkanus vernommen/ daß Herodes König worden/ fügt er sich zu ihm. Herodes hat ihn aufs freundlichste und ehrlichste empfangen/in denen Versamlungen den ansehnlichstẽ Sitz verordnet in Panketen oben an sitzen lassen/ ja seinen Vatter genennet. Als er aber bey Herodes in Verdacht kommen/ er möchte zum Königreich gelangen/ hat er ihn im 80 Jahr seines Alters ümbringen lassen/ und sein eisgraues Haar mit sein eigenem Blute besudelt.

42 Hirkan und Aristobuls Enkel/ Alexanders Sohn/Mariamne Bruder/ ward vom Herodes zum Hohenpriester gemacht und weiln er in dem 17 Jahre seines Alters/ als ein über alle Masse schöner Jüngling/ in Hoherpriesterlicher Kleidung vor den Altar getretten/und bey dem Opffer alle Gebräuche zierlich und gebührlich abgeleget/ daher ihm das gantze Volk günstig worden/ und mit grossem Frolokken und Jubelgeschrey Glükke gewünschet/ hat es Herodes verdrossen/ und ihn gedacht üm zubringen. Als das damalige Lauberhüttenfest vollendet/ hat Alexandra Aristobulen zu Gaste geladen/ da sich denn Herodes gar freundlich gegen ihm gestellet. Wie aber nun die Malzeit volt racht/ ist er/ weil es sehr heiß war/ Erfrischung zu schöpffen/ auf Herodes Befehl/ in den Fischweiher gestiegen/ der hart am Saale war/ darinnen ihm die Freunde Herodes/ welchen die Sache befohlen war/ im Schwimmen offt unter das Wasser gedrukt/ auch nicht eh abgelassen/ bis sie ihn ersäufft/ist derwegen Aristobul im 18. Jahr seines Alters/ im ersten seines Hohenpriesterthums ümkommen/ daß also dieser Jüngling/ der denen Jüden gleich einer neuherfürbrechenden Sonne/ dem Herodes aber ein Dorn im Auge/ mit seinen helleuchtenden Stralẽ vor der Zeit verbleichen müssen. Besihe den JesuitenCausin im Hofe der Gottlosigkeit.

43 Alexandra/ Hirkans Tochter/ Aristobuls und Mariamne Mutter/ ein hochtragend/ stoltzes und übermütiges Weib. Weil sie aber dem König je und je verdächtig gewesen/ die Ihrigen zum Königreich zu bringen/hat er sie in seiner Krankheit ohne Verzug lassen er würgen.

44 Alexander und Aristobul/ Herodes Söhne/ weil sie bezüchtiget worden/ als strebeten sie ihm nach der Krone/ hat er sie zu Sebaste im Gefängniß mit Strikken erwürgen/ und ihre Cörper gen Alexandrum/ da ihrer Mutter Vater/ viel der Verwandten und Vorfahren begraben/ legen lassen.

45 Eben dergleichen Worte in dergleichen Vorhaben gebrauchet sich Medea beym Seneca:

Ut sæva rapidi bella cum venti gerunt,

Utrinque fluctus maria discordes agunt

Dubiumque pelagus fervet: haud aliter meum

Cor fluctuatur.

46 Virgil. im 1. vom Eneas:

Eripiunt subitò nubes cœlumque diemque

Teucrorum ex oculis.

47 Ovidius:

– – – Quanti montes volvuntur aquarum!

Virgil.

Insequitur cumulo præruptus aquæ mons.

48 Das ist zwey Jahr/ wie bey den Römischẽ und Teutschen Poeten üblichen: Virgil. Eclog. 1.

Post aliquot mea regna videns mirabor aristas.

Schneider im Lobgesange Jesu Christi:

Zwölf Aehren/ schöner Knab/ hastu noch nicht erlebt.

49 םחלתיב ein Brodhauß/ daher es auch התרפא von der Fruchtbarkeit genennet wird. Wie weit aber die Grentzen Bethlehems sich erstrekket/ was für Flekken/Märkte und Städte darinnen gewesen/ ist in H. Schrifft nicht aufgezeichnet. Chemnit. in Harm. Evangel.

50 Deren Virgil. l.6.

Cerberus hæc ingens latratu regna trifauci

Personat. Horat. l.3. Oda 11.

Janitor aulæ Ore trilingui.

Statius l. 2. Thebaid. Virgi. in Culice.

51 Heinsius:

Ut turbinem cum versat imbellis manus

Tortumque multo verbere in gyros agit,

Viresque ab ictu sumit, huc illuc volat

Rotata buxus, spaciaque involvit sua.

Tibullus:

Namque agor ut per plana citus sola verbere turbo,

Quem celer assveta versat ab arte manu.

52 dergleichen Ort hat Seneca in der Trojanerin:

Partes ferè nox alma transierat duas

Clarumque septem verterant stellæ jugum.

Juvenalis klagt auch über derselben Trägheit.

Frigida circumagunt pigri sarraca Boötæ.

53 Josefus im xvi. Buche: Es wüteten die allerbesten Freunde wider einander/ als weren sie unsinnig/ keiner wolte warten/ bis er sich entschuldiget/ wenn einer etwas bezüchtiget wurde/ kunte man nicht verziehen/bis die Warheit an Tag kam/ er ward verurtheilet/ getödet/ in die Eisen geschlagen/ es war lauter Vnglük und Traurigkeit in der gantzen Hofhaltung. Herodes selber were lieber tod gewesen/ traute niemanden/ Es kam ihm offt vor/ als wenn ihn sein Sohn mit einem gezükten Gewehr überlieffe/ daß es nicht viel fehlte/er were gar von Sinnen kommen.

54 Heins.

Non sic Charybdis vasta, nunc haustas vomit,

Nunc sorbet aquas etc. – – –

Viel sind der Meinung/ daß das alte Gedichte der Strudel Charybdis von den Norwegischen Meerschlund entstanden sey/ welcher alle 6. Stunden Wasser/ Walfische/ Lastschiffe/ und was vorhandẽ/ mit solcher Gewaltsamkeit/ Vmdrehen und Brausen/ in sich schlukket/ daß es unaussprechlich: Andere 6. Stunden speiet er alles wieder aus/ was er zuvor verschlungen/ mit solcher Vngestümmigkeit/ daß keine Last/ kein Schiff/ kein Walfisch so schwer/ welches nicht wider heraus muß. Dahero nennet Mela diese wiederholte Flut einen Odem der Welt: Solinus die Naßlöcher der See: Andere den Nabel des Meers:Vigil. im 3. vom Eneas:

Dextrum scylla latus, lævum implacata Charybdis

Obsidet, atq imo barathri ter gurgite vast so

Sorbet in abruptum fluctus, rursusque sub auras

Erigit alternos, et sidera verberat unda.

55 Prudentius im Lobgesange von der Erscheinung Christi:

Exclamat amens (Herodes) nuncio,

Successor in stat, pellimur:

Satelles i, ferrum rape,

Perfunde cunas sanguine.

Mas omnis infans occidat,

Scrutare nutricum sinus

Interque materna ubera

Ensem cruentet pusio.

Chrysost. sagt schön: Wie ein wildes verwundetes Thier alles/ was ihm aufftösset/ zerfleischet/ in Meinung/ es were ein Vrsache seiner Schmertzen: Also/da Herodes sahe/ daß er von denen Weisen betrogen worden/ schüttet er seinen Grim über die armen Kinder aus. Eben der Meinung singet Iuvencus:

At ferus Herodes sibimet succedere credit,

Quem callens astris quæsisset cura Magorum:

Quorum præcauto discessu sollicitatus,

Crudeli tinxit Bethlemica compita cæde,

Infantes mandans, teneroque sub ubere plebem

Innocuam, in sinubus rigido succumbere ferro.

56 Sannazarius:

– – – Iő scelus est partus jugulare recentes,

Crudelis quid agis? nihil hi meruere.

57 Prudent:

O barbarum spectaculum, Illisa cervix cautibus

Spargit cerebrum lacteum

Oculosque per vulnus vomit.

58 War ein Haubtzierde der Könige/ von einer Purpurbinden/ Lateinisch und Griechisch/ διάδημα, Diadema, von διαδέω, ümbinden. Solche Binden haben vorzeiten die Priester im Opffern getragen/ welcher Gebrauch nochmaln auf die Könige kommen/ wie uns unser hoch gepriesener Dilherr/ in Erklärung des Käisers Titi/ unlängst gelehret.

59 Wie der Bote in der Trojanerin:

O dira fata, sæva, miseranda, horrida.

Vnd im Hyppolitus:

O sors acerba, et duro famulatus gravis,

Cur me ad ne fandos nuncium casus vocas?

60 Heins.

Ceu vastus amnis mole prærupta furens

Cum pecore tecta, stabula cum armentis trahit.

Virgilius im 2. vom Eneas:

Non sic aggeribus ruptis cum spumeus amnis

Exiit, oppositasque evicit gurgite moles,

Fertur in arva furens cumulo, camposque per omnes

Cum stabulis armenta trahit.

61 Seneca von dem Astyanax/ der über den Thurn herabgestürtzet worden:

Soluta cervix, silicis incussu caput

Ruptum cerebro penitus excusso, jacet

Deforme corpus.

62 Prudentius:

Transfigit ergo carnifex

Mucrone distrincto furens

Effusa nuper corpora

Animasque rimatur novas.

Locum minutis artibus

Vix interemptor invenit,

Quo plaga descendat patens,

Juguloque major pugio est.

Vnd der Jesuit Tarquinius Gallutius Sabinus:

Vix benè tam parva manus (Sceptrum) capit, improbe crede,

Figere si vis hîc vulnera, quære locum.

63 Heins.

Pars ense sævo pectus effossi jacent.

64 Prudentius:

Aut in profundum palpitans

Mersatur infans gurgitem,

Cui subter arctis faucibus

Singultat unda & halitus.

65 Heinsius redet trefflich schön.

Ut fœta tigris, longa per vestigia

Relegere natos sueta, quos sonipes tulit,

Si forte raptor puppe sublatus, moram

Objecit unda sævit alto in littore,

Nec vim furori patitur aut explet sui.

Abit, redit, vagatur, incurrit, intonat.

Respondet æther, terra mugitu fremit.

66 Barlæus, der Niederländische Poet.

Ille tamen teneris atrox cervicibus instat,

– – – furibundus dissecat artus,

Ferrea nec poterant corda movere preces.

67 Oberwehnter Niederländer:

Hunc adigas dixi, mea per præcordia, miles,

Ac soboli clemens, obsecro, parce meæ.

68 Heinsius:

Cùm vultur auras remige infesto secat,

Et immerentem penna circumit larem,

Ter impetu delapsus aut prædo Jovis.

69 Barlæus:

Prima dies vitæ mortis fit prima cruentæ

Et moritur lucis nescius ipse sui.

Tarquinius Gallutius Sabinus:

Aspice, quos cædis, quos funere mergis acerbo;

Una dies peperit, sustulit una dies.

70 Kein Zweifel ist/ daß in manchem Hause zwey Kinder ümkommen/ an deren grössern die Eltern ihre Hertzensfreude gehabt/ weil zweyjährige Kinder die besten Spielvögel sind/ und sich sehr werklich geberden/ das Jüngere aber mehr Milch als Blut wird gegeben haben.

71 Sedulius, ein alter Christlicher Poet/ hat uns diese Gedanken erwekket/ wenn er singet:

Hæc (mater) laceros crines nudato vertice rupit,

Illa genas secuit, nudum ferit altera pugnis

Pectus, & infelix mater (nec jam modò mater)

Orba super gelidum frustrà premit ubera natum.

72 Barlæus:

Triste Patris nomen, nomen miserabile matris,

Flebile plus nostro nomine, nate, tuum.

Nec tamen aut genitrix ultrà genitorque supersunt;

Nomina tu nobis, dum cadis, istarapis.

73 der Jesuit Tarquinius Gallutius Sabinus vermeinet dieses/ wann er singet:

Huc saltem converte manus, ait, ecce satelles:

Hoc mage, quod ferias barbare, corpus habet.

Hic alius nobis latet intra viscera fœtus,

Verte manus: uno vulnere cæde duos,

Cæde duos, certum nati sit ut altera bustum,

Alter ut inferias sentiat ante diem.

74 Obbelobter Jesuit:

Ah puer abreptus malè dum blanditur ocellis,

Lictorem patitur, quem putat esse Patrem.

75 Kleine Kinder haben die Messer lieb/ es wird manches den Degen angelachet haben/ wann er gefünkelt:Barlæus, aus welchem wir dieses geborget:

Quin meus arrisit missis latronibus infans,

Autoresque suæ nesciit esse necis.

Risit, & ut gladios vidit fulgere coruscos,

Credidit ista sibi gaudia posse dari.

Schön redet von diesen jungen unschuldigen Kindern/(denen Blumen der Märterer/ wie sie Prudentius heisset) Chrysostomus, wenn er sagt: Das Kind Christus übersendet diese Kinderlein dem Himmel: Gibt sie seinem lieben Vater zum neuen Jahr/ als die Erstlinge seiner Früchte. O selige Kinderlein/ neulich geboren/niemaln versuchet/ noch nicht entwehnet/ allbereit gekrönet! Noch schönere Gedanken hat von diesen unschuldig abgeschlachteten Knäbelein Petrus Chrysologus in der 53 Rede: Die mit ihrem Könige an das Liecht gekommene Schaar wil lieber vor/ als mit ihm/sterben. Die ihm geworbene Soldaten haben ehe zu streien/ als zu leben/ angefangen/ ehe geschlagen/ als gespielet/ ehe Blut vergossen/ als der Mutter Brüste ausgesogen. Die flammenden Seelen können des Leibes Verzug nicht vertragen/ sie fliehen aus dem Schosse nach der wütenden Feinde Heerspitzen zu/und kommen denen Lieblichkeiten der Kindheit mit Tugenden zuvor/ den süssen Küssen mit scharfen Wunden/ der Oelung mit dem Eisen/ damit sie den Himmel zeitlicher bewohnen als die Erden/ die Früchte des Geistes ehe darvontragen als des Fleisches/ und bey Gott ehe triumfirẽ/ als bey denen Menschen Nahrung suchen.

76 Megera im wütenden Hercules:

Quidnam iste nostri generis exitium ac lues

Novi parat/ quid tentat?

77 Ist Egypten/ wohin sich Josef auf Befehl des Engels begeben. Barlæus im Lobgesange Christi:

At tu, nate DEO, medios elapse per hostes,

Niliacos penetrare sinus, atque intima tutus

Regna Phari poteras;

78 Nilus von νέαν ἱλύν, weil er neuen Schlam (Virgil. Felicem limum) mit sich führet/ und das Land damit dinget. Warüm er sich zu gewissen Zeiten ergeust/und Egyptẽ an Statt des Regens wässert/ meldet Plin. im 18 Buch/ Lucr. im 6. Luc. im 10. Dahero lobet Isocrates die Egyptier/ daß sie glückselige Leute weren/ weil dürre Zeit und Nässe in ihrer Gewalt stünde/ da sonst der Jupiter ein Ausgeber derselben ist. In dem sie nemlich nach Belieben den Nilus auf ihre Aekker durch Rinnen und Gräben leiten/ oder nach gestalten Sachen mit Dämmen und Bolwerken abhalten.

79 Barlæus:

Ille tamen Phariis vivit securus in oris

Exitioque Deum vindicat ipse DEUS.

80 Ist eine grosse Stadt in Egypten/ wird heutiges Tages Alkayer genennet/ davon die Reiserfahrnen viel Wunderdinges erzehlen. Stapulensis benamet aus dem Petrus Martyr den Ort/ wo sich unser Jesulein im wärenden Elende aufgehalten/ welcher viel Meilweges über Alkayer ligen sol/ und werde heutiges Tages Matarea genennet/ da die Inwohner noch ein ewigbrennende Lampe aus Andacht verwahren sollen. Es werde auch daselbsten ein Garten gezeiget mit jungen Balsambäumlein bebauet/ welche das Kindlein Jesu sol gepflantzet und auß dem nechsten Brunnen begossen haben.

81 Heinsius:

– – – domum secessibus

Ambagibusque & irrepertis fraudibus

Mille involutam evolvam & explicitam dabo.

Dieses waren Irgebäue/ mit vielen Vmgängen verwirret/ daß man sich nicht wieder herausfinden konte.

Dergleichen Gebäu war in Egypten ohne Holtzwerk aufgeführet/ worinnen tausend Wohnungen und zwölff Königliche Schlösser in einer Ringmauer befindlichen/ von Marmor gebauet/ und mit Marmor bedekket/ inwendig war nicht mehr als ein Treppe/ unzehlich viel Vmgänge/ die sich dort und dahin/ vor und hinterwarts gehen liessen.

82 Sind vierekkichte Gebäue die unten breit gewesen/sich in die Höhe gezogen/ und je länger je mehr bis in eine Spitze verloren/ ungläublicher Höhe/ daß sie auch das Schattenmaaß überstiegen/ und keinen Schatten von sich gegeben/ inner diesen waren der Egyptischen Könige Begräbnisse.

83 Der Jesuit Balde:

Sepulta sunt sepulchra.

Oder:

Quære alium tumulum, qui tegat hunc tumulum.

84 Ist eine Beschreibung der Vnmöglichkeit/ von dem Berge Atlas/ welchen wir hier verstehen/ Besihe Virgil. im 4. Buche vom Eneas im 246 Verse und dessen gelehrten Ausleger Taubmannen.

85 Philo schreibet/ daß Herodes nicht allein die 72 Eltesten/ die als Richter aus dem Hause David erkieset worden/ ümbringen/ sondern auch seiner Schwester Salome Ehemann/ welcher aus dem Stamm Juda/und seinen eigenen Sohn/ den ihm sein Weib/ die auch aus diesem Stamme bürtig/ geboren/ hinrichten lassen.

86 Folgende Versart/ wie sie bey denẽ Lateinischen/Griechischen/ Frantzösischen und Welschen Poeten ihre besondere Zierde hat: Also haben wir versuchen wollen/ ob es auch in unserm Teutschen angehen möchte. Die Lateiner und Frantzosen nennen sieDIRAS, die Welschen Carmen desperatum, die Griechen ἐυμένιδες, sind solche Gedichte/ darinnen man einen alles Vnglük/ Krankheiten/ Straffen/ Elend/grausames Ende/ den Teufel und seine Mutter auf den Hals fluchet/ wie Dido dem Eneas/ Virgil. dem Battarus, Ovidius dem Ibis. Dergleichen Flüche sind auch beym Catullus, Horatius und andern: Diese Vermaledeiung haben wir zum Theil aus dem Jesuiten Sarbievio entlehnet:

Te maligno sidere degener

Partus marita tigride prodidit,

Furoris heredem paterni;

Tuo severas pectore marmora

Duxêre venas, marmorarupibus

Decisa. etc.

87 Was Herodes der stälerne/ unfreundliche/ und mit Jüdenblut unersätliche Menschenwolff/ der auch/wenn es ihm zugelassen/ Gottes Barmhertzigkeie hingerichtet hätte/ an welchem nichts Menschliches als eine Menschliche Gestalt befindlichen/ was er/ sage ich/ für ein schreklich grausames Ende genommen/ erzehlet Josefus/ Eusebius Cæsariensis/ und aus denenselben Causinus. Er verdorrete von innerlicher Hitze wie ein Scheid fraß wie ein hungeriger Wolff/ stank wie ein Aaß/ kriegete Geschwür an den Därmen/Grimmen im Leibe/ seine heimliche Oerter waren voller Maden und Läuse/ und über dem/ was vor züchti gẽ Ohren nicht zu sagẽ/ war er an allẽ Gliedmassen lahm/ und konte schwerlich Athem schöpffen/ sein und seiner Gemählin Bildniß aus alten Müntzen wird der vielgünstige Leser auf dem Titel und dem achten Blat dieses Gedichte zu suchen wissen. Hier verlese er ihre Lobsprüche aus dem Causin.

HERODES ASCALONITA, vultu ferus, animo barbarus, luto & sanguine maceratus, à quo nihil ad summam crudelitatem, præter Deicidium, abfuit, Deicidio voluntas non defuit.

Vulpina fraude regnum Judææ invasit, Anno mundi MMMDCCCCLXV, regnavit iræ servus, juris Dominus, fortuna felix, cyclopea vita infelicissimus.

Desiit cœlesti plaga feralis morbi, Anno regni tricesimo septimo, vitæ ferè septuagesimo, Christi octavo.

Elogium Mariamne.

MARIAMNE REGINA, Machabæorum stirpe inclyta, Herodis pessimi omnium viri uxor optima, forma corporis supra cæteras eximia, animi etiã virtutibus major, integerrimæ pudicitiæ, & ineluctabilis patientiæ fœmina, iniquissimis calumniis oppressa, mariti gladio regias cervices dedit, Anno ante Christinatalem non plus vigesimo octavo.

Herodes Grabschrifft.

Ein sauer/ rauher/ wilder Tropff/

Ein schlimmer/ grimmer Wunderkopff/

Aus Kot und rohten Blut vermengt/

Der Gott und Menschen hat bedrengt/

Der Höllen Zucht/ ein Lasterschwarm/

An Feinden reich/ an Freunden arm/

Der alles Böses hat gestifft/

Denselben ein böß Ende trifft.

Erbämlich gestorben 8. Jahr nach Christi Geburt.

Lobspruch Mariamne.

Du Engelreines Bild/ der Schönen Schönheit Gaben/

Schad/ daß der Vnmann dich/ dich muß zum Weibe haben/

Das tolle Liebesfeur hat ihm sein Hertz bestrikt

Vnd dich in deinem Blut zum Opffer fortgeschikt.

So wird ins künfftig Gott sein Leben für uns lassen/

Glükselig/ der da geht mit Gott die Sterbestrassen.

Du kömmest Gott zuvor/ auf ihm die Zeit beschleust/

Vnd hast mehr Lob darvon/ als daß du Blut vergeust/

Du lebest/ hast du gleich hier deinen Geist aufgeben/

Du starbst und fingest an in jener Welt zu leben/

Du zartes Fürstenkind/ ein andrer Morgenstern/

Du Himmelkönigin jetzt schimmerst du von fern.

Verschieden 28. Jahr vor Christi Geburt.

88 Es ist aus denen alten Jüdischen Geschichten bekand/ daß Herodes/ aus Geldmangel/ des Davids Grab eröffnet/ viel Kleinodien und güldenen Schmuk herausgenommen/ dadurch er fleissiger nachzusuchen verursacht worden/ und besser bis zu den Särgen Davids und Salomons hineingegangen/ da ihm Feuer entgegengefahren/ und zween seiner Diener verzehret.

89 Als der Käiser Augustus/ wie Macrobius aufgezeichnet/ vernommen/ daß Herodes alle seine Söhne aufgeopffert/ sol er gesagt haben: Er wolte lieber Herodes Saue als Sohn seyn/ weil sich die Jüden der Schweine enthalten müssen.

90 Lucanus im 1. Buche von der Farsalischen Schlacht:

– – – crinemque timendi

Sideris, & terris mutantem regna Cometen.

Balde in Threnen des Teutschlandes:

Ex quo Cometæ protulit igneam

Vertigo caudam, quis placidus mihi

Illuxit annus?

91 Der Sinnreiche Balde:

Non flos juventam, non tremulum senem

Redemit ætas.

92 Petronius Arbitrer:

– – – – Horrida tellus

Extulit in lucem nutritas sanguine fruges.

93 Durch Rama und Rachel verstehen wir hier das Trostlose Teutschland/ welches winselt und wehklaget/ wie zur Zeit des Bethlehemitischen Kindermords die Mütter geweinet/ daß man es in Rama/ das in dem Stamme Ben Jamin gelegen/ gehöret.

94 Die Römischen Käiser/ Reichsfürsten und sonst die höchste Herrschaft sind Vogte genennet worden/Walther von der Vogelweide:

Her Keiser ich bin vrone Botte/

Vnd bringe ju Botschafft von Gotte/

Er hieß ju klagen/ ihr sit sin Voget/

In sines Sunes Lande broget.

Striker in den Thaten Karls des Grossen:

Vfstund der Bischoff Tiurpin:

Vogt von Rome/ sprach er do.

So ist auch Gott/ als ein HERR Himmel und der Erden/ ein

Vogt benamet worden.

Der von Singenberge/ Truchseze ze Sant Gallon:

Der Werlte Voget/ des Himels Künig/ ich lob üch gerne.

O Himel Künig/ im Himel Voget/

Gewaltig Fürste in Lüfften gar.

Vnd der uralte Poet in Vbersetzung der heiligen Schrifft:

Richer Gott/ Herre über alle Krafft/

Voget Himelsher Herrschafft.

Dieses Trauergedicht ist mit einer beweglichen Musik angefangen/ gesondert/ und geendet worden.

[163] Inhalt dieses Gedichtes

Herodes ein Idumeer und greulicher Wüterich/ nachdem er den Aristobul/ seiner Gemählin Bruder/ den Hohenpriester Hirkan/ dessen Großvater/ die Alexandram/ und aus Eifersucht seine Gemählin Mariamne/die er doch nach dem Tode ungestümmig begehret/wie auch seine beide Söhne Alexandern und Aristobulen/ so ihm die Mariamne geboren/ hingerichtet: Hat alle andere Mordthaten mit diesem Buhenstük übertroffen. Denn als er in Erfahrung kommen/ daß der Welt Heiland geboren/ dessen Geburtstadt ein Stern den Weisen angekündet/ befihlet er in dem Städtlein Bethlehem und üm dieselbe Gegend alle zweyjährige Knäblein ümzubringen. Zu guter Letzt lässet er seinen Sohn und seiner Schwester Ehherrn jämmerlich nidermachen.

[164] [191]Liebwehrter Herr/ geehrter Freund

Derselbe hat hier mitkommend zu empfahen/ die Bildniß Herodes und Mariamne/ welche der Jesuit Laimermann seiner Lateinischen Vbersetzung/ vielleicht zu Ersparung der Vnkosten/ nicht beygebracht; in dem Frantzösischen Exemplar aber sind sie/ nach alten Müntzen/ in Kupfer gestochen/ und können des Herren Werke/ mit hierbeygelegten Versen/ so zu diesem Ende geteutschet/ vorgefüget werde. In dem Frantzösischen stehet L'ordüre cimentée des massacres, ist aus dem Latein abgesehen/ Lutum sanguine maceratum: Ich hab es gebẽ/ der blutgemengte Koht/ jedoch auf Verbesserung. Tristan L'Hermite, ein berühmter Frantzos/ hat ein Trauerspiel/ (Tragœdiam) von Mariamne geschrieben und sie verglichen mit Maria der jüngstverstorbnen Königlichen Wittib/als sie aus Frankreich geflohen: Sie/ sagt er/ hat Vrsach gehabt/ ihres nechsten Freundes falsche Liebe zu hassen/ nachdem die Zeugschaft der Wahrheit verworffen/ die Verleumtung ihre Anklägerinn/ die Vnschuld die Beklagte/ die Grausamkeit der Richter worden/ und die Reue das Vrtheil nicht wieder zurücke nemen können.

Ich erfreue mich höchlich/ daß dieses letzte Kunst-und Meisterstück der Poeterey in unserer Teutschen Sprache einen so ansehlichen beliebtẽ Anfang erlanget. Ich sage Kunst- [191] und Meisterstük/ weil das Trauerspiel mit Anbeginn der Wissenschaften die oberste Ehrenstelle unter den Gedichten erhalten/ und unter den Gelehrten bis auf diesen Tag rühmlich behalten. Die Endursache (nach welcher unser Absehen in allen Sachen erstlich gerichtet) ist in den Trauerspielen der Nutzen und das Belusten: Der Nutzen bestehet in Bewegung der sonst unbeweglichen Gemüter/ gestalt das scharffsinnige Machtwort/ gleichsam als ein schneller Pfeil/ der Zuhörer Hertzen durchschneidet/ und einen Abscheu vor den Lastern/ hingegen aber eine Begierde zu der Tugend eindrukket. Dieses leistet der Poet füglicher als der Redner; dann/ ob sie wol beide den sonst todten Buchstaben mit der lebendigen Stimme beseelen/ so beherrschet doch der Redner nur den Verstand/ so bey dem Pövelvolk öfftermals sehr verdüstert ist/ der Poet belanget zugleich die Bildungskräft (facultatem imaginativam) in dem er alles so vernemlich/ als in Gegenwart ausmahlet/ vorstellet/daher lieset man bey Suida, daß Phrynichus alle die Athenienser/ welche auf dem Schauplatz gewesen/weinẽ gemachet/ wie auch Puppius, so oft er gewolt/sol gethan habẽ/ deswegen Horatius seine Verse threnend oder trieffend genennet. (Lacrymosa Poëmata Puppi) und Theodorus hat Alexandrum der Phereser Tyrannen (welcher sich durch seiner Vnterthanẽ Flehen/ Heulen und Weinen/ niemals bewegen lassen/) durch Vorstellung eines klärlichen Trauerspiels die Zehren aus den Augen gepresset. wie Ælianus l.14. beglaubet. Ob [192] solchen Kunststück sind den Sieben Griechischẽ Trauerspielschreiberen die Plejadæ, oder die Siebensterne/ welche wir zu Teutsch die Gluckhenne heissen/ zugeeignet worden/ weil sie meistentheils Regenwetter mit sich bringen. Gyrald. Dialog. 3. Histor. Poët. ex Enchiridio Hephæstionis.

Solche Trauerhändel belustigen vor sich selbsten nicht/ sondern verursachen Erstaunen und Hermen.Aristoteles c.14. Poët. nennet diese eigentliche Gemütserregungen (Passiones) der Trauerspiele Ελέον κὰι φόβον: wann man nemlich einen Abscheu vor der Grausamkeit/ und eine Mitbetrübniß über den Vnschuldigen Elend empfindet. Es belustiget aber die Kunstschikliche Nachahmung: Gleicher gestalt uns die Abbildung eines grimmigen Löwens/ Drachens oder Tiegers mehr beliebet/ als das lebendige Thier selbstẽ. Heins. de Constit. Trag. c.8. zu dem empfinden wir einen Lust in Erwartung so unterschiedlicher Fügnissẽ/ in Verwunderung unverhoffter Trauerfälle/und ist unserm Hertze von Natur das Erbarmen eingepflantzet/ welches durch diese Spiele erwekket wird: Weil allerhand Tugendlehren mit eingeführet werdẽ/unn in Euripide fast jeder Vers einẽ Lehrsatz begreifft/ wie Cicero l.16. Epist. fam. schreibet/ kan solche Anführung zum Guten den Frommen eine Belustigung heissen.

Der Inhalt der Trauerspiele betrifft grosser Herren unglüklichẽ Zustand/ daher Euripides Archilao, als er von ihm ein Trauerspiel/ seinẽ Namen zu Ehrẽ/ erfordert/ geantwortet: [193] Ach daß dem König/ und seinem Reiche niemals der Inhalt eines Trauerspiels begegnete. Wie das Freudenspiel (Comœdia) ein Gedicht ist/das den Zuhörern Gelächter verursachet/ so ist das Trauerspiel eine wahre Geschichte/ das den Zuseher Hermen und Erstaunẽ machet: Jenes ist viel leichter bey dem gemeinen Mann/ als dieses auszuwürken/und hat die Wahrheit viel einen mächtigeren Nachdruck/ als das Gedicht. Hierbey scheinet zu beobachten/ daß/ wie der Griech die Griechischen/ der Römer die Römischen/ der Spanier die Spanischen/ der Frantzos die Frantzösischen Geschichte in ihrer Sprache beschrieben/ so sol der Teutsche die Teutschen Händel auf den Schauplatz führen/ welcher Vmstände unsren Sitten/ Redarten und Gewonheit viel gemässer sind/ als jene Außländische. Wil man aber ja zum Ansang seinen Erfindungen so viel nicht beymessen/sondern lieber andern Gedanken bescheidenlich Folge leisten/ ist meines Erachtens thunlicher/ daß man aus den alten und neuen Poeten das dienliche zusammensuche/ (wie dieses Orts der Herr emsiglich gethan/) als daß man ein gantzes Trauerspiel übersetze und sich dadurch verbinde das schickliche und unschickliche zugleich zu dolmetschẽ/ welcher gestalt unser seliger H. Opitz die Trojanerin aus dem Latein/ nachmals auch die Judith aus dem Italiänischen/ jedoch mit mehrer Freyheit/ auf den Teutschen Schauplatz gestellet.

Die Form und Verfassung der Trauerspiel betreffend/ [194] hat Aristoteles in Poët. c.5. die Abwechslung der Reimarten sonderlich erfordert/ und sind solche von den Griechen und Lateinern verständig beobachtet worden/ wie ich dessen ersten Versuch in meiner Seelewig gethan. Massen ich beständig darvorhalte/unsere Sprache sey aller anderer Zierlichkeit fähig/wann man sich nur darunter bemühet. Die Vernunfft lehret mich das Prächtige mit prächtigen/ das Geringe mit geringen Worten auszureden; die Kunst weiset das Klägliche mit trochäischen/ das Fröliche mit dactylischen/ und die Erzehlung mit jambischen Reimarten zu verfassen/ wann man anderst nicht wil die Sonne mit der Kohlen mahlen/ wie jener gesagt. Die Scribenten der Schauspiele sind bey den Griechen über gedachte gewesen Æschilus, Sophodes, Euripides, Plato welcher nachmals seine Gedichte alle verbrennet/ Homerus (zum Vnterscheid Tragœdus genennet/) Isocrates, Æschines, Crates und andere: Vnter den Lateinern ist Actius Pomponius, Asinius Pollio, Mecœnas, Annæus Seneca, Julius Maternus und Æmilius Scaurus welchen Tiberius hinrichten lassen. Herr D. Luther hält davor/ das Buch Job sey bey den Ebreern ein Trauerspiel gewesen: Gestalt solche Dichtart mit Recht zu Geistlichen Sachen gewidmet werdẽ/ wie solches Heinsius, Grotius vor ihnen aber Gregorius Nazianzenus, beygenamt Theologus, in dem Trauerspiel von dem Tod CHRISTI erwiesen. Vnter der alten Teutschen Poeterey hab ich noch der Zeit nichts dergleichen finden können ausser [195] H. Melchior Pfintzings Probsts zu Meintz und Nürnberg Treuerdank/ in welchem Käiser Maximilians Gefährlichkeiten und löbliche Thaten nach damaliger Heldenart beschrieben/ und ist solches Buch in Spanisch übersetzet zu lesen/ unter dem Titel: El Cavallero Determinato: Dann/ obwol der Ausgang in diesem Buch/ soviel die Haubtperson betrifft/ nicht traurig ist/ so laufft es doch mit den dreyẽ Rähten Fürwittig/Vnfallo und Neidelhart übel ab; und ist auch dergleichẽ Schluß in Electa Helena, Jone und andern Griechischen Trauerspielen zu lesen. Was sonsten zu solchen Spielen erfodert wird/ ist zu sehẽ bey Aristoteles, Vida, Scaligero, Heinsio und absonderlich beyLudovico Castelvetro, dem Italiänischen/ und Jules de la Mesnardiere, dem Frantzösischen Scribenten.

Wann ich nun meine Meinung von des Herrn Arbeit frey heraussagen soll/ wie er begehret/ so bedünket mich/ daß er alles Kunstartig gefüget/ die schönen Gedanken/ und seltene Wortzier aus fremden Poeten schiklich angebracht/ und das gantze Gedicht mit einer tapfern Stimme begeistert: doch hätte/ nach den Reglen der Meister dieser Kunst/ dem Werke als eine sondere Lehre beykommen sollẽ der erschrekliche Tod Herodis/ als des Höchsten Straffe/ mit welcher er die Tyrannen ansihet. Ballac hat solches wider Heinsium nicht berühret: Castelvetro aber/ der Aristotelis Poëticam durchhechelt/ erfodert absonderlich/ daß der Poet die Laster/ auf dem Schauplatz begangẽ/ nicht sol ungestrafft vermeldet lassen/ und Mesnardiere sagt/ f. 21 de sa Pœtique: si le sujet est tel [196] que le principal Personage soit absolüment vicieux, (wie hier Herodes) il ne faut pas que ses crimes soient exents d' un chastiment, qui donne beaucoup de terreur, & mesme il faut, sil est possible, que les mauvaises actions paroissent tousjourrs punies & les vertus recompensées. Weil aber der Herr vielleicht beförchtet/ es möchte dieses Gedicht zu lang werden/hat er solches gerne mit fast weibischen Worten in den Vermaledeiungen und denen Anmerkungen beygesetzet.

Wie schwer es sey/ etwas lobwürdiges hierinnen zu leisten/ wird der erfahrẽ/ der sich darunter bemühet. Der Poet muß die Neigungen und Eingnungen/ welche er seinem Zuhörer beybringen wil erstlich in sich empfinden/ und in die Personẽ/ welche er vorstellẽ wil/ gleichsam entzükket sich verstellẽ: Was er ausbilden wil/ muß er ihm zuvor kunstartig einbildẽ. Weil aber die BildungsKrafft in einem warmen Gehirn und subtilen Geisterlein bestehet/ ist sich nicht zu verwundern/ wann die Poeten zuzeiten bey dem Becher der Frölichkeit mit bescheidener Mässigung Belieben suchen. Heinsius wil (in Notis ad Horat. f.192.) daß von den Wintzern in den Weinbergen die ersten Lieder gesungen worden/ und beweiset/ daß der Lateiner Carmen, und der Griechẽ Κεράμα von den Chaldeer אמרכ carma das ist/ vom Wein herkommen: Wie auch das Wort Tragœdia von Bacchi Bokk/ welchen man Jährlich wegen der reichen Weinernde/ als ein schädliches Thier in den Weinbergen/ mit dergleichen Gedichten aufgeopffert/ wie bekandt.

[197] Schlüßlich/ was jener bey Plutarcho in vita Alexandri M. zu Archestrato, einen Syracusanischen Poeten/ gesagt/ nemlich: Si cum Alexandro fuisses, Archestrate, tui cuiusque Carminis præmium Cyprum aut Phœnicem tulisses: widerhole ich solcher Gestalt: Hätte der Herr zu Zeiten Käiser Karls deß Grossen/ der Ottonen/ Käiser Rudolfs/ oder Käiser Maximilians gelebet/ da es an Teutschgelehrten Leutẽ/ wie heut zu Tage bey diesem beharrlichen Jammerkrieg/ an derselben Befördern ermangelt/ so solten gewißlich seine Gedichte reichlicher erkennt werden/ welches ich dem Herrn von Hertzen erwünsche und verbleibe/ nechst empfehlung des Höchsten Gnaden Schutzes/


sein jederzeit Dienstbeflissener Georg Philip Harsdörffer.

[198] Lobgedicht

Stille! was hör ich? Stein-Waldbeseelende Lieder;
Kömt auch wol Orfeus von dem Elyser Feld wieder?
Wie daß er nicht auf Hemus singt?
Wie daß er Teutsche Reimen zwingt/
Der Sprach und Lands vergessen/
Die ihn geseugt vordessen?
Weil daß in ihm der Bunzlerschwan etwa gereist/
Den Götterkost/ vermenschet hat lang schon gespeist?
Tolle Menaden schikken den Thrazer zu Schatten/
Opitzens Geist wird nimmer nicht Teutsches begatten.
Wer ist dann der so zierlich singt?
Wer ist/ der solche Sätze bringt?
Wer bannet von dem Hertzen
Die Mutes-fresser Schmertzen.
Ein Meisner Schwan vom Meisnischen Hügel sich trug/
die Pegnitz hemmt sein Wolkenanseglenden Flug/
Rhodopeus Lufft- und Felsenruff mürmelt ihm strenger;
Proteus ähmt und ähnlet der Pindische Sänger:
Der bald in Schäferkleidern singt/
Der bald auf sieben Röhren klingt/
Bald Celtische Witdoden
Selbst Witdod/ rufft von Toden.
Vnd bald/ ein neuer Gottesbot mahlet schön aus
Der Götter Wiegen/ Wolkenreiß/ Stygierstrauß.
Lässt er nicht jetzt ein Teutscher Eiferer blitzen
Teutischen Donner/ auf die Tyrannen loßsprützen?
Fort Persi/ Orfeus/ immer singt/
Fort Pan und Witdod/ immer klingt/
Die Elbe wird euch preisen/
Die Pegnitz wilkomm heissen.
Hier diese Brut/ die keine der Schwestern geätzt/
Zu euerm Ruhm ––
der Strebende Floridan setzt.

S. Betulius.

[199] Lobgedicht

Wie sind die Pierinnen
Nicht mehr auf Pindus Zinnen/
Weil Nürnberg lieblich singt?
Was hör ich doch vor Säiten
Die klugen Hände leiten/
Das gantze Nördgau springt!
Harsdorff/ Klajus singen vor/
Last uns folgen ihrem Chor.
Als in den Niederlanden
Der wilde Krieg vorhanden.
Die Belgen balgten sich/
Da stiegen alle Künste
Durch Nebeltufft und Dünste.
Es sungen meisterlich
Scriver/ Baud/ Lips/ Scaliger/
Heins/ und wie sie heissen mehr.
Seyt daß die teutschen Teutschen
Sich mit dem Krieg zerpeitschen/
Die Teutsche Sprache blüht:
Die soll der Welt vermelden
Die Waffen unsrer Helden
In einem Heldenlied:
Harsdorff/ Klajus singen vor/
Nun wir folgen ihrem Chor.
Herr Harsdorff trefflich spielet/
Herr Klaj den Himmel fühlet/
Vermengen Geist und Welt/
Auf lasset uns den zweyen
Ein Ehrenlied zuschreien/
Das Geist und Welt gefällt/
Harsdorff spielet zwar die Welt/
Klajus beeder Himmelzelt!

Rudolff-Karl Geller.


Ende.


Notizen
Erstdruck: Nürnberg (Wolfgang Endter) 1645.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Klaj, Johann. Herodes der Kindermörder. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-AF80-8