Daniel Casper von Lohenstein
Gedichte

[150] Auf das Albinische und Kamperische hochzeit-fest

Ist lieben seuche/ pest und gifft/
Das nattern tödten kan/ und scorpion entgeistert?
Das gelbe molchen übertrifft?
Ist lieben raserey/ die die vernunfft bemeistert?
Ein nagend krebs/ der marck und bein frist aus?
Ein wurm/ der aus den stauden edler jugend
Nicht nur den kern/ die wurtzel reißt der tugend?
Ein feuer/ das in asche/ staub und grauß
Volckreiche städte leg't/ und länder stürtzt in grund/
Daß itzo wilde buchen stehen/
Und seegel-volle maste gehen/
Wo weiland Troja war/ und vormahls Tyrus stund?
So ists! diß würckt der liebe brand.
Durch sie flog Sodoma geschwefelt in die lüffte.
Und Loth/ der dort entronnen/ fand
Auff seiner tochter schoß mehr als Gomorrens klüffte.
Ja Samson muß/ den Rom doch und Athen
Im Hercules zu einem Gotte machte/
Als Omphale ihn in ihr netze brachte/
Durch Delilen verächtlich untergehn.
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Als Gottes hertzens-mann kaum Batseben ersieh't/
Und er auch aus der flut entglimmet/
Wird Davids harffe so verstimmet/
Daß sie für psalmen spielt ein geiles buhler-lied.
Wer macht ihm nun nicht selbst den schluß?
Daß wer den keuschen geist Gott rein und keusch will ehren/
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Der liebe götzen abthun muß/
Und in der andachts-glut diß göldne kalb zerstören.
Der weyrauch/ der in Venus tempel brennt/
Reucht Gott nicht wohl/ die engel/ die uns dienen/
Entfernen sich/ wie für dem rauche bienen.
Die opffer/ die auch Paphos heilig nennt/
Sind zu Jerusalem ein stinckend Gottesdienst.
In die mit brunst sich unterstehen
In Gottes heiligthum zu gehen/
Bekommen fluch zu lohn/ und straffe zu gewinst.
Wie ist denn er/ vertrauter freund/
Der Gotte dienen muß und beym altare wachen/
Nicht auch der süssen liebe feind?
Schickt sichs/ ein priester seyn/ und gleichwohl hochzeit machen?
Ja ja! gar wohl! was Gottes liebes kind/
Was die natur den seelen eingesämet/
Steh't auch für Gott in tempeln unbeschämet.
Es schickt sich wohl daß priester väter sind/
Die lieb in keuscher eh' entweyht kein opffer nicht.
Das heiligthum wird nur beflecket/
Wenn geile brunst im hertzen stecket/
Die Gottes ordnung stör't/ und eh' und eydschwur bricht.
Der schnöde mißbrauch böser brunst
Ist unwerth/ daß er soll der liebe nahmen führen.
Der lufft-gestirne falscher dunst
Macht nicht/ daß stern und sonn' ihr wahres licht verliehren.
Wenn jene fall'n zeräschert in den grund/
So gläntzen die ins himmels güldnen zimmern.
Denn schwefel kan nicht wie die sternen schimmern.
Verkehret doch der schlangen geifer-mund
In wermuth-bittres gifft gesunder kräuter safft/
Woraus die bienen honig saugen:
So kehrt der liebe tauben-augen
Der boßheit zauber-kunst in basilisken-krafft.
[151]
Der edlen rose perlen-haupt
Wird/ ob die röthe sich schon ihrem schnee vermählet/
Der reinen zierde nicht beraubt.
Die jungferschafft hat sie für ihren krantz erwehlet/
Bepurpert sie gleich Cythereens blut.
Der keuschheit bild/ die lilje selbst/ empfindet
Den süssen trieb/ der alle seelen bindet/
Den anmuths-reitz/ des liebens reine glut.
Und welche blume gläntzt/ die dieser geist nicht rühr?
Der thau zeigt ihre liebes-thränen/
Und ihr geruch das süsse sehnen/
Die röthe bildet gar verliebte flammen für.
So bleibet Abraham doch rein
Und Gottes bunds-genoß auch in der Sara bette.
Die kirche würde selbst nicht seyn/
Wenn sie die liebe nicht zu ihrer mutter hätte.
Die pflantzen die aus ihrem garten blühn/
Die müssen kirch und paradieß erfüllen.
Aus liebe ließ sich Gott ins fleisch verhüllen/
Ja sie vermählt die gläubigen und ihn.
Wo reine liebe glimmt/ zeucht Gottes Geist selbst ein.
Des Heylands grosse wunderwercke
Entwerffen selbst des liebens stärcke:
Indem zu Cana quillt aus wasser-krügen wein.
Heist diß nun Gottes weinberg bau'n/
Wenn ein paar seelen sich in reiner ehe lieben/
Aus der sie stauden wachsen schau'n/
Die durch den glauben schon im himmel sind beklieben/
Wenn sie gleich noch der mutter schooß umfaßt:
So kan auch ihm nicht Gottes segen fehlen/
Nun er ihm eine seele will erwehlen/
[152]
Die tugend liebt/ und schnöde laster hasst.
Wo doppel-andacht mehr als einfach opffer kan/
Muß man von euch verlobten schlüssen:
Eur seuffzen wird mehr würcken müssen/
Nun nebst der priesterin der priester Gott rufft an.
Der himmel weist sich selbst geneigt/
Und regnet freud und lust auff die verknüpfften hertzen.
Denn wo sich Gottes anblick zeig't/
Bekräntzet eitel heil die frohen hochzeit-kertzen.
Und seegen folgt den reiffen jahren nach.
Mich dünckt/ ich sehe schon in einer wiegen
Die frucht der eh' und Gottes gabe liegen;
Hingegen fleucht verdrüßlich ungemach.
Und wo hierinnen nicht mein festes urtheil fehlt/
Hat/ ob wohl ehen hie auff erden
Vollzogen/ dort geschlossen werden/
Auch Martha dieses mahl das beste theil erwehlt.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Lohenstein, Daniel Casper von. Auf das Albinische und Kamperische hochzeit-fest. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-1D6E-C