2.

Die neuvermählte Gräfin, welche aus einem dänischen Geschlecht abstammte, ruhte an ihres Gemahles Seite, als ein Rauschen geschah: die Bettvorhänge wurden aufgezogen und sie sah ein wunderbar schönes Fräuchen, nur ellenbogengroß mit einem brennenden Licht vor ihr stehen. Dieses Fräuchen hub an zu reden: »Fürchte dich nicht, ich tue dir kein Leid an, sondern bringe dir Glück, wenn du mir Hilfe leistest, die mir nottut. Steh auf und folge mir, wohin ich dich leiten werde, hüte dich etwas zu essen von dem, was dir geboten wird, nimm auch kein ander Geschenk an außer das, was ich dir reichen will, und das kannst du sicher behalten.«

Hierauf ging die Gräfin mit und der Weg führte unter die Erde. Sie kamen in ein Gemach, das flimmerte von Gold und Edelsteinen und war erfüllt mit lauter kleinen Männern und Weibern. Nicht lange, so erschien ihr König und führte die Gräfin an ein Bett, wo die Königin in Geburtsschmerzen lag, mit dem Ersuchen, ihr beizustehn. Die Gräfin benahm sich aufs beste und die Königin wurde glücklich eines Söhnleins entbunden. Da entstand große Freude unter den Gästen, sie führten die Gräfin zu einem Tisch voll der köstlichsten Speisen und drangen in sie zu essen. Allein sie rührte nichts an, ebensowenig nahm sie von den Edelsteinen, die in goldenen Schalen standen. Endlich wurde sie von der ersten Führerin wieder fortgeführt und in ihr Bett zurückgebracht.

Da sprach das Bergfräuchen: »Du hast unserm Reich einen großen Dienst erwiesen, der soll dir gelohnt werden. Hier hast du drei hölzerne Stäbe, die leg unter dein Kopfkissen und morgen früh werden sie in Gold verwandelt sein. Daraus laß machen: aus dem ersten einen Hering, aus dem zweiten Rechenpfenninge, aus dem dritten eine Spindel und offenbare die ganze Geschichte niemandem auf der Welt, außer deinem Gemahl. Ihr werdet zusammen drei Kinder zeugen, die die drei Zweige eines [346] Hauses sein werden. Wer den Hering bekommt, wird viel Kriegsglück haben, er und seine Nachkommen; wer die Pfenninge, wird mit seinen Kindern hohe Staatsämter bekleiden; wer die Kunkel, wird mit zahlreicher Nachkommenschaft gesegnet sein.«

Nach diesen Worten entfernte sich die Bergfrau, die Gräfin schlief ein und als sie aufwachte, erzählte sie ihrem Gemahl die Begebenheit wie einen Traum. Der Graf spottete sie aus, allein als sie unter das Kopfkissen griff, lagen da drei Goldstangen; beide erstaunten und verfuhren genau damit wie ihnen geheißen war.

Die Weissagung traf völlig ein und die verschiedenen Zweige des Hauses verwahrten sorgfältig die Schätze. Einige, die sie verloren, sind verloschen. Die vom Zweig der Pfennige erzählen: einmal habe der König von Dänemark einem unter ihnen einen solchen Pfennig abgefordert und in dem Augenblicke, wie ihn der König empfangen, habe der, so ihn vorher getragen, in seinen Eingeweiden heftigen Schmerz gespürt.

In Grimm, Deutsche Sagen I S. 52 aus dem Amant oisif Bruxelles 1711 S. 405 bis 411, wo die Gräfin la comtesse de Falinsperk genannt wird. – Eine versifizierte Bearbeitung der Sage im Itzehoer Wochenblatt 1830, Nr. 7, stimmt insofern mit dieser Version, daß auch hier ein Bergweiblein die Vermittlerin zwischen Unter- und Oberwelt ist. Die Gräfin Anna (Walstorp), Johann Ranzaus Frau, hat sie beschützt, als sie, in eine Kröte verwandelt, einmal im Garten die Gräfin erschreckte und ein Diener sie töten wollte. Vgl. Nr. 462. – Die Gemahlin Johann Ranzaus, des Gründers der Herrschaft Breitenburg, nennt auch Rhode in Antiq. Remarq. S. 68. etc. etc.

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TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Lieder. Drittes Buch. 512. Das Glück der Grafen Ranzau. 2. [Die neuvermählte Gräfin, welche aus einem dänischen Geschlecht]. 2. [Die neuvermählte Gräfin, welche aus einem dänischen Geschlecht]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-46BF-6