[112] Die Malven

Hochaufragende Malven,
Ihr des Gartens ernsteste Zier,
Gern hin wandl' ich an eueren Reih'n,
Wenn der goldene Mittag
Eu're sanften Farben verklärt.
Denn wie ihr so dasteht
Regungslos:
Ist es mir, als wolltet ihr zu mir sprechen,
Wolltet mir Kunde geben
Vom Urquell der Dinge,
Der geheimnißvoll eu're Wurzeln tränkt,
Und dem ihr näher steht als der Mensch,
Der, losgelös't vom kettenden Boden,
In Freiheit schreitet.
Aber ihr könnt es nicht.
Versagt ist euch der Laut,
Und leise nur blättert sich auf
An eu'rer dichtgedrängten Knospenfülle
Blüthe um Blüthe –
Wie stumme Antwort auf stummes Fragen.

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TextGrid Repository (2012). Saar, Ferdinand von. Gedichte. Gedichte. Zweites Buch. Freie Rhythmen. Die Malven. Die Malven. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-ADA4-D