[19] Erstes Kapitel
Helles Gelächter scholl durch ganz Bagdad. Der Prinz Ali war aus Ägypten zurückgekehrt. Und er war gekommen hoch zu Roß mit stolzem Gefolge. Doch das Roß, auf dem der Prinz saß, war ein Schimmel gewesen. Und diesen Schimmel hatte der Prinz grün färben lassen. Da mußte natürlich ganz Bagdad hell auflachen. Alis grüner Schimmel war ein Ereignis.
Es hatte sich wieder einmal gezeigt, wie gut es der Prinz verstand, von sich reden zu machen. Kein Mensch wurde klug aus diesem Ali. War er durch sein Selbstbewußtsein wirklich geschmacklos geworden? Oder gab er sich nur so geschmacklos aus Berechnung? Wäre der Schimmel nach alter Sitte mit Henna rot gefärbt gewesen, dann würde Niemand gelacht haben – doch grün? Nein, das ging übern Spaß.
Man konnte sich ja erklären, was sich der Prinz gedacht hatte – er wollte die neue Farbe der Abbassiden zu höheren Ehren bringen. Einst glänzte das Haus Abbas unter der schwarzen Flagge. Diese schwarze Flagge vertauschte man später mit der grünen. Das gefiel nun dem jungen Ali so gut, daß er die neue Farbe seines Hauses überall sehen wollte. Und so mußte denn schließlich auch der Schimmel – grün werden.
Unglaublich!
Unzählige Sterne glänzen aus dem tiefblauen Himmel auf Bagdad hinab; sie spiegeln sich in den lauen Fluten des Tigris, und an den bunten Kacheln der Minarette, der Palast- und Moscheekuppeln werden auch die Glanzlichter der Sternenwelt glitzernd umhergestrahlt. Die Chalifenburg mit ihren prächtigen Türmen, Kiosken und Galerieen hebt sich hoch heraus aus dem Häusergewirr der großen Stadt, aus der ein Nebeldunst – magisch leuchtend – aufsteigt. Und am Tigris entlang leuchten die weißen Mauern [19] der Landhäuser; in deren Gärten schwanken die ruhigen Palmen im Abendwinde ...
Aber aus den Straßen und Gassen der herrlichen Stadt schallt helles Gelächter zu den ewigen Sternen empor. Jetzt endlich in der stillen Nacht kann ganz Bagdad lachen nach Herzenslust, denn der Prinz Ali hört das Lachen nicht; der ruht schon wieder in den weiten kühlen Prunkgemächern der Chalifenburg von seinen vielen Reisen aus. Der Chalif Mutadid hat seinen Sohn wohlwollend empfangen, und die Sklaven eilen in den Palästen auf den Zehen umher, um die Ruhe des gefeierten Prinzen nicht zu stören.
Wie Ali am frühen Morgen auf seinem grünen Schimmel durch das große Tor im Westen stolz hineinritt in die festlich geschmückte Stadt, da mußten seine Kammerdiener Goldmünzen unter die Menge streuen. Dadurch entstand ein wüstes Geschrei. Kein Araber war zu stolz. Alle balgten sich um die Goldstücke, sodaß es viele blutige Köpfe gab.
Durch die langen breiten Straßen, die zur Chalifenburg führen, zog der lange Zug des stattlichen Gefolges auf Pferden und Kamelen unter betäubendem Lärm dahin. Das Volk jubelte wie rasend dem freigebigen Prinzen zu. Es wurde beim Herumschwirren der Goldstücke gejohlt und gelacht – als hätte sich der blaue Himmel aufgetan, wie wenn sich die Huris aus dem Paradiese zur Erde niederbeugten.
Jetzt ist es Nacht, und die Araber freuen sich über das blanke Gold. Sie werfen jetzt die Münzen ebenso verschwenderisch wie die Prinzen auf die Straße. Die guten Araber geben das gute Gold den dicken Weinhändlern, guten Freunden und lustig lachenden Mädchen. Dabei fällt ihnen aber der grüne Schimmel öfters wieder ein – und über den freuen sich Alle schließlich noch viel mehr als über das Gold.
Der Prinz Ali ist ein guter Mensch, aber die Bürger [20] Bagdads lachen ihn doch von ganzem Herzen aus. Und wenn er noch viel viel besser wäre, sie würden ihn trotzdem auslachen. In dieser Nacht tragen die reichen Jünglinge Bagdads ihre Säbel an grünen Schärpen, um das Volk an Ali zu erinnern. Das Volk versteht den Scherz und lacht darüber immer wieder von Neuem – immer wieder von Neuem.
Ausgelassene Spottlieder, wüste Zechgesänge, mekkanische und persische Liebesweisentolle wilde Jubelstürme brausen und wogen durch die Straßen und Gassen der herrlichen Chalifenstadt. In allen Weinkneipen, in den Buden, in denen getanzt wird, in den Häusern, in denen reizende Sängerinnen mit feiner Kunst zu singen verstehen – überall wird gepraßt und gezecht.
Eine sehr lustige Nacht!
Abseits in einem kleinen Gäßchen steht vor seiner Haustür ein christlicher Weinhändler mit einem alten Parsenpriester im Gespräch. Sie schütteln sich beide Hände zum Abschied. Doch der Wirt redet noch immer, obgleich der Priester Eile zu haben scheint. Der christliche Wirt sagt:
»Bedenkt nur das Eine! 892 Jahre, man schreibe und sage: achthundertundzweiundneunzig Jahre – die sind nun schon vergangen, seit Christus geboren ward, und seine Lehren sind hier noch immer verachtet. Man läßt wohl uns Christen in Ruh, läßt uns auch unsern Glauben – aber das beweist doch nur, daß sich diese Araber garnicht um religiöse Dinge kümmern, ihnen ist die Religion überhaupt ganz gleichgültig – selbst ihre eigene. In Bagdad gibt es gar keine Religion mehr.«
Der Christ schüttelt traurig den Kopf.
Der Parse versetzt aber hastig:
»Verzeiht! Ihr übertreibt! In nächster Woche hol ich Euch ab. Die Parsen – die sollt Ihr kennenlernen – die haben noch Religion.«
Der Parse entfernt sich schnell, als wenn er wirklich Eile hat.
[21] Währenddem hört man auch hier wieder heisre Zecherstimmen erschallen. Im Keller des Weinhändlers ruft man laut und herrisch nach dem christlichen Wein. Indeß – der Wirt zögert noch; auf der andren Seite der Gasse sieht er zwei bekannte Dichter vorüberwandeln, die grüßt er erst noch – recht freundlich. Dann jedoch verschwindet der Christ; er darf seine Gäste nicht warten lassen.
Die beiden arabischen Dichter haben den Gruß des Christen garnicht erwidert. Sie sind mit ihren eigenen Gedanken so sehr beschäftigt, daß sie den allgemeinen Jubel nicht mehr mitempfinden.
Suleiman, der ältere Dichter, träumte so im Gehen, er wäre der Chalif Harun und neben ihm plauderten indische Märchenerzählerinnen von den Tempeln ihrer Götter am fernen Ganges. Der alte Dichter glaubte zu hören, wie neben ihm die nackten Füße der Mädchen sich weich und gelenkig in den feuchten Sand schmiegten und wie unter den gekrallten kleinen Zehen die Steinchen knirschten. Dann dachte der Alte an die schlanken Tänzerinnen, die er gestern abend unter einem jener rotseidenen Zelte auf dem Karawanenplatze bewundert hatte. Die Tänzerinnen sahen sehr schön und prächtig aus. Er aber – ach! – er hatte sich unter jenem rotseidenen Zelte seines alten geflickten Ehrenkleides geschämt – eine sehr peinliche Erinnerung! Dieses Ehrenkleid war ein Geschenk des Chalifen Motawakkil. Doch der lag längst im Grabe. Suleiman seufzte, nickte mit dem Kopfe so vor sich hin und murmelte was.
Safur, der den Suleiman begleitete, hörte das Murmeln und erriet gleich den Gedankengang des alten Freundes, denn sie gingen an einem seltsamen Hause vorüber. Über dessen Eingangspforte befanden sich kleine Fenster mit eisernen Stäben. Hinter den Stäben saßen Schneider bei hellem Lampenlicht und nähten fleißig. Sie nähten unzählige kostbare Gewänder für die Chalifenburg. Und diese kostbaren Gewänder blieben nicht in der Burg; sie wanderten als Geschenke, als »Ehrenkleider« aus den großen [22] Palästen hinaus in die weite Welt nach allen Himmelsrichtungen bis nach Ägypten und Persien, bis nach Indien und Afrika, ja – bis nach China und Spanien. Der Chalif hatte sehr sehr viel – zu verschenken.
Safur, der jüngere Dichter, wußte das Alles, lächelte und fragte den älteren Dichter listig:
»Nun? Denkst Du an Dein Ehrenkleid?«
Suleiman, unter dessen braunem Gesicht ein gut gepflegter weißer Spitzbart glänzte, blickte traurig auf sein Gewand. Das war einst gute Seide gewesen – ledergelb mit großen lilafarbigen persischen Blumen. Auf dem Rücken des Ehrenkleides sah man noch das große Wappen des Chalifen – schwarze schwungvolle Schriftzüge. Die helleren Farben des Kaftans waren nicht mehr ganz reinlich, an vielen Stellen etwas blank und fettig, und an den Ärmeln und unter den Knieen zeigten sich kleine Löcher und große Flicken.
Suleiman gürtete seinen alten lilafarbigen Seidengurt fester um die Lenden und schaute unter seinem nicht sehr reinen weißen Leinenturban dem jungen Safur lange nachdenklich ins Gesicht.
Safur ging in Beduinentracht. Sein langes, hellblau und braun gestreiftes Gewand, das aus dünner Baumwolle bestand, hing ihm faltig ins Gesicht. Ein alter Lederriemen schnallte das Tuch um Stirn und Hinterkopf zusammen. Die hellblauen und braunen Streifen des feinen Kleides schlotterten lässig mitgezogen in unregelmäßigen Falten um Körper und Beine herum – was sehr reizvoll aussah – was Safur wußte.
Die nächste Gasse ist leider sehr schmutzig, und die Sandalen der Dichter werden naß, ihre braunen Füße desgleichen. Safur flucht, hebt sein Kleid vorsichtig mit den braunen hagren Fingern höher und ärgert sich – über die Pfützen und über manches Andre.
»Jetzt«, ruft er wütend, »macht ein grüner Schimmel ein größeres Aufsehen als die beste Kasside. Gute Verse werden [23] heute schon schlechter bezahlt als rote Pantoffeln, die allerdings in den Pfützen Bagdads sehr wertvoll sind ...«
Der gutmütige Suleiman hat seine Not mit dem Ärgerlichen, versteht es aber – zu trösten, sagt so ganz ruhig:
»Sieh, Safur! Der Schmutz der Gasse ist noch nicht das Schlimmste auf dieser schlimmen Welt. Was Besondres haben wir ja nicht vor. Unsre Sandalen werden schon wieder trocken werden. Nebenbei – wundern muß ich mich denn doch, daß Du Dich gleichzeitig über den geringen Preis ärgerst, den man heute für gute Verse zu erhalten pflegt. Warum machst Du nicht ein Lobgedicht auf unsern alten Geizhals Said ibn Selm? Der ist doch für Lobgedichte immer zu haben, würde sich über Safurs Verse sehr freuen und sie sehr gut bezahlen.«
»Das Lobgedicht kannst Du machen«, versetzt ingrimmig der jüngere Dichter.
Und Suleiman meint drauf lächelnd: »Oh! Oh! Das will ich mir gesagt sein lassen. Hast Recht! Ein alter Dichter braucht auch viel eher einen reichen Freund als ein junger Mensch, wie Du einer bist.«
Die nächste Gasse ist wieder trockner, und Safur wird wieder freundlich. Er legt seinen rechten Unterarm auf den linken des alten Suleiman und plaudert – von Tarub.
Dem Alten wird ein bißchen neidisch zu Mute, er spricht bitter: »Ja! Wer eine Tarub hat, der kann stolz sein! Der hats nicht nötig, einen Said ibn Selm zu loben. Aber erzähl mir nicht mehr von ihr! Erzähl mir lieber, was Du jetzt als Dichter vorhast!«
Der zart empfindende Safur hört auch gleich von der Tarub auf und teilt seinem alten Freunde – fast zitternd vor Erregung – mit, daß er unter die Beduinen gehen möchte. Er habe kürzlich wieder die Antarsage gelesen und sei ganz toll geworden, schwärme nur noch für die blauäugigen Dschinnen, jene wilden schwarzen Wüstengeister, die auf feurigen Hengsten nachts durch die Wüste jagen, um die Karawanen zu verfolgen. An die Tarub [24] dachte plötzlich der leicht erregbare Dichter ganz und gar nicht mehr; aber vom König Saiduk, jenem Geisterkönig, der nur die Dschinnen – niemals einen Menschen sehen durfte, konnte Safur nicht genug erzählen. »Mir geht es«, fuhr er mit brennenden Augen fort, »fast genauso wie dem König Saiduk. Mir ist immer so, als müßt ich wie Saiduk beim Anblick eines Menschen sterben. Nur die Dschinnen kann ich ohne Furcht sehen. Die Gespenster sind meine Freunde; die erregen mein Blut. Oh, ich liebe die Dschinnen und möchte nur Verse machen, in denen heiß und toll die rasenden Wüstengeister herumsprengen auf ihren feurigen Hengsten. Meine Verse müssen so heftig werden, daß Jeder, der sie hört, zittern soll vor Erregung. Das ganze Gespensterreich der Wüste möcht ich nach Bagdad bringen, damit Bagdads faule Dickbäuche mal aufgerüttelt werden. Aber wie die Geschichten anfangen und enden sollen, das ist mir leider noch ganz unklar. Das ist häßlich! Das macht mich recht besorgt. Wer weiß, ob ich was fertigbringe! Eigentlich bin ich ja noch niemals zu was gekommen. Jeden Tag will ich was Andres, denn jeden Tag soll und muß ich auch was Andres. Ich hör jetzt allerdings jeden Abend ein so seltsames Gesumm, als wenn die Dschinnen in der Nähe sind.«
Und er horcht aufmerksam in die Nachtluft hinein, in der Käfer zirpen und Nachtfalter herumflattern. Der alte Suleiman wird ganz still; er fühlt, daß er dem jüngeren Freunde nicht zu folgen vermag. Er lebte zu allen Zeiten in der Märchenwelt, die vor achtzig Jahren unter Haruns Regierung die Dichter beschäftigte. Suleiman liebt das Liebliche; er träumt nicht gern von Gespenstern; Märchenprinzen und lustige Zaubrer sind ihm viel angenehmer. Die Wüstengeister sind dem alten Dichter ganz fremde Wesen, die er nicht leiden kann, da sie ihn erschrecken. Das Jähe, Stürmische, Gespensterhafte ist nichts für Suleiman; dessen Träume sind still und sanft.
Doch jetzt kommen die Beiden in die breiteren Straßen; [25] da ist es lauter. Man hört überall Singen, Lachen und Lärmen. Lustige Zecher schwanken Arm in Arm wie vom Winde verwehte Papyrusrollen in Zickzacklinien vorüber.
Vor der großen Moschee prügeln sich ein paar betrunkne Kameltreiber – ihre Kamele sehen verwundert zu, alte Frauen schreien, und das Volk, das gemächlich daneben steht, lacht.
Safur und Suleiman biegen rechts ab in einen schmalen Gang, der Erstere voran. Sie gehn hintereinander schweigend einher an einem niedrigen Bretterzaun entlang, über den sie hinüberblicken können. Es liegt ein großer Garten hinter dem Bretterzaun. Neben den mit bunten spiegelglatten Fliesen gepflasterten Fußwegen des Gartens sind über den Erdboden kurz geschorene Rasen gebettet, auf denen einzeln große rote Tulpen blühen. Weiterhin plätschern kleine Springbrunnen in großen Teichen, die vom Sternenlicht durchstrahlt mit ihren kleinen Wellen glitzern und funkeln wie ein Heer arabischer Krieger mit blanken Helmen und blitzenden Damascenerklingen.
Lorbeeralleen verdunkeln die weiter hinten gelegenen Parkanlagen. Neben den Teichen ragen hohe Palmen in den Sternenhimmel hinauf. Die Dichter gehen noch an Myrtengebüschen vorbei und gelangen dann durch eine offne Tür in den großen Park. Still wandeln sie hier auf den bunten Fliesen der Fußpfade weiter. Safur denkt an seine Wüstengeister, und Suleiman sucht nach einem feinen Ausdruck für tiefe Gartenstille, in den Vers soll sich gleich Erwartungsstimmung mit hineinweben.
In der Mitte des Parks steht ein leicht gebautes Sommerhaus mit weiten indischen Galerieen; in deren zierlichen Spitzbögen schaukeln sich Papier-Ampeln, die ganz mit grellbunten Vögeln bemalt sind. Vor der großen Hallenpforte kauern verdrossen ein paar nubische Sklaven mit krausem Wollhaar.
Der alte Suleiman sagt zu einem der jüngeren Nubier:
»Geh hinein und sage dem dicken Kodama, er möchte [26] hinauskommen, wir müßten zur Sternwarte, der Mond wär schon aufgegangen, und die Mondfinsternis wär auch bald da. Geh schnell!« Und der Dichter zeigt dem Nubier den Halbmond, der jetzt über die dunklen Lorbeeralleen im Osten in den Garten schaut. Der Sklave rennt eilig von dannen.
Aus den inneren Gemächern des leicht gebauten Sommerhauses dringen jetzt reine volle Saitentöne heraus. Weiche Frauenstimmen schallen hell und wonnig dazwischen. Die Töne schwellen an und säuseln dann wieder, dann hüpfen sie, trällern, locken und girren wie Tauben, klagen auch sehnenvoll wie verlassene Geliebte, murren und necken, reizen und beruhigen ...
Es sind die Sängerinnen der alten Dschellabany. Die singen vor den reichen Jünglingen Bagdads und trinken mit ihnen feurigen Wein. Ein wildes indisches Freudenlied jubelt durch die üppigen Säle.
Die Dichter warten draußen.
Plötzlich wirds still.
Und von zwei Fackelträgern grell beleuchtet, schreitet eilig eine stattliche schöne Negerin durch die mit herrlich durchbrochenen Zierleisten umrahmte Hallenpforte hindurch. Die schwarze Schöne streckt den beiden Dichtern die vollen schwarzen Arme entgegen. Ihre goldenen Armspangen glühen im grellen Fackelschein. Ein Perlendiadem schmückt ihr schwarzes Haar. Ihre Brust hebt sich in raschen Atemzügen unter schneeweißem Linnenzeug.
Die Schwarze bittet die Dichter, sehr erregt mit den Armen herumfuchtelnd, ihr zu folgen; sie meint, Kodama komme ja sofort mit und bis zur Sternwarte seis doch nicht so weit. Sie deutet dabei auf ihren breiten grünen Lendengurt, der an Alis grünen Schimmel gemahnen soll.
Das Grün des seidenen faltigen Gürtels unter dem weißen lockeren Busentuche hebt sich prächtig von den weiten rotseidenen Beinkleidern ab, die unten am schwarzen Fußknöchel zusammengeschnürt sind, sodaß die rote Seide [27] in bauschigen Falten überhängt und fast die Steinfliesen streift.
Jedoch die Dichter wollen nicht mitkommen. – Safur sagt: »Das kennen wir schon! Wenn wir zu Euch hineingehen, so gehen wir nicht sobald wieder hinaus!«
Die stattliche Negerin nestelt verlegen an ihrer dicken Perlenschnur, die ihren starken Nacken umkränzt – muß dann aber mit ihren Fackelträgern ohne die beiden Dichter – abgehen.
Wieder klingen die Saitentöne und die hellen hallenden Frauenstimmen durch das Sommerhaus der alten Dschellabany, vor deren gastlicher Tür Safur und Suleiman geduldig warten und den Halbmond betrachten.
Und nach einer guten Weile kommt dann der Kodama, Bagdads dickster Gelehrter, auch endlich zum Vorschein. Er ruft ärgerlich: »Na, ein Glas Wein hättet Ihr doch noch trinken können!« Indeß die Dichter zeigen lächelnd auf den Halbmond und erklären dem Kodama, daß die Mondfinsternis sehr bald eintreten müsse.
Die Drei begeben sich daher ohne weiteren Verzug zusammen zur Sternwarte, die einst der gebildete Chalif Mamun für die Astronomen mit großen Kosten erbauen ließ.
Das weite Himmelszelt mit seinen Sternen funkelt.
Der Halbmond steht drüben im Osten über den Lorbeeralleen.
Der Garten ist still, nur die Springbrunnen plätschern.
Die roten Tulpen auf den geschorenen Rasen leuchten wie kleine rote Flammen.
Im lauen Nachtwind schaukeln langsam die ruhigen Palmen.
Aus der Ferne ganz leise dringt von den Gartenmauern hernieder der Lärm der großen Stadt.
Die Drei wandeln schweigend zur Sternwarte.
Bagdads Lachen verhallt.
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