501. Stadt Oldenburg.

a.

Früher soll das Oldenburger Land sehr reich an Waldung gewesen sein, und die Eichenbestände reichten bis dicht an die Stadt heran. Zwischen Oldenburg und Delmenhorst befand sich ein ununterbrochener Wald, sodaß ein Eichhörnchen von Oldenburg bis Delmenhorst von einem Baume auf den andern springen konnte, ohne den Boden auch nur einmal berühren zu müssen.


Vgl. 382.

Fußnoten

1 Man vergleiche gelegentlich: »Statistische Beschreibung der Gemeinden« von Kollmann, 1897, die »Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Oldenburg« und »Jahrbuch für die Geschichte des Herzogtums Oldenburg« (erscheint alljährlich zu Weihnachten).

b.

Der Ratsdiener der Stadt bezog früher von den Bauern zu Wehnen und Ofen eine Anzahl Getreidehocken zum Werte von reichlich 30 Mark. Früher nämlich wurden sämtliche Stadttore nachts geschlossen und auch gegen Sperrgeld nicht geöffnet. Daher ließen sich die Bauern, wenn sie sich bei Trunk und Spiel in der Stadt verspätet hatten, von dem Ratsdiener heimlich die Nebenpforte öffnen, welche von dem Heiligengeist-Wall nach der Harenschanze führte – wo später die Fußgängerbrücke zwischen Wall und Katharinenstraße angelegt wurde. Aus Dankbarkeit sagte ihm der und jener eine Hocke Korn zu, und aus der freiwilligen Gabe ward im Laufe der Zeit eine Pflicht.

c.

Früher bestand in der Stadt unter dem Namen Opfer-und Wächtergeld eine Abgabe, die Bürger mit bürgerlicher Nahrung (Handwerker, Wirte, Kaufleute) im Betrage [241] von 12 Grote Gold für das volle Haus bezahlen mußten. Die Abgabe ist 1840 aufgehoben; von ihrer Entstehung aber erzählt man sich folgendes. In uralten Zeiten hielt die Stadt auf einem der Türme einen Wächter, welcher allnächtlich wachen und bei dem Ausbruche eines Feuers und sonstigen Gefahren blasen mußte. Die Vergütung für seine Mühen sammelte er sich selbst in den Häusern, indem er hineinrief: »Opfert dem Wächter!« Die Abgabe wurde beibehalten und erhielt von jenem Ausrufe ihren Namen.

d.

Auf dem Kirchhofe zu Oldenburg, unmittelbar vor der Gertrudenkapelle, steht eine große alte Linde. Etwa zehn Fuß vom Boden entsendet der dicke knorrige Stamm, dessen Umfang 15-16 Fuß beträgt, nach allen Seiten hin ein breites Laubdach, etwa 40-50 Fuß im Durchmesser, und steigt dann hoch auf, um oben eine zweite Krone zu bilden. Ein Mädchen, heißt es, war unschuldig zum Tode verurteilt und wurde vor das Tor zur Richtstätte geführt. Unterwegs ergriff es einen am Boden liegenden dürren Zweig, steckte ihn verkehrt, das obere Ende unten, in die Erde und sprach: »So wahr dieser Zweig ausschlagen und zu einem mächtigen Baume erwachsen wird, so wahr bin ich unschuldig!« Das Mädchen wurde hingerichtet; der Zweig aber bekam Leben, wuchs und gedieh und wurde der Baum, der jetzt den Kirchhof schmückt. Da, wo die Äste sich zur Laube ausbreiten, da waren an dem dürren Zweige die Wurzelfasern; die wollen nicht in die Höhe, sondern streben immer seitwärts und nach unten und sind so knorrig, wie nur Wurzeln werden können. – Einige geben an, das Mädchen habe bei einer reichen Herrschaft gedient und habe dem Sohne derselben nicht zu Willen sein wollen. Da, so erzählen sie, nahm der Sohn seinen Eltern einige silberne Löffel weg und verbarg sie in dem Koffer des Mädchens. Als die Löffel vermißt und überall im Hause gesucht wurden, fand man sie endlich in dem Koffer. Das Mädchen wurde des Diebstahls derselben schuldig befunden und zum Tode verurteilt. – Auf dem Kirchhofe sind eine Äbtissin und drei Nonnen in einem Grabe begraben. Jede Nacht um zwölf Uhr erstehen diese Toten aus ihrem Grabe, wandern nach der alten Gertrudenkapelle und wieder zurück nach ihrem Grabe.

e.

In Oldenburg gibt es eine Muttenstraße und eine Kurwiekstraße, die sich durchschneiden. Die erstere soll den Namen von einer Mutt, wie man plattdeutsch das Mutterschwein [242] nennt, die andere von dem Grunzen der Ferkel bekommen haben.

f.

Das Ballinsche Haus an der Langenstraße nahe dem Rathause soll ehemals ein Kloster gewesen sein. Es geht ein unterirdischer Gang unter diesem Hause fort nach dem Everstenholze. – Der jetzige (1867) Eigentümer hat es einmal gewagt, den Gang eine Strecke weit zu verfolgen. Er ist dadurch ein reicher Mann geworden, denn er hat dort einen Schatz gefunden. Ein solcher Gang soll auch münden unter dem Hause des Kaufmanns von Lengerke an der Langenstraße. – Unterirdische Gänge kommen vor: 514a, 519a, 520c, 554d, 577a, 584c, 588e.

g.

Auf dem Heiligengeist-Turme zu Oldenburg ist ein großer vergoldeter Hahn, der jedesmal, wenn er um Mitternacht die Uhr zwölf schlagen hört, sich einmal umdreht. (Scherz; er hört den Schlag eben niemals.)


Vgl. 187d.

h.

Zur Zeit des Abtes Albert in Rastede haben die Oldenburger Grafen die Lambertikirche erbaut. Ein Graf Dodo aus dem Geblüte der Grafen von Rüstringen, später Graf in Ardenne im Frankenlande geworden, hatte den heiligen Lambert mit dem Schwerte umgebracht. Gott aber hatte des Märtyrers Blut in den Nachkommen Dodos gestraft. Damit nun von diesen die Strafe weggetan werde, wurde in Oldenburg eine Pfarre gestiftet und die auf eine Meile Weges herumliegenden Dörfer dazu gegeben. (Rasteder Chronik.)

Wie der Teufel Oldenburg zerstören will: 192a. – Die Hunte bei Oldenburg fordert alljährlich ein Opfer. – Der Teufel in Gestalt eines schwarzen Hundes durchläuft jede Nacht die Stadt: 194k. – Das Schloß zu Oldenburg ist verflucht: 152g. – Spukorte in Oldenburg: 179s, 180d, 182p, 182l. Hexenplätze: 218, 229 f.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 501. Stadt Oldenburg. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-28DF-C