208.

Das Vermögen zu hexen beruht also auf einem Bündnisse mit dem Teufel. Aber nicht immer entspringt dies Bündnis freier Wahl, denn diejenige, deren Eltern Hexen gewesen sind, wird zur Hexe geboren (Saterland). Gewöhnlich aber lernt man das Hexen in Folge eigenen Entschlusses und eigenen Abfalls zum Teufel, der durch irgend eine Zeremonie, namentlich durch Verschreibung mit dem eigenen Blute oder durch Lossagung von Gott, förmlich vollzogen wird. Die Frauensperson, die eine Hexe werden will, setzt sich zum Beispiel mit einer fertigen Hexe unter einen Weidenbaum und spricht derselben nach:


»Hier sitte ick unnern Willgen
un verswere Gott un alle Hillgen!«

dann trägt sie mit ihrem eigenen Blute ihren Namen in ein Buch (Saterld.). Kinder erlernen von alten Hexen deren Künste und müssen eine förmliche Lehrzeit durchmachen. Während dieser Zeit lernen sie Mäuse machen, und zwar nach einer Nachricht weiße, aber die Mäuse haben noch keinen Schwanz. Aus vielen Schulen wurde früher erzählt, daß Kinder vor den Augen ihrer Mitschüler und selbst der Lehrer solche ungeschwänzte Mäuse machten, die auf Tischen und Bänken umherliefen. Ist die Lehrzeit beendigt, so haben die Mäuse einen Schwanz, und es ist daher das Vermögen, vollständige Mäuse zu machen, ein Kennzeichen, daß jemand eine wahre ausgelernte Hexe ist. Einmal heißt es, man lerne das Hexen am besten am Tage vor der Konfirmation (Ganderkesee). Während der Lehrzeit ist eine Rettung des Lehrlings noch möglich, nach der Beendigung ist die Seele auf ewig verloren. Doch kommt es vor, daß eine Hexe sich dadurch freimachen kann, daß sie drei andere Leute hexen lehrt, so wie Spuksichtige des Spuksehens ledig werden, wenn sie die Gabe auf andere Personen übertragen.

[367] Wenn die Hexe einmal Hexe ist, tritt übrigens der Teufel sehr zurück, die Hexe ist dann sich selbst genug und versucht auch kaum, vom Teufel wieder loszukommen. Nur sehr selten werden wir daher vom Teufel in den späteren Paragraphen noch erfahren. Es erscheinen Teufel als dienende Geister, einzeln bei Hexenfesten, und endlich wird dem Teufel bei Vertreibung von Hexerei einmal ein Opfer dargebracht. Was in den Hexenprozessen früherer Jahrhunderte den Mittelpunkt alles Hexentreibens bildete, die Buhlschaft mit dem Teufel, ist in keiner Mitteilung aus unserem Lande auch nur angedeutet. Eine sprichwörtliche Redensart: »De Hexe bin Düwel verklagen« erkennt übrigens den Teufel als bleibendes Oberhaupt der Hexen an.

a.

Ein strenger Vater hatte eine kleine Tochter, die jeden Abend vor dem Schlafengehen ihr Gebet hersagen mußte. Eines Abends aber betete sie ein ganz anderes Gebet, und als der Vater am anderen Morgen nachfrug, wo sie das Gebet gelernt habe, da antwortete sie: »Die und die hat es mich gelehrt, und wenn ich es sechs Wochen lang bete und dann mit einer schwarzen Henne im Arm dreimal gegen die Sonne um die Kirche gehe, dann kann ich alles, was ich will.« Der Vater aber übergab das Kind dem Pastor, der nahm es vor und brachte es dahin, daß es wieder recht betete. (Saterld.)

b.

Einst hatte ein junges Mädchen bei einer alten Hexe Unterricht im Hexen genommen und war schon so weit, daß sie Mäuse machen konnte, aber diese hatten noch keinen Schwanz. Da kam der Pastor dahinter. Das Mädchen mußte drei mal betend mit der Sonne um den Kirchhof gehen, und damit war das Hexen aus. (Saterld.)

c.

In Erlte, Ksp. Visbek, war eine junge Frau, von der oft gesagt wurde, daß sie hexen könne. Sie hatte einen alten Schwiegervater im Hause. Der hatte auch oft davon gehört und wollte gern wissen, ob es wohl wahr sei. Nun war er eines Tages allein mit ihr im Zuschlage zu arbeiten, da sagte er zu ihr, er habe oft gehört, daß einige Leute viele Künste verstünden, so daß sie Mäuse oder doch andere Tiere nach Belieben machen könnten. Sie antwortete nichts darauf. Eine Zeit lang hernach aber sagte sie zu dem Alten, er möge ihr doch die Forke holen, welche dort an dem Misthaufen liege. Als er nun hinging, sah er bei der Forke drei Tiere, gestaltet wie Mäuse, nur daß sie viel größer waren; sie saßen still [368] und hatten den Mund weit offen und quäkten fortwährend leise. Der Alte rief die Frau, da entgegnete sie, ob er nun Mäuse sehe, er habe ja soeben davon gesprochen. Da fragte er, ob er die Tiere totschlagen solle, aber sie erwiderte, das solle er nicht tun, sie täten ihm ja auch nichts zu Leide. Als er nun mit der Forke zur Frau zurückgehen wollte, sah er noch viel mehr solcher Tiere, und das so viele, daß er kaum seinen Fuß setzen konnte, ohne auf einige zu treten; alle hatten das Maul weit offen und waren überein gestaltet, nur daß einige ganz klein waren. Seitdem fürchtete er sich sehr vor der Frau und wollte nicht wieder allein mit ihr zu Hause bleiben.

d.

Ein Schulknabe hatte seinen Mitschülern erzählt, er könne Mäuse machen. Der Lehrer, dem dies zu Ohren gekommen war, fragte ihn, ob er denn auch schon Mäuse mit Schwänzen machen könne. Das könne er noch nicht, erwiderte der Knabe, aber seine Tante wolle es ihn heute abend noch lehren, und als andern Tages der Lehrer seine Frage wiederholte, antwortete er: Ja, nun könne er es. Als der Pastor dies erfuhr, schalt er den Lehrer tüchtig aus und nahm den Knaben zu sich, der auch ein guter Junge wurde. Aber von da an siechte der Knabe hin und starb nicht lange nachher. Vor seinem Tode mußte der Knabe dem Pastoren versprechen, ihm zu erscheinen und ihn zu benachrichtigen, ob er selig geworden sei. Als nun einst der Pastor in seinem Garten ging, kam eine Krähe herangeflogen und setzte sich auf einen Püttschwengel. Der Pastor fragte: »Jan, büst du't?« worauf die Krähe antwortete:


»Ja, Gott un de Hillgen eenmal verswaren
is ewig verlaren!«
und davon flog. (Saterld.)

e.

Zwei Hexen beredeten einst ein junges Mädchen, welches sehr kränklich war, das Hexen zu lernen; dann werde sie viel gesunder und könne sich viele Freude machen. Sie ließ sich bewegen und lernte das Hexen. Die beiden Weiber nahmen einen schwarzen Topf, den mußte das Mädchen in der Hand halten und dreimal sagen:


»Ick verswere Gott
un glöwe an den swarten Pott.«

Als sie das getan hatte, konnte sie alles hexen, aber sie wurde noch kränker und fürchtete, daß sie sterben müsse. Sie hatte versprechen müssen, daß sie keinem Menschen etwas sagen wolle, [369] aber jetzt konnte sie es nicht länger aushalten und klagte es ihrer Mutter. Da sagte diese, sie solle, wenn sie stürbe, doch wieder kommen und ihr mitteilen, wie es ihr gehe. Als das Mädchen nun tot war, ging die Mutter eines Tages auf das Feld zur Arbeit, da kamen viele Raben und flogen über ihr herum, zuletzt ließ sich einer nahe bei ihr nieder. Da dachte die Mutter an ihre Tochter und sagte zum Raben: »Weißt du, wie es meiner Tochter geht?« Da antwortete der Rabe:


»Gott verschworen
geht ewig verloren!«
und flog mit jämmerlichem Geschrei davon. (Visbek.)

f.

Wo nu Gerd-Ohm wahnt, dar hett fröher de ole Fischersche wahnt, dat is 'n Linnenwäwersche wäsen; se hett awers nyn Schärrahmen hadd. Do üs se ümmer hengahn na den olen Lamp syn Hus un hett dar ümmer scharen, un as se eenmal weggahn is, do hett de Koh aewer Kopp utn Stall nut wullt. Dat Heu hett se nich fräten wullt. Do hett de ole Lampe wat van Meyer halt, datt hett se fräten. Do is he na de Fischersche hengahn un hett är seggt: »Du hest mi myn Koh behext! makst du se nich glyks wedder god, denn geit di 't nich god!« Do is se mitgahn un hett mir lowarm Water de Dörklink un den Süll afwusken, un hett dat de Koh to supen gäwen, do hett se fräten. Do hett de ole Lampe seggt: »Lisbeth, Lisbeth, warum hest du mi dat dahn?« Do hett se seggt: »Ick möt dat dohn, ick kann jo nich anners; twee heww ickt lehrt, wenn ickt de drüdde ok noch lährt heww, denn bruk ickt nimmer to dohn.« (Brake.)

g.

In Bakum ist ein Mädchen gewesen, das Mäuse, Ratten, Schlangen und anderes mehr hat herbeihexen können. Es hat auf einer Stuhllehne sitzen können, wie ein Vogel auf einem Zweig. Auf die Frage, woher sie ihre Kunst habe, hat sie geantwortet: »Von Hönes Gesche.« Der Pastor hat das Mädchen wieder auf den rechten Weg gebracht.


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 208. [Das Vermögen zu hexen beruht also auf einem Bündnisse mit dem Teufel]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2C18-6