547. Lindern.

a.

Lindern wird von den Benachbarten mit dem Spottnamen Jerusalem belegt. Einige Bewohner des Ortes haben Ausschreitungen verübt. Am folgenden Sonntage soll der Pastor Bredemeyer die Exzedenten auf der Kanzel angesprochen haben: Jerusalem, Jerusalem, das du steinigst die Propheten usw. Das haben Auswärtige, die der Predigt beiwohnten, weitergetragen, und so entstand das Spitzwort.

b.

Im 18. Jahrhundert wurde das Kirchspiel Lindern durch einen Räuberhauptmann, Ferdinand mit der Bände, unsicher gemacht. Er wohnte bei Lorup in einem Schafkoven und unterhielt hier eine Schar Krähen als Wächter. Sie bildeten auch seine tägliche Kost. Flogen die Krähen, die er gut fütterte, fort, so zeigte dies an, daß sich jemand näherte. Der Räuber hatte etwa 12 Gesellen und betrieb sein Räuberwesen zur Nachtzeit. Viele Leute suchten sich von ihm loszukaufen. Nachdem sie eine Summe Geldes ausgelegt hatten, blieb ihr Besitztum ungeschoren. Wurden sie draußen von den Gesellen angefallen, so brauchten sie nur die Losung, die ihnen zugestellt worden, zu sagen und sie waren freigelassen. Die ältesten Leute in Lindern wissen noch viel von Ferdinand mit der Bände zu erzählen.

c.

Auf dem Wege von Lindern nach Liener liegt eine Fläche Grund, »Lintel« genannt. Hier hat ein Graf von Lintel gewohnt. Auf einem Grundstücke in Liener, Hillige Staul genannt, hat er seine Befehle erteilt und Recht gesprochen.

[351] d.

Garen trug früher den Namen Heitborg. Dieser Name besteht noch für eine Fläche Landes westlich von Garen. Als der Flugsand von Wachtum her Heitborg bedrohte, einige Häuser waren schon verschüttet, z.B. das Schlichtingsche Erbhaus, verlegten die Bewohner ihre Häuser in ihre Gärten, plattdeutsch Goaren, und daher erhielt die neue Ansiedlung den Namen Garen.

e.

Kleinenging hieß früher Ardfink, und daher nennt man noch heute die Bewohner Ardfinken. Die Herleitung des Namens ist nicht zu ermitteln. Einige sprechen von einem Graf von Ardfink, der dort gewohnt hat.

f.

Auen liegt an der Radde. Hier wuchs das erste Gras im Jahre und deshalb trieb man im Frühjahr die Mutterschafe mit den Lämmern dahin. Mutterschafe heißen Auen, und so entstand für die Ansiedlung der Name Auen.

g.

»Kerspel Linnerske Geschmack« sagten früher die Lastruper, wenn sie auf absonderliche Farbenzusammenstellung in der Kleidung, im Anstrich der Häuser usw., mit andern Worten auf Geschmacklosigkeit in der Wahl der Farben hinweisen wollten. Dazu schreibt man aus Lindern: Die Mädchen und Frauen in Lindern haben früher mit Vorliebe an ihren Mützen und Hauben viele breite bunte Bänder getragen, daher sie den Namen Linderen (»Lind« plattdeutsche Bezeichnung für Mützenband) erhielten, welche Bezeichnung schließlich auf den Ort übertragen worden.

Spuk auf dem Wege von Auen nach Werlte: 180a. Schwarze Frau auf Kaspers Damm: 185aa. Spuk bei den Schlingsteinen: 185bb.


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 547. Lindern. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-3066-6