179.

Die Wiedergänger erscheinen in mannigfachen Gestalten. Einige zeigen sich so, wie sie sich im wirklichen Leben gezeigt haben: Körper, Kleidung, Benehmen sind eine treue Wiedergabe dessen, was man an dem lebendigen Menschen gekannt hat. Andere erscheinen in ihrem gewöhnlichen körperlichen Aussehen, aber in weiten weißen, grauen oder schwarzen Gewändern; es sind die Totenhemde, in denen sie auftreten. Ist der Wiedergänger noch von seiner qualvollen Wanderung zu erlösen, so ist das Gewand weiß; ist dasselbe aber grau oder schwarz, so ist alle Rettung vorbei, der Wiedergänger ist auf ewig verdammt, ein Teufelsgenosse, und wird endlich selbst Teufel. Oftmals erscheinen ferner die wandelnden Seelen als Flammen (die unschuldigen als kleine, meist blaue Flämmchen, die verdammten in der Regel größer). Sternschnuppen und Irrlichter sind Seelen, und zwar die Irrlichter – Spoklechter, fürige Kärls – verdammte. Ganze glühende Menschengestalten und Menschen mit glühenden Geräten sind nicht selten. In allen diesen Erscheinungen treibt der sich zeigende Wiedergänger gewöhnlich das, was ihn zum Spuken gebracht hat.

Vielfach nehmen die verdammten Seelen Tiergestalten an, so die von Hunden, Katzen (176 e), Raben (208 e), Krähen (208 d), Elstern und anderen Tieren. Es kommt sogar der Fall vor, daß ein Wiedergänger – es ist ein Mörder und zwar ein Brudermörder – das eigentliche Kennzeichen des Teufels, einen Pferdefuß führt. Auch Tiergestalten, welche auf das begangene Verbrechen hindeuten, werden gewählt. Verwünschte müssen das sein und tun, wozu sie verwünscht sind. Mitunter müssen die Wiedergänger, mag ihre Gestalt sonst sein, welche sie wolle, eine große schwere Kette klirrend hinter [221] sich herschleppen; auch dies gilt als Zeichen der Verdammnis. – In Holle heißt es, die Wiedergänger schwebten über der Erde weg, und die Beine seien häufig nicht zu entdecken; damit stimmt eine Mitteilung aus Ramsloh 553 e.

Selbstmörder gehen als Teufel in Gestalt eines Hundes, eines Kalbes ohne Kopf usw. nach der Stelle, wo der Selbstmord geschehen, setzen sich dort und verschwinden, um bald den alten Gang wieder aufzunehmen, und so müssen sie immer wieder den alten Weg gehen, den sie in ihrem Leben das letzte Mal gegangen sind. Haben sie in ihrem Leben schlechte Taten verübt, so müssen sie auf den Wegen wieder gehen, die sie im Leben zur Begehung ihrer Bosheiten gegangen sind. Hat jemand aus Furcht vor Strafe Selbstmord begangen, so muß er immer wandern, kann niemals Ruhe finden; nur wenn er mit dem ewigen Juden zusammentrifft, darf er mit diesem unter zwei aufgestellten Eggen eine zeitlang ruhen (vgl. 247). Wer ihm auf seiner Wanderschaft entgegentritt, erhält einen Stoß, daß er ohnmächtig niederfällt. Ist ein Selbstmörder im Leben von seiner Familie schlecht behandelt worden und hat aus Verzweiflung Hand an sich gelegt, so rächt er sich nach dem Tode dadurch, daß er Unheil über seine Angehörigen heraufbeschwört: Viehsterben, Krankheiten usw. Wer die schwarze Kunst versteht, kann ihn wegbeten oder dadurch unschädlich machen, daß er das Kreuzzeichen am Hause anbringt oder auf dem Wege, der zum Gehöft führt. Geizige gehen wieder als Hunde, die Arme haben, oder als Gestalten, die halb Mensch halb Kalb sind. Sie sind verurteilt, das Geld, das sie beiseite geschafft haben, immerfort umzuschmelzen und wählen dazu besondere Plätze. Wer sie dabei überraschen kann und schlägt mit dem Stock ins Feuer, so daß die Kohlen auseinander fliegen, und dann am folgenden Tage den Ort wieder aufsucht, der kann die Goldstücke zusammensuchen und zum beliebigen Gebrauch verwenden (Wildeshausen).

a.

Unten im Kniphauser Schlosse hört man oft des Nachts die Türen klappern, und einzelne haben gesehen, daß alsdann eine Frau mit einem Schlüsselbunde an der Seite durch Gänge und Zimmer wandelt. Das ist die Benlopsche, die Beischläferin eines ehemaligen Häuptlings Lübbe Onken, die ihres Geliebten Ehefrau Reinolde mit einer Biersuppe vergiftet hat; sie bewacht noch jetzt die Räume, in denen sie ehemals als Herrin gewaltet hat.

[222] b.

In einem Bauernhause des Butjadingerlandes sah man oft in einer Seitenstube einen Mann von kleiner Gestalt, mit einem braunen Rock und einer weißen Mütze bekleidet, vor einem offenen Schreibpult sitzen. Er beschäftigte sich mit einem Stücke Papier, welches er erst las und dann zerriß. Die Fetzen verbrannte er an einem vor ihm stehenden Lichte; dann verschwand er. Dieser kleine Mann war der verstorbene Herr des Hauses, der ein Testament vernichtet und dadurch sein Gut bekommen hatte. Nun hatte er im Grabe keine Ruhe. Sein Sohn, um des Spukes los zu werden, ließ das ganze Hinterhaus umreißen und ein neues bauen, worauf der Geist verschwunden war.

c.

Ein reicher Mann in Emden dachte durch Betrug seinen Reichtum noch zu vermehren und machte einen falschen Bankerott. Allein sein böses Gewissen ließ ihm keine Ruhe, und er brachte sich selbst ums Leben. Nahe bei seinem Hause wohnte ein Müller, der aber seine Mühle draußen vor der Stadt hatte. Eines Abends begab sich der Müller von der Mühle auf den Weg nach Hause; da es aber sehr stark zu regnen anfing, spannte er seinen Schirm auf. Der Weg führte ihn am Kirchhofe vorbei, und wie er bei diesem vorüberging, kam ein Mann vom Kirchhof herab, trat mit unter den Schirm und ging mit ihm des Weges weiter. Der Müller fing an zu reden über das schlechte Wetter und dies und das, bekam aber keine Antwort, sodaß er bei sich dachte: »Wer mag das sein?« konnte ihn aber bei der Dunkelheit nicht erkennen. Als sie in die Stadt und zu dem Hause jenes Kaufmanns kamen, der sich selbst getötet hatte, trat der Mann unter dem Schirme weg, bestieg die Treppe, öffnete die Tür und ging hinein. Der Müller blieb stehen, um das weitere zu beobachten. Er sah, wie der Mann Licht machte, in sein Kontor ging und unter Papieren kramte, und jetzt erkannte er deutlich den Selbstmörder. Wie betäubt ging der Müller nach Hause und sank ohnmächtig zu Boden. Als er sich erholt hatte, erzählte er sein Begegnis, verfiel aber hernach in eine Krankheit, an der er auch bald darauf starb. (Delmenhorst).

d.

Ein Mann ging nach seinem Tode wieder, sodaß die Leute im Hause keine Ruhe vor ihm hatten. Da ging die Frau zum Pastoren und fragte ihn um Rat, was dabei zu machen sei. Der Pastor fragte entgegen, was für Zeug der Mann anhabe, und als die Frau erwiederte: »Einen grauen [223] (grisen) Rock,« da sagte der Pastor, dann lasse sich nichts dabei tun. (Butjadgn.) –


Vgl. über die weißen und schwarzen Gewänder 173a, c, e, h, 176 c, 182 c, i, l, n, 184 p.

e.

Im Hahner Busche, Ksp. Rastede, nahe bei der Hahner Bäke, sieht man oft des Nachts ein Flämmchen. Als nämlich einst das Gesinde auf dem Hahner Dobben, einer Wiese, beim Heumachen war, begab sich eins der Mädchen in den Busch und gebar ein Kind, das sie in die Erde verscharrte. Dort nun, wo das Kind begraben ist, zeigt sich die nächtliche Flamme.

f.

Eine Mutter saß mit ihren sechs erwachsenen Kindern am Weihnachtsabend um den Tisch. Die Rede kam auch darauf, wer unter ihnen am ersten sterben müsse, und die Mutter sagte: »Sterbe ich zuerst und kann es, so will ich euch erscheinen, wenn ihr alle wieder so beisammen seid wie heute.« Die Töchter mahnten ab, sie würden sich sehr erschrecken, aber die Mutter sagte: »Natürlich würde ich euch nicht in solcher Gestalt erscheinen, daß ihr darüber erschrecken müßtet.« Im Laufe des Jahres starb die Mutter, und am Weihnachtsabend waren die Kinder wieder alle um den Tisch versammelt. Da kam ein helles blaues Flämmchen hüpfend daher und flog dem einen Sohne an den Arm. Ein Jahr darauf war er tot. (Elsfleth.)

g.

Einst lebte in Schwei ein Mann, der seinem Ehegelübde wenig treu blieb: fast jedes Jahr wurde von seinen Dienstmädchen eins entlassen, welches von dem Herrn schwanger war. Das kostete ihn viel Geld, und dennoch hatte er vor seinem Tode nicht für alle seine unehelichen Kinder sorgen können. Als er nun gestorben war, kam er des Nachts wieder, ging vor das Bett seiner Frau, dann an den Geldschrank und verschwand endlich in Gestalt einer Feuerflamme. Später hat er sich auf einem Wege bei Schwei noch manchmal gezeigt. Er begleitete die Vorübergehenden und hat einmal einen Schneidermeister so geängstigt, daß dieser Jahre lang nachher kränkelte.


Vgl. 183 m, 184 o.

h.

Bei Dinklage hatten zwei Heuerleute ihre Bauern auf Anstiften eines Verwandten desselben, welcher die Stelle erben wollte, ermordet. Sechs oder sieben Jahre später ging ein Meister mit seinem Gesellen an der waldigen Mordstelle vorüber. Da zeigte der eine Gesell, welcher eben erst aus der Fremde zugereist und mit dem Geschehenen ganz unbekannt war, auf einmal eine große Angst. Auf Befragen erzählte er, [224] er habe gesehen, daß ein weißgekleideter Mann von zwei glühenden Männern nach tapferer Gegenwehr getötet und um die Ecke des Busches geschleift sei – ganz so, wie die Sache sich früher zugetragen hatte.

i.

In der Nähe von Ovelgönne lassen sich am Sieltief sieben feurige Kerle sehen, falsche Landmesser, die im Grabe keine Ruhe haben.

Ein »gläuniger Kerl«, Priggenpiel genannt, kam nachts von Suhle nach Hemmelte (Gem. Lastrup) herunter, ging durch Ahrens Kaven am Wege nach Kneheim zum Hemmelter Moor, in welchem er verschwand. In Ahrens Kaven kroch er jedesmal durch das Dach, eine große Oeffnung zurücklassend. Ahrens mußten zuletzt den Schafstall abbrechen, weil sie das Dach nicht dicht halten konnten. Die Leute hielten ihn für einen Wiedergänger.

k.

Dar is mal'n Fro wäsen, de is ut wäsen un kummt lat wedder na Hus. As se'n Flagg gahn is, do sütt se mitn mal 'n lütjet Spoklecht vor sick updanzen. Se fat ähr Schort apen un lett't dar henindanzen. As se in Hus is, liggt ähr Mann all uppen Bette un se seggt: »Ich heww di ok wat mitbrocht.« Mit dem lett se ähr Schort los, un dar fallt wat up de Aer un klätert. As se awers äben uppen Bedde is, kricht se so viel Kälte, dat steckt un präkelt ähr an'n ganzen Liwe, dat se ganz nich liggen kann. Se steit wedder up un steckt Lucht an un do sütt se, dat dat, wat ähr ute Schorte fullen is, 'n Minskenribbe is. Do seggt ähr Mann: »Nu mößtu se wedder in de Schorte nähmen un bringen se wedder up de Stä, war du se krägen hest.« Dat deit se, un as se up de Stä is, makt se de Schörte apen, do danzt 't ähr wedder as'n lütjet Spoklecht ute Schörte. Un as se do wedder nan Bedde geit, kann se geruhig liggen (Moorriem).

l.

Auf dem Löninger Esch vor Burlagen Fuhrenkamp geht des Nachts ein glühender Pflug. Es hat einer dort vor Zeiten fremdes Land abgepflügt und muß nun mit dem Pfluge wiedergehen. – An einem Wege in Markhausen liegt unter großen Bäumen ein Mutterschwein mit fünf glühenden Ferkeln.

m.

In Vielstedt, Ksp. Hude, sieht man nachts auf dem Felde einen Pflüger. Mann, Pflug und Roß sind feurig. Der Mann ist ein früherer Bauer, welcher nun so umgehen muß, weil er bei seinen Lebzeiten seinen Nachbarn Land abpflügte.[225] – Ein Bauer, welcher die Grenzpfähle versetzt hatte zu Lebzeiten, muß im Esche zwischen Westerbakum und Büschel nachts von einem Pfahl auf den anderen springen, bis die Pfähle wieder an der rechten Stelle stehen. – Ein Priester, sagt man im Saterlande, der seinen Obliegenheiten im Leben nicht nachgekommen, muß nach seinem Tode in seiner früheren Kirche nachts zwischen 12 und 1 Uhr die Messe feiern. Um 1 Uhr muß er fertig sein, dann ist der Bann gelöst. Er wird aber nie fertig. Einmal fehlt dies, das andre Mal das. Darüber schlägt es 1 Uhr und er verschwindet.


Vgl. 181 a, 184 n.

n.

Zwischen Norddöllen und Visbek in der Kibitzheide soll im siebenjährigen Kriege ein hannoverscher Dragoner, welcher zu Norddöllen einquartiert gewesen, seine Frau umgebracht haben. An dieser Stelle geht des Nachts ein großer schwarzer Hund, welcher von vielen gesehen ist. Die Stelle wird daher nachts möglichst gemieden.

o.

Ein reicher Mann war im Besitze eines fluchbeladenen Erbes und zwar in Folge eines falschen Eides seines Vaters oder Großvaters. Sobald er nach Sonnenuntergang außerhalb des Hauses war, ward er von einem großen schwarzen Hunde auf Schritt und Tritt verfolgt. Er hielt sich deshalb meist zu Hause, aber nun fiel er bald auf ein langes schmerzliches Krankenlager, auf welchem er endlich starb. Während seiner Krankheit fand sich der Hund wieder ein und wich nicht von dem Bette des Kranken. Erst als dieser den letzten Atemzug tat, schlich er aus dem Sterbezimmer und verschwand.

p.

Zwei Freunde in Reitlande, Ksp. Seefeld, machten unter sich aus, wer von ihnen zuerst sterbe, solle dem anderen mitteilen, wo er geblieben sei, und an der Stelle, welche das Teufelsmoor heißt, wollten sie sich treffen. Acht Tage, nachdem der eine gestorben, ging der andere auf den bestimmten Platz. Dort fand er einen großen Hund, welcher eine Zeit lang hinter ihm herlief, dann aber die Gestalt des Verstorbenen annahm und sagte, er sei an den Platz gekommen, an welchen alle Lasterhaften kämen. Dann verschwand er, aber der Hund ist an jener Stelle noch öfter wieder gesehen.

q.

Im Amte Damme starb eine alte Frau, welche in ihrer Familie viel Uneinigkeit angestiftet hatte und namentlich ihrer Schwiegertochter ohne Grund sehr abgeneigt war. Nach ihrem Tode kam des Nachts immer ein großer schwarzer Hund in die Seitentür des Hauses, und wenn die Tür auch mit [226] Steinen, Prullen (Gerümpel) und Pfählen zugerammt wurde, kam der Hund dennoch ins Haus, sah ins Bett, in die Wiege, und legte sich neben der Wiege nieder. Wenn der Morgen kam, so entfernte der Hund sich schleichend. Als einst der Herr des Hauses einige Nächte abwesend war, wurde das Haus noch außerordentlich verriegelt und so viel vor die Haustür gestellt, bis sie die Tür sicher glaubten. Als aber die Frau im Bette lag, kam der Hund dennoch wieder und legte die Pfoten auf den Seitenrand des Bettes, worüber sie eine schreckliche Angst aushielt. In der zweiten Nacht holte sie den Nachbarn zum Gesellschafter; sie ließen das Licht brennen und setzten sich in der Stube hin. Jetzt kam der Hund nicht ins Haus, sondern legte die Pfoten aufs Fenster und sah herein. Die Frau sah ihn gleich und rief: »Dar is he all wedder!« worauf der Hund zurückging. Es dauerte aber nicht lange, so war er wieder am Fenster und machte sich so groß, daß er mit den Vorderpfoten bis an die oberen Scheiben reichte. Sie wagten nun nicht weiter hinzusehen. Später kam er noch jede Nacht wieder ins Haus, wenn aber jemand fremdes im Hause war, so blieb er draußen. Am Ende wurde er von einem Geistlichen durch Beten vertrieben, hat sich auch nachher nicht wieder sehen lassen.

r.

In der Herrlichkeit Gödens lebten auf einem Landgute zwei Familien, Vater und Sohn, von denen man immer sagte, sie hätten es mit dem Bösen zu tun. Die Frau des Sohnes starb sehr bald aus Kummer, und Vater und Mutter starben kurz hernach. Der Vater aber hatte keine Ruhe im Grabe, sondern wirtschaftete immer abends in und bei dem Hause herum und wurde oft als ein großer Pudel gesehen. Der Sohn heiratete wieder, hatte aber Gewissenspein und keine Ruhe und erschoß sich eines Morgens im Garten. Nun wurde der Spuk noch schlimmer, denn nun wirtschafteten alle beide, Vater und Sohn, und irrten allnächtlich als Hunde herum. Oft auch hörte man sie, ohne sie zu sehen. Sie liefen in schnellen Tritten die Diele herauf, dann wurden die Wagen auf und niedergerollt, das Geschirr zur Erde geworfen, und sie rasselten im Pferdestall mit Ketten, als wenn der ganze Stall voller Pferde wäre, und doch war keins darin, denn es war Sommer. Knechte und Arbeiter wollten zuletzt nicht mehr im Hause bleiben. Wenn die beiden es gar zu arg trieben, so ging die Frau auf die Kellerstube, stellte einen Tisch vor den Spiegel, deckte eine Serviette darüber, nahm ihre Bibel [227] und setzte sich dem Spiegel gegenüber und las und betete, worauf es dann ruhig wurde. Es kam aber nicht eher Friede, als bis alle Türen versetzt wurden. Die Frau ging aber noch jeden Abend vor Schlafen auf die Kellerstube und verrichtete ihr Gebet vor dem Spiegel.

s.

Der reiche Ratsherr Muhle zu Oldenburg ist auf plötzliche Art zu seinem Reichtum gekommen. Wie das zugegangen ist, weiß man nicht, aber man weiß gewiß, daß er vorher ein armer Zimmergesell war, und nachher war er so reich, daß er in seinem Garten an jeden Stachelbeerenbusch einen goldenen Adler hing. Wegen der Sünden die er begangen hat – er soll auch seine Frau schlecht behandelt haben – muß er nach seinem Tode umgehen, und das sowohl in seinem Hause, das an der Achternstraße stand, und später dem Weinhändler Bollmann gehörte, als auch in seinem Garten, der an der Alexanderstraße lag und später in den Besitz des Orgelbauers Schmidt überging. In dem Garten hat man noch einen schwarzen Hund umhergehen sehen. Wenn dieser Hund an eine Bank unter einem Birnbaum, den Lieblingsplatz des alten Muhle kommt, so stemmt er die Vorderpfoten darauf, und dann verwandelt sich sein Gesicht in das des alten Muhle. Auch sagen einige, der Hund, der nachts in den Straßen der Stadt läuft, sei Muhle.

t.

In Visbek wohnte in früheren Jahren ein Vogt Schwietering, welcher ganz willkürlich handelte, von den Einwohnern viele Geschenke erpreßte und viele Ländereien mit Gewalt und Unrecht an sich brachte. Lange Jahre hatte er ohne alle Religion gelebt und die Sakramente nicht empfangen. Als er nun krank wurde und die Seinigen darauf drangen, daß ein Pastor geholt würde, bei dem er beichten und sich bekehren möchte, wollte er anfangs von dem alles nichts wissen; doch zuletzt, als er seinem Ende nahe war, willigte er ein und versprach zu beichten, aber nur bei einem bestimmten Pater, welcher damals grade in Emstek sich aufhielt. Rasch wurde Anstalt gemacht, diesen Pater zu holen, und der Fuhrmann erhielt den Befehl, doch so schnell als nur möglich zu fahren. Aber sowie das Fuhrwerk mit dem Pater auf dem Erlter Sandbrinke war, ging der Wagen ganz auseinander, und die beiden, die darauf saßen, fielen zur Erde. Da soll der Pater gesagt haben: »Jetzt geht der Teufel mit dem Vogt los!« Als sie nun in aller Eile zu Fuße ankamen, war der Vogt [228] tot und war grade zu der Zeit gestorben, als der Pater das gesagt hatte. Nach der Zeit ist der Vogt wieder gekommen und hat in Visbek und der Umgegend viel Schrecken verbreitet. Viele haben ihn bald hier bald dort gesehen, und die Leute haben eine solche Angst vor ihm gehabt, daß sich kaum einer getrauen durfte, des Nachts durch Visbek zu gehen. Als einst ein Mann aus Halter eines Abends spät von Visbek nach Hause ging und vor Zeller Averbeks Hause vorüber war, kam etwas hinter ihm, und sowie er sich umsehen wollte, sprang es ihm auf die Schultern und hielt ihn fest umklammert, sodaß er es nicht los werden konnte, und es war auch sehr schwer, sodaß er es kaum tragen konnte. Er glaubte nun, daß es Schwietering sei, und erlitt davon soviel Angst und Schrecken, daß er davon gleich, als er zu Hause ankam, starb. – Ein andermal gingen zwei Jünglinge des Nachts von Norddöllen nach Hogenbögen. Als sie vor dem Dorfe waren, kam ein sehr großer schwarzer Hund zu ihnen und begleitete sie eine Zeit lang. Auf dem Rückwege fand sich der Hund wieder in und blieb auf der nämlichen Straße stets neben ihnen. Nicht lange nachher kamen sie in der Nacht wieder desselben Weges, begegneten abermals dem Hunde und wurden von ihm begleitet. Da fragte der eine, wer er sei, und eine rauhe Stimme antwortete: »Schwietering.« – Auch an den Markengrenzen soll Schwietering gehen, weil er dieselben verrückt hat, und mancher ist des Nachts an den Grenzen vor ihm geflohen.

Die Familie Herzog, früher zwischen Dinklage und Quakenbrück wohnhaft, hat im vorigen Jahrhundert die in Schledehausen bei Bakum gelegene, jetzt vom Pächter Lampe bewohnte Besitzung gekauft gehabt. Der alte Herzog hat früher einen Mord begangen und ist ein Jahr darauf plötzlich gestorben; sein Geist ist aber zur Strafe in einen alten zottigen Pudel gefahren. Dieser Pudel ist von Dinklage mit nach Schledehausen herübergekommen. Jede Nacht um 12 Uhr fängt dieser Pudel an, nicht zu heulen, sondern zu brüllen. Die Angehörigen wagen nicht, das Tier zu töten, weil dann er in ihm befindliche Geist nicht befreit werden kann. Er wird nämlich nur dann befreit werden, wenn der Pudel eines natürlichen Todes gestorben ist, sonst muß er wieder in einen anderen Pudel wandern. Endlich aber der nächtlichen Störung müde, laden sie den Pudel um Mitternacht auf einen Wagen [229] und fahren ihn nach dem Wohld zurück, wo sie ihn in finsterer Nacht abladen und festbinden. Dort mag er brüllen. Drei Jahre darauf findet sich um Mitternacht der alte Pudel in Schledehausen wieder ein und stimmt sein altes Gebrüll wieder an. Keiner wagt vor Angst sich aus dem Hause. Am andern Morgen findet man den Hund vor der Haustüre. Der Geifer fließt ihm aus dem Maule, er ist tot. In derselben Nacht stirbt auch plötzlich der damalige Besitzer der Lampen Stelle.

Als in Friesoythe in münsterschen Zeiten noch Militär lag, stand ein Posten vor dem Wachthause am jetzigen Markt. Der Oberst wollte die Zuverlässigkeit der Wachtsoldaten prüfen und hatte sich ein Drahtgestell mit einem Hundekopf machen lassen, in das er zur Nachtzeit hineinschlüpfte und dann auf allen Vieren bis an das Wachthaus herankroch, um die Wache zu erschrecken. Einige Male waren die wachthabenden Soldaten in abergläubischer Furcht davon gelaufen, schließlich nahm sich einer ein Herz und lief mit den Worten: »Ick stäk en dör un wenn't uk de Düwel is,« auf das Ungetüm los und bohrte seinen Säbel in dessen Leib. Der Oberst war tot. Jetzt spukt er in Gestalt eines schwarzen Hundes in der Gegend, wo sich früher die alte Wallstraße befand.

In der Nähe eines Hauses in Bokah bei Bunnen (Gem. Löningen) zeigte sich öfters ein großer schwarzer Hund. Einige hielten ihn für den Teufel, andere für einen Verdammten. Man wandte sich an einen Pater, der den Spuk nach dem »witten Moor« trieb, einem Sumpf zwischen Bokah und Menslage. Der Pater hinterließ den Hausleuten, die bislang durch den Hund belästigt worden, einen Brief mit dem Auftrage, denselben an den 4 Hochzeiten des Jahres zu lesen. Seitdem ist der schwarze Hund verschwunden.

u.

Sprengepyl war ein Edelmann, der auf seinem Gute zu Vechta wohnte. Er hatte viele Knappen und eine große Dienerschaft und war ein sehr mächtiger Herr. Weitumher fürchtete sich alles vor ihm, denn er war ein Bösewicht, welcher viele beraubt und unschuldig gemordet, namentlich auch viele Mädchen entführt und geschändet hatte. Als es nun zuletzt mit ihm zum Sterben kam, wurde seine Dienerschaft mit Gewalt vom Schlosse vertrieben. Er aber hatte keine Ruhe im Grabe, sondern kam wieder und tobte des Nachts unter furchtbarem Gepolter und Lärmen umher, sodaß niemand seine Burg bewohnen wollte, und diese also lange wüst stand, und die [230] Gebäude zuletzt verfielen. Endlich baten Paters um den Platz zum Bau eines Klosters und einer Kirche und erhielten ihn auch. Als sie Kloster und Kirche fertig hatten, Sprengepyl aber noch immer sein Wesen trieb, wußten ihn die Paters zu bändigen und schlossen ihn mit einer starken eisernen Kette in der Kirche hinter dem Hochaltar an, wo er als ein großer schwarzer Hund (nach andern als ein schwarzer Stein) liegen mußte. Als nachher das Kloster einging, und die Paters es verlassen mußten, zogen sie aus und dachten an Sprengepyl nicht weiter, bis es zuletzt einem von ihnen einfiel. Da ging er zu rück, um, wie er sagte, etwas, was er vergessen, nachzuholen, und machte Sprengepyl los. Seit dieser Zeit nun tobt Sprengepyl des Nachts wieder umher, bald mit Kettengerassel, weil er die Kette, mit welcher er angeschlossen war, noch mit sich schleppt, bald mit einem Gepolter, als wenn alles übereinander geworfen und zerbrochen würde, bald als großer schwarzer Hund von der Größe eines jährigen Kalbes und mit tellergroßen Augen. Er läuft mit einer Kette um den Hals vom Klostergarten über den Kapitelplatz durch die Stadt und kehrt über die Stadtsbleiche nach dem Garten zurück. Allnächtlich visitierte er früher die Posten der Citadelle und weckte sie, wenn sie eingeschlafen waren, indem er ihnen die Vorderfüße auf die Schultern legte. – Sprengepyl durchwandelt auch Lastrup, und zwar geht er in Gestalt eines großen schwarzen Hundes von der Brücke über die Ruhr (zwischen der Pfarre und der ehemaligen Burg) ab. Überall wo er vorbeigeht, springen die Schlösser auf. – Er spukt auch in Altenoythe; in Schemde bei Steinfeld geht er in ein Bauernhaus, durch die Türe in die Stube. Ist die Türe abends auch noch so dicht verschlossen, am andern Morgen steht sie offen. – Sprengepyl wird auch der ursprüngliche Gegenstand der folgenden Nachricht aus Wildeshausen sein: Der hier unter dem Namen Trentepyl im Volksmunde bekannte Hund mit glühenden grünen Augen, welcher hier zu Zeiten erscheint, soll ein strenger Hauptmann beim Militär gewesen sein, der eine schlafende Schildwache erstochen hat und nun umgeht, um vorzugsweise jede schlafende Schildwache aufzuwecken.


Vgl. 204p. – Andere Wiedergänger in Hundegestalt 180a, 183b, m, 184d, 261a, 519e.

v.

Zwei Brüder im Saterlande hatten ein Mädchen lieb. Da nun der eine sah, daß das Mädchen seinem Bruder [231] mehr Liebe schenkte als ihm, nahm er sich vor, seinen Bruder aus dem Wege zu räumen. Da er nun eines Abends merkte, daß sein Bruder das Mädchen nach Hause begleitete, ging er ihm nach und versteckte sich unter eine kleine Brücke, über welche der Bruder mußte, wenn er von dem Mädchen zurückkehrte. Als nach langem Warten der glücklichere endlich kam, sprang jener unter der Brücke hervor und versetzte ihm einen Stich in den Unterleib, daß sogleich die Gedärme heraushingen, und der Verwundete bald darauf starb. Der Mörder nahm die Flucht, und niemand wußte, wohin er geflohen war. Aber nicht lange, so wurde er oft und von vielen gesehen. Er ging dann von der Mordstelle über einen Esch und hierauf nach dem Flusse, der Sater-Ems, an deren Ufer er so lange stehen blieb, bis jemand mit einem Fahrzeuge vorüberzog. Dann bat er, sie möchten ihn übersetzen. Geschah dies, so legte er ein Stück Geld auf die Mastbank und stieg dann aus. Dabei sahen denn die Leute zu ihrem Schrecken, daß er einen Pferdefuß hatte. Dies ist oft und an vielen Stellen gesehen.

w.

Zwischen Altenoythe und Friesoythe liegt am Wege der sog. Köllnerskamp. In diesem Kampe zeigt sich um Mitternacht eine schwarze Gestalt wie ein Pferd. Nähert man sich und sieht dieselbe an, so wird sie immer größer. Bleibt man dann noch stehen oder tut etwas dagegen, so wird man dermaßen an den Kopf geschlagen, daß man bewußtlos hinfällt. Es soll früher aus diesem Kamp ein Pferd gestohlen sein, und der Dieb nun in dieser Gestalt wiedergehen.

x.

In der Nähe des Hasbruchs hauste ehemals ein Edelmann, ein grausamer wilder Mann und eifriger Jäger. Einst hatte er einen Eber verfolgt, aber die Hand fehlte, der Spieß fuhr vorbei, und er mußte vor dem grimmigen Tiere auf einen Baum flüchten. Da kam grade ein Hausierer mit schwerem Bündel auf dem Rücken des Weges, und der Eber lief ihn an, stieß ihn mit seinen Hauern und warf ihn schwer verwundet zu Boden, dann entfernte er sich in den Wald. Der Edelmann aber raffte seinen Spieß auf und stieß ihn dem Verwundeten, dessen Gepäck seine Habgier reizte, in die Brust. Aber wie er das getan, verwandelte er sich in einen Eber und muß nun in dieser Gestalt allnächtlich um die Mitternachtsstunde schnaubend und brüllend durch die Heide rennen, und auf ihm sitzt die blutige Gestalt des ermordeten Hausierers und treibt ihn mit seinem Jagdspieße an.

[232] y.

In der Bauerschaft Astrup, Ksp. Visbek, ist eine Stelle, die Otto- und Otteburg geheißen. Dort soll früher ein Ritter namens Otto gewohnt haben, welcher in der Umgegend viel geraubt und geplündert hat. Zuletzt haben sich die Bauern zusammengetan, und mit Hilfe eines Ritters, welcher Otto auch feind war, haben sie ihn erschlagen und die Burg zerstört. Nachher ist es aber dort nicht geheuer gewesen, und ist oft ein schwarzes Pferd dort gesehen worden. So noch vor einigen Jahren. Ein Mann von Norddöllen, welcher nachts dort vorbeikam, glaubte etwas zu hören, und wie er aufsah, stand ein schwarzes Pferd vor ihm auf dem Fußwege. Er blieb stehen und sah es staunend an, und als er wegging, ging das Pferd etwa vier Schritte vor ihm her bis an einen Zaun, und während er bei sich dachte, wie das Pferd vor dem Zaune sich wohl machen werde, ging es ohne das geringste Geräusch hinüber, obschon der Zaun seine vier Fuß hoch war, und war dann verschwunden. – Die Burg hat Zeller Luesse vor langen Jahren zu einer Wiese abtragen lassen und daselbst noch einen Kesselhaken und eine Feuerzange gefunden, beide sehr groß und stark, aber so verrostet, daß sie nicht zu erhalten waren. – Ein Wiedergänger als Hase 550a.

z.

In Lüsche (Kirchsp. Vestrup) hat man in früheren Jahren beobachtet, daß ein großer schwarzer Hund, mit einer Kette um den Hals, von Calhorn kam, den Weg nach Ellemanns Haus einschlug und von da zu der Brücke ging, die über den Bach führt, der Hausstette von Lüsche trennt. Dort hielt er sich dann in einem bestimmten Busche auf, wo man auch schon oft ein Licht gesehen hat. – In einem Hause in Warnstedt ging eine Frau wieder und beunruhigte die Hausbewohner. Bisweilen erschien sie in Gestalt einer glühenden Katze. Um sie zu verbannen, holte man einen Pater aus Vechta. Nachdem dieser seinen Auftrag ausgeführt hatte, brachte ihn der Knecht per Wagen zurück. Man nahm den Weg über Lüsche und kam zu der Furt zwischen Lüsche und Vestrup, in deren Nähe der Häusler Ellemann wohnt. Als der Wagen sich mitten im Bache befand, warf der Pater ein Bund Stroh in das Wasser. Als der Knecht seinen Gast in Vechta abgeliefert hatte, sagte dieser: »Wenn du wieder durch den Bach fährst und das Strohbund noch vorfindest, so laß es liegen. Kommt nach der Durchfahrt eine Frau an deinen Wagen und will mitfahren, dann sprich kein Wort und fahre rasch weiter.« [233] Der Knecht fand bei der Rückkehr das Strohbund noch vor, und gleich nach der Durchfahrt erschien eine Frau am Wagen und bat flehentlich, mitgenommen zu werden. Eingedenk der Warnung sagte er jedoch nichts, hieb auf die Pferde ein und fuhr rasch weiter. Die Frau versuchte auf den Wagen zu springen, kam aber nicht mit. Seit der Zeit war es bei jener Furt nicht richtig.


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 179. [Die Wiedergänger erscheinen in mannigfachen Gestalten. Einige zeigen]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-330B-F