544. Löningen.

a.

Auf dem Wege von Löningen nach der Wassermühle berührt man Äcker und Wiesen, »die Schweden« genannt. Der Boden war früher Markengrund und soll verkauft sein, um die Schweden abzufinden, die die Glocken davon schleppen wollten.

b.

Am Wege nach Helmighausen liegt der Pestkirchhof mit dem Kantzen Kreuz. (Im 18. Jahrhundert lebte in Löningen eine Familie Kantzen.)

c.

»In Bunnen geht die Sage, daß das Dorf Neuenbunnen in alten Zeiten auf dem Schlichtfelde belegen gewesen. Das Schlichtfeld liegt am Wege von Bunnen nach Hamstrup. Alte verlassene Ackerstücke daselbst sprechen wohl für eine frühere Ansiedelung. Andere reden von einem Lager auf dem Schlichtfelde. An der Südseite findet sich der Rest einer alten Landwehr oder eines Lagerwalles, der sich vom Moor an der einen Seite bis zu einer großen Niederung an der anderen Seite erstreckt. Außerdem finden sich an der Südseite, unmittelbar an der Chaussee Essen-Löningen, Plätze, die den Namen Leger, Legerland, Finkenleger tragen, was man mit Lager zusammenbringt. Der Name Schlichtfeld soll herrühren von einer dort geschlagenen Schlacht. Man erzählt, daß von jener Zeit her noch alte Waffen im sogenannten Kapellenbusch links am Wege nach Hamstrup vergraben seien.«

Ein anderer Bericht lautet: »Etwa 10 Minuten nördlich vom Bahnhof Bunnen liegt das Schlichtfeld, Eschland, rings umgeben von Heide und Tannenschonungen. Das soll die Stätte sein, wo einst die Bewohner von Neuenbunnen gewohnt haben. Südlich am Schlichtfelde verläuft von Osten nach Westen eine Landwehr, zwei parallel laufende Wälle, beide an der Nordseite von Laufgräben begleitet. Eine ebensolche Landwehr liegt in einiger Entfernung ostseits vom Schlichtfelde, sie erstreckt sich von Süden nach Norden bis in die herrschaftlichen Herberger Tannen hinein.« – Spuk im Finkenleger: 194x.

[345] Von Altenbunnen geht die Sage, daß von sämtlichen Zellern nur einer auf seiner Stelle bleiben werde.

d.

Bei Röpke, aber auf Menslager Gebiet, hart an der Löninger Gemeindegrenze am Bühnenbach, lag die von Moor und Sumpf umgebene Moorburg. Zwei Wege hielten die Verbindung mit der Außenwelt aufrecht, der eine führte am Röpker Esch vorbei auf Stubbehaus zu, und nahm dann die Richtung nach Löningen, der andere führte am Röpker Esch vorbei nach Menslage. Ein tiefer Graben, vom Bühnenbach gespeist, umgab die Burg. Überdies konnte durch Stauung des Baches die ganze Umgebung unter Wasser gesetzt werden. Die Bauern Moorlampe und Stubbehaus waren leibeigen nach der Moorburg. Auf dieser hauste einst ein Raubritter. Er war der Schrecken der Umgegend und der Reisenden, die auf der Heerstraße gen Löningen zogen. Bei wüsten Gelagen teilte der Raubritter mit seinen wilden Gesellen die Beute, welche man Bauern und Kaufleuten abgenommen hatte. Schließlich ermannten sich die Bedrängten zur Belagerung und Vernichtung des Raubnestes. Ein 275 Meter langer Wall, bis in die neueste Zeit Landwehr genannt, wurde vor der Burg aufgeworfen und hier lagerten die Bauern, den Ausgang der Feste sperrend, bis sich die Räuber vor Hunger ergeben mußten. An Ort und Stelle wurden sie erschlagen, dann steckte man die Burg in Brand. Lange standen die Ruinen, bis sie nach und nach verfielen. Holzkohlen fanden sich jüngst auf dem Platze. In der Dunkelheit der Nacht sieht man auf der alten Moorburgstätte ein Irrlicht, zum Zeichen, daß der böse Räuber keine Ruhe im Grabe finden kann.

Nicht weit von der alten Moorburgstätte liegt imBoener Felde ein herrschaftliches Gebiet, bestimmt zur Anlage von Kolonien, das den Namen »Schelmkappe« trägt. Die Herkunft dieser Benennung war nicht zu ermitteln. In früheren Zeiten scheuten Wanderer zur Abend- oder Nachtzeit dieses Gebiet. Ebendort liegen auch die Glidmus-Pände.

e.

Löningen war früher ein Wiegbold mit Bürgermeistern an der Spitze, deshalb sahen die Wieker mit einiger Verachtung auf die Bauern herab und nannten sie »Breischlakers« (Leute, die beim Essen den Brei, weil im Überfluß vorhanden, sorglos auf ihre Kleider fallen lassen), während die Bauern die Löninger »Tellerlecker« nannten (die vor Hunger den letzten Tropfen aus den Teller lecken).

[346] f.

Auf dem Wege von Löningen nach Bunnen spukt es. Die schlimmste Stelle soll bei dem Galgenberg sein. Häufig verirren sich Fußgänger und Fahrzeuge, andere wieder können weder vor- noch rückwärts kommen. Auch will man hier Klagetöne und Hülferufe gehört haben. Der Galgenberg ist bei dem Bau der Chaussee von Löningen nach Essen teilweise verbraucht. Beim Graben fand man in der Erde Überreste von Ritteranzügen und Waffen, Menschenknochen etc.

g.

Am südlichen Ufer der Hase, nicht weit von dem Wege, der von Ehren nach dem Gute Aselage führt, liegt auf hannoverschem Gebiet die Ase- oder Asseburg, eine regelmäßig, aber steil etwa 100 Fuß aus dem sie umgebenden sumpfigen Terrain ansteigende Erderhöhung, welche oben von einem an der Zugangsstelle verdoppelten Walle gekrönt wird. Unzweifelhaft hat man hier ein künstlich errichtetes Befestigungswerk vor sich, dessen Ähnlichkeit mit der Wittekindsburg in Wildeshausen unverkennbar ist, eine Anlage, wie solche sich im Münsterlande unter Benutzung des hügeligen Bodens mehrfach finden (z.B. Arkeburg). Die Erbauer der Asseburg sind unbekannt. Die Umwohner der Burg schreiben sie den Schweden zu, wie denn auch in der französischen Zeit ein schwedischer Offizier den Ort besucht und erzählt haben soll, daß einer seiner Vorfahren hier gefallen sei. Andere meinen, die Burg stamme von Riesen oder doch ungewöhnlich großen Menschen her, und auf dem Gute Aselage wird noch ein ungeheuerer Knotenstock gezeigt, welcher dem letzten Abkömmling der Erbauer als Spazierstock gedient haben soll. Das Schloß, das auf dem Berge gestanden hat, soll überaus prächtig gewesen sein, und alles, was darin gewesen, von Gold, Silber und Edelsteinen geglänzt haben. Wegen der Üppigkeit der Bewohner ist aber das Schloß mit seinen Schätzen in den Abgrund versunken. Das kostbarste Stück, das in der Tiefe ruht, ist ein diamantener Tisch. Man kann ihn durch den Brunnen, von dem noch Spuren vorhanden sind, erreichen, und es sind auch bereits mancherlei Nachgrabungen vorgenommen; aber es muß wohl immer etwas dabei versehen sein, denn noch ist der Tisch nicht gefunden.

h.

In der Gemeinde Löningen und den anliegenden Kirchspielen gibt es alte herrschaftliche Fuhrenkämpe, die in dem Amte Vechta fehlen. Wie ist der Staat zu diesen Waldungen [347] gekommen? Die Schafzucht in Verbindung mitder infolge des 30jährigen Krieges eingetretenen Entwaldung hatte im Amte Cloppenburg rund um Löningen, bei Cloppenburg, Molbergen, Lindern, Lastrup usw. Flugsände erzeugt, die ganze Ortschaften unter sich zu begraben drohten. Da ging die Regierung hin und verordnete, daß die durch den Flugsand gefährdeten Gemeinden ihre Sände mit Tannen bestellen sollten. Sie lieferte zu dem Ende den Tannensamen. Die Leute aber glaubten, Tannenwaldungen würden die Schafzucht beeinträchtigen, kochten den gelieferten Tannensamen und warfen ihn dann in das versandete Gebiet. Sie hatten also der Verordnung gemäß den Samen gesäet, freilich gekocht. Als die Behörden sahen, was die Eingesessenen angerichtet hatten, machten sie kurzen Prozeß, nahmen die schlimmsten Sände in Besitz und schufen dort schöne Tannenbestände. So entstanden die herrschaftlichen Waldungen im Amte Cloppenburg.

i.

Vor Zeiten gehörte die hannoversche Gemeinde Menslage zu Löningen. In einer Kapelle wurde für die Eingesessenen Gottesdienst gehalten, aber die Leichen mußten in Löningen beerdigt werden. Weil aber im Winter die Hase oft über die Ufer trat und die Verbindung mit Löningen aufhob, baute man neben der Kapelle ein Leichenhaus, in welchem die Leichen so lange aufgebahrt wurden, bis der Weg nach Löningen wieder frei war. Wenn nun die Überschwemmung lange anhielt, und das war nicht selten der Fall, konnte es geschehen, daß das Leichenhaus schließlich mit Toten vollgepfropft war und länger gefüllt blieb. Daher entstand der Name Menschenlager, aus dem nachher das Wort Menslage wurde.

Später haben die oldenburgischen Grafen in Menslage ein Kloster gegründet. Die Kirche dieses Klosters besaß ein wundertätiges Marienbild. Einst war dieses plötzlich verschwunden. Man suchte lange nach demselben und fand es endlich dort, wo jetzt das Stift Börstel (zwei Stunden von Löningen entfernt, nahe der Löninger Grenze) liegt. Voll Freude brachte man das Heiligtum nach Menslage zurück, aber nach kurzer Zeit war das Bild abermals verschwunden. Genau an derselben Stelle, wo man es früher gefunden, fand man es auch jetzt. Dabei bliebs. So oft es zurückgebracht wurde, so oft kehrte es nach der Fundstelle zurück. Zuletzt [348] entschloß man sich, das Kloster nach Börstel zu verlegen 1). Als später der lutherische Glaube in der Umgegend von Börstel sich ausbreitete und auch einige Nonnen im Kloster zu sich herüberzog, nahm das Bild oft traurige Züge an, vergoß sogar manchmal die bittersten Tränen. Das tat den beim alten Glauben gebliebenen Schwestern weh, sie nahmen das Bild von seinem Platze, gingen damit ins Freie und wanderten aufs Geratewohl in die Welt hinaus. Und das Heiligtum wurde ihr Führer. Waren die Nonnen auf dem rechten Wege, so war das Bild so leicht, als würde es von Engeln getragen, wichen sie von der Straße ab, die sie nicht gehen sollten, so wurde es so schwer wie Blei. So zogen sie weiter und weiter, bis sie nach dem zwei Stunden von Münster entfernten Telgte gelangten. Da begann die Mutter Gottes zu lächeln, und die Träger deuteten dies dahin, als wolle sie hier bleiben. Sie brachten das Bild in die dortige Kirche, und so ist Telgte Wallfahrtsort geworden, an dem noch heute das Börsteler Heiligtum zu sehen ist. (Im Innern der lutherischen Stiftskirche zu Börstel befindet sich in der zur Linken vom Altar aus gelegenen Wand eine durch ein Gitter verschließbare Nische, in welcher ehemals das wundertätige Marienbild seinen Platz gehabt haben soll.)

In Löningen ein Spukhaus: 176a, auf dem Esche ein glühender Pflug: 179l, in Bokah ein schwarzer Hund: 179t, ein Mann ohne Kopf: 180l, m, Lampske Gatt: 185cc, schwarze Kunst: 204bb.

Fußnoten

1 Das politisch nach Hannover gehörende, kirchlich nach Löningen eingepfarrte Dorf Wachtum hat der Sage nach seinen Namen davon erhalten, daß die Wallfahrer nach Börstel auf andere, die mitgewollt, dort gewartet haben. Aus dem Emslande, besonders aus dem Kreise Meppen, wozu jetzt Wachtum gehört, zogen früher Scharen von Menschen nach Börstel. (Band 17 der Mitt. des Hist. Vereins Osnabrück.)


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 544. Löningen. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-3375-1