528. An Franz von Lenbach

528. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 9. Oct. 1881.


Lieber Lenbach!

Die Kartoffellese ist überaus glücklich vollendet. Nicht bloß in den gewiegtesten männlichen Häuptern steht der Verstand still, sondern selbst hochbetagte Frauen, die sich nie geirrt, bekennen mit freudigem Unwillen, daß sie doch falsch prophezeit, wenn sie immer gesagt hätten: so viel schöne Kartoffeln, wie ehedem, gäb's nie mehr wieder. – Auch im herbstlichen Walde, unter den Eichen und Buchen, falls der Wind grad weht, raßelt es von der Fülle fallender Früchte. Ahnungslos wühlend, im Genuß einer üppigen Gegenwart, schwillt das grunzende Schwein der Schlachtbank, der Rauchkammer und dem Pökelfaß des triumphirenden Antisemiten entgegen. – – Übrigens war ich mit dem Neffen neulich auch mal in Berlin. – Da die lebenden Berühmtheiten noch in den Bädern sich aufhielten, so konnt ich nur die berühmten Todten besuchen; und gut haben sie mich wieder bewirthet. Nur bei dem neuen Zweimalhunderttausendrubens, dem, wie ich höre, vielumstrittenen, war's mangelhaft.

Bruder Hermann u. Neffe Hermann laßen sich deinen Fräulein Schwestern und dir recht schönstens empfehlen. Ich schließe mich an und verbleibe mit hartnäckigster Freundschaft

Dein alter

Wilh. Busch


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TextGrid Repository (2012). Busch, Wilhelm. 528. An Franz von Lenbach. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-0DE2-5