Die Drachen


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Schon seit mehren Wochen haben drei intim bekannte Knaben - Fritz, Franz, Conrad hießen sie - mit Verstand Geduld ü. Müh schöne Drachen sich gepappt und zum Flug bereit gehabt, So daß sie bis auf den Wind mit der Sache fertig sind.

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Endlich weht'ne frische Briefe, und fort geht es auf die Wiese. Conrad wandelt an der Spitze, dann Kommt Franz und schließlich Fritze.

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Freund! sprach plötzlich Franz zu Fritzen - Siehst du Zöpfel's Äpfel sitzen?

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und als Fritze dies bejaht Schreitet man sofort zur That. Doch was Conrad anbetraf, der geht weiter Klug und brav.

Trefflich gut ging die Geschichte; Franz hat Zöpfel seine Früchte. »Lirum larum! - dachte er - Fritze hin und Fritze her! Ich genieße was ich habe!« - Damit ist der freche Knabe grad als wäre nichts passirt Äpfel essend fortmarschiert. Saftig kann man's Knirschen hören. Soll das Fritzen nicht empören??

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Mit dem fuße und mit Krachen, grades weges durch den Drachen, giebt er Franzen rücksichtlos einen wirkungsvollen Stoß.

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Franz, der dieses Krumm genommen, ist sofort herum gekommen.

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Und es hebt sich und es saust seine zorngeballte Faust durch den vorgeschützten Drachen, gleichfalls unter großem Krachen, dergestalt in Fritzen's Nacken, daß er meint, er muß zerknacken.

Jetzt sucht jeder sich zu decken, und es wird so mit den Pflöcken, wo die Schnur herum gewickelt, emsig hin und her geprickelt.

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Franz zuerst durch Kühnes Wagen trifft genau auf Fritzens Magen.

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Dafür sticht ihn Fritz der flinke in das Nasenloch das linke.

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So entspinnt sich auf die Länge ein direktes Handgemenge, was zunächst und augenscheinlich für die Ohren äußerst peinlich.

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Dennoch wird der Kampf zuletzt noch am Boden fortgesetzt.

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Grad kommt Zöpfel wie gewöhnlich, um sich wieder mal persönlich und gewiß zu überzeugen, daß sein Obst noch an den Zweigen. Wer - rüft er - hat dies gethan?? Damit stockt sein Sprachorgan.

Ha! jetzt wird er grausam heiter. Er entdeckt die beiden Streiter.

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Fritze Kriegt den ersten Schlag, weil er am bequemsten lag.

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Und der Franz war schon vergnügt, daß er siegt und oben liegt; bis die Peitsche wieder pfiff und auch ihn empfindlich Kniff.

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Gern entrönnen nun die beiden, um das Weitre zu vermeiden, wären nicht die nöthgen Beine tief verwickelt in die Leine. - Also folgt der Rest der Hiebe. - Zöpfel thut's mit Lust und Liebe.

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Sorgsam sammelt hierauf Zöpfel Seine hochgeschätzten Äpfel. Einer nur ist angenagt, was jedoch nicht viel besagt; und so kehrt er hocherfreut heim in seine Häuslichkeit.

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Aber ach, wie traurig stand's um den Fritze und den Franz. So viel ist gewiß für sie: ihre Drachen steigen nie. während Conrad seiner schon, dieser Erdenwelt entflohn, höher stets und höher steigt, bis man vor Erstraunen schweigt.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Busch, Wilhelm. Bildergeschichten. Der Fuchs. Die Drachen.. Die Drachen. Die Drachen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-0FCE-5