293. An Maria Anderson

293. An Maria Anderson


Wiedensahl 30 Jun. 75.


Liebe Frau Anderson!

Wenn ich je die Seele, oder den Geist ein Organ genannt habe, so widerruf ich's. Der Geruch ist nicht die Nase, das Flöten ist nicht der Schnabel – aber wohl ist der Intellekt, der Vorstellungsapparat ein Organ des Willens.

Jede Geburt ist Wiedergeburt. – Warum wißen wir nichts mehr von unserm Vorleben? Weil wir »Lethe« tranken, als wir starben, so gut, wie wir Lethe trinken müßen, wenn wir sterben werden. – Der Säugling hat seine Leib- und sonstigen Schmerzen. Warum? Weil er ein Taugenichts war vor seiner Geburt. – Meist sind die Kinder den Eltern, oft sind die Enkel den Großeltern ähnlich. Warum? Die »Seele« wandert, aus dem Einen heraus, in den Andern hinein.

Und nun, mein gutes Madamchen, daß Sie mir nicht kommen und sagen, ich hätte gesagt: Dieses sind die nämlichen Seelen, die im Himmel singen, im Fegefeuer purgiren oder in der Hölle schmurgeln. Und dann – natürlich! – die Seelen der Thiere – die »wandern« auch, so gut, wie die Seelen der Menschen, der Pflanzen und der Steine.

Bin ich ein Konglomerat von Atomen? Ja! – Aber unter anderem und außerdem auch

Ihr ergebenster

Wilh. Busch.

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TextGrid Repository (2012). Busch, Wilhelm. Briefe. 293. An Maria Anderson. 293. An Maria Anderson. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-1B4A-E