Nachtrag.

1361. Hessische Gespenstergeschichten.

(S. Kirchhof, Wendunmuth. [Tüb. 1869] Bd. II. Nr. 163-165.)


Um das Ende Julius 1595 hat es sich in eines hessischen Edelmanns Behausung zugetragen, daß ein Gespenst, welches man vorher weder gesehen noch vernommen, die darin Wohnenden mit Steinen warf, doch so, daß sie es kaum fühlten und es ihnen die Glieder nur so rührte, wie man Jemand sanft dagegen drückt, doch, da es niedergefallen, sind es starke Steine gewesen. Einmal hat es den Schwager des Edelmanns mit einer halben Bratwurst geworfen, den Edelmann aber selbst, der nicht allzu gottesfürchtig lebte, mit einem Glitzerstein ziemlich hart getroffen.

Im Jahre 1596 ist ein Wollenweber zu Cassel, in der Neustadt wohnhaft, schwachen Hauptes geworden, hat des Nachts, wohl auch am Tage, neben seinem Bette auf jeder Seite eine sonderbare Stimme gehört, doch nichts gesehen. Die eine hat ihn geheißen zu beten, die andere Stimme aber hat es ihm verboten, er solle nicht beten, und so er gebetet und Amen gesagt, hat es die andere Stimme nicht haben wollen, und die andere hat gesagt er solle Amen sagen. Als nun am Tage in Beisein des Pfarrherrn in der Neuenstadt und seines Kaplans die Stimmen ihn abermals vexirten (doch hat er's allein gehört), hat die eine Stimme gesprochen, sie wolle nicht ablassen, es wäre denn, er, der Wollenweber, gebe ihr seinen schwarzen Hammel, den er verkauft habe, oder ein schwarzes Huhn. Da sagte die andere Stimme: »Ei, das thue oder Du wirst seiner sonst nicht los!« Er ist aber wieder gesund geworden und zu sich selbst gekommen, doch bald hernach mit seinen Kindern an der Pest gestorben.

Um dieselbe Zeit hat es sich begeben, daß ein Mann in einem Dorfe im Amte Cassel mit seiner Hausfrau uneinig ward, und auch in solcher Uneinigkeit von ihr in den Krieg zog. Nun wird gesagt, daß er, als er am Neujahrstag wieder heimkam, plötzlich stillschweigend geworden sei, als das Weib mit ihm trotzdem geredet hatte, ist er plötzlich umgefallen und gestorben. Des Nachts aber ist das Gespenst des verstorbenen Mannes, welches der gemeine Mann einen Geist nennt, gekommen, hat sich kenntlich und sichtbarlich über das Bett gelegt und der Frau viel zu Leide gethan, auf ihr Geschrei sind dann Viele mit Licht herzugelaufen, so oft aber solche gekommen sind, ist das Gespenst verschwunden, nach ausgelöschten Lichtern ist es aber wiederum erschienen und dagewesen und hat gethan, wie vorhin.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. Nachtrag. 1361. Hessische Gespenstergeschichten. 1361. Hessische Gespenstergeschichten. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-3D35-C