[749] 797) Die Stiftung des Klosters Herdecke. 1

Die Volkssage stimmt nicht mit der Annahme der Gelehrten überein, welche den Namen Herdecke von der altdeutschen Göttin Hertha ableiten und sagen, er bedeute soviel als Herth-Ecke, d.h. Herthas Eiche (die Eiche, wo der Hertha geopfert wurde). Sie berichtet, es habe einst in Italien eine junge und schöne Prinzessin gelebt, Fredaruna geheißen, eine Nichte Karls des Großen. Diese habe einen vornehmen, tapfern und schönen Ritter zum Bräutigam gehabt, der sei aber nach Palästina gegen die Ungläubigen gezogen und dort im Kampfe gefallen. Da habe die unglückliche Braut sich vorgenommen ledig zu bleiben und die Stätte zu verlassen, wo sie geboren und erzogen war und ihren Bräutigam gesehen hatte, um nicht immer durch den Ort an ihr verlorenes Glück erinnert zu werden. Sie habe also beschlossen nach Norden zu ziehen und da ein Kloster zu bauen, wo sie ihr Leben still und in Abgeschiedenheit beschließen könne. Zu dem Ende verkaufte sie alle ihre Güter und ihre Besitzungen und lud das Geld auf Maulthiere und zog nun fort aus ihrer Heimath, immer tiefer dem kalten Norden zu. Weil sie aber viel von den deutschen Eichen gehört hatte und wie es so still und heimlich darunter sei, so entschied sie sich, dort ihr Kloster zu bauen, wo die Maulthiere zuerst und von selbst sich unter einer Eiche lagern würden. Lange zog sie umher und die Thiere lagerten sich nicht. Endlich aber in einer anmuthigen Gegend an der Ruhr legten sie sich unter einer großen und herrlichen Eiche nieder. Da rief die Prinzessin voller Freuden: »Hier de Ecke!« (d.h. hier ist die Eiche), und sie baute allda ein prächtiges Kloster für Jungfrauen, das nach ihrem Ausrufe Herdecke genannt wurde und in dem sie lange als erste Aebtissin ein frommes gottseliges Leben führte.

Fußnoten

1 S. Stahl S. 100.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Erster Band. Westphalen. 797. Die Stiftung des Klosters Herdecke. 797. Die Stiftung des Klosters Herdecke. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-3D6F-C