1083. Ablieferung von zwei Hähnen, jeden in einem Strohhute, am heil. Dreikönigstage vor Sonnen-Aufgang an die Stadt Walsrode.

(S. Neu. Arch. Bd. III. S. 210 etc.)


Der Herzog Georg Wilhelm zu Zelle ist ein passionirter Jäger gewesen und hat sich oft von Zelle aus mit seinen Jagdfreunden nach Walsrode begeben und sich dort aufgehalten, weil damals in dieser Gegend sehr viel Wildpret vorhanden war. Man nennt auch noch hier in der Nähe den Thiergarten, obwohl kein Gehölz mehr da ist.

Als nun einst der Herzog bei dem Dorfe Bommelsen, in der Amtsvoigtei Fallingbostel mit seinem Gefolge auf die Jagd gezogen war und seine Hunde im Verfolgen des Wildes den Feldfrüchten in der dortigen Gegend vielen Schaden zugefügt hatten, so standen die Vorfahren der beiden gegenwärtigen Hofbesitzer zu Bommelsen bei ihren Aeckern und trauerten über den an den Kornfrüchten erlittenen Schaden. Der Herzog, welcher der Jagd folgte, kam zufällig in ihre Nähe, gab sich ihnen zu erkennen und fragte sie, warum sie so niedergeschlagen dastünden? Die Antwort war: »Die Jagd über unsere Felder hat das darauf stehende Korn fast gänzlich vernichtet, wodurch wir außer Stand gesetzt werden, nicht einmal den Zehnten davon zu geben.« Hierauf hat der gute Herzog zur Antwort gegeben: »Seid nur zufrieden, von jetzt an sollt Ihr steuerfrei sein, und werde ich Euch dieserhalb fernere Nachricht geben lassen.« Nachdem ist ihnen denn, sowie es in dem hiesigen Stadtregister bis auf den heutigen Tag geschrieben steht, statt des Kornzehnten zur Pflicht gemacht: 1) In jedem Jahre am h. Dreikönigstage vor Sonnen-Aufgang liefern nach Walsrode die beiden Meier in Bommelsen, Dietrich Brunerhof und Jasper Petersen, ein jeder besonders, einen Hahn im Strohhute, so gewöhnlich von dem Rechnungsführer mit 3 Groschen einnahmlich berechnet worden, und zugleich an Gelde jeder 1 Thaler. 2) So oft ein neuer Bürgermeister eingesetzt wird, giebt ein jeder alsdann 3 Thaler 18 Groschen. 3) An Zehntgelde bezahlt ein jeder am Tage Mariä Reinigung 2 Thaler 9 Groschen. Dieses Onus wird dem jedesmaligen Rechnungsführer abgeliefert.

[887] Damit nun die beiden Meier in Bommelsen nicht die festgesetzte Zeit zur Ablieferung des Hahnes und Geldes versäumen, so kommen sie schon am Abend vor heil. Dreikönige in Walsrode an, um mit Tagesanbruch sich ihrer Pflicht zu entledigen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. Hannover. 1083. Ablieferung von zwei Hähnen, jeden in einem Strohhute. 1083. Ablieferung von zwei Hähnen, jeden in einem Strohhute. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-4BF4-F