Spiegel der Muse

Sich zu schmücken begierig, verfolgte den rinnenden Bach einst
Früh die Muse hinab, sie suchte die ruhigste Stelle.
Eilend und rauschend indes verzog die schwankende Fläche
Stets das bewegliche Bild; die Göttin wandte sich zürnend;
Doch der Bach rief hinter ihr drein und höhnte sie: »Freilich
Magst du die Wahrheit nicht sehn, wie rein dir mein Spiegel sie zeiget!«
Aber indessen stand sie schon fern, am Winkel des Sees,
Ihrer Gestalt sich erfreuend, und rückte den Kranz sich zurechte.

Notes
Entstanden 1799, Erstdruck 1799.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Goethe, Johann Wolfgang von. Spiegel der Muse. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6742-A