[75] [570]An den Mond

Füllest wieder ´s liebe Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;
Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie der Liebsten Auge, mild
Über mein Geschick.
Das du so beweglich kennst,
Dieses Herz im Brand,
Haltet ihr wie ein Gespenst
An den Fluß gebannt,
Wenn in öder Winternacht
Er von Tode schwillt
Und bei Frühlingslebens Pracht
An den Knospen quillt.
Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Mann am Busen hält
Und mit dem genießt,
Was, den Menschen unbewußt,
Oder wohl veracht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.
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Notizen
Erstfassung. Entstanden 1777/78, Erstdruck dieser Fassung 1924.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Goethe, Johann Wolfgang von. An den Mond. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-68ED-4