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An Antonia Brentano

Kaum hatten Sie Sich, verehrte Freundinn, zu meinen Leidgefühl entfernt: so kam der Brief, der Sie anmelden sollte gar freundlich an und tröstete mich über Ihren Abschied aufs lieblichste. So muß man denn auch wohl den Verirrungen des Zufalls manches Gute verdancken.

Die Erscheinung Ihres Herrn Schwagers führte mich dann abermals in Ihre Nähe. Seine dringende Einladung mit nach Ems zu gehen setzte in Versuchung, die ich überwand und nach wie vor mich hier befinde, nicht allzu weit von Ihnen entfernt.

Freund Willemer brachte mir durch seine Gegenwart frohe und bedeutende Stunden, und ich fühlte weniger wie sehr mich die Lage drückt in die ich durch Carls Kranckheit versetzt bin. Dieser gute Mensch erholt sich nun wieder und ich will die vierzehn böse Tage gern verschmerzen, wenn ich ihn herumkrabeln sehe.

Mad. Bansa hat Wort gehalten und mir das Mädchen producirt, das allenfalls für Dorotheens jüngere Schwester gelten könnte. Gestalten die nicht aus der Luft gegriffen sind müssen sich doch wohl hie und da auf der Erde wieder finden. Die Umgebung des Mädchens ist auch schön und bedeutend. Mutter, Geschwister, Tante, Mühle und Feldgüter, enge reinliche [28] Wohnung, wohlgeordnete Landwirthschaft im beschränckten Hofe. Es macht zusammen ein so hübsches Ganze als man nicht leicht findet. Möchte ich Sie und die lieben Ihrigen dort mit einer frischen Milch bewirthen!

Nicht weiter! Damit das Blat noch abgehe.

Wb. d. 6. Jul.

Herzlich verbunden

1815.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Antonia Brentano. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6BA3-0