20/5565.

An Marianne von Eybenberg

Mit eilender Feder, ein flüchtiges Wort, liebste Freundinn. Die artigen Jonasse sind heute früh abgefahren, ihr ganzer Aufenthalt war uns eine Erinnerung an die nachbarliche Freundinn im Fasanen. Alle Späße wurden wieder lebendig, vom o mio! mio! bis zum petit baiser, und so gingen uns die wenigen Stunden angenehm vorbey.

Ich aber bedarf Ihrer Nachsicht, wenn ich noch länger aussenbleibe; ich trincke hier, ich bade und fühle mich fast von jeder Unbequemlichkeit geheilt, die mir von meinen Übeln noch zurück blieb. Dr. Kappe will, ich soll diese Cur fortsetzen, und so werden Sie mein Aussenbleiben entschuldigen. Einige Erleichterung spürt jedoch mein Gewissen wenn ich Sie in der herrlichen Gesellschaft dencke die Sie jetzt umgibt, besonders [115] stelle ich mir das Zusammentreffen mit dem geistreichen Herzoge höchst merckwürdig vor. Schreiben Sie mir, ich bitte Sie, hierüber ein Wort, sodann aber erzählen Sie Riemern was in der großen Welt inwendig vorgeht; was auswendig zu sehen ist wird er mir aus eigner Erfahrung schreiben. Ich bitte recht sehr darum.

Von hier wüßte ich wenig zu sagen. Ich sehe die Menschen nur im Vorbeygehen. Mit Zigesars wohne ich in einem Hause und so setzen wir das Carlsbader Leben fort.

Ein vulkanischer Hügel in der Nähe interessirt mich sehr. Ein großer, des Chausseebaus wegen ausgegrabener Raum in demselben gleicht so vollkommen ähnlichen italiänischen Merckwürdigkeiten daß ich Sie recht hergewünscht habe. Sie sollten sicher ausrufen:

questo e qualche!

Wenn Ihre liebenswürdige Ungeduld die Himmelsteine gar zu schnell erwartet; so bescheide ich mich gerne daß Ihr gräflicher Diener, selbst auf Ordre einen schönen Prinzeß, nicht gleich solches Halbwunder möglich machen kann. Wir wollen das beste hoffen.

Riemern bitte die Inlage zuzustellen, ihm eine hübsche Relation an mich aufzutragen und wenn er es bedürfen sollte mit einigen Bancknoten unter die Arme zu greifen, da ich mit der ganzen Papierkasse durchgegangen bin. Nun aber leben Sie recht wohl. Grüßen Sie Pepinen und gedencken mein im Strudel, [116] wo nicht am Sprudel. Und liebe Freundinn, bald geschrieben! bitte! bitte! Wenig selbst, viel per secretarium. Addio!

Franzensbrunn, d. 17. Jul. 1808.

Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Marianne von Eybenberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-71AF-3