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An Christiane von Goethe

Diese Abendstunden, da man wegen der großen Hitze nur in der Nacht ausgehen mag, will ich anwenden, dir, mein liebes Herz einiges zu schreiben; am Tage bin ich sehr fleißig. Bis eilf Uhr wird an dem Farbenwesen dicktirt, nachher kommt Kaas, der Landschaftmahler und da geht es an ein Zeichnen und Pinseln, das nach Tische wieder von vorne anfängt, woran ich mich denn sehr ergötze.

Die Schachtel wird nun angekommen seyn, auch wirst du nach Kappes Verordnung nunmehr verfahren [131] und ich hoffe es soll besser werden, da denn doch das Übel von keiner Bedeutung zu seyn scheint. Wir wollen künftig uns aber nicht so lange mit Unglauben hinschleppen und besonders Kappen auch in Briefen fragen. Ich habe ihn erst recht kennen lernen was das für ein trefflicher Mann und Artzt ist. Wenn die gute Laune sich nicht einstellen will; so dencke nur über welche ungeheure Übel wir hinausgekommen sind und wie es uns vor Millionen Menschen gut geht. Ein recht trauriger Fall betrifft den trefflichen Kriegsrath v. Stein, seine junge, schöne liebe Frau ist ihm gestorben, die einzige Tochter sehr reicher Eltern. Auch hier im Bade kann man erinnert werden wie es in der Welt aussieht, da von allen Enden Menschen zusammen kommen. Es ist ein Jammer nur hinzuhorchen.

Du thust wohl in Lauchstedt bis zu Ende zu bleiben und mir geschieht eine große Liebe. Denn ohne dich weißt du wohl könnte und möchte ich das Theaterwesen nicht weiter führen. Wenn wir wieder zusammen kommen machst du mich mit den Ereignissen des Sommers bekannt und über den Winter wollen wir auch schon hinauskommen. Auf die Music freue ich mich bey Eberweins Wiederkehr.

Dein Geburtstag ist doch glücklich und fröhlich gefeyert worden?

Solltest du nicht auf einige Tage nach Dessau gehen? Ich wünsche daß du diese Sachen in der [132] schönen Jahrzeit sähest. Wir finden in der Erinnerung auch wieder eine neue Unterhaltung. Daß du nicht nach Carlsbad kamst war wohlgethan, ich habe mich an den Gegenden schon so abgelaufen, daß sie kein Interesse mehr für mich haben. Übers Jahr müßtest du gleich Anfangs mit mir her, nach deinen Zuständen taugt dir zwar der hiesige Brunnen nichts; aber es wäre dich umzusehen und wir könnten am Eger Brunnen länger verweilen, der dir doch wohlthätig ist.

Was mich betrifft; so mag ich noch von hier nicht fort; ich komme sobald nicht wieder in die Arbeit wie ich jetzt im Zug bin, in Weimar bin ich nicht nötig; ja der Herzog hat mir von Töpliz sehr freundlich geschrieben, ich solle mir nach Möglichkeit wohl seyn lassen. Also will ich es noch eine Weile so forttreiben, biß es unvermeidlich ist von Wöchnern und Austheilungen zu hören.

Meine Hauswirtschaft geht so ziemlich ihren alten Gang und seit ich wieder von Eger zurück bin wieder im Gleise. Einiges zu kaufen bin ich doch verführt worden. Du wirst aber mich nicht tadeln wenn ich dir sage daß ein sehr schönes Toilettenkästchen, mit allem Zubehör dabey ist, für dich bestimmt, das ich dir gern geschickt hätte, man kann aber dies Jahr gar nichts mit Gelegenheit wegbringen und auf der Post werfen sie die Sachen so herum daß zerbrechliches nicht gut auf diesem Wege transportirt wird.

[133] Einige geschnittne Steine habe ich gekauft die mir auserordentliche Freude machen.

Ich bin nun fast ganz ohne Gesellschaft, gehe meist allein spaziren; doch nur die Abende, die du wohl auch genießen wirst. Und nun lebe recht wohl mein liebstes Kind! Es wird dunckel und mein Papier geht zu Ende. Liebe mich und gedencke mein.

Carlsbad d. 7. Aug. 1808.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-73F2-C