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An Christiane von Goethe

Töplitz den 10. May 1813.

Seit meiner Abreise habe ich manche Blätter dictirt, die, wie ich hoffe, nach und nach in euere Hände kommen werden. Gestern erhielt ich das Schreiben vom 30. April , wofür Wolffen der schönste Dank gesagt seyn soll, so wie für alles Gute, was er euch in diesen [337] unruhigen Zeiten geleistet hat. Mir ist es durchaus wohl gegangen und nichts als Angenehmes und Unterrichtendes ist mir begegnet. Ich recapitulire kurz die Geschichte der vergangenen drey Wochen. Den 17. übernachteten wir in Naumburg, den 18. in Leipzig, den 19. in Meißen, den 20. besahen wir uns früh in Meißen und langten Abends in Dresden an. Die Wege waren durchaus vortrefflich und das Wetter meist sehr schön. Den 21. sahen wir uns in Dresden um, betrachteten besonders die Mengsischen Gypsabgüsse, den 22. das Kupferstichkabinett und auf der Gallerie. Ich sah mich in den Vorstädten um. Den 23. fuhren wir nach Tharand und hatten eine lehrreiche Unterhaltung mit Forstrath Cotta, auch fand ich O'Carolls daselbst. Den 24. kam der russische Kaiser und der König von Preußen nach Dresden. Sonntag den 25. reisten wir um Mittag ab und nach Pirna. Den 26., nach einer Fahrt von 9 Stunden kamen wir nach Töplitz, den 27. kam der Kaiser von Rußland, die Hoheit zu besuchen. Mittwoch den 28. fing ich an zu baden, Abends fuhren wir gegen Bilin. Den 29. nach Graupen, die Zinnwerke zu besuchen. Den 30. Mittags und Abends bey der Hoheit. Meine Arbeiten waren seit meiner Ankunft gut von Statten gegangen. Vom 1. May bis den 8. gebadet, gearbeitet, und in der Gegend umhergefahren. Den 9. fuhr die Hoheit mit ihrer Schwester Catharina, welche den 7. Abends angenommen war, nach Prag.

[338] Das Baden bekommt mir ganz außerordentlich wohl, ich wüßte nicht, mich jemals besser befunden zu haben. Die Zahl der Curgäste vermehrt sich täglich durch Blessirte und Pesonen von Dresden. Die Einlösungsscheine haben seit unserm Hierseyn zwischen 142 und 160 geschwankt. Der Aufwand ist dem Carlsbader vom vorigen Jahre ohngefähr gleich. Kutsch und Pferde machen die größte Annehmlichkeit des Aufenthalts. Der Kutscher versieht allen Dienst hinlänglich; wir wohnen in einem kleinen Gartenhause und haben die schönsten Blüthen vor uns. Da ich wegen eurer im ganzen beruhigt bin, so wüßte ich mir weiter nichts zu wünschen. Schreibt mir manchmal auf dem einschlagenen Wege, ich werde das Gleiche thun. Lebet recht wohl! in Hoffnung eines fröhlichen Wiedersehns. Grüßet alle Freunde.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1813. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-747B-0