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An Johanna Frommann

[22. Juni.]

Hätten Sie, theure Freundin, in jener Stunde, als Sie uns Ihren lieben Brief zudachten und schrieben, empfinden können, wie nachrichtsbedürftig wir damals waren, so hätte Sie unser lebhaftester Danck für diese Wohlthat schon im Voraus belohnt. Die ersten Wochen befanden wir uns hier ganz ohne Nachricht, bis uns denn endlich ein abwesender Freund nach dem andern und die Ziegesarische Familie durch ihre Gegenwart wieder in ein heimisches Behagen versetzte. Nun geht es recht schön, die Gesellschaft mehrt sich und wenn wir auch nicht mit vielen umgehn, so gehn doch viele um uns herum.

Von Ihnen hoffen wir nun auch, daß Sie sich in dem Genusse befinden werden, den die Ankunft Ihrer Nächsten versprach. Geben Sie uns doch ja bald wieder nähere Kenntniß davon.

Besonders danckbar sind wir für die Versichrung, daß es unserm Minchen wohlgehe. Zwar konnte man voraussehn, daß ein so liebes Kind, das der Natur und Ihnen so viel verdanckt, überall zum Besten aufgenommen seyn und lebhafte Freundschaft erwecken würde, doch ist es eine eigne Empfindung, wenn die Abwesenheit geliebter Personen uns verdrießlich fällt, so können wir uns sie und ihre Umgebungen niemals[97] ganz heiter vorstellen. Desto erfreulicher ist die ausdrückliche Versicherung ihres Wohlbehagens. Mögen Sie meine besten Wünsche und Grüsse zu ihr gelangen lassen!

Frau Geh. Räthin Loder hoffe ich noch anzutreffen. Man kann mir von ihren lieben Kindern nicht Gutes genug erzählen. Ich bitte mich ihr bestens zu empfehlen. So auch Herrn Frommann und den lieben Ihrigen. Gegen uns fahren Sie fort auch abwesend freundlich zu seyn. Den 1. July verlassen uns die Drackendorfer Lieben, wir bedürfen also aufs neue eines wohlwollenden Zuspruchs. Das beste Lebewohl!

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Johanna Frommann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-74C5-A